Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/61
2016
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Gnutzmann Küster SchrammKurzfilme im fortgeschrittenen Französischunterricht der Sekundarstufe I
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2016
Andreas Grünewald
Meike Hethey
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45 (2016) • Heft 1 © 2016 Narr Francke Attempto Verlag A NDREAS G RÜNEWALD , M EIKE H ETHEY * Kurzfilme im fortgeschrittenen Französischunterricht der Sekundarstufe I : Möglichkeiten der Förderung kommunikativer und filmästhetischer Kompetenzen am Beispiel von La Fugue (2013) und Lettres de femmes (2013) Abstract. This paper introduces sub-tasks that deal with short films in French language teaching. The two short films presented here are Jean-Bernard Marlin’s La Fugue and Augusto Zanovello’s Lettres de femmes. Both short films are well suited for the language classroom because of their topical focus as well as their cinematic realisation. As both films substantially differ in their making, we can use them to present a broad selection of sub-tasks dealing with different aspects of the aesthetics of film: in addition to their narratology, they especially differ in the respect that La Fugue is shaped by the use of a hand-held camera whereas Lettres de femmes is an animation movie in Stop Motion. Our tasks also strive to develop discourse competence in the field of film analysis. 1. Einleitung In diesem Beitrag stellen wir Beispiele zur Förderung kommunikativer und filmästhetischer Kompetenzen anhand von Kurzfilmen im Französischunterricht vor. Dabei handelt es sich um die Kurzfilme La Fugue von Jean-Bernard M ARLIN (Frankreich 2013) mit einer Dauer von 22 Minuten und 20 Sekunden und Lettres de femmes von Augusto Z ANOVELLO (Frankreich 2013) mit einer Dauer von 11 Minuten und 15 Sekunden. Diese beiden sehr unterschiedlichen Kurzfilme haben wir deshalb gewählt, weil sie beide zwar verschiedene, aber sehr aktuelle Themen behandeln und durch ihre unterschiedliche Machart ein breites Spektrum an filmästhetischen Mitteln abdecken. La Fugue ist ein preisgekrönter Kurzfilm, der die Beziehung des engagierten Sozialarbeiters Lakdar zu der jugendlichen Straftäterin Sabrina erzählt. Der Film ist * Korrespondenzadressen: Prof. Dr. Andreas G RÜNEWALD , Universität Bremen, FB 10: Didaktik der romanischen Sprachen, Bibliothekstraße 1, 28359 B REMEN . E-Mail: gruenewald@uni-bremen.de Arbeitsbereiche: Film- und Mediendidaktik, Design-Based-Research in der Unterrichtsforschung, Interkulturelles Lernen. Meike H ETHEY , Universität Bremen, FB 10: Didaktik der romanischen Sprachen, Bibliothekstraße 1, 28359 B REMEN . E-Mail: meike.hethey@uni-bremen.de Arbeitsbereiche: Literatur- und Filmdidaktik, Geschichte des Fremdsprachenunterrichts, Design-Based-Research in der Unterrichtsforschung. 46 Andreas Grünewald, Meike Hethey 45 (2016) • Heft 1 aufgrund der verwendeten Sprache, welche soziale und regionale Register aufweist, ab dem 4. Lernjahr einzusetzen. Bei zahlreichen Festivalteilnahmen hat dieser Film den Goldenen Bären 2013 in Berlin und den César 2014 für den besten Kurzfilm gewonnen. Der animierte Kurzfilm Lettres de femmes reiht sich in eine Vielzahl von Fernseh-, Kinofilmen und Buchveröffentlichungen zum Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs ein. Der Film wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Prix du public auf dem Festival international du film d’animation d’Annecy und als bester Animationsfilm auf dem Festival international du court-métrage de l’Outaouais. Auf Grund seiner besonderen filmästhetischen Form, seines thematischen Schwerpunkts und der sprachlichen Anforderungen eignet er sich für einen unterrichtlichen Einsatz ab dem 5. Lernjahr. Im zweiten Abschnitt gehen wir auf die Merkmale von Kurzfilmen und ihre besondere Eignung für den Fremdsprachenunterricht ein. Im dritten Abschnitt widmen wir uns den beiden Kurzfilmen und führen eine knappe Analyse durch (Inhalt, narrative Ebene, filmästhetische Mittel). Im vierten Abschnitt stellen wir Beispiele zur Förderung der beiden Kompetenzbereiche ,filmbezogen sprachlich handeln‘ und ,Film analysieren‘ vor. Filmbezogene Kompetenzen lassen sich im Fremdsprachenunterricht nicht losgelöst von sprachhandlungsbezogenen Kompetenzen vermitteln. Das Hörverstehen ist mit dem Sehverstehen zu koordinieren, Dialoge müssen verstanden, filmsprachliche Mittel sollten nicht nur erkannt, sondern auch analysiert und interpretiert werden. Für diese Prozesse ist der Einsatz der Fremdsprache im Französischunterricht notwendig, Filmbildung im Fremdsprachenunterricht ist also eng verknüpft mit der Förderung kommunikativer Kompetenzen (vgl. B LELL / S URKAMP im vorliegenden Band sowie B LELL / G RÜNEWALD / K EPSER / S URKAMP 2016). Neben diesen Schwerpunkten wird außerdem ein Beispiel zur Einbindung des historischen Kontextes von Lettres de femmes vorgestellt, da dieser für das Verständnis des Kurzfilms notwendig ist. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Lernenden sich den Kontext eigenständig erschließen können, da dieser zeitlich fern ihrer eigenen Lebenswelt liegt und auch im kollektiven Gedächtnis in Deutschland nur noch geringen Raum einnimmt. Die im vierten Abschnitt vorgestellten Beispiele für Arbeitsaufträge haben exemplarischen Charakter und verstehen sich nicht als direkt im Französischunterricht einsetzbare Kopiervorlagen. Wir gehen davon aus, dass eine Lehrkraft diese Beispiele in eine Lernaufgabe zu einem der beiden Filme einbinden und sowohl die Formulierungen als auch die Inhalte an ihre Lerngruppe anpassen wird. Mit dem hier vorgestellten Fokus auf die filmästhetischen Mittel haben wir einen Bereich ausgewählt, der häufig im Fremdsprachenunterricht zu kurz kommt. Da beide in diesem Beitrag behandelten Kurzfilme sehr unterschiedliche filmästhetische Mittel einsetzen, können die im vierten Abschnitt vorgestellten Beispiele bereits ein großes Spektrum abbilden und deren Potential für die Filmbildung andeuten. Kurzfilme im fortgeschrittenen Französischunterricht der Sekundarstufe I 47 45 (2016) • Heft 1 2. Le court métrage - Anmerkungen zu einem häufig vernachlässigten Genre Le court-métrage spielte als Genre lange keine wichtige Rolle in der Filmarbeit im Fremdsprachenunterricht (vgl. u.a. H ENSELER / M ÖLLER / S URKAMP 2011: 148). Aber in letzter Zeit scheint er auch hier anzukommen (vgl. z.B. V ENEMANN 2012, L ANGE 2012, B LUME 2012). Grundsätzlich kann man zunächst die Frage stellen, ob es sich bei Kurzfilmen überhaupt um ein eigenes Genre handelt (vgl. H ENSELER / M ÖLLER / S URKAMP 2011), denn sie