Fachtagung für Prüfstandsbau und Prüfstandsbetrieb (TestRig)
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expert Verlag Tübingen
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Betriebsfestigkeits-Nachfahrversuche an Lithium-Ionen-Batterien für Stadtbusse der Fa. MAN Truck & Bus Se
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Armin Tobuschat
Der Vortrag beschreibt die Durchführung eines Betriebsfestigkeits-Nachfahrversuchs an Lithium-Ionen-Batterien für Elektroantriebe in einem Rüttelprüfstand mit 7 Anregungsachsen zur Simulation der Teststrecke. Diese Batterien werden als Energiespeicher in Stadtbussen der Fa. MAN Truck & Bus SE eingesetzt. Es wird in diesem Teil 1 die reine dynamische Betriebsfestigkeitserprobung im Rüttelprüfstand beschrieben. Von der Messdatenerfassung mit den entsprechenden Sensoren, aus denen die sog. „Target“-Signale erzeugt werden, über die Konstruktion und Herstellung der Prüfanordnung sowie den notwendigen Sicherheits-Einrichtungen, dem Einrichten des Prüfstandes auf die „Target“-Signale, bis zur Durchführung des Prüflaufs gemäß einem festgelegten Prüfstandard wird diese komplexe Erprobungsart dargestellt. In Teil 2 erfolgt in einem nachfolgenden Vortrag die Beschreibung der Simulation der Klimarampen und den elektrischen Lade- und Entladerampen, die während des dynamischen Prüflaufs an der LiIo-Batterie erfolgen.
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1. Fachtagung TestRig - Juni 2022 77 Betriebsfestigkeits-Nachfahrversuche an Lithium-Ionen- Batterien für Stadtbusse der Fa. MAN Truck & Bus Se Dr.-Ing. Armin Tobuschat Realtest GmbH, 89143 Blaubeuren, Deutschland Zusammenfassung Der Vortrag beschreibt die Durchführung eines Betriebsfestigkeits - Nachfahrversuchs an Lithium Ionen - Batterien für Elektroantriebe in einem Rüttelprüfstand mit 7 Anregungsachsen zur Simulation der Teststrecke. Diese Batterien werden als Energiespeicher in Stadtbussen der Fa. MAN Truck & Bus SE eingesetzt. Es wird in diesem Teil 1 die reine dynamische Betriebsfestigkeitserprobung im Rüttelprüfstand beschrieben. Von der Messdatenerfassung mit den entsprechenden Sensoren, aus denen die sog. „Target“ - Signale erzeugt werden, über die Konstruktion und Herstellung der Prüfanordnung sowie den notwendigen Sicherheits - Einrichtungen, dem Einrichten des Prüfstandes auf die „Target“ - Signale, bis zur Durchführung des Prüflaufs gemäß einem festgelegten Prüfstandard wird diese komplexe Erprobungsart dargestellt. In Teil 2 erfolgt in einem nachfolgenden Vortrag die Beschreibung der Simulation der Klimarampen und den elektrischen Lade- und Entladerampen, die während des dynamischen Prüflaufs an der LiIo - Batterie erfolgen. 1. Einleitung Der Nachweis der Betriebsfestigkeit der Bauteile und Komponenten, die in Fahrzeugen serienmäßig in oft in großen Stückzahlen eingebaut werden, ist ein wichtiges Mittel, um Gewährleistungskosten infolge von auftretenden Schäden im Kundeneinsatz zu vermeiden sowie die Verkehrs- und Funktionssicherheit zu überprüfen. Mit Hilfe der modernen Prüftechnik können diese Nachweise an den Bauteilen auf experimentellem Wege in dafür hergestellten Prüfständen relativ schnell und kostengünstig erarbeitet werden. Die gegenwärtige Situation, bei der aufgrund des Klimawandels die Konstruktion und Fertigung von Fahrzeugen mit emissionsarmen Fahrzeugantrieben gefordert werden, stellt neue Herausforderungen an die Erprobung der Betriebsfestigkeit und Systemsicherheit dar. Insbesondere bei den Elektroantrieben, bei denen als Energiespeicher Hochvolt - Lithium Ionen - Batterien (LiIo) eingesetzt werden, ist die experimentelle Erprobung dieser Batteriesysteme zur Aufrechterhaltung der Betriebsfestigkeit und Systemsicherheit unumgänglich. 