eJournals Forum Modernes Theater 22/1

Forum Modernes Theater
fmth
0930-5874
2196-3517
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/0601
2007
221 Balme

M.A. Katritzky: The Art of Commedia: A Study in the Commedia dell’Arte 1560–1620 with Special Reference to the Visual Records. Internationale Forschungen zur Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft. Amsterdam: Rodopi, 2006. 626 Seiten

0601
2007
Stefano Mengarelli
fmth2210095
Rezensionen M.A. Katritzky: The Art of Commedia: A Study in the Commedia dell’Arte 1560-1620 with Special Reference to the Visual Records. Internationale Forschungen zur Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft. Amsterdam: Rodopi, 2006. 626 Seiten Aus der frühen Phase der Commedia dell’Arte (CdA) von 1560-1620 - als sich die professionellen Organisationsformen konsolidierten und die Masken und Typen sich auf der Bühne etablierten und allmählich internationale Beachtung fanden - wurden inzwischen zahlreiche bildliche Zeugnisse aus den Bereichen Druckgrafik, Stiche, Gemälde, Plastik, groteske Ornamentik, Schmuck und Glasmalerei bekannt. Mit The Art of Commedia führt die Autorin die Resultate ihrer 20jährigen Forschungsarbeit auf dem Gebiet zusammen und liefert - unter Berücksichtigung der einschlägigen internationalen Publikationen bis ins Jahr 2005 - eine Übersicht über Material, das in Museen und privaten Sammlungen in ganz Europa verteilt ist. Ihr theaterikonographischer Zugang bewegt sich in einem relativ neuen Teilgebiet der Theaterwissenschaft, der sich mit der Identifikation, Auswertung und Interpretation von theaterhistorischem Bildmaterial an der Grenze zur Kunstgeschichte bewegt. Das Buch gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil widmet sich einer historischen Übersicht, der zweite Teil klassifiziert eine Reihe von repräsentativen Darstellungen nach kunsthistorischer Methode und der dritte Teil untersucht die besprochenen Darstellungen nach theaterrelevantem Inhalt. Die Edition ergänzt dabei Angelika Leiks Frühe Darstellungen der Commedia dell’Arte. Eine Theaterform als Bildmotiv (1996) mit weiterem, auch neu entdecktem, Material. Wo Leiks kunsthistorischer Zugang in gewissen Sujets jeweils eher eine künstlerische Übernahme von Motiven sah, versucht Katritzky einen Bezug zur Bühnenpraxis herzustellen. Das Werk wird von zwei Grundthesen durchzogen: - Einsichtig dokumentiert wird die Koexistenz und Wechselbeziehung von ciarlatani, buffoni, professionellen comici und eruditi im weiten Spektrum der italienischen Renaissancekultur des 16. Jahrhunderts. Besondere Beachtung findet das Spannungsfeld zwischen den volkstümlichen Karnevalsfeiern, den höfisch-akademischen Amüsements und den Aktivitäten professioneller comici im Spagat zwischen internationalem Erfolg und lokalem Verbot. In diesem Dreieck wird die Verwendung der Zanni- und Magnifico-Masken untersucht. - Katritzky - man kennt die vielen Stammbuch- Darstellungen von comici und ciarlatani, die sie der Forschung zugänglich gemacht hat - stellt fest, dass Darstellungen und Beschreibungen aus der frühen Phase der Commedia die typischen Masken nicht auf festen Bühnenkonstruktionen, sondern viel mehr im Zusammenhang mit Karnevalsfeiern, höfischen Festen und eben in der Zusammenarbeit mit ciarlatani dokumentieren. Das Zanni-Pantalone Paar nennt sie die älteste Einheit der CdA-Dramaturgie. Der Fokussierung älterer Publikationen auf das Zanni-Pantalone-Paar setzt Katritzky aber das Trio Zanni-Pantalone-Innamorata entgegen - wobei ab den 1560er die weiblichen Rollen tatsächlich auch von Frauen übernommen wurden. Diese Tatsache, die zu einem regelrechten Starkult um die Darstellerinnen der CdA führte, soll einen wesentlichen Beitrag zum Ruhm und der Verbreitung der professionellen Truppen in Europa beigetragen haben. Im besagten Trio sieht Katritzky den wesentlichen Kern der CdA-Dramaturgie. Zum 1. Teil des Buches: Um einerseits den Karneval als Motor für die Verbreitung der Magnifico und Zanni-Masken in Italien und über die Alpen hinweg nach Norden zu dokumentieren und andererseits die Koexistenz der Masken in der Volkskultur und bei professionellen Unterhaltern zu belegen, werden das Tagebuch (1499-1533) des Venezianers Marin Sanudo, Tomaso Garzonis Werk La piazza universale di tutte le professioni del mondo und das Reisetagebuch von