eJournals Fachtagung für Prüfstandsbau und Prüfstandsbetrieb (TestRig) 2/1

Fachtagung für Prüfstandsbau und Prüfstandsbetrieb (TestRig)
fpp
expert Verlag Tübingen
0923
2024
21

Entwicklung eines Prüfstandes zur Untersuchung des Reaktionsmechanismus von Flüssigsauerstoff mit carbonfaserverstärkten Kunststoffproben

0923
2024
Philipp Marin
Tobias Dickhut
Bei der Neuentwicklung eines Prüfstands zur Untersuchung der äußeren Einflüsse auf den Reaktionsmechanismus von carbonfaserverstärkten Kunststoffen (CFK) in flüssigem Sauerstoff wurde das Ziel verfolgt, vorherrschende Einflussparameter zu identifizieren und den Versuchsprozess vergleichbar und reproduzierbar zu gestalten. Durch bisher unbekannte Einflussparameter kann es zu teilweise stark abweichenden Ergebnissen innerhalb einer Prüfreihe kommen. Um konstante Prüfbedingungen, bezogen auf wirkende Umwelteinflüsse, zu schaffen, wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen. Dazu zählt die Integration des Prüfstandes in einen Reinraum, sowie die Verwendung einer Konstantklimakammer zur Auslagerung der Versuchskörper. Des Weiteren wurde bei der Konzeptionierung des Prüfstandes ein modularer Ansatz verfolgt, um durch Veränderung der Fallhöhe, des Fallgewichts sowie der Prüfkammer, verschiedene Parameter auf ihre Einflüsse hin zu untersuchen. In den Prüfstand integrierte Messtechnik ermöglicht eine erweiterte Darstellung des Reaktionsprozesses.
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2. Fachtagung TestRig - September 2024 87 Entwicklung eines Prüfstandes zur Untersuchung des Reaktionsmechanismus von Flüssigsauerstoff mit carbonfaserverstärkten Kunststoffproben Analyse der Auswirkungen von variablen Testbedingungen auf die Zuverlässigkeit und Genauigkeit des Testverfahrens Philipp Marin, M. Sc. Universität der Bundeswehr München, Institut für Aeronautical Engineering, Taufkirchen Prof. Dr.-Ing. Tobias Dickhut Universität der Bundeswehr München, Institut für Aeronautical Engineering, Taufkirchen Zusammenfassung Bei der Neuentwicklung eines Prüfstands zur Untersuchung der äußeren Einflüsse auf den Reaktionsmechanismus von carbonfaserverstärkten Kunststoffen (CFK) in flüssigem Sauerstoff wurde das Ziel verfolgt, vorherrschende Einflussparameter zu identifizieren und den Versuchsprozess vergleichbar und reproduzierbar zu gestalten. Durch bisher unbekannte Einflussparameter kann es zu teilweise stark abweichenden Ergebnissen innerhalb einer Prüfreihe kommen. Um konstante Prüf bedingungen, bezogen auf wirkende Umwelteinflüsse, zu schaffen, wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen. Dazu zählt die Integration des Prüfstandes in einen Reinraum, sowie die Verwendung einer Konstantklimakammer zur Auslagerung der Versuchskörper. Des Weiteren wurde bei der Konzeptionierung des Prüfstandes ein modularer Ansatz verfolgt, um durch Veränderung der Fallhöhe, des Fallgewichts sowie der Prüfkammer, verschiedene Parameter auf ihre Einflüsse hin zu untersuchen. In den Prüfstand integrierte Messtechnik ermöglicht eine erweiterte Darstellung des Reaktionsprozesses. 1. Einführung Die Mehrheit der sich heute im Einsatz befindlichen Trägerraketen sowie die zukünftig geplanten wiederverwendbaren Trägerraketen sind für den Einsatz von Flüssigtreibstoffen ausgelegt. Dabei wird als Oxidationsmittel Flüssigsauerstoff (LOX) verwendet. Durch den Einsatz von carbonfaserverstärkten Kunststoffen als Tankmaterial, könnten 20 bis 40 % Gewichtseinsparung im Vergleich zu metallischen Tankstrukturen erzielt werden [1]. Allerdings ist die Kompatibilität der eingesetzten Tankmaterialien mit dem verwendeten Oxidationsmittel „flüssig Sauerstoff“ zu berücksichtigen. Die Kompatibilität des carbonfaserverstärkten Kunststoffes mit dem flüssigen Sauerstoff ist danach definiert, dass bei einem zu erwartenden Druck und einer zu erwartenden Temperatur, das Material keine Reaktion mit dem flüssigen Sauerstoff als auch mit einer potenziellen Zündquelle eingeht [2]. Eine Zündung erfolgt, wenn eine ausreichende Energiemenge an einer Stelle der Oberfläche des Bauteils, die mit dem LOX in Berührung kommt, injiziert wird. Zur Bestimmung der Materialkompatibilität mit flüssig Sauerstoff ist die Anwendung verschiedener Normen möglich. Darunter zählen die ASTM Norm G86 [3] sowie die ISO 21010 [4]. In diesen Normen wird die Übertragung einer kinetischen Energie auf eine Materialprobe in Kontakt mit flüssig Sauerstoff untersucht. Eine Inkompatibilität führt zu einer Reaktion des Materials mit dem flüssigen Sauerstoff, wie sie in Abbildung 1 dargestellt ist. Abb. 1: Beispielhafte Reaktion einer CFK-Probe in flüssig Sauerstoff, bei der ein Schlagimpuls