eJournals

Italienisch
0171-4996
2941-0800
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2013
3570 Fesenmeier Föcking Krefeld Ott
Inhalt Editorial: Gründungsväter (Michael Schwarze) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A colloquio con Enrico Testa A cura di Caroline Lüderssen, Christine Ott e Salvatore A Sanna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Beiträge zu Literatur, Linguistik und Landeskunde Frank-Rutger Hausmann, Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna . . . . . . . . . . 19 Dieter Steland, Zwanghaftes Zählen Zu einem Motiv in Moravias Kurzgeschichte Gli indizi und in Calvinos Roman Il cavaliere inesistente . . . . . 48 Antonio Catalfamo, Emilio Salgari e l’epopea dei popoli colonizzati: I «Pirati della Malesia» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Fondamenti di linguistica italiana Manuela Caterina Moroni, La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto . . . . 80 Biblioteca poetica Lorenzo de’ Medici: «Tanto crudel fu la prima feruta» (Eröffnungssonett des Canzoniere) (Bernhard Huss) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Sprachecke Italienisch Die unsäglichen spaghetti (alla) bolognese (Edgar Radtke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Zur Praxis des Italienischunterrichts Stephanie Nonn/ Ottavio Saviano, Mut zur Lyrik - Kompetenzorientierte Zugänge zur Lyrik im Italienischunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Buchbesprechungen Astrid Poier-Bernhard, Texte nach Bauplan Studien zur zeitgenössischen ludisch-methodischen Literatur in Frankreich und Italien (Gerhild Fuchs) . . . 117 Fabio Longoni, Campi e prospettive della Landeswissenschaft Il territorio, l’immagine e la sua rappresentazione (Michele Castellarin) . . . . 121 Kurzrezensionen Jochen Trebesch, Giuseppe Tomasi di Lampedusa Leben und Werk des letzten Gattopardo (Dorothea Zeisel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Franco Arminio, Terracarne . Viaggio nei paesi invisibili e nei paesi giganti del Sud Italia (Franco Sepe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 L’esperienza dell’arte . Un percorso estetico tra moderno e postmoderno A cura di Marco Gatto e Luca Viglialoro (Sven Thorsten Kilian) . . . . . . . . . . 134 Alessandra Riva, Traumboote nach Italien . Eine literatur- und kulturwissenschaftliche Untersuchung deutscher Italienschlager (Sieglinde Borvitz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Ursula Reutner, Sprache und Tabu (Bernd Spillner) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Italienische Themen an den Hochschulen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz im Wintersemester 2013 / 2014 (Caroline Lüderssen) . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2_IH_Italienisch_70.indd 1 04.11.13 12: 09 Vorschau auf Italienisch Nr. 71 - Mai 2014 Alfredo Stussi, Rapporti italo - tedeschi nella storia della linguistica italiana Gianluca Cinelli, L’argomentazione verosimile in Storia della colonna infame di Alessandro Manzoni 2_IH_Italienisch_70.indd 2 30.10.13 09: 25 1 Gründungsväter Diese Ausgabe von Italienisch enthält einen Aufsatz, der sich als «Plädoyer für die Beschäftigung mit der romanistischen Fachgeschichte» (S. 18) versteht und mit Ernst Robert Curtius einen der «Gründungsväter der deutschsprachigen romanistischen Literaturwissenschaft» (ibid.) zum Gegenstand hat. Verfasst ist der Artikel von Frank-Rutger Hausmann und damit von einem Literaturwissenschaftler, der seinerseits mit Fug und Recht als ein Gründungsvater tituliert werden kann: Als Begründer nämlich einer historiographisch zeitgemäßen Fachgeschichte der deutschen Romanistik. Seit nunmehr 20 Jahren spürt Hausmann einschlägige Quellen auf, wertet sie akribisch aus und überführt sie in präzise, hochinteressante historische Profile. Entstanden ist dabei eine beeindruckende Reihe von Pionierarbeiten, welche die Ecksteine einer umfassenden Reflexion auf Geschichte unseres Faches im 20. Jahrhundert bilden. Ein aus italianistischer Perspektive besonders wertvolles Ergebnis der Forschungen Hausmanns stellt seine 2012 erschienene Geschichte der Deutschen Dante-Gesellschaft im geteilten Deutschland dar. In ihr rekonstruiert er die materielle, organisatorische und politische Geschichte der Dante-Gesellschaft (DDG) zwischen 1949 und 1981. Das große Verdienst dieser Studie Hausmanns liegt zunächst darin, dass er Materialien, die bisher über private Nachlässe, staatliche und kommunale Archive sowie kirchliche Stellen weit verstreut waren, erstmals systematisch gesichtet hat und dem Publikum zugänglich macht. Auf dieser Basis und ausgehend von einem konzisen Überblick über die Zeit von der Entstehung der DDG (1865) bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelt Hausmann ein Stück Zeitgeschichte, das über das Detailinteresse hinaus sehr lesenswert ist: Dafür ist zum einen der kritische Blick des Verfassers verantwortlich, der seine Quellen nicht zuletzt im Hinblick auf strukturelle Spannungsfelder liest. So zeigen zum Beispiel Ausführungen zur Herausgeberschaft des Deutschen Dante-Jahrbuchs divergierende Orientierungen einer literarischen Gesellschaft auf, die sich aus traditionsbewussten Bildungsbürgern und forschungsorientierten Wissenschaftlern zusammensetzt. Geradezu spannend ist die Darstellung zum anderen, weil sie die Geschichte der drohenden Spaltung der DDG in eine westliche und eine östliche Gesellschaft dokumentiert. Die deutsch-deutsche Geschichte erscheint hier wie in einem Vexierglas, welches es dem Leser ermöglicht, quellennah nachvollziehen, wie und um welchen Preis es ostdeutschen «Dante-Freunden» gelang, sich lange Zeit einer Vereinnahmung durch das SED-Regime zu entziehen. Frank-Rutger Hausmanns Geschichte der DDG leistet einen weiteren wichtigen Beitrag zur kritischen Selbstvergewisserung der deutschsprachigen Romanistik. Dafür gilt ihm großer Dank. Und dem Deutschen Italianisten verband und seiner Zeitschrift Italienisch ist zu wünschen, dass sich ihrer dereinst ein ebenso meisterhafter Fachhistoriker annehmen wird. 2_IH_Italienisch_70.indd 1 30.10.13 09: 25 2 A colloquio con Enrico Testa A cura di Caroline Lüderssen, Christine Ott e Salvatore A. Sanna Con la collaborazione di Paolo Lazzara Enrico Testa è nato nel 1956 a Genova ed è professore ordinario di Storia della lingua italiana presso la Facoltà di Lettere e Filosofia dell’Università di Genova. Ha scritto tra l’altro volumi sulla lingua della novella del Quattro e Cinquecento, sul romanzo ottonovecentesco e sulla poesia del Novecento. Enrico Testa ha pubblicato le raccolte poetiche Le faticose attese dall’editore San Marco Giustiniani nel 1988, da Einaudi In controtempo nel 1994, La sostituzione nel 2001, Pasqua di neve nel 2008, e Ablativo nel 2013. Tra i suoi saggi, sempre presso Einaudi, Lo stile semplice. Discorso e romanzo nel 1997, Montale (2000) ed Eroi e figuranti. Il personaggio nel romanzo (2009). Esce nel 1999 Per interposta persona. Lingua e poesia nel secondo Novecento (Bulzoni) e nel 2012 Una costanza sfigurata. Lo statuto del soggetto nella poesia di Sanguineti (Interlinea). Inoltre ha curato per Einaudi l’edizione del Quaderno di traduzioni di Giorgio Caproni (1998) e l’antologia Dopo la lirica. Poeti italiani 1960-2000 nel 2005. Ha tradotto dall’inglese la raccolta poetica High Windows di Philip Larkin. Nella seguente intervista l’autore parla dell’esperienza come elemento fondamentale della poesia e della sua formazione come poeta in generale. Su invito dell’Istituto di Romanistica della Goethe-Universität e della Deutsch- Italienische Vereinigung e.V., si è svolta il 19 ottobre 2012 una serata di lettura-dibattito con Enrico Testa nella sede della Frankfurter Stiftung für deutsch-italienische Studien. Il colloquio ha avuto luogo lì il 25 ottobre 2012. Si riproduce una stesura ridotta del testo, che conserva il carattere del parlato. Domanda . La poesia comunica sentimenti politici, esperienze personali, evoca sentimenti, passioni, ma può rappresentare anche una struttura linguistica. Secondo Lei la poesia moderna, la poesia di oggi, che cosa dovrebbe comunicare? Enrico Testa Che cosa debba comunicare la poesia di oggi sinceramente non lo so. Quello che posso dire, è che secondo me la poesia sostanzialmente dovrebbe comunicare delle esperienze. Mi è molto difficile pensare ad una poesia nata esclusivamente a tavolino attraverso un’elaborazione mentale o cervellotica; ecco la poesia, secondo me, c’è se c’è qualcosa prima nella vita, cioè se è conseguenza di fatti vissuti. D. E allora come si spiega il caso Sanguineti? 2_IH_Italienisch_70.indd 2 30.10.13 09: 25 3 A colloquio con Enrico Testa Testa Sanguineti è un poeta dell’esperienza, ma è contemporaneamente un poeta dell’artificio retorico; presenta, per così dire, due nature. In effetti, i suoi libri sono divisi in due parti, una prima in cui racconta fatti che gli sono accaduti e una seconda in cui fa la pirotecnica formale più elaborata e anche a volte più intransigente. D. Già i titoli di singole sezioni di Pasqua di neve fanno pensare a esperienze di viaggio, per esempio «I cani d’Atene» - potrebbe spiegare questo titolo? Testa Due cose. La prima è che in effetti la dimensione del viaggio è una struttura, credo, abbastanza importante nella mia scrittura, soprattutto perché il viaggio viene percepito come il momento in cui il soggetto si perde e poi si ritrova; o, meglio, si decostruisce e si ricostruisce, perché si trova spaesato in un primo momento e quindi deve faticare a comprendere maggiormente la situazione in cui si trova rispetto invece a quanto vive entro coordinate casalinghe, dove tutto è abbastanza familiare. Relativamente al titolo di «Cani d’Atene» si riferisce a un episodio molto banale, che ogni distratto turista per le vie di Atene può percepire cioè il fatto che c’è una quantità enorme di cani randagi soprattutto nei luoghi dei templi, delle rovine sacre che sembrano essere proprio lì a guardia dell’antichità, della classicità e questo sembra anche singolare, che gli ultimi della specie animale siano rimasti a difesa della tradizione. Era proprio questo che mi piaceva e così ho scelto questo titolo come titolo della sezione. D. Il titolo Pasqua di neve non evoca un’esperienza consueta, per lo meno in Italia, una Pasqua di neve dovrebbe essere piuttosto rara, più nordica che mediterranea. Testa Un titolo come Pasqua di neve potrebbe essere anche facilmente equivocato come una specie di messaggio turistico perché se voi guardate in qualche messaggio pubblicitario di agenzie turistiche ‹Pasqua di neve› è una evocazione frequente per offrire soggiorni durante la Pasqua in montagna. Però non era questo l’intendimento; l’obiettivo era semplicemente quello di dare un titolo che avesse contemporaneamente un senso di possibilità di passaggio e anche di resurrezione, però di un passaggio, di una resurrezione che resta bloccata per il freddo: da un evento che non è solo atmosferico ma poi è anche un evento più vasto, storico, e forse anche ontologico. 2_IH_Italienisch_70.indd 3 30.10.13 09: 25 4 A colloquio con Enrico Testa D. E il titolo «Ismaele» si riferisce a Melville, a Moby Dick… Testa Sì, sì, a Melville e poi alla Bibbia. Però non mi sento un poeta che ha completamente negato il rapporto con la trascendenza, intesa sia come una realtà ben precisa dal punto di vista teologico sia come un semplice riferimento alla precedenza dei rapporti umani, che porti con sè un significato ulteriore al di là della occasionalità di quello che succede quotidianamente. Secondo me una poesia che si limita di essere semplicemente una registrazione banale di quello che succede, in parte manca il suo obiettivo. Cioè la cosa importante sarebbe di riuscire ad accogliere queste due dimensioni contemporaneamente, usando dei termini un po’ filosofici, di unire immanenza e trascendenza nello stesso tempo. D. A proposito della poesia «Arcadia» [v. Appendice] si vede questo rapporto fra il pagano e il religioso, mi sembra, perché c’è l’assenza del religioso, cito: «Miracoli in vista, zero. Per fortuna» (v. 7). Ci siamo chiesti ma perché quest’assenza dei miracoli viene definita una fortuna? Testa La parola «miracolo» non è tanto riferita in senso religioso quanto piuttosto in senso letterario, è un riferimento a un maestro con cui non si può, tanto più in Italia, non fare i conti: l’idea del miracolo montaliano; l’idea che vi sia una trascendenza che provenga dalle alte nebulose, attualmente mi sembra un’idea non più facilmente perseguibile. Quindi questa assenza dei miracoli era quella di trovarsi di fronte ad una natura che non ha altro d’offrire che se stessa e poi, soprattutto alla fine della poesia, anche l’indifferenza e, con essa, la ricerca di un significato. D. È un atteggiamento negativo questo verso nel senso di: i miracoli non sono più possibili oppure… Testa No, no… non lo vedo tanto come pessimistico perché secondo quello che dicevamo prima, la possibilità del miracolo sta nell’ordinarietà dei rapporti umani più che nell’attesa di qualcosa che ci provenga dall’alto. Un filosofo franco-lituano che mi è particolarmente caro, Emmanuel Levinas, 1 appunto diceva che la relazione con l’altro comincia nel rapporto interumano e quindi anche nella relazione con l’ altro uomo possiamo trovare quella ricchezza di significati che un tempo invece si consegnava soltanto nel rapporto con una divinità. 2_IH_Italienisch_70.indd 4 30.10.13 09: 25 5 A colloquio con Enrico Testa D. Per quanto riguarda ancora una volta questa, sì, negazione di un miracolo, si tratta di una esperienza che riguarda tutti noi, che viviamo in una società profondamente laica oppure è piuttosto un’esperienza personale? Testa Questo è difficile dirlo perché vorrebbe dire estendere il discorso ad una prospettiva addirittura sociologica e non ho gli strumenti per fare affermazioni in questo senso. Senza dubbio personalmente mi riguarda molto da vicino. D. C’è qui anche un po’ di critica verso la società moderna, vedo anche un po’ di ironia che l’Arcadia non c’è più… Testa …sì, la critica nei confronti della società moderna forse più che in questa poesia c’è in un’altra poesia… D. …la poesia su Londra… [v. Appendice] Testa …quella su Londra dove si parla della folla che attraversa possessivamente, compulsivamente Oxford Street, quasi inventandosi un nuovo rito, una nuova religione che è quella del consumo, dell’edonismo dei consumi. D’altronde io sono convinto che in poesia non si scrive solo insieme a qualcuno ma anche contro qualcuno. Insieme a qualcuno vuol dire insieme ad una persona che ci è vicina o che ci è stata vicina, mentre scrivere contro qualcuno significa prendere posizione contro un modo, una realtà, una situazione che sentiamo particolarmente negativa, ostile o dannosa: a volte può essere anche una tendenza poetica lontana dalla nostra, a volte può essere la società nel suo insieme. Insomma lo scrivere poesie, non credo che sia mai un fatto pacifico. D. È sempre poesia d’impegno? Testa Sì, non è magari un impegno come si poteva concepire nei termini dell’engagement di un certo periodo, però si tratta senza dubbio d’impegno umano. Un poeta che non si proponga un impegno umano nello scrivere poesia, evidentemente ama la poesia come si può amare un cruciverba o un gioco magari anche molto raffinato intellettualmente, però sterile dal punto di vista comunicativo. 2_IH_Italienisch_70.indd 5 30.10.13 09: 25 6 A colloquio con Enrico Testa D. Se ho capito bene stamattina 2 Lei parlava della scoperta dell’io nel periodo dell’Idealismo con Kant, ma pensavo a Dante o Petrarca. Per esempio «Io non so ben ridir com’io v’entrai» (Dante, Inferno I, v.10) oppure «Solo e pensoso i più deserti campi/ vo mesurando» (Petrarca, Canzoniere, XXXV) e qui l’io ha un ruolo importante. Testa Sì, ma quell’affermazione relativa all’idealismo tedesco era una citazione. Qui bisogna essere precisi, non erano parole mie, ma di Sanguineti, tratte da un libro di sue interviste. Comunque senza dubbio verrebbe da dire che ogni epoca, in base allo spirito dei tempi, ha una sua idea dell’io. Adesso va molto di moda secondo le interpretazioni di Bauman, 3 l’idea di un io liquido, quindi di un io aleatorio che cambia continuamente identità anche attraverso le strumentazioni informatiche e multimediali. Se pensiamo a Pirandello a quell’epoca c’era un’idea dell’io molteplice, sfacettata che però è molto diversa da altre figure della società umana che la cultura via via ha elaborato nel tempo. Credo comunque che sia una questione culturale più che un dato pacifico, naturale e sostanziale. D. Per quanto riguarda il rapporto con la tradizione letteraria, questo ‹Arcadia› inevitabilmente e naturalmente evoca anche un genere letterario, e quindi viene naturale pensare all’opposizione fra una parola carica di significato anche se è accumulato storicamente nel corso dei secoli e la realtà e naturalmente sono tentata anche a mettere in parallelo questo contrasto fra ‹Arcadia› e la mancanza di un pastore di pecore con la fine della poesia in cui la parola invoca il cielo. Testa È una poesia estremamente semplice. C’era la volontà forse, ma una volontà che uno scopre sempre col senno di poi, di contrapporre un luogo letterario e anche pittorico di grandissima tradizione con quello che è poi un banalissimo cartello stradale con qualche collina di fronte dove non c’è neanche l’ombra di un pastore e tantomeno di pastorelli di Arcadia; si tratta quindi di mettere a confronto la concretezza di un dato reale con un luogo retorico della tradizione. D. E questa parola «sola e vuota» (v. 11) sarebbe la parola poetica… o è la parola ‹Arcadia›? 2_IH_Italienisch_70.indd 6 30.10.13 09: 25 7 A colloquio con Enrico Testa Testa No, no, è la parola di per sé. Questo è ovviamente un tema antico come il mondo: la parola in cerca di una relazione con una dimensione superiore che si nega e di fronte alla quale spesso si ritira delusa, mancando ogni possibile sintonia. Resta solo una dimensione naturale che pare indifferente ai problemi umani. D. Il colore ha un valore particolare nella Sua poesia? Testa Credo che i valori musicali e anche i cosiddetti valori pittorici, per quel poco che possono valere nel mio caso, abbiano un rilievo di una certa importanza. Il fatto che la poesia nasca come ricordo di un’esperienza porta dell’esperienza anche alcuni aspetti concreti come quelli che possono essere elementi di colore oppure di ritmo. D. Come nasce la Sua poesia? Nasce prima meditata nell’interno, cioè sono parole che si associano spontaneamente fra di loro oppure inizia a scrivere e poi… Testa …non credo che ci sia una regola fissa, una regola precisa: a volte nasce semplicemente a partire da una coppia di termini… una, due, tre parole… quello che si potrebbe definire una cellula armonica intorno alla quale col tempo si coagulano altri elementi. A volte invece nasce bella e pronta, a volta non nasce affatto, nel senso che c’è la volontà di scrivere… D. …ma non si riesce… Testa …non ci si riuscirà mai… e dopo un po’ si deve abbandonare necessariamente la strada. Ci sono varie possibilità, varie opzioni, non c’è una ricetta… D. Una poesia nel volume Pasqua di neve incomincia «di tramonti in poesia / non se ne deve più parlare» (p. 116), questi versi mi sono piaciuti tanto, sono forse espressione di un voler staccarsi dai cliché? Testa Ricordo d’aver letto l’affermazione che di tramonti in poesia non se ne deve più parlare in qualche rivista letteraria dove c’era un poeta affermato che diceva che non si deve più parlare di gabbiani, non si deve più parlare di 2_IH_Italienisch_70.indd 7 30.10.13 09: 25 8 A colloquio con Enrico Testa tramonti, non si deve più parlare di arcobaleni, insomma di tutti quelli che sono un po’ gli stereotipi di poesia; il che, per l’amor di Dio, potrà anche senza dubbio essere giusto e vero, però poi si trovano tramonti inaspettati… come il tramonto di una torre incarbonita di Belgrado, che dopo i bombardamenti NATO sta ancora bruciando. Quindi è un tramonto particolare cioè non è un tramonto naturale ma un tramonto forse di un’epoca o di una civiltà e quindi ancora rappresenta, dolorosamente, la crudeltà… D. In certe poesie c’è anche una specie di, forse si può chiamare straniamento? Cioè questo «non so più chi dei due sciocchi turisti felici» [v. Appendice] vengono visti dal di fuori però alla fine della poesia sembra che uno di questi sciocchi turisti sia proprio l’io che parla… È un procedimento tipico? Testa Sì, forse sì, anche questo. A volte c’è la volontà di rappresentare una situazione con dei personaggi che in parte coincidono, in parte non coincidono con l’io poetico e c’è la tendenza forse a vedere l’io come una terza persona, cioè un io che è sottoposto a una specie di critica. L’aggettivo «sciocchi» in «sciocchi turisti felici» non è certo una forma di apprezzamento se poi si scopre che uno degli sciocchi turisti felici è uno che dice «io» all’interno della poesia, è una sorta di passaggio verso una critica della soggettività. Una dimensione che è particolarmente frequente nella mia poesia è quella del sogno: dimensione di rappresentazione che vede l’io contemporaneamente come io, ma anche come terza persona. Nei sogni ci vediamo contemporaneamente come agenti e come agiti cioè ci vediamo mentre facciamo qualcosa ma forse non dall’esterno, quindi come uno sdoppiamento, uno straniamento. Il sogno è una dimensione molto ricorrente nella mia poesia anche perché differentemente dalle teorie psicoanalitiche, credo che sia più attendibile quanto diceva il filosofo francese Jacques Derrida: che il sogno ha il massimo della spettralità però anche il massimo del messianico cioè nel sogno s’incontrano sia le cose più orribili sia le speranze più dolci; e in effetti dove se non nel sogno possiamo incontrare le persone amate che non esistono più? E quindi proprio il sogno è l’unica dimensione umana in cui rivediamo - e in quel momento crediamo anche che sia vero - coloro che non possiamo rivedere in nessun altro modo. Questo è secondo me un punto molto importante. D. Leggo in In controtempo «il mio sé vuoto lo prendo, di fronte al mare» (p. ...), come si interpreta questo verso? 