eJournals Fachtagung für Prüfstandsbau und Prüfstandsbetrieb (TestRig) 2/1

Fachtagung für Prüfstandsbau und Prüfstandsbetrieb (TestRig)
fpp
expert Verlag Tübingen
0923
2024
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Effiziente Prüfung von geschweißten Kupferkomponenten einer elektrischen Maschine

0923
2024
Jesse Ceruso
Jens Mischko
Alfons Esderts
Elektrische Maschinen gewinnen in der heutigen Zeit immer mehr an Bedeutung. Um deren Zuverlässigkeit zu bewerten, ist es wichtig, die Beanspruchbarkeit der Komponenten genau zu kennen. Eine zentrale Komponente von elektrischen Maschinen sind die sogenannten Hairpins. Die Hairpins sind Teil des Wickelkopfes von elektrischen Maschinen und sind stromführende Komponenten aus Reinkupfer (Cu-ETP), die das elektromagnetische Feld zum Antrieb der elektrischen Maschine erzeugen. Im vorliegenden Beitrag wird eine Mehrfachprüfvorrichtung zur Erprobung von Hairpins vorgestellt. Die Vorrichtung ermöglicht eine einflussfreie Prüfung von vier Hairpins gleichzeitig und kann durch unterschiedliche Federkonfigurationen zu einer Effizienzsteigerung der Prüfung auf elektromagnetischen Prüfständen von bis zu 800 % beitragen. Es kann gezeigt werden, dass additiv gefertigte Vorrichtungsteile zur Einspannung der Hairpins in der Prüfvorrichtung genutzt werden können. Dies führt zu einer Kostensenkung der Prüfung.
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2. Fachtagung TestRig - September 2024 73 Effiziente Prüfung von geschweißten Kupferkomponenten einer elektrischen Maschine Jesse Ceruso M. Sc. Robert Bosch GmbH/ TU Clausthal, Schwieberdingen, Deutschland Jens Mischko M. Sc. Robert Bosch GmbH, Schwieberdingen, Deutschland Prof. Dr.-Ing. Alfons Esderts TU Clausthal, Clausthal-Zellerfeld, Deutschland Zusammenfassung Elektrische Maschinen gewinnen in der heutigen Zeit immer mehr an Bedeutung. Um deren Zuverlässigkeit zu bewerten, ist es wichtig, die Beanspruchbarkeit der Komponenten genau zu kennen. Eine zentrale Komponente von elektrischen Maschinen sind die sogenannten Hairpins. Die Hairpins sind Teil des Wickelkopfes von elektrischen Maschinen und sind stromführende Komponenten aus Reinkupfer (Cu-ETP), die das elektromagnetische Feld zum Antrieb der elektrischen Maschine erzeugen. Im vorliegenden Beitrag wird eine Mehrfachprüfvorrichtung zur Erprobung von Hairpins vorgestellt. Die Vorrichtung ermöglicht eine einflussfreie Prüfung von vier Hairpins gleichzeitig und kann durch unterschiedliche Federkonfigurationen zu einer Effizienzsteigerung der Prüfung auf elektromagnetischen Prüfständen von bis zu 800-% beitragen. Es kann gezeigt werden, dass additiv gefertigte Vorrichtungsteile zur Einspannung der Hairpins in der Prüfvorrichtung genutzt werden können. Dies führt zu einer Kostensenkung der Prüfung. 1. Einführung Mit der weiteren Elektrifizierung des automobilen Antriebsstrangs rücken neue Komponenten elektrischer Maschinen in den Fokus der Betriebsfestigkeit. Zentrale Bauteile einer elektrischen Maschine sind die Kupferwicklungen des Stators, die zur Erzeugung eines elektromagnetischen Feldes für den Antrieb des Rotors benötigt werden. Um eine zuverlässige Auslegung zu gewährleisten, ist eine genaue Bestimmung der Beanspruchbarkeit der Kupferwicklungen notwendig. Im vorliegenden Beitrag