2. Prüfobjekt, Sensorik und Erzeugung der „Target“ - Signale zur Simulation der Teststrecken - Beanspruchungen im Prüfstand 2.1 Prüfobjekt und Sensorik Das Prüfobjekt ist eine von 6 Stück Lithium Ionen - Batterien, die auf dem Dach eines elektrobetriebenen Stadtbusses des Typs „Lions City“ der Fa. MAN Truck & Bus SE. Insgesamt befinden sich auf dem Dach 6 gleichartige Batterien. Abbildung 1 zeigt die LiIo - Batterien auf dem Dach eines Stadtbusses „Lions City“. Abbildung 1: Darstellung der Positionen der LiIo - Batterien auf dem Dach eines „Lions City“ Gemäß des vorgegebenen Prüfstandards, bei dem im Rüttelprüfstand eine bestimmte Anzahl an Teststrecken - km für die LiIo - Batterien gefordert werden, sind Messungen auf der Teststrecke mit Beschleunigungs - Sensoren und Dehnungsmessstreifen notwendig. Der Prüfstandard gibt für Omnibusse weiterhin vor, dass die Erprobung in turnus- 78 1. Fachtagung TestRig - Juni 2022 Betriebsfestigkeits-Nachfahrversuche an Lithium-Ionen-Batterien für Stadtbusse der Fa. MAN Truck & Bus Se mäßigen Wechsel zwischen unbeladenem und beladenem Stadtbus durchgeführt werden muss. Deshalb erfolgten die Messungen mit diesen beiden Beladungszuständen. Aus diesen Messsignalen erfolgte die Erzeugung der „Target“ - Signale, auf die der Prüfstand eingerichtet wurde. Nachfolgende Abbildung 2 zeigt die Positionen der Beschleunigungs - Sensoren und Abbildung 3 die Dehnungsmessstreifen (DMS) an den Batterie - Haltern im Bereich der Schweißstruktur an der Batterie Position - Nr. 4. Abbildung 2: Darstellung der Positionen der Beschleunigungs - Sensoren auf dem Stadtbus - Dach und auf der LiIo - Batterie - Nr. 4 Abbildung 3: Darstellung der Positionen der DMS an den Haltern der LiIo - Batterie, Position - Nr. 4 2.2 Erzeugung der „Target“ - Signale Die Messungen auf der Teststrecke (Rüttelstrecke) erfolgten gemäß dem vorgegebenen Prüfstandard mit den entsprechenden Streckenabschnitten und Anzahl an Teststreckenrunden. Die Erzeugung der „Target“ - Signale erfolgte aus diesen Messsignalen für die beiden Fahrzeug - Beladungszustände, beladen und unbeladen. Abbildung 4 zeigt die Zeitfunktionen der aufgezeichneten Beschleunigungs - und Spannungs - Signale an den DMS. Die Erzeugung der „Target“ - Signale erfolgt mit dem Ziel einer Zeitraffung zur Prüflaufzeit - Verkürzung bei möglichst geringem relativem Schädigungsverlust zu erhalten. Dies erfolgt auf Basis der sog. „Rainflow Protection“ - (RP - ) Filterung: Hierbei wird an definierten „Master“ - Sensoren untersucht, welche Signalanteile zeitsynchron über sämtliche Sensoren entnommen werden können, um den vorgegebenen Schädigungsverlust an Signalen der „Master“ - Sensoren nicht zu überschreiten. Wichtig bei der Festlegung der „Master“ - Signale ist, dass die Signale der Schädigung proportional sind, Beschleunigungs - Signale sind dafür weitgehend ungeeignet, Spannungen, Dehnungen, Kräfte, ect. sind für die „RP“ - Filterung aufgrund des direkten potentiellen Zusammenhangs mit der Schädigung besser geeignet. Vorliegend erfolgt die „Rainflow Protection“ - Filterung auf Basis der Spannungen an den DMS, die als „Master“ - Signale definiert wurden. Das „Ausschneiden“ der Signalanteile erfolgt zeitsynchron über sämtliche Messkanäle, auch über die als nicht - selektierten „Master“ - Kanälen. Abbildung 4: Darstellung der Beschleunigungen und der Spannungen an den DMS, LiIo - Batterie - Position - Nr. 4aus 7 Runden Teststrecke (Rüttelstrecke) und dem Vorprogramm, Kopien aus der Software „Tecware“ der Fa. LMS - Siemens Abbildung 5 zeigt am Beispiel der Messstelle DMS_33 das Ergebnis der „RP“ - Filterung. Das rot dargestellte Signal ist das Original - Signal aus der Messung auf der Teststrecke. Grün dargestellt ist das „RP“ - gefilterte Signal, das bei einem vorgegebenen Schädigungsverlust von ΔDrel. = 2% erzeugt wurde. Damit ergibt sich eine Zeitraffung um rund Faktor 4. Abbildung 5 zeigt am Beispiel der Messstelle DMS_33 die durch die „RP“ - Filterung erzeugte Zeitraffung als Zeitfunktionen sowie die Ergebnisse in Form des Bereichspaar - Zählverfahrens und den relativen Schädigungen. Abbildung 5: Ergebnis der Zeitraffung mit der „RP“ - Filterung für den unbeladenen „Lions City“ für Messstelle DMS_33, rot dargestellt das gemessenen Original - Signale aus der Messung auf der Teststrecke, grün das „RP“ - gefilterten Signal, Kopien aus der Software „Tecware“ der Fa. LMS - Siemens 1. Fachtagung TestRig - Juni 2022 79 Betriebsfestigkeits-Nachfahrversuche an Lithium-Ionen-Batterien für Stadtbusse der Fa. MAN Truck & Bus Se Auswertungen der DMS - Messstellen an den Haltern sämtlicher LiIo - Batterien haben gezeigt, dass die größten relativen Schädigungen an den Haltern der LiIo - Batterie, Position - Nr. 4 vorhanden ist. Deshalb wurden die Messsignale für diese Batterie - Position zum Erzeugen der „Target“ - Signale und dem Einrichten des Prüfstandes zugrunde gelegt. 3. Erstellung der Prüfanordnung und Installation der Sensorik 3.1 Erstellung der Prüfanordnung Die Prüfanordnung wurde als Rüttelprüfstand mit 7 Anregungsachsen ausgeführt. Diese Prüfanordnung bestand aus 4 Vertikal - Prüfzylinder, 2 seitliche (Y) Prüfzylinder und ein Längs - (X) Prüfzylinder mit den entsprechenden Anbindungselementen an einem Dachsegment eines „Lions City“ sowie Gelenken und Umlenkhebeln für die Horizontal - Prüfzylinder (X und Y). Mit den 4 Vertikalzylindern bestand die Möglichkeit, schädigungsrelevante Torsionsbeanspruchungen, die sich infolge ungleicher Bewegungen und Verformungen zwischen vorne und hinten sowie links und rechts am Dachgerippe ergeben, zu simulieren. Abbildung 6 zeigt die Prüfanordnung. Abbildung 6: Darstellung der Rüttelprüfanordnung mit den 7 Anregungsachsen für die Teststrecken - Simulation an der LiIo - Batterie Als wichtiges Merkmal dieser Prüfanordnung sind die pneumatischen Schnelllösevorrichtungen (Abbildung 6, links unten dargestellt). Diese Schnelllösevorrichtungen waren an den 4 Ecken innerhalb der Querverbindungen vorne und hinten jeweils links und rechts installiert. Über Kipphebel wird das Dachsegment mit Hilfe von Pneumatik - Zylindern mit den beiden Querverbindungen kraft- und formschlüssig verbunden. Somit konnte bei Rauch- und Brandentwicklung das gesamte Dachsegment mit der LiIo - Batterie durch einfache Betätigung an Ventilschaltern der Pneumatik - Zylinder schnell vom Prüfstand entnommen werden und außerhalb der Prüfhalle an der LiIo - Batterie entsprechende Löschmaßnahmen eingeleitet werden. 3.2 Installation der Sensorik Die Installation der Beschleunigungs - Sensoren an den entsprechenden Positionen erfolgte in Analogie zur Installation der Sensoren bei den Teststreckenmessungen (siehe Abbildung 2). Auf den Einsatz von DMS musste aufgrund der Verfügbarkeit gleichartiger Halter wie die bei den Teststreckenmessungen verzichtet werden. Das Einrichten des Prüfstandes erfolgte ohne die Kontrolle der Spannungen an diesen DMS und lediglich auf die Beschleunigungen. Abbildung 7 zeigt die Positionen der Beschleunigungs - Sensoren am Dachsegment und auf der LiIo - Batterie innerhalb der Prüfanordnung. Auf die „Target“ - Signale der Beschleunigungen wurde der Prüfstand