2_IH_Italienisch_70.indd 8 30.10.13 09: 25 9 A colloquio con Enrico Testa Testa È un problema sostanzialmente morale: sostituire ad un io pieno un sé vuoto… e nello stesso tempo, così come succede in certi sport come il tennis o come il calcio, questo sé vuoto vuol muoversi in controtempo, cioè reagire anticipando la mossa. È un movimento in cui lo sdoppiamento diventa triplice, perché c’è l’io, il sé e colui che agisce contemporaneamente in contrasto o in controtempo appunto con le mosse del sé vuoto. D. «Di fronte al mare» è un colorito poetico oppure è occasionale? Testa Ma «di fronte al mare» è riferito alla mia esperienza… D. …da genovese… Testa …con nessuna pretesa di semantica poetica… D. E questo è un aspetto molto interessante in quanto la natura, il paesaggio in cui il poeta ha vissuto la sua infanzia, si riflette poi nella poesia. Testa Certo. Mi ricordo che Montale diceva, che è incredibile quanto sia difficile scancellare, con la esse davanti, scancellare il paesaggio che s’incide in noi sin dall’infanzia. È una cosa assolutamente vera: pur essendomi più congeniale la dimensione del viaggio però aspetti della mia città e della natura circostante emergono nella mia scrittura e a volte emergono anche nel sogno… D. …pensa anche a Calvino e al suo rapporto con la Liguria… oppure a Pavese: il rapporto con le Langhe o a Fenoglio… mi vengono in mente questi versi: «Queste dure colline che han fatto il mio corpo/ e lo scuotono a tanti ricordi, mi han schiuso il prodigio/ di costei, che non sa che la vivo e non riesco a comprenderla.» 4 Testa Sì. D. Alcune delle nostre riflessioni attorno alle Sue poesie sono nate da problemi di traduzione nel caso del «soffocando nel batticuore» (Pasqua di neve, p. 8) abbiamo pensato di tradurre «soffocare» attraverso «ertrinken» quindi letteralmente «naufragare» perché «ersticken» ci sembrava in qualche modo 2_IH_Italienisch_70.indd 9 30.10.13 09: 25 10 A colloquio con Enrico Testa molto negativo per esprimere un sentimento amoroso. Altro esempio: «hai passato a spinare rose» (Pasqua di neve, p. 79) - abbiamo dibattuto se era il caso di tradurre «distacco» in senso di «Distanz», «distanza», oppure piuttosto nel senso di addio, «Abschied». Perché appunto non ci era chiaro questo «distacco», se fosse un’azione subíta oppure coscientemente attuata dal tu? Testa Sì, sono problemi che mi immagino coinvolgano molto l’impegno della traduzione. C’è una teoria dantesca, secondo la quale la poesia è intraducibile, che non si può scomporre ciò che per legame mosaico è armonizzato. Da parte mia, sto per la traducibilità universale. A me piace molto l’idea che, anche perdendo senza dubbio qualcosa (la musicalità eccetera), i testi possano circolare. Ad esempio che io che non so una parola di russo possa leggere Dostoevskij o Bachtin. Una delle idee credo fondamentali del processo culturale umano è proprio quella della traducibilità di un testo da una lingua in un’altra lingua, di una promiscuità dei significanti. Un’ idea che mi consola molto è quella di poter leggere gli haiku giapponesi e questo grazie all’attività di tante persone che in maniera oscura funzionano come mediatori tra un continente e un altro, tra una cultura e un’altra cultura. Questo potrà senza dubbio provocare delle approssimazioni, dei fraintendimenti però quanto ci rende, quanto ci permette di scambiare ciò che c’è di più umano tra noi, in questo rapporto fra una cultura e un’altra cultura. Pensate se non ci fossero le traduzioni; ciò indebolirebbe la nostra visione del mondo in maniera tragica. D. Ad un certo punto abbiamo notato che le Sue poesie quasi sempre iniziano con una minuscola e finiscono senza interpunzione. Ci siamo chiesti se forse questo sia da paragonare alla tecnica di Francis Bacon10, 5 il quadro senza cornice… Testa …sì, c’è la volontà di non dare un segnale forte di inizio e di non dare neanche un segnale forte di fine e di trasmettere implicitamente l’idea che quel singolo testo appartenga a una serie di altri testi e contemporaneamente ad una dimensione più ampia di discorsi umani e quindi quasi a una solidarietà tra una poesia e l’altra. D. Come si spiega il Suo rapporto particolare con la pittura di Bacon? 2_IH_Italienisch_70.indd 10 30.10.13 09: 25 11 A colloquio con Enrico Testa Testa Direi che sua caratteristica fondamentale sia il fatto di presentare contemporaneamente la figura e il suo contrario. Un filosofo francese, Gilles Deleuze, studiando appunto Bacon diceva che Bacon riesce ad essere figurale senza essere figurativo… e la distinzione viene operata a partire dal fatto che il figurativo ha bisogno sempre di un contorno a cui la figura umana si aggancia mentre il figurale isola la figura senza contorno come se fosse un coleottero piantato con lo spillo al centro. In effetti la perimetrazione anche quasi geometrica dei quadri di Bacon è significativa perché non c’è un contorno, non c’è, come in un quadro del romanticismo, uno sfondo di colline, un fiume che sta scorrendo, c’è appunto il nulla e il vuoto. Inoltre la pittura di Bacon aldilà delle suggestioni interpretative di Deleuze mi ha sempre suggerito l’idea di una poesia lirica che va aldilà della lirica perché è una poesia in cui l’estrema solitudine dell’individuo è rappresentata in maniera tale che l’individuo è irriconoscibile. Quindi non è più un rito di autoidentificazione che l’io poetico fa con se stesso, cioè l’io poetico c’è però stravolto, sfigurato, e quindi si potrebbe addirittura pensare ad una categoria di lirismo baconiano. D. E i personaggi di Bacon non sono soltanto sfigurati, sono anche tormentati, feriti, amputati… Si riconoscerebbe anche in questo? Testa In parte sì, però senza calcare troppo sul nichilismo implicito della visione del mondo di Bacon da cui invece mi sento più distante. Apprezzo molto tutte le suggestioni anche teoriche e metodologiche che ne possono derivare però contemporaneamente sento che è una strada novecentesca ormai impraticabile o comunque praticabile un po’ sterilmente. D’altronde Bacon è facilmente avvicinabile ad un autore come Samuel Beckett: anche lì i personaggi sono in disfacimento. Però direi che una visione così ossessivamente nichilistica forse sarebbe bene ritenerla chiusa. D. Alla fine di alcune poesie, troviamo parole di distacco: «esilio», «devastazione», «sperduti», e poi la visione di Londra che si trasforma in un «viottolo erboso» (Pasqua di neve, p. 11). Sono delle immagini che fanno pensare a un addio, a una fine, forse a una distruzione se non proprio dell’universo, almeno di una metropoli. Perché queste poesie finiscono con questi termini, si tratta di distopie, visioni negative del futuro o sono dei mutamenti umani che vengono prospettati? 2_IH_Italienisch_70.indd 11 30.10.13 09: 25 12 A colloquio con Enrico Testa Testa Se c’è uno scrittore che può essere libero di essere poco coerente, è proprio il poeta, cioè non credo che al poeta si possano fare gli stessi rimproveri che si potrebbero fare ad un logico, ad un filosofo, cioè di essere coerente nella sistemazione del proprio pensiero. Il poeta credo che abbia il diritto di libertà di essere contemporaneamente ottimista e pessimista per usare termini così banalmente psicologici. Da un lato c’è senza dubbio un atteggiamento sconfortato o scorato nei confronti dell’esistenza, però una poesia è anche suono, e l’uso a volte un po’ insistito di rime o effetti sonori fa emergere contemporaneamente accanto ad un tema magari ‹triste›, una certa tonalità briosa. Mi ricordo che Giorgio Caproni 6 che aveva fatto la prefazione al mio primo libro di poesia, aveva avuto la generosità di parlare di ‹brio musicale›. Si può essere briosi dicendo le cose più tristi del mondo e questo è appunto un aspetto della natura aporetica della poesia cioè del fatto che non conduce a un’equazione perfettamente regolata in tutte le sue parti. La poesia in generale, credo, si configura sempre come un gioco tra dimensioni diverse: quelle dei temi che affronta e quelle del modo in cui li affronta e quindi delle risorse ritmiche e musicali che vengono utilizzate, messe a disposizione dalla tradizione. D. Vorrei tornare forse un attimo al suo rapporto con la natura. Le poesie nel capitolo sull’orto botanico sono poesie in prosa. Sembrano enciclopediche. Non so qual è il motivo di scrivere proprio sulla natura, sul giardino botanico in prosa? Testa Sì, nel mio ultimo libro Pasqua di neve ci sono un paio di sezioni di prose brevi che hanno temi diversi: una sezione intitolata «Anniversario» che parla della scomparsa di una persona, e una sezione intitolata «L’orto botanico» che parla invece di un soggiorno lisbonese e di questo rapporto con la natura che sembra sul punto di diventare da muta, parlante, diciamo così, posta quasi su questo crinale tra silenzio e parola. Si ha la percezione che l’ordine della natura sia un ordine parallelo a quello umano e che a volte vi siano delle possibili intersezioni. Ma anche se intersezione non c’è come avviene nella poesia «Arcadia» la natura sembra comunque parlare una lingua anonima che in un modo o nell’altro ci riguarda tutti anche se non si riesce a comprenderla o a dialogare con lei. D. Lei diceva poco fa che la poesia è anche suono, a questo contribuisce l’uso dell’aggettivo. Che rapporto ha Lei con l’aggettivo? 2_IH_Italienisch_70.indd 12 30.10.13 09: 25 13 A colloquio con Enrico Testa Testa Con l’aggettivo ho un rapporto inversamente proporzionale a quello che ho con la rima, cioè la rima a volte mi sembra, e questo è senza dubbio un’ eredità caproniana, un elemento fondamentale per la riuscita di una poesia, il che però non vuol dire che debba esserci assolutamente in chiusura. Nei confronti dell’aggettivo ho invece forse una minore disponibilità anche perché, secondo la tradizione ligustica, una certa parsimonia dell’aggettivo la ritengo essenziale. Le poesie con troppi aggettivi sono come le donne con troppi gioielli… D. …infatti anche Calvino era molto riservato, diceva: «noi liguri siamo taciturni»… Testa …sì, sì, sì… in effetti ha ragione, laconici… D. Avrei un’ultima domanda, potrebbe commentare l’ultima poesia di Pasqua di neve? [v. Appendice] Testa Questa, e come tutte le poesie di chiusura, può avere un significato, per così dire, supplementare; in effetti è una poesia che punta a dare una rappresentazione di un rapporto tra le figure umane e un’entità a cui ci si vorrebbe avvicinare, cioè a un’entità divina, trascendente, la quale però non riesce a trasmettere altro che questo ‹lasciatemi stare› come se fosse separata radicalmente dalla dimensione umana. Resta da parte sua soltanto un sentimento di pietà nei confronti di una umanità che non può meritare altro epiteto che quello di misero branco di sperduti. La parola «sperduti» finisce così per essere l’ultima parola del libro e dà il senso sia dello smarrimento del soggetto nei suoi viaggi sia delle sue esperienze esistenziali, e in senso più ampio, lo smarrimento del rapporto tra l’uomo e la categoria diciamo, dell’esistenza. D. Qui leggo appunto che «l’erba, col favore della pioggia, / ha invaso il giardino / come l’edera il muro / e le mosche la cucina». C’è quasi aggressione della natura verso le cose. Testa Questa aggressione della natura primaverile nei confronti degli uomini si fonda su una differenza fondamentale: la natura in primavera si rinnova mentre l’uomo inevitabilmente no, e questo fa sì che la natura sia quasi insolente nei confronti degli uomini; è per questo che «gli ippocastani del parco / sono tornati ad insolentirci». 2_IH_Italienisch_70.indd 13 30.10.13 09: 25 14 A colloquio con Enrico Testa D. Adesso si capisce, già… Testa Per la stessa ragione gli uomini vengono rappresentati come strinati, cioè quasi bruciacchiati dalla primavera improvvisa e si chiedono se tutte le cose che li confortano (i libri, i fiori, le luci, le voci di coloro che sono presenti e coloro che non ci sono più) siano alleate o nemiche, cioè se ci aiutino a vivere oppure siano invece a noi contrarie, e ci impediscano a volte pesantemente di continuare con la nostra esistenza. D. Grazie per il tempo che ci ha dedicato. Testa Grazie a voi. Note 1 Emmanuel Levinas, filosofo francese nato a Kautas in Lituania, di famiglia ebrea (1905-1995), teorico della fenomenologia e dell’etica. Fra le pubblicazioni principali si ricorda i commenti talmudici e i volumi Totalité e infini (1961) e Alterité et transcendence (1995). In italiano sono usciti recentemente i volumi Tra noi. Saggi sul pensare all’altro (1998) e Etica e infinito, Dialoghi con Philippe Nemo (2012). 2 Si riferisce ad una conferenza di Enrico Testa tenuta il 25 ottobre 2012 presso l’Università di Francoforte, dal titolo «L’io poetico di Sanguineti tra lirica e antropologia». 3 Zygmunt Bauman, nato nel 1925, sociologo polacco-inglese. Di recente pubblicazione: The Art of Life, Cambridge 2008 (Wir Lebenskünstler, Berlin 2010), Liquid Times. Living in an Age of Uncertainty, Cambridge 2007 (Flüchtige Zeiten. Leben in der Ungewissheit, Hamburg 2008). 4 Cesare Pavese, Lavorare stanca, Torino: Einaudi 1943, p. 29. 5 Francis Bacon, importante pittore irlandese (Dublino 1909 - Madrid 1990) di indirizzo figurativo. Il tema principale delle sue opere è il corpo umano nella sua essenzialità. Lo studio di Gilles Deleuze citato più avanti s’intitola Francis Bacon. Logique de la sensation (1981). 6 Giorgio Caproni (Livorno 1912-Roma 1990), poeta e traduttore italiano. 2_IH_Italienisch_70.indd 14 30.10.13 09: 25 15 A colloquio con Enrico Testa Appendice Poesie di Enrico Testa citate nel testo, dal volume Pasqua di neve, Torino: Einaudi 2008. Traduzioni in tedesco: Desirée Flegel, Paolo Lazzara e Antonella Menga. «Arcadia» diceva il cartello stradale. Ma nessun pastore nei pressi. Pecore sì, brade e in divagante marcia su verdi-brune colline levigate dal rullante tornio dei secoli. Miracoli in vista, zero. Per fortuna. Già alta la luna del cielo - il cielo che la parola invoca e che subito lascia sola e vuota nell’indaco (p. 7) «Arkadien» stand auf dem Schild. Aber kein Schäfer in der Nähe. Schafe, ja, sich selbst überlassen, und in abschweifendem Marsche über die grün-braunen Hügel die abgeschliffen sind durch die Drehbank der Jahrhunderte. Wunder in Sichtweite, null. Zum Glück. Der Mond steht schon hoch am Himmel - der Himmel den das Wort anfleht, und sofort verlässt allein und leer im Indigoblau. ma dove vanno questi che urtandosi in processione e seguendo direzioni opposte percorrono senza requie Oxford Street? A quali insegne obbediscono? E che reliquie adorano? 2_IH_Italienisch_70.indd 15 30.10.13 09: 25 16 A colloquio con Enrico Testa Si muovono gomito a gomito come presi in una bufera inavvertita e sottile e affrettano il passo ansioso prima che Londra torni un solo viottolo erboso (p. 11) Wohin gehen denn die hier, die in Prozessionen gegeneinander rempeln, und in gegensätzliche Richtungen laufen, rastlos; durch Oxford Street? Welchen Zeichen folgen sie? Welche Reliquien verehren sie? Sie bewegen sich dicht an dicht, wie von einem Sturm erfasst, Unangekündigt, schleichend, und sie beschleunigen ängstlich den Schritt bevor London wieder ein grasbewachsener Pfad wird anche quest’anno gli ippocastani del parco sono tornati ad insolentirci con i loro bianchi maestosi pennacchi, la bambagina dei pioppi volteggiando riprende il suo piumoso diavolío nel vento e l’erba, col favore della pioggia, ha invaso il giardino come l’edera il muro e le mosche la cucina. Finita messa, i ragazzi passano canticchiando beffardi «estote parati! estote parati! » 2_IH_Italienisch_70.indd 16 30.10.13 09: 25 17 A colloquio con Enrico Testa E loro, strinati dalla primavera improvvisa, sempre lì a chiedersi se siano alleati, o nemici, i libri, i fiori, le luci fugaci, i soffi vischiosi, le voci dolci acute invadenti nascoste nelle cortecce o nelle fessure, e per quanto tempo potranno ancora durare le imposte cadenti marce di salmastro… Qualcosa raschia sul fondo: un «lasciatemi stare» - luce di candele corona di fiele - o pianto o domanda sconosciuto o forse pietà, malcerta e fioca, per questo misero branco di sperduti (p. 126) auch dieses Jahr haben die Kastanienbäume im Park uns wieder provoziert mit ihren weißen majestätischen Büscheln, die Wollflöckchen der Pappeln wirbeln wieder und toben flaumig im Wind und das Gras hat, mit Hilfe des Regens den Garten erobert wie der Efeu die Mauer und die Fliegen die Küche. Nach der Messe laufen die Jungen vorbei und trällern spöttisch: «Allzeit bereit! Allzeit bereit! » Und sie, versengt vom plötzlichen Frühling, fragen sich immer wieder ob die Bücher, die Blumen, die flüchtigen Lichter, dei klebrigen Windstöße, die Stimmen sanft, schrill, aufdringlich versteckt in den Rinden und Ritzen 2_IH_Italienisch_70.indd 17 30.10.13 09: 25 18 A colloquio con Enrico Testa freund oder feind sind, und wie lange die brüchigen, von der Salzluft morschen Fensterläden noch halten können… Etwas schürft in der Tiefe: ein «lasst mich in Ruhe» - Kerzenlicht Kranz aus Galle - oder unbekanntes Weinen oder Fragen oder vielleicht Mitleid, unsicher und leise, mit dieser armseligen Horde von Verlorenen 2_IH_Italienisch_70.indd 18 30.10.13 09: 25 19 F R A N K - R U T G E R H AU S M A N N Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Vorbemerkung Der vorliegende Beitrag ist ein weiterer Versuch, aufgrund bisher unerschlossener Archivmaterialien, vor allem persönlicher Briefe, die Biographie, die geistige und wissenschaftliche Formung, die intellektuellen Netzwerke und die institutionelle Einbindung bedeutender deutscher Romanisten (z.B. Karl Vossler, Leo Spitzer, Ernst Robert Curtius, Fritz Schalk, Hugo Friedrich) zu rekonstruieren und zu erhellen. Im Zentrum derartiger Untersuchungen stehen demnach diejenigen Fachvertreter, die man zu den ‹Gründervätern› der deutschsprachigen romanistischen Literaturwissenschaft in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts zählen darf. 1 Zugleich will der Beitrag ein Plädoyer für die Beschäftigung mit romanistischer Fachgeschichte sein, die immer noch zu wenige Adepten hat, obschon ohne eine Intensivierung derartiger Arbeiten eine zukunftsorientierte Selbstvergewisserung der deutschsprachigen Romanistik und die Bestimmung ihres Verhältnisses zu den romanischen Ländern und den dort betriebenen Forschungen kaum möglich ist. 2 Im Einleitungskapitel von Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter (hinfort ELLMA) schreibt Ernst Robert Curtius den bedeutungsschweren Satz, dass man nur dann Europäer sei, «wenn man civis Romanus geworden ist» (S. 22). Curtius postuliert dies in einem doppelten Sinn, einem temporalen und einem spatialen. 3 Rom galt und gilt nicht nur ihm als der Ort, wo imperium, sacerdotium und litterae sich am eindrücklichsten manifestieren. Hier gibt es bis heute sichtbare Spuren der Größe und Bedeutung des Imperium Romanum, das im Mittelalter als Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation fortlebte, hier hat das universelle Papsttum bis heute seinen Sitz, hier wird Italienisch gesprochen, die romanische Sprache, die als Tochter des klassischen Lateins die größte Nähe zu dieser Mutter aller romanischen Sprachen aufweist, welche Jahrhunderte lang die Sprache des Rechts, der Katholischen Kirche und der abendländischen Universitäten war. Curtius (1886-1956), Romanist, Philologe, Literaturwissenschaftler, Komparatist, Kritiker, Journalist und Übersetzer in einem, 4 war der Auffassung, dass die europäische Literatur der europäischen Kultur zeitlich ‹koextensiv› sei und einen Zeitraum von etwa 26 Jahrhunderten (von Homer bis Goethe) umfasse. Man könne sie nur verstehen, wenn man diesen Zeitraum insgesamt überblicke. Das ist ein gewaltiger Anspruch, dem nur wenige gerecht werden können und konnten. Wem es gelang, den umgab die Aura eines ‹Meisters›, und nicht von ungefähr war der junge Curtius schon früh in den Bannkreis Stefan Georges geraten, wenngleich diese Beziehung nur ein 2_IH_Italienisch_70.indd 19 30.10.13 09: 25 20 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann Jahrzehnt währte, bis unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten über die Bedeutung der modernen französischen Literatur eine Entzweiung bewirkten. Georges Rom-Skepsis scheint im übrigen kein Dissensthema zwischen beiden gewesen zu sein. 5 Wenn Curtius von der Roma aeterna spricht, klingt ein umfassendes Bildungsprogramm an, das sich am deutlichsten in Deutscher Geist in Gefahr kristallisiert, wo das erste Kapitel bezeichnenderweise «Bildungsabbau und Kulturhaß», das letzte «Humanismus als Initiative» lautet. Über Curtius’ romanità, die von einer italianità streng geschieden ist, 6 ist bereits Wichtiges geschrieben worden, 7 aber lassen wir ihn selber zu Wort kommen. In einem Brief an den engen Freund Jean de Menasce (1902 - 1973) schreibt er am 22. Dezember 1945: «1932 entdeckte ich in einem spanischen Gedicht des XV. Jhs. das Fortleben der römischen Tradition in Spanien - und zwar in der eigenartigen Form eines Kanons von Tugenden, die auf 12 Imperatoren verteilt waren - von Augustus bis Theodosius. In diesem Jahr - 1932 - wurde ich durch tiefe Erschütterungen meiner Psyche in einen Zustand von alternirender produktiver Spannung & schwerer Depression versetzt. Ich schrieb ‹Deutscher Geist in Gefahr›, brach dann zusammen, mußte Jung in Zürich consultiren. Es war eine schwere Krise, in der ich später die unbewusste Anticipation des Grauens erkannte, das 1933 begann. Aus der Krise kam aber auch Heilung. Einem psychischen Zwang folgend warf ich mich auf das Studium der mittellateinischen Literatur. Ich hielt zwei grosse Vorlesungen darüber. Es bedeutete psychisch die Polarisierung um die Roma aeterna. Sie wirkte in mir als Archetyp im Jungschen Sinne, und d.h. zugleich als ein mit vielfältiger Bedeutung und Energie geladenes Symbol. Es war als wäre ein Riegel gesprengt, ein Tor durchbrochen. Ich konnte das geliebte und heilige Rom als Leitstern meines Forschens und Sinnens wählen. Besser gesagt: es wählte mich, den Deutschrömer. Der Weg nach Rom mußte durch das Mittelalter führen, das für mich nun zugleich eine archaische Schicht meines Bewußtseins bedeutete. So entstanden bis Sept. 1944 22 MA-Studien, in deren Verfolg ich immer neue Einsichten gewann. Ich durfte die tiefsten Leitideen allerdings nicht aussprechen, denn sie waren profund antiteutonisch. Im Sommer 44 konnte ich das I. Kapitel meines Buches entwerfen. Darin werden die historischen Complexe ‹lateinisches MA›, ‹Romania›, ‹Literatur›, ‹Tradition›, ‹Europa› explicirt. Das Schlußkapitel wird Dante gewidmet sein, dessen Verwurzelung in 2_IH_Italienisch_70.indd 20 30.10.13 09: 25 21 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna der lat. Dichtung des 12. Jhs. bisher nicht gesehen worden ist. Das ganze wird eine tiefgehende Revision der europäischen Bildungsgeschichte darstellen, wenn ich es vollenden kann, was bei dem Fehlen der meisten wissenschaftlichen Hilfsmittel schwierig ist. Auch gehören dazu vitale Reserven, die uns fehlen». 