eJournals Forum Modernes Theater 26/1-2

Forum Modernes Theater
fmth
0930-5874
2196-3517
Narr Verlag Tübingen
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2011
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Franziska Schößler. Einführung in die Dramenanalyse. Stuttgart/Weimar: J.B.Metzler Verlag, 2012, 277 Seiten.

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2011
Katharina Pewny
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Franziska Schößler. Einführung in die Dramenanalyse. Stuttgart/ Weimar: J. B. Metzler Verlag, 2012, 277 Seiten. Der vorliegende Band versammelt kanonische Zugänge zu der theater- und literaturwissenschaftlichen Dramenanalyse. Übersichtlich gegliedert, stringent aufgebaut und leicht zugänglich, bereichert er die vorhandene Literatur um einen transdisziplinären Beitrag. Franziska Schößler ist Lehrstuhlinhaberin am Fachbereich Neuere deutsche Literaturwissenschaft der Universität Trier und publiziert seit der Jahrtausendwende kontinuierlich an der Schnittstelle der Literatur- und Theaterwissenschaft. Unter Mitarbeit ihrer damaligen Assistent/ innen Christine Bähr und Nico Theisen hat sie die vorliegende Einführung gestaltet. In zehn Kapiteln sind darin analytische Zugänge zu historisch und gegenwärtig als zentral erachteten Elementen des Dramas versammelt. Die inhaltlichen Stationen Theatertext und Institution, Genres, Handlung, Figur, Sprache, Raum, Zeit, Diskursanalyse und deutsche Theatergeschichte sowie Theaterpädagogik werden durchwandert. Die Literatur und die Praxisbeispiele entstammen dem Kanon der internationalen wissenschaftlichen und ästhetischen Diskurse, das theaterhistorische Kapitel ist auf den deutschen Sprachraum ausgerichtet. In diesem Band werden sowohl Beispiele aus der Theater- und Dramengeschichte, als auch exemplarische Texte aus der Gegenwart verwendet. Dabei wird eine Brücke geschlagen vom Drama über postdramatische (Lehmann 1999) zu post-postdramatischen (Pavis 2010) Theatertexten. Die methodologischen Zugänge sind primär textanalytisch, zugleich eröffnen sie alle relevanten Ebenen von Inszenierungen und Aufführungen im institutionellen Rahmen des Theaters. Der Band ist daher beispielhaft für fokussierte, transdisziplinäre Perspektiven. Im Folgenden wird beispielhaft das Kapitel “ Zeit ” besprochen, weil Temporalität im Drama ein vergleichsweise wenig untersuchtes Forschungs- und Analysefeld darstellt (eine Ausnahme in der deutschsprachigen Theaterwissenschaft sind Birkenhauer/ Storr 1998): Bühne und Inszenierung, Zeiterleben und Sprache, sowie ein vertiefender Exkurs zum historischen Kontext des Kostüms eröffnen die auf Zeit bezogenen Ebenen der Dramenanalyse (S. 177 f). Die Kongruenz oder Differenz von Spielzeit und gespielter Zeit (oder der Wechsel von Kongruenz und Differenz), ein zentrales Phänomen theatraler Zeitverhältnisse, steht im Fokus der anschließenden Überlegungen. Betont werden dabei die Phänomene der Zeitverknappung, wie sie etwa im Botenbericht vorgenommen werden, und der “ Zeitdehnung ” , die im ritualisierten Theater eines Robert Wilson oder eines Christoph Marthaler und in ebensolchen Performances (man denke an Marina Abramovic) von Bedeutung ist (S. 179). Zwar stehen Theatertexte nicht im Fokus dieser einleitenden Darstellung zur Zeitlichkeit des Theaters, diese bereiten allerdings durch die Darlegung der impliziten Differenz von Text und Aufführung, respektive gespielter Zeit und Spielzeit, die darauf folgende explizite Thematisierung von “ Zeit im dramatischen Text ” (S. 180 - 183) vor. Zeit und Raum, Zeitangaben im Nebentext, Zeitlosigkeit und historische Zeit bestimmen den inhaltlichen Rahmen der Analysevorschläge. Dem folgt wiederum ein vertiefender Exkurs, diesmal zum Historiendrama (S. 181). Historische Kontexte fungieren als Makroebene von Zeitanalyse im Drama, die Mikroebene der “ Tages- und Kalenderzeit ” wird ebenfalls bedacht: “ Darüber hinaus können sowohl Tagesals Kalenderzeiten handlungsleitende und symbolische Funktionen übernehmen ” (181). Der zitierte Satz ist exemplarisch für die Gleichzeitigkeit von Klarheit und Komplexität des vorliegenden Bandes, denn hier schreibt die Autorin explizit über die Bedeutung von Zeit in Drama und Theater und eröffnet dabei implizit poetologische Fragen (Aufbau des Dramas, Spannungsbogen und Dramaturgie), ebenso wie (post)semiotische Analysemodelle (Funktion von Zeichen in Theatertexten und Aufführungen). Das Tempo in Dramen von William Shakespeare, die Zeit im geschlossenen und offenen Drama, sowie die