eJournals Fachtagung für Prüfstandsbau und Prüfstandsbetrieb (TestRig) 2/1

Fachtagung für Prüfstandsbau und Prüfstandsbetrieb (TestRig)
fpp
expert Verlag Tübingen
0923
2024
21

Neue Dimensionen in der Schwingfestigkeitsprüfung

0923
2024
Georg Klenk
Tim Fritschle
Alexander Hobt
Martin Werz
Die Verwendung hochfester Feinkornbaustähle ermöglicht leichtere und schlankere Tragwerke, stellt jedoch erhöhte Anforderungen an die schweißtechnische Verarbeitung. Besonders Schweißnähte sind unter Ermüdungsbeanspruchung anfällig für Versagen, was durch Kerbwirkungen und Schweißeigenspannungen bedingt ist. Umfangreiche Untersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass herkömmliche Festigkeitshypothesen die Lebensdauer unter mehrachsiger Beanspruchung teils erheblich überschätzen. Das Forschungsvorhaben „RESSiS“ widmet sich daher der Untersuchung der Schwingfestigkeit großer geschweißter Bauteile. Ziel ist die Entwicklung erweiterter Festigkeitshypothesen zur besseren Beschreibung mehrachsiger Materialermüdung. Hierfür wurde ein Prüfstand mit Lasten bis zu 1 MN konzipiert. Spezielle Kreuzproben ermöglichen eine umfassende Bewertung der Schweißnahtqualität unter dynamischen Belastungen. Der neue Prüfstand erlaubt Tests sowohl standardisierter Proben als auch realistischer Bauteile, was neue Perspektiven für die Leistungsbewertung von Schweißkonstruktionen eröffnet. Zudem werden mittels Wire Arc Additive Manufacturing (WAAM) gefertigte Übergangsdetails geprüft, um Einblicke in das Verhalten additiv gefertigter Strukturen unter realen Bedingungen zu gewinnen und die Technologie weiterzuentwickeln.
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2. Fachtagung TestRig - September 2024 69 Neue Dimensionen in der Schwingfestigkeitsprüfung Ein biaxialer Prüfstand für große geschweißte und additiv gefertigte Bauteile Georg Klenk M.Eng. SFI Materialprüfungsanstalt (MPA) Universität Stuttgart, Deutschland Tim Fritschle M.Sc. Materialprüfungsanstalt (MA) Universität Stuttgart, Deutschland Dr.-Ing. Alexander Hobt FORM+TEST Seidner & Co. GmbH, Deutschland Dr.-Ing. Martin Werz SFI Materialprüfungsanstalt (MPA) Universität Stuttgart, Deutschland Zusammenfassung Die Verwendung hochfester Feinkornbaustähle ermöglicht leichtere und schlankere Tragwerke, stellt jedoch erhöhte Anforderungen an die schweißtechnische Verarbeitung. Besonders Schweißnähte sind unter Ermüdungsbeanspruchung anfällig für Versagen, was durch Kerbwirkungen und Schweißeigenspannungen bedingt ist. Umfangreiche Untersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass herkömmliche Festigkeitshypothesen die Lebensdauer unter mehrachsiger Beanspruchung teils erheblich überschätzen [1], [2]. Das Forschungsvorhaben „RESSiS“ widmet sich daher der Untersuchung der Schwingfestigkeit großer geschweißter Bauteile. Ziel ist die Entwicklung erweiterter Festigkeitshypothesen zur besseren Beschreibung mehrachsiger Materialermüdung. Hierfür wurde ein Prüfstand mit Lasten bis zu 1 MN konzipiert. Spezielle Kreuzproben ermöglichen eine umfassende Bewertung der Schweißnahtqualität unter dynamischen Belastungen. Der neue Prüfstand erlaubt Tests sowohl standardisierter Proben als auch realistischer Bauteile, was neue Perspektiven für die Leistungsbewertung von Schweißkonstruktionen eröffnet. Zudem werden mittels Wire Arc Additive Manufacturing (WAAM) gefertigte Übergangsdetails geprüft, um Einblicke in das Verhalten additiv gefertigter Strukturen unter realen Bedingungen zu gewinnen und die Technologie weiterzuentwickeln. 