8 Curtius’ Rombild ist in langen Jahren gewachsen. Dabei darf man nicht vergessen, dass er in den Jahren 1920 bis 1930 zu den aktivsten Vorkämpfern einer deutsch-französische Aussöhnung gehörte. 9 In seinem Schrifttum spielt Rom in dieser Zeit vordergründig zwar keine besondere Rolle, aber es ist als Grundlage und Hintergrund stets präsent. Man könnte von einer ‹Latenzphase› sprechen. Dabei ist festzuhalten, dass das moderne Italien und seine Kultur für Curtius nur von nachrangiger Bedeutung waren. 10 Harald Weinrich hat in dem Aufsatz «La Boussole européenne d’Ernst Robert Curtius» die räumlichen Bindungen des großen Romanisten feinsinnig herausgearbeitet. Er erweckt jedoch den Eindruck, als ob die verschiedenen Ausrichtungen in Konkurrenz zueinander stünden. Das mag für die einzelnen Länder (Deutschland, Großbritannien, Italien, Frankreich, Luxemburg, Schweiz, Spanien, Italien, USA) zwar zutreffen, denen Curtius in den verschiedenen Phasen seines Lebens mal mehr, mal weniger Aufmerksamkeit schenkte, doch ist Rom für ihn kein nationaler Ort, sondern eine kulturelle Größe, die allen Gebildeten gehört und zur Verkörperung von Curtius’ Europakonzept insgesamt wird. Ausgearbeitet und bis in die Tiefe durchdacht wird dieses Konzept jedoch erst ab dem Augenblick, als Curtius glaubt erkennen zu müssen, dass eine deutsch-französische Verständigung nicht möglich sei. Die Gründe für seinen Zweifel können hier nicht ausführlich dargestellt werden. Neben persönlicher Empfindlichkeit ist vor allem das Ausbleiben einer von ihm herbeigesehnten ‹europäischen Kultursynthese› 11 für seinen Rückzug aus den deutsch-französischen Aussöhnungsbestrebungen verantwortlich. Für deren Scheitern stehen symbolisch die Treffen (Dekaden) im Burgundischen Pontigny, an denen Curtius 1922 und 1924 teilnahm. Danach sagte er sein Kommen ab und machte Vertretern des von ihm für einen fruchtbaren deutsch-französischen Diskurs als ungeeignet erachteten Pazifismus Platz. Als Weltkriegsteilnehmer im Range eines Leutnants, der vor Ypern von einem britischen Scharfschützen schwer verletzt worden war, pochte er bei aller Verständigungsbereitschaft auf seinen deutschen Patriotismus. Allenfalls in der Elsassfrage war der in Thann, im damaligen Reichsland Elsass-Lothringen Geborene bereit, Konzessionen zu machen. Man hat Ernst Robert Curtius gelegentlich ein falsches und unreflektiertes Geschichtsverständnis und einen blinden Traditionalismus 12 vorgeworfen, doch derartige Äußerungen greifen zu kurz und berücksichtigen zu wenig 2_IH_Italienisch_70.indd 21 30.10.13 09: 25 22 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann die historische Situation, aus der heraus er argumentiert: Angesichts der geschichtlich gewachsenen nationalen Differenzen bietet ihm der Rückgriff auf die römische Antike als die gemeinsame Wurzel des westlichen Europa ein allen Westeuropäern zugängliches und wichtiges Ideenreservoir, um zu einem friedlichen und harmonischen Miteinander zu finden. Man mag dieses Konzept für konservativ, elitär und weltfremd halten, doch es entbehrt, betrachtet man Curtius’ Werdegang im Rahmen der politischen Umbrüche, nicht der Folgerichtigkeit und basiert auf nachvollziehbaren geschichtsphilosophischen Überlegungen. 13 Vorausgeschickt sei, dass Curtius Rom über Griechenland stellt 14 und sich damit vom Neuhumanismus und Philhellenismus des 19. Jahrhunderts abwendet, wie ihn sein Großvater Ernst (1814-1896) als Professor in Göttingen und Berlin vertreten hatte, ein anerkannter Archäologe, Althistoriker und Klassischer Philologe, der hauptamtlich an der Ausgrabung von Olympia beteiligt war. 15 Möglich, dass Curtius mit ihm, den er als philologisches Vorbild durchaus respektierte, 16 nicht konkurrieren wollte und daher nicht Altphilologie, sondern Romanistik, Anglistik und Philosophie in Straßburg und Berlin studierte. Dennoch empfand er es später als Makel, nicht Altphilologie studiert zu haben, obwohl er mühelos griechische, lateinische und spätwie mittellateinische Texte las 17 und in einer Art Überkompensation mit Altphilologen und Archäologen in speziellen Lektürekursen (Graeca; Latina) im privaten Kreis wetteiferte. Seine Rombegeisterung ist zugleich auch eine Absage an jegliches Heidentum und ein Bekenntnis zum Christentum. Dieses war für ihn trotz seiner streng protestantischen Herkunft nicht konfessionell ausgerichtet, und alle Gerüchte, er sei später zum Katholizismus konvertiert, entbehren der Grundlage. 18 Von französischen Freunden, die den Schritt der Konversion dennoch taten, sagte er selbstbewusst, er sei ‹katholischer› als sie und müsse daher nicht konvertieren. Angesichts einer intensiven Curtius-Forschung 19 ist es erstaunlich, dass seine verschiedenen Rom- und Italien-Aufenthalte bisher noch nicht im Zusammenhang betrachtet worden sind. Es handelt sich um die Jahre 1912, 1924, 1925/ 26, 1928/ 29, 1930, 1934/ 35, 1936/ 37, 1954/ 55 und 1956. Bedauerlich ist in diesem Zusammenhang, dass das von Wolf-Dieter Lange gemeinsam mit seinem Schüler Christoph Dröge seinerzeit initiierte Projekt einer Ausgabe der Korrespondenz Curtius’ durch Dröges frühen Tod nicht verwirklicht werden konnte. Es gibt kaum einen Gelehrten des 20. Jahrhunderts, der ein so passionierter und zugleich geistreicher Briefschreiber war wie Curtius. In wahrhaft humanistischem Sinn war der Brief für ihn, der die Arbeit am Schreibtisch öffentlichen Auftritten bei Vorträgen oder Kongressen vorzog, als Begleiter seiner Publikationen das zentrale Medium des privaten wie des wis- 2_IH_Italienisch_70.indd 22 30.10.13 09: 25 23 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna senschaftlichen Austauschs. Viele Briefe haben Essay-Charakter. Eine systematische Suche nach von ihm verfassten und in diversen Bibliotheken außerhalb des Bonner Nachlasses (Universitäts- und Landesbibliothek) bzw. der Marbacher Bestände (Deutsches Literaturarchiv) aufbewahrten Briefen ergab inzwischen eine Zahl von über 1000, die bisher noch nicht ausgewertet worden sind. Hinzu kommen etwa 200 ganz oder teilweise edierte und kommentierte Briefe. Aus diesem Material sollen im folgenden die wichtigsten Passagen, die sich auf Curtius’ Rom- und Italien-Bild beziehen, in Auszügen mitgeteilt und kommentiert werden. 20 Curtius erweist sich als ein aufmerksamer und origineller Beobachter, dem es gelingt, in wenigen Sätzen die Atmosphäre der von ihm besuchten Städte und Stätten zu charakterisieren, wobei er gleichermaßen archäologische, historische, landschaftliche und städtebauliche Gesichtspunkte erfasst. Er hat im übrigen kein Problem damit, sich ohne Identitätsverlust der römischen Alterität anzupassen, da für ihn beide zusammengehören und in ihrer Hybridität besonders produktiv werden. Im Januar 1912 war Curtius an einer Lungenentzündung erkrankt und reiste im Februar zur Erholung nach Italien. Die Etappen seines dortigen Aufenthalts waren Sestri Levante (Anfang Februar bis Anfang März), Pisa und Florenz. Dann ging es weiter nach Rom, wo er am 22. März eintraf und bis Mitte April blieb. 21 Die Quelle für den Florenz-Aufenthalt war bisher ausschließlich der mit Friedrich Gundolf geführte Briefwechsel. Der einzige darin enthaltene Brief aus Florenz (7.3.1912), geschrieben nach einem Besuch der Laurenziana und ihrer Umgebung, ist abwartend: «Ich habe noch nicht verarbeitet, dass ich jetzt in Florenz bin. Dazu brauche ich Zeit. Ich will noch ein paar Wochen hierbleiben». 22 Nach knapp einer Woche hatte Curtius jedoch genug von der Arno-Metropole; Mittelalter und Barock sollten ihm stets wichtiger sein als die Renaissance und der Quattrocento-Humanismus. Vielleicht störten ihn gewisse heidnische Züge dieser Epoche. 23 Venedig beeindruckte ihn mehr als Florenz. Er bewunderte vor allem die politische Organisation des Staates, die Kirchenarchitektur Palladios und die Gemälde Tintorettos. Diese Hervorhebung ist das Ergebnis von drei Besuchen, in deren Verlauf er auch andere Kunstwerke und Künstler für sich entdeckte. 24 Bei einem Paris-Besuch im Oktober 1926 lernte er im Pariser Musée Jacquemart- André die Quattrocentisten Carlo Crivelli und Marco Basaiti kennen, deren Gemälde er über alle Florentiner stellte, ein Urteil, das vermutlich nur wenige Betrachter teilen werden, das aber für Curtius’ Originalität und Eigenständigkeit des Urteils spricht. Doch zurück zum Jahr 1912. Aus dieser Zeit sind, wie angedeutet, nur wenige briefliche Zeugnisse erhalten. Auf einer Postkarte an den Studienfreund Franz Dornseiff (1888-1960), einen eminenten Altphilologen und Allgemeinen Sprachwissenschaftler, der den Italianisten als Übersetzer von 2_IH_Italienisch_70.indd 23 30.10.13 09: 25 24 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann Dantes De vulgari eloquentia (1925; Reprint 1966) bekannt ist und sich zu diesem Zeitpunkt in Paris aufhielt, schreibt Curtius von der Überwältigung durch das Romerlebnis. So sehr er auch Paris liebe, weshalb er immer wieder dorthin reise, wo er zahlreiche Freunde aus Frankreich und aus aller Welt treffe, mit Rom könne sich selbst Paris in kultureller Hinsicht nicht messen. 25 Daher drängt Curtius darauf, dass auch Dornseiff nach Rom gehe, weshalb dieser kurz vor Kriegsausbruch für einige Zeit dorthin fuhr. 26 Wir erfahren nebenbei, dass Curtius und andere Zeitgenossen ihre Italienreisen mit den Führern des Schweizers Theodor Gsell Fell (1818-1898) vorbereiteten, die auch nach dessen Tod fortgeschrieben und überarbeitet wurden. Aber Curtius kannte natürlich auch literarisch anspruchsvollere Reiseliteratur, die er später seinen Schülern empfahl, wenn sie erstmals nach Italien gehen wollten, z.B. Graf Paul Yorck von Wartenburg (Italienisches Tagebuch, hrsg. von Sigrid v.d. Schulenburg, 1927) oder Friedrich Noack (Das Deutschtum in Rom, 1927). 27 Ein besonderes Erlebnis war Curtius’ Begegnung mit dem späteren Literaturnobelpreisträger und Deutschlandfreund Romain Rolland (1866- 1944), die das Rom-Erlebnis von 1912 «mit den wachen Interessen an der zeitgenössischen französischen Literatur zu einem umfassenden und in Rom grundgelegten Europa-Erlebnis» harmonisiert. 28 Beide treffen sich zufällig am 12. April in den Stanze Vaticane (Stanze di Raffaello), doch wagt Curtius, der Rolland erkennt und ihm bis in die Sixtinische Kapelle folgt, nicht, ihn anzusprechen. Eine zweite Begegnung ergibt sich, wieder zufällig, in der Galerie des Palazzo Doria. Erneut ist Curtius zu schüchtern, auf Rolland zuzugehen. Doch als er ihn ein drittes Mal im Park der Villa Doria Pamphili kreuzt, versteht der Sternen- und Horoskop-Gläubige dies als höhere Fügung, spricht den Dichter, Kritiker und Musiksachverständigen stammelnd an und schreibt ihm noch am gleichen Abend einen Brief, in dem er sich zu erkennen gibt. Rolland antwortet ihm freundlich und erklärt Rom zum Symbol einer möglichen europäischen Einigung, auch zwischen Frankreich und Deutschland, denen die mörderische Auseinandersetzung zweier blutiger Weltkriege allerdings noch bevorstand: «C’est de ces collines romaines qu’on embrasse le mieux le spectacle de notre Occident, et que nos nations divisées se fondent toutes en une harmonie pareille à celle qu’offre Rome, vue, le soir, du haut du Janicule. - C’est à réaliser cette harmonie que nous devons travailler, hommes de toutes races et de toutes nations. Les luttes mêmes de nos peuples ne doivent pas nous en empêcher». 29 Curtius wird diesen Appell, dessen Tragweite man nicht hoch genug schätzen kann, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs aufgreifen und in die Tat umzu- 2_IH_Italienisch_70.indd 24 30.10.13 09: 25 25 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna setzen versuchen. Der briefliche Kontakt zwischen beiden überdauerte zwar das Kriegsende, schlief jedoch um 1926 ein. Rolland verübelte Curtius seine allzu enge Freundschaft mit André Gide, dessen Werk ihm aus ethischen wie literarischen Gründen missfiel. Curtius durchstreifte Rom bei diesem ersten Besuch systematisch. Die nach den heftigen Überschwemmungen von 1870 und 1876 einsetzende Modernisierung der Stadt, die in der Zähmung des Tiber durch Einbettung zwischen hohen Travertinmauern ihren sichtbarsten Ausdruck fand und der am Ufer zahlreiche Bauten zum Opfer fielen, stieß bei ihm auf Ablehnung. 30 Er wollte Rom offenbar in seiner historischen Substanz erhalten wissen. Dieser erste Rombesuch prägte sein Rombild besonders stark; der Besuch im Jahr 1928 sollte allerdings nicht minder eindrücklich sein. Im Jahr 1924 reiste Curtius zweimal nach Italien, wobei er Rom nur streifte: Zu Beginn des Jahres besuchte er Südtirol und Oberitalien (Trient, Verona, Vicenza), im Herbst Süditalien (Paestum, Pompeji, Capri und Neapel). Diese Reisen dienten dem besseren Kennenlernen Gesamtitaliens und ermöglichten einen weiteren Vergleich Roms mit anderen italienischen Städten und Sehenswürdigkeiten. Über Oberitalien berichtet Curtius in der Luxemburger Zeitung bewundernd, soweit es die Bau- und Kunstwerke angeht, ironisch bis ärgerlich, soweit der Faschismus und der offenbar damit einhergehende Modernismus betroffen waren: «Die kleinen dunkelhäutigen Soldaten, die hier überall das neu erworbene Gebiet verteidigen, wirken in ihrer theatralisch zugestutzten Gebirgler-Uniform schauspielerhaft und komisch. Die Staatsweisheit Mussolinis hat den Namen Tirol verboten, aber an der Deutschheit dieses Landes ändert sie ebensowenig wie das Umtaufen von Gossensaß in Colle d’Isarco oder von Sterzing in Vipiteno. Erst Trient empfängt uns als wirkliche italienische Stadt.» «Es muß heraus: die Geschmacklosigkeit der Italia modernissima ist schlechtweg beängstigend. Diese pseudo-amerikanischen Bars, diese Prunkhotels, diese Architektur, die aus einer widernatürlichen Mischung von Jugendstil und türkischen Bädern entstanden scheint, diese Zirkuspracht gibt es in keinem andern Lande. Ein liebenswürdiger Museumsdiener will uns Bewunderung abnötigen vor dem Bild eines zeitgenössischen Meisters, das in einem Rahmen aus vergoldeten Reisigbündeln gefaßt ist - wahrhaft symbolisch.» 31 2_IH_Italienisch_70.indd 25 30.10.13 09: 25 26 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann Von der Herbstreise 1924, über die wir nur wenig wissen, fehlt ein journalistischer Niederschlag. Curtius’ Urteile über die besuchten Orte sind im allgemeinen treffsicher, und auch der heutige Reisende kann sie noch nachvollziehen. Er ist aufgeschlossen für die Antike, aber Pompeji vermag ihn vom künstlerischen Standpunkt aus nicht zu begeistern, da er zu Recht die Repräsentativität des durch die Lavamassen Konservierten in Zweifel zieht. 32 Es vergehen vier Jahre, bis Curtius nach Italien zurückkehrt, diesmal, um ganz zum ‹Römer› zu werden. Das ihm im Winter 1928/ 29 zugestandene Freisemester verlebt er fast vollständig in Rom (27.10.1928 bis 11.3.1929). 33 Er wohnt, längst ein wohlbestallter Ordinarius mit festem Einkommen, im heute noch bestehenden Grand Hotel de Russie in der Via del Babuino in der Nähe der Piazza del Popolo. Das Hotel befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft der Casa di Goethe (Via del Corso 18), und die Nähe Curtius’ zu Goethe, nicht nur dem von «Sonnensehnsucht» getriebenen Italienreisenden Goethe, kann nicht oft genug betont werden. 34 Seit dem 1. März 1928 amtierte Curtius’ ehemaliger Heidelberger Kollege und (nicht mit ihm verwandter) Namensvetter, der Archäologe Ludwig Curtius (1874-1954) als Direktor der Abteilung Rom des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI). 35 Beide waren miteinander befreundet, gingen später zum vertraulichen Du über, und Curtius war ständiger Gast im DAI wie in der Privatwohnung des Archäologen in der Via del Corso. Er erhielt durch ihn nicht nur Zugang zu noch in der Erschließung befindlichen Grabungsstätten, sondern nahm rege am gesellschaftlichen Leben des DAI teil. Die Nachmittage verbrachte er lesend in der Bibliotheca Hertziana im Palazzo Zuccari, die wegen der jüdischen Herkunft der Stifterin 1934 in Kaiser-Wilhelm-Institut für Kunst- und Kulturwissenschaft umbenannt wurde: 36 «Rom ist eine Welt und so wenig zu erschöpfen ‹wie die Welt überhaupt› (Ranke). In diese Welt genau einzudringen, sie langsam abzumessen, ihre Gestalt zu überschauen - das ist Sinn und Glück meines Hierseins. Auf der schönsten Treppe der Welt (der ‹spanischen›) steige ich, am Sterbehaus von Keats vorbei, zur Hertziana empor, der intim-reizvollsten aller Bibliotheken und lese, lese: über Päpste, Architekten, Villen, Gärten, Antikes, Barockes, Napoleonisches, Christliches und Heidnisches. Und morgens wandere ich in eins der hundert Stadtviertel die es zu erforschen gilt und betrachte einige Monumente. Es ist ungeheuer, was auf einen eindringt, an jedem Punkt spürt man Ignoranz und Wissensdurst. In der Lokalgeschichte Roms die Weltgeschichte von Staat, Gedanke, Kunst zu erspüren - das ist das ferne und leuchtende Bildungsziel.» 37 2_IH_Italienisch_70.indd 26 30.10.13 09: 25 27 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Curtius verdankte seiner mütterlichen Freundin Eugénie Sellers Strong (1860- 1943) nicht nur den Umgang mit zahlreichen ausländischen Gelehrten und Künstlern, die sich in ihrem römischen Salon trafen, 38 sondern auch mit Vertretern der britischen und italienischen Hocharistokratie, die ihn eher amüsierten als beeindruckten. 39 Sellers Strong, Tochter eines englischen Weinhändlers und einer perigourdinischen Adligen, hatte u.a. in Deutschland bei Adolf Furtwängler und seinem Schüler Ludwig Curtius Archäologie studiert und mehrere archäologische Bücher aus dem Deutschen ins Englische übersetzt. Sie galt als Spezialistin für griechische und römische Plastik und hatte dazu einschlägig publiziert. Die mehrsprachige Wissenschaftlerin hatte 1897 den Kunsthistoriker und Arabisten Sandford Arthur Strong (1863-1904) geheiratet, der viele Jahr das Amt des Librarian of the House of Lords verwaltete. Sie lebte nach seinem Tod meist in Italien und wurde zu einer römischen Institution. Im Jahr 1938 erhielt sie für ihr Engagement die Goldmedaille der Stadt Rom. Später warf man ihr Nähe zum Faschismus und zum Duce vor, was bei einer Archäologin nicht allzu sehr verwundert, da Mussolini diese Wissenschaft außerordentlich förderte. Eugénie Sellers Strong war eine überzeugte Katholikin und nahm Curtius unter ihre Fittiche. Eine umfangreiche Korrespondenz zeugt von enger Vertrautheit. Beide korrespondierten wahlweise auf Englisch, Französisch oder Deutsch. Sie versorgte ihn mit archäologischer Fachliteratur (auch eigener) wie mit englischer Belletristik und zeigte und erklärte ihm römische Kirchen und Bauwerke. Besonders wichtig wurde für ihn Geoffrey Scotts Buch The Architecture of Humanism: A Study in the History of Taste (1914), auf das sie ihn hinwies. 40 In der Hertziana lernte Curtius am 16. November 1928 endlich den Hamburger Privatgelehrten Aby (Abraham Moritz) Warburg (1866-1929) persönlich kennen, nachdem er bei früheren Hamburgbesuchen regelmäßig in der von diesem und seinem Mitarbeiter Fritz Saxl (1890-1948) begründeten Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg (K.W.B.) gearbeitet hatte. Warburg war Gast bei Ernst Steinmann (1866-1934), dem Direktor der Hertziana, 41 der ihm auch die deutsche Kolonie vorstellte. Der Bamberger Germanist Dieter Wuttke hat diese Begegnung minutiös rekonstruiert. 42 Am 6. Dezember hielt Warburg in kleinem Kreis einen Vortrag über sein Lieblingsprojekt, den sog. Mnemosyne-Atlas («Mnemosyne». Bilderreihe zur Untersuchung der Funktion vorgeprägter antiker Ausdruckswerte bei der Darstellung bewegten Lebens in der Kunst der europäischen Renaissance), eines der wichtigsten Werke der sog. Ikonologie. 