umspannen ein weites Feld an filmischen Produktionen, in dem sich die unterschiedlichsten Gattungskonventionen nachweisen lassen. Neben fiktionalen Kurzfilmen und Animationsfilmen oder Musikvideos, die alle primär darstellende Intentionen aufweisen, werden Werbefilme oder Trailer in eindeutig funktionaler Absicht produziert (vgl. R ÖSSLER 2009: 309). Fiktionale Kurzfilme, die in unserem Beitrag im Mittelpunkt stehen, nehmen oftmals unterschiedliche Merkmale von Spielfilmgenres auf, die dann häufig in ungewöhnlicher Weise miteinander verknüpft werden. Einzelne Gattungen werden so nur angedeutet, was den Filmen mitunter einen experimentellen Charakter verleiht. Die Länge von Kurzfilmen kann stark variieren. Auch hier gibt es keine klare Begrenzung. Die generelle Kürze der Filme beeinflusst ihre narrative Gestaltung in erheblichem Maße (vgl. H ENSELER / M ÖLLER / S URKAMP 2011: 148). Nicht selten entspricht die erzählte Zeit der Erzählzeit des Films. Die Anzahl von Figuren und Handlungsorten wird ebenso stark begrenzt wie die der Handlungsstränge, so dass H ENSELER et al. (ebd.) von einem „Minimalismus des Erzählens“ im Kurzfilm sprechen. In den Analysen unserer Kurzfilme werden viele dieser zentralen Merkmale deutlich zu Tage treten. Kurzfilme arbeiten mit extremen Verdichtungen, indem z.B. zusätzliche Informationen zu Figuren oder Handlungen lediglich angedeutet oder über die verschiedenen Filmebenen parallel geliefert werden. Sie erzeugen somit einen hohen Anteil an impliziten Bedeutungen (vgl. R ÖSSLER 2009: 310f.). Kurzfilme sind demnach trotz ihrer geringen Länge in der Regel durchaus komplex. Vergleichbar mit Kurzgeschichten verzichten sie zumeist auf eine Einführung in die Handlung und starten in medias res. Ebenso abrupt wie der Einstieg erfolgt oftmals auch der Ausstieg. Die Handlung bleibt unabgeschlossen, so dass beim Betrachter eher das Gefühl erzeugt wird, sich vorzeitig aus der Szenerie zu verabschieden. Sowohl La Fugue als auch Lettres de femmes entsprechen diesen Prinzipien. Für den Einsatz im Fremdsprachenunterricht eignen sich Kurzfilme in vielerlei Hinsicht. Zunächst ermöglicht ihr begrenzter Umfang die unproblematische Rezeption im zeitlichen Rahmen von Unterricht. Die Filme können in der Regel mehrfach im Verlaufe einer Unterrichtseinheit gezeigt werden. Und vor allem für jüngere Lernende kann es einfacher sein, einem kurzen Film vollständig zu folgen als mit unterschiedlichen Ausschnitten eines Spielfilms zu arbeiten. Grundsätzlich lassen sich Kurzfilme zur Förderung aller wesentlichen Kompetenzbereiche im Fremdsprachenunterricht ein- 48 Andreas Grünewald, Meike Hethey 45 (2016) • Heft 1 setzen. Neben der Möglichkeit zur Förderung des Hör-Sehverstehens liefern sie vielfältige Sprech- und Schreibanlässe und können damit zur Arbeit in allen funktionalkommunikativen Kompetenzbereichen verwendet werden (vgl. z.B. V ENEMANN 2012). Auf Grund ihrer vorangehend beschriebenen besonderen Merkmale eignen sie sich gleichzeitig aber auch zum inter- und transkulturellen Lernen sowie zur Förderung der Methoden- und Medienkompetenzen (vgl. u.a. H ENSELER / M ÖLLER / S URKAMP 2011: 150). Ihre hohe filmästhetische Dichte ermöglicht vor allem den Aufbau filmästhetischer Kompetenzen (vgl. R ÖSSLER 2009: 313), der im Sinne eines kontinuierlichen Kompetenzaufbaus bereits in der Sekundarstufe I einsetzen sollte. In der Arbeit mit Kurzfilmen können z.B. die im vorangehenden Abschnitt angeführten filmästhetischen Mittel analysiert und auf ihr konkretes Wirkungs- und Funktionspotential befragt werden. In diesem Zusammenhang entwickeln die Lernenden aber nicht nur filmanalytische Kompetenzen, wie beispielsweise das Entwickeln von Assoziationen zu Filmhandlungen oder das Analysieren der narrativen Struktur eines Filmes, sondern sie fokussieren zugleich das filmbezogene Sprechen. Da es sich bei Kurzfilmen um eine komplexe Textsorte handelt, erfordert die Auseinandersetzung mit ihnen darüber hinaus besondere Verstehensstrategien. Dabei müssen auch viele Leerstellen gefüllt werden, was Lernende beispielsweise im Rahmen von handlungs- und produktionsorientierten Verfahren versuchen können. 3. La Fugue und Lettres de femmes - zwei Beispiele aktueller französischer Kurzfilme 3.1 Analyse von La Fugue La Fugue ist ein fiktionaler Kurzfilm, der die Geschichte der jugendlichen Straftäterin Sabrina (gespielt von Médina Y ALAOUI ) und dem engagierten Sozialarbeiter Lakdar (Adel B ENCHERIF ) erzählt. Die intensive Beziehung der beiden Protagonisten, beide französische Staatsbürger mit Migrationshintergrund, steht im Mittelpunkt der Filmhandlung. Lakdar hat diese Beziehung über einen längeren Zeitraum aufgebaut und aus seiner Sicht ist sie durch gegenseitiges Vertrauen gekennzeichnet. Folgende Aussage Lakdars kennzeichnet sein Verhältnis zu Sabrina: Moi j’aimerais qu’elle te voie comme moi je te vois. Comme quelqu’un de volontaire, comme quelqu’un qui est indispensable dans son équipe de foot, comme quelqu’un qui trouve du travail, j’aimerais qu’elle te voie comme ça. Et tu lui montres pas ça. Quand elle te pose des questions, réponds-lui. Dis-lui que c’est terminé tout ça, que c’était… l’époque d’avant, les copines, les copains mais que c’est terminé, que t’as envie de t’en sortir. [09: 52] Aus seiner Sicht ist Sabrina auf einem guten Weg, ihre kriminellen Eskapaden hinter sich zu lassen und sich in die französische Gesellschaft zu integrieren. Er begleitet Sabrina zu einem Gerichtstermin, bei dem eine Straftat verhandelt werden soll. Lakdar glaubt an die Institution und daran, dass das Gericht seiner Einschätzung folgt. Sabrina fühlt sich vor Gericht ungerecht behandelt, sie kennt die Konventionen und Verhal- Kurzfilme im fortgeschrittenen Französischunterricht der Sekundarstufe I 49 45 (2016) • Heft 1 tensweisen nicht, beherrscht nicht das notwendige sprachliche Register. Sie zieht sich verunsichert zurück. Alles läuft für sie auf die Frage hinaus, ob sie bereit ist, die Konsequenzen ihres Handelns zu tragen oder ob sie die Flucht ergreift. Sie flieht letztlich aus dem Gerichtssaal und bestätigt damit die Einschätzung des Gerichtes, welches sie in Abwesenheit zu einer Jugendstrafe verurteilt. Sabrinas Verhalten lässt darauf schließen, dass sie die Beziehung zu Lakdar durchaus ambivalent einschätzt und gleichermaßen Vertrauen und Misstrauen, Zuneigung und Abneigung, Sicherheit und Unsicherheit empfindet - eine Ambivalenz, die Jugendlichen in diesem Alter nicht fremd sein dürfte und auch entwicklungspsychologisch erklärt werden kann. Letztlich siegt jedoch auch bei Sabrina das Vertrauen in die Beziehung zu Lakdar, sie glaubt an sein ehrliches