1. Leichtbaupotenzial geschweißter Stahlkonstruktionen Die Verwendung von Feinkornbaustählen mit höheren Festigkeiten ermöglicht die Realisierung schlankerer Tragwerke bzw. Schweißkonstruktionen mit reduziertem Eigengewicht. Seit etwa 40 Jahren sind niedriglegierte hochfeste Feinkornbaustähle mit Festigkeiten von bis zu 1300 MPa auf dem Markt verfügbar. Diese hochfesten Feinkornbaustähle stellen jedoch hohe Anforderungen an deren schweißtechnische Verarbeitung, obwohl das Schmelzschweißen dieser Werkstoffgruppe grundlegend bis zu einer Festigkeitsklasse von 960 MPa genormt ist. Das Versagen geschweißter Stahlstrukturen erfolgt in der Regel im Bereich der Schweißnähte - speziell bei Ermüdungsbeanspruchungen. Die Schwingfestigkeit der Schweißverbindung ist dabei im Vergleich zum Grundwerkstoff sehr stark abgemindert und damit in vielen Fällen für die Dimensionierung der Konstruktion maßgeblich. Dies liegt hauptsächlich an den durch Kerbwirkung hervorgerufenen Spannungskonzentrationen am Schweißnahtübergang sowie den hohen Zugeigenspannungen, welche sich aufgrund des hohen thermischen Gradienten beim Schweißen einstellen. Die Erhöhung der Schwingfestigkeit lässt sich daher maßgeblich sowohl durch konstruktive Maßnahmen als auch durch Optimierung der Prozesstechnik und geeignete Auswahl der Werkstoffe und Schweißzusätze erreichen. Jedoch haben umfangreiche Untersuchungen der letzten Jahre gezeigt, dass die Lebensdauer von Stahlschweißverbindungen unter mehrachsiger, nicht proportionaler, Beanspruchung bei der Anwendung konventioneller Festigkeitshypothesen wie z.B. der Gestaltänderungsenergiehypothese (GEH) zum Teil überschätzt wird und diesbezüglich dringender Forschungsbedarf besteht [1], [2]. Insbesondere das im Bauingenieurbereich häufig eingesetzte Nennspannungskonzept berücksichtigt keine komplexen mehrachsigen Spannungszustände und führt teilweise zu nicht konservativen Ergebnissen mit entsprechend hohen Sicherheitsrisiken, obwohl die Anwendung in den Regelwerken nicht ausgeschlossen wird. Daher besteht nicht nur auf der Seite von Konstruktion und Fertigung Handlungsbedarf, sondern auch auf der Seite der Le- 70 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Neue Dimensionen in der Schwingfestigkeitsprüfung bensdauerbewertung mittels geeigneter Methoden. Nur bei korrekter Beschreibung des Versagensprozesses kann eine Optimierung der Konstruktion ohne Einbußen für die Sicherheit des Bauteils erfolgen. 2. Mehrachsige Ermüdungsbeanspruchung Die Ermüdungsbeanspruchung von Schweißverbindungen ist ein komplexes Phänomen, das von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird. Klassisch werden Ermüdungsbewertungen oft auf Basis von einachsigen Belastungstests durchgeführt, die jedoch nicht immer die tatsächlichen Betriebsbedingungen widerspiegeln. In realen Anwendungen sind Bauteile meist mehrachsigen Belastungen ausgesetzt, was die Notwendigkeit einer umfassenderen Untersuchung und Bewertung der Ermüdungsfestigkeit unter solchen Bedingungen verdeutlicht [3]. Bei mehrachsigen Ermüdungsbeanspruchungen spielen die Proportionalität der Lasten und deren Phasenverschiebung eine entscheidende Rolle. Proportionale Belastungen treten auf, wenn die Hauptspannungen in konstanten Verhältnissen zueinander stehen und sich in gleichen Phasen ändern. Ein Beispiel hierfür sind Druckbehälter, welche in Längs- und