Forum Modernes Theater
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Narr Verlag Tübingen
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BalmeWolfgang Schneider (Hg.). Theater und Schule. Ein Handbuch zur kulturellen Bildung. Theater, Band 9. Bielefeld: transcript Verlag, 2009, 349 Seiten.
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Gabriela Paule
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ihrem Anhang aus Interviews und einem Manuskript von Spregelburd noch weiterführende Anregungen zu liefern vermag. Trier C HRISTINE F ELBECK Wolfgang Schneider (Hg.). Theater und Schule. Ein Handbuch zur kulturellen Bildung. Theater, Band 9. Bielefeld: transcript Verlag, 2009, 349 Seiten. Der vorliegende Sammelband ist vor allem eines: eine beeindruckende Dokumentation gegenwärtig bestehender Ansätze einer künstlerischen wie pädagogischen Zusammenarbeit von Theatern und Schulen in Deutschland. Exemplarisch werden konzeptionelle Ausrichtungen dieser Zusammenarbeit vorgestellt, aber auch die Relevanz theatraler Bildung ästhetisch wie pädagogisch legitimiert und reflektiert. Die insgesamt 26 Beiträge, die hier leider nicht einzeln besprochen werden können, sind Ergebnisse eines Symposions, das die Befunde einer 2006 durchgeführten landesweiten - und damit erstmals auf so breiter Basis angelegten - Erhebung an hessischen Schulen diskutierte. Die Erhebung fragte “ sowohl nach der Wahrnehmung der Angebote der professionellen Theater als auch nach der Entwicklung des Darstellenden Spiels und der Zusammenarbeit von Theater und Schule im Bereich der Theaterpädagogik ” (9). Als Grundlage dieser Initiative diente der Bericht der Enquete-Kommission “ Kultur in Deutschland ” des Deutschen Bundestages, deren Handlungsempfehlungen zur “ Schulischen kulturellen Bildung ” als konkrete bildungs- und kulturpolitische Arbeitsaufträge zu verstehen sind. Dass die darin formulierten Zielsetzungen inzwischen weitgehend etabliert sind und in der Praxis auch tatsächlich angestrebt werden, zeigt insbesondere die Finanzierung und Unterstützung der Erhebung durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst sowie das Hessische Kultusministerium. In diesem kulturpolitischen Kontext versteht sich auch der vorliegende Band: Er erhebt den Anspruch, nicht nur eine Bestandsaufnahme zu bieten, sondern er “ will Handbuch sein für bildungs- und kulturpolitisches Handeln ” (11). Das irritiert zunächst, widmet sich die Publikation doch ausschließlich theatraler Bildung und nimmt damit nur ein einziges Feld kultureller Bildung in den Blick. Doch ist es gerade ihr Modellcharakter, der diesen Anspruch rechtfertigen kann, denn der Band zeigt exemplarisch und richtungsgebend auf, welche Chancen auch für andere Bereiche kultureller Bildung und für andere Bundesländer bestehen, wenn Politik, Wissenschaft, Kunst und Pädagogik an einem Strang ziehen, um die jeweilige Zusammenarbeit zielgenau und modellhaft zu entwickeln. Das eröffnete sehr weite Feld an Fragestellungen, Ergebnissen und Perspektiven wird in vorliegendem Band von Wissenschaftlern, Theaterschaffenden und Pädagogen gemeinsam diskutiert. Diese interdisziplinäre Anlage erweist sich als notwendig und geeignet, um die Sichtweisen verschiedener Fächer und Institutionen auf den Gegenstand zu klären, sich daraus ergebende Problemfelder der Zusammenarbeit zu benennen und den Weg für Zukünftiges zu weisen. Eine der Stärken des Bandes ist gerade die Zusammenschau bereits zu verzeichnender Erfolge - wie etwa die Präsentation spezieller Schulversuche oder gar landesweiter Modelle der Kooperation zwischen Theatern und Schulen - und die Identifikation und Diskussion theoretisch-konzeptioneller wie praktisch-organisatorischer Problemfelder genau dieser Kooperation. Es zeigt sich, dass bestimmte Konflikte im Zusammenhang der Förderung theatraler Bildung aus verschiedensten Perspektiven immer wieder neu ans Licht treten. Dazu gehört etwa der Befund, dass in der gegenwärtigen Praxis offenbar dem Theaterspiel der Kinder und Jugendlichen größere Relevanz zugeschrieben wird als der Rezeption professioneller Theaterkunst. Sowohl aus künstlerischer als auch aus theaterpädagogischer Sicht wird aber reklamiert, Rezeption und Produktion als zusammengehörig zu betrachten, um “ ästhetische Bildung in der Schule in der Zusammenschau von ‘ Theater sehen ’ und ‘ Theater spielen ’ als ‘ wahrnehmende und gestaltende ’ Auseinandersetzung mit der Theaterkunst auszuloten ” (19). Dafür muss es auf kulturpolitischer Ebene insbesondere um den Ausbau nachhaltiger