wird ein Weg aufgezeigt, wie diese Beanspruchbarkeit effizient und störungsfrei ermittelt werden kann. Dies wird durch die Konstruktion einer für Kupferwicklungen optimierten Prüfvorrichtung erreicht. Die erzielten Ergebnisse werden in die Literatur eingeordnet, diskutiert und die Vorteile einer solchen Prüfvorrichtung werden erörtert. Zentrale Bauteile des Wickelkopfes sind die sogenannten Hairpins. Diese bestehen aus zwei mittels Laserschweißen verbundenen Kupferflachstäben. Die Kupferstäbe führen während des Betriebs der elektrischen Maschinen Strom und erzeugen so das elektromagnetische Feld, das für den Antrieb des Rotors genutzt wird. Abbildung 1 zeigt einen Stator einer elektrischen Maschine und einen Hairpin. Die Schweißverbindung an der Spitze des Hairpins ist vergrößert dargestellt. Um die Lebensdauer der dargestellten Hairpins zu untersuchen, sind Schwingprüfungen notwendig, die im besten Falle effizient und kostengünstig durchzuführen sind. Die Prüfung von Kupferbauteilen kann auf mehreren Wegen erfolgen, die im Folgenden vorgestellt werden. Lauf [1] prüft die geschweißten Kupferbauteile des Wickelkopfes und Kupferproben aus geschweißten Blechen auf einem elektrodynamisch erregten Schwingtisch. Die Anregung der Proben erfolgt hierbei weggeregelt. Diese Methodik hat den Nachteil, dass bei jeder Probe die Eigenfrequenz getroffen werden muss. Diese kann bei unterschiedlichen Bauteilen oder unterschiedlichen Schweißzuständen zwischen den Proben variieren, was zu einem höheren Auswerteaufwand führt. Gemäß den Abbildungen in [1] wird die entsprechende Probe mit einem Beschleunigungssensor appliziert, es bleibt jedoch offen, ob dieser zum Abgleich der Versuche mit den entsprechenden Simulationen dient, zur Ausfallerkennung oder Regelung der Maschine. Auf die Einspannsituation der Prüflinge, auf die Spannvorrichtung, sowie auf die Prüffrequenz wird nicht eingegangen. Dimatteo [2] führt statische Prüfungen an geschweißten hairpinähnlichen Bauteilen durch. Hierbei werden die Hairpins so modifiziert, dass sie auf Schälzug beansprucht werden können. Für die gezeigten Versuche ist eine Zugprüfmaschine mit einfachen Spannbacken ausreichend. Es muss keine gesonderte Vorrichtung angefertigt werden. Stanzl-Tschegg [3] nutzt eine ultraschalleregte Prüfmaschine um Kupferbauteile zu Prüfen. Das Ziel ist es, Schwingspielzahlen >10 8 Lastwechseln bei geringen Lastamplituden dehnungsgeregelt abzuprüfen. Auf den Versuchsauf bau und die Maschinenkonfiguration wird nicht eingegangen. Es wird eine Frequenz von 20 kHz durch die ultraschallerregte Prüfmaschine erreicht. 74 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Effiziente Prüfung von geschweißten Kupferkomponenten einer elektrischen Maschine Abb. 1: Stator mit Hairpin und Hairpinschweißnaht [4]. Ceruso [4] führt Versuche an Hairpins mithilfe einer elektromagnetischen Schwingprüfmaschine durch, die auf Basis eines Feder-Masse-Systems arbeitet. Es wird versucht, die Prüfung effizient zu gestalten indem vier Prüflinge gleichzeitig geprüft werden. Die Ergebnisse legen eine Beeinflussung der Prüflinge untereinander nahe, weshalb dieser Ansatz verworfen wird. Weitere Quellen wie Moreira [5] und Wagener [6], die ebenfalls Wöhlerversuche an Kupferproben durchgeführt haben, gehen nur untergeordnet