in Höhe von 97 J über einen Schlagbolzen in die Probe übertragen wird und mithilfe einer Slow-Motion Kamera bei 240 FPS aufgezeichnet wurde Ein Vergleich der LOX-Untersuchungen nach den beiden Normen zeigt, dass die Ergebnisse über die Kompatibilität der Proben stark abweichen. Der Grund hierfür ist nicht vollständig erforscht. Bislang wurden nur einige wenige Modelle oder Erklärungsversuche für die Mechanik des Bruchs und die schnellen Energieumwandlungsraten veröffentlicht. Zwar ist der Oxidations-Zündmechanismus an sich bereits gründlich erklärt [2], allerdings liefern diese Arbeiten keine eindeutige Erklärung wie es zu den zufällig auftretenden Reaktionen und den unterschiedlichen Ergebnissen der Versuche kommt. Dieses Verständnis ist zwingend erforderlich, um die bisher weitestgehend inkonsistenten und nicht reproduzierbaren Dieser Beitrag wurde durch den Programmauschuss peer reviewed 88 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Entwicklung eines Prüfstandes zur Untersuchung des Reaktionsmechanismus von Flüssigsauerstoff mit carbonfaserverstärkten Kunststoffproben Versuche anzupassen. Der Forschungsbedarf liegt somit in der Aufklärung des Mechanismus, nach dem die Probe unter flüssigem Sauerstoff reagiert und der Bestimmung der wirkenden Einflussparameter. Hiervon ausgehend ist ein modularer Prüfstand [Abbildung 2] konzeptioniert worden, welcher einen reproduzierbaren und vergleichbaren Prüfablauf sicherstellt. Durch integrierte Messtechnik lässt sich der Reaktionsmechanismus aufzuzeichnen und ermöglicht die Wirkung der Einflussparameter zu erfassen. Abb. 2: Konzept des Teststandes welcher in Verbindung zu der in der Prüfnorm ASTM G86 [3] vorgeschriebenen Prüfstand weiterentwickelt wurde. Dieser dient zur Bestimmung der Materialkompatibilität carbonfaserverstärkter Kunststoffproben in flüssig Sauerstoff Der Prüfstand besteht aus dem Grundgerüst, welcher durch PET-G Elementen eingehaust ist. Die Falleinheit besteht aus austauschbaren Gewichtselementen, dem Schlagkopf und dem Beschleunigungssensor. Die Prüf kammer beinhaltet den Schlagbolzen, Probenhalterung, den Amboss und die Grundplatte. Mithilfe der Steuereinheit können die pneumatischen Komponenten sowie die Reloadeinheit, bestehend aus Elektromagnet, Wägezelle und Linearantriebseinheit, gesteuert werden. 2. Stand der Technik Für die Entwicklung des Prüfstandes wurden die Normen als Grundlage für die Auslegung und Auf bau des Teststandes herangezogen. Durch Hinzunahme der bereits bekannten Reaktionsmechanismen und der vorherrschenden Problemstellungen konnte der Prüfstand darauf hin erweitert werden. 2.1 Normen als Grundlage für den Aufbau des Prüfstandes Die ASTM G86 Norm [3] beschreibt das Prüfverfahren zur Bestimmung der Kompatibilität von Materialien unter Kontakt mit flüssigem Sauerstoff. Die darin beschriebene Grundkonfiguration des Fallturms besteht ausfolgenden Bestandteilen: • Elektromagneten • Mechanismus zum Halten und Freigeben des Schlaggewichts • Führungsprofile • Schlaggewicht • Grundplatte aus Beton/ Metall • Ambossplatte • Probenbecherhalter/ Probenbecher • Schlagbolzen Das allgemeine Prüfverfahren besteht darin, ein Fallgewicht aus einer definierten Höhe auf einen Schlagbolzen fallen zu lassen, welcher auf der Materialprobe aufliegt. Der Prüfkörper befindet sich dabei in einem mit flüssig Sauerstoff gefüllten Probenbecher. Eine Inkompatibilität des Materials mit dem flüssigen Sauerstoff wird durch folgende Reaktionen festgestellt [3]: 1. Hörbare Explosion 2. Blitz (elektronisch oder visuell erkannt) 3. Anzeichen einer Verbrennung wie beispielsweise eine offensichtliche Verkohlung 4. Starke Verfärbung aufgrund einer Entzündung 5. Messbare Temperatur- oder Druckanstiege bei den Prüfungen Die Prüfung ist erfolgreich abgeschlossen, wenn keine der genannten Reaktionen in 20 Versuchen oder nicht mehr als eine Reaktion in 60 Versuchen auftreten. Die ASTM-Norm G86 [3] legt fest, dass die Prüfeinrichtung so sauber und rein wie möglich sein muss. Die Norm besagt, dass Änderungen oder Abweichungen in Bezug auf die Vorbereitung oder Sauberkeit zu signifikanten Veränderungen der Aufprallempfindlichkeit oder Reaktionsschwelle führen können. Um eine klare Reproduzierbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, müssen die Einflussparameter, die zu einer Veränderung der Reaktionsschwelle führen, identifiziert und definiert werden. Besonderes Augenmerk sind dabei auf die Vorbereitungsprozesse der Proben und die Reinheit der Prüfkammer zu legen. Neben der bereits genannten Norm können die Materialkompatibilitäten ebenfalls nach der Norm ISO 21010 [4] geprüft werden. Die Norm beschreibt die Ursache der Reaktion darin, dass die hinzugefügte Schlagenergie in Wärme umgewandelt wird, was zu einer Reaktion des Materials in flüssig Sauerstoff führt. Zur Beschreibung des Reaktionsprozessen müssen die folgenden Kriterien betrachtet werden: • Mindestzündtemperatur des Materials • Energiequelle, die ein Temperaturanstieg des Materials bewirkt Um den Reaktionsprozess richtig zu beschreiben, müssen in diesem Kontext die Einflussgrößen berücksichtigt werden. Dazu zählen die Betriebsbedingungen wie Druck, Temperatur, Sauerstoffkonzentration und Oberflächen-beschaffenheit des zu betrachtenden Materials. 