eingerichtet. Weiterhin wurden die Beschleunigungs - Sensoren für die Prüfläufe eingesetzt, um die Simulations - Qualität während des Prüflauf zu bewerten und als Abschaltkriterien bei auftretenden Unregelmäßigkeiten beim Prüflauf zu verwenden. Abbildung 7: Darstellung der Positionen der Beschleunigungs - Sensoren am Dachsegment und auf der LiIo - Batterie innerhalb der Rüttelprüfanordnung 4. Einrichten des Rüttelprüfstandes auf die „Target“ - Signale Die Beschreibung des Einrichtens des Rüttelprüfstandes erfolgt auf Basis der Erprobung der LiIo - Batterie mit den im Abschnitt 2. beschriebenen „Target“ - Signale, die aus den Teststreckenmessungen erzeugt wurden. Im ersten Schritt erfolgt die Ermittlung des Übertragungsverhaltens zwischen der Anregung an den Prüfzylindern und an den Beschleunigungs - Sensoren. Dieser erste Schritt wird als „System - Identifikation“ (SI) bezeichnet. Im weiteren zweiten Schritt erfolgte die iterative Vorgehensweise auf Basis des aus der „SI“ berechneten Übertragungsverhaltens zur Annäherung der Response - (= Antwort) Signale an die „Target“ - Signale. Dieser Schritt wird als „Target - Simulation“ (TS) bezeichnet. Bei der „TS“ werden, auf Basis des Übertragungsverhaltens aus der „SI“, für jeden Iterationsschritt mit den „Target“- Signalen Prüfzylinder - Kolbenstangenwege berechnet. Dies wird so lange fortgeführt, bis eine ausreichende Simulations - Qualität, d. h. eine weitgehende Übereinstimmung (Konvergenz) zwischen den „Response“ - Signalen und dem „Target“ - Signalen erreicht ist. Diese, bei der Iteration berechneten Weggrößen für 80 1. Fachtagung TestRig - Juni 2022 Betriebsfestigkeits-Nachfahrversuche an Lithium-Ionen-Batterien für Stadtbusse der Fa. MAN Truck & Bus Se die Prüfzylinder werden als „Drive“ - Signale bezeichnet. Abbildung 8 zeigt den Prozessfluss des iterativen Einricht - Prozesses. Abbildung 8: Prozessfluss beim iterativen Einrichten des Rüttelprüfstandes Nach dem letzten Iterationsschritt, wenn eine ausreichende Konvergenz zwischen „Target“ - und „Response“ - Signalen erreicht wurde, liegen die „Drive“ - Signale für den durchzuführenden Prüflauf vor. Sämtliche mathematische Behandlungen erfolgen innerhalb des Einrichtprozesses im Frequenzbereich. Eine geschlossene rechnerische Behandlung zur Berechnung der „Drive“ - Signale ist für eine ausreichende Simulations - Qualität nicht möglich. Einerseits liegen bei zu prüfenden komplexen Strukturen nichtlineare mechanische Systeme vor, andererseits ergibt eine Anregung, bspw. eines Aktuators oder Prüfzylinders, eine mehr oder weniger große Antwort an sämtlichen Sensoren. Diese Eigenschaft wird als „Multiple Input Multiple Output“ (MIMO) bezeichnet. Abbildung 9 beschreibt und zeigt schematisch die Grundlagen des System - Modells, weiterhin die Frequenz - Übertragungsmatrix. Abbildung 9: Grundlagen für das System Modell und die Frequenz - Übertragungsfunktion 4.1 Praktische Durchführung der System - Identifikation Vor dem Einrichten müssen Basisparameter festgelegt werden. Diese sind die für die Prüfläufe relevanten Frequenzintervalle sowie welche Sensoren zur Simulation verwendet werden sollen notwendig. Im vorliegenden Fall erfolgt die Simulation der „Target“ - Signale auf die Beschleunigungs - Sensoren. Als Frequenzintervall wurden 0,5 Hz bis 80 Hz festgelegt. Die untere Grenze ist notwendig, da aus prüftechnischer Sicht quasistatische, niederfrequente Bewegungen, bspw. Kurvenfahrt, aufgrund begrenzter Weggrößen an den Prüfzylindern nicht simuliert werden können und auch nicht schädigungsrelevant sind. Als obere Frequenzgrenze wurden 80 Hz gewählt, um in einem möglichst