auf die Prüftechnik oder den Versuchsauf bau ein. Eine Prüfung von Bauteilen an elektrodynamischen Schwingprüfmaschinen oder servohydraulisch betriebenen Prüfständen ist nicht bekannt. Die aktuell effizienteste Methode der Prüfung ist die Prüfung mittels Ultraschallmaschinen. Diese sind in der Forschung verbreitet, sind aber bei Industrieunternehmen selten vorhanden. Es wird daher eine Methode gesucht, die vor allem eine effiziente Prüfung der Proben auf herkömmlichen, resonanzerregten, elektromagnetischen Schwingprüfmaschinen ermöglicht. 2. Prüfmaschine und Prüftechnik Für die Prüfung von Hairpins kommt eine elektromagnetische arbeitende Prüfmaschine des Typs Mikrotron vom Hersteller Rumul zum Einsatz, welche schematisch in Abbildung 2 zu sehen ist. Die technischen Daten sind Tabelle 1 zu entnehmen. Abb. 2: Schemazeichnung Rumul Mikrotron Tab. 1: Maschinendaten Rumul Mikrotron 5 kN Eigenschaft Wert Lastbereich 5 kN bis -5 kN max. Kraftamplitude 2,5 kN max. Wegamplitude 2 mm Baujahr 2019 2. Fachtagung TestRig - September 2024 75 Effiziente Prüfung von geschweißten Kupferkomponenten einer elektrischen Maschine Die Schwingprüfmaschine arbeitet mit dem Resonanzprinzip. Dies führt dazu, dass die Regelung der Maschine eine Resonanzfrequenz w E des gesamten Versuchsauf baus einstellt. Diese Resonanzfrequenz setzt sich zusammen aus den Massen und den Steifigkeiten der Vorrichtung, der Maschine und des Prüflings. Die Maschinensteifigkeit wird durch zwei Federn innerhalb der Maschine definiert. Diese sind nicht austauschbar. Ebenfalls die Steifigkeit und die Masse des Prüflings sind nicht beeinflussbar. Die Masse und die Steifigkeit der Vorrichtung kann gezielt dafür genutzt werden, die Eigenfrequenz des Aufbaus zu erhöhen, was eine höhere Prüffrequenz zur Folge hat. Auch die Maschinenmassen sind austauschbar, um eine zusätzliche Beeinflussung der Prüffrequenz zu ermöglichen. Es ist darauf zu achten, dass die Frequenzänderung über die Maschinenmassen nicht zu Unregelmäßigkeiten bei der Prüfung führt, wie bspw. zu niedrige Kraft- oder Wegamplituden. Insgesamt stehen drei unterschiedliche Massen (klein, mittel, groß) für die Prüfmaschine zur Verfügung, zusätzlich kann diese auch ohne Massen betrieben werden. Dies führt zu vier unterschiedlichen Einstellmöglichkeiten. 3. Ausgangssituation bei der Prüfung von Hairpins Zur Durchführung der Schwingprüfungen werden Prüflinge aus einem Stator gemäß Abbildung 1 entnommen. Die Prüflinge lassen sich durch ihre Nummerierung unterscheiden. Die Spurnummer gibt an, ob sich der Hairpin außen oder innen im Stator befindet. Spur-1 ist die äußerste Spur, während die Spurnummer von außen nach innen zunimmt. Die Nutnummer gibt an, an welcher Position sich der Hairpin umlaufend am Stator befindet. Abbildung-3 zeigt die Spur- und Nutnummerierung der Bauteile an. Die Prüfvorrichtung, die für die Schwingprüfung der Hairpins eingesetzt wird, ist ebenfalls in Abbildung 2 zu sehen, sie nennt sich Zugaufnahmevorrichtung. Es werden vier Hairpins gleichzeitig geprüft. Die aufgebrachte Last ist eine rein wechselnde Wegamplitude S a , welche über einen Laser gemessen wird. Die Zugaufnahmevorrichtung ist, wie in Abbildung 3 gezeigt, mit der unteren hälfte auf dem Maschinentisch fixiert gelagert. Für die Durchführung von