Strukturen für entsprechende Kooperationen gehen und nicht allein um Forum Modernes Theater, 25/ 2 (2010), 215 - 216. Gunter Narr Verlag Tübingen 215 Rezensionen die Förderung von Einzelaktivitäten. Es geht also auch um die Verankerung theatraler Bildung in der allgemeinbildenden Schule, denn nur diese Institution erreicht tatsächlich alle Kinder und Jugendliche. Logische Konsequenz ist daher die Forderung nach einem Schulfach ‘ Kulturelle Bildung ’ als notwendigem Gegengewicht zu den PISA-Fächern. Als erster Schritt in diese Richtung kann zumindest für das Bundesland Hessen der inzwischen klar erkennbare politische Wille bewertet werden, “ ein Landesprogramm Theater und Schule langfristig zu etablieren ” (37). Dieses Ziel wiederum wirft zwei weitere grundsätzliche Fragen auf, die in vorliegendem Band mehrperspektivisch diskutiert werden. Es zeigt sich in verschiedenen Beiträgen, dass “ die ‘ Systeme ’ Theater und Schule auf ihre Kompatibilität zu überprüfen ” (10) sind. Das betrifft auf der einen Seite die jeweiligen Strukturen, die organisatorisch nicht immer leicht zusammenzubringen sind, es betrifft aber - weit wichtiger - das jeweilige Selbstverständnis als Künstler bzw. als Pädagoge und das zu überprüfende Bild vom jeweils anderen Kooperationspartner. Es ist der alte Konflikt zwischen Kunst und Pädagogik, dem sich nicht nur das Fach Theaterpädagogik fortlaufend zu stellen hat, sondern der auch und gerade im Aufeinandertreffen von Theaterschaffenden und Lehrkräften und ihrer jeweiligen Institutionen bewältigt sein will. Es geht um (teils zu korrigierende) Erwartungen aneinander, um die Forderung nach gegenseitiger Akzeptanz in der Unterschiedlichkeit. Theater und Schule also als ein “ Traumpaar ” (15) oder als eine “ unheilige Allianz ” (41)? Dieses Spannungsfeld wird von zahlreichen Beiträgen aspektreich beleuchtet und für zukünftige Zusammenarbeit produktiv gemacht. Eine zweite grundsätzliche Frage betrifft die Forderung nach einer professionellen Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte. Hier allerdings ist die Situation alles andere als zufriedenstellend: Grundständige Studiengänge gibt es kaum, allenfalls Ergänzungs- oder Erweiterungsstudiengänge an nur wenigen Hochschulen - was insgesamt zu lediglich kompensatorischen Fortbildungsangeboten führt, die langfristig keine Lösung sind. Viele der Beiträge widmen sich diesem Defizit und formulieren damit einen klaren bildungspolitischen Auftrag, der übrigens auch in dem erwähnten Bericht der Enquete-Kommission enthalten ist: Für die Stärkung der künstlerischen Fächer sei sicherzustellen, “‘ dass der vorgesehene Unterricht durch qualifizierte Lehrkräfte tatsächlich erteilt wird ’” (10). Bei einer wie in diesem Band so großen Fülle an Beiträgen stellt sich die Frage nach ihrer Ordnung und Gliederung. Der Herausgeber benennt dazu fünf Großkapitel, für die die Kategorien Politik, Kunst, Pädagogik, Modelle und Perspektiven leitend sind. Die themabedingt sehr disparaten Beiträge werden auf diese Weise gebündelt, gelegentliche Tücken der Kategoriebildung ergeben sich dadurch, dass sie keine eindeutige Zuordnung der Beiträge zulässt. Auch das Schlusskapitel ‘ Perspektiven ’ erscheint von seiner Ausrichtung nicht konsistent genug. Doch schmälert dieses strukturelle Problem den inhaltlichen Ertrag der Publikation nicht. Dem Herausgeber ist es gelungen, den gegenwärtigen und optimistisch stimmenden Stand der Zusammenarbeit zwischen Theater und Schule zu dokumentieren und gleichzeitig aus der theoretischen Reflexion bestehender Konfliktfelder zukünftige Aufgaben interdisziplinärer Zusammenarbeit zu identifizieren. Bayreuth G ABRIELA P AULE Wolfgang Sting, Norma Köhler, Klaus Hoffmann, Wolfram Weiße, Dorothea Griebach (Hg.). Irritation und Vermittlung. Theater in einer interkulturellen und multireligiösen Gesellschaft. Scena. Beiträge zu Theater und Religion. Band 4. Münster: Lit Verlag, 2010, 229 Seiten. Der vorliegende Band ist der vierte in der Reihe “ Scena. Beiträge zu Theater und Religion ” , die Ingrid Hentschel und Klaus Hoffmann im LIT Verlag herausgeben. Er dokumentiert die Tagung “ Dialog Theater und Religion - Theater in einer interkulturellen Gesellschaft ” , die im Dezember 2008 an der Universität Hamburg stattfand. Zusätzlich zu Vorträgen, Projektberichten und Podiumsdiskussionen des Kongresses nahmen die Herausgeber vertiefende theoretische Beiträge und Darstellungen interkultureller Theaterpro- Forum Modernes Theater, 25/ 2 (2010), 216 - 218. Gunter Narr Verlag Tübingen 216 Rezensionen
