eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 52/2

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
121
2023
522 Gnutzmann Küster Schramm

Pro - Schulforschung nur bei wechselseitigem Interesse?

121
2023
Dagmar Abendroth-Timmer
flul5220124
DOI 10.24053/ FLuL-2023-0023 52 • Heft 2 Schulforschung bei wechselseitigem Interesse setzt m.E. eine Involviertheit im Kontext, die Partizipation aller Akteur: innen und ein commitment bezüglich des Forschungsdesigns voraus. So kann Schulforschung nachhaltig wirken und forschungsethische Belange berücksichtigen. Schulforschung ist definitorisch breit fassbar, die Ansätze erfüllen aber das Kriterium der Wechselseitigkeit nur in Teilen. Den geringsten Grad an Involviertheit und Partizipation bedingen Studien, bei denen Befragungen ohne direkten Bezug zur Unterrichtserfahrung erfolgen. Das Interesse liegt auf wissenschaftlicher Seite. Kontextnah sind introspektive Studien, die Reflexionsprozesse der Akteur: innen zum erlebten Unterricht anstoßen, wobei bei Lehrenden ein Professionalisierungsinteresse gegeben sein kann und sie bei der Datenauswahl beteiligt sind. Bei anderen Studien unterrichten externe Forschende oder leiten Lehrende an, mit ihren Materialien zu arbeiten. Ziel ist eine wissenschaftliche Frage vonseiten der Universität. Die Intervention löst u.U. keine langfristigen Veränderungen aus. Das Setting ist rekonstruktiv beobachtend, wenn Forschende Unterricht unter ihren Fragestellungen analysieren, ohne hierauf Einfluss zu nehmen. Gleichwohl können die Ergebnisse eventuell Veränderungen auslösen. Ferner sind Projekte von Studierenden im Praxissemester zu nennen, die mit dem Ziel der Professionalisierung, aber letztlich zum Abschluss eines universitären Moduls durchgeführt werden. Im besten Fall besteht ein gemeinsames Interessen von Studierenden und schulischen Mentor: innen. Schließlich gibt es Lehrkräfte, die eine wissenschaftliche Qualifikation anstreben und weiterhin im schulischen Feld sind. Sie passen ihre Methoden kontextspezifisch an und ihre Erkenntnisse fließen in den Unterricht ein. Diese Involviertheit kann jedoch mit dem Forschungsinteresse konfligieren. Als Kern von Schulforschung betrachte ich die forschende Arbeit von einem Team von schulischen Lehrkräften mit universitären Forschenden. Der Impuls geht von der einen oder anderen Seite aus, d.h. ein Innovationsanliegen wird von der Universität an Schulen herangetragen, oder Lehrkräfte haben eine kontextspezifische Entwicklungsfrage. Hier wird Partizipation hergestellt. Es gibt ein commitment und beide Seiten gewinnen Erkenntnisse über die Funktionsweise des jeweils anderen Systems. Die Gegenstandangemessenheit der Forschungsmethoden ist in besonderem Maße gegeben, da kontextspezifisch gearbeitet wird. Dies gewährleistet die Nachhaltigkeit von Entwicklungsprozessen und Forschungsergebnissen für beide Institutionen und alle Akteur: innen. Auch die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz bei der Übertragung der Erkenntnisse auf andere schulische Kontexte ist als hoch einzustufen. Diese Art Forschung verursacht allerdings höhere Kosten als kurzfristige Interventionen, da Forschung nach dem Paradigma von Aktionsforschung oder dem Design Based Research iterativ angelegt ist. Für mich persönlich kann ich über verschiedene Schulforschungsprojekte, die ich begleitet habe, feststellen, dass diese Arbeit zu einer Neuperspektivierung von Sichtweisen und zur Weiterentwicklung von Konzepten auf beiden Seiten führt. So können didaktisch-methodische Innovationen in der Praxis erprobt und empirisch erforschen werden. Dies ist ein klares PRO für Schulforschung im Sinne der Schaffung einer community of practice auf Augenhöhe zwischen allen Akteur: innen (Lehrkräfte, Lernende, Forschende u.a.). Siegen D AGMAR A BENDROTH -T IMMER S c h ulf or s c h u n g n ur b e i w e c h s e l s e iti g e m Int e r e s s e !