43 Warburg zeigte keine Diapositive, sondern ging während seines zweistündigen Vortrags im Saal umher, an dessen Wänden die Abbildungen mit thematisch verwandten Sujets hingen. Die ikonologische Vorgehensweise zielt auf die Zusammenstellung visueller Cluster, die bestimmte thematische Bildbereiche abdecken. Warburg geht dabei davon 2_IH_Italienisch_70.indd 27 30.10.13 09: 25 28 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann aus, dass die Malerei eine Art kollektives Gedächtnis ist, in dem emotionale menschliche Grunderfahrungen gespeichert werden. Die Analogie zu der später von Curtius in seinem vielleicht bekanntesten Werk (Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter) entwickelten Topologie ist evident. Waren die Topoi, so Curtius, ursprünglich Hilfsmittel für die Ausarbeitung von Reden, veränderten sie mit dem Untergang der griechischen Stadtstaaten und der römischen Republik ihren Zweck und drangen in die Poesie ein: «Ihr kunstvoll ausgebautes System wurde Generalnenner, Formenlehre und Formenschatz der Literatur überhaupt. […] Damit gewinnen die topoi auch eine neue Funktion. Sie werden Klischees, die literarisch allgemein verwendbar sind, sie breiten sich über alle Gebiete des literarische erfaßten und geformten Lebens aus. Wir sehen in der Spätantike aus dem veränderten Lebensgefühl neue topoi entstehen. Dies zu verfolgen wird eine unserer Aufgaben sein» (ELLMA, S. 79 - 80). Nicht von ungefähr wird Curtius dieses Buch seinem Straßburger Lehrer Gustav Gröber (1844-1911), zugleich aber auch Aby Warburg widmen, dessen Darlegungen ihn hinfort in seinem wissenschaftlichen Leben begleiten sollten. Da Warburg bereits am 26. Oktober 1929 starb, wurde Curtius zu einem seiner wirkmächtigsten ‹Schüler›, der die kunsthistorischen Ideen des Meisters auf die Literaturwissenschaft übertrug. Am 11. März 1929 kehrte Curtius schweren Herzens nach Heidelberg zurück, 44 das er schon bald verlassen sollte. Am 2. Januar hatte ihn in Rom ein Ruf des Preußischen Kultusministeriums an die Universität Bonn, an der er sich 1913 habilitiert hatte, erreicht. Kurz vor seiner Abreise war die Unterzeichnung der Lateranverträge erfolgt, die das Papsttum mit dem italienischen Staat versöhnten. Curtius sah die Unterzeichnung in einer Vorform der Wochenschau. 45 Dieses Ereignis schien ihm aus den verschiedensten Gründen «als die ästhetisch großartigste Verwirklichung der konservativen Idee» und ließ andere fast zeitgleiche Ereignisse wie den Briand-Kellogg-Pakt zur Ächtung des Kriegs (geschlossen am 28. August 1928) in den Hintergrund treten. Curtius’ Sympathie für das Papsttum erstaunt, aber zu diesem Zeitpunkt war der Höhepunkt seiner katholisierenden Neigungen erreicht, nicht zuletzt unter dem Einfluss von Eugénie Sellers-Strong. 46 Die Bonner Rufannahme bildete einen tiefen Einschnitt. Der 45-jährige gab sein Junggesellendasein auf und heiratete Ilse Gsottschneider, eine 21 Jahre jüngere Romanistin aus Mannheim. Die Hochzeitsreise führte das Paar im März 1930 nach Rom, das Curtius seiner jungen Frau als ausgewiesener Kenner zeigte. 47 So unbeschwert sollten beide jedoch nie wieder dorthin 2_IH_Italienisch_70.indd 28 30.10.13 09: 25 29 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna gelangen. Im Jahr 1931 war Rom nur Zwischenstation auf der Reise nach Ischia und Spanien. In den ersten Jahren der NS-Herrschaft waren Auslandsreisen, zumal in das faschistische Italien, im Prinzip unproblematisch, wären nicht die Beamtengehälter gekürzt worden (Curtius selber beklagte die Kappung seiner Kolleggeldgarantie um 50%) und ausländische Devisen äußerst knapp gewesen. So musste Curtius seine für Ostern 1934 geplante Italienreise zunächst absagen. Er bedauerte dies außerordentlich, da er das Bedürfnis verspürte, sich diesmal auch mit der italienischen Gegenwart zu beschäftigen, um, wie er sagte, adäquat über die Literatur der älteren Epochen sprechen zu können, 48 möglicherweise aber auch, um über Deutschlands wichtigen Bündnispartner besser Bescheid zu wissen. Über Weihnachten konnte das Ehepaar Curtius dann doch nach Rom reisen und letztmalig bei Ludwig Curtius wohnen, der wegen des Todes seiner Frau Edith (1932) zum Jahresende seine große Wohnung aufgab. Diesmal war Ernst Robert Curtius von Rom enttäuscht. Da sich das faschistische Italien nicht anders als Hitlerdeutschland international isoliert hatte, fehlten die Touristen, die zuvor das bunte Treiben der Tiberstadt bereichert hatten, so dass Rom einen eher tristen Eindruck hinterließ. 49 Auch im DAI machte sich ein neuer Wind bemerkbar, da das Berliner Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung auch die Auslandsinstitute gleichschaltete. 50 Dennoch blieb Ilse Curtius nach der Abreise ihres Mannes Anfang Januar 1935 noch in Rom, um fern von Deutschland eine schwere Angina auszukurieren. Curtius holte sie nach Semesterende in Rom ab, beide reisten nach Capri und kehrten am 19. März über Florenz nach Deutschland zurück. 51 Von einem Aufenthalt im Winter 1936/ 37 kennen wir das genaue Datum nicht, doch diente er wiederum dazu, den grauen deutschen Alltag hinter sich zu lassen, was nicht nur klimatisch, sondern auch politisch zu verstehen ist. 52 Kriegs- und nachkriegsbedingt konnten Curtius und seine Frau Ilse erst im Jahr 1954 nach Rom zurückkehren. Die Verbindung zu Rom und Italien war in der Zwischenzeit jedoch von Schülern wie Karl Eugen Gass (1912- 1944), Gustav René Hocke (1908-1985), Werner Ross (1912-2002), Herbert Frenzel (1913-1968) u.a. aufrechterhalten worden, die als Stipendiaten, Lektoren oder Mitarbeiter in Kulturinstituten im Lande lebten. 53 Curtius war zwar am 30. April 1951 emeritiert worden und damit endlich Herr seiner Zeit, doch im Herbst 1952 erkrankte er schwer (Schlaganfall, Leberentzündung) und sollte sich nie wieder richtig erholen. Lange Zeit konnte er kaum sprechen, noch länger gar nicht oder nur mühsam seinen Namen schreiben. Der jahrelange Raubbau der Kräfte, insbesondere die bis in den frühen Morgen dauernde Nachtarbeit, forderte seinen Tribut. Anfang November 1954 2_IH_Italienisch_70.indd 29 30.10.13 09: 25 30 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann flog das Ehepaar Curtius nach Rom, bezog ein kleines Appartement in der Pensione Fabrello-Wright (11, Via Vittoria Colonna), um dort den Winter zu verleben und der nördlichen Kälte zu entfliehen. Doch wie hatte sich alles verändert! Nicht nur die Stadt, in der Curtius kaum noch Freunde hatte, 54 sondern der Reisende selber, der nostalgisch von einem Rom träumte, das es nicht mehr gab und das ein Stück weit ohnehin nur in seiner Imagination bestanden hatte. 55 In der Ewigen Stadt erreichte ihn die Nachricht von der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Sorbonne, aber er konnte sich, obwohl er erst der dritte Deutsche war (Albert Einstein 1929, Franz Volhard 1933), dem diese hohe Ehre zuteil wurde, nicht aufraffen, um den Romaufenthalt zu unterbrechen, nach Paris zu fahren und die Urkunde nebst den Insignien (ein blau-rotes Schulterband mit Hermelinbesatz) entgegenzunehmen. Nur langsam gewöhnte er sich wieder an das römische Leben und genoss den Abstand zu Bonn und zu Deutschland. 56 Zum festen Ritual wurde am späten Nachmittag wieder der Gang zur Spanischen Treppe, um dort bis zum Sonnenuntergang zu verweilen und dem Gewimmel der Menschen zuzuschauen. Curtius ließ es sich nicht nehmen, an der Gedenkfeier aus Anlass des 80. Geburtstags des am 10. April verstorbenen Ludwig Curtius (13. Dezember 1954) im DAI teilzunehmen und sich seinen Rom verklärenden Erinnerungen hinzugeben. 57 Hin und wieder wurden Ausflüge unternommen, z.B. zur Hadriansvilla bei Tivoli, der Horazvilla in Licenza oder anderen Orten in der Umgebung Roms (Subiaco, Palestrina, Ostia Antica). 58 Erst am 19. April 1955 kehrte das Ehepaar Curtius über Zürich nach Deutschland zurück. Doch die Sehnsucht nach Italien war keineswegs gestillt, sie wurde im Gegenteil immer heftiger, so dass beide beschlossen, im Herbst 1955 nach Rom zurückzukehren. Curtius plante, seinen 70. Geburtstag am 14. April 1956 mit ausgewählten Freunden auf Sizilien zu feiern, musste diesen ‹staufischen› Gedanken jedoch aus gesundheitlichen Gründen schon bald wieder aufgeben. Am 12. Dezember 1955 verließ er mit seiner Frau Bonn, um, diesmal mit der Eisenbahn, über Zürich nach Rom zu reisen. Wieder wurde in der gleichen Pension wie im Vorjahr Quartier bezogen. Briefe von Curtius aus dieser Zeit sind nicht erhalten. Er war zu geschwächt, um noch in der alten Manier regelmäßig und ausführlich zu korrespondieren. So sind wir auf knappe Andeutungen angewiesen. Auch dieser Aufenthalt verlief zunächst kaum anders als der vorhergehende. Als Curtius’ 70. Geburtstag nahte, kam sein engster Freund, der Schweizer Literaturkritiker Max Rychner (1897-1956), nach Rom, um mit ihm zu feiern, doch er fand einen Schwerkranken vor, der schon bald in eine römische Klinik eingeliefert werden musste. Gemeinsam mit Gustav René Hocke leistete Rychner dem Kranken jeden Tag Gesellschaft. In einem Brief an Carl Jacob Burckhardt, der ebenfalls mit Curtius befreundet war, berichtet Rychner (11.5.1956) von dessen würdevollem Ende: 2_IH_Italienisch_70.indd 30 30.10.13 09: 25 31 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna «Am Nachmittag besuchte ich jeweils den kranken Ernst Robert in dem winzigen weißen Zimmerchen der Poliklinik, wo er in seinem blauen Pullover lag und las (bis zum vorletzten Tage). Ich musste Bericht erstatten, was ich gesehen habe, er freute sich darüber, als wäre er dabei gewesen und lenkte meine Schritte noch da- und dorthin. ‹Die Consulta! - Und unbedingt die Villa Adriana! › Junge plappernde Lernschwestern kamen herein und gingen, ein Kapuziner pflanzte sich am Fussende des Bettes auf und stellte mit Stentorstimme indiskrete Fragen, erhielt aber keine Antwort, sondern nur einen bolzgeraden verweilenden Blick, der ihm bald unheimlich wurde, sodass er fortging. Die ärztliche Behandlung hatte Roms Loeffler [= Prof. Luigi Condorelli], einer der besten Internisten, übernommen; er tat wohl alles, was seine Kunst heute vermag. Jeden Morgen Besuch mit einem Schweif von Assistenten, orakelhaft vieldeutige Auskünfte. Die Leber begann ihren Dienst aufzusagen, nachdem im Januar eine Bronchopneumonie und eine doppelseitige Mittelohrentzündung dem geschwächten Körper schon zugesetzt hatten. Den 70. Geburtstag mit seinen Stössen von Telegrammen, Blumen, Briefen genoss er noch mit lebendiger Freude. Sein letztes Wort war ‹aufmachen› - es klingt, als habe der grosse Philologe noch einmal zitiert. Nichts von ‹letztem Willen› usw., nichts über seine Lage, nichts von Abschied. Alles fest und männlich, bis zuletzt, grossartig. […] Jeden Tag ging ich zur Klinik an einer langen roten Ziegelmauer hin, an deren einer Ecke hunderte von Votivtäfelchen hingen, dahinter war das Castrum der kaiserlichen Praetorianer. Da haben sich junge Germanen aus der Rheingegend militärisch zurecht schleifen lassen und Latein gelernt und sind mit dem Vielvölkerwillen des Imperiums geladen worden. Fast zweitausend Jahre später lag neben ihrer Kaserne ihr sterbender Landsmann, der ihren Dienst im Zusammenhang mit den obersten uns fassbaren Vorgängen geistiger Schöpfung und Überlieferung gesehen hat, auch er dienend, aus einem Willen, der weither kam und nicht nur der seine war. Usw. es gibt da kein Ende». 59 Ernst Robert Curtius starb am 19. April, fünf Tage nach seinem 70. Geburtstag, in der vorerwähnten Klinik. Sein Leichnam wurde nach Freiburg überführt und im Familiengrab auf dem dortigen Hauptfriedhof beigesetzt. Wenn der französische Schriftsteller und Wahlitaliener Stendhal (Marie- Henri Beyle) sich als Epitaph den italienischen Text «Arrigo Beyle Milanese / Scrisse / Amò / Visse» aussuchte, so hätte sich Ernst Robert Curtius einen 2_IH_Italienisch_70.indd 31 30.10.13 09: 25 32 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann ähnlichen Spruch ersinnen können: «Ernesto Roberto Curzio Romano / Scrisse / Criticò / Visse». 60 Die Liste der europäischen, zumal der deutschen Italienreisenden ist lang und reicht bis ins Mittelalter zurück. Den späteren Deutschen gab Goethe die Richtung vor, der nach diversen Anläufen im September 1786 nach Italien reiste und dort bis Mai 1788 blieb. 61 Sein Interesse galt vor allem der Antike, aber in seinen Aufzeichnungen verzeichnet er auch naturwissenschaftliche, architektonische und folkloristische Beobachtungen. Ernst Robert Curtius hat, wie wir sahen, nach den ersten Besuchen Zeitungsartikel veröffentlicht und ein Rom-Tagebuch geführt, doch sind seine Briefe die wichtigste Quelle, da sie erlauben, die aufeinander folgenden Romaufenthalte zu rekonstruieren und in ihrer Bedeutung für seinen Werdegang als Literaturhistoriker und Literaturkritiker auszuloten. Seine Vorstellung, dass Rom in seiner historischen, architektonischen und geistig-künstlerischen Gesamtheit die Verkörperung der europäischen Bildung sei, hat ihn durch die Jahre hindurch begleitet. Ausdruck hat er diesem Konzept in seinem bis heute immer wieder aufgelegten Werk Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter verliehen: «Deutsches Kaisertum und römisches Imperium, heidnisches und kirchliches, augustinisches und dantisches Geschichtsdenken - das sind nur einige von den Spannungen, die der Romgedanke enthielt. Aber die waren alle geformt und ausgetragen in der Sprache Roms, die auch die Sprache der Bibel, die der Väter, der Kirche, der kanonisch gewordenen römischen auctores, endlich die der mittelalterlichen Wissenschaft war. Sie alle gehören in das Bild des ‹lateinischen Mittelalters› und machen seine Fülle aus» (ELL- MA, Ausg. 1967, S. 39 - 40). Dies war jedoch, und Ernst Robert Curtius ist immer für Überraschungen gut, nicht sein letztes Wort in Sachen ‹Mittelalter› und ‹Humanismus›. Im Anschluss an einen mehrmonatigen USA-Aufenthalt (vor allem in Aspen / Colorado, Taos / New Mexico, Boston / Massachusetts, Princeton, New Jersey, New York und Washington) in der zweiten Hälfte des Jahres 1949 62 nahm er an seiner nach 1968 viel gescholtenen ‹kulturhegemonialen› 63 Abendlandideologie deutliche Abstriche vor und forderte, «aus dem engen Europäismus» herauszutreten. Er hatte wohl erkannt, dass die politische wie die kulturelle Hegemonie Europas durch den Zweiten Weltkrieg beendet worden war, wenngleich europäische Kultur in abgewandelter Form in den USA nicht nur weiterlebte, sondern neu erblühte. Fast prophetisch ist es, wenn er die Auseinandersetzung dieser euro-amerikanischen Kultur mit den großen Kulturen Asiens vorausahnt. Allerdings denkt er dabei nicht nur an Indien und 2_IH_Italienisch_70.indd 32 30.10.13 09: 25 3 3 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna China, sondern auch an die seit dem Ausbruch des Koreakriegs 1950 von ihm gefürchtete Sowjetunion, deren Territorium mehrheitlich in Asien lag. Etwaige Besorgnisse überspielt er jedoch mit Ironie, zumal wenn er den abendländischen Humanismus mit dem Humanismus der sozialistischen Regimes vergleicht: «Nein, man kann heute nicht mehr für den Humanismus plädieren, so wenig wie für die Wiedereinführung des Spinnrades oder für die Abschaffung des Rundfunks. An Absterbendes und Abgestorbenes soll man keine Energien wenden. Die antike Kultur ist heute so schön, wie sie immer war und immer sein wird, aber sie ist nicht mehr ‹mit Libido besetzt›, wie die Psychoanalytiker sagen. Und das ist begreiflich, denn wir stehen in einem Zeitalter, in dem sich ein kultureller Austausch und Ausgleich zwischen Europa und Amerika vollzieht; und wir treten in ein anderes, in dem die euroamerikanische Kultur den großen Kulturen Asiens begegnen wird. […] Wie schattenhaft heute der Begriff Humanismus schon geworden ist, ersieht man daraus, daß sich die meisten Leute nichts Bestimmtes mehr darunter vorstellen können. In der ersten Nachkriegsphase - vom Waffenstillstand zum Währungsschnitt - wurden wenige Schlagwörter in der öffentlichen Diskussion so abgegriffen wie Humanismus. […] Dem Humanismus ging es damals gerade so wie der Demokratie. Das heißt bekanntlich Volksherrschaft. Aber wir sind inzwischen belehrt worden, daß es neben der gewöhnlichen Demokratie noch eine Volksdemokratie gibt. Sie ist ihrer älteren Schwester sehr unähnlich. Der alte Humanismus und der neue - sei er nun existenziell oder … volksdemokratisch - sind feindliche Brüder». 64 Dieser Text ist wortwörtlich zweimal erschienen, am 27. Februar 1952 in Die Neue Zeitung, der Vorläuferin der heutigen Süddeutschen Zeitung, und am 1. März 1952 in der Zürcher Tageszeitung Die Tat, das erste Mal mit dem Titel «Das verlöschende Licht von Hellas», das zweite Mal als «Antike und Humanismus». Curtius’ Einsicht überrascht, aber sie meint keine grundsätzliche Infragestelltung von ELLMA, einem Buch, das dem Nachleben der Antike bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts gewidmet ist, und sie mindert auch nicht die Rolle Roms. Denn ‹Humanismus› ist für ihn nicht identisch mit abendländischer Tradition, sondern ein lebensfremdes Konstrukt des Quattrocento in Italien und der klassischen Altertumswissenschaft des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts vor allem in Deutschland. Dieser ‹Humanismus›, so Curtius an gleicher Stelle, habe spätestens durch die Selbstpreisgabe der deutschen 2_IH_Italienisch_70.indd 33 30.10.13 09: 25 3 4 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann Universitäten im Frühjahr 1933, in denen die Altertumswissenschaften seit den Zeiten Wilhelm von Humboldts eine tragende Rolle gespielt hätten, seine Existenzberechtigung verspielt. ELLMA ist in erster Linie ein historisches Buch und kein Manifest, wie dies Deutscher Geist in Gefahr noch sein wollte, doch ist seine Botschaft zeitlos, auch wenn sie nur noch wenige Adepten überzeugt und zu eigener geistiger Tätigkeit anregt: «Das Studium der griechischen und römischen Literatur wird aus unseren öffentlichen Zuständen verschwinden. Aber was heißt das? Es kann zu einem geheimen Schatz werden. Wer den Schlüssel suchen will, kann ihn immer finden» (ebd., S. 66). Dennoch fällt auf, dass Curtius nach den «Büchertagebüchern» nichts Neues mehr geschrieben hat. Die Gründe sind vielfältig: die Horizonterweiterung durch die USA-Reise, die Furcht vor einer Sowjetisierung, die durch den Korea-Krieg angeheizt wurde, eine schwere und langwierige Erkrankung, der von ihm konstatierte Verfall der Bildung, die Emeritierung und der Rückzug ins Private. Es verwundert daher nicht, dass der doppelte Romaufenthalt von 1954/ 55 und 1955/ 56 von Curtius’ wissenschaftlichem Verstummen geprägt wird, und dass auch der unermüdliche Briefschreiber die Feder aus der Hand legt. Abstract . Ernst Robert Curtius (1886-1956), cattedratico a Marburg, Heidelberg e Bonn, è considerato fino ad oggi uno dei massimi rappresentanti della romanistica tedesca. Ciò è dovuto essenzialmente al fatto che, al di là dell’essere stato un eccellente filologo, si è fatto un nome anche come storico della letteratura, critico, saggista, traduttore, giornalista e polemico. La letteratura dei ‹suoi› paesi (Francia, Gran Bretagna, Italia, Spagna e Stati Uniti) non la conosceva solo a livello teorico: era di casa in egual modo a Parigi, Londra, Roma, Madrid e Washington, aveva avuto modo di conoscervi persone che, nel corso dei suoi viaggi, gli erano divenute amiche. Ma è stata Roma a conquistare un posto di riguardo nel cuore di Curtius. Dopo un primo viaggio compiutovi nel 1912, ebbe modo di tornare più volte nella Città Eterna che, a suo avviso, rappresentava la quintessenza della cultura e dell’educazione europea. Roma non era stata solo la capitale dell’Impero Romano e luogo d’incoronazione degli imperatori tedeschi, era anche sede del Papato e proprio da Roma si era propagato il latino, madre di tutte le lingue romanze. Benché nei primi anni della Repubblica di Weimar Curtius avesse svolto un ruolo fondamentale nelle trattative di ripacificazione franco-tedesche, era Roma che ai suoi occhi rappresentava l’ideale umanistico, l’unico in grado di superare gli antagonismi nazionalistici. Questo pensiero lo ritroviamo non solo nella sua opera del 1932 Deutscher Geist in Gefahr (‹Lo spirito tedesco in pericolo›), ma soprattutto nel suo libro forse più importante - e non a caso edito e tradotto numerose volte - Europäische Literatur und 2_IH_Italienisch_70.indd 34 30.10.13 09: 25 35 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna lateinisches Mittelalter (1948; trad. ital. Letteratura europea e Medioevo latino, 1993). La sua visione dell’Umanesimo occidentale venne però messa in discussione quando, nella seconda metà del 1949, fu professore ospite negli Stati Uniti ed ebbe, pertanto, modo di conoscere - ed apprezzare - la vitalità intellettuale dei suoi colleghi d’Oltreoceano. L’obiettivo di questo contributo è quello di analizzare, sulla base di alcune lettere di Curtius finora sconosciute, come l’immagine di Roma che lo scrittore ha sviluppato si sia trasformata nel corso delle sue numerose visite. Anmerkungen 1 Vgl. zuletzt Hausmann (2010). 2 Für Abdruckgenehmigungen, Auskünfte und Hilfe danke ich: Walter Gsottschneider (Königstein i.T.); Dr. Carl Friedrich Curtius (Bad Münstereifel); Prof. Dr. Wolf-Dieter Lange (Bonn); Dr. Claudia Mertz-Rychner (Frankfurt a.M.); Pietro Lazagna (Genua); Prof. Dr. Rudolf Smend (Göttingen); Dr. Chiara Polverini (München); Prof. Dr. Wolfgang Asholt (Osnabrück). - Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen; Universitätsbibliothek Leipzig; London, British Library; Universitäts- und Landesbibliothek Bonn; Cambridge, Girton College Archive; Madrid, Archivo de la Fundación José Ortega y Gasset-Gregorio Marañón; Oxford, Bodleian Library, Special Collections; Archiv des Verlags der Autoren im Universitätsarchiv Frankfurt a.M. 3 Zur Bedeutung der Spatialität vgl. Doris Bachmann-Medick, «Spatial Turn», in: Doris Bachmann-Medick: Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften, Reinbek: Rowohlt-Taschenbuch-Verlag 2006, S. 284-328. 