Fachtagung für Prüfstandsbau und Prüfstandsbetrieb (TestRig)
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expert Verlag Tübingen
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2024
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Flexibles Low-Cost-Prüfkonzept für ein- und mehrachsige Prüfungen
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2024
Markus Ballmann
Jörg Hübler
Hagen Bankwitz
Norman Katzer
Für die Auswahl von Prüfmaschinen zur statischen und dynamischen Bauteilprüfung ist es wichtig, die spezifischen Anforderungen der durchzuführenden Prüfungen sowie die Eigenschaften des Probenspektrums zu berücksichtigen. Zusätzlich spielen finanzielle und gebäudetechnische Aspekte bei der Beschaffung und der Aufstellung der Anlagen eine wesentliche Rolle. Durch ein flexibles Prüfkonzept auf Basis von Lastrahmen aus stranggepressten Aluminium-Systemprofilen kann eine Vielzahl von Prüfaufgaben abgedeckt werden. Diese reichen von der Prüfung von Normproben bis hin zu komplexeren Baugruppen und kompletten Kleinstfahrzeugen, da der Prüfraum und die Anordnung der Aktoren mit relativ geringem konstruktivem und personellem Aufwand an verschiedene Prüfaufbauten angepasst werden können. Bei Auswahl geeigneter Prüfzylinder und Steuerungen sind so ein- und mehrachsige statische und dynamische Prüfungen bei geringen Investitions- und Wartungskosten für die Prüftechnik realisierbar.
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2. Fachtagung TestRig - September 2024 45 Flexibles Low-Cost-Prüfkonzept für ein- und mehrachsige Prüfungen Anpassbare Lastrahmen aus Aluminiumprofilen mit leichten Prüfachsen für die statische und dynamische Prüfung von Normproben, Bauteilen und Baugruppen Dr.-Ing. Markus Ballmann Hochschule Mittweida Prof. Dr.-Ing. Jörg Hübler Hochschule Mittweida Dr.-Ing. Hagen Bankwitz Hochschule Mittweida Dipl.-Ing. Norman Katzer Hochschule Mittweida Zusammenfassung Für die Auswahl von Prüfmaschinen zur statischen und dynamischen Bauteilprüfung ist es wichtig, die spezifischen Anforderungen der durchzuführenden Prüfungen sowie die Eigenschaften des Probenspektrums zu berücksichtigen. Zusätzlich spielen finanzielle und gebäudetechnische Aspekte bei der Beschaffung und der Aufstellung der Anlagen eine wesentliche Rolle. Durch ein flexibles Prüfkonzept auf Basis von Lastrahmen aus stranggepressten Aluminium-Systemprofilen kann eine Vielzahl von Prüfaufgaben abgedeckt werden. Diese reichen von der Prüfung von Normproben bis hin zu komplexeren Baugruppen und kompletten Kleinstfahrzeugen, da der Prüfraum und die Anordnung der Aktoren mit relativ geringem konstruktivem und personellem Aufwand an verschiedene Prüfauf bauten angepasst werden können. Bei Auswahl geeigneter Prüfzylinder und Steuerungen sind so ein- und mehrachsige statische und dynamische Prüfungen bei geringen Investitions- und Wartungskosten für die Prüftechnik realisierbar. 1. E inführung Die mechanische Werkstoff- und Bauteilprüfung spielt im Rahmen der Forschung eine große Rolle, um theoretisch gewonnene Erkenntnisse experimentell abzusichern und statistisch signifikante Aussagen zu Eigenschaften von Werkstoffen, Bauteilen oder Baugruppen treffen zu können. Parallel dazu können mechanische Prüfmaschinen bei der Ausbildung von Studenten eingesetzt werden, um praktische Kenntnisse bei der Planung, Durchführung und Auswertung von Versuchen zu vermitteln. Bei der Auswahl der benötigten Prüftechnik müssen das geplante Prüf- und Probenspektrum, die räumlichen Gegebenheiten sowie die finanziellen Ressourcen