eJournals Fachtagung für Prüfstandsbau und Prüfstandsbetrieb (TestRig) 2/1

Fachtagung für Prüfstandsbau und Prüfstandsbetrieb (TestRig)
fpp
expert Verlag Tübingen
0923
2024
21

Schienenfehlersimulation und -erkennung mittels Schwingungsdiagnose

0923
2024
Maik Wolf
Mathias Rudolph
Olfa Kanoun
Die Erkennung von Schienenfehlern ist aufgrund vieler fahrzeug- und schienenseitiger Einflussbedingungen komplex. Der Vorteil beim Einsatz der Schwingungsdiagnose besteht in der Schmutzunempfindlichkeit und der Wartungsfreiheit und ist für die mobile und indirekte Erfassung der Schienenoberflächentopologie geeignet. Für die schwingungsbasierte Erkennung von Schienenfehlern wird ein Rad-Schiene-Prüfstand zur Simulation von unterschiedlichen Schienenkopfschäden, Fahrzeuggeschwindigkeiten und -massen eingesetzt. Die große Anzahl erzeugter Merkmale aus den Zeitreihen der Schwingungsmessungen werden durch eine multivariate Datenanalyse, hinsichtlich ihres Informationsgehalts, verdichtet. Mit Methoden des maschinellen Lernens, werden Klassifikationsmodelle über eine überwachte Klassifikation entwickelt. Die Leistungsfähigkeit der Modelle wird anhand von Testdaten belegt.
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2. Fachtagung TestRig - September 2024 39 Schienenfehlersimulation und -erkennung mittels Schwingungsdiagnose Prüfstanduntersuchungen und experimentelle Modell-bildung zur Schadensklassifikation Maik Wolf M. Eng. Fakultät Ingenieurwissenschaften, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig, Deutschland Prof. Dr.-Ing. Mathias Rudolph Fakultät Ingenieurwissenschaften, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig, Deutschland Prof. Dr.-Ing. Olfa Kanoun Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, Technische Universität (TU) Chemnitz, Deutschland Zusammenfassung Die Erkennung von Schienenfehlern ist aufgrund vieler fahrzeug- und schienenseitiger Einflussbedingungen komplex. Der Vorteil beim Einsatz der Schwingungsdiagnose besteht in der Schmutzunempfindlichkeit und der Wartungsfreiheit und ist für die mobile und indirekte Erfassung der Schienenoberflächentopologie geeignet. Für die schwingungsbasierte Erkennung von Schienenfehlern wird ein Rad-Schiene-Prüfstand zur Simulation von unterschiedlichen Schienenkopfschäden, Fahrzeuggeschwindigkeiten und -massen eingesetzt. Die große Anzahl erzeugter Merkmale aus den Zeitreihen der Schwingungsmessungen werden durch eine multivariate Datenanalyse, hinsichtlich ihres Informationsgehalts, verdichtet. Mit Methoden des maschinellen Lernens, werden Klassifikationsmodelle über eine überwachte Klassifikation entwickelt. Die Leistungsfähigkeit der Modelle wird anhand von Testdaten belegt. 1. Einführung 1.1 Motivation Schienenfahrzeuge und die Infrastruktur, insbesondere des schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), erfahren aufgrund aktueller Trends (Urbanisierung, Elektromobilität, Umwelt- und Gesundheitsschutz) eine erhöhte Auslastung (Fahrgastzahlen, Streckenkilometer) [1]. Zur Gewährleistung eines sicheren und zuverlässigen ÖPNV sind Informationen zum aktuellen Schienenzustand essentiell. Informationen aus dem Betrieb und der Instandhaltung der Infrastruktur werden bereits zentral erfasst. Jedoch werden diese Daten häufig empirisch und unter ungleichen Randbedingungen erfasst [2]. Sie unterliegen einer nicht objektiven Interpretation, da wenig Wissen über ihre Klassifikation vorliegt. 