2. Fachtagung TestRig - September 2024 89 Entwicklung eines Prüfstandes zur Untersuchung des Reaktionsmechanismus von Flüssigsauerstoff mit carbonfaserverstärkten Kunststoffproben Im Unterschied zu der ASTM Norm G86 [3], bei der die Aufprallenergie allgemein mit einer Höhe von 97 J definiert ist, wird für die Annahmebedingung in der Norm ISO 21010 eine Aufprallenergie pro Flächeneinheit herangezogen. Die Annahmebedingung eines Materials für die Sauerstoffkompatibilität liegt in diesem Fall bei 79 J/ cm². Dabei darf keine Reaktion des zu prüfenden Materials in 20 Versuchen auftreten. 2.2 Stand der Wissenschaft Aus der Literatur bekannte Arbeiten zu dem Thema der LOX-Kompatibilität beschäftigten sich hauptsächlich mit der Untersuchung des Reaktionsmechanismus sowie der Suche nach geeigneten kompatiblen Materialien. In der Arbeit von Hongyu et. al [5] erklären die Autoren den Reaktionsmechanismus so, dass die carbonfaserverstärkten Kunststoffe mit dem flüssigen Sauerstoff durch die sogenannte Hot Spot Theorie reagieren. Das sind Bereiche, auf die ein hohes Maß an Energie durch Reibung oder Schlagbelastung übertragen wird. Die aufgrund der Zersetzung der Polymerketten freiwerdenden Wasserstoff- und Hydroxidionen, reagieren mit dem flüssigen Sauerstoff und führen zu einer Verbrennung bzw. Explosion. Ebenso wie Hongyu et. al. [5], gehen auch Li et. al. [1] in ihrer Arbeit von der Hot Spot Theorie aus, in der es zu einem lokalen Anstieg der Temperatur kommt, welcher zu einer Reaktion führt. Lokale Hot Spots entstehen laut Li [1] durch Faserstäube, die nach dem Aufprall des Schlaggewichts entstehen, sowie in Bereichen, in denen es aufgrund der kryogenen Bedingungen zu Mikrorissen und Delaminationen gekommen ist. Duo et. al. [6] beschreibt wie die Energieübertragung des Schlagbolzens in die Probe abläuft. Laut den Untersuchungen wird ein Teil der mechanischen Aufprallenergie in Wärmeenergie umgewandelt. Dabei kann punktuell die Temperatur um mehrere hundert Grad ansteigen. Es hat sich gezeigt, dass die Qualität der Kontaktfläche zwischen Schlagbolzen und Probe sowie deren Position, Einfluss auf die Messergebnisse ausübt. In der Arbeit von Bechel et al. [7] wurden die Testparameter der LOX-Prüfung untersucht, mit dem Ziel den Zündmechanismus zu verstehen. Weiterhin wurden die Auswirkungen des Laminatauf baus auf den Zündmechanismus näher erforscht. Dabei wurden die Einflüsse transversaler Risse im Laminat untersucht. Hier wurde allerdings kein signifikanter Einfluss auf den Reaktionsprozess festgestellt. Weitere Untersuchungen bezogen sich auf die Probengröße im Verhältnis zum Schlagbolzen. Da Schlagbolzen- (12,7 mm) und Probendurchmesser (15,9 mm) ähnliche Maße besitzen, lag die Annahme nahe, dass der Aufschlag des Bolzen dazu führt, dass die Probe am äußeren Rand bricht und diese Bruchstücke einen Einfluss auf die Ergebnisse nimmt. Dies konnte in den durchgeführten Untersuchungen nicht bestätigt werden. Gerzeski [2] beschreibt in seiner Arbeit die Ursache, weshalb nach seiner Ansicht Polymere Werkstoffe die LOX- Prüfung nicht bestehen und bei Aufschlag eines Schlaggewichts unter kryogenen Bedingungen im flüssigen Sauerstoff reagieren. Ursache hierfür ist eine sehr geringe thermische Leitfähigkeit der Polymere, wodurch die eingebrachte Energie in die Probe nicht von der Aufschlagstelle abtransportiert werden kann und als Folge zu einem signifikanten Anstieg der Temperatur führt. Die durchgeführten Versuche haben gezeigt, dass durch Verwendung einer sehr gut leitfähigen Faser die LOX-Kompatibilität verbessert wurde. Die Ergebnisse aus der Literatur haben gemeinsam, dass sie den Mechanismus beschreiben, wie eine Probe bei externer Energiezufuhr, unter flüssigen Sauerstoff reagiert. Einige Fragen bleiben allerdings ungeklärt. So beispielsweise der Einfluss der äußeren Bedingungen auf die Prüfergebnisse. Nicht näher untersucht wurde die Fragestellung, weshalb manche Prüfungen inkonsistente Ergebnisse geliefert haben, wie sie beispielsweise bei Bechel et al. [7] aufgetreten