bei der Anschaffung und während des Betriebs berücksichtigt werden. Die diesbezüglich an der Professur Intelligente Maschinensysteme der Hochschule Mittweida vorherrschenden Rahmenbedingungen führten zur Entwicklung des Prüfkonzepts, welches im folgenden Artikel vorgestellt wird. 2. Prüfkonzept 2.1 Ausgangssituation Die Professur Intelligente Maschinensysteme unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Jörg Hübler an der Hochschule Mittweida wurde 2017 gegründet. Im Bereich Forschung werden die Themenfelder Mikromobilität (Radverkehr), Elektromotorische Antriebssysteme (speziell von Zweiradfahrzeugen), strukturintegrierte Sensorik, Maschinenelemente der Antriebstechnik (Zugmittelgetriebe, Kupplungen) und additive Fertigungsverfahren (v.a. gedruckte Sensorik auf technischen Textilien und Maschinenelementen) bearbeitet. Die Lehre konzentriert sich im Wesentlichen auf die Inhalte Mikromobilität, Grundlagen der Konstruktion, Antriebstechnik, Mechatronische Produktentwicklung und Fördertechnik. Aus diesen Aufgabenbereichen ergibt sich für die statische und dynamische Bauteilprüfung das in Tab. 1 aufgeführte Proben- und Prüfspektrum. 46 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Flexibles Low-Cost-Prüfkonzept für ein- und mehrachsige Prüfungen Tab. 1: angestrebtes Proben- und Prüfspektrum Probenart Prüfungen/ Kennwerte Normproben Kunststoff Zug-Druck (statisch und dynamisch)/ Festigkeit, Steifigkeit, Dämpfung Textilproben Zug statisch/ Festigkeit, Steifigkeit 3D-gedruckte Bauteile und Baugruppen Zug-Druck (statisch und dynamisch)/ Festigkeit, Steifigkeit, Dauerfestigkeit Elastomerelemente in Ausgleichskupplungen Zug-Druck (statisch und dynamisch)/ Steifigkeit, Dämpfung, Dauerfestigkeit Antriebsriemen Zug (statisch und dynamisch)/ Festigkeit, Steifigkeit, Dauerfestigkeit Fahrradkomponenten Zug-Druck (statisch und dynamisch)/ Festigkeit, Steifigkeit, Dauerfestigkeit Rahmenstrukturen aus Aluminium, Kunststoffen und faserverstärkten Materialien Zug-Druck (statisch und dynamisch)/ Festigkeit, Steifigkeit, Dauerfestigkeit Betrieben werden soll die Prüftechnik in einem Laborraum der zweiten Etage eines Hochschulgebäudes. Dadurch ergeben sich erhebliche Beschränkungen hinsichtlich der Höhe, der Breite, der zulässigen Geräuschemissionen und des Gewichts der Prüftechnik. Da die Anlage mit einem Personenaufzug in die betreffende Etage verbracht wird, darf die Maximalhöhe zwei Meter abzüglich eines Puffers für den Transport auf einem Hubwagen betragen. Die zulässigen Bodenlasten betragen 3-kN als Einzellast bzw. Flächenlast pro Quadratmeter (Nutzungsklasse B2 nach [1]). Zusätzlich muss die Anlage mit geringem Aufwand innerhalb des Laborraumes umgesetzt werden können, da sich ändernde Prüfauf bauten und Anforderungen aus diversen Forschungsprojekten eine gelegentliche Anpassung der Raumaufteilung erfordern. Für die Energieversorgung stehen Druckluft und eine 3 × 16-A CEE Drehstromdose zur Verfügung. Die Anschaffungskosten der Prüfachsen und der Lastrahmen spielen zunächst eine untergeordnete Rolle. Diese sollten zwar möglichst gering sein, können aber über einmalige Fördermittel realisiert werden. Im Hochschulkontext sind die laufenden Kosten für Wartung und Betrieb der Anlage zu berücksichtigen. Diese sind zwar in der Regel deutlich geringer als die Anschaffungskosten, müssen jedoch wiederkehrend über das Budget der Professur aufgebracht werden. 