4 Zu Leben und Werk des Romanisten vgl. vor allem Christmann (1987), Berschin / Rothe (1989), Lange (1990), Lausberg / Arens (1993) und Jacquemard-de Gemeaux (1998). 5 Vgl. z.B. Georges Gedicht «Romfahrer». Aufschlussreich in diesem Kontext ist Rolf P. Lessenich: «Der Philologie-Begriff bei Ernst Robert Curtius», in: Lange (1990), S. 85-97, hier S. 91 f. ROMFAHRER Freut euch dass nie euch fremdes land geworden Der weihe land der väter paradies Das sie erlöst vom nebeltraum im norden Das oft ihr sang mehr als die heimat pries. Dort gaukelt vor euch ein erhabnes ziel Durch duft und rausch in marmor und paneelen Dort lasset ihr vom besten blute viel Und ewig fesselt eure trunknen seelen Wenn euch verderbenvoll der schöne buhle … Wie einst die ahnen denen dürftig schien Die kalte treue vor dem fürstenstuhle: Wunder der Welt! Und sänger konradin! Durch euer sehnen nehmt ihr ewig teil An froher flucht der silbernen galeeren Und selig zitternd werfet ihr das seil Vor königshallen an den azur-meeren. 2_IH_Italienisch_70.indd 35 30.10.13 09: 25 36 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann 6 Vgl. Anm. 51. 7 Vor allem Lange (1995). 8 Original Paris, Bibliothèque du Saulchoir, APDF fonds Menasce, cote V-626; franz. Abschrift W.-D. Lange, Bonn. - Ich danke Herrn Kollegen Lange für die Überlassung seiner Unterlagen. Vgl. auch seinen Aufsatz «‹Permets-moi de recourir une fois de plus à ta science›. Ernst Robert Curtius und Jean de Menasce», in: Lange (1990), S. 199-216. 9 Vgl. z.B. Grosse Kracht (2002), S. 151 f. mit weiteren Hinweisen. 10 Vgl. seinen Brief vom 29.5.1942 an Karl Eugen Gass (vgl. Anm. 53), wo es heißt: «Es ist sehr schön, daß Sie die italienischen Verhältnisse so genau kennen gelernt haben, das wird Ihnen für eventuelle spätere Lehrtätigkeit sehr zugute kommen. Aber, da Sie, wie Sie schreiben, von Illusionen frei geworden sind, werden Sie sich nicht verhehlen, daß Italien nach der Renaissance dem modernen Geist nur noch sehr wenig hat geben können. Es kann sich in dieser Hinsicht mit Frankreich, England, Deutschland nicht entfernt messen. Daher glaube ich auch nicht an eine Culturvermittlung zwischen It. & Dtl. Goethe & Burckhardt haben alles was für uns bedeutsam ist, der deutschen Bildung einverleibt. Es besteht bei uns auch keinerlei Bedürfnis nach moderner ital. Cultur». 11 Grosse Kracht (2002), S. 157 (mit Bezug auf Hoeges, 1994, der den von Ernst Troeltsch geprägten Begriff der ‹europäischen Kultursynthese› in die Diskussion eingeführt hat). 12 Vgl. z.B. Todd (2005), bes. S. 199; Gumbrecht (2002), vor allem das Kapitel «‹Zeitlosigkeit, die durchscheint in der Zeit›. Ernst Robert Curtius’ unhistorisches Verhältnis zur Geschichte», S. 49-71, hier S. 50: «Für un-übernehmbar halte ich vor allem sein unhistorisches Verhältnis zur Geschichte». 13 In diesem Zusammenhang ist besonders ein ausführlicher Brief (Bonn, 8.3.1938) an José Ortega y Gasset wichtig, aus dem ein Stück mitgeteilt werden soll: «Ich möchte nur historisch-concretes erkennen. ‹Erkennen› ist eine eminent aktive Haltung. Man kann das historisch-concrete damit auflösen, analysieren, begreifen. Aber der Hintergrund dieser Aktivität ist für mich ein Geborgensein in den Urgründen oder Urdingen, die man verehrt, nicht analysiert. Denn sie sind ewiger als die Geschichte und wir leben auch in der Geschichte nur recht, wenn wir im Kern unseres Wesens jenseits der Geschichte leben: sub specie aeternitatis. Auch die Philosophien sind, von hier aus gesehen, ‹nur› konkrethistorisch. Sind diese Ansichten prähistorisch? Genug, wenn sie für mich mit Leben und Sterben verbunden sind. - Halten Sie mich aber nicht für einen bloßen Widerspruchsgeist! Weil ich vom Historischen fascinirt bin, kann ich auch die Philosophie nicht entbehren! Der geistige Synchronismus zwischen uns beiden ist mir dafür die beglückendste Bestätigung» (Original Madrid, Archivo de la Fundación José Ortega y Gasset-Gregorio Marañon C-9/ 44). - Auch in einem Brief aus Princeton (21.10.1949) an den gleichen Adressaten thematisiert Curtius das Thema: «Man schreibt mit 63 anders als mit 39. Nicht Ihnen habe ich mich entfremdet, wohl aber - in gewissem Masse - der Philosophie. Dafür bin ich der Geschichte näher gerückt; einer ausserphilosophischen Geschichtsanschauung, deren Meister für mich Goethe, Ranke, Burckhardt sind. Diese Wandlung ist mir wohl bewußt; sie bedeutet Entfaltung meiner Entelechie. Ich muss sie aussprechen. Das sind Divergenzen unserer Naturen; aber nichts, was als Negation gedeutet werden könnte und dürfte» (Original Madrid, Archivo de la Fundación José Ortega y Gasset- Gregorio Marañon C-9/ 36). 14 Gleich zu Beginn seines dreimonatigen Romaufenthalts im Winter 1928/ 29 schreibt Curtius (Rom, 30 Oct. [1928]) an den ehemaligen Marburger Kollegen Paul Jacobsthal (1880-1957), einen bedeutenden Archäologen, der 1935 infolge der nationalsozialistischen Rassengesetze nach Oxford emigrierte: «Ich hielt es im Norden nicht mehr aus 2_IH_Italienisch_70.indd 36 30.10.13 09: 25 37 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna und bin seit vorgestern hier, glücklich wie in einer wiedergefundenen Heimat. Ich will 3 Monate hier bleiben, eventuell im Dec. oder Januar einen Abstecher nach Griechenland machen, wozu [Werner] Technau mich auffordert, während L.[udwig] Curtius abrät. Aber [Herbert] Koch rät wiederum zu. Und für mich liegt die Sache ja so, dass ich nie die Energie haben werde, allein Griechenland zu besichtigen. Wenn ich es überhaupt tun soll, dann muss jemand, der mir sympathisch ist und mit dem ich mich gut unterhalten kann, sich meiner annehmen. Technau proponirt einen Reiseplan von 3 Wochen, der Athen, Delphi, Sparta umfassen soll. Und er würde mich begleiten und mir alles zeigen. Finden Sie nicht, dass man von einer solchen Gelegenheit profitiren sollte? » (Original Oxford, BL Special Collections Jacobsthal Box 2 BWA 4). Curtius verzichtete auf die Griechenland-Reise und schrieb Jacobsthal wenig später (s.d.): «Auch Technau erregt sich brieflich darüber dass ich so wenig nach Hellas begehre. Aber was wollen Sie? Tizian ist mir mehr als Apelles, M[ichel] Angelo mehr als Myron, Dante mehr als alle Tragiker zusammen. Ich merke erst hier, wie nordisch ich bin. Das geht soweit dass ich manchmal Sehnsucht nach Breughel habe. Jedenfalls ist die Malerei des Nordens gigantisch neben dem röm. & bologn. Manierismus. Drei Welten sind es die mich hier leidenschaftlich anziehen: 1) Kaiserzeit (Kolosseum & Ara Pacis), 2) christl. Antike (S. Clemente etc), Barockarchitektur (SM in Campitelli, Bernini-Kolonnaden, Piazza Navona etc.). Aber mit den antiken Statuen im Vatikan & auch im Thermen Museum weiß ich nicht viel anzufangen. Der nackte römische Redner, den wir im Louvre betrachteten, ist mir bedeutender als alles was ich hier sehe - mit Ausnahme viell. des gealterten Augustus (als Pont. Maximus) im Thermen- Museum. - Der Thron der Aphrodite ist ja schon schön, aber mit einer Beimisch[un]g von archaischer Curiosität, die ich nicht sehr goutire. Aber das Ganze! Dieser mächtige Strom von Geschichte & Tradition, in den man hier eintaucht. Das ist ja der Grund weshalb man sich hier so geheimnisvoll ‹zuhause› fühlt. Darum muss man die Stadt kennen & lange in ihr leben. […] Wenn ich hier nur einen archäol. Führer & Belehrer hätte. Aber LC [= Ludwig Curtius] gibt sich dazu nicht her. Teils macht er stramm Verwaltung, teils gewollt liebenswürdig Geselligkeit, teils träumt er seinen Griechentraum, den ich für ebenso fiktiv halte wie den Winckelmanns oder Hölderlins. Zum Winck.[elmann]-Fest sprach er über ‹Römische Kunst›, für mein Gefühl sehr unbefriedigend und schlagworthaft» (ebd.). 15 Henning Wrede: «Olympia, Ernst Curtius und die kulturgeschichtliche Leistung des Philhellenismus», in: Annette M. Baertschi / Colin G. King (Hrsg.): Die modernen Väter der Antike: die Entwicklung der Altertumswissenschaften an Akademie und Universität im Berlin des 19. Jahrhunderts, Berlin [u.a.]: de Gruyter 2009, S. 165-208. 16 Vgl. dazu den Hinweis des Philosophen Hermann Glockner, seines Heidelberger Mitbewohners im Haus des Philosophen Heinrich Rickert (dem sog. Rickertianum): «Auch mit Curtius hatte ich ein recht interessantes Gespräch, das von der Betrachtung der schönen Marmorbüste seines Großvaters ausging, die mir wie jedem Eintretenden sofort in die Augen fiel. ‹Schon mein Großvater Ernst Curtius galt für einen Philologen moderner Art›, meinte ER. ‹Ich habe ihn auch stets als mein Vorbild betrachtet und die Ideale des klassischen Humanismus hochgehalten, obwohl ich freilich weitgehend ins Essayistische abgetrieben worden bin. Schon über meine Arbeitsweise hätte sich der alte Herr doch wohl gewundert. Ich arbeite mit einer Assistentin [=Dr. Eva (Rechel-)Mertens], die mir das ganze Material jeden Tag so vorbereitet auf den Schreibtisch legt, daß ich selbst auch nicht ein einziges Zitat nachzulesen brauche. Das beständige Suchen und Herumlesen unterbricht den künstlerischen Gestaltungsprozeß in der peinlichsten Weise, finde ich - obwohl ich natürlich ein Gelehrter bin und bleiben möchte. […] In den romanischen 2_IH_Italienisch_70.indd 37 30.10.13 09: 25 3 8 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann Ländern arbeiten die Kollegen schon längst auf diese Art›» (Heidelberger Bilderbuch, 1969, S. 255). 17 Vgl. seinen Brief (s.d., ca. Juli 1939) an den Göttinger Historiker Siegfried A. Kaehler: «Wer keine philologische Schulung hat, kann auch nicht mehr interpretiren. Und die Interpretation muss Basis & Centrum aller Sprach- & Literaturwissenschaft sein. Heute lernt man das nur noch in der ‹classischen› Philologie. Aber im Grunde gibt es nur eine Philologie, die der Weltliteratur von Homer bis Goethe coextensiv ist. Im grossen Stil machte das noch Burdach. Aber beruhigen wir uns: diese Kunst wird einmal wieder entdeckt werden. Multi pertransibunt, et augebitur scientia. Das lernt man, wenn man sich auch nur oberflächlich mit der Geschichte der dt. Universität beschäftigt, von der Sie ja mehr wissen als ich» (Original Göttingen, NSUB Sign. S. A. Kaehler 1,28 [88]). 18 Vgl. Todd (2005), S. 198 Anm. 9 (mit Bezug auf einen Brief an André Gide aus dem Jahr 1927). 19 Vgl. zuletzt das Buch von Kraume (2010), die Curtius vier Kapitel widmet und sein Europa-Konzept vor dem Hintergrund seiner elsässischen Abkunft analysiert. Die Erfahrung des Exils, so urteilt sie, führe Curtius dazu, Europa zu einer geistigen Heimat zu erklären. 20 In den Briefen wird die Schreibweise Curtius’ beibehalten, der sich wenig um Groß- und Kleinschreibung oder Interpunktion kümmerte. Auch behielt er gewisse Eigentümlichkeiten der durch die Rechtschreibreform von 1901 standardisierten älteren Schreibweise bei (z.B. wol, -iren, beliebiger Wechsel von -ss und -ß usw., arbiträre Groß- und Kleinschreibung u.a. mehr). 21 Mit kleinen Einschränkungen liefert Lausberg / Arens (1993) die genauesten Details zu Ernst Robert Curtius’ Biographie und Werk. Hier S. 40. 22 Gundolf (1963), S. 206. 23 Vgl. seinen Brief an den Vater Friedrich vom 11.3.12 aus Florenz: «Wir haben jetzt schon fast alles hier gesehn. Ich überblicke Florenz und habe den Grundeindruck gewonnen. Florenz ist schön, aber nicht groß. Interessant, nicht überwältigend. Das Quattrocento ist lieblich, süß, innig - aber kindlich. Keine Kunst höchsten Ranges. Ich habe nichts was mich hier zurückhielte, aber das brennende Verlangen nach Rom. Ich habe immer grössere Sehnsucht nach der Grösse und Erhabenheit der klassischen Kunst, nach dem ewigen in Kunst und Leben. Deshalb möchte ich jetzt nach Rom reisen, und dort noch 3 Wochen sein, um dann zurückzukehren. Mama ermutigt mich dazu. Ob ich mein Geld hier oder in Rom ausgebe ist gleichgültig. Im Gegenteil, die Pension Girardet in Rom, die mir Odiers empfohlen haben, ist billiger als die hier. Ich schreibe Dir nur um Deine Ansicht zu hören. Wer weiß, wann ich die weite Reise wieder machen kann» (Original Privatbesitz). 24 Vgl. den Brief an seinen Vater vom 17.10.1926 (GRAND HOTEL LUNA VENISE Venezia): «Ich habe eine schöne Reise durch die Lombardei und Venezien hinter mir. Venedig sehe ich nun zum dritten Mal. Ein solches wiederholtes Sehen gewährt erst die richtige Vertiefung. Man weiß nun, was einem wichtig ist. Für mich sind es die klassizistischen weissen Kirchenfassaden Palladios und seiner Nachfolger; es ist Tintoretto, den man wirklich nur hier ganz kennen lernen kann. Und es ist die grossartige Geschichte dieses Stadtstaates, der tausend Jahre lebensfähig geblieben ist - ein seltenes Beispiel politischer Kraft und Kunst. - Ich habe keine Briefe nachschicken lassen und möchte auch keine mehr bekommen, um wenigstens eine kurze Zeit vom Ballast des Lebens befreit zu sein» (Original Privatbesitz). 2_IH_Italienisch_70.indd 38 30.10.13 09: 25 39 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna 25 Curtius (Rom 315, Corso Vittorio Emanuele, Pension Marchetti 22/ 3/ [1912]) an Franz Dornseiff: «Ihre Karten haben mich erfreut und ich denke oft an Sie wie Sie Paris und seinen Genius erobern. Denken Sie auch an mich als einen Menschen, der zum ersten Mal wahrhaftig das Altertum erlebt hat, der erschüttert ist wie von einer Offenbarung und den Göttern für dieses Geschenk auf Knieen danken möchte» (Original Leipzig, UB NL 239: 4.2). 26 Curtius (Straßburg, 21.2.1914) an Franz Dornseiff: «Was Du über Rom schreibst ist sehr verständig. Ich habe genau so empfunden. Erstes Gefühl: Ruhe kehrt ins Herz! Goethe schildert das auch, in der It. Reise. […] Rom scheint so auf Dich zu wirken wie ich mir wünschte. Gib weiteren Bericht. - S. Peter tut sich erst allmählich auf. Zuerst weiß man nicht was damit anfangen. Allmählich geht’s einem auf. Zeichen daß man römischer wird. Restaurants: Tre Re, und verschiedene andre in der Nähe des Pantheons, ich komme nicht auf die Namen. Sie stehen im Gsellfels [=Theodor Gsell Fels, Rom und die Campagna, Leipzig 1901, 1255 S.]» (Original Leipzig, UB NL 239: 4.2). 27 Ernst Robert Curtius (Bonn, 14.10.1940) an Karl Eugen Gass: «Die Reiseberichte deutscher Italienpilger mögen wohl sehr fad sein, das kann ich mir gut vorstellen. Aber es gibt ja schon längst die ausgezeichneten Bücher von Noack über die Deutschen in Rom und als bestes Reisetagebuch seit Goethe die Briefe des Grafen Yorck von Wartenburg über Rom. Ein Werk wie Stendhal’s Promenades dans Rome haben wir freilich nicht aufzuweisen, weil die deutschen Reisenden fast nie an dem jetzt ausgestorbenen, aber mir noch wohlbekannten internationalen Gesellschaftsleben in Rom teilnehmen. Schon Goethe hat das verabscheut. Für das Bild Roms im 18. Jahrhundert geben die Memoiren des Président Des Brosses wie auch die Casanovas vieles Interessante, was bei Goethe kein Echo findet» (Original Bonn, ULB NL Curtius, E.R. I, Brief 32). 28 Lausberg / Arens (1993), S. 41. 29 Duchatelet (1995), S. 147 (Antwort Rollands vom 14.4.1912). 30 Curtius (Bonn, [um 1916]) an Franz Dornseiff: «Rom soll man wenn mans lieb hat nicht verbessern wollen. Also auch keine gartenstadt. Sondern das kapute kaput lassen, das ist das einzige würdige und schöne. Aber wer versteht das? Rom sollte der grosse altar der vergänglichkeit sein - la beauté des choses fanées - wo die trauer über die vergänglichkeit sich im staunen vor heroischer grösse sanft löst» (Original Leipzig, UB NL 239: 4.2). 31 Curtius’ Artikel sind abgedruckt in Ernst Robert Curtius: Goethe, Thomas Mann und Italien. Beiträge in der «Luxemburger Zeitung» (1922-1925). Hrsg. von Romain Kirt, Bonn: Bouvier 1988, S. 99 u. 101-102. 32 Curtius hielt sich kurz in Rom auf und reiste gleich nach Süditalien weiter. Am 23.10. [24] schreibt er aus Capri (Grand Hotel Quisisana) an Paul Jacobsthal: «Schrieb ich Ihnen von oder über Paestum? Es ist der Höhepunkt dieser Reise gewesen. Neapel hat mich wie die meisten enttäuscht - bis auf das Museum […]. Besonders herrlich fand ich die Broncen. Mit Recht? - Pompeji war mir höchst merkwürdig und ich möchte wissen, ob es repräsentative Bedeut[un]g für die damalige Antike hat. Seltsam der Miniaturmassstab aller Kunstwerke. Ihr ästhetisches Niveau ist doch wohl im Durchschnitt nicht sehr hoch. Der Gesamteindruck ist dennoch sehr schön, durch die Ruinenromantik, die Gartenpoesie, die herrliche Landschaft. Aber welcher universelle Priapismus! Ich sah übrigens auch in Neapel eine ityphallische Vorkragung an einem Mietshaus. Neapel ist sehr teuer, und man muss teuer wohnen, sonst ist es grässlich. Eigentlich kann man es nur von der Terrasse des Bertolini-Palace geniessen. Weshalb ich einmal dort lunchte. - Capri ist nun wirklich sehr schön, obwohl es die Melancholie aller der Orte hat, die nur zum ‹Glück› da sind. Zu längerem Aufenthalt würde ich die Riviera vorziehen. […] Ganz unbeschreiblich ist die 2_IH_Italienisch_70.indd 39 30.10.13 09: 25 4 0 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann Felsen- und Meerlandschaft. Die Stimmung der Odyssee wird mir erst hier lebendig. Aber überhaupt: mediterrane Dichtung und Philosophie ist nur aus solcher Meerlandschaft zu verstehen. Fels und Flut als Urelemente, das feste harte und das flüssige unendliche Wechselnde Gefahrvolle. Ganz dünne Humusschicht. Kein ‹Waldweben›. Selbst die Pflanzen sind ja architektonisch: Pinie, Cypresse, Agave, Opuntia» (Original Oxford, Bodleian Library, Special Collections Jacobsthal Box 2 BWA4). 33 Eine eigene Auswertung verdient sein Römisches Tagebuch: Oktober 1928 - März 1929, 167 S., 3 gez. Bl., Bonn ULB, NL Curtius, E.R. V6. Wichtige Auszüge liefert Lange (1995), S. 294 f. 34 Bei der Affinität Curtius’ zu Goethe ist zunächst einmal an dessen Italienische Reise zu erinnern, aber darüber hinaus bewundert er Goethe als den letzten Klassiker der Neuzeit, vgl. «Goethe als Kritiker», in: Kritische Essays (1950), S. 28-58 bzw. «Goethe - Grundzüge seiner Welt», ebd., S. 59-77. Auch in seinem Verhältnis zur Antike ist Goethe für Curtius Vorbild: «Der späte Goethe aber gewinnt ein neues Verhältnis zum Altertum. Die Spätantike wird sein Wahlraum. Er meint, schon einmal unter Hadrian gelebt zu haben (1815 zu Boisserée)» («Goethe als Kritiker», S. 36-37). 35 Ludwig Curtius (1956), S. 349 f., 351 (zu Ernst Robert Curtius), insbes. Kap. IX «Rom 1928-1938». 36 Curtius an Paul Jacobsthal (Grand Hotel de Russie, s.d. [vermutlich November 1928]): «Rom hat mich so eingefangen, dass ich Griechenland vielleicht aufgebe. Jeder Tag hier ist mir kostbar. Ich lese viel und verbringe jeden Nachmittag von 4-7 in der Hertziana, wo man im stimmungsvollsten ambiente herrlich arbeiten kann. Was mich interessirt, ist die Zeit von 1550-1750, während die Antike mir jetzt viel ferner ist als bei meinem ersten Besuch. Aber ich war sehr frappirt von den großartigen noch unzugänglichen Scavi zwischen Via Nazionale und Trajansforum: eine mehrgeschossige Verkaufsgalerie, hemicyclisch, trajanisch - und darüber die Burg der Gaetani (ca. 1300): beides fast intakt. Mit Curtius’ bin ich viel zusammen. […] Gestern haben wir im Freien in einer ländlichen Osteria gegessen. Schon allein so etwas macht mich glücklich. Kalt kann es auch hier sein, aber die Bäume bleiben eben doch grün, und die Sonne scheint. Nebel scheint es hier überhaupt nicht zu geben» (Original Oxford, BL Special Collections Jacobsthal Box 2 BWA 4). 37 Curtius (Rom, 24.11.[1928]) an Max Rychner (Original Privatbesitz). 38 Curtius (Rom, 26.11.1928) an Siegfrid A. Kaehler: «Ich bin seit 4 Wochen in Rom, und ganz ebenso gebannt wie vor 16 Jahren. Der Bann ist so stark, daß ich Sizilien und andere Reisepläne wahrscheinlich aufgebe. Jeder Tag, jede Stunde hier sind kostbar. Denn in einer Spanne von wenigen Monaten muss ich hier meine geschichtliche und künstlerische Bildung neu fundieren. Eine Geschichtswelt, gleich gewaltig durch ihr Alter, ihre Dauer im Wechsel, ihren universalen Ausblick dringt hier auf mich ein, und ich kann dem tiefen Gefühl der eignen Unzulänglichkeit nur begegnen durch den glühenden Eifer des Schauens, Lesens, Lernens. - Nebenbei geniesse ich den Reiz einer noch immer kosmopolitischen Geselligkeit, deren sympathischste Formen ich bisher in einigen anglo-römischen Salons fand. […] Die deutsche Wissenschaft ist durch Ludwig Curtius, Steinmann und Baethgen in höchst charakteristisch verschiedener Weise vertreten» (Original Göttingen, NSUB Sign. S.A. Kaehler 1,28). 39 Curtius (Grand Hotel de Russie, 14.2.[1929]) an Erich Alport: «Auch Paris habe ich fahren lassen, da mir das Offizielle keinen Spass macht. Gelegentlich als Abwechslung ja. Aber schon hier habe ich die grösste Mühe, meine Freundin Mrs. Strong zu überzeugen, dass ich lieber Rom und einen kleinen Freundeskreis genieße, als die society der Rennell Rodds, der d’Abernons, der Mrs Saxton Noble, der Prinzessin Ghilla und was sonst 2_IH_Italienisch_70.indd 40 30.10.13 09: 25 41 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna alles hier herumschwirrt. Ich habe selbst ein kleines Diner mit Neuraths [= Botschafter Konstantin von Neurath] abgelehnt, was der weltlüsterne Erich nicht verstehen wird. Immerhin habe ich den Grafen Bordari und den Marchese Visconti (‹Riri› wie man ihn proustisch hier nennt) und die Gräfin Braci kennen gelernt, alles nette Leute, und mein junger Freund Conte Alberti würde mich täglich in ein anderes Haus schleppen, wenn ichs zuließe. Ich bin so glücklich ohne die grosse Welt und muss über den deplacirten Eigensinn der Glücksgöttin lachen, die mich mit Möglichkeiten überschüttet, die andre überglücklich machen würden, während sie mich belästigen» (Original London, BL Ms. Add. 74771A). 