1.2 Schwingungsdiagnose von Schienenwegen Die Anzahl der Schienenfehlerarten ist groß und sie sind klassifiziert [3]. Besonders Schienenkopffehler besitzen einen großen Einfluss auf die mechanischen Antriebskomponenten und den Fahrkomfort. Zur Zustandsüberwachung der Schienenkopftopologie ist die Diagnose der Fahrzeugschwingungen, als Reaktion aus dem Rad- Schiene-Kontakt, ein sehr geeignetes Verfahren. Der Stand von Wissenschaft und Technik stellt sich breit auf. In [4] erfolgte die Entwicklung eines Fahrbahnqualitätsparameters, der unabhängig von der Art des Schienenschadens ist. Die definierten Grenzwerte dienen als Hinweis darauf, ob der untersuchte Abschnitt der Strecke instandhaltungsbedürftig ist. Die Untersuchungen wurden bei konstanter Geschwindigkeit des Fahrzeugs durchgeführt. Ein weiterer Ansatz wurde in [5] demonstriert. Bei der Zustandsbewertung der Schienen wurde ein Smartphone verwendet. Die initialen Sensoren und die aktuellen geografischen Koordinaten eines Smartphones bildeten die Grundlage für die Messdaten. Es wurde eine mathematische Funktion entwickelt, die den Geschwindigkeitseinfluss durch Normierung beseitigte, indem die Schwingungsamplitude von der Fahrgeschwindigkeit abhängig war. Bei den Randbedingungen handelte es sich um einen gewöhnlichen Zustand der Schienen und um verschiedene Geschwindigkeiten im Beharrungszustand. Das Ziel lag lediglich darin, Hotspots für Schienenschäden zu finden. Eine Kartenansicht ermöglichte es, die Hotspots darzustellen. MEMS-Sensoren werden für die ursprünglichen Sensoren moderner Mobilfunktelefone verwendet. Ein dreiachsiger MEMS-Sensor wurde auch in [6] eingesetzt. Dieser wurde im Passagierraum einer Straßenbahn fest angebracht. Die verwendeten Sensoren hatten in Bezug auf Quantisierung und Abtastrate (1 kHz) eine relativ geringe Auflösung. Aus diesem Grund wurden für eine Zeitfrequenzanalyse die Koeffizienten mithilfe der Maximal Overlap Discrete Wavelet Packet Transform ermittelt. Für 40 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Schienenfehlersimulation und -erkennung mittels Schwingungsdiagnose die Analyse der untersuchten Schienenschäden hat sich ein verfeinertes charakteristisches Spektrum entwickelt. Ein tragbarer Messkoffer, der ein Mikrofon, einen Beschleunigungssensor, ein Gyroskop und ein GNSS-Empfangsgerät enthält, wird in [7] verwendet. Durch die Darstellung sämtlicher Messgrößen wurde der RMS-Wert der Schwingbeschleunigung genutzt, um markante Gleisflächen über einen Grenzwert zu ermitteln. Für die Diagnose von Schienenwiegen werden auch die Systeme eingesetzt, die zur Zustandsüberwachung der mechanischen Antriebskomponenten ([8], [9], [10] und [11]) verwendet werden. Die Diagnose von Schienenwegen unterscheidet sich jedoch von der Fahrzeugdiagnose in der Hinsicht, dass sich die Fehlerbilder und der Untersuchungsgegenstand voneinander unterscheiden, was eine separate Betrachtung erfordert. 1.3 Problem und Zielstellung Die Ausgangssituation zeigt, dass häufig direkt an den Fahrzeugen gemessen wird, was mit einer hohen Komplexität bzgl. der einfließenden Randbedingungen verbunden ist. Es existieren wenige Informationen zum Einfluss von Geschwindigkeit, Achslast bzw. Fahrzeugmasse und Schienenschadensfortschritt. Um eine konkrete Handlungsempfehlung zur Fehlerbeseitigung abzuleiten, sind die Schäden voneinander zu unterscheiden. Eine Klassifizierung des Schienenschadens ist auch dann wichtig, wenn eine Zustandsüberwachung der mechanischen Antriebskomponenten durchgeführt wird, um die Schwingungsquellen bzw. -ursachen (Fahrzeug- oder Schienenschaden) klar voneinander zu unterschieden. Das Ziel dieser Arbeit besteht in der Simulation der Schienenfehler an einem Versuchsstand, um die wesentlichen Einflussparameter auf die Fahrzeugbewegung zu untersuchen. Es soll untersucht werden, ob die Schwingungsdiagnose eine Aussage zum technischen Zustand der Schienenkopftopologie zulässt und zum perspektivischen Einsatz im ÖPNV geeignet ist. 2. Material und Methoden 2.1 Rad-Schiene-Prüfstand Zur Untersuchung typischer Schienenfehler wird ein Rad- Schiene-Prüfstand gemäß Abb. 1 eingesetzt. Die Geometrieverhältnisse in Bezug auf die Spurweite, den Raddurchmesser und die Achsabstände sind an die einer Straßenbahn (Maßstab 