2.2 Entwicklung des Prüfkonzepts Aus der im vorherigen Abschnitt beschrieben Ausgangssituation lassen sich die Anforderungen an das Prüfkonzept ableiten. Der Fokus auf Kunststoffe, Elastomere und technische Textilien führt zu geringen Anforderungen hinsichtlich der benötigten Prüfkräfte und Maschinensteifigkeit. Weiterhin fallen die maximalen Prüffrequenzen aufgrund der viskoelastischen Materialeigenschaften und der damit verbundenen Selbsterwärmung der Proben bei dynamischen Prüfungen ebenfalls geringer als bei metallischen Prüflingen aus [2]. Für die gelegentliche Prüfung von Bauteilen und Strukturen aus Stahl bzw. Aluminium kann die erhöhte Prüfdauer bei Lebensdauerprüfungen in Kauf genommen werden. Durch die große Vielfalt an Probengeometrien und -größen kommt dem Lastrahmen besondere Bedeutung zu. Neben den Spannzeugen für Normproben sollen auch komplette Bauteile und Baugruppen in teils eigenentwickelten Prüfvorrichtungen untersucht werden. Dies macht die Verwendung von Lastrahmen mit Aufspanntisch und oben befestigter Prüfachse sinnvoll. Der Aufspanntisch sollte dabei ausreichend groß sein, um auch komplexere Baugruppen und Rahmen von Kleinfahrzeugen aufnehmen zu können. Handelsübliche Lastrahmen sind durch die hohe gewünschte Steifigkeit schwer (> 300- kg) und besitzen im Kraftbereich bis 10- kN eine Aufspannfläche von weniger als 500-mm × 500-mm [3, 4, 5]. Zudem ist die Anordnung der Prüfzylinder auf die Mitte der Aufspannfläche fixiert vorgegeben. Dies verhindert, dass größere Bauteile oder Prüfvorrichtungen mit stark außermittiger Krafteinleitung ohne Überhang auf dem Aufspanntisch montiert werden können. Daher ist es zweckmäßig, die Prüfachsen getrennt von den Lastrahmen zu beschaffen und eigene, den Bedürfnissen gerecht werdende Lastrahmen zu entwerfen. Als Basis dienen stranggepresste Aluminiumprofile, da diese sich flexibler als Schweißrahmen gestalten lassen und durch den Austausch einzelner Profile später die Abmessungen der Prüfrahmen bei Bedarf leicht angepasst werden können. Zudem kann die Position separater Prüfzylinder im Prüfrahmen leicht verändert werden, da diese nicht herstellerseitig fest in den Lastrahmen integriert sind. Außerdem es ist möglich, durch zusätzliche Profile mehrachsige Prüfaufbauten mit unterschiedlichen Lastrichtungen zu realisieren. 2.3 Auswahl der Prüfachsen Da der Großteil der Prüfungen als einachsige Zug-Druck- Prüfungen ausgeführt wird, sind zwei verschiedene Prüfachsen in je einem eigenen Prüfrahmen im Einsatz. Durch die im Vergleich zu Hydrauliklösungen günstigeren Anschaffungs- und Wartungskosten [6, 7] wird der Fokus bei der Auswahl auf servopneumatische und servoelektrische Prüfzylinder gelegt. Die folgenden Tabellen enthalten die wesentlichen Anforderungen an die Prüfachsen. Prinzipiell sollen - vor allem im Hinblick auf mehrachsige Prüfungen - mit beiden Achsen statische und dynamische Versuche möglich sein. Jedoch kann durch die getrennte Ausrichtung in primär statische und primär dynamische Versuche das durch die Prüfachsen abgedeckte Gesamtspektrum möglicher Prüfparameter gegenüber zwei identischen Prüfachsen vergrößert werden. Das Maximalgewicht von 40-kg soll sicherstellen, dass die Zylinder manuell von zwei Personen ohne zusätzliche Hebezeuge eingebaut und bei Bedarf neu positioniert werden können. 