Umfangsrichtung proportionale Beanspruchungen erfahren. Eine Phasenverschiebung ist in diesem Fall nicht möglich. Im Gegensatz dazu sind nichtproportionale Belastungen durch wechselnde Spannungsverhältnisse und Phasenverschiebungen charakterisiert, was zu komplexeren Spannungszuständen führt. Dieser Zustand stellt sich z.B. in komplexen Stahlbauanschlüssen aber auch durch Überlagerung von konstanten Eigenspannungen mit einer Schwingbeanspruchung ein. Diese Bedingungen können die Lebensdauer und das Versagensverhalten von Schweißverbindungen erheblich beeinflussen [1],[2]. Um die mehrachsige Materialermüdung adäquat beschreiben und berechnen zu können, werden verschiedene Festigkeitshypothesen angewendet. Traditionelle Hypothesen wie die von Haigh, Goodman oder Gerber basieren auf einachsigen Spannungszuständen und berücksichtigen somit auch keine Phasenverschiebung [4]. Fortgeschrittenere Konzepte, wie die Methode der kritischen Schnittebenen versuchen die Wechselwirkungen der Spannungszustände zu erfassen indem sie die am meisten beanspruchte Stelle innerhalb eines Bauteils identifizieren und bewerten [5], [6]. Auf bauend auf der Methode der kritischen Schnittebenen wurde an der MPA Universität Stuttgart, in [5] und [7], das MPA Advanced Integrated Multiaxial Fatigue Life Konzept (MPA AIM-Life) entwickelt. Das in MATLAB und Python programmierte AIM-Life-Konzept ist ein Werkzeug zur Bewertung der Lebensdauer von Bauteilen, welche zyklischen Belastungen ausgesetzt sind. Die lokalen elastisch-plastischen Spannungs-Dehnungs-Tensoren von einem oder mehreren kritisch beanspruchten Materialpunkten werden mittels Finite-Elemente-Analysen und der Methode der kritischen Schnittebenen analysiert. Dafür werden geeignete zyklische Materialmodelle verwendet, um den Spannungszustand von Proben und Bauteilen unter komplexer Ermüdungsbelastung vorherzusagen [7]. Das AIM-Life-Konzept zeichnet sich durch eine modulare Struktur aus, siehe Abb. 1. Die verwendeten Festigkeitshypothesen werden mittels experimenteller Ermüdungstests an Proben oder Bauteilen verifiziert. Aufgrund der modularen Struktur des AIM-Life-Konzepts können zusätzliche Festigkeitshypothesen hinzugefügt und gegenübergestellt werden. Abb. 1: Struktur des MPA AIM-Life Verfahrens zur Bewertung komplexer Ermüdungsbeanspruchung Eine umfassende Bewertung der Ermüdungsfestigkeit unter mehrachsigen Belastungen erfordert die Berücksichtigung von Faktoren wie Spannungsamplituden, Mittelspannungen, Phasenverschiebungen und die Richtung der Hauptspannungen. Doch auch Effekte, wie die Stützwirkung duktiler Werkstoffe sowie die durch den Schweißprozess hervorgerufenen Eigenspannungen sind zu berücksichtigen. Diese Aspekte sind entscheidend für die Entwicklung erweiterter Festigkeitshypothesen, die die mehrachsige Ermüdung realistischer und genauer vorhersagen können. Im Verbundvorhaben RESSiS wird das MPA AIM-Life Konzept hinsichtlich der Anwendung weiterer Ansätze zur Ermittlung von erweiterten Schädigungsparametern weiterentwickelt. Die so berechneten Lebensdauern werden den experimentellen Ergebnissen gegenübergestellt. Die Stützwirkung duktiler Werkstoffe sowie die durch den Schweißprozess hervorgerufenen Eigenspannungen werden dabei numerisch und experimentell berücksichtigt. Die Anwendung der Methodik erfolgt am Beispiel von zyklisch belasteten Mock-ups auf einem biaxialen Zugprüfstand. 