40 À titre d’exemple wird im folgenden ein Brief wiedergegeben, den Curtius nach der Rückkehr von Rom nach Heidelberg an sie am 4.4.1929 richtete: Dear Mrs Strong You have a wonderful way of continuing your kindnesses to me. First came Geoffrey Scott’s book & today your own stately volumes. I can no more delay my thanks though I meant to have finished first the Architecture of Humanism. But your new gift urges me to write immediately and to tell you how much joy your books have given me. I ought to have written long ago, I know. But during the first time after my coming home I felt so utterly wretched that I did not dare to write. I was homesick after Rome. The separation from the Urbs meant & means a grief which only time can mitigate. Everything here seemed dull & cheap - the houses & churches, the trees, even the sky - compared to the glowing beauty & grandness of Rome. I have often thought of that wonderful last afternoon when we went to St Peter’s & I still see the shaft of light shooting down on Bernini’s tabernacle. I feel as if I had some claim now to the citizenship of Rome. I shall always consider it as a patria d’elezione. Happy you who can devote your work & your enthusiasm to the beloved city. Happy me for whom Rome held in store such a friendship as yours. Among the many good & beautiful things I owe you is the acquaintance with G Scott’s book. You cannot imagine what it means to me. It is just the book I have been waiting for & without you I wouldn’t have found it. You know that Baroque architecture has been for me the central artistic experience of Rome. I have read a good deal about it at the Hertziana. But neither [Albert Erich] Brinckmann nor [Alois] Riegl provided me with an answer to the question which beset me. They gave historical accounts or psychological interpretations, but what I wanted was aesthetic discussion & appreciation. And this G Scott affords me in the highest quality. His argument is as clever & convincing as his style is beautiful. Rarely has a book given me to that degree the sensation of a perfect & flawless intellectual achievement. To master the contents of such a book is a wonderful enjoyment for soul & spirit. I wish you would tell me something about the author and about the position he occupies in the opinion of the cultivated English public. As for your own book [=Art in Ancient Rome, 1928], it will teach me to understand the other great period of Roman art & I shall be delighted to be your pupil. My memory is filled with beautiful images of Roman monuments. But, for lack of knowledge, I have not been able to put them into order. This your book will help me to do. And when I go to Rome the next time, I shall be able to enjoy it more deeply & more consciously. I do look forward to seeing you soon. […] Yours grateful & devoted ER Curtius» (Original Cambridge, Girton College Archive GCPP Strong 3/ 12) 41 Tesche (2003). 2_IH_Italienisch_70.indd 41 30.10.13 09: 25 42 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann 42 Wuttke (1989), S. 221-248. 43 Aby Warburg: Gesammelte Schriften, Bd. II, 1.2. Hrsg. von Martin Warnke (Studienausgabe / Der Bilderatlas MNEMOSYNE, Berlin: Akademie Verlag, 4 2010). 44 Curtius (Rom, 1.3.1929) an Paul Jacobsthal: «Der eigentümliche Rhythmus der römischen Lebens-Mischung aus Vielgeschäftigkeit, ständigem Wechsel und Indolenz läßt mich erst heute dazu kommen, Ihnen für Ihren letzten Brief zu danken […]. Ich rüste nun zur Abreise, denke am 11. März wieder in H.[eidelberg] zu sein. Der Abschied ist bitter, weil Rom kennen eine immer unvollendbare Aufgabe bleibt. Doch möchte ich über Rom lieber mit Ihnen sprechen als schreiben. Wollen Sie mich nicht im April in H. besuchen? […] Gestern hatte ich einen meiner tiefsten Eindrücke vom antiken Rom & der Antike überhaupt: Die Pythagoreerbasilika vor Porta Maggiore. Zu mir spricht Raumform stärker als Plastik und tiefer als Malerei. Einen intakten Mysterienkultraum auszutasten ist schlechthin erschütternd, und bringt mir jenes ferne Menschentum näher als irgend etwas anderes vermöchte. - So ähnlich übrigens auch die Grabungen unter San Sebastiano. - Klemperer dirigirt im Augusteo - Anlaß schönen Zusammenseins. Emil Ludwig ‹lo grande storico tedesco› signirt indessen hier seine Reklame» (Original Oxford, BL Special Collections Jacobsthal Box 2 BWA 4). 45 Curtius (Rom, 13.2.1929) an Max Rychner: «Ich bin sehr bewegt durch die vatikanischen Ereignisse. (Man spricht natürlich hier von nichts anderm). Ich geniesse ästhetisch diesen Triumph der conservativen Idee. Dynamisch viel merkwürdiger & bedeutender als alle rechts- oder linksradicalen Revolutionen. Die Staatsdenker der Restauration wußten viel zu sagen von der Makrobiotik der Staaten (Balzacs longévité). Jetzt hat man ein grossartiges Beispiel davon. - Aber auch geistig höchst bedeutsam. Das Papsttum neubelebt in seiner universalen Mission und Potenz. Eine geistige Macht, die sich auch materiell wieder durchsetzt. Was bedeuten Kellogg, Briand e tutti quanti neben dieser religiös-moralischen Autorität. - Gestern abend war ganz Rom illuminirt. Aus den Fenstern der Kapitolspaläste hingen alte Gobelins. Auf einem die Inschrift: arx omnium nationum. Heute sah ich im Film die Unterzeichnung des Paktes im Lateran durch Mussolini & Gasparri. Schau dir das an. Und dann den Segen des Papstes. Die Bewegung seiner Arme: das väterliche Umfassen. Seine Ergriffenheit» (Original Privatbesitz). 46 Curtius (Grand Hotel de Russie, 14.2.[1929]) an Erich Alport: «Ich bin sehr froh, das weltgeschichtliche Ereignis des Concordats hier miterlebt zu haben. Man spricht begreiflicherweise von nichts anderm, und die psychologischen Reflexe der römischen Gesellschaft geben der Tatsache eine buntschillernde Färbung, die kein Zeitungsbericht wiederzugeben vermag. Solche Kleinigkeiten wie Reparationsconferenzen verschwinden davor durchaus. Die Wiederherstellung der päpstlichen Souveränität erscheint mir als die ästhetisch großartigste Verwirklichung der Konservativen Idee, darum auch rein politisch-dynamisch von einer Tragweite neben der Kelloggpakt, Völkerbünde etc. ganz verblassen. Das Papsttum ist ungeheuer gestärkt, und zwar grade dadurch, dass der Vatikanstaat die weltliche Macht nur noch symbolisirt. Sublimste Vergeistigung des Territorialprinzips. Der Papst hat das in seiner Ansprache an die römischen Pfarrer sehr schön angedeutet, in einem Vergleich mit Franz v. Assisi. Du mußt Dir den offiziellen päpstlich autorisirten Versöhnungsfilm ansehen. Die Ergriffenheit, die väterliche Rührung des Papstes, wie er von der Benediktionsloggia die Hände ausbreitet in einem wundervollen Gestus. Die Würde des alten Gasparri; das Augenfunkeln Mussolinis. Dass in unserer Zeit das ‹Tempo› besiegt wird von der Dauer, die Börsen- und Jazzwelt von einer spirituellen Macht, die materialistische Politik von einem Priester - das ist erhebend und mitreißend. Die universale Mission Roms tritt in ein neues Wirkungsstadium» (Original London, BL Ms. Add. 74771A). 2_IH_Italienisch_70.indd 42 30.10.13 09: 25 4 3 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna 47 Curtius (Bonn, 4.4.1930) an Paul Jacobsthal: «Wir sind seit 12 Tagen aus Italien zurück, waren zuletzt 3 Wochen in Rom, ein ungetrübt schöner Aufenthalt mit vielen befreundeten Menschen und der Freude der Wiederbegegnung mit den großen Monumenten» (Original Oxford, BL Special Collections Jacobsthal Box 2 BWA 4). 48 Ernst Robert Curtius (Bonn, 19.3.1934) an Ludwig Curtius: «Wir müssen uns eben an einen neuen, bescheidensten Lebensstandard gewöhnen. Doch wäre mir gerade jetzt ein Wiedersehen mit Italien wertvoll gewesen - da ich in meinem Sommercolleg das ital. Trecento & Quattrocento behandeln will. Dafür ist es mir wichtig, die geistigen Strömungen des modernen Italien etwas zu kennen. Ich informire mich aus [Benedetto] Croce, [Gioacchino] Volpe, [Edmondo] Solmi, [Roberto] Michels. Es hat ja in den letzten 30 Jahren eine Umwertung auf allen Gebieten stattgefunden. Das meiste ist freilich nur als Symptom bezeichnend, nicht sachlich neu oder wertvoll. Aber es ist nicht gleichgültig zu wissen, was für ästhetische, philosophische, historische Ideologien das moderne Italien producirt - und wie von da aus die Communen, Dante, Petrarca, der Humanismus, die französische und die deutsche Cultur erscheinen» (Original Nürnberg, GNM NL Ludwig Curtius ZR ABK 392). 49 Curtius (Bonn, 15.1.1935) an Rudolf Smend: «Sie werden nicht erwarten, dass ich Ihnen einen kurzen Stimmungsbericht aus Rom vorlege. Ich gehöre meiner tiefsten Natur nach so sehr dorthin, dass ich mich hier immer fremd gefühlt habe und fremd fühlen werde. Ludwig Curtius war natürlich ein geistig und seelisch eminent produktiver Begleiter sowohl im Thermenmuseum wie in Viterbo wie endlich auf einer Autofahrt über Albano, Ferentino, Itri nach Gaeta, wo jeder Ort grosse geschichtliche Erinnerungen aufruft. Von Deutschen sah ich den ehemaligen Reichswehrminister Gessler, der mir einen sehr starken Eindruck gemacht hat. Im übrigen ist Rom leer. In der Sixtinischen Kapelle waren ausser meiner Frau und mir ganze drei Menschen» (Original Göttingen, NSLB Cod. Ms. R. Smend A 137). 50 Vgl. die Einzelheiten bei Thomas Fröhlich, «Das Deutsche Archäologische Institut in Rom in der Kriegs- und Nachkriegszeit bis zur Wiedereröffnung 1953», in: Michael Matheus (Hrsg.), Deutsche Forschungs- und Kulturinstitute in Rom in der Nachkriegszeit, Tübingen: Max Niemeyer 2007, S. 139-179, bes. S. 141 f. 51 Ernst Robert Curtius (Bonn, 13.2.1935) an Siegfried A. Kaehler in Göttingen (Göttingen, NSUB Sign. S. A. Kaehler 1,28). 52 Ernst Robert Curtius (Bonn 6.2.1937) an René Janin: «Wir haben in Rom drei sonnige Wochen gehabt. Es waren Feste des Lichtes für die dumpf gewordenen Augen. Und dennoch sind wir jetzt glücklich hier zu sein und den nordischen Vorfrühling zu erleben» (Original Bonn, ULB NL Curtius, E.R. IIb). 53 Vgl. Hausmann (2007). Die umfangreiche und tiefschürfende Korrespondenz zwischen Ernst Robert Curtius und Gass ist inzwischen in italienischer Übersetzung zugänglich: Ernst Robert Curtius - Karl Eugen Gass, Carteggio e altri scritti a cura di Stefano Chemelli e Mauro Buffa, Lavis: La Finestra Editrice 2009. Insbesondere die Briefe aus der Zeit, als Gass Stipendiat an der Scuola Normale di Pisa und später-Abteilungsassistent im Deutschen Kulturinstitut (Kaiser-Wilhelm-Institut) in Rom war, sind eine weitere Quelle für Curtius’ Italienkonzept. Zit. sei exempli gratia ein Passus aus Curtius’ Brief vom 29.5.1942 in deutscher Sprache (Kopie Augsburg, UA ‹Romanistenarchiv›): «Ich empfinde Romanität (Rom & Römertum) und italianità als 2 ganz verschiedene Dinge. Rom ist universal, und vielleicht die grösste historische Gestaltung des Universalen überhaupt. Italien ist provinzial. Darum ist jeder Deutsche, der durch Goethe & Ranke gebildet wurde, auch ein Römer - aber beileibe kein Italiener. Es wäre reizvoll, diese Dialektik zu entfalten» (ital. Übers. Carteggio, S. 61). Gerade dieser Brief zeigt allerdings, dass die italienische 2_IH_Italienisch_70.indd 43 30.10.13 09: 25 4 4 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann Übersetzung nicht unproblematisch ist. Der Brief ist, ohne daß dies angezeigt würde, um ein Drittel gekürzt. Auch haben sich Missverständnisse eingeschlichen. Der Satz «Die Tätigkeit und Existenzform des Petrarca-Hauses spricht Bände» wird z.B. übers. «Ci sono volumi che parlano dell’attività e dell’esistenza del Petrarca». Dieser Mangel ist auch in zahlreichen anderen italienischen Übersetzungen zu konstatieren. 54 Eine Ausnahme machte sein ehemaliger Doktorand Gustav René Hocke (1908-1985), der als Journalist für verschiedene Zeitungen in Rom tätig war und das Ehepaar Curtius herumfuhr, vgl. Hocke (2004), S. 404-405. - Vgl. auch Jacques Heurgon, «Curtius et Rome», in: «Hommage à E.R. Curtius» (1956), [s.p.]. Heurgon zitiert aus dem letzten Brief, den er von Ernst Robert Curtius Weihnachten 1954 erhielt: «Nous sommes ici depuis le commencement de novembre et comptons y rester jusqu’en mars: Que de souvenirs, tant radieux, tant mélancoliques! Mon viel ami Ludwig Curtius n’est plus, Eugenia Strong repose au Campo Verano, comme Steinmann, Directeur de la Hertziana, au Cimetière des Protestants. Près de lui gît la fondatrice de la Hertziana, Mademoiselle Hertz, dont le tombeau porte le mot: heureka. Rome a beaucoup changé depuis la guerre, et ne cesse de changer. Quand je me souviens de mon premier séjour à Rome en 1912, c’est déjà presque un demi-siècle que je vois défiler. Vous rappelez-vous San-Francesco à Ripa? Je vous y avais conduit pour voir le monument funèbre de la bienheureuse Louise Albertoni. J’ai fait la même promenade avec Ilse ces jours-ci». Ernst Robert Curtius (Rom, 18.11.1954) an Max Rychner: «Lieber Max, nun sind wir schon zehn Tage hier und ich habe Dir immer noch nicht geschrieben. Das kommt daher, daß ich morgens 2 Stunden und nachmittags wieder eine Stunde gehe und damit nicht nur einem Gebot des Arztes nachkomme, sondern einen tiefen Drang alles wiederzusehen. 1912 war ich zum 1. Mal in Rom. Damals hatte es noch 500.000 Einwohner, heute über 2 Millionen. Die Vermassung der Welt macht sich hier besonders fühlbar. Aber man sieht doch von Zeit zu Zeit inselgleich die Vergangenheit wieder auferstehen, und wir dürfen hier auch nicht verlangen, daß auf unsere privaten Gefühle Rücksicht genommen wird. Es ist nicht so sehr der Faschismus als ein schon vorher einsetzender u. weiterhin nachwirkender Modernismus à tout prix, der 1870 angefangen hat, und von dem ich 42 Jahre übersehe. Aber das alles einmal abgeschrieben bleibt noch soviel des Schönen, daß man jeden Tag tief aufatmen möchte vor Beglücktheit. Allmählich bilden sich unsere Lebensgewohnheiten heraus. Wir lernen wieder die alten Wege gehen, verschleiert nur durch den Tod eines Freundes, der eben seinen 80. Geburtstag feiern würde - Ludwig Curtius» (Original Privatbesitz). 56 Ernst Robert Curtius (Rom, 14.12.1954) an Max Rychner: «Wir haben es mit unserer Pension sehr gut getroffen, haben ein Zimmer mit anschliessendem Bad und ein zweites mit schoener Terrasse, das Ilse als Büro dient und mir als Besuchszimmer. Mein Zimmer geht auf einen Innenhof des im Palaststil gebauten Hauses heraus und hat den Vorteil einer Stille, wie ich sie in Bonn vergeblich ersehne. Das ist aber das Einzige, was von der Stille in Rom zu sagen ist. 1928 sagte mir ein englischer Freund: don’t you find Rome a very noisy city? Er konnte damals noch nicht ahnen, dass 20 Jahre spaeter Vespas das Strassenbild beherrschen wuerden, ganz abgesehen von der Zunahme der Motorisierung. Rom bekommt mir bisher ganz ausgezeichnet. Da es ueber 1600 [k]m von Bonn entfernt ist, waren einige Akklimatisationsschwierigkeiten zu ueberwinden. Ich habe auch fuer die laengsten Winterferien genug Lektu[e]re an den vier Schlussbaenden von Toynbee» (Original Privatbesitz). 57 Richard Herbig, «Ludwig Curtius (1874-1954) zum Gedächtnis»,-in: -Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts Römische Abteilung-62, 1955, S. 185-200. 58 Ernst Robert Curtius (Rom, 29.3.55) an Walter Boehlich: «So waren wir neulich in der Villa des Horaz, dann in der Klosterzelle des Hl. Benedikt in Subiaco, dann Palestrina, 2_IH_Italienisch_70.indd 44 30.10.13 09: 25 4 5 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Ostia Antica. Aber wenn man nicht ein Yor[c]k von Wartenburg ist, faellt es schwer, solche Eindruecke zu beschreiben. Dann tauchen wieder Besuche auf, wie neulich Reinhardts [ =Karl R., Frankfurt a.M.] und jetzt Schuchhardts [= Walter-Herwig Sch., Freiburg i.Br.]. Allmaehlich geht unser roemischer Winter seinem Ende entgegen. […] Als ich im Jahre 1912 zum ersten Mal in Rom war, schwor ich mir, dass ich diese Stadt jedes Jahr besuchen wuerde. Aber ich hatte nicht gerechnet, dass ich am 1. November 1913 in Bonn habilitiert wuerde, und noch weniger damit, dass 1914 ein Weltkrieg ausbrechen wuerde. Nachher kam die Inflation, und meine ersten Schritte tat ich 1912 auf italienischem Boden. Nach Venedig. Erst 1924 langte es wieder nach Rom. Ich will diese Geschichte nicht fortsetzen, aber sie beweist das Eine, dass man im Alter in Fuelle hat, was man sich in der Jugend ertraeumt» (Original Archiv des Verlags der Autoren im Universitätsarchiv Frankfurt a.M., NL Walter Boehlich). 59 Burckhardt / Rychner, Briefe (1987), S. 187; 189. 60 Vgl. dazu seinen Brief (Capri, le 9 mars 1935) an den zu diesem Zeitpunkt in Costa Rica lebenden Freund René Janin: «Nous sommes déjà sur le retour. Le 19 mars au plus tard nous aurons franchi la frontière allemande. D’ici-là, j’espère montrer Florence à Ilse. Puisqu’elle raffole des musées et comme d’autre part nous avons peu de chance de faire d’autres voyages à l’étranger. Il faut avoir vu les châteaux de la Loire, avoir vu Florence, ne fût-ce qu’une seule fois. Tandis qu’il faut avoir habité Rome, habité Paris. Ce pauvre Stendhal qui se voulait Milanais. C’est bien peu. Etre florentin ne vaut guère mieux. Mais avoir le droit de cité à Rome - fût-ce au figuré - c’est une empreinte de celles que nous disons éternelles» (Original Bonn, ULB NL Curtius, E.R. IIb). 61 Frank-Rutger Hausmann [u.a.] (Hrsg.), «Italien in Germanien». Deutsche Italien- Rezeption von 1750-1850. Akten des Symposiums der Stiftung Weimarer Klassik Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Schiller Museum, 24.-26. März 1994, Tübingen: Gunter Narr 1996. 62 Vgl. dazu demnächst meinen Aufsatz «Ernst Robert Curtius in den Vereinigten Staaten von Amerika», in: Archiv für das Studium der Neueren Sprachen und Literaturen (Herbst 2013). 63 Vgl. z.B. Peter Jehn: «Die Ermächtigung der Gegenrevolution. Zur Entwicklung der kultur-ideologischen Frankreich-Konzeption bei Ernst Robert Curtius», in: Michael Nerlich (Hrsg.): Kritik der Frankreichforschung 1871-1975, Karlsruhe: Argument-Verlag, 1977, S. 110-132. 64 Curtius, Büchertagebuch (1960), S. 66-67. Vgl. auch Fischer (2000), S. 65-66. Der Text ist jetzt wieder greifbar bei Wilfried F. Schoeller (Hrsg.), Diese merkwürdige Zeit. Leben nach der Stunde Null. Ein Textbuch aus der «Neuen Zeitung», Frankfurt a.M. [u.a.]: Edition Büchergilde 2005, S. 438-441. Bibliographie Bem, Jeanne / André Guyaux (éd.): Ernst Robert Curtius et l’idée d’Europe. Actes du Colloque de Mulhouse et Thann des 29, 30 et 31 janvier 1992, Paris: Honoré Champion 1995. Berschin, Walter / Arnold Rothe (Hrsg.): Ernst Robert Curtius. Werk, Wirkung, Zukunftsperspektiven. Heidelberger Symposion zum hundertsten Geburtstag 1986, Heidelberg: Carl Winter 1989. 2_IH_Italienisch_70.indd 45 30.10.13 09: 25 4 6 Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Frank-Rutger Hausmann Carl. J. Burckhardt - Max Rychner: Briefe 1926-1965. Hrsg. von Claudia Mertz-Rychner, Frankfurt a.M.: Fischer Taschenbuch Verlag 1987. Christmann, Hans Helmut: Ernst Robert Curtius und die deutschen Romanisten. Stuttgart-Wiesbaden: Franz Steiner 1987 (Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz: Abh. d. Geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse, Jg. 1987, Nr. 3). Curtius, Ernst Robert: Deutscher Geist in Gefahr. Stuttgart - Berlin: Deutsche Verlags-Anstalt 1932. Curtius, Ernst Robert: Kritische Essays zur europäischen Literatur. Bern: A. Francke 1950; 2 1954. Curtius, Ernst Robert: Büchertagebuch. Mit einem Nachwort von Max Rychner, München: Francke Verlag 1960 (Dalp-Taschenbücher, 348). Curtius, Ernst Robert: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. Bern und München: Francke Verlag 6 1967 (zit. als ELLMA). Curtius, Ludwig: Deutsche und antike Welt. Lebenserinnerungen. Stuttgart: DVA 1950. Duchatelet, Bernard: «La correspondance Curtius-Romain Rolland», in: Bem / Guyaux (1995), S. 145-165. Fischer, Manfred S.: «Europa» und «das Nationale» bei Ernst Robert Curtius. Ein Essay, Aachen: Fischer 2000 (Edition Serapion). Gelley, Alexander: «Ernst Robert Curtius: Topolgy and Critical Method», in: Modern Language Notes 81, 5, 1966, S. 579-594. Glockner, Hermann: Heidelberger Bilderbuch. Erinnerungen. Bonn: Bouvier & Co. 1969. Grosse Kracht, Klaus: «‹Ein Europa im kleinen› - Die Sommergespräche von Pontigny und die deutsch-französische Intellektuellenverständigung in der Zwischenkriegszeit», in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 27, 2002, S. 144-169. Gumbrecht, Hans Ulrich: Vom Leben und Sterben der großen Romanisten: Carl Vossler, Ernst Robert Curtius, Leo Spitzer, Erich Auerbach, Werner Krauss. München: Hanser 2002. Gundolf, Friedrich: Briefwechsel mit Herbert Steiner und Ernst Robert Curtius. Eingel. u. hrsg. von Lothar Helbing und Claus Victor Bock, Amsterdam: Castrum Peregrini Presse 2 1963. Hausmann, Frank-Rutger: «Meister, Schüler und Meisterschüler. Ernst Robert Curtius (1886-1956) und Karl Eugen Gass (1912-1944)», in: Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte 31, 2007, S. 407-436. Hausmann, Frank-Rutger: «Der Briefwechsel zwischen dem Freiburger Romanisten Hugo Friedrich (1904-1978) und dem Münchener Anglisten Wolfgang Clemen (1909-1990)», in: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen (ASNSpr) 247, 2010, S. 1-23 (mit weiteren Literaturangaben). Hocke, Gustav René: Im Schatten des Leviathan: Lebenserinnerungen 1908-1984. Hrsg. u. komm. von Detlef Haberland, München-Berlin: Deutscher Kunstverlag 2004. Hoeges, Dirk: Kontroverse am Abgrund. Ernst Robert Curtius und Karl Mannheim. Intellektuelle und ‹freischwebende› Intelligenz. Frankfurt a.M.: Fischer 1994. «Hommage à Ernst Robert Curtius», in: Allemagne d’aujourdhui. Extrait du n° 5 septembre-octobre 1956, Paris: PUF 1956. 