großen Frequenzbereich das Rüttelprüf - System zu kontrollieren. Abbildung 10 zeigt die Eingabeprozedur zur Festlegung der Basisparameter innerhalb der Software „Modulogic - TWR der Fa. Instron. Die praktische Durchführung einer SI erfolgt mit dem Ziel, das Übertragungsverhalten zwischen Anregungs - Zylindern und den Sensoren zu bestimmen. Um möglichst alle Kombinationen der Spektralbereiche im Prüfstand zu erfassen, werden insbesondere bei Rüttelprüfstanden, bei denen Beschleunigungs - Signale als „Target“ - Signale vorliegen, „weiß - rosa“ - Rauschsignale, als Weggrößen - Signale für die einzelnen Prüfzylinder innerhalb der relevanten Frequenzbereiche in zufälliger (randomisierter) Phasenbeziehung zueinander vorgegeben. Die Zeitfunktionen der Prüfzylinder - Weggrößen werden für jeden Prüfzylinder aus einem vorzugegebenen Leistungsdichtespektrum rekonstruiert. Abbildung 10: Eingabe der Basisparameter, Kopie aus der Software „Modulogic - TWR“ der Fa. Instron Wichtig bei der SI ist, dass die Signalstärken oder Energiedichten in entsprechenden Größenordnungen mit den „Target“ - Signalen übereinstimmen. Abbildung 11 zeigt die Sotware - Oberfläche zur Eingabe der Parameter für das „weiß - rosa“ - Rauschen für die SI. Abbildung 11: Eingabe der Parameter für das „weiß - rosa“ - Rauschen als Vorgabe der Weggrößen für die Prüfzylinder bei der SI, Kopie aus der Software „Modulogic - TWR“ der Fa. Instron In vielen Fällen werden bei der praktischen Durchführung einer SI mit unterschiedlichen Energiedichten und Frequenzintervallen die Rauschsignale im Prüfstand eingelei- 1. Fachtagung TestRig - Juni 2022 81 Betriebsfestigkeits-Nachfahrversuche an Lithium-Ionen-Batterien für Stadtbusse der Fa. MAN Truck & Bus Se tet. Diese Vorgehensweise erfolgt dem Hintergrund, dass bei der nachfolgenden „Target“ - Simulation das SI - Modell angesetzt wird, das eine optimale Simulationsgüte ergibt. Nach dem Durchlauf mit dem „weiß - rosa“ - Rauschens im Prüfstand liegen die gemessenen Signale gespeichert als Zeitfunktionen vor. Diese Messsignale sind die Weggrößen - Signale der Prüfzylinder und Beschleunigungen an den Beschleunigung - Sensoren. Die Berechnung der Übertragungsfunktionen zwischen Prüfzylinder und Beschleunigungen erfolgt über die Transformation in den Frequenzbereich Diese Übertragungsfunktion ist die Grundlage für die nachfolgende TS. 4.2 Praktische Durchführung der Target - Simulation Mit Hilfe der Übertragungsfunktionen, die als Ergebnis der SI ermittelt wurden, erfolgt die schrittweise (iterative) Annäherung der „Response“ - Signale an die „Target“ - Signale. Innerhalb der TS werden die „Target“ - Signale, auf die der Rüttelprüfstand einzurichten ist, eingegeben. Bei der ersten Näherung erfolgt die Berechnung der ersten „Drive“ - Signale über die Invertierung der Übertragungsfunktionen aus der SI und der Multiplikation mit den abgeschwächten, bspw. 50% „Target“ - Signalen. Die Messdatenerfassung erfolgt mit dem Start des Prüflaufs zur TS. Abbildung 12 zeigt den Prozessfluss bei der TS (linke Darstellung) und die Zeitfunktionen der berechneten „Drive“ - Signale (rechte Darstellung). Abbildung 12: Prozessfluss bei der TS und die berechneten „Drive“ - Signale für die Weggrößen an den Prüfzylindern, Kopie aus der Software „Modulogic - TWR“ der Fa. Instron Nach der ersten Näherung mit der Datenerfassung beim Prüflauf mit dem „Target“ - Loop erfolgte die schrittweise Erhöhung der „Target“ - Signalintensität. Mit dem Ziel einer möglichst hohen Simulationsqualität, können während des Iterationsprozesses manuell Korrekturen eingestellt werden, die auf die Berechnung des neuen und