sind. Hier wurde der Einfluss der Probengröße und der Abkühlrate der Proben untersucht. Es kam innerhalb der Prüfreihe zu inkonsistenten Tendenzen in Bezug auf Blitz und Rußbildung. Dies führte dazu, dass trotz der Veränderung der Probengröße und der Abkühlrate keine Schlussfolgerung über dessen Einfluss bestimmt werden konnte. Ähnliche Beobachtungen konnten bei der Durchführung von Kompatibilitätsuntersuchungen an dem Prüfstand der Universität der Bundeswehr München gemacht werden. Während der Versuche innerhalb einer Prüfreihe kam es zu inkonsistenten Ergebnisse. Es kam vor, dass mehrere Proben desselben Materials innerhalb einer Prüfreihe reagierten, während in anderen Fällen keine Reaktion auftrat. Die Ursachen für diese Unbeständigkeit sind derzeit nicht bekannt. Es bedarf weiterer Untersuchungen, um die Faktoren zu identifizieren, die zu den unterschiedlichen Ergebnissen führen. Möglicherweise sind äußere Einflüsse dafür verantwortlich. Um dies zu klären, müssen erweiterte Prüfbedingungen geschaffen werden. 3. Prüfstandsaufbau In seiner Grundform besteht der Prüfstand aus einem Rahmen mit zwei Führungsprofilen, zwischen welches das Schlaggewicht reibungsfrei auf den Schlagbolzen fällt. 90 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Entwicklung eines Prüfstandes zur Untersuchung des Reaktionsmechanismus von Flüssigsauerstoff mit carbonfaserverstärkten Kunststoffproben Abb. 3: Teststand bestehend aus zwei Führungsprofilen zwischen denen die Falleinheit möglichst reibungsfrei auf die Prüfkammer fällt. Reload Einheit ermöglicht die Positionierung der Falleinheit in die Ausgangslage zu Beginn des Versuchs. Die modular aufgebaute Falleinheit hat in ihrer Grundkonfiguration ein Gewicht von 9,1 kg und fällt auf den in der Prüfkammer positionierten Schlagbolzen, der die Energie auf die Probe überträgt Das Schlaggewicht wird über die Steuerung eines Elektromagneten gelöst. Der Elektromagnet ist mit einer verfahrbaren Traverse (Reload-Einheit) verbunden, durch die das Schlaggewicht nach vollendetem Versuch wieder in die Ausgangsposition, im Weiteren „Home-Position“ genannt, befördert wird. Abb. 4: Expositionszeichnung der Reload-Einheit bestehend aus dem Elektromagneten, der S-Förmigen Wägezelle sowie der Anschlussverbindung an den pneumatisch betriebenen Linearantrieb. Die Funktion der Reload-Einheit besteht darin, die Falleinheit in die Ausgangsposition zu befördern und den Versuch über die Steuerung des Elektromagneten zu beginnen Dieser Vorgang wird als „Reload“ bezeichnet. In der Home-Position ist das Schlaggewicht durch pneumatische Riegel gesichert, um ein gefahrloses Austauschen der Probe in der Prüfkammer zu gewährleisten. Neben dem Elektromagneten ist in der Reload-Einheit eine Wägezelle integriert, die das Gesamtgewicht der Falleinheit ermittelt, um die eingetragene Energie in Verbindung mit der Höhe bestimmen zu können. Ein am Grundgerüst befestigter Distanzsensor gibt die Position des Schlaggewichts an und ermöglicht es die Höhe des Rückstoßes der Falleinheit, im Weiteren Rebound genannt, nach erfolgreichem Auftreffen auf den Schlagbolzen zu messen. Dadurch lässt sich die Rückschlag bzw. Restenergie ermitteln. Ziel ist es eine Aussage über die dissipierte Energie zu treffen und in Kombination mit, den über die Zeitmessung, ermittelten Reibungsverlusten und der beim Aufschlag aufgezeichneten Bremsbeschleunigung eine Reaktion der Probe abzuleiten. Zur Messung der Bremsbeschleunigung beim Aufschlag der Falleinheit auf den Schlagbolzen bzw. während dem Rückschlag dieser, wurde ein Beschleunigungssensor in die Schlagspitze der Falleinheit integriert. Dieser ist in Abbildung 5 zu erkennen. Die Gesamtmasse des Schlaggewichts lässt sich durch austauschbare Gewichtselemente variieren. Dadurch ist eine Vielzahl an Versuchen mit jeweils unterschiedlichen Aufschlagenergien durchführbar. Der gesamte Auf bau der Falleinheit ist in Abbildung 5 dargestellt. Abb. 5: Expositionszeichnung der Falleinheit bestehend aus dem Impactor, den Traversen und dem gehärteten Schlagkopf, der mit einem Beschleunigungssensor zur Messung der Bremsbeschleunigung bei Aufschlag der Falleinheit auf den Schlagbolzen, versehen ist Der Schlagkopf der Falleinheit wurde aus einem ledeburitischen Kaltarbeitsstahl mit hoher Verschleißfestigkeit nach Norm gefertigt und anschließend gehärtet. Der Impactor besteht aus einem Edelstahl, wie auch das Konterstück, welches die obere Traverse fixiert. Die Traversen sind aus einem hochfesten Aluminiumwerkstoff gefertigt. Um ein wiederholtes Auftreffen des Schlaggewichts auf den Schlagbolzen zu verhindern, ist ein Auffangmechanismus konstruiert