Engagement und stellt sich mit seiner Unterstützung der Polizei. Der Kurzfilm ist von seiner narratologischen Struktur her einfach nachzuvollziehen, zumindest sind histoire und discours in der zeitlichen Chronologie nahezu identisch. Der Film spielt in den Migrantenvierteln von Marseille, die Innenaufnahmen sind kaum ausgeleuchtet, die wenigen Außenaufnahmen zeigen trostlose Großstadtviertel mit anonymen Hochhäusern. Die Figurenkonstellation ist wenig komplex. Die Protagonisten Lakdar und Sabrina werden mit der Handkamera begleitet, meist nimmt der Zuschauer die Perspektive Lakdars ein und schaut ihm im wahrsten Sinne des Wortes „über die Schulter“. Die Handkamera und die geringe Ausleuchtung vermitteln dem Zuschauer das Gefühl, unmittelbar beteiligt zu sein. Neben den Protagonisten treffen wir auf folgende Nebenfiguren: Da ist die Rechtsanwältin, die Sabrina vor Gericht vertritt. Sie unterstützt in erster Linie den Sozialarbeiter Lakdar und baut keine persönliche Beziehung zu Sabrina auf. Sie kommuniziert kaum direkt mit ihr und wendet sich meist an Lakdar. Sabrina blickt ihr nicht in die Augen, steht mit gesenktem Kopf vor ihr und wirkt sehr eingeschüchtert. In der Shot-Reverse-Shot-Technik sieht man dann auch die Anwältin zusammen mit Lakdar (Schuss), und Sabrina steht den beiden „alleine“ gegenüber (Gegenschuss). Da ist die Richterin, die als Vertreterin der französischen Institutionen von Sabrina als Bedrohung wahrgenommen wird, filmisch durch eine diffuse, düster wirkende Ausleuchtung umgesetzt. Die ganze Szenerie der Gerichtsverhandlung wirkt unnatürlich dunkel und düster, womit eine hoffnungslose und trostlose Atmosphäre erzeugt wird. Da sind die Cousins von Sabrina, zwei junge Erwachsene, die das Vertrauen in die französischen Institutionen verloren haben und den Tag umherfahrend in ihrem Auto verbringen. Trostlose Bilder aus den Migrantenvierteln Marseilles’ und Gangsta-Rap im on-Ton Verfahren unterstreichen das filmisch. Die Cousins helfen Sabrina bei der Flucht, die durch schnelle Schnitte und Kamerafahrten dynamisch ins Bild gesetzt wird. Jean-Bernard M ARLIN recherchierte über ein Jahr im Milieu von straffällig gewordenen Jugendlichen und in Jugendheimen mit dem Ziel, eine Dokumentation zu diesem Thema zu drehen. Seine Erfahrungen hat er in La Fugue verarbeitet, und er gibt in einem Interview an (einsehbar unter http: / / tinyurl.com/ paq9os4), dass er seinen Kurzfilm wie einen Dokumentarfilm gedreht, also eine Doku-Fiktion geschaffen habe. Diese Klassifizierung ist ein interessanter Ansatzpunkt für die Arbeit zu filmästhetischen Mitteln mit den Lernenden. Neben der Tatsache, dass bis auf Adel B ENCHERIF 50 Andreas Grünewald, Meike Hethey 45 (2016) • Heft 1 nur Laienschauspieler auftreten (keiner der anderen hatte vorher jemals vor einer Kamera gestanden), lassen sich Kameraperspektiven und -einstellungen ausmachen, die auf die persönliche Involviertheit des Zuschauers und die Authentizität der Szenen abzielen (z.B. Einsatz der Handkamera). Auch die Gestaltung des Lichts ist so zu deuten, dass möglichst wenig an den Handlungsorten verändert, möglichst wenig während des Drehens eingegriffen wurde, um auf diese Weise einen authentischen Eindruck der Szenen zu vermitteln. Diese Aspekte werten wir als bewusst eingesetzte Faktualitätsmerkmale. Die Handkamera zeichnet sich dadurch aus, dass sie bewegliche, ja verwackelte Bilder produziert; hektische manuelle Fahrten wechseln mit Perspektivwechseln und erzeugen beim Zuschauer das Gefühl, an der Handlung unmittelbar beteiligt zu sein. Der Einsatz der Handkamera in La Fugue wird durch eine découpage classique begleitet, so dass die Montage kaum, die Handkamera aber umso mehr auffällt. Eine auffällige Montage mit schnellen Schnitten, Achsensprüngen etc. wird zwar häufig dazu eingesetzt die Effekte der Handkamera noch zu unterstreichen, aber durch die in La Fugue vorliegende Reduktion wird erreicht, dass die Kamerabewegung umso mehr Gewicht erhält. Die Kamera hat immer etwas Perspektivierendes und Akzentuierendes, die Handkamera als „subjektive Kamera“ (vgl. K UHN 2013a) verstärkt diese Funktion noch und beteiligt den Zuschauer „direkt“. Beispielhaft hierfür sei die Eingangsszene in La Fugue genannt, in der Lakdar das geschlossene Jugendwohnheim betritt. Dem Zuschauer wird das Gefühl vermittelt, Lakdar in die Zimmer zu folgen. Im Folgenden soll der Einsatz des Lichtes als Faktualitätsmerkmal anhand von zwei ausgewählten Szenen beispielhaft analysiert werden: Gleich zu Beginn wird der Filmtitel über schwarz ab- und die erste Kameraeinstellung eingeblendet. Die Szene [00: 17- 02: 07] wird jedoch nur langsam heller, und man erkennt zunächst den Handlungsort nicht; die Handkamera folgt Lakdar in das Jugendwohnheim. Im Jugendheim bleibt es dunkel, ja fast düster, nur von draußen fällt grelles Licht in die Zimmer, die Lakdar nach Sabrina durchsucht. Dieses grelle Licht verdeutlicht den Gegensatz zwischen „draußen“ und „drinnen“, zwischen dem Leben in Freiheit und dem Leben in einem geschlossenen Jugendheim. Eine andere Szene [02: 58-04: 20] unterstreicht diese inszenierte Wirkung des Lichtes: Sabrina betritt gemeinsam mit Lakdar das Gerichtsgebäude, und sie treffen in der Eingangshalle die Rechtsanwältin. Die Einstellungen der Handkamera sind gut ausgeleuchtet; man erkennt die Mimik in den Gesichtern der Figuren. Sabrina erhält von ihrer Rechtsanwältin und Lakdar Verhaltensanweisungen, beide kümmern sich um sie und wollen ihr Bestes. Mit dem Betreten des Gerichtssaales schwindet fast das gesamte Licht. Sabrina wirkt hier deplatziert, sie kennt den Verhaltenskodex nicht. Die Atmosphäre wirkt zunehmend düster, Sabrina fühlt sich nicht wohl, sie wird unsicher und zieht sich zurück. Details der Gesichter sind selbst in Großaufnahmen nicht mehr gut zu erkennen. Auch hier fungiert die Ausleuchtung als Spiegel der Emotionen, der Gefühlswelt der Protagonistin. In dem Kurzfilm wird Musik äußert sparsam, dann aber pointiert eingesetzt. Nur zwei Musikstücke werden gespielt. Im Auto der beiden Cousins läuft ein Gangsta-Rap. In zwei Szenen, jeweils als Lakdar das Gespräch zunächst mit den beiden Vettern und Kurzfilme im fortgeschrittenen Französischunterricht der Sekundarstufe I 51 45 (2016) • Heft 1 dann mit Sabrina im Fond des Wagens sucht, wird dieser gespielt [13: 13-13: 39 und 15: 12-17: 04]. Im ersten Fall wird der Rap lauter angespielt, im zweiten dient er nur als Hintergrundmusik, beides im on-Ton Verfahren. In beiden Fällen wird damit dem Auto die Funktion zugewiesen, als Raum für die jugendlichen Straftäter zu stehen; die jungen Erwachsenen in diesem Auto gehören einer