Schwingversuchen mit der in Abbildung 3 gezeigten Konfiguration kann in [4] gezeigt werden, dass die Prüflinge sich gegenseitig beeinflussen bzw. stützen. Dies führt zu einer größeren Lebensdauer als bei Einzeldrahtprüfungen und das, obwohl die gleiche Wegamplitude auf die Vorrichtung aufgebracht wird (vgl. Abbildung 4). Da diese Effekte einen nicht-konservativen Einfluss auf die Lebensdauer haben, kann die Prüfung mit vier Hairpins gleichzeitig nicht durchgeführt werden, dies hat einen Effizienzverlust zur Folge. Abb. 3: Links: Nummerierung der Prüflinge und deren Position aus dem Stator. Rechts: Prüfauf bau mit Vorrichtung Zugaufnahme und vier Hairpins [4]. Abb. 4: Beeinflussung der Prüflinge bei der gemeinsamen Prüfung der Hairpins [4]. 76 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Effiziente Prüfung von geschweißten Kupferkomponenten einer elektrischen Maschine 4. Einsatz einer Mehrfachprüfvorrichtung Um den Effizienzverlust auszugleichen wird eine Mehrfachprüfvorrichtung eingesetzt (Abb. 5). Diese soll die Beeinflussung der Hairpins beim weggeregelten Prüfen untereinander ausschließen und höhere Prüffrequenzen zur Folge haben. Die Mehrfachprüfvorrichtung besitzt jeweils vier Prüfnester, in die jeweils die Spannbacken mit den Kämmen und die Adapterplatten eingeschraubt werden. Die Spannbacken und die Adapterplatten sind hairpinspezifische Teile, das bedeutet, dass diese auf den jeweiligen Stator des Hairpins abgestimmt sind.Ändert sich der Statordurchmesser oder die Dimensionen des Lackdrahtes ist es notwendig, neue Adapterplatten und Spannbacken anzufertigen. Zur Erhöhung der Prüffrequenz werden Federn eingesetzt. Dies ist deshalb möglich, da elektromagnetisch erregte Prüfmaschinen mit dem Resonanzprinzip arbeiten. Durch die Erhöhung der Steifigkeit steigt die Resonanzfrequenz des Gesamtauf baus, dies wiederrum führt zu einer höheren Prüffrequenz. Als Federn können wahlweise Tellerfederpakete oder Schraubendruckfedern in die Mehrfachprüfvorrichtung eingebaut werden. Zur Unterbindung von Querschwingungen (Bewegungen der Prüfvorrichtung senkrecht zur Anregung) bei der Prüfung von Hairpins, werden vier Führungsstangen mit Kugelbuchsen eingesetzt. Diese können Querkräfte und seitliche Bewegungen aufnehmen und stabilisieren die Vorrichtung. Die Maschinenanbindung der Prüfvorrichtung kann entweder durch eine Kugel mit einem Stempel realisiert werden oder durch eine feste Verschraubung. Die Kugel-Stempel-Variante hat den Vorteil, dass Querkräfte schlechter übertragen werden können und dass Fehler bei der Ausrichtung der Vorrichtung zur Maschine kompensiert werden. Die Verschraubung ist daher nur dann zu empfehlen, wenn die Mehrfachprüfvorrichtung ohne Federn außerhalb des Resonanzprinzips betrieben wird. Dies ist zum Beispiel an einer servohydraulischen oder elektrodynamischen Prüfmaschine der Fall. 4.1 Betrieb der Mehrfachprüfvorrichtung Die Vorrichtung wird auf dem Maschinentisch verschraubt und so zentriert, dass der Stempel, der die Kraft auf bringt, mittig auf der Kugel aufsitzt. Die Vorrichtung ist auf Resonanzprüfmaschinen nur im Druckbereich zu betreiben, das bedeutet, dass eine Vorspannung auf die Federn aufgebracht werden muss. Diese Vorspannung richtet sich nach dem Abstand zwischen den Adapterplatten, der für die