1: 8) angepasst. Es sind drei präferierte Schienenfehler und ein Normalzustand implementiert. Der Normalzustand ist die Schiene ohne Fehler. Der erste Fehler ist der Schienenbruch zwischen zwei Schwellen (Abb. 3), indem zwei Schienenenden lose miteinander ausgerichtet sind und die Schienenenden sich berühren. Dabei wird die reale kinematische Schienenbewegung eines Bruchs, während der Überfahrt der vorderen und hinteren Wagenachsen, simuliert. Der zweite Fehler ist das Schienenfehlstück auf einer Schwelle, was die typischen Schienenfehler Schleuderstelle, Schienenstoß und eingefallene Schweißnaht simuliert. Abb. 1: Rad-Schiene-Prüfstand zur Simulation von Schienenkopfschäden Hierbei wird ein fest definierter Abstand zwischen den Schienenenden eingehalten. Der letzte betrachtete Schienenfehler ist der Riffel. Er ist durch seine wellenförmige Schienenkopftopologie geprägt. Zur Vereinfachung beschreibt die Geometrie eine rechteckige Form gemäß Abb. 2. Er ist als gradueller Schaden realisiert, indem unterschiedliche Riffelhöhen (Riffel 1: 150 μm, Riffel 2: 300 μm, bei gleichbleibender Wellenlänge) in zwei Schienen fräsend eingebracht wurden. Alle Schienenfehler sind miteinander austauschbar und beliebig oft überfahrbar. Abb. 2: Schienenstück mit Riffelgeometrie (300 µm) 2. Fachtagung TestRig - September 2024 41 Schienenfehlersimulation und -erkennung mittels Schwingungsdiagnose Abb. 3: Schienenbruch zwischen zwei Schwellen Die Erfassung der Fahrzeugreaktionen infolge der Schadensüberfahrt erfolgt durch einen kabelgebundenen Körperschallbzw. IEPE Beschleunigungssensor oberhalb der ersten Wagenwelle. Die Messgröße ist die Schwingbeschleunigung a(t). Der Messauf bau verfügt über eine geeignete Kabelführung. Die Wagengeschwindigkeit ist stufenlos realisierbar und wird durch eine höhenverstellbare Startvorrichtung vorgegeben. Die Wagenmassenvariation erfolgt in zwei Stufen, indem die Eigenmasse des Wagens durch Zusatzmassen auf der Vorderachse erweitert wird. Zur zeitlichen Eingrenzung der schadensbezogenen Schwingungssignalanteile, die aus der Überfahrt der lokalen Schienenfehler resultieren, werden zwei rote Punktlasersensoren (Trigger 1 und 2) eingesetzt. Über eine Reflexionsmarke an der Wagenseite, wird je Trigger das ausgesendet Laserlicht zurückgesendet und am Sensor erfasst. Er liefert ein Spannungssignal von 3 V. Die seriell auslösenden Sensoren werden zusammengeführt und an einen Trigger-Signaleingang der Messtechnik (Verstärker, Analog-Digital-Wandler) angeschlossen, gemäß Abb. 4. Die beiden Messkanäle (Trigger, Schwingbeschleunigung) werden zeitparallel erfasst und besitzen den gleichen Zeitstempel. Der Aufzeichnungsbeginn erfolgt manuell über eine Messsoftware (SW) am PC. Das Betätigen der mechanischen Startvorrichtung erfolgt zeitversetzt. Abb. 4: Prinzipschaubild zur Interaktion der Messtechnik mit dem Rad-Schiene-Prüfstand 2.2 Messtechnische Untersuchungen Die Messszenarien unterscheiden sich voneinander durch die unterschiedlichen Zustände - wobei der Riffelschaden durch zwei Schadensausprägungen in Erscheinung tritt - sowie durch jeweils zwei Fahrzeuggeschwindigkeiten und -massen. Die sich daraus ergebenden 20 Messszenarien werden jeweils 15-mal wiederholt. Jede Messung beinhaltet eine Hin- und Rückfahrt, wodurch jeder Trigger 2-mal betätigt wird (Abb. 5). Die Messdauer beträgt 4 Sekunden. Abb. 5: Hin- und Rückfahrt einer Messung am Beispiel des Schienenschadens Riffel 2 2.3 Messdatenanalyse 2.3.1 Merkmalsberechnung Die Rohmessdaten werden zur Anpassung der Datenformate und zur Vereinheitlichung der Syntax der Messwertdarstellung zunächst vorverarbeitet. Für die Berechnung der Merkmale des Schwingungssignals werden nur die relevanten Signalabschnitte segmentiert. Sie werden über die Durchfahrtszeitpunkte der Trigger ermittelt. Hierbei findet ausschließlich die Hinfahrt