worden. Pneumatisch ausfahrba- 2. Fachtagung TestRig - September 2024 91 Entwicklung eines Prüfstandes zur Untersuchung des Reaktionsmechanismus von Flüssigsauerstoff mit carbonfaserverstärkten Kunststoffproben re Stifte fixieren die Falleinheit nach Aufprall auf den Schlagbolzen in einer Höhe von ca. 20 mm über dem Schlagbolzen. Abb. 6: Auf bau des Prüfstands mit pneumatischer Komponente zur Sicherung der Falleinheit in der Home- Position, als auch nach dem Aufprall auf den Schlagbolzen. Die Homezylinder sichern die Falleinheit vor ungewollten Herabfallen auf die Prüfkammer und sind im passivierten Zustand des Prüfstandes ausgefahren Die Prüfkammer besteht aus der am Betonboden fixierten Grundplatte, dem darüberliegenden Amboss und einer darauf befestigten Probenhalterung [Abbildung 7]. Durch diese Konfiguration kann der Amboss, auf dem der Probenbecher aufliegt, je nach Prüfszenario ausgetauscht werden. Abb. 7: Zusammenstellung der Prüfkammer, bestehend aus der am Boden fixierten Grundplatte, dem modular austauschbaren Amboss, gefertigt aus einem gehärteten Werkzeugstahl, einem Probenbecherhalter sowie dem Probenbecher und dem Probenkörper, der zwischen dem Probenbecher und dem Schlagbolzen liegt. Der Bolzenhalter fixiert den Schlagbolzen auf der Probe und verhindert ein Umkippen Durch diesen Auf bau der Prüfkammer können die Untersuchungen entsprechend der ASTM Norm G86 [3] als auch davon abweichend durchgeführt werden. Eine auf die Prüfkammer gerichtete Kamera zeichnet die Reaktion bei Aufprall des Schlaggewichts auf die Probe auf und ermöglicht eine Aussage darüber, ob eine Reaktion in Form eines aufgetretenen Blitzes bzw. Explosion stattgefunden hat. Die gesamte Steuerung des Prüfstandes wird durch eine SPS-Programmierung realisiert. Dadurch können die pneumatischen Antriebssysteme und Stopperzylinder gesteuert, als auch die Daten der Messtechnik gespeichert und ausgegeben werden. Abb. 8: Steuerungseinheit des Prüfstandes setzt sich zusammen aus dem Schaltkasten mit inkludierter Benutzerschnittstelle und der Druckluftversorgung Für eine einheitliche und reproduzierbare Durchführung der Kompatibilitätsversuche, bezogen auf vorliegende Umwelteinflüsse, wurde ein Reinraumzelt um den Prüfstand realisiert. 92 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Entwicklung eines Prüfstandes zur Untersuchung des Reaktionsmechanismus von Flüssigsauerstoff mit carbonfaserverstärkten Kunststoffproben Abb. 9: Reinraumzelt mit Lamellenvorhang und einer Reinheitsklasse nach ISO 8, die den Prüfstand und den umliegenden Arbeitsplatz umfasst Durch die Filteranlagen des Reinraumzeltes wird eine konstante Luftqualität mit einem Wert von ISO 8 nach ISO 14644 erreicht. Durch die Schwebstofffilter der Klasse H14 können Partikel > 0,3 μm zu 99,9995% abgefiltert werden. Des Weiteren lassen Sich die Proben vor der Versuchsdurchführung bei gleichbleibenden Bedingungen, in einer Konstantklimakammer, auslagern. Dadurch können die Proben bei gleichbleibenden klimatischen Bedingungen, welche sich aus Temperatur und Luftfeuchtigkeit zusammensetzen, einheitlich dem Prüfverfahren zugeführt werden. Zusammenfassend wurden folgenden Punkte ausgeführt, um den Prüfstand aus der Norm ASTM G86 [3] zu erweitern und darüber hinaus weiterer wissenschaftliche Erkenntnisse zu erhalten: • Modulare Ausführung der Falleinheit mit integrierter Messtechnik sowie einer anpassbaren Prüfkammer • Veränderbares Fallgewicht durch austauschbare Gewichtsplatten • Einbau eines Löse- und Auffangmechanismus zur präziseren Steuerung des Schlaggewichts • Höhenverstellbare Ausgangsposition für den Fallschlitten • Erhöhen der Prüfeffektivität durch verfahrbares Schlaggewicht • Verglaste Einhausung des Prüfstands zum Schutz des Bedieners • Schaffung von Reinraumbedingungen um den Prüfstand • Schaffung von einheitlichen und reproduzierbaren Prüfabläufen, durch neuentwickelte Reinigungs- und Auslagerungsprozesse • Integration eines 50.000-g Schock-Beschleunigungssensors zur Aufzeichnung der Bremsbeschleunigung bei Aufprall auf den Schlagbolzen • Aufzeichnung der Fallgeschwindigkeit zur Überwachung der Reibungsverluste und zur Bestimmung der Fallenergie • Aufzeichnung der Rückschlaghöhe des Fallschlitten nach Aufprall auf den Schlagbolzen • Visuelle Auswertung des Versuchs durch eine in den Prüfstand integrierte Kamera 4. Modularer Ansatz des Prüfstandes zur Untersuchung verschiedener Einflussparameter auf die Reaktivität Der modulare Ansatz des Prüfstandes sieht vor, einzelne Prüfparameter für die durchzuführenden Kompatibilitätsmessungen verändern zu können. Dazu zählen: • Schlagbolzen Konfiguration • Art der