jeweiligen Hairpins benötigt wird. Es ist darauf zu achten, dass die Kraftamplitude bei der Prüfung die Vorspannkraft betragsmäßig nicht überschreitet. Die Ausfallerkennung der Prüflinge erfolgt nach [4] durch den Frequenzabfall, der über die Anzahl der Lastwechsel stattfindet. Dieser wird über die Maschine bis zu einer Frequenzgrenze festgestellt und führt zur Abschaltung der Prüfmaschine. Werden vier Hairpins gleichzeitig geprüft, lässt sich die Frequenzänderung nicht einem Hairpin zuordnen. Dies führt dazu, dass unbekannt ist, welcher Hairpin versagt hat. Zur Ausfallerkennung kommen daher Dehnungsmessstreifen zum Einsatz, die den Bruch des Hairpins, analog zum Frequenzabfall detektieren. Durch die Zuordnung der Messkanäle kann somit das Versagen direkt einem Hairpin zugeordnet werden. Abb. 5: Mehrfachprüfvorrichtung in der Seitenansicht. Eingespannt sind vier Hairpins der Spur 4, wovon der Hintere nicht sichtbar ist, da er verdeckt wird. Zu sehen ist die Konfiguration der Vorrichtung mit den Tellerfedern. 2. Fachtagung TestRig - September 2024 77 Effiziente Prüfung von geschweißten Kupferkomponenten einer elektrischen Maschine 4.2 Vorteile der Mehrfachprüfvorrichtung Der größte Vorteil der Mehrfachprüfvorrichtung besteht darin, dass vier Hairpins gleichzeitig geprüft werden können. Diese Hairpins können einzeln in einem Prüfnest gespannt werden und sind daher unabhängig und einflussfrei voneinander. Dies hat eine Effizienzsteigerung von 400-% zur Folge, da bei der Zugaufnahmenvorrichtung nur ein Hairpin geprüft werden konnte. Ein weiterer Vorteil ist die Frequenzerhöhung durch die Federn bzw. die Ferderpakete. Wie hoch diese Frequenzerhöhung ist, lässt sich nicht allgemein sagen, da die Prüffrequenz auf dem verwendeten Maschinentyp auch immer von der Steifigkeit des Prüflings abhängt. Um trotzdem eine Aussage über die Leistungsfähigkeit der Prüfvorrichtung zu treffen, werden die Konfigurationen, die in Tabelle 2 aufgelistet sind, abgeprüft. Bei den gezeigten Konfigurationen handelt es sich um Betriebszustände bei denen eine störungsfreie, stabile Amplitude in der Prüfmaschine eingestellt werden kann. Es werden zwei Prüflinge erprobt. Prüfling A ist ein Prüfling mit einer kleineren Drahtdicke als Prüfling B. Es kann gezeigt werden, dass die Prüffrequenz mit den Tellerfedern 106 Hz beträgt. Dies entspricht einer Erhöhung um 103-% zu den vormals 52 Hz mit der Zugaufnahmevorrichtung. Insgesamt ist eine Effizienzsteigerung um 800-% zur alten Zugaufnahmevorrichtung möglich, welche sich aus den vier gleichzeitig prüf baren Prüflingen und der erhöhten Frequenz zusammensetzt. Wird eine andere Resonanzprüfmaschine eingesetzt oder steifere Federn verwendet, kann die Prüffrequenz voraussichtlich noch weiter gesteigert werden. Dies verbleibt aber zum aktuellen Zeitpunkt Stand der Forschung. 