folgenden „Drive“ - Signals Einfluss nehmen. Abbildung 13 zeigt die Tabelle innerhalb der Software „Modulogic - TWR“, in der diese Korrekturmöglichkeiten für die Berechnung der nachfolgenden „Drive“ - Signale vorgenommen werden können. Abbildung 13: Möglichkeiten zur Beeinflussung der Korrektur innerhalb der TS zur Berechnung der neuen „Drive“ - Signale für die Weggrößen an den Prüfzylindern, Kopie aus der Software „Modulogic - TWR“ der Fa. Instron Für die Bewertung der Simulationsgüte der einzelnen Iterationsschritte innerhalb der TS stehen verschiedene graphische Darstellungen zur Verfügung. Abbildung 14 zeigt am Beispiel des Einrichtvorgangs an der LiIo - Batterie für die Simulation der „Target“ - Signale des beladenen Fahrzeugzustand für 5 Beschleunigungs - Sensoren die Bewertungs-möglichkeiten im Zeitbereich, Frequenzbereich, in Form statistischer Darstellungen als Histogramme und als Fehler-diagramme. Abbildung 14: Graphische Darstellungen zur Bewertung der Simulationsgüte beim Einrichten des LiIo - Batterie - Prüfstandes auf die „Target“ - Signale des beladenen Fahrzeugzustandes, Kopie aus der Software „Modulogic - TWR“ der Fa. Instron Ist aus dem iterativen Einrichtprozess eine akzeptable Simulationsqualität erreicht, stehen die aus dem Einrichtprozess berechneten „Drive“ - Signale für die Prüfläufe zur Verfügung. Eine akzeptable Simulationsqualität ist erreicht, wenn die Fehlergrößen zwischen den „Target“- und den „Response“ - Signalen entsprechend klein ist. Wie die Fehlerdiagramme in Abbildung 14 zeigen, ist ein Sättigungszustand nach 23 Iterationsschritten erreicht, eine Verbesserung der Simulationsgüte erfolgt mit weiteren Schritten nicht mehr. 5. Durchführung des Prüflaufs Die Durchführung der Prüfläufe erfolgt mit den aus dem Einrichten erzeugten „Drive“ - Signalen nach den oben beschriebenen Einrichtprozeduren. Entsprechend der Forderungen, die gemäß einem Prüfstandard, vorliegend für LiIo - Stadtbus - Batterien gültig, müssen entspre- 82 1. Fachtagung TestRig - Juni 2022 Betriebsfestigkeits-Nachfahrversuche an Lithium-Ionen-Batterien für Stadtbusse der Fa. MAN Truck & Bus Se chende Teststrecken- oder Rüttelprogramm - km für eine Betriebsfestigkeits - Freigabe absolviert werden. Abbildung 15 zeigt den Programmablauf mit den erzeugten „Drive“ - Signalen. In turnusmäßigen Abständen an „Drive“ - Signal - Wiederholungen erfolgt der Wechsel der „Drive“ - Signale für den unbeladen auf den beladen Fahrzeugzustand und umgekehrt. Diese Zustände werden in der äußeren Schleifen zweimal wiederholt, also insgesamt bis zur Forderung wird jeder Beladungszustand zweimal mit den entsprechenden Wiederholungen (n = 409) durchgeführt. Innerhalb der Spalte zur Messdatenerfassung werden die Messdaten alle 10 Loops zur Auswertung und zur Bewertung der Simulationsqualität mit steigendem Prüffortschritt abgespeichert. Zusätzlich werden an den Sensoren (Prüfzylinderwege und Beschleunigungen) Schwellwerte eingestellt, um ein Anhalten des Prüfstandes bei Unregelmäßigkeiten, die bei Rissen und auch Schäden am Prüfsystem entstehen können, zu erzwingen. Abbildung 15: Programmablauf bei den Prüfläufen mit den aus dem Einrichten erzeugten „Drive“ - Signalen Zur Bewertung der Systemsicherheit werden an der LiIo - Batterie während des dynamischen Prüflaufs elektrische Lade- und Entladevorgänge sowie thermische Rampen nach vorgegebenen Zeitintervallen simuliert. Die Beschreibung dieser prüftechnischen Untersuchungen sind in Teil 2: „Elektrische Antriebe in Fahrzeugen auf Basis von Lithium Ionen - Batterien und deren prüftechnische Behandlung während der Betriebsfestigkeitserprobung in Rüttelprüfständen“ enthalten. Unser besonderer Dank gilt der Fa. MAN Truck & Bus SE und der Fa. Instron GmbH für die Unterstützung und Genehmigung zur Veröffentlichung der Prüfanordnungen, Prüfdurchführungen und Software - Darstellungen. 