2_IH_Italienisch_70.indd 46 30.10.13 09: 25 47 Frank-Rutger Hausmann Ernst Robert Curtius und die Roma aeterna Jacquemard-de Gemeaux, Christine: Ernst Robert Curtius (1886-1956). Origines et cheminements d’un esprit européen. Bern [u.a.]: Peter Lang 1998 (Etudes et documents, 43). Kraume, Anne: Das Europa der Literatur. Schriftsteller blicken auf den Kontinent (1815-1945). Berlin: de Gruyter 2010 (mimesis, 50). Lange, Wolf-Dieter (Hrsg.): «In Ihnen begegnet sich das Abendland». Bonner Vorträge zur Erinnerung an Ernst Robert Curtius. Bonn: Bouvier 1990. Lange, Wolf-Dieter: «Have Roma immortalis: l’expérience romaine de Curtius», in: Bem / Guyaux (1995), S. 287-305. Lausberg, Heinrich (†): Ernst Robert Curtius (1886-1956). Aus dem Nachlaß hrsg. u. eingel. von Arnold Arens, Stuttgart: Franz Steiner 1993 (zit. als Lausberg / Arens, 1993). Tesche, Doreen: Ernst Steinmann und die Gründungsgeschichte der Bibliotheca Hertziana in Rom. München: Hirmer 2003. Todd, Jeffrey D.: «Die Stimme, die nie verklingt. Ernst Robert Curtius’ abgebrochenes und fortwährendes Verhältnis zum George-Kreis», in: Bernhard Böschenstein [u.a.] (Hrsg.), Wissenschaftler im George-Kreis. Die Welt des Dichters und der Beruf der Wissenschaft, Berlin-New York: Walter de Gruyter 2005, S. 195-208. Weinrich, Harald: «La Boussole européenne d’Ernst Robert Curtius», in: Bem / Guyaux (2005), S. 307-317. Wuttke, Dieter (Hrsg.): Kosmopolis der Wissenschaft: E. R. Curtius und das Warburg Institute; Briefe 1928-1953 und andere Dokumente. Baden-Baden: Koerner 1989. 2_IH_Italienisch_70.indd 47 30.10.13 09: 25 4 8 D I E T E R ST E L A N D Zwanghaftes Zählen Zu einem Motiv in Moravias Kurzgeschichte Gli indizi und in Calvinos Roman Il cavaliere inesistente Alberto Moravia (1907-1990) war bis kurz vor seinem Tod nicht nur im literarischen, sondern auch im politisch-gesellschaftlichen Leben Italiens ungemein präsent. Er wurde in Rom als Sohn eines Architekten jüdischer Herkunft geboren und hieß mit bürgerlichem Namen Alberto Pincherle. Zwischen seinem neunten und achtzehnten Lebensjahr litt er an Knochentuberkulose und las auf dem Krankenlager zahlreiche Werke der Weltliteratur, darunter Romane von Dostojewski, die ihn besonders stark beeindruckten. Unter seinem Schriftstellernamen Moravia erschien 1929 sein erster Roman, Gli indifferenti, der sein berühmtester Roman wurde und vielleicht sein bester ist. Der Schauplatz ist Rom, und geschildert wird der soziale Niedergang und die innere Haltlosigkeit einer Familie aus dem gehobenen Mittelstand. Der skrupellose Liebhaber der verwitweten Mutter zweier herangewachsener Kinder hat soeben den Rest des Familienvermögens an sich gebracht. Die lethargisch dahinlebende Tochter lässt sich von ihm verführen in der vagen Hoffnung auf eine Ehe, die sie vor dem sozialen Absturz bewahrt, und der Sohn, der Rache nehmen will, insgeheim aber die starke Männlichkeit des erfolgreichen Geschäftsmanns bewundert, schießt auf ihn mit einem Revolver, den zu laden er vergessen hat. Die psychologische Durchdringung von Personen in genau erfassten sozialen Milieus bleibt die Stärke auch der später veröffentlichten Romane und Erzählungen Moravias. Zuvor jedoch, in den dreißiger Jahren, bereist er als Auslandskorrespondent viele Länder und bekommt wegen des politischen Tenors seiner Berichte vom faschistischen Regime Schreibverbot. Erst nach dem Krieg kann er seine journalistische Tätigkeit als Literatur- und Filmkritiker wieder fortsetzen, nimmt zugleich am politischen Geschehen Anteil und ist von 1984 bis 1989 Mitglied des Europaparlaments als Abgeordneter der Kommunistischen Partei Italiens. In diesen Jahrzehnten veröffentlicht er seine weiteren, im mittleren bürgerlichen Milieu spielenden Romane, die wegen ihrer freizügigen Schilderung sexuellen Verhaltens vom Vatikan auf den Index gesetzt werden. Aufsehen erregt Moravia mit seinen Racconti Romani (1953) und Nuovi Racconti Romani (1959). Die Protagonisten sind Icherzähler aus den unteren sozialen Schichten Roms: Kellner und Hausmädchen, Gauner, Handwerker, kleine Angestellte und Arbeitslose. Es ist Moravias unerwarteter Beitrag zum Neorealismus, dem er auch in den sechziger Jahren nahe bleibt. 2_IH_Italienisch_70.indd 48 30.10.13 09: 25 4 9 Dieter Steland Zwanghaftes Zählen Im Verlauf dieses Jahrzehnts schließt sich übrigens auch Dino Buzzati dieser Stilrichtung an. In seinen Kurzgeschichten tritt nun das Phantastische und Surreale in den Hintergrund zugunsten einer vom Journalismus beeinflussten, wirklichkeitsnahen Schilderung ungewöhnlicher Vorkommnisse. Ein eindrucksvolles Beispiel für diese Erzählweise bietet die Lettera noiosa. 1 In eine muntere Plauderei über die Wohltaten des Frühlings streut die Briefschreiberin unvermittelt einzelne Sätze ein, in denen sie der Freundin berichtet, wie sie ihren unerträglich gewordenen Ehemann ermordet und die Leiche beseitigt hat. Zum Schluss fügt sie eine Strickanleitung mit vielen Zahlenangaben hinzu, und nach einer letzten Zahl bricht ihr Brief ab. Es könnte sein, dass Buzzati, der Chefredakteur des Corriere della Sera war, zu dieser Lettera noiosa durch Moravia inspiriert worden ist. Die Kurzgeschichte Gli indizi erschien zuerst 1964 im Corriere della Sera. Sie beginnt so: «Sono uscito dalla casa con la sensazione al tempo stesso precisa e oscura che qualque cosa di insolito mi fosse avvenuto o mi stesse avvenendo; una volta sul Lungotevere mi sono voltato a guardare: liscia e giallognola, con i balconi in forma di portasaponi e le finestre riquadrate di una sottile cornice travertino, la palazzina non aveva davvero niente di anormale. O meglio qualche cosa di insolito c’era: le persiane del secondo piano, tutte senza eccezione, erano chiuse. Mi sono domandato se questa fosse la cosa che mi angosciava ma ho concluso di no; e ho preso a camminare lungo il parapetto del Tevere.» 2 Das unbestimmte Gefühl, das den namenlosen Icherzähler beim Verlassen des Gebäudes beschleicht, etwas Ungewöhnliches sei ihm zugestoßen, versetzt den Leser in eine Zukunftsspannung besonderen Charakters. Man erwartet vom Fortgang der Erzählung Aufklärung über etwas, was in der Vergangenheit geschehen sein muss. Das ist die Bauart der sogenannten analytischen Erzählung, die ihren Namen Schiller verdankt. In einem Brief vom 2. Oktober 1797 schreibt Schiller an Goethe, er suche nach dem Stoff für eine Tragödie von der Art des Oedipus Rex. Diese Dramenform habe unermessliche Vorteile, unter anderem den, «daß man die zusammengesetzteste Handlung […] dabei zum Grunde legen kann, indem diese Handlung ja schon geschehen ist, und mithin ganz jenseits der Tragödie fällt. […] Der Ödipus ist gleichsam nur eine tragische Analysis. Alles ist schon da, und es wird nur herausgewickelt.» 3 2_IH_Italienisch_70.indd 49 30.10.13 09: 25 50 Zwanghaftes Zählen Dieter Steland Zuvor hatte Schiller die aufschlussreiche Bemerkung gemacht: «Dazu kommt, daß das Geschehene, als unabänderlich, seiner Natur nach viel fürchterlicher ist, und die Furcht, daß etwas geschehen seyn möchte, das Gemüth ganz anders affiziert, als die Furcht, dass etwas geschehen möchte.» Sie ist aufschlussreich deshalb, weil das von Schiller vom Betrachter Gesagte sich auf die innere Lage des Protagonisten unserer Erzählung beziehen lässt. Ihn bedrängt und ängstigt die vage Ahnung, es könnte etwas Unabänderliches geschehen sein und eine schreckliche Klarheit stehe ihm bevor. In diesem ungewissen Bewusstseinszustand tritt er auf die Straße und mustert zurückblickend das Gebäude, das er soeben verlassen hat. Auf den ersten Blick hat die Fassade mit den Balkons in Form von Seifenschalen nichts Auffallendes; doch ein zweiter Blick macht ihn auf etwas Ungewöhnliches aufmerksam: die Jalousien im zweiten Stock sind alle heruntergelassen. So wie hier, nimmt er fortan immer wieder im zunächst normal Erscheinenden etwas Ungewöhnliches wahr, so dass die Erzählung vom Vorkommen des Ungewöhnlichen geradezu leitmotivisch durchzogen und rhythmisiert wird. Von ähnlicher Art ist das innere Selbstgespräch des Icherzählers, der sich fragt, ob ihn die heruntergelassenen Jalousien unruhig machten («mi angosciava»), und dies verneint. Am Tiberufer entlang gehend, fällt ihm weit und breit nichts Ungewöhnliches auf; dann jedoch der Umstand, dass sechs Autos derselben Marke und Farbe vorbeifahren und dass jede dritte Platane bedeutend kleiner ist als die anderen. Auch der Fluss, der Zweige davonträgt, hat nichts Ungewöhnliches, außer der Tatsache, dass es neun solcher Zweige sind. In dieser Symmetrie, sechs, drei, neun, scheint ihm etwas zu liegen. Durch die drei Schaufenster eines Cafés sieht er zwei Gäste mit gleichfarbigen Kamelhaarmänteln, und beim Blick in den Spiegel des Cafés bemerkt er einen großen roten Fleck an seinem rechten Hemdsärmel. Er überquert einen Park mit vier Bänken, auf denen vier Paare sitzen, jeweils ist der Mann ein Soldat, und kauft in einer Parfümerie ein Stück Seife. Dann betritt er das Café, versucht auf der Toilette vergeblich den Fleck auszuwaschen und geht in einen Laden, um sich ein neues Hemd zu kaufen. Im Ankleideraum allein gelassen, wird in ihm das Gefühl von etwas Ungewöhnlichem, das ihm jetzt gerade zustößt oder schon zugestoßen ist, so stark, dass er zu weinen beginnt. Als er beim Bezahlen in die Tasche greift, zieht er einen dicken Packen von Geldscheinen hervor, von dem er gar nicht wußte, dass er ihn besitzt. Er kehrt zur Uferstraße zurück mit der Empfindung von etwas Ungewöhnlichem, als sei er in einer Falle eingeklemmt, und die Zeichen (gli indizi) mehren sich: Autos derselben Marke, zwei Vögel, drei Kinder, drei lose Steinplatten auf dem Bürgersteig. Vor dem Haus, das er zuvor verlassen hat, stehen Menschen im Gespräch. Eine alte Dame ist ermordet worden. Anscheinend mit einem Messer. In einem anderen 2_IH_Italienisch_70.indd 50 30.10.13 09: 25 51 Dieter Steland Zwanghaftes Zählen Augenblick wäre er stehengeblieben, denn das war ein interessanter Fall, aber das Gefühl, dass etwas Ungewöhnliches mit ihm geschieht, beschleunigt seine Schritte. Noch ein Vogel, der dritte, sitzt auf einer Platane. Dann lauten die letzten Sätze: «È volato via e io ho preso a correre seguendolo con gli occhi, che affondava nel cielo, come cadendo indietro, sempre più piccolo, sempre più remoto, un punto nero nello spazio grigio. Correvo e piangevo; e ho corso e ho pianto finchè l’uccello non è scomparso del tutto.» Dass der Icherzähler einen Mord begangen hat, begreift der aufmerksame Leser schon weit vor dem Ende. Schon die ersten Sätze konnten es ihn ahnen lassen. Zumal dann, wenn ihm die Erinnerung an Dostojewskis Roman Schuld und Sühne zu Hilfe kam, der Moravia zweifellos zu seiner Kurzgeschichte inspiriert hat. So wie Raskolnikov nach dem Raubmord an der alten Wucherin körperlich und seelisch zusammenbricht, hat auch unser Icherzähler eine Tat begangen, der er nicht gewachsen war. Ihn jedoch hat der Mord so verstört, dass sein Bewusstsein ihn nicht wahrhaben will. Er verdrängt das Geschehene, ohne es doch ganz aus der Erinnerung löschen zu können. Aus einer Tiefenzone unterhalb der Bewusstseinsschwelle meldet es sich an, beunruhigt und ängstigt ihn. Und in diesem Zustand beginnt er zu zählen. Moravia hat sich aus guten Gründen für die Darbietungsform der Icherzählung entschieden, aber zwingend war diese Entscheidung nicht. Auch in einer Er-Erzählung kann der Autor innerseelische Vorgänge in allen Abschattierungen des halben Bewusstseins vergegenwärtigen, wie schon ein Blick in Dostojewskis Roman lehrt. Moravia hat seine Icherzählung jedoch nicht so angelegt, wie das gemeinhin geschieht. Das Besondere daran wird auffällig, wenn man sich fragt: Wo befindet sich eigentlich der Icherzähler in dem Augenblick, in dem er erzählt? Muss man sich vorstellen, dass er im Gefängnis sitzt, oder in einer Anstalt? Dass er ein Gegenüber hat, oder dass er das Erlebte niederschreibt? Auf diese Fragen gibt die Erzählung mit ihrem offenen Schluss keine unmittelbare Antwort, wohl jedoch eine indirekte, nämlich mit den ungewöhnlichen Tempora der Verben: nicht imperfetto / passato remoto, sondern imperfetto / passato prossimo. Die Normalform zeigt an, dass der Erzähler Distanz zum Erzählten hat und das Vergangene zu der Situation, in der er sich jetzt befindet, in keinem unmittelbaren Zusammenhang steht. Die hier gewählten Tempora hingegen besagen, dass das Vergangene für den Sprecher (und den Zuhörer) von aktueller Bedeutung ist. Nach der Terminologie von Harald Weinrich ist das der Unterschied zwischen den Tempora der erzählten und denen der besprochenen Welt. 4 2_IH_Italienisch_70.indd 51 30.10.13 09: 25 52 Zwanghaftes Zählen Dieter Steland Es gibt eine berühmte Icherzählung, in der ebendiese Tempora der besprochenen Welt gleichfalls dominant und entsprechend auffällig sind: L’Étranger, von Albert Camus. Sie ist 1942 erschienen. 5 Die ersten Sätze lauten: «Aujourd`hui, maman est morte. Ou peut-être hier, je ne sais pas.» - «Heute ist Mama gestorben. Oder vielleicht auch gestern, ich weiß es nicht.» Um am Begräbnis seiner Mutter in einer nahegelegenen Stadt teilnehmen zu können, muss Meursault bei seinem Chef vorstellig werden. «J’ai demandé deux jours de congé à mon Chef.» - «Ich habe meinen Chef um zwei Tage Urlaub gebeten.» «Je lui ai même dit …» - «Ich habe ihm sogar gesagt…» Wie man beim Lesen deutlich verspürt, ist die Wahl der Tempora abgestimmt auf den Inhalt der Erzählung, und das heißt, auf den seltsamen Charakter des Protagonisten. Auch Meursault tötet jemanden, einen Araber, der seinen Freund bei einem Streit mit einem Dolch verletzt hatte. Bei glühender Sonne am Strand entlanggehend, trifft er mit seinen Freund auf den dasitzenden Araber, der drohend mit seinem Dolch spielt; um ihn in Schach zu halten, hebt Meursault den Revolver, den sein Freund ihm in die Hand gedrückt hat, und es ist der vom Dolch zurückgeworfene gleißende Sonnenstrahl, der den tödlichen Schuss auslöst. Alles Geschehende aber, das Vorangegangene und das dann Folgende: Das Gespräch mit dem Gefängnisgeistlichen, der in ihn dringt, die Tat zu bereuen, die verständnislosen Richter, die ihm Mord unterstellen, die Verkündigung des Todesurteils bis zu dem Morgen, an dem er auf seine Hinrichtung wartet, alles das erlebt Meursault in einem Zustand der Fremdheit inmitten einer ihn absurd anmutenden Umwelt. An diesem letzten Morgen überfällt ihn wie ein Erweckungserlebnis eine Einsicht, die ihn die Welt, so wie sie ist, gutheißen lässt: «Je m’ouvrais pour la première fois à la tendre indifférence du monde.» - Zum ersten Mal öffnete ich mich der zärtlichen Gleichgültigkeit der Welt.» Jetzt wünscht er sich nur noch viele Zuschauer bei seiner Hinrichtung, und dass sie ihn - so seine letzten Worte - mit Schreien des Hasses empfangen - «avec des cris de haine.» Legt man sich nach der Lektüre des Étranger die Frage vor, wo und wann Meursault das Geschehene erzählt haben könnte, ergibt sich eine klare Antwort. Offenkundig hat er es nicht einem ihm gegenüber sitzenden Zuhörer berichtet. Nach allem, was man von ihm weiß, ist auch eine Niederschrift nicht denkbar. Angesichts des Anfangs: «Heute ist Mama gestorben, oder vielleicht gestern», müssten es zudem Aufzeichnungen in der Art eines Tagebuchs sein. Klarheit schafft allein die Vorstellung, dass hier Vergangenes nicht als Ferngerücktes erzählt wird, nicht aus der festliegenden Perspektive einer Gegenwart, von der aus auf alles zurückgeblickt würde; der Icherzähler befindet sich vielmehr zu jedem Zeitpunkt mitten im Geschehen, so dass im Fortgang der Handlung die Erzählperspektive mit wandert. 2_IH_Italienisch_70.indd 52 30.10.13 09: 25 53 Dieter Steland Zwanghaftes Zählen Diese Erzählung von Albert Camus, die Moravia zweifellos kannte, dürfte für das richtige Verständnis der Erzählweise in Gli indizi den Schlüssel liefern. Der Leser soll den Text nicht etwa mit der Vorstellung zu Ende denken, dass der Icherzähler seine Geschichte irgendwo jemandem anvertraut oder niedergeschrieben hat, sondern begreifen, dass der von seiner Tat aus der Bahn geworfene Mörder von dem Augenblick an, in dem er auf die Straße tritt, jeden der folgenden Augenblicke sozusagen vor sich hin erzählt. Anders als Camus L’Étranger hat Moravias Kurzgeschichte allerdings einen offenen Schluss, der verwirren kann. Zwanghaft zurückgekehrt zum Ort der Tat, treibt es den Mörder ebenso zwanghaft hinweg; er beginnt zu laufen und zu weinen, den Blick auf einen Vogel geheftet, der in den Himmel eindringt. Aber an dieser Stelle bricht die Erzählung nicht einfach ab, sondern sie kann enden, weil es darin um die Vergegenwärtigung eines inneren Geschehens ging, das mit seiner letzten Phase vollständig erfasst ist. Nachdem der erinnerungslos gewordene Mörder das Gespräch vor dem gelben Haus gehört hat, geht sein bisheriges Umherwandern in ein Laufen über, mit dem Blick auf einen Vogel, der im Himmel verschwindet, als stürze er hinten über, «come cadendo indietro». Das Davonlaufen vor dem übermächtig gewordenen Verdrängten ist an eine Grenze geraten, jenseits derer es nur noch das Erwachen gibt - oder den Sturz des Bewusstseins ins Bodenlose, ins Nichts. Das Motiv des Zählens kommt auch in Calvinos Roman Il cavaliere inesistente vor. Dort begegnet es im zweiten Kapitel. Ich halte es jedoch für sinnvoll, das zuvor Erzählte zunächst außer Acht zu lassen, und die betreffende Stelle allein für sich genommen näher zu betrachten. Für das Verständnis des Beginns genügt es zu wissen, daß der Protagonist von einem anderen beobachtet wird. «Lo scorse sotto un pino, seduto per terra, che disponeva le piccole pigne cadute al suolo secondo un disegno regolare, un triangolo isoscele. A quell’ora dell’alba, Agilulfo aveva sempre bisogno d’applicarsi a un esercizio d’esatezza: contare oggetti, ordinarli in figure geometriche, risolvere problemi d’aritmetica. È l’ora in cui le cose perdono la consistenza d’ombra che le ha accompagnate nella notte e riacquistano poco a poco i colori, ma intanto attraversano come un limbo incerto, appena sfiorate e quasi alonate dalla luce-: l’ora in cui meno si è sicuri dell’esistenza del mondo. Agilulfo, lui, aveva sempre bisogno di sentirsi di fronte le cose come un muro massiccio al quale contrapporre la tensione della sua volontà, e solo così riusciva a mantenere una sicura coscienza di sé. Se invece il mondo intorno sfumava nell’incerto, nell’ambiguo, anch’egli si sentiva annegare in questa morbida pe- 2_IH_Italienisch_70.indd 53 30.10.13 09: 25 5 4 Zwanghaftes Zählen Dieter Steland nombra, non riusciva più a far affiorare dal vuoto un pensiero distinto, uno scatto di decisione, un puntiglio. Stava male: erano quelli i momenti in cui si sentiva venir meno; alle volte solo a costo d’uno sforzo estremo riusciva a non dissolversi. Allora si metteva a contare: foglie, pietre, lance, pigne, qualsiasi cosa avesse davanti. O a metterle in fila, a ordinarli in quadrati o in piramidi. L’applicarsi a queste esatte occupazioni gli permetteva di vincere il malessere, d’assorbire la scontentezza, l’inquietudine e il marasma, e di riprendere la lucidità e compostezza abituali.» (S. 968 f.) 6 In diesen Sätzen erfährt man über das zwanghafte Zählen sehr viel mehr als in Moravias Kurzgeschichte, ja man hat den Eindruck, dass die hier gegebenen Aufschlüsse dem Phänomen auf den Grund gehen. Das Zählen, bei dem der Mann in unserem Vergleichstext beobachtet wird, ist eine ‹Zwangshandlung›, wie sie bei den Psychologen im Buche steht. 