anderen Welt an, die der Rap durch Aggressivität, Gewalt und Hoffnungslosigkeit kennzeichnet. Das zweite Musikstück wird in der Schlussszene gespielt [ab 20: 13]. Sabrina stellt sich mit Hilfe Lakdars der Polizei. Lakdar fährt sie in seinem Auto zu einer Polizeidienststelle. Zunächst hört man als off-Ton ganz leise einen Kinderchor, später dann nimmt das Stück mehr Raum ein, und es wird auch während des Abspanns gespielt. Es handelt sich dabei um ein klassisches, russisch-orthodoxes Stück (Penitential Hymn), wie schnell mit Hilfe von Shazam und einer kurzen Internetrecherche festgestellt werden kann. Auch im Abspann ist die Quelle angegeben. Warum aber wird hier ein klassisches Musikstück eingesetzt? Klassische Musik ist sicher nicht Teil der Lebensrealität Sabrinas. Bei der Penitential Hymn handelt es sich um einen Bußgesang, und damit wird schnell deutlich, dass der Einsatz dieses Musikstücks einem Statement gleich kommt: Sabrina übernimmt die Verantwortung für ihr Handeln, sie tut Buße und stellt sich der Polizei und gleichzeitig schreibt die gespielte Musik Sabrina die Rolle der Büßerin zu. 3.2 Analyse von Lettres de femmes Lettres de femmes ist ein animierter Kurzfilm in Stop Motion und erzählt die Geschichte des Sanitäters Simon, der auf den Schlachtfeldern der Aisne 1917 die Verletzungen verwundeter Kameraden mit Hilfe von Briefen weiblicher Korrespondenzpartner versorgt. Alle Figuren des Films wurden aus Papier hergestellt. Mitten in den Schlachten um den Chemin des Dames begegnen wir Simon und seiner Infanterieeinheit. Dargestellt wird der Kriegsalltag, der sich in den Schützengräben und vor allem auf den Schlachtfeldern abspielt. Artilleriebeschuss, Maschinengewehrsalven und Gasangriffe gehören ebenso dazu wie die kurzen Ruhephasen in den Gräben und das Warten auf Post. Während Simon die Briefe von gefallenen Soldaten einsammelt, um mit ihnen weitere verletzte Kameraden zu verbinden, kreisen seine Gedanken um Madeleine, seine marraine de guerre. In die hat er sich verliebt, sie schreibt ihm jedoch nicht mehr, nachdem er bei einem letzten Treffen im Heimaturlaub ihre zaghafte Zuneigung zu ihm ausgenutzt und sie vergewaltigt hat. Simon wird deshalb von Schuldgefühlen geplagt und vermisst seine Verbindung zum Leben außerhalb des Kriegsalltags. In seinen Briefen an Madeleine entschuldigt er sich für sein Verhalten und bittet sie, ihn zu heiraten. Madeleine vergibt ihm schließlich und willigt in seinen Antrag ein. Dies vor allem, da sie ein Kind von ihm erwartet. Dieser lang ersehnte Brief erreicht Simon jedoch zusammen mit der Information, dass Madeleine bei der Geburt des gemeinsamen Kindes gestorben sei. Der Film endet mit der ersten Begegnung zwischen Simon und seinem Sohn bei seiner Rückkehr nach Kriegsende. 52 Andreas Grünewald, Meike Hethey 45 (2016) • Heft 1 Der Film kommt, wie bei Kurzfilmen typisch, mit einer begrenzten Anzahl an Figuren aus. Im Mittelpunkt steht der Sanitäter Simon Délestrade. Außer ihm und der marraine de guerre Madeleine ist nur noch die Nebenfigur Raymond Gallet namentlich bekannt. Simon repräsentiert den einfachen poilu. Er wird als ruhiger, besonnener und pflichtbewusster Soldat dargestellt, der versucht, seine Kameraden bestmöglich zu unterstützen. Über seine Herkunft oder sein Leben vor Kriegsausbruch erfährt der Betrachter nichts. Lediglich sein Briefaustausch mit einer marraine de guerre lässt vermuten, dass er aus den früh besetzten Gebieten Frankreichs stammt. Aus den Briefausschnitten Madeleines, die über off-Ton Verfahren eingespielt werden, wird deutlich, wie sehr der Kriegsalltag mit den immer wiederkehrenden Angriffen und die Machtlosigkeit als Sanitäter an Simon nagen (vgl. z.B. 03: 27-03: 40). Madeleine steht in Lettres de femmes stellvertretend für viele marraines de guerre, die ab Januar 1915 vor allem Soldaten mit Briefen und Paketen unterstützten, die aus den von den Deutschen besetzten französischen Gebieten stammten (vgl. L ESTIENNE 2014: 2). Sie scheint bei ihrer Familie in einem kleinen Ort zu leben. Aus den Briefen erfahren wir, dass ihr der intensive Austausch mit Simon viel bedeutet. Aber sie kann sich nur zögernd damit anfreunden, gesellschaftliche Konventionen zu übertreten und ihn z.B. in ihren Briefen zu duzen (vgl. 03: 11). Umso mehr schockiert sie seine Zudringlichkeit bei seinem Besuch. Aber Madeleine verfügt ebenfalls über eine ausgeprägte Empathiefähigkeit. Und so kann sie Simon nach mehreren Monaten auch verzeihen und ihm ein gemeinsames Leben versprechen. Für Simon, der im quasi enthumanisierten Kriegsalltag immer nur bis zum nächsten Angriff denken kann, bildet Madeleines Aufforderung in ihrem letzten Brief, das Leben anzunehmen, die Brücke zu einem Leben nach dem Krieg („Aie confiance en l’avenir. Tu as tant de fois affronté la mort. Affronte la vie désormais. Madeleine“,09: 21- 09: 25). Ein Gegenbild zu Simon und seiner Beziehung zu Madeleine haben Augusto Z ANOVALLO und Jean-Charles F INCK in der Nebenfigur des Raymond Gallet geschaffen, einem poilu aus Simons Einheit. Wie Simon scheint auch Raymond Gallet einen Briefaustausch mit einer marraine de guerre namens Sidonie zu pflegen. Und auch er hat sich in sie verliebt. Doch auch sie stirbt plötzlich. Einem Brief ihrer Mutter, der Gallet erreicht, ist zu entnehmen, dass Sidonie unter Depressionen litt. Auch wenn es nicht explizit gesagt wird, weist alles auf einen Suizid hin (vgl. 06: 13-06: 16). Mit ihrem Tod ist für Gallet die Verbindung zum Leben außerhalb des Kriegsalltags gekappt. Für ihn ist eine Zukunft ohne Sidonie nicht vorstellbar, und er sieht keinen Sinn mehr darin, die alltäglichen Kriegsgräuel weiterhin durchzustehen. Im Verlaufe eines Angriffs positioniert er sich daher gut sichtbar und ohne Helm und Gasmaske in einem Granatkrater. Er zündet sich eine Zigarette an, um ein gutes Ziel für einen deutschen Scharfschützen abzugeben. Schwer verletzt überlebt er zunächst einen weiteren Granateinschlag. In einer unmittelbar anschließenden Traumsequenz, die filmisch durch das Ausblenden der Kriegsgeräusche und Bilder mit deutlich geringerer Sättigung erzeugt wird, meint er Sidonie zu erblicken, die ihn zu sich winkt (vgl. 06: 28- 06: 52). Im Gegensatz zu Madeleine, die Simon dazu auffordert, sich dem Leben zuzuwenden, scheint das Traumbild Sidonies genau das Gegenteil zu bewirken. Der ster- Kurzfilme im fortgeschrittenen Französischunterricht der Sekundarstufe I 53 45 (2016) • Heft 1 bende Gallet wird jedoch von Simon noch einmal ins Leben zurückgeholt, weil dieser verzweifelt versucht, ihn sogar mit Hilfe der Briefe Madeleines zu retten. Die physischen und psychischen Verletzungen sind