Probeneinspannungen in der Prüfkammer • Variation der Art und Höhe der Aufprallenergie • Veränderung des Prüfablaufes • Reinigungs- und Vorbereitungsprozesse •Wie aus der Literatur bekannt, können die Oberflächenbeschaffenheiten des Schlagbolzens, als auch die der Probe und des Probenbechers Einfluss auf das Prüfergebnis zur Kompatibilitätsbestimmung nehmen. Um einen wirkenden Einfluss bestimmen zu können, ist es möglich, bei sonst gleichbleibenden Bedingungen, die Schlagbolzen zu ersetzen. Abbildung 10 zeigt drei beispielhafte Konfigurationen, mit denen am Prüfstand Versuche durchgeführt werden können. Abb. 10: Drei Schlagbolzen Konfigurationen anhand derer der Einfluss der Oberfläche auf das Testverfahren untersucht werden kann a) Standardausführung nach Norm ASTM G86 [3]. b) Schlagbolzen mit gerändelter Oberfläche. c) Schlagbolzen mit abgerundeter Oberfläche ohne Rand 2. Fachtagung TestRig - September 2024 93 Entwicklung eines Prüfstandes zur Untersuchung des Reaktionsmechanismus von Flüssigsauerstoff mit carbonfaserverstärkten Kunststoffproben Neben der Auswahl unterschiedlichen Schlagbolzen, kann durch den modular aufgebauten Prüfstand das Testverfahren dadurch erweitert werden, dass direkt mit der Falleinheit die zu untersuchende Probe beschlagen wird. Dadurch ergibt sich eine gänzlich unterschiedliche Aufpralldynamik. Hierfür wird der Schlagkopf, wie er in Abbildung 5 dargestellt ist, durch einen geeigneten Aufsatz ersetzt. Ebenso wird der Probenbecherhalten entfernt und die Probe in einem verformbaren Aluminiumbecher auf den Amboss gelegt. Des Weiteren können aufgrund der modular aufgebauten Prüfkammer [Abbildung 7] weitere Testszenarien geprüft werden. So lassen sich durch Wechsel des Ambosses, neue Prüf bedingungen schaffen. Ein Beispiel für eine Erweiterung des Prüfverfahrens liegt darin, die Einspannung der Probe während dem Versuch zu verändern. Laut Norm ASTM G86 [3] befindet sich die Probe in direktem Kontakt mit dem Probenbecher und dem Schlagbolzen. Um das Verständnis des Prüfablaufes zu erweitern, kann beispielsweise der in Abbildung 11 dargestellte Amboss eingesetzt werden. Abb. 11: Beispielhafte Variante einer Prüfkammer mit welcher der Einfluss der Probeneinspannung auf den Reaktionsprozess untersucht werden soll. Sie eignet sich für eine rechteckige Probe, welche in die Probenfassung des Ambosses eingelegt wird. Eine Aussparung im Amboss ermöglicht es eine einseitig freiliegende Probe zu testen, um eine realitätsnahen Versuch durchzuführen Im Vergleich zu der Probeneinspannung aus Abbildung 7, bei der die Probe in einem Probenbecher auf dem Amboss aufliegt und durch den Schlagbolzen fixiert wird, befindet sich die Probe für die in Abbildung 11 dargestellte Variante in direktem Kontakt mit dem Amboss. Die hierfür in rechteckiger Form zu fertigende Probe, wird in die Probenfassung des Ambosses eingelegt und durch den Probenbecherhalten [Abbildung 7] fixiert. Durch die Aussparung ergibt sich, im Vergleich zu der Grundvariante des Ambosses, die Möglichkeit die Kompatibilitätsuntersuchung bei einseitig freiliegender Probe durchzuführen. In die konische Öffnung des Probenbecherhalters wird der Schlagbolzen auf die Probe gelegt und die Kammer mit flüssig Sauerstoff gefüllt. Demzufolge kann untersucht werden, wie sich der Aufschlag bei einseitig freiliegender Probe auf die Versuchsergebnisse auswirkt. Ziel ist die Durchführung von Kompatibilitätsuntersuchungen, die bezogen auf die Belastungsart der Probe, den realen Impacts eines kryogenen Oberstufentanks realitätsnah wiedergeben. Eine weitere variable Testbedingung ist die Art und Höhe der übertragenen Aufprallenergie auf die Probe. Die Fallhöhe des Schlaggewichts kann stufenlos in einem Bereich zwischen 0,02 m bis 2,7 m über dem Schlagbolzen eingestellt werden. Außerdem kann durch Austausch des Impactors sowie Hinzunahme von Gewichtselementen das Fallgewicht variiert werden. Durch Kombination der beiden genannten Parameter, kann sowohl die Fallenergie respektive die kinetische Energie verändert und deren Einfluss auf den Reaktionsprozess untersucht werden. Wie aus der Literatur bereits bekannt, kann der mehrmalige Aufprall der Falleinheit auf den Schlagbolzen eine zusätzliche Reaktion verursachen. Dadurch verändert sich auch das Schadensbild der Probe, wodurch eine nachträgliche Schadensaufnahme der Probe erschwert wird. In den Prüfstand integrierte Stopperzylinder verhindern ein erneutes Auftreffen des Schlaggewichts auf die Probe und ermöglichen so eine unverfälschte Schadensaufnahme nach dem Versuch. Durch die Integration des Prüfstandes in einen Reinraum, sowie der Verwendung einer Konstantklimakammer zur Auslagerung der Proben vor der jeweiligen Testkampagne, können die wirkenden äußeren Umwelteinflüsse auf den Versuch minimiert werden. Hierzu machen die Normen keine Angaben und man ist in der Probenvorbehandlung nach Norm relativ frei. Die Bedingungen, unter welchen die Proben in der Konstantklimakammer nun ausgelagert werden, lassen sich variieren. Durch Kombination der Reinigungsprozesse und der Lagerungsbedingungen können die wirkenden Einflüsse nun mithilfe des Prüfstandes wissenschaftlich untersucht werden. Dadurch lässt sich eine Aussage generieren, wie sich die Reinigungs- und Auslagerungsprozesse auf die Ergebnisse der Kompatibilitätsmessungen auswirken. 