1. Fachtagung TestRig - Juni 2022 83 Prüftechnik richtig angewandt Alexander Hobt Form+Test Seidner & Co. GmbH, Riedlingen, Deutschland Zusammenfassung Prüftechnik für Komponentenversuche muss gewissen Anforderungen in deren Anwendung gerecht werden. Neben den grundlegenden Faktoren wie Genauigkeit und Dauerhaftigkeit, sind auch Faktoren wie Flexibilität und Erweiterbarkeit zu betrachten. Das Ziel jedoch sind genaue, reproduzierbare Versuchsergebnisse, die Rückschlüsse auf das reale Betriebsverhalten erlauben. Dies bedeutet, dass mit der geeigneten Prüftechnik die Bauteil- und Materialantwort ermittelt werden muss. Sind mehrachsige Spannungs- und Verformungszustände im Bauteil vorhanden, ist davon das Materialverhalten beeinflusst. Bislang bestehende Festigkeitshypothesen sind im statischen Fall hinreichend verifiziert und präzise in der Vorhersage des Versagensprozesses. Bei teilweise komplexer Ermüdungsbeanspruchung können bestehende Konzepte nur in bestimmten Fällen eine zuverlässige Aussage machen. Meist sind in diesen Fällen die Materialmodelle anhand zahlreicher Versuche an betriebsnahen oder realen Versuchskörpern angepasst und validiert. Auch die Übertragbarkeit auf andere Lastfälle und Konstruktionen basiert auf Erfahrungswerten oder passenden Versuchsdaten. 1. Einleitung Für einen sicheren Betrieb muss das Bauteilverhalten bekannt sein, um bei den auftretenden Lasten einen Integritätsnachweis zu führen. Daneben kann zusätzlich das Verformungsverhalten der Bauteile von entscheidender Beudeutung sein um vorgegebene Funktionalitäten zu gewährleisten. Allen notwendigen Unterschuchungen gemein ist die Notwendigkeit, die Ergebnisse vor dem Einsatz präzise vorauszusagen. Hierfür sind geeignete Konzepte und Beschreibungs-modelle zu entwickeln. Ein wichtiger Aspekt stellt in diesem Zusammenhang die korrekte Validierung der Modelle und vor allem die Definition der Anwendungsgrenzen dar. Im vorliegenden Beitrag soll dabei ein kurzer Überblick über die Herausforderungen der Integritätsbewertung gegeben, sowie die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Prüftechnik diskutiert werden. 2. Bauteilbewertung Ein wichtiges Ergebnis der Integritätsanalyse von Bauteilen ist der Sicherheitsfaktor. Dabei stellt der Sicherheitsfaktor die Differenz zwischen ertragbarer Last und aufgebrachter Last dar, siehe Abbildung 1. Die real vorhandene Sicherheit kann durch vorhandene Unsicherheiten bspw. in der Lastannahme oder auch im Werkstoffzustand vermindert sein. Die Berechnung des Sicherheitsfaktors kann spannungsbasiert erfolgen, über eine Vergleichs-spannung sV und einem Werkstoffkennwert K, siehe Gl. 1. Abbildung 1 Defintion des Sicherheitsbeiwertes, [1]. Die Vergleichsspannung ist durch verschiedene Konzepte definiert. Diese unerscheiden sich in den notwendigen Eingaben als auch in den Randbedingungen. Grundsätzlich muss zwischen globalen Nenn-spannungskonzepten und lokalen Konzepten differenziert werden. Diese Aufteilung gilt für statische als auch für zyklisch beanspruchte Bauteile. Eine schematische Klassifizierung ist beispielhaft in Abbildung 2 gegeben. Der rechn. Bewertung gegenübergestellt ist der Festigkeitsnachweis mittels Experiment am realen Bauteil. Das Experiment stellt, wenn es geeignet definiert ist, immer eine Möglichkeit der Validierung der Bewertungskonzepte dar. Im Folgenden soll vor allem das örtliche Konzept sowie die