4.3 Nachteile der Mehrfachprüfvorrichtung Durch die Auf- und Abbewegung des oberen Vorrichtungsteils entsteht Reibung zwischen den Kugelbuchsen und der Führungsstange. Dieser Effekt wird verstärkt, wenn es zu Querkräften bei der Maschinenanregung kommt. Die Kugelbuchsen graben sich hierbei in die Führungsstangen ein, und hinterlassen sichtbare Rillen. Trotz sichtbarer Rillen auf den Führungsstangen bei einer Gesamtbetriebsdauer der Vorrichtung von ca. 3 · 10 8 Lastwechseln ist keine Auffälligkeit im Prüfverlauf feststellbar. Es kann jedoch sein, dass Wartungsintervalle zum Austausch der Kugelbuchsen und Führungsstangen in Zukunft notwendig sind. Tab. 2: Unterschiedliche Maschinenkonfigurationen Prüfling Prüfvorrichtung Maschinenmasse Federn Prüffrequenz A Zugaufnahme (alt) Mittlere Masse - 52 Hz A Mehrfachprüfvor. Kleine Masse Tellerfedern 106 Hz A Mehrfachprüfvor. Große Masse Schraubendruckfedern 78 Hz B Mehrfachprüfvor. Große Masse Schraubendruckfedern 78 Hz Obwohl mit den Tellerfedern die höchste Prüffrequenz erreicht werden kann, kommt es zum Abrieb und zum sichtbaren Verschleiß der Tellerfedern. Es deutet sich an, dass die Tellerfedern in Intervallen von ca. 10 8 Schwingspielen getauscht werden müssen, um die Sicherheit der Prüfung und die des Bedieners zu gewährleisten. Die Empfehlung ist daher, die Prüfvorrichtung mit Schraubendruckfedern zu betreiben, auch wenn nur eine Prüffrequenz von 74 Hz erreicht werden kann. Da nicht alle Prüflinge gleichzeitig ausfallen kommt es nach dem Bruch des ersten ausgefallenen Prüflings bei diesem Prüfling zu der Situation, dass die beiden Bruchflächen aneinander reiben. Durch das Reiben und den weichen Kupferwerkstoff bildet sich Kupferoxid auf den Bruchflächen aus, welches die originale Bruchfläche nicht mehr gut erkennen lässt. Dies hat zum Nachteil, dass die Flächenvermessung der Bruchfläche nicht mehr exakt möglich ist. Des Weiteren lassen sich Informationen wie die Anzahl der Poren in der Bruchfläche oder der vermutete Anrissort nicht mehr detektieren. Zur Montage aller vier Hairpins in der Mehrfachprüfvorrichtung muss ausreichend Platz um die Maschine herum vorhanden sein, dies ist bei der Zugaufnahmevorrichtung nicht der Fall, da diese nur einen frontalen Zugang benötigt. 5. Validierung der Mehrfachprüfvorrichtung Zur Validierung der Prüfvorrichtung werden auf einem Vergleichshorizont mit Wegamplitude s a = 0,4 mm Prüflinge sowohl auf der Zugaufnahmevorrichtung als auch auf der Mehrfachprüfvorrichtung geprüft. Die Prüflinge stammen dabei aus einem Stator und wurden seriennah hergestellt. Abb. 6: Versuche auf einem Vergleichshorizont zwischen Zugaufnahmevorrichtung und Mehrfachprüfvorrichtung. Durchgeführt mit Prüfling A und Spannbacken aus Stahl. 78 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Effiziente Prüfung von geschweißten Kupferkomponenten einer elektrischen Maschine Abbildung 6 zeigt die Prüfergebnisse. Ein Ausreißer ist zu erkennen, der auf der Zugaufnahmevorrichtung geprüft wurde. Dies ist bei den vorliegenden Hairpins kein Einzelfall, weshalb dieser Ausreißer nicht weiter beachtet wird. Des Weiteren ist zu erkennen, dass die restlichen Prüflinge in ein Streuband fallen. Dies bedeutet, dass beide Prüfvorrichtungen zum gleichen Ergebnis kommen und die Mehrfachprüfvorrichtung so einsetzbar ist. Werden alle Prüflinge in Abbildung 6 betrachtet, die eine Lebensdauer größer als 10 5 Lastwechsel haben, so kann man die Prüfzeit der jeweils drei Prüflinge gegenüberstellen. Die maximale Lastwechselzahl auf der Mehrfachprüfvorrichtung beträgt 442.000 Lastwechsel. Berechnet man den Zeitbedarf t M hierfür bei einer Frequenz von 78-Hz aus so ergibt sich: [1] Für die Zugaufnahmevorrichtung müssen alle Lastwechselzahlen addiert werden, da