5. Messtechnik zur Aufzeichnung der Reaktion Für die Aufzeichnung sowie Regelung des Versuches wurde eine speicherprogrammierbare Steuerung in den Prüfstand integriert. Diese ist über eine am Prüfstand befestigte Schnittstelle bedienbar [Abbildung 8]. Eine Zweihandschalterkombination löst den Start des Versuchs aus. Die Automatisierung wird durch eine S7-1200 CPU der Marke Siemens AG, München, Deutschland ermöglicht. Diese wird über eine Stromversorgung SITOP power 5 A mit 24 DC, der Marke Siemens AG, München, Deutschland versorgt. Neben der Zentralbaugruppen der Steuerung sind Relaisbausteine in dem Schaltschrank implementiert. Durch die Ausgangssignale der CPU können diese geschalten werden und ermöglichen es so Automatisierungsaufgaben durchzuführen. Der eingebaute Wägetransmitter ermöglicht die Auswertung der Gewichtsmessungen, über die in der Reload-Einheit integrierten S-Wägezelle S20S der Firma Bosche GmbH & Co. KG, Damme, Deutschland. 94 2. Fachtagung TestRig - September 2024 Entwicklung eines Prüfstandes zur Untersuchung des Reaktionsmechanismus von Flüssigsauerstoff mit carbonfaserverstärkten Kunststoffproben Über das HMI kann nach erfolgreich durchgeführtem Versuch, die Messwerte abgelesen und die Falleinheit in ihre Homeposition zurückbefördert werden. Die genauen Steuerungsmöglichkeiten über das HMI sind in Abbildung 12 dargestellt. Abb. 12 Interface der Steuerungseinheit, die sich in die Bedienelemente für die Tür- und Programmsteuerung sowie die Darstellung der Messwerte unterteilt Über die Bedienelemente „Start Test“, „Reload“ und „Stop“ des HMI kann der Prüfprozess gesteuert werden. Der aktuelle Programmstatus kann im Hauptmenü des HMI abgelesen werden. Über das HMI lassen sich die Messwerte für das geladene Gewicht, die Fallhöhe respektive die Rückschlaghöhe sowie die Fallzeit ablesen. Mit diesen Informationen können die Reibungsverluste des Fallschlittens bestimmt werden. Eine Abweichung von maximal +-3% der theoretisch berechneten Fallzeit sind laut Norm ASTM G86 [3] zulässig. Ebenfalls in die Steuerung integriert ist die Bestimmung der Fallhöhe. Durch einen Distanzsensor, welcher am Grundgerüst befestigt ist, kann die Position der Falleinheit ermittelt werden. Dadurch lassen sich die Starthöhe sowie die Rückschlaghöhe des Fallschlitten bestimmen. Ein Vergleich der Rückschlaghöhe zwischen den einzelnen Versuchsdurchläufen könnte einen Indikator liefern, welcher eine Aussage darüber zulässt, ob eine Reaktion stattgefunden hat, oder sich die Versuchsparameter geändert haben. Für die Aufzeichnung der Daten des Beschleunigungsvorgangs vom Aufprall der Falleinheit auf den Schlagbolzen sowie den darauffolgenden Rückstoß, wurde ein Beschleunigungssensor gewählt, der für die auftretenden Bremsbeschleunigungen geeignet ist. Dabei gilt es, ein maximal nutzbares Frequenzband zur Durchführung einer Schwingungsmessung zu erhalten. Für die Messung der Bremsbeschleunigung bei Aufschlag ist vor allem der „Bremsweg“ entscheidend, da dieser Maßgeblich für die auftretenden Kräfte ist. Der Bremsweg ist unter anderem von der verwendeten Probe sowie der ablaufenden Reaktion bei Aufprall der Falleinheit abhängig. Für den hier zu erwartenden Anwendungsfall wurde ein Sensor des Typs 8743A50 der Firma Kistler Instrumente AG, Winterthur, Schweiz gewählt. Diese Baureihe eignet sich aufgrund der kleinen Bauform, der hohen Beschleunigungswerte und der Möglichkeit zur Schraubenmontage für den hier gewählten Einsatz. Ziel ist die Bestimmung der Rückstoßenergie mithilfe der aufgezeichneten Daten, um so eine Aussage über den Reaktionsprozess zu erlangen. Für die Messung der sehr schnell ablaufenden Ereignisse, ist ein leistungsfähiges Messdatenerfassungssystem welches transienten Signale verarbeiten kann notwendig. Außerdem muss die Versorgung der IEPE-Sensoren mit dem notwendigen Betriebsstrom gewährleistet sein. Im Rahmen des Prüfstandauf baus wurde ein mobiles Datenmesserfassungssystem des Typs XHS der Firma DEWE- Soft Deutschland GmbH, Unterensingen, Deutschland eingesetzt. Hier können sowohl Abtastrate als auch Auflösung angepasst werden. 