2. Fachtagung TestRig - September 2024 47 Flexibles Low-Cost-Prüfkonzept für ein- und mehrachsige Prüfungen Tab. 2: Anforderungen an die primär statische Prüfachse Maximalkraft 5-kN Hub 200-mm Maximalfrequenz 3-Hz Dyn. Kennwerte ±10-mm bei ±2-kN und 1-Hz ±3-mm bei ±1-kN und 3-Hz Versuchsführung Kraft- und weggeregelt/ Ein- und Mehrstufenschwingversuche, Rampenversuche, Nachfahrversuche Maximalgewicht 40-kg Tab. 3: Anforderungen an die primär dynamische Prüfachse Maximalkraft 5-kN Hub 100-mm Maximalfrequenz 10-Hz Dyn. Kennwerte ±20-mm bei ±1-kN und 1-Hz ±10-mm bei ±1-kN und 3-Hz ±3-mm bei ±500-N und 10-Hz Versuchsführung Kraft- und weggeregelt/ Ein- und Mehrstufenschwingversuche, Rampenversuche, Nachfahrversuche Maximalgewicht 40-kg Für die dynamischen Versuche kommt eine servopneumatische Prüfachse mit 100-mm Hub der Firma Dynamess zum Einsatz, die überwiegend statischen Versuche werden durch eine servoelektrische Spindelachse mit 300-mm Hub des gleichen Herstellers abgedeckt. Beide Achsen halten die geforderten Werte ein und wiegen jeweils 25-kg bzw. 30-kg inkl. der Führungseinheit zur Querkraftabstützung. Durch diese Führungseinheit sind die jeweiligen Befestigungspunkte mit dem Lastrahmen vorgegeben. Abb. 1: Servopneumatische Prüfachse 5-kN inkl. Führungseinheit Abb. 2: Servoelektrische Prüfachse 7,5-kN inkl. Führungseinheit 3. Lastrahmen 3.1 Grundkonzept Wie bereits im vorherigen Abschnitt erläutert, wird für jeden Prüfzylinder ein eigener Lastrahmen verwendet. Dadurch können beide Achsen unabhängig voneinander im Regelbetrieb als Universalprüfmaschine genutzt werden. Der Auf bau aus Aluminiumprofilen stellt sicher, dass der Prüfraum bei Bedarf erweitert bzw. angepasst werden kann. Durch eine flexible Anbindung der Prüfachsen an den jeweiligen Rahmen kann die Position gegenüber dem Prüfraum verändert werden, was die Prüfung großer Baugruppen vereinfacht. 3.2 Konstruktiver Aufbau Der Lastrahmen wird aufgrund der guten Eignung hinsichtlich einer hohen Steifigkeit als geschlossener Rechteckrahmen ausgeführt [8]. Die Grundstruktur besteht aus den in Abb. 3f verwendeten Aluminiumprofilen. Der Auf bau ist als Tisch mit zwei vertikalen Säulen ausgeführt. Diese sind als Stumpfstoß für eine direkte formschlüssige Kraftübertragung angebunden. Die Größe des Prüfraums ist durch die Länge der Profile anpassbar und kann daher auch nachträglich durch den Austausch der jeweiligen Profile geändert werden. Durch die L-Profile wird der obere Abstand der Säulenprofile eingestellt und somit deren paralleler Verlauf gewährleistet. Die Profilverbindung erfolgt über herstellereigene Verbinder mit großen Anlageflächen (Abb. 5). Dadurch konnte auf Gewinde in den Aluprofilen verzichtet werden und somit geringere Setzbeträge und eine bessere Steifigkeit erreicht werden. Der Tisch zum Aufspannen von Prüfaufbauten besteht aus einer T-Nutenplatte aus Aluminium mit den Abmaßen 500 × 500 mm und einer Stärke von 20 mm (Abb. 6). Die T-Nuten sind nach DIN 650 ausgeführt. Die Position der Säulen auf dem Tisch ist stufenlos verschiebbar und bietet damit bei Bedarf mehr Bauraum für große oder überhängende Prüfauf bauten. Die Befestigung der Nutenplatte erfolgt mittels Senkschrauben und einem geringen Schraubenabstand, um ein Wölben der Nutenplatte zu vermeiden. Zusätzlich wird dadurch eine höhere Biegesteifigkeit des Tisches durch die Übertragung von Scherkräften zwischen der Nutenplatte und den Tischprofilen erreicht. 