jedoch zu groß und Gallet stirbt. Augusto Z ANOVELLO hat nicht nur seine Figurenanzahl beschränkt, sondern er reduziert auch seine Handlungsorte, was ebenfalls charakteristisch für einen Kurzfilm ist. Ein großer Teil des Films spielt im Schützengraben und auf den Schlachtfeldern. Die Landschaft ist vom Krieg gezeichnet. Große Krater weisen auf schweren Artilleriebeschuss hin, der Boden scheint durchweicht, und tote Bäume symbolisieren die schweren Schäden, die der Krieg in der Vegetation hinterlassen hat (vgl. 01: 07). Wie auch die Figuren, wurde die Szenerie aus Papier und Karton hergestellt (vgl. Making of 04: 21-05: 57). Die gesamte Landschaft wird farblich ausschließlich in braun und grau gehalten und symbolisiert so die lebensfeindliche Umgebung. Die Geräusche beschränken sich einzig auf den Kriegsalltag. Zwischen Regen und Wind sind Maschinengewehre, Artilleriefeuer und Schreie zu hören. In Kampfpausen bleibt es seltsam still. Im Gegensatz dazu stehen als zweiter Schauplatz Haus und Garten von Madeleine. Zwar dominieren auch hier die Farben braun und grau. Sie werden jedoch um weitere Farben wie rot, rosa, blau und violett ergänzt und verleihen der Szenerie einen lebendigeren Charakter. Bäume werden in ihrer Blütezeit dargestellt, alltägliche Naturgeräusche finden Berücksichtigung (vgl. 04: 39). Die beiden Schauplätze stehen somit in einem starken Kontrast zueinander und symbolisieren Tod und Verzweiflung auf der einen, Leben und Hoffnung auf der anderen Seite. Diesen Gegensatz unterstreicht auch die eingesetzte Filmmusik. Während die Szenen auf dem Schlachtfeld von expressionistisch anmutenden Streicherklängen begleitet werden, ist in den Szenen, die um Madeleine kreisen, ein Chanson vom Grammophon zu hören. Lettres de femmes umspannt einen für einen Kurzfilm ungewöhnlich langen Zeitraum von mehr als einem Jahr, der seinen Ausgangspunkt zu irgendeinem Zeitpunkt der Schlacht um den Chemin des Dames von April bis Oktober 1917 nimmt und irgendwann nach der Demobilisierung Simons nach Kriegsende um die Jahreswende 1918/ 19 endet. Die äußere Kürze von 11 Minuten und 15 Sekunden hat daher einen erheblichen Einfluss auf die Narration des Films. Sie führt im Genre Kurzfilm oftmals dazu, dass Hintergrundinformationen über das Bild geliefert werden, während über Ton und Geräusche bereits der weitere Verlauf der Handlung angedeutet wird. Die Darstellung von Bild und Ton verläuft also nicht symmetrisch, sondern ergänzend, was vor allem durch den Einsatz von Rückblenden und off-Ton Verfahren ermöglicht wird (vgl. H ENSELER / M ÖLLER / S URKAMP 2011: 148). Diese Form der Verdichtung lässt sich auch in Lettres de femmes an vielen Stellen nachweisen. Z ANOVELLO setzt an diversen Stellen off-Ton Verfahren mit unterschiedlichen Zielsetzungen ein. So werden in den Szenen, in denen Simon mit Hilfe der „lettres de femmes“ verwundete Soldaten versorgt, die Inhalte der Briefe von unterschiedlichen Frauenstimmen vorgelesen. Das Verfahren hat hier ergänzenden Charakter, da die Betrachter/ innen über die Sorgen und alltäglichen Angelegenheiten der daheim gebliebenen Frauen informiert werden (vgl. K UHN 2013b: 100). Gleichzeitig erzeugt Z ANOVELLO mit diesem Verfahren aber auch eine Verbindung zwischen Kriegsalltag und dem Leben in der Heimat. Die in den Briefen 54 Andreas Grünewald, Meike Hethey 45 (2016) • Heft 1 artikulierten Sorgen um die Soldaten, um die Arbeit, die ohne die Männer zu Hause erledigt werden muss, oder Liebeserklärungen, waren für viele Soldaten eine wichtige emotionale Unterstützung. 1 In seinem Film spricht Z ANOVELLO ihnen sogar heilende Wirkung zu. Eine andere Funktion erhält das off-Ton Verfahren in Szenen, in denen Madeleine ihre Briefe vorliest. Als Simon einen ihrer Briefe hervorholt, erhält der Betrachter durch Madeleines Stimme zwar zunächst ergänzende Informationen über die Entwicklung ihrer Beziehung zu Simon (vgl. 03: 01-03: 26). Im weiteren Verlauf der Szene beschreibt Madeleine jedoch die Grauen des Kriegsalltags, die Simon ihr geschildert hat und die in diesem Moment auch auf der Bildebene zu sehen sind (vgl. 03: 27- 03: 40). Während also im ersten Teil die visuelle und die sprachliche Erzählinstanz getrennt voneinander agieren, werden sie im zweiten Abschnitt dieser Szene miteinander verknüpft. Die extradiegetische visuelle Erzählinstanz, die zumeist heterodiegetisch angelegt ist, wird hier durch die homodiegetische sprachliche Erzählinstanz zu einem Spiegel der Gedanken des erzählenden Ichs (vgl. K UHN 2013b: 102). Diese Form des Zusammenspiels der filmischen Erzählinstanzen intensiviert Z ANOVELLO noch in einer weiteren Szene. In einem flashback erinnert sich Simon an seinen Besuch bei Madeleine. Während auf der Ebene der extra- und heterodiegetischen visuellen Erzählinstanz die Vergewaltigung angedeutet wird (vgl. 04: 36-04: 44), setzt auf der Ebene der sprachlichen Erzählinstanz Simons Stimme im off-Ton ein. Er liest seinen Brief an Madeleine vor, in dem er sie um Vergebung für sein unverzeihliches Verhalten bittet und ihr seine Liebe erklärt (vgl. 04: 45-05: 30). Durch den Einsatz eines intra- und homodiegetischen Erzählers in der sprachlichen Erzählinstanz fallen in dieser Szene das erzählte und das erzählende Ich zusammen (vgl. K UHN 2013b: 96). Inspiriert wurde Augusto Z ANOVELLO zu diesem Film durch die Figur eines poilu aus Papier, den der Artdirector Arnaud B ÉCHET in seinem Atelier angefertigt hatte und um den Z ANOVELLO im Anschluss seine Geschichte entwickelte. Die Fragilität des Materials, dessen Formen durch das Falten, Zerknüllen oder Zerreißen leicht verändert werden können, erschien ihm als eine passende Symbolik, um die seelische und physische Verwundbarkeit der Soldaten im Ersten Weltkrieg darzustellen (vgl. Making of 01: 12-01: 37). Die Figuren wurden ausschließlich aus Papier und Karton hergestellt. Gesichter, Hände und Uniformen sind nicht ebenmäßig, sondern lassen die einzelnen Papierfetzen und -stücke erkennen und symbolisieren so die Spuren, die das Kriegsgeschehen bei den Soldaten hinterlassen hat. Mit großem handwerklichen Aufwand entstand - ausgehend vom Scénario über Bleistiftskizzen im Storyboard - eine erste animierte Fassung, in der die Storyboard-Bilder abgefilmt und mit der Tonspur hinterlegt wurden. Diese erste Fassung diente als Grundlage für die Herstellung der Figuren, von denen eine Vielzahl an Fotografien in der Szenerie gemacht wurde. Durch das schnelle Abspielen dieser Bilder entstand die filmische Bewegung (vgl. Lettres de 1 „On manque de main d’œuvre pour les semences.“ [01: 37 - 01: 38] / „Il parle souvent de son papa et il joue à la guerre pour faire comme toi. Ça me fait toujours un pincement au cœur.