Verwendung, da die zusätzliche Fahrzeugmasse an der vorderen Fahrzeugwelle angebracht ist. Für jedes segmentierte Signal werden 65 Merkmale berechnet. Sie ermitteln sich aus den Zeitbereichen, den Frequenzbereichen, der jeweiligen Hüllkurven der ursprünglichen Messgröße der Schwingbeschleunigung und der beiden abgeleiteten Größen Schwinggeschwindigkeit v(t) und -weg s(t). Als weiterer Bereich wird der Frequenzbereich der Hüllkurve genutzt. Das Amplitudenspektrum der Hüllkurve besitzt eine potentiell große Relevanz, da sie die Frequenzen auf stoßförmigen Anregungen ähnlich zur Wälzlagerdiagnose sichtbar macht [12]. In allen Bereichen werden die Werte Effektivwert (RMS), Maximalwert (MAX), Scheitelfaktor (CREST), Minimalwert (MIN), Schiefe (SKEW) und Wölbung (KURT) ermittelt. Separate Merkmale stellen die Fahrzeuggeschwindigkeit (V), die Anzahl der Werte, die größer eines Schwellwertfaktors sind (Anzahl=0,25MAX(a(t))) und der Effektivwert des Schwingbeschleunigungs-Amplitudenspektrums im Riffelfrequenzbereich (RBrms) dar. Der zu klassifizierende Datensatz besitzt die Größe von 300 Objekten mit jeweils 65 zugehörigen Merkmalen (Tab. 1). Für die weiteren Analysen wird der Datensatz standardisiert. 42 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Schienenfehlersimulation und -erkennung mittels Schwingungsdiagnose Tab. 1: Aufbau des Objektdatensatzes Obj.-Nr. Label Merkmal 1 ... Merkmal 65 1 Zustand 1 x1 … y1 … … … … … N (= 300) Zustand 5 x300 … y300 2.3.2 Informationsverdichtung Zur Verkürzung von Berechnungszeiten beim Einsatz von Algorithmen des maschinellen Lernens und aus Gründen der Objektdatenvisualisierung werden die Merkmale in ihrer Anzahl reduziert. Durch statistische Betrachtungen mittels der Hauptkomponentenanalyse (HKA) wird der Informationsgehalt der Daten durch wenige Merkmale, den Hauptkomponenten (HK), abgebildet und Redundanzen zusammengefasst. Abb. 6: Prozentuale erklärte Varianz der Hauptkomponenten (Ausschnitt) In Abb. 6 ist die prozentuale erklärte Varianz der ersten 15 HK dargestellt. Bereits die ersten drei HK besitzen 61 % der erklärten Varianz des Datensatzes. Das Vorgehen zur Bestimmung der HK-Anzahl bildet das Elbow-Kriterium [13]. Die Merkmale mit dem größten Einfluss auf die HK werden über die Ladungen ermittelt. Für die ersten drei HK sind es die Werte für RMS von v(t), SKEW der Hüllkurve von s(t) und KURT von v(t). Die übrigen HK werden überwiegend von den Merkmalen von v(t) und s(t) beeinflusst. Das Resultat aus der HKA ist in Abb. 7 zu sehen. Bereits mit den ersten drei HK ist eine visuelle Trennung der Schienenzustände darstellbar. Abb. 7: Hauptkomponenten 1 - 3 des Objektdatensatzes 2.3.3 Klassifikationsmodellbildung Die Klassifikationsmodellbildung findet auf Basis der zuvor bekannten Zustände statt. Als Klassifikationsalgorithmus wird ein künstliches neuronales Netz (KNN) eingesetzt. Es besitzt eine Reihe von Hyperparametern, die gefunden werden müssen. Hierfür wird ein Wrapper verwendet [14]. Mit Hilfe eines Trainingsdatensatzes, der eine Untermenge des in Tab. 1 beschrieben Objektdatensatzes bildet, werden alle Ausprägungen der Hyperparameter miteinander kombiniert. Aus der optimalen Kombination der Hyperparameter resultiert das beste Klassifikationsergebnis. Für die Suchaufgabe wird „GridSearchCV“ des Python-Pakets „Scikit-learn model selection“ angewendet. Das so gefundene Modell wird mit einem Testdatensatzes, der eine andere Untermenge des in Tab. 1 beschrieben Objektdatensatzes bildet, validiert. Der Objektumfang des Testdatensatzes beträgt 20 % und der des Trainingsdatensatzes 80 % der Datenmenge. Abb. 8: Receiver Operating Characteristic (ROC)-Kurve des Klassifikators für fünf Schienenzustände In Abb. 8 sind die Receiver Operating Characteristic (ROC)-Kurven des KNN-Klassifikators für die fünf Schienenzustände abgebildet. Sie ist