6. Ausblick Aufgrund des modularen Auf baus und der erweiterten Prüfperipherie, bestehend aus Reinraum und Konstantklimakammer, können bereits einige Prüfparameter variieret und deren Einfluss auf den Reaktionsprozess untersucht werden. Die Anzahl der veränderbaren Parameter gilt es in der Zukunft zu erweitern. So soll unter anderem der Einfluss der Faserstäube auf den Reaktionsmechanismus untersucht werden. Hierzu ist die Integration einer Absaugung in den Prüfstand geplant. Dadurch kann zusätzlich der Bediener vor Faserstäuben und entstehenden Nebenprodukte des Verbrennungsvorganges der Probe geschützt werden. Des Weiteren sollen in Zukunft die Einflüsse des zeitlichen Ablaufes zwischen dem Einlegen der Probe und dem Start des Versuches näher betrachtet werden. In diesem Zuge soll geprüft werden, inwiefern sich das vorgeschaltete Abkühlen der ganzen Prüfkammer auf den Reaktionsprozess auswirkt. Bisher werden lediglich der Schlagbolzen und die Probe vor einer Prüfreihe auf - 183 Grad Celsius heruntergekühlt. Neben der Erweiterung der Prüfparameter soll ein Verfahren entwickelt werden, welches die Erkennung einer Reaktion der Probe im flüssigen Sauerstoff automatisiert ermöglicht. Dazu sollen die Informationen aus dem Beschleunigungssensor, dem Distanzsensor und der Highspeed-Kamera zusammengeführt und für die Reaktionsbestimmung genutzt werden. 7. Resumee Der Einsatz von carbonfaserverstärkten Kunststoffen für zukünftige Tanksysteme, bei denen flüssiger Sauerstoff als Oxidationsmittel gespeichert werden soll, ist für den Einsatz in modernen Trägerraketen unabdingbar. Die korrekte Untersuchung bezüglich der Kompatibilitätseigenschaften des Materials spielt eine entscheidende Rolle bei der Materialauswahl und Qualifizierung. Durch den Auf bau des neuentwickelten modularen Prüfstands für die Kompatibilitätsprüfung von carbonfaserverstärkten Kunststoffen mit flüssigem Sauerstoff wird durch die Universität der Bundeswehr München ein wesentlicher Beitrag zur Aufrechterhaltung des Forschungsstandort Deutschland geleistet. 2. Fachtagung TestRig - September 2024 95 Entwicklung eines Prüfstandes zur Untersuchung des Reaktionsmechanismus von Flüssigsauerstoff mit carbonfaserverstärkten Kunststoffproben Durch Veränderung verschiedenster Parameter des Prüfstandes können die Einflussgrößen auf den Reaktionsprozess untersucht und ausgewertet werden. Ziel ist es ein Verständnis darüber zu erlangen, wie das Prüfverfahren konsistente und reproduzierbare Ergebnisse liefern kann. Durch Integration von Messtechnik lassen sich zudem umfassende Informationen generieren, die eine erweiterte Kenntnis über den Ablauf des Versuches ermöglichen. Wir danken dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Bonn für die Unterstützung bei dem Fördervorhaben MODULOX, Förderkennzeichen FKZ 50RL2299, welches durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz der Bundesrepublik Deutschland (BMWK), Berlin gefördert wurde. Dank der Unterstützung konnte der Prüfstand erfolgreich an der Universität der Bundeswehr München aufgebaut und die bisher durchgeführten Forschungsarbeiten durchgeführt werden. Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse wären ohne die finanzielle und institutionelle Unterstützung des DLR und des BMWK nicht möglich gewesen. Literatur [1] Li, S.; Cui, Y; Jinrui, Y.: Liquid oxygen compatibility of epoxy matrix and carbon fiber reinforced epoxy composite. Composites Part A, Elsevier 2022, S. 154 [2] Gerzeski, R.: Improving the D 2512 LOX compatibility of composites by using thermally conductive graphite fibers. Air Force Research Laboratory, 2005 [3] ASTM G86-98: Standard Test Method for Determining Ignition Sensitivity of Materials to Mechanical Impact in Ambient Liquid Oxygen and Pressurized Liquid and Gaseous Oxygen Environments. USA, ASTM International 2017 [4] ISO 21010: Cryogenic vessels — Gas/ material Compatibility. Switzerland: ISO Third edition 2017-12 [5] Hongyu, W.; Cong, P.; Shichao, L.: Improvement of the liquid oxygen compatibility of epoxy via the addition of surface-modified boehmite; Journal of applied polymer science 2018, APP.46918 [6] Duo, C.; Juanzi, L.; Yuhuan, Y.: A review of the polymer for cryogenic application: Methods, Mechanisms and Perspectives. Polymers, 13 2020, Seite 320 [7] Bechel, V.; Kim, R.Y.; Tudela, M.A.: LOX Impact compatibility testing considerations for polymer matrix composites. Schaumburg, IL, 49th AIAA/ ASME/ ASCE/ AHS/ ASC Structures, Structural Dynamics, and Materials Conference, 2008,