48 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Flexibles Low-Cost-Prüfkonzept für ein- und mehrachsige Prüfungen Abb. 3: Struktur des Lastrahmens aus Aluminiumprofilen Abb. 4: Querschnitt und Kennwerte der verwendeten Profile [9] Die Befestigung des Zylinders erfolgt über zwei Querhauptplatten (Abb. 7). Die Querhauptverstellung kann manuell über ein Seilzugsystem in den L-Profilen durchgeführt werden. Dazu ist ein Lösen der Querhauptplatten an den Aluminiumprofilen erforderlich. Um ein Verkanten zu vermeiden, ist eine Führung zwischen den Säulenprofilen angebracht, welche dauerhaft über eine der beiden Querhauptplatten mit dem Zylinder verschraubt ist und so die vertikale Ausrichtung des Zylinders im Lastrahmen sicherstellt. Abb. 5: Profilverbindung [9] Abb. 6: T-Nutenplatte zum Aufspannen von Prüfaufbauten Abb. 7: Befestigung und Höhenverstellung des Prüfzylinders 3.3 Allgemeine Eigenschaften Das Gesamtgewicht beträgt rund 150 kg inkl. Prüfzylinder und der Rahmen kann allein bewegt bzw. verschoben werden. Der Prüfraum ist 500 × 500 × 700 mm bis maximal 500 × 500 × 900 mm groß und kann bei Bedarf erweitert werden. Die Montage und Ausrichtung ist nach Herstellervorgaben allein möglich und dauert ungefähr einen Tag. Alle Verbindungen wurden entsprechend der Vorgaben des Profilherstellers montiert und einmal nachgezogen. Die Gesamtkosten für die komplette Hardware (Profile, Verbindungselemente, Aluhalbzeuge) belaufen sich auf ca. 2000 €. 3.4 Festigkeit Die Festigkeit ist abhängig von den verwendeten Profilverbindern und der Nutbelastbarkeit. Diese beträgt für die 2. Fachtagung TestRig - September 2024 49 Flexibles Low-Cost-Prüfkonzept für ein- und mehrachsige Prüfungen verwendeten Profile mit einer Nutbreite von 10-mm 7 kN pro Verbinder [9]. Verwendet wurden vier Verbinder pro Säule. In Summe ergibt dies bei zwei Säulen eine zulässige Vertikalkraft von 56 kN. Dies entspricht einem um den Faktor 7,5-mal höheren Wert als die maximal auftretende Prüfkraft von 7,5 kN. Unter der Nutenplatte wurden pro Tragprofil vier Verbinder eingesetzt. Damit ergibt sich eine Gesamtanzahl von 20 Verbindern mit einer zulässigen Nutbelastbarkeit von je 7 kN. Dies ergibt eine Vorspannung von 140 kN zwischen den Tischprofilen und den horizontalen Längsprofilen, mit denen die Tischprofile verbunden sind. Mit einem Reibwert von µ = 0,21 (Alu-Alu trocken [10]) ist eine ausreichend hohe Reibkraft gewährleistet, um die eingeleiteten Prüfkräfte zu übertragen. Für die Zylinderklemmung wurden entsprechend der Montageanschlüsse an den Prüfzylindern acht M10 Schrauben verwendet. Die Schrauben für die T-Nutenplatte besitzen ebenfalls eine Auszugsfestigkeit von 7 kN pro Schraube, welche geringer als die maximale Prüfkraft ist. Dementsprechend muss auf eine gleichmäßige Lasteinleitung in die Nutenplatte geachtet werden (mindestens zwei, besser vier tragende Schrauben). 3.5 Steifigkeit Für den Lastrahmen wurde eine möglichst hohe Rahmensteifigkeit angestrebt, um eine geringe Verformung und damit einen geringen Einfluss auf das Probenverhalten zu gewährleisten [6]. Allerdings ist ab einem gewissen Wert eine höhere Steifigkeit unnötig. Sobald die Prüfaufbauten und die Prüfzylinder deutlich nachgiebiger als der Lastrahmen sind, hat die höhere Rahmensteifigkeit kaum noch Einfluss auf die Gesamtsteifigkeit. In Abb. 8 wurde die theoretische Rahmensteifigkeit mittels einer FEM-Verformungsanalyse berechnet. Dabei wurde eine Last von 5 kN angenommen und das Querhaupt in einer unteren (170 mm Abstand Nutenplatte-Querhaupt) und oberen Position (900 mm Abstand Nutenplatte-Querhaupt) simuliert. Die Gesamtverformung ergibt sich aus der Addition der Verformungen von Querhaupt und Nutenplatte. Abb. 8: Rahmenverformung bei 5-kN Last und verschiedenen Querhauptpositionen Weiterhin wurde die Rahmensteifigkeit messtechnisch ermittelt (Abb. 9). Die Belastung erfolgte dabei durch eine starre Druckprobe im Bereich von 0...5 kN und die Messung der Rahmenaufweitung wurde mittels einer Messuhr vorgenommen (Mittelwert aus