jeder Prüfling einzeln geprüft wird. Es ergibt sich eine Zeit von t z von: [2] Die Zeitersparnis t E beim Prüfen der Teile mit der Mehrfachprüfvorrichtung beträgt somit: t E = 426,9 min − 94,4 min = 332,5 min [3] Dies entspricht einer Effizienzsteigerung von ca. 451-%.Wie in Kapitel 4 erwähnt, sind die Adapterplatten und die Kämme auf bestimmte Hairpins abgestimmt. Ändern sich die Dimensionen der Hairpins oder des Stators müssen neue Adapterplatten und Kämme angefertigt werden. Bei vier Prüfnestern und filigranen Frästeilen, wie der Kämme, kann das einen nachteiligen Kostenfaktor zur Folge haben. Um diese Fertigungskosten zu senken, werden weitere Spannbacken mittels additiver Fertigung hergestellt. Es stehen folgende Spannbacken für Hairpin Typ B zur Verfügung: • Stahl, gefräst • PA-12 GB (Glassballs), Selective-Laser-Sintering • PLA-CF (Carbonfiber), Fused-Deposition-Modelling Die Versuchsergebnisse für die Spannbacken aus Stahlsind in Abbildung 7 aufgetragen. Als Durchläufer (DL) werden die Punkte gewertet, die eine Lastwechselzahl von 10 7 erreicht haben. Alle Versuchspunkte sind für die jeweiligen Spannbacken mit anderen Markern markiert. Es ist zu erkennen, dass es keine klare Tendenz gibt, welchen Einfluss die unterschiedlichen Spannbacken haben. Auf den Lasthorizonten 0,5 mm, 0,45 mm und 0,4 mm versagen die Hairpins in den Stahlspannbacken tendenziell früher, es gibt jedoch Ausreiser wie auf dem Lasthorizont 0,4 mm zu sehen ist. Abb. 7: Versuchsreihe (Prüfling B) auf der Mehrfachprüfvorrichtung 2. Fachtagung TestRig - September 2024 79 Effiziente Prüfung von geschweißten Kupferkomponenten einer elektrischen Maschine Um diese Wegamplituden in lokale Spannungen umzurechnen sind Simulationen notwendig. In diesen Simulationen ist es nötig die Materialeigenschaften der Spannbacken zu berücksichtigen, so kann es sein, dass die lokalen Spannungen der Kunststoffspannbacken im Vergleich zu den Stahlspannbacken niedriger ausfallen und sich die Versuchspunkte in ein gemeinsames Streuband schieben. 6. Zusammenfassung und Ausblick Im Vorliegenden Beitrag wird eine Zusammenfassung über die Prüfung von Kupferdrähten gegeben, wie sie in Statoren von elektrischen Maschinen vorhanden sind. Es wird gezeigt, worin die Herausforderungen bei der Prüfung von Hairpins liegen und darauf eingegangen, wie die Prüfung von Hairpins effizienter gestaltet werden kann. Hierzu wird eine Mehrfachprüfvorrichtung eingesetzt, die durch Führungsstangen und Kugelbuchsen eine einflussfreie Prüfung ohne Querschwingungen ermöglicht. Die Mehrfachprüfvorrichtung kann bis zu 4 Hairpins gleichzeitig in einer Aufspannung prüfen. Dies verringert die Maschinenbelegungszeit und ermöglicht es, eine Wöhlerlinie mit vier Lasthorizonten in einer Arbeitswoche zu ermitteln. Des Weiteren kann gezeigt werden, dass sich durch unterschiedliche Federkonfigurationen die Prüffrequenz an elektromagnetischen Resonanzprüfständen erhöhen lässt. Dies kann eine Effizienzsteigerung von bis zu 800 % zur Folge haben. Die verkürzten Prüfzeiten und die damit verbundene Effizienzsteigerung führt zu einer unmittelbaren Kosteneinsparung, die sich vor allem bei langen Prüfzeiten, wie bei der Ermittlung der Langzeitfestigkeit bemerkbar macht. Durch Reibung der Kugelbuchsen und der Tellerfedern sind