“ [03: 53 - 03: 58] / „J’espère que tu portes ton cache-col en mohair que je t’ai tricoté.“ [04: 00 - 04: 03] / „Nos fiançailles sont dans un mois. Ça me ferait plaisir que tu sois là.“ [07: 11 - 07: 12] Kurzfilme im fortgeschrittenen Französischunterricht der Sekundarstufe I 55 45 (2016) • Heft 1 femmes: Des mots aux images 2 ). Mit der Idee, Briefen eine heilende Wirkung zuzuschreiben, griff Z ANOVELLO das Papiermotiv auf und brachte gleichzeitig ein fantastisches Element in den Film ein, mit dem er die Bedeutung der Poesie der Worte dieser Briefe in den Mittelpunkt rückt. Zwar spielt der Briefaustausch in Kriegszeiten immer wieder eine Rolle in Literatur, Film und historischer Forschung. Im Zentrum stehen dabei jedoch in der Regel die Feldpostbriefe der Soldaten. Z ANOVELLO rückt im Gegensatz dazu die Briefe der Frauen und ihre wichtige Bedeutung für den einzelnen Soldaten in den Mittelpunkt. 4. Beispiele für Arbeitsaufträge zu den Kompetenzfeldern ,Filmbezogen sprachlich handeln‘ und ,Film analysieren‘ Die Arbeit mit den beiden ausgewählten Kurzfilmen bietet zahlreiche Möglichkeiten, sowohl sprachliche als auch filmästhetische Kompetenzen zu fördern. Der Kurzfilm Lettres de femmes erfordert zusätzlich die genauere Betrachtung des historischen Kontextes, in den die Handlung eingebettet ist. Die folgenden Beispiele sollen helfen, die genannten Kompetenzbereiche in das Bewusstsein der Lehrkraft und der Schüler/ innen zu rücken und die entsprechenden Kompetenzen anzubahnen. Es handelt sich hierbei nicht um eine Lernaufgabe, sondern um beispielhaft formulierte Arbeitsaufträge zur Veranschaulichung des Potentials der gewählten Kurzfilme für die Umsetzung wesentlicher Aspekte zu den oben genannten Kompetenzbereichen. Die Beispiele wurden jeweils nur für einen der beiden Kurzfilme entwickelt, sind in den meisten Fällen aber auf den jeweils anderen übertragbar. Die grau hinterlegten Textpassagen sind Formulierungsbeispiele, die je nach Lerngruppe und Lernstand der unterrichtlichen Situation angepasst werden sollten. 4.1 Kompetenzfeld ‚Filmbezogen sprachlich handeln‘ Die ersten Beispiele verfolgen das Ziel, die kommunikativen Kompetenzen der Schüler/ innen in Verbindung mit der Filmrezeption zu fördern. Da beide Kurzfilme über einen hohen Sprachanteil verfügen, im Fall von La Fugue auch in einer Sprachvarietät (südfranzösischer Regiolekt), widmet sich Beispiel B ( S. 57) der Funktion von Sprache und dem inhaltlichen Nachvollzug der Filmhandlung. Dazu gehört auch der Einbezug von englischsprachigen Untertiteln als Verstehenshilfe. 2 Die DVD zu Lettres de femmes enthält neben dem eigentlichen Film zusätzlich das Making of sowie zwei kurze Filme Des mots aux images, die die Herstellungsschritte einzelner Sequenzen dokumentieren und so einen guten Einblick in die technische Machart von Lettres de femmes ermöglichen. 56 Andreas Grünewald, Meike Hethey 45 (2016) • Heft 1 Beispiel A - Assoziationen zur Filmhandlung und Arbeit mit Leerstellen In diesem Abschnitt geben wir Beispiele, wie Schüler/ innen die Gelegenheit erhalten können, Eindrücke, Assoziationen und Gefühle zum Film, aber auch Hypothesen zur weiteren Entwicklung der Filmhandlung zu äußern. Auch bei der Beschäftigung mit Lettres de femmes erweist sich gerade die Arbeit an Leerstellen als sinnvoll. Die Tatsache, dass die Erzählstruktur durch das Vorlesen von Briefwechseln getragen wird, bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte zur Arbeit mit den sich daraus ergebenden Leerstellen. Lernende können in kreativen Schreibaufgaben dazu aufgefordert werden, Antworten zu verfassen oder Briefausschnitte zu komplettieren. Die folgenden Beispiele haben wir für La Fugue entwickelt. A1: Vor dem Sehen Associations d’idées autour du titre La Fugue 1. Que signifie La Fugue? De quoi pourrait s’agir un film portant un tel titre? En partant de l’affiche: 2. Voici l’affiche du film La Fugue. Décris-la. 3. Qui pourraient être ces personnages? 4. Dans quelle relation pourraient-ils se trouver? A2: Während des Sehens: Arbeit mit Leerstellen 1. Arrête le film au moment où Sabrina s’enferme au W.C. au palais de justice: Comment Sabrina se décidera-t-elle? 2. Va-t-elle rentrer à la salle d’audience? 3. Quelles indications y a-t-il? Justifie ton opinion. 4. Lakdar essaie de convaincre Sabrina à se livrer à la police et de faire face aux conséquences. D’abord, Sabrina refuse, mais finalement, elle se manifeste auprès de Lakdar et se livre à la police. Qu’aurait pu provoquer ce changement d’opinion ? 5. Rédigez un dialogue soit entre Sabrina et sa copine au foyer des jeunes soit entre elle et ses cousins en voiture. Peut-être que Sabrina a parlé avec ses parents qui lui ont proposé de se livrer. A3: Après le premier visionnement 1. Qu’est-ce qui t’a plu? 2. Qu’est-ce qui t’a surpris? 3. Qui est Lakdar et quelle est sa relation avec Sabrina? 4. Peux-tu décrire comment Sabrina a pu se sentir devant le tribunal? Justifie ton opinion. 5. Est-ce que tu peux comprendre sa réaction (sa fuite)? Justifie ton opinion. 6. Essaie d’expliquer, pourquoi Sabrina se livre finalement a la police. 7. À compléter: Il m’a surpris,e que ... Je trouve bizarre que ... Le film m’a plu parce que ... Le film ne m’a pas plu parce que ... Le film me fait penser à ... Je peux bien comprendre le comportement de Sabrina parce que ... Je ne peux pas comprendre le comportement de Sabrina parce que ... Kurzfilme im fortgeschrittenen Französischunterricht der Sekundarstufe I 57 45 (2016) • Heft 1 Beispiel B - Besonderheiten der verwendeten Sprache im Film Zur Vorentlastung oder Nachbereitung von La Fugue können einzelne Passagen genauer angehört und/ oder verschriftlicht werden, auch eine kurze Einführung in die Jugendsprache ist denkbar. Die Dialoge liegen ebenfalls in französischer Sprache vor (Lingua Video), so dass die Arbeit zur Sprachverwendung durchaus auch auf schriftlicher Basis erfolgen kann. Langue 1. Le film est-il facile à comprendre pour toi? Si non, pourquoi te pose-t-il des problèmes? - Usage du langage authentique des jeunes - Usage d’une langue régionale (Marseille) - prononciation indistincte - vocabulaire inconnu - débit - ... Sous-titres en anglais 2. Si tu as des problèmes à comprendre le court-métrage La Fugue, tu pourras le regarder avec des sous-titres anglais. Fais attention à ne pas seulement lire le texte anglais mais sers-toi aussi des représentations visuelles de l’action. Voici un extrait: I want her to see you the way I do: determined, indispensable to your soccer team, willing to work ... That’s what you need to show her. [09: 51-09: 57] 3. Essaie de déchiffrer la version française originale et note-la. _________________________________________________________________ _________________________________________________________________ 4. Qu’est-ce que l’extrait te dit sur la relation entre Lakdar et Sabrina ? 