3. Optimierung der Ermüdungsfestigkeit Bei der Optimierung der Ermüdungsfestigkeit von Schweißverbindungen spielen geometrische und materielle Kerben, die Materialeigenschaften wie Duktilität und Streckgrenze sowie Eigenspannungszustände für die Lebensdauer und Zuverlässigkeit von Bauteilen eine kritische Rolle. Geometrische Kerben entstehen durch die Formgebung der Schweißnaht und die angrenzenden Bereiche und führen zu Spannungskonzentrationen, die die lokale Beanspruchung und damit die Ermüdungsfestigkeit der Schweißverbindung signifikant beeinflussen [1], [2]. Durch die Optimierung der Schweißnahtgeometrie, wie beispielsweise durch das hochfrequente Hämmern oder formgeschweißte Übergangsdetails, kann die Kerbwirkung reduziert werden. Materielle Kerben resultieren 2. Fachtagung TestRig - September 2024 71 Neue Dimensionen in der Schwingfestigkeitsprüfung aus Inhomogenitäten im Materialgefüge, die durch den Schweißprozess entstehen und durch Gefügeumwandlungen und unterschiedliche Abkühlraten im Schweißbereich verursacht werden [8]. Eine Optimierung der Schweißparameter sowie eine gezielte Vor- und Nachbehandlung der Schweißnähte können die Ausprägungen dieser materiellen Kerben minimieren [2], [8]. Neben der Schweißnahtnachbehandlung kann auch die Schweißnahtvorbehandlung im Sinne einer Vorwärmung die entstehenden Gefüge maßgeblich beeinflussen. Zu den gängigen Verfahren gehört das Vorwärmen der Grundwerkstoffe mithilfe einer Flamme, um die Abkühlraten zu kontrollieren. Im Projekt wird eine dem Schweißbrenner vorlaufende Induktionserwärmung untersucht. Die vorlaufende Induktionserwärmung der Bauteile soll eine Reduzierung der Lichtbogenleistung ausgleichen und so dazu beitragen, dass geringere Temperaturgradienten während des Schweißprozesses auftreten. In [9] wurde gezeigt, dass sich eine lokale induktive Vorwärmung von Schweißnähten positiv auf die Härteeigenschaften und die Anfälligkeit für Kaltrisse auswirken kann. Die Verbesserung der Duktilität und die Steigerung der Homogenität des Schweißgutes in Verbindung mit reduzierten Schweißeigenspannungen könnte wiederum zu einer Erhöhung der Ermüdungsfestigkeit der Schweißverbindung führen. Im Vorhaben wird die induktive Vorwärmung der Schweißnaht untersucht um die Auswirkungen auf die Ermüdungsfestigkeit zu quantifizieren. Das hochfrequente Hämmern (High Frequency Mechanical Impact, HFMI) ist eine Nachbehandlungsmethode, bei der die Schweißnaht mechanisch bearbeitet wird, um Druckeigenspannungen einzubringen und die Kerbwirkung zu reduzieren. Untersuchungen haben gezeigt, dass HFMI die Ermüdungsfestigkeit von Schweißverbindungen signifikant verbessern kann [10], [11], [12]. Diese Methode führt zu einer Verfestigung der Schweißnahtoberfläche und einer gleichmäßigeren Spannungsverteilung, was die Lebensdauer der Verbindung unter zyklischen Belastungen verlängert. Besonders bei hochfesten Stählen kann durch HFMI die Ermüdungsfestigkeit signifikant gesteigert werden [13]. Im Rahmen dieses Vorhabens wird die Anwendung von HFMI auf Schweißverbindungen speziell unter biaxialen Spannungen untersucht, um die potenziellen Verbesserungen in Bezug auf die Ermüdungsfestigkeit systematisch zu erfassen und die Effekte dieser komplexen Spannungszustände besser zu verstehen. Eine innovative Methode zur Verbesserung der Ermüdungsfestigkeit ist der Einsatz von Schweißzusatzwerkstoffen mit niedriger Martensitumwandlungstemperatur (Low Transformation Temperature, LTT). Diese Werkstoffe sind so konzipiert, dass sie beim