7 In der Morgendämmerung verspürt er immer die Notwendigkeit zu zählen («aveva sempre bisogno» … «contare oggetti»). Den Icherzähler Moravias hatte dieser Zwang erst nach dem begangenen Mord befallen. (Eine weitere Zwangshandlungen hatte sich angemeldet, als ihm die Balkone wie Seifenschalen vorkamen: der Wasch- und Reinigungszwang, dem Lady Macbeth nach dem Mord an König Duncan anheimfällt.) Beiden Protagonisten dient das Zählen der Abwehr oder Überwindung einer unguten Empfindung, und im Vergleichstext wird sie sehr ausführlich beschrieben. Im letzten Satz mit dem Wort Unwohlsein («malessere») und weiteren sinnverwandten Worten; in den voranstehenden Sätzen jedoch mit weit stärkeren Ausdrücken, und dies in einem sozusagen existenzumgreifenden Zusammenhang. Der Zählzwang setzt ein in der Morgenstunde, die alles in ein ungewisses Zwielicht taucht: In der Stunde, in der man der Existenz der Welt am wenigsten sicher ist. Der Mann unter der Fichte braucht das Gefühl, die Welt als ein festes Gegenüber zu haben; nur das verschafft ihm ein verlässliches Bewusstsein seiner selbst. Wenn sich die Welt um ihn her ins Ungewisse auflöst, fühlt auch er sich ins Leere («vuoto») versinken und unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. In diesen Augenblicken fühlt er sich dahinschwinden und kann der Selbstauflösung nur mit äußerster Anstrengung Einhalt gebieten. In Moravias Icherzählung setzt der seelische Vorgang, der zum zwanghaften Zählen führt, anders ein. Nicht mit der unsicher gewordenen Welt, sondern mit einer inneren Empfindung. Sie erst lenkt den Blick des Icherzählers auf die Außenwelt, die ihm unsicher geworden ist und die er befragt, um eine beruhigende Antwort zu erhalten. Anders ist auch, was das Zählen bewirkt. Dem Protagonisten des Vergleichstextes verhalf es dazu, inmitten der 2_IH_Italienisch_70.indd 54 30.10.13 09: 25 55 Dieter Steland Zwanghaftes Zählen unfest gewordenen Welt wieder festen Boden zu gewinnen. Dem Halt suchenden Protagonisten der Kurzgeschichte hingegen werden die Zahlen zu geheimnisvollen Zeichen einer Wahrheit, die ihm verschlossen bleibt. Indessen handeln offenbar beide Texte von einem gestörten Weltbezug. Beide Personen hat es heraus versetzt aus den gewohnten Lebensbezügen, in denen jedes Ding seinen festen Platz hat und das Ich zuhause ist. Die Welt ist zu etwas Fremdem geworden, und das Ich zu einem Fremdling in der Welt. Und beide versuchen, in die altgewohnte Ordnung zurück zu gelangen. Das gelingt nur, wenn die Welt ihr früheres Gesicht zurückgewinnt. Die Festigkeit der Welt und des Ichs bedingen einander wechselseitig. Für den Icherzähler war der auslösende Moment für die Verwandlung des Weltbezugs der vergessene Mord, dessen nicht ganz gelingende Verdrängung sich in einer unbestimmten Empfindung anmeldete. Für den Protagonisten des Vergleichstextes war es die Morgenstunde, die alles in ein Zwielicht taucht. So jedenfalls sagt es der von uns zitierte Passus. Liest man ihn in seinem Zusammenhang, wird jedoch klar, dass auch dieser Mann seiner ganzen Natur nach ein sonderbarer Fremdling in der Welt ist. Der seltsame Titelheld des Romans, so erfährt man eingangs, ist ein Ritter im Heer der Franken. Vor den Mauern von Paris ist das Heer zur Parade angetreten und wartet auf Karl den Großen an diesem heißen Tag schon seit gut drei Stunden. In den Rüstungen schmort es wie in Kochtöpfen auf kleiner Flamme, und es ist gut möglich, dass mancher Ritter schon ohnmächtig geworden oder eingeschlummert ist, und nur der Harnisch ihn aufrecht im Sattel hält. Ein Trompetensignal ertönt, die Schnarchgeräusche aus den Helmen verstummen, und Karl der Große wendet sich der Reihe nach an seine Paladine mit der immer gleichen Frage: «Ecchisietevói? », worauf der Befragte das Visier hebt und die gewünschte Auskunft nach dem immer gleichen Schema gibt. Der letzte in der Reihe ist ein Ritter in makelloser weißer Rüstung. Auf seinem Wappen sieht man einen Vorhang, der sich über einem kleineren Vorhang öffnet, der sich seinerseits über einem noch kleineren Vorhang öffnet, so dass die immer kleiner werdenden Vorhänge nicht erkennen lassen, worüber sie sich eigentlich öffnen. Der Ritter nennt seinen Namen, Agilulfo, mitsamt vielen exotisch klingenden Beinamen, hebt aber nicht das Visier. Karl der Große will wissen, warum, und Agilulfo, nach einigem Zögern: «weil ich nicht existiere». Das will Karl der Große denn doch genauer sehen, und Agilulfo hebt langsam das Visier. Der Helm ist leer, in der Rüstung ist niemand. Was man nicht alles zu sehen bekommt, staunt Karl der Große, und fragt: wie tue er denn seinen Dienst, wenn er gar nicht da sei? Darauf Agilulfo: «Con la forza di volontà e la fede nella nostra santa causa! » Ach ja, gut gesagt, findet Karl der Große, und wendet sein Pferd, denn in vorgerücktem Alter hält er sich schwierige Fragen vom Leib. 2_IH_Italienisch_70.indd 55 30.10.13 09: 25 56 Zwanghaftes Zählen Dieter Steland Hatte man bis hierhin meinen können, das sei alles nur Scherz, Satire und Ironie, wird man wenig später auf eine mögliche tiefere Bedeutung aufmerksam gemacht. Die Dämmerung bricht herein; Agilulfo sieht erst hier, dann dort nach dem rechten, erinnert an Vorschriften, erteilt Strafen, gibt Befehle und ist zweifellos - so heißt es am Schluss des ersten Kapitels - das Musterbild eines Soldaten, aber allen unsympathisch. Agilulfo ist offenbar die Verkörperung, oder passender gesagt: die Personifikation von etwas Abstraktem. Man denkt an den Begriff der militärischen Disziplin. Beginnt man mit der Lektüre des zweiten Kapitels, begreift man indessen, dass man weiträumiger denken muss. Die Nacht ist hereingebrochen, die für lagernde Heere geregelt ist wie der gestirnte Himmel. Im Heer der Christen wie in dem der Ungläubigen geschieht das gleiche; abgesehen von den Nachtwachen, die sich zu festgesetzten Stunden ablösen, schlafen alle. Nur Agilulfo ist wach; Schlafen ist ihm versagt. Er wandert zwischen den Zelten umher, und der Anblick herausragender Füße mit hochgerecktem großem Zeh macht ihn unruhig und betroffen. Die Leiber dieser Leute, die einen Körper besitzen, erfüllt ihn mit Unbehagen, aber dann überkommt ihn ein Gefühl des Stolzes. «Ecco i colleghi tanto nominati, i gloriosi paladini, che cos’erano? L’armatura, testimonianza del loro grado e nome, delle imprese compiute, della potenza e del valore, eccola ridotta a un involucro, a una vuota ferraglia- ; e le persone lì a russare, la faccia schiacciata nel guanciale, un filo di bava giù dalle labbra aperte. Lui no, non era possibile scomporlo in pezzi, smembrarlo: era e restava a ogni momento del giorno e della notte Agilulfo […] Eppure passeggiava infelice nella notte.» (S. 961 f.) Die Ritter haben sich zur Nachtruhe der Zeichen ihres Ranges und ihrer Macht entledigt, und Agilulfo fragt sich: Was sind diese Paladine wirklich? Ihre Rüstung steht leer da, während sie selbst schnarchen. Was sich als eine Einheit darbot, ist in zwei Teile zerlegt. Er, Agilulfo, hingegen ist eine unauflösbare Einheit, und das erfüllt ihn mit Stolz. Aber warum ist er zugleich Stolz und unglücklich? Sichtlich ist der Leser aufgefordert, über diese Fragen nachzudenken und den allegorisch phantastischen Ritterroman als Spiegelung zeitgenössisch moderner Verhältnisse zu verstehen. Dazu bietet sich als Ausgangspunkt die leere Rüstung an. Ins Moderne übersetzt, ist sie eine ausgezogene Uniform. Wie sehr eine Uniform von dem Menschen trennbar ist, der in ihr steckt, hat aufs schönste Carl Zuckmayers Schuster Wilhelm Vogt demonstriert, der bei einem Trödler eine Hauptmannsuniform erwirbt und einen Trupp vorüber kommender Soldaten zum Marsch nach Köpenick befiehlt. 2_IH_Italienisch_70.indd 56 30.10.13 09: 25 57 Dieter Steland Zwanghaftes Zählen (Der Kaiser soll schmunzelnd gesagt haben: da sehe man, was Disziplin heißt! ). Anders als die Paladine war der Schuster jedoch ein schauspielerisch begabter Betrüger, und die Soldaten waren auf seine Maskerade hereingefallen. Hätte er seine Truppe nicht nach Köpenick, sondern ins Feld geführt, wäre die Komödie lebensgefährlich geworden. Es hätte sich gezeigt, dass er zum Hauptmann nicht ausgebildet war und ihm die Kenntnis all der Reglements fehlten, die notwendig sind, um die Funktion eines Hauptmanns sachgerecht wahrzunehmen, anders gesagt: um dessen Rolle auszufüllen. Dieser umfassendere Begriff der Rolle, der seit alters her seinen Platz in der Deutung des menschlichen Daseins als eines Schauspiels hatte, ist von der Soziologie übernommen worden. Gerade in dem Jahrzehnt, an dessen Ende Calvinos Roman erschien, war der Begriff der Rolle, zunächst in den USA, dann in Europa, zum zentralen Gegenstand soziologischer Analysen geworden. Einen vielbeachteten Beitrag zu dieser Diskussion lieferte in Deutschland das 1959 erschienene Buch von Ralf Dahrendorf, Homo Sociologicus. 8 Einleitend führt Dahrendorf aus: die Schauspielmetapher im Sinne des theatrum mundi weise dem Einzelnen nur eine einzige Rolle im Ganzen zu; sein Ansatz stehe hingegen unter der Absicht, «gerade diese Einheit des Menschen aufzulösen in Elemente, aus denen menschliches Handeln sich aufbaut.» (S. 14). Besser, so scheint mir, kann man gar nicht sagen, worum es auch Calvino zu tun ist. In welcher Vielzahl von teils zugewiesenen und teils erworbenen Rollen sich das Leben eines einzelnen Menschen vollzieht, veranschaulicht Dahrendorf am Beispiel eines Herrn X und nennt unter anderem dessen Rollen als Deutscher, evangelischer Christ, Ehemann, Vater, Lehrer, Schatzmeister in einem Club und Mitglied in einer politischen Partei, in der er im Rahmen des Vorstands eine Funktion innehat (S. 18 f.). Die Rolle eines Parteimitglieds, wenn auch nicht die eines Funktionärs, hatte Calvino gründlich durchlebt und durchlitten. Er hatte sich 1944 einer kommunistischen Partisanengruppe angeschlossen, die in den ligurischen Alpen operierte, war in den Nachkriegsjahren für die Ziele der Partei journalistisch eingetreten und hatte unter dem Eindruck der Ereignisse in Polen und Ungarn 1957 seinen Austritt aus der Partei erklärt. Mehr noch als der Begriff der Rolle ist es jedoch der Begriff der Funktion, den Calvinos Roman an dieser Stelle nahelegt. Die Paladine haben im Heer Karls des Großen eine Funktion. Deren äußeres Zeichen ist die Rüstung, die leer dasteht, während sie schlafen. Agilulfo aber ist (fast) nichts anderes als genau das: eine leere Rüstung, - der allegorisch sinnfällig gewordene Begriff der Funktion. 9 Das jedoch macht Agilulfo nicht nur stolz, es macht ihn auch unglücklich. Und warum das so ist, lässt sich der Episode entnehmen, der unser Zitat entstammt. Agilulfo hat eine Anhöhe jenseits des Lagers erstiegen. Fledermäuse umschwirren ihn, er reißt sein Schwert aus der Scheide und vollführt Hiebe, 2_IH_Italienisch_70.indd 57 30.10.13 09: 25 5 8 Zwanghaftes Zählen Dieter Steland die alle ins Leere gehen und sich allmählich ordnen zu Figuren, in denen sich die Theorie der Fechtkunst in die Tat umsetzt. Da taucht ein junger Mann auf, der ihn um einen Rat bittet. Die morgen stattfindende Schlacht wird seine erste sein, und er ist hierher gekommen, um seinen Vater zu rächen, den der Kalif Isoarre erschlagen hat. Wie soll er es anstellen, um ihm und keinem anderen zu begegnen? Ganz einfach, sagt Agilulfo, er brauche nur bei der Oberintendantur für Duelle, Blutrache und Ehrenhändel einen Antrag zu stellen, den man prüfen werde. Nachdem der junge Mann seine Verwirrung überwunden hat, fragt er Agilulfo, wie er sich denn verhalten würde, wenn in der Schlacht eine ganz persönliche Frage auf dem Spiel stehe, und der entgegnet: Er halte sich streng an die Vorschriften und rate ihm, das gleiche zu tun. Der junge Mann kehrt ins Lager zurück, stellt sich dort zwei Rittern vor, er sei Rambald von Roussillon, wolle seinen Vater rächen und suche die Oberintendantur, wie ihm der weiße Ritter empfohlen habe. Der, so die Ritter, stecke überall seine Nase rein, die er nicht habe, denn der sei nichts als hohles Eisen. Niemals hätte der junge Rambald sich träumen lassen, dass der Schein so trügen könne. Als Rambald den Rittern der Oberintendantur sein Anliegen vorträgt, bekommt er die Antwort: das beste Verfahren, einen Vater im Rang eines Generals zu rächen, sei, drei Majore zu erledigen, oder vier Hauptleute. Der Kalif Isoarre käme keinesfalls in Betracht; es könnte beispielsweise sein, dass Karl der Große mit ihm Verhandlungen laufen hätte. Da fällt einem der Beamten («funzionari») ein, dass Rambald überhaupt nichts zu unternehmen brauche. Jemand habe für zwei Onkel Rache genommen, die gar nicht tot waren, sondern nur betrunken. Eine Onkelrache als halbe Vaterrache gerechnet, habe sich Rambalds Blutrache erledigt. Rambald bekommt einen Wutanfall, und als in diesem Augenblick die Trompeten zum Wecken blasen und die Ritter sich zu rüsten beginnen, hält Rambald Ausschau nach Agilulfo, weil das Solideste, was er hier bisher angetroffen hatte, gerade dieser Ritter war, den es nicht gab. Mit den Worten «Er entdeckte ihn unter einer Fichte» setzte der vorhin zitierte Passus ein. Doch schon nach dem ersten Satz war die Beobachterperspektive abgelöst worden von der Perspektive des allwissenden Erzählers, der allein darüber Auskunft geben konnte, warum Agilulfo stets in der Morgenstunde zwanghaft geometrische Muster zu legen und Gegenstände zu zählen beginnt. Dann wendet sich der Erzähler wieder Rambald zu, der sieht, wie Agilulfo Zapfen zu einem Dreieck ordnet und die Zapfen der Kathetenquadrate und Hypothenusenquadrate zusammenzählt. Bei diesem Anblick überfällt ihn eine Einsicht, die auch den Leser des Romans nachdenklich machen muss: «Rambaldo comprendeva che qui tutto andava avanti a rituali, a convenzioni, a formule, e sotto a questo, cosa c’era sotto? Si sen- 2_IH_Italienisch_70.indd 58 30.10.13 09: 25 59 Dieter Steland Zwanghaftes Zählen tiva preso da uno sgomento indefinibile, a sapersi fuori di tutte queste regole del gioco […]. Ma poi, anche il suo voler compiere vendetta della morte di suo padre, anche questo suo ardore di combattere d’arruolarsi tra i guerrieri di Carlomagno, non era pur esso un rituale per non sprofondare nel nulla, come quel levare e metter pigne del cavalier Agilulfo-? E oppresso dal turbamento di così inattese questioni, il giovane Rambaldo si gettò a terra e scoppiò a piangere.» (S. 969) Die Rituale, Konventionen und Formeln, von denen Rambald spricht, sind unschwer als die vorgeprägten Formen des Handelns zu verstehen, aus denen eine soziale Rolle besteht. Rambald nennt sie zusammenfassend Spielregeln («regole del gioco»), und das ist ein reichlich farbloser Ausdruck angesichts der Tatsache, dass es bei den in einem Heer einzuhaltenden Regeln um Leben und Tod geht. Rambald will am Kalifen Rache nehmen, der seinen Vater erschlagen hat, und da ist es nur folgerichtig, dass er sich in das Heer Karls des Großen einreiht, kann er doch auf diese Weise zwei Rollen zugleich gerecht werden, der des Rächers und der des Soldaten. Sachlich gesehen, ist er in einen Rollenkonflikt geraten. Würde jeder Soldat in der Schlacht seine persönlichen Ziele verfolgen, geriete die Schlachtordnung in Schwierigkeiten. Aber im Heer Karls des Großen gestatten bestimmte Regeln, eine Rachepflicht zu erfüllen, Regeln von komischer Absurdität allerdings, in denen sich die Sache selbst verflüchtigt. Zum Vorschein kommt dabei, wie jemand in eine Organisation eintritt, die sein persönliches Anliegen als das ihre verficht, und wahrnimmt, dass der organisierte Kampf für die gute Sache auf den Vollzug von Ritualen hinausläuft, die nur eine Leere verdecken. Bestürzung ergreift Rambald bei dem Gedanken, ganz außerhalb dieser Spielregeln zu sein. Aber in noch weit tiefere Verwirrung stürzt ihn der Gedanke, dass es ein solches Außerhalb-Sein vielleicht gar nicht gebe. Sollte auch sein Verlangen, den Vater zu rächen, und sein Eifer, unter der Fahne Karls des Großen mit dem Heer in die Schlacht zu ziehen, nichts anderes sein als ein Ritual? Das würde bedeuten, wie man als Leser hinzudenken muß, daß solche Rituale nicht nur vorgeprägte Formen des Handelns sind, sondern auch solche des Denkens und Empfindens: vorgeprägte Gesinnungen. Wäre das die Wahrheit, würde sich die Authentizität persönlicher Entscheidungen und Handlungen in Nichts auflösen. Ist es tatsächlich so, daß ein Ich vollständig seinen sozialen Rollen anheim gegeben ist? Mit einer Formulierung von Ralf Dahrendorf gefragt: «Ist ‹homo sociologicus› der sich gänzlich entfremdete Mensch? » (S. 26) In dem Augenblick, in dem Rambald von diesem Gedanken erfasst wird, fühlt er sich in eine abgrundtiefe Leere versinken - in eben die Leere, die Agilulfos Wappenschild ins Bild gesetzt hatte. 2_IH_Italienisch_70.indd 59 30.10.13 09: 25 6 0 Zwanghaftes Zählen Dieter Steland Das auslösende Moment für Rambalds desillusionierende Einsicht war die Beobachtung dessen, was Agilulfo tat. Was bei diesem Tun in Agilulfos Inneren vor sich ging, konnte er nicht wissen. Aber es passt derart gut mit dem zusammen, was dann in ihm selbst geschieht, dass man vermuten muss, die beiden epischen Figuren seien als die Komponenten ein und derselben Person zu verstehen. Gibt man dieser Vermutung Raum, ergibt sich die Vorstellung eines jungen Mannes, dem die Wahrheit über das Gefüge der Gesellschaft schon eine Weile ‹gedämmert› hat, und dessen inneres Gefüge in dem Moment, in dem diese Wahrheit sich nicht länger verdrängen lässt, zusammenbricht. In Calvinos Roman ist das indessen keineswegs das letzte Wort. Wir befinden uns erst am Ende des zweiten Kapitels. Zu Beginn des dritten Kapitels ist das Heer auf dem Marsch. Längs der Straße watscheln Enten vorbei, und mitten unter ihnen watschelt ein Mann, der quak, quak ruft. Es ist ein seltsamer Irrer, der sich mal für eine Ente hält, mal für einen Frosch und insgesamt alle Lebewesen und Dinge um sich her nicht von sich selbst unterscheiden kann, ein menschlicher Körper ohne Bewusstsein seiner selbst. Er hat den lautmalerisch passenden Namen Gurdulú, wird jedoch auch mit vielen anderen Namen gerufen und hält verrückte, aus mehreren Sprachen gemischte Reden. Als Agilulfo diesen Fleischkoloss sich zwischen den seienden Dingen herumwälzen sieht wie ein Füllen auf dem Rücken, überkommt ihn, den seiner selbst bewussten Nichtseienden, ein Schwindel. Da ruft Karl der Große Agilulfo herbei und teilt ihm diesen Mann als seinen Schildknappen zu. Agilulfo und Gurdulú: das ist ein Paar, in dem Don Quijote und Sancho Panza fröhliche Urständ feiern und sich in die Helden eines philosophischen Märchens verwandeln. Dass Moravia den Roman Calvinos gelesen hat, halte ich für gewiss. Die Wahrscheinlichkeit indessen, dass er das Motiv des zwanghaften Zählens in Erinnerung hatte, als er seine Kurzgeschichte schrieb, ist eher gering. Sicher ist nur, dass beide Autoren begnadete Psychologen waren. Calvino hatte schon mit seinem ersten, 1947 erschienenen Roman, Il sentiero dei nidi di ragno, eine eindrucksvolle Probe psychologisch vertiefter Erzählkunst gegeben. Es ist ein Resistenza-Roman, in dem Calvino eigene Erlebnisse verarbeiten konnte. Der Held des Romans ist ein sich selbst überlassener halbwüchsiger Junge, raubeinig und sensibel, der sich in den Straßen und Kneipen kleiner Leute herumtreibt, einem deutschen Soldaten, der mit seiner Schwester im Bett liegt, die Pistole stiehlt, festgenommen wird, zusammen mit einem Häftling fliehen kann und in eine Partisanengruppe gerät, in die nach Anweisung der Anführer weniger gut brauchbare Männer aus der sozialen Unterschicht eingegliedert sind. Unverkennbar also ein Roman in der Stilrichtung des Neorealismus, aus der Calvino sich entschieden löst mit seiner ins Phantastische und Märchen- 2_IH_Italienisch_70.indd 60 30.10.13 09: 25 61 Dieter Steland Zwanghaftes Zählen hafte gehenden Romantrilogie Il visconte dimezzato (1952), Il barone rampante (1957) und Il cavaliere inesistente (1959). So lässt sich sagen, dass eine Kurzgeschichte wie Gli indizi auch im Oeuvre Calvinos vorstellbar wäre, ein Roman wie Il cavaliere inesistente im Oeuvre Moravias hingegen nicht. Abstract . Il protagonista del racconto Gli indizi (1964) di Alberto Moravia esce da una casa con la sensazione vaga «che qualcosa di insolito [gli] fosse avvenuto» ma non osserva niente di insolito su tutto il Lungotevere, all’infuori del passaggio di sei utilitarie della stessa marca, di nove rami nel fiume, nonché di altri oggetti, animali e persone che l’Io narrante persegue a contare. Sul modello dell’Edipo Re, il racconto rivela che il protagonista ha compiuto un omicidio per rapina. Si aggiunge a questa struttura temporale l’uso inconsueto del passato prossimo («Sono uscito dalla casa …»), un modo di narrare utilizzato da Albert Camus nel suo capolavoro L’Etranger (1942) e analizzato attentamente da Harald Weinrich in Tempus: besprochene und erzählte Welt. L’incapacità dell’assassino di rammentare ciò che ha fatto è dovuta ovviamente alla repressione inconsapevole della verità inaccettabile, mentre la presenza angosciante dell’omicidio nel subconscio si manifesta attraverso la coazione a contare. Leggendo Il cavaliere inesistente (1959) di Italo Calvino colpisce vedere che anche Agilulfo è soggetto a quella stessa coazione, benché per un motivo diverso. Sebbene non esistente, Agilulfo dimostra di essere un cavaliere perfetto. La sua armatura vuota - in termini moderni una divisa vuota da ufficiale - è la materializzazione del concetto di «funzione» oppure di «ruolo», un concetto studiato da Ralf Dahrendorf nel suo libro Homo Sociologicus. Dalle pagine del sociologo come da quelle del romanziere si desume che l’uomo assorbito completamente dalla sua funzione è l’uomo alienato. È per questo che Agilulfo all’alba, quando il mondo sfuma nell’incerto, «solo a costo d’uno sforzo estremo riusciva a non dissolversi. Allora si metteva a contare: foglie, pietre, lance.» Anmerkungen 1 Dino Buzzati, «Lettera noiosa», in: Le notti difficili. Introduzione di Domenico Porzio, Milano: Mondadori (Oskar Mondadori) 1984 (zuerst 1971), S. 40-44. 2 Alberto Moravia, Opere / 4. Romanzi e racconti 1960-1969. A cura di Simone Casini. Introduzione di Gianni Turchetta, Milano: Bompiani 2007, S. 1342-1347. 3 Zitiert nach: Peter Szondi, Theorie des modernen Dramas, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1963 (zuerst 1956), S. 22. Ausgehend vom analytischen Drama, charakterisiert Szondi hier die Besonderheit der Dramenform bei Ibsen («nicht die Vergangenheit, son- 2_IH_Italienisch_70.indd 61 30.10.13 09: 25 62 Zwanghaftes Zählen Dieter Steland dern die Gegenwart wird enthüllt», S. 24) , dann bei weiteren Autoren des ausgehenden 19. und des 20. Jahrhunderts. Eines der Kapitel behandelt Pirandellos Sei personaggi in cerca d’autore. Anders als die einleitenden theoretischen Ausführungen sind die aus der Anschauung der Texte entwickelten Interpretationen gut nachvollziehbar und sehr erhellend. 4 Harald Weinrich, Tempus: besprochene und erzählte Welt, Stuttgart: Kohlhammer 1964 u.ö. 5 Albert Camus, Théâtre, Récits, Nouvelles. Préface par Jean Grenier. Textes établis et annotés par Roger Quilliot, Paris: Gallimard (Bibliothèque de la Pléiade), 1962, S. 1125-1212. 6 Italo Calvino, Romanzi e Racconti, a cura di Mario Barenghi e Bruno Falcetto. Volume primo. Milano: Mondadori (I Meridiani) 1991, S. 953-1064. 7 Einen differenzierenden Überblick gibt das Buch von Hans Reinecker, Zwangshandlungen und Zwangsgedanken, Göttingen: Hogrefe 2009. Einleitend weist der Verfasser darauf hin