eine Metrik zur Beschreibung der Leistungsfähigkeit eines Klassifikators. Die Grundlagen bilden die Klassifizierungsergebnisse für den Testdatensatz und die Wahr-Positivbzw. Falsch- Positiv-Raten aus der Konfusionsmatrix. Die Fläche unter einer ROC-Kurve wird zur Bemessung der Leistungsfähigkeit herangezogen. Ihr Wert liegt idealerweise bei 1. Es zeigt sich, dass alle Testobjekte des Normalzustands (ohne Fehler) richtig klassifiziert werden. Die Zustände Riffel 2 und Schienenfehlstück besitzen mit 0,59 und 0,36 geringe Flächen unter der ROC-Kurve. Als einen Optimierungsschritt werden die Zustände Riffel 1 und Riffel 2 (Riffel 1 und 2) zusammengefasst. Das Resultat ist in Abb. 9 zu sehen. Zusätzlich zum Normalzustand werden auch alle Testobjekte zum Zustand Riffel 1 und 2 richtig 2. Fachtagung TestRig - September 2024 43 Schienenfehlersimulation und -erkennung mittels Schwingungsdiagnose erkannt. Die Fehlklassifikationen zu den einzelnen Zuständen Schienenfehlstück und Schienenbruch bedingen sich gegenseitig. Jedoch sinken die ROC-Kurven der beiden Zustände erst ab einer Falsch-Positiv-Rate von 0,5 ab. Das bedeutet, dass mit der Verschiebung des Klassifizierungsschwellwertes (begonnen oben rechts) nicht sofort Fehlklassifizierungen erhalten werden. Abb. 9: Receiver Operating Characteristic (ROC)-Kurve des Klassifikators für zusammengefasste Schienenzustände Zur gesamten Beurteilung einer Multiklassen-Klassifikation wird der Parameter macro-average verwendet. Er zeigt mit einer Fläche von 0,8 einen ausreichend hohen Wert [13]. 3. Ergebnisse und Diskussion Es besteht ein großer Einfluss der zwei vom Messwert abgeleiteten Größen s(t) und v(t) auf die Hauptkomponenten. Eine Gemeinsamkeit der beiden ist die Verstärkung von niederfrequenten Signalanteilen als Folge der einfachen und doppelten Integration. Besonders beim flächig vorkommenden Schienenfehler Riffel kommen diese Parameter, aufgrund der damit verbundenen großen Anzahl von aufeinander folgenden hohen Amplitudenwerten, zum Tragen. Der Normalzustand wird trotz sich ändernden Fahrzeuggeschwindigkeiten und -massen sicher erkannt. Das liegt zum einen an den fehlenden stoßhaltigen Belastungen, was zu einer geringen Varianz (im Sinne von Ausreißern) führt. Das bringt Vorteile mit sich, indem grundsätzlich ein Fehlzustand ausgeschlossen wird. Die detaillierte und teilweise graduelle Realisierung der unterschiedlichen Fehlerbilder am Prüfstand und das Vorgehen zur Optimierung des Klassifikators zeigt, dass Schienenfehler zusammengefasst werden können. Sie sind grundsätzlich ähnlich zueinander, bspw. Riffel 1 und Riffel 2. Die grundsätzlichen Fehler, also ob es sich um flächige Fehler (Riffel) oder einmalig auftretende stoßhaltige Fehler (Bruch oder Fehlstück) handelt, sind unterscheidbar. Nicht zuletzt wirkt sich das positiv auf abzuleitende Handlungsempfehlungen für die Schieneninstandhaltung aus, da Wartungs- und Instandhaltungsumfänge detaillierter planbar sind (bspw. der Einsatz von Schleif- oder Schweißzeug). 4. Fazit und Ausblick Die prüfstandsgebundene Schienenfehlersimulation und -erkennung mittels Schwingungsdiagnose ist geeignet zur sicheren Analyse der fahrzeugabhängigen Einflussgrößen. Die Ergebnisse zeigen, dass die den Schienenschaden beschreibende Merkmale aus dem Schwingungssignal trotz variabler Einflussparameter (Fahrzeuggeschwindigkeit und -masse) extrahierbar sind. Die entwickelte Vorgehensweise zur Messdatenanalyse bildet die Grundlage für die Analyse realer Feldmessungen ab. Perspektivisch wird der Prüfstand um drahtlose Messtechnik zur Vermeidung der Messkabel und um eine realitätsnahe bzw. sinusförmige Riffelgeometrie erweitert. Das Versuchsstandkonzept wird hinsichtlich seiner Eignung zur Bestimmung der Restlebensdauer von Schienenoberflächen überprüft. 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