Abkühlen aufgrund der Gefügeumwandlung Druckeigenspannungen erzeugen, welche den schweißinduzierten Eigenspannungen entgegenwirken [8]. Der Einsatz von LTT-Zusatzwerkstoffen hat sich als äußerst effektiv erwiesen, um die Ermüdungsfestigkeit von Schweißverbindungen zu erhöhen. Im Rahmen dieses Vorhabens wird die Anwendung von LTT-Zusatzwerkstoffen unter biaxialen Spannungen untersucht, um die Wirkung dieser Werkstoffe auf die Ermüdungsfestigkeit in komplexen Spannungszuständen systematisch zu erfassen. Die Optimierung der Ermüdungsfestigkeit von Schweißverbindungen erfordert eine ganzheitliche Betrachtung und Kombination verschiedener Methoden. Durch die Reduktion von Eigenspannungen und die Minimierung der Kerbwirkung können signifikante Verbesserungen erzielt werden. Die Vor- und Nachbehandlung der Schweißverbindungen sowie der Einsatz von innovativen Zusatzwerkstoffen wie LTT bieten vielversprechende Ansätze, um die Lebensdauer und Zuverlässigkeit von geschweißten Bauteilen zu erhöhen. Zukünftige Forschungsarbeiten im Rahmen des Projekts RESSiS werden diese Techniken weiterentwickeln und deren Anwendung in der Praxis optimieren, um die Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit im Stahl- und Schwermaschinenbau zu verbessern. 4. Biaxialer Prüfstand Um erweiterte multiaxiale Festigkeitshypothesen in einem großen Maßstab zu verifizieren, müssen experimentelle Untersuchungen durchgeführt werden. In der ersten Projektphase werden die experimentellen Lebensdaueruntersuchungen zunächst an einachsigen Prüfmaschinen durchgeführt. Um die Schwingfestigkeit auch biaxial, mit asymmetrischen Belastungen dynamisch untersuchen zu können muss jedoch ein Prüfstand mit ausreichend hohen Prüflasten konzipiert und gebaut werden. Um die Anforderungen hinsichtlich ausreichendem Prüfraum und Lastbereich zur Prüfung entsprechender Mockups zu ermöglichen, wird eine biaxiale Prüfmaschine mit einem Prüfraum von 1m x 1m und einem Lastbereich bis 1 MN gemeinsam von Form+Test und der MPA konzipiert, von Form+Test entwickelt und an der MPA in Stuttgart aufgebaut. Als Herausforderung stellt sich hier insbesondere die Weiterentwicklung entsprechender Regelalgorithmen und der Reglerstruktur dar. Zur Messung der Probendehnung, -verformung und -verschiebung kommt ein Videoextensometer zum Einsatz. Dies ist Voraussetzung, um für die experimentelle Absicherung den Spannungszustand großflächig in verschiedenen Konfigurationen abbildbar zu machen. Dank des großzügig dimensionierten Bauraums und austauschbaren Probenhaltern lassen sich nicht nur standardisierte Proben, sondern auch reale Bauteile prüfen. Diese Möglichkeit zur Durchführung von Bauteilprüfungen eröffnet neue Perspektiven für die Bewertung der Tragfähigkeit und Zuverlässigkeit von Schweißkonstruktionen in Anwendungsszenarien, die weit über die bisherigen Standardtests hinausgehen. 5. Probengeometrie Im Rahmen des Projekts wurden spezielle Kreuzproben entwickelt, um Schweißnähte unter mehrachsig proportionalen und nicht proportionalen dynamischen Belastungen zu prüfen. Diese Proben ermöglichen eine umfassende Bewertung der Schweißnahtqualität unter realitätsnahen Belastungsbedingungen. Die Probengeometrie wurde in Anlehnung an ISO 16842, welche die biaxiale Zugprüfung mit einer kreuzförmigen Probe beschreibt, festgelegt und an die spezifischen 72 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Neue Dimensionen in der Schwingfestigkeitsprüfung