4.2 Kompetenzfeld ‚Film analysieren‘ Das zweite zu bearbeitende Kompetenzfeld ist das der Filmanalyse. Wie eingangs beschrieben, sind auch diese Beispiele nicht ohne den Einsatz der Fremdsprache zu bewältigen, aber der Fremdsprachenerwerb steht hier nicht im Mittelpunkt. Ziel dieser Beispiele ist es, Schüler/ innen in die Lage zu versetzen, eine große Bandbreite audiovisueller Gestaltungsmittel erkennen und beschreiben sowie deren Wirkung nachvollziehen zu können. 3 Insbesondere geht es darum, grundlegende Bausteine des Films (Figuren, Musik, Kameraeinstellungen, Handlungsort etc.) zu erkennen und zu benennen (Beispiel C). Beispiel D behandelt die narratologische Struktur 3 Zum notwendigen filmsprachlichen Vokabular gibt es sehr gute Glossare im Internet, auf die wir an dieser Stelle verweisen: Ein gutes zweisprachiges Glossar findet man auf den Seiten des Bildungsservers Berlin- Brandenburg: http: / / tinyurl.com/ mrq2y7y. Eine gute Zusammenstellung verschiedener Dokumente zum Vocabulaire cinéma hat Le Point du Fle zusammengestellt: http: / / www.lepointdufle.net/ cinema.htm. 58 Andreas Grünewald, Meike Hethey 45 (2016) • Heft 1 des Filmtextes, E die Kameraperspektiven und -einstellungen und Beispiel F den Einsatz von Ton, Musik, Licht und Farbe. Beispiel G fokussiert den Einsatz des off-Ton- Verfahrens, das in Lettres de femmes besonders zum Tragen kommt. Mit Beispiel H soll die Entwicklung des Genrewissens - in diesem Fall das des animierten Kurzfilms - gefördert werden. Beispiel C - Beobachtungsraster zur narrativen Ebene und zu filmästhetischen Mitteln Das Beobachtungsraster kann von Fokusgruppen ausgefüllt werden. Zu diesem Zweck erhalten unterschiedliche Schülergruppen unterschiedliche Beobachtungsaufträge: Eine Gruppe achtet z.B. insbesondere auf die Figuren und macht sich Notizen zu deren Darstellung, eine andere Gruppe achtet nur auf Kameraeinstellungen und -perspektiven usw. Nach der Filmrezeption werden die Raster gemeinsam ausgewertet. Beobachtungsraster Scène / Time Code Caractères Lieu d’action Musique/ Son / Lumière Caméra Beispiel D - Narratologische Struktur Die narratologische Struktur in La Fugue ist wie oben dargestellt leicht nachzuvollziehen, weil histoire und discours nahezu identisch sind. Folgende Leitfragen bieten sich an: • Quel est le sujet du film ? • Qui sont les protagonistes? • Où joue l’action du film? • Comment l’action est-elle exposée (de façon chronologique, en rétrospective etc.)? • Résume le contenu du court-métrage en quelques phrases. Beispiel E - Kameraführung Tu regarderas deux captures d’écran (Image 1 [00: 43], Image 2 [03: 03]). 1. Décris la position de la caméra. Où est-elle? De quelle perspective filme-t-elle la scène? Quel effet est-ce que cela produit chez le spectateur ? Regarde la première scène [00: 43-01: 38]. Kurzfilme im fortgeschrittenen Französischunterricht der Sekundarstufe I 59 45 (2016) • Heft 1 2. Décris aussi pour cette scène: Où est la caméra? De quelle perspective est-ce que la caméra filme la scène? Que voit le spectateur? Quelle perspective occupe le spectateur? 3. Quel effet est-ce que cela produit chez toi? Beispiel F - Ausleuchtung, Musik, Farbe und Ton F1: Ausleuchtung Regarde la même scène encore une fois [00: 43-01: 38] et décris son éclairage. 1. D’où vient la lumière? 2. Comment les intérieurs sont-ils éclairés? 3. Est-ce qu’ils sont plutôt clairs ou sombres? 4. Que pourrait signifier le fait qu’une lumière très claire tombe à l’intérieur tandis que le foyer est éclairé de façon sombre? Regarde la scène suivante: [02: 58-04: 20]. Décris encore une fois l’effet de son éclairage. 1. Quelles scènes sont bien éclairées? 2. Quel effet est-ce qu’on obtient? 3. Comment interprètes-tu le bon éclairage de l’entrée du palais de justice et le mauvais éclairage dans la salle d’audience? F2: Musik Dans La Fugue il n’y a que deux pièces de musique. Regarde la scène suivante dans laquelle Lakdar parle aux deux cousins de Sabrina et fais attention à la musique: [13: 13-13: 39] 1. Quelle musique entends-tu? 2. De quel style de musique s’agit-il? 3. Que représente ce style de musique en général? 4. Comment peut-on interpréter l’usage de cette pièce de musique dans cette scène? Regarde la deuxième scène, dans laquelle Lakdar accompagne Sabrina au commissariat: [20: 13-fin]. Pour reconnaître la pièce de musique tu pourras la „tagger“ au cas où tu as l’appli Shazam. Si tu ne disposes pas de cette appli, cherche le nom de la pièce dans le générique. 1. Quelle musique entends-tu? 2. De quel style de musique s’agit-il? 3. Essaie de rechercher sur Internet ce qui est un Penitential Hymn. Que représente ce style de musique en général? 4. Comment peut-on interpréter l’usage de cette pièce de musique dans cette scène? F3: Farbe/ Ton 4 In Lettres de femmes wird der Einsatz von Farbe und Geräuschen dazu verwendet, die extremen Unterschiede zwischen der enthumanisierten Welt der Schlachtfelder und der zivilen Alltagswelt darzustellen. 4 Time Code der Screenshots aus Lettres de femmes in der Reihenfolge des Erscheinens: Screenshot 1: [03: 06], Screenshot 2: [4: 13], Screenshot 3: [4: 43] 60 Andreas Grünewald, Meike Hethey 45 (2016) • Heft 1 Regarde la scène suivante, dans laquelle Simon se souvient de la rencontre avec Madeleine et fais attention aux couleurs et au son: [04: 14-04: 50] 1. Quelles couleurs dominent dans cette scène? 2. Quel effet ont-elles sur toi? 3. Quel son/ bruit perçois-tu dans la scène ? 4. Comment est-ce que tu interprètes l’usage des couleurs et du son en tant que moyens esthétiques dans ce film ? Beispiel G - off-Ton In Lettres de femmes ist das off-Ton-Verfahren ein dominantes Mittel der filmischen Gestaltung, das zugleich in unterschiedlichen Absichten eingesetzt wird. Die Schüler/ innen können in der Analyse des off-Ton-Einsatzes die Bandbreite dieses filmischen Verfahrens erfahren. Dazu bietet es sich an, die folgenden Szenen arbeitsteilig in Kleingruppen analysieren zu lassen. Im Plenum werden die Ergebnisse im Anschluss zusammengetragen, so dass die unterschiedlichen Wirkungsweisen deutlich werden. Regardez une des scènes suivantes et faites attention à la voix off: [03: 01-03: 40, 03: 41- 04: 14, 04: 36- 04: 44] 1. Qu’est-ce que vous apprenez par la voix off? 2. Est-ce que la voix off correspond avec l’image? 