vorderer und hinterer Querhauptplatte). Die Steifigkeit der Prüfachse (Kraftmessdose, Anschlussflansche, etc.) kann bei der Ermittlung der Rahmensteifigkeit aus den Kraft- und Wegmesswerten des Prüfzylinders gewonnen werden. Hierfür muss die Rahmenaufweitung von der gemessenen Gesamtverformung der Prüfachse abgezogen werden. Abb. 9: Messauf bau zur Ermittlung der Rahmensteifigkeit In Abb. 10 ist eine Zugprüfung mit mechanischen Schraubspannzeugen (Alu, 5 kN) und starrer Zugprobe dargestellt. Damit wurde die Steifigkeit des Prüfauf baus für Zugversuche ermittelt. Abb. 10: Zugversuch mit Schraubspannzeugen und starrer Probe Die Tab. 4 enthält eine Übersicht der ermittelten Steifigkeiten, jeweils als Quotient aus Kraft und Verformung. Tab. 4: Ermittelte Steifigkeiten Belastungsart Steifigkeit [kN/ mm] Lastrahmen FEM Querhaupt oben; 5-kN 69 Lastrahmen FEM Querhaupt unten; 5-kN 82 50 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Flexibles Low-Cost-Prüfkonzept für ein- und mehrachsige Prüfungen Lastrahmen gemessen (Abb. 9); 0…5-kN 70 (Kraft 0…1-kN) 50 (Kraft >2-kN) Mittelwert 60 Prüfachse Druck (Abb. 9); 0…5-kN 28 Zugversuch starre Probe mit mechanischen Schraubspannzeugen (Abb.-10); 0…1-kN 11 Die messtechnisch ermittelte Rahmensteifigkeit von 50 bis 70-kN zeigt Unterschiede zur per FEM-Analyse ermittelten Rahmensteifigkeit auf. Die Ursache liegt hierbei in den nicht vollflächig starren Bauteilverbindungen. Dennoch kann sie als ausreichend hoch betrachtet werden, da sie deutlich höher als die der Prüfauf bauten ausfällt. Dadurch liegt der Hauptanteil der elastischen Verformung in der Prüfachse und den Prüfauf bauten. Für deutlich höhere Zylinderkräfte wird jedoch ein steiferer Auf bau empfohlen, da die Prüfachsen und Prüfauf bauten bei höheren Kräften tendenziell stabiler und steifer sind. 3.6 Eigenfrequenzen Eine Analyse der Eigenschwingungen ergab, dass diese als unkritisch zu bewerten sind. Die erste und zweite Eigenform (Abb. 11) liegen nicht in Prüfkraftrichtung. Außerdem liegen sie mit 23 Hz bzw. 34-Hz deutlich oberhalb der max. Prüffrequenz von 10-Hz. Abb. 11: links: erste Eigenschwingform (23-Hz); rechts: zweite Eigenschwingform (34-Hz) 4. Betrieb des Prüfsystems Der Lastrahmen ist bereits seit 3 Jahren an der Professur IMS in Betrieb und wurde für verschiedene statische und dynamische Versuche genutzt. Dabei erfolgte eine volle Ausnutzung des Kraftbereichs (statisch und dynamisch, inkl. Dauerversuche). Im Betrieb konnte selbst nach großer dynamischer Belastung kein Setzen oder Lockern der Verbindungen festgestellt werden. Auch die Querhauptverstellung erwies sich in der Praxis als unproblematisch. Die Verstellung ist innerhalb von fünf Minuten allein möglich. Für die Querhauptplatten könnte eine höherfeste Aluminiumlegierung verwendet werden, da die Flächenpressung unter dem Schraubenkopf zu hoch ist und die Querhauptplatten dadurch plastisch verformt werden. Die Tab. 5 enthält zusammengefasst die wesentlichen technischen Daten des Gesamtsystems. Tab. 5: Daten des gesamten Prüfsystems servoelektrische Prüfmaschine servopneumatische Prüfmaschine Maximalkraft 7,5-kN 5-kN Hub 300-mm 200-mm max. Frequenz 5-Hz 10-Hz Grundfläche 700 × 750 × 2200 700 × 750 × 2400 Prüfraum 500 × 500 × 700 (1150 1 ) 500 × 500 × 900 (1450 1 ) Zylindergewicht 30 -kg 25-kg Gesamtgewicht 150 kg 140 kg Versuchsführung Kraft- und weggeregelt/ Ein- und Mehrstufenschwingversuche, Rampenversuche, Nachfahrversuche, jeweils als Stand- Alone-Maschine oder kombiniert im 2-Achs-Betrieb 1) Bei manueller Querhauptverstellung