regelmäßige Wartungen und ein Austausch der Vorrichtungsteile unerlässlich. Durch die mehrfache Prüfung von vier Prüflingen ist eine Ausfallerkennung durch Dehnungsmessstreifen notwendig. Trotz der Ausfallerkennung kann es dazu kommen, dass Bruchflächen verrieben werden, bis der letzte der vier zu prüfenden Prüflinge ausgefallen ist. Hierdurch gehen Informationen über die Bruchfläche verloren. Zur Validierung der Vorrichtung wird auf einem Vergleichshorizont ein Versuch mit der Mehrfachprüfvorrichtung und dem Vorgängermodell der Zugaufnahmevorrichtung durchgeführt. Die Versuchspunkte fallen bis auf einen Ausreißer in ein Streuband, weshalb die Versuchsergebnisse der Mehrfachprüfvorrichtung als valide betrachtet werden. Zur Kostensenkung bei der Fertigung der vier Spannbackenpaare werden additiv gefertigte Bauteile eingesetzt. Die Versuchsergebnisse deuten darauf hin, dass es keinen signifikanten Einfluss der eingesetzten Spannbacken auf das Versuchsergebnis gibt. Die weitere Bewertung der durchgeführten Versuche sollte auf Spannungsebene erfolgen. Hierzu kann das Kerbspannungskonzept für geschweißte Bauteile mit dem Ersatzradius r = 0,05 mm eingesetzt werden. Es kann zudem geprüft werden, ob in den Spannbacken wie vormals vier Hairpins eingespannt werden können. Durch die Führungsstangen kann die Beeinflussung der Prüflinge untereinander abgenommen haben, sodass eine Prüfung in der Mehrfachprüfvorrichtung von 16 Hairpins gleichzeitig erfolgen könnte. Danksagung Die Autoren danken Benjamin Gertz für die Konstruktion der Prüfvorrichtung und Benedikt Raab für die Unterstützung bei der Versuchsdurchführung der Versuche mit unterschiedlichen Spannbacken. Herrn Miklas Nitsche wird für die Anfertigung der additiv gefertigten Bauteile gedankt. Literatur [1] M. Lauf, S. Pruy, S. Kiesner: Experimentelle und Simulative Schwingfestigkeitsuntersuch-ungen von geschweißten Kupferverbindungen basierend auf der Realgeometrie. In: Tagungsband der 49. -agung des DVM Arbeitskreises Betriebsfestigkeit. 2023 DOI: 10.48447/ BF-2023-130. [2] V. Dimatteo, A. Ascari, P. Faverzani, L. Poggio, A. Fortunato, The effect of process parameters on the morphology, mechanical strength and electrical resistance of CW laser-welded pure copper hairpins, In: Journal of Manufacturing Processes (2021), Volume 62, p. 450-457, DOI: 10.1016/ j.jmapro.2020.12.018. [3] S. Stanzl-Tschegg: Influence of material properties and testing frequency on VHCF and HCF lives of polycrystalline copper. In: International Journal of Fatigue, Vol. 105, p. 86-96. 2017. DOI: 10.1016/ j. ijfatigue.2017.08.014. [4] J. Ceruso, M. Mannsperger, J. Mischko, A. Esderts: Verbesserung von Prüfverfahren für lasergeschweißte Hairpin-Wicklungen. In: Tagungsband Werkstoffe und Bauteile auf dem Prüfstand. 2023. DOI: 10.48447/ WP-2023-281. [5] P. Moreira, M. de Figueiredo, P. de Castro: A Contribution to the Mechanical Characteri-zation of Cu ETP Used in the Electric Motors Industry. In: Materials Science Forum, Vol. 730-732, p. 679-684. 2012. DOI: 10.4028/ www.scientific.net/ msf.730- 732.679. [6] R. Wagener, M. Scurria, T. Kimpel, M. Haouel, H.- Kaufmann, T. Melz: Schwingfestigkeits-verhalten von Kupfer-Legierungen für die Anwendung in mobilen Steuergeräten. In: Metall-Forschung, Vol.-70, p. 458-461. 2016.