Prinz Ferdinand von Bayern nach theaterrelevanten Reflexen Forum Modernes Theater, Bd. 22/ 1 (2007), 95-96. Gunter Narr Verlag Tübingen 96 Rezensionen unter die Lupe genommen. Ferdinand ist der jüngere Bruder von jenem Wilhelm von Bayern, der die CdA-Darstellungen von Schloss Trausnitz in Auftrag gab und er bereiste in den 1560er Jahren die Höfe Norditaliens. In seinen Berichten findet die Autorin theaterhistoriografische Zeugnisse für die Theatralität dieser Zeit und macht Vorbildmomente für die Münchner Hochzeitfeier von 1568 aus, in deren Umfeld die erste dokumentierte improvisierte Aufführung der CdA entstand. Im 2. Teil des Buches werden u.a. neue Funde in die bestehende Bilderlandschaft eingebettet, Motivketten und Vorläufer aufgespürt, sowie Ausbreitung und Wirkung von Sujets untersucht. Katritzky kontextualisiert nach kunsthistorischer Manier die besprochenen Werke und nimmt eine Reihe von Neudatierungen und -zuschreibungen vor. Dabei bewegt sie sich wie viele vor ihr - es liegt in der Natur der Sache - zuweilen auf hypothetischem Terrain. Da detaillierte Beschreibungen von der Aufführungspraxis professioneller italienischer Truppen vor 1600 fehlen, ist man für Informationen zu Bühne und Bühnenbild weitgehend auf die bildnerischen Darstellungen angewiesen. So bespricht Katritzky im 3. Teil ihrer Arbeit anhand von Darstellungen verschiedene Kategorien von Bühnenformen. Weiter wird den zentralen Bühnen-Figuren ein kurzes Kapitel gewidmet, das präzise Informationen zu Kostüm, erster Nennung des Bühnennamens und den dahinter stehenden comici liefert. Eine Übersicht über die wichtigsten Bilderfolgen, die Vorlagen für viele der später auftauchenden Varianten dienten, rundet das Werk ab. Mit der Fülle an Informationen, den 340 s/ w Abbildungen, der 40-seitigen Bibliografie und dem 47-seitigen Index bietet die Edition wie kein anderes Buch eine Übersicht über das wesentliche ikonographische Material der CdA. Der Laie auf dem Gebiet erhält einen soliden Einstieg in die historischen Quellen und in die Ikonographie dieser Theaterform, der Forschende ein wertvolles Nachschlagewerk. Die Autorin bespricht die Quellenlage und die Zusammenhänge von Werken von Ambrogio Brambilla, Sebastian Vrancx, Jan Bruegel, Louis de Caulery, Marten de Vos, Mitglieder der Valckenborch und Francken Familien. Stiche von Jaques Callot und Werke aus dem Stockholmer Recueil Fossard werden genauso herangezogen wie eine Menge wenig bekannter oder bis dahin unbekannter Darstellungen aus dem weiten Spektrum der bildgewordenen Reflexion zur Commedia dell’Arte. Zürich S TEFANO M ENGARELLI Peter W. Marx: Max Reinhardt. Vom bürgerlichen Theater zur metropolitanen Kultur. Tübingen: A. Francke Verlag, 2006, 244 Seiten. Kaum eine andere Größe der europäischen Regie der ersten Dekaden des ausgehenden 20. Jahrhunderts ist so oft zum Gegenstand theaterwissenschaftlicher Auseinandersetzungen geworden wie Max Reinhardt. Die beeindruckende Fülle der Publikationen, die zu Lebzeiten Reinhardts entstanden ist, wurde befördert durch die enorme gesellschaftliche Ausstrahlung dieses einzigartigen Künstlers, dem es binnen weniger Jahren gelungen war, zu einem in ganz Europa gefeierten Theatermacher und Leiter eines Theaterimperiums zu avancieren, und sie stand ganz im Zeichen der Suche nach seinem Erfolgsgeheimnis. Der erst einige Jahre nach dem Tod Reinhardts gewonnene Abstand zu seinem Schaffen ermöglichte eine differenzierte Einschätzung seines Theaters und dessen Einordnung sowohl in den theatralen als auch in den gesellschaftlichen Kontext seiner Zeit. Nach knapp sechzig Jahren der ziemlich intensiven Beschäftigung mit dem Mythos Reinhardt scheinen heute sowohl seine Theaterunternehmen und alle seine Inszenierungen mehrfach und aus verschiedenen Blickwinkeln untersucht als auch sein Privatleben in einzelnen Aspekten rekonstruiert zu sein. So wird jeder neue Versuch, einen analytischen Blick auf Reinhardts Leben zu werfen, schon allein deswegen zu einem spannenden Unterfangen, weil es immer komplizierter wird, neue Gesichtspunkte zu finden, unter denen Reinhardts Theaterarbeit analysiert werden könnte. Peter Marx, dem Autor der jüngsten Max- Reinhardt-Monographie, ist es gelungen, einen neuen Zugang zum Phänomen Reinhardt zu fin- Forum Modernes Theater, Bd. 22/ 1 (2007), 96-98. Gunter Narr Verlag Tübingen