ohne Seilwinde Neben Versuchen im üblichen Last- und Prüfraumbereich nach Tab. 5 wurden bereits erste Versuche durchgeführt, welche mit herkömmlichen Universalprüfmaschinen vergleichbarer technischer Daten nicht möglich gewesen wären. Als erstes Beispiel kann hier der Einbau eines Umlenkhebels zur Änderung des Übersetzungsverhältnisses zwischen Zylinder und Probe genannt werden (Abb. 12). Bei einer Übersetzung von 3 zu 1 steht die 3-fache Kraft, dafür jedoch nur 1/ 3 des Prüfweges zur Verfügung. Dies ermöglichte die dynamische Druckprüfung von Gummielementen bis 15-kN. 2. Fachtagung TestRig - September 2024 51 Flexibles Low-Cost-Prüfkonzept für ein- und mehrachsige Prüfungen Abb. 12: Prüfauf bau mit Umlenkungshebel In einem weiteren Beispiel wurden die Nutenplatte vollständig entfernt, die Säulen verschoben und Zusatzprofile ergänzt, um einen Fahrradrahmen zu prüfen (Abb. 13). Dieser wurde im Tretlagerbereich drehbar gelagert und eine vertikale Zugkraft an der Hinterachse eingeleitet. Damit wurde eine Nachbildung der vertikalen Krafteinleitung im Tretlagerbereich erreicht. Potenziell ist hierbei zusätzlich auch die Anbindung der zweiten Achse im Lenkkopf bereich möglich. Damit kann eine dynamische Variation der Radlastverteilung während des Versuchs abgebildet werden. Abb. 13: Prüfauf bau Fahrradrahmen 5. Zusammenfassung Flexibel anpassbare Lastrahmen aus Aluminiumprofilen mit leichten Prüfachsen für statische und dynamische Prüfung von Normproben, Bauteilen und Baugruppen sind für Forschungseinrichtungen mit ständig wechselnden Prüfaufgaben unabdingbar. Dafür wurde zunächst ein Prüfkonzept für die an der Hochschule Mittweida anfallenden Prüfaufgaben erarbeitet. Die Auslegung der universellen Lastrahmen erfolgte mithilfe messtechnischer und simulativer Untersuchungen. Während der dreijährigen Betriebszeit konnten bisher keinerlei Probleme in der praktischen Anwendung festgestellt werden. Ein grundsätzlicher Funktionsnachweis und die hohe Anpassbarkeit wurden anhand eines Prüfauf baus mit einem Umlenkhebel und eines Fahrradrahmens demonstriert. Zusammenfassend lässt sich damit schlussfolgern, dass sich das neu entwickelte Lastrahmenkonzept als eine kostengünstige und flexible Möglichkeit für die mechanische Werkstoff- und Bauteilprüfung im praktischen Laboreinsatz bewährt. Literatur [1] DIN EN 1991-1-1/ NA: 2010-12, Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-1: Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke - Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau. Berlin: Beuth, 12/ 2010. [2] W. Grellmann, S. Seidler: Kunststoffprüfung (2.-Aufl.). Carl Hanser Fachbuchverlag, 2011. [3] SincoTec Test Systems GmbH: Produktkatalog, Clausthal-Zellerfeld, 2019. [4] ZwickRoell GmbH & Co. KG: Produktinformation. Servohydraulische Prüfmaschine HC10/ 25kompakt, Ulm, 2019. [5] ZwickRoell GmbH & Co. KG: Produktinformation. Elektro-dynamische Prüfmaschine LTM 5 und LTM 10, Ulm, 2019. [6] Th. H. Erismann: Prüfmaschinen und Prüfanlagen. Hilfsmittel der zerstörenden Materialprüfung, Springer, Berlin, 1992. [7] D. Findeisen: Mechatronisches System Werkstoffprüfmaschine, Materials Testing 51, 2009, No. 9, S.-564-578, 2009. [8] D. Findeisen: Grundlegendes zur Steifigkeit von Werkstoffprüfmaschinen, Materials Testing 59, No.-4, S. 379-385, 2017. [9] item Industrietechnik GmbH: MB Systembaukasten. Der Gesamtkatalog, Solingen, 2016. [10] VDI Richtlinie 2240: Systematische Berechnung hochbeanspruchter Schraubenverbindungen: Zylindrische Einschraubverbindungen. Düsseldorf: VDI- Verlag, 2015.