Zufallsdramaturgie in Gotthold Ephraim Lessings Emilia Galotti sind weitere Beispiele für mögliche Temporalitäten in/ von Theatertexten. Auch Elias Canetti und Samuel Beckett erscheinen in diesem Kapitel als kanonische Autoren, die interessante Zeitverhältnisse dramatisch gestalten (S. 182 - 192). So verflicht die Autorin dramenanalytische Fragen mit der Vorstellung des Kanons der Theatergeschichte. Vor der Bibliografie, die jedes Kapitel abschließt, steht - Forum Modernes Theater, 26 (2011 [2014]), 227 - 228. Gunter Narr Verlag Tübingen 227 Rezensionen und dies ist zentral - eine Liste möglicher Fragestellungen für die Aufführungsanalyse. So fragt die Autorin etwa: “ Wie ist das Tempo des Dramas zu beschreiben (Auf- und Abtritte der Figuren, Länge der Repliken)? ” . Somit legt deutet sie an, daß und wie eine kanonische theaterwissenschaftliche Angelegenheiten wie die Aufführungsanalyse mit neueren wissenschaftlichen Diskursen, in dem Fall mit dem so genannten acoustic turn (Meyer 2008) der Theater- und Kulturwissenschaften, (siehe auch Roesner 2003, 2011, 2012), Hand in Hand gehen können. Franziska Schößlers Einführung in die Dramenanalyse ist Theater-, Literatur- und Kulturwissenschaftler/ innen, sowie Forscher/ innen aus verwandten Disziplinen, die verstehen wollen, wie Theatertexte, künstlerische Aufführungen und deren Analyse funktionieren, ausdrücklich zu empfehlen. Der Band bietet eine außerordentlich gründliche, sehr reiche und exzellent strukturierte Grundlage für die entsprechende Lehre, das Studium und die Forschung. Darüber hinaus zeugt er von den gelungenen Kooperationen und Austauschverhältnissen zwischen den Literatur- und Theaterwissenschaften. Gent K ATHARINA P EWNY Jörg Rothkamm. Ballettmusik im 19. und 20. Jahrhundert. Dramaturgie einer Gattung. Mainz etc.: Schott Music, 2011, 380 Seiten. Ziel dieser Mannheimer Habilitationsschrift ist, “ Kompositionsstruktur und Gattungsspezifik originärer Ballettmusik des 19. und 20. Jahrhunderts ” zu untersuchen (S. 9); in monographischen Kapiteln werden fünfzehn einschlägige Kompositionen von Beethoven bis Schnittke behandelt. Als “ Ballett ” gilt dem Verf., was in der Tradition der “ klassisch-akademischen Tanztechnik ” steht (S. 18, vgl. S. 27). Die Einleitung (S. 13 - 33) skizziert die Fragestellungen: Kann Ballettmusik als eigene Gattung der Musik verstanden werden? Welche gattungsspezifischen Rahmenbedingungen gab es zu verschiedenen Zeiten für die Komposition und welche kompositorischen Lösungen wurden jeweils gefunden? Wie lässt sich die musikhistorische Entwicklung von Ballettmusik beschreiben? Welches sind die für eine Gattung Ballettmusik relevanten dramaturgischen und kompositorischen Neuerungen - in Annäherung wie Abgrenzung zu anderen Gattungen der Musik? Welche Arten der Beziehung von Musik und Choreographie bzw. Musik und Handlung wurden intendiert und welche realisiert? Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen Komponist und Choreograph? (S. 14). Das “ Fazit ” (S. 347 - 355) unterstreicht, daß Ballettmusik in der Tat als eigenständige musikalische Gattung zu betrachten sei (S. 347 - 355; zu den Kriterien für die Definition einer musikalischen Gattung S. 30 f.). Der Forschungsüberblick registriert vor allem Defizite: Die Tanzforschung klammere die Musik weitgehend aus (S. 18 f.); als musikalische Gattung werde Ballettmusik kaum wahrgenommen (S. 20), einschlägige historisch-philologische Untersuchungen gebe es kaum. Neben der Partitur, die die Basis der folgenden Analysen bildet (S. 25), wurden Szenarien bzw. Libretti (für die Vorgaben des Choreographen) sowie das musikalische Probenmaterial herangezogen (S. 24). Acht der meist auf ein Werk zentrierten monographischen Kapitel sind dem 19., sieben dem 20. Jh. gewidmet. In der Regel folgen auf eine Übersicht zur Quellenlage exemplarische Analysen einzelner musikalischer Nummern. Beethovens Geschöpfe des Prometheus (1801, S. 37 - 52) erweisen sich in mehrfacher Hinsicht als zukunftsweisend (S. 38, 47 f.), u. a. durch die differenzierte Behandlung der Soli männlicher und weiblicher Solisten (S. 47 f.). Ferdinand Hérolds Fille mal gardée (1828, S. 53 - 71) verdeutlicht die Verwendung sogenannter “ airs parlants ” , also von musikalischen (Oper - oder Volkslied-)Zitaten, die durch den dem Publikum bekannten ursprünglichen Text semantisiert werden (S. 54 f.). Herman Løvenskjold schreibt für Sylphiden (1836, S. 73 - 90; Neukomposition von Forum Modernes Theater, 26 (2011 [2014]), 228 - 230. Gunter Narr Verlag Tübingen 228 Rezensionen