Prüfrandbedingungen angepasst, siehe Abb. 2. Die Geometrie des Probekörpers gewährleistet eine homogene Spannungsverteilung und ermöglicht die präzise Messung der biaxialen Spannung. Dies ist entscheidend, um die tatsächliche Belastbarkeit und das elastisch-plastische Verformungsverhalten von Blechmetallen unter verschiedenen Spannungs- oder Dehnratenverhältnissen zu bewerten [14]. Abb. 2: Kreuzprobe (Position der Schweißnaht in Rot) Ein weiterer Vorteil der entwickelten Kreuzproben liegt in ihrer Fähigkeit, frei von unerwünschten Verformungen zu bleiben, wie sie beispielsweise bei der hydrostatischen Wölbprüfung auftreten können [14]. Dies trägt zur Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Messergebnisse bei. Zudem sind die Proben einfach herzustellen, da sie aus flachen Metallblechen durch Verfahren wie Laserschneiden oder Wasserstrahlschneiden gefertigt werden können. Die Verwendung dieser Probenform ermöglicht es, Normal- und Scherspannungen relativ gleichmäßig über die Schweißnahtlänge zu verteilen. Im neu entwickelten Prüfstand können so die mechanischen Eigenschaften der Schweißverbindungen untersucht und erweiterte oder neue Festigkeitshypothesen in einem realitätsnahen Maßstab verifiziert werden. Dies stellt sicher, dass die gewonnenen Daten eine hohe Relevanz und Anwendbarkeit für die Praxis haben und zur Verbesserung der Schweißnahtqualität und der strukturellen Integrität beitragen. 6. Danksagung Das Verbundvorhaben RESSiS wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages im Rahmen des Technologietransfer-Programm Leichtbau (TTP LB) unter dem Förderkennzeichen 03LB2059A unterstützt. 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Fesich, „Application of advanced Fatigue Damage Parameters in comparison with Fatigue Analysis included in Codes and Standards.,“ in Proceedings of the ASME 2014 Pressure Vessels & Piping Conference, Paper No. PVP2014-28379, 2014. [7] T. FESICH, K.-H. HERTER, E. ROOS und X. SCHULER, „Untersuchungen zur Anwendung der Festigkeitshypothesen bei schwingender Beanspruchung im Rahmen rechnerischer Festigkeitsnachweise,“ Reaktorsicherheitsforschung - Vorhaben- Nr. 1501355, IMWF (Institut für Materialprüfung, Werkstoffkunde und Festigkeitslehre) Universität Stuttgart, 2012. [8] A. Kromm, Dissertation - Umwandungsverhalten und Eigenspannungen beim Schweißen neuartiger LTT Zusatzwerkstoffe, Berlin: BAM-Dissertationsreihe - Band 72, 2011. [9] Moschinger, M., Vauderwange, T. & Enzinger, N. Plasma wire arc additive manufacturing and its influence on high-carbon steel substrate properties. Weld World (2024). https: / / doi.org/ 10.1007/ s40194-024-01717-5 [10] G. B. Marquis und Z. Barsoum, IIW Collection - IIW Recommendations for the HFMI Treatment, Singapur: Springer-Verlag, 2016. [11] DASt Richtlinie 026, Ermüdungsbemessung bei Anwendung höherfrequenter Hämmerverfahren, 2019. [12] L. M. S. M. Gerster P., „Praktische Anwendungen eines höherfrequenten Hämmerverfahrens (PIT) in der Industrie,“ in Proceedings of the Join-Ex Congress, Vienna/ Austria, 2012. [13] J. Berg, „Einfluss des Höherfrequenten Hämmerns auf die Ermüdungsfestigkeit geschweißter ultrahochfester Feinkornbaustähle“, 2016. [Online]. Verfügbar unter: https: / / duepublico2.uni-due.de/ receive/ duepublico_mods_00042813 [14] Chen, J.; Zhang, J.; Zhao, H. Quantifying Alignment Deviations for the In-Plane Biaxial Test System via a Shape-OptimisedCruciform Specimen. Materials 2022, 15, 4949.