3. Quelles fonctions la voix off peut-elle remplir? Beispiel H - Les poilus en papier - Merkmale eines animierten Kurzfilms In Lettres de femmes sticht vor allem die Machart aus Papier-/ Pappfiguren und -dekor hervor. Im Zusammenhang mit der Thematik des Films kommt ihr eine besondere Bedeutung zu. Décris les figures et le décor. 1. Quels effets ces figures en papier ont-elles sur toi? 2. À ton avis, pourquoi est-ce qu’Augusto Zanovello s’est décidé à choisir le papier comme matériel de base? Regardez l’extrait de l’interview avec Augusto Zanovello et Arnaud Béchet. 1. Quels étaient leurs motifs? 2. Qu’est-ce qu’ils voulaient exprimer en faisant un film „en papier“? [Making of, 00: 16-2: 30, 4: 32-06: 00] Kurzfilme im fortgeschrittenen Französischunterricht der Sekundarstufe I 61 45 (2016) • Heft 1 4.3 Einordnung in den historischen Kontext (Kompetenzfeld ,Film kontextualisieren‘) Die Lernenden werden aufgefordert, in der Betrachtung des Films Bezüge zwischen der Filmwelt und der außerfilmischen Lebenswelt herzustellen. Vor allem in der Auseinandersetzung mit fiktionalen Filmen erfordert dies ein Bewusstsein der Betrachter/ innen für die Konstruiertheit der filmischen Wirklichkeit. Beispiel I: Einordnung in den historischen Kontext Lettres de femmes thematisiert zentrale Phänomene des Ersten Weltkriegs, von denen einige als generelle Charakteristika dieses historischen Ereignisses angesehen werden können, wie z.B. die Darstellung des Grabenkriegs, während andere lediglich im französischen Kontext auftraten, wie z.B. die marraines de guerre. Im Geschichtsunterricht erarbeiten sich die Lernenden in der Regel primär die politischen Hintergründe des Ersten Weltkriegs. Die Auseinandersetzung mit dem Film stellt hier also eine Ergänzung dar, weil vor allem der Kriegsalltag mit seinen traumatischen Erfahrungen im Feld und auch in der Etappe im Mittelpunkt steht. Der Bedeutung des Kontaktes zur Heimat kann hier in der Auseinandersetzung mit einem ästhetischen Text besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. La Guerre des tranchées 1. Comment le film montre-t-il la vie aux champs de bataille? 2. Comment vivent les soldats entre les attaques? 3. Qu’est-ce qui caractérise le champ de bataille? 4. Faites une recherche sur Internet sur la vie quotidienne dans les tranchées (p.ex. http: / / tinyurl.com/ ngd9wp8). Comparez les informations que vous y trouvez avec la représentation dans Lettres de femmes. Les marraines de guerre Madeleine est la marraine de guerre de Simon. Mais qui sont ces marraines de guerre? 1. Faites une recherche sur Internet (p.ex. http: / / tinyurl.com/ pmvs62c). 2. Analysez ce qu’elles représentent pour Simon et Raymond Gallet dans Lettres de femmes? Lettres de femmes / Lettres de soldats La poste militaire joue un rôle important dans les guerres modernes. Regardez les séquences suivantes [02: 22-03: 00, 3: 45-04: 14] et décrivez quelles fonctions ont les lettres dans ces scènes. 5. Fazit In unserem Beitrag haben wir exemplarisch an den beiden Kurzfilmen Lettres de femmes und La Fugue aufgezeigt, inwiefern sich Kurzfilme in besonderer Weise dazu eignen, mit Schüler/ innen der ausgehenden Sekundarstufe I den Kompetenzbereich 62 Andreas Grünewald, Meike Hethey 45 (2016) • Heft 1 ‚Film analysieren‘ zu fördern und demnach neben dem filmbezogenen sprachlichen Handeln und der Kontextualisierung von Film vor allem die Analyse von filmästhetischen Mitteln zu fokussieren. Kurzfilme haben gerade in der französischen Filmproduktion eine lange Tradition und stellen einen wichtigen Bereich des französischen Filmbetriebs dar. Die Kürze des Formats geht in der Regel mit einer hohen filmästhetischen Komplexität einher. Mit La Fugue haben wir einen Kurzfilm ausgewählt, der mit den Folgen von Jugendkriminalität in Marseille ein aktuell diskutiertes Thema in den Mittelpunkt rückt und den Schüler/ innen über die jugendliche Protagonistin Sabrina Identifikationsmöglichkeiten eröffnet. Der Film besticht durch seinen quasidokumentarischen Charakter, der primär durch die Kameraführung und das Licht hervorgerufen wird und für die Lernenden in seiner Wirkung gut zu erfassen ist. Mit Lettres de femmes ergänzen wir unsere Vorschläge zur filmästhetischen Arbeit um einen gänzlich anders gearteten Kurzfilm. Die besondere Machart dieses animierten Films, der Papierfiguren zum Leben erweckt, sowie der Fokus auf die Arbeit mit dem off-Ton-Verfahren, das die Poesie der Worte filmisch transportieren soll, betonen vor allem fantastische Elemente. Zugleich ist der Film aber auch ein interessanter Beitrag zur französischen Erinnerungskultur des Ersten Weltkriegs. Literatur B LELL , Gabriele / G RÜNEWALD , Andreas / K EPSER , Matthis / S URKAMP , Carola (Hrsg.) (2016): Film in den Fächern der sprachlichen Bildung. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. B LUME , O TTO -M ICHAEL (2012): „Banges Warten auf ein Telegramm. Kompetenz- und empathiefördernd arbeiten mit dem Kurzfilm Le télégramm“. In: Der fremdsprachliche Unterricht Französisch 46/ 119, 38-44. H ENSELER , Roswitha / M ÖLLER , Stefan / S URKAMP , Carola (2011): Filme im Englischunterricht. Grundlagen, Methoden, Genres. Seelze: Klett Kallmeyer. K UHN , Markus (2013a): „Das narrative Potential der Handkamera. Zur Funktionalisierung von Handkameraeffekten in Spielfilmen und fiktionalen Filmclips im Internet“. In: DIEGESIS 2/ 1, Online: http: / / tinyurl.com/ qb77kpu [05.11.2015]. K UHN , Markus (2013b): Filmnarratologie. Ein erzähltheoretisches Analysemodell. Berlin/ Boston: De Gruyter. L ANGE , U LRIKE C. (2012): „Une bonne idée pour sauver mon meilleur ami. Sprechen fördern mit dem Kurzfilm Le poisson rouge von Cedric Klapisch“. In: Der fremdsprachliche Unterricht Französisch 46/ 119, 26-29. L ESTIENNE , Camille (2014): Centenaire 14-18. Des marraines de guerre pour les soldats (1915). http: / / www.lefigaro.fr/ histoire/ centenaire-14-18/ 2014/ 08/ 22/ 26002-20140822ARTFIG00065-desmarraines-de-guerre-pour-les-soldats-1915.php [05.11.2015]. R ÖSSLER , Andrea (2009): „Überraschende Begegnungen der kurzen Art. Zum Einsatz von Kurzspielfilmen im Fremdsprachenunterricht“. In: L EITZKE -U NGERER , Eva (Hrsg.): Film im Fremdsprachenunterricht. Literarische Stoffe, interkulturelle Ziele, mediale Wirkung. Stuttgart: ibidem, 309- 323. V ENEMANN , Cécile (2012): „Partons pour ‚Ces jours heureux! ‘“ In: Der fremdsprachliche Unterricht Französisch 46/ 119, 18-25. Kurzfilme im fortgeschrittenen Französischunterricht der Sekundarstufe I 63 45 (2016) • Heft 1 Filme La Fugue, Frankreich, 2013. Jean Bernard Marlin. Les Films de la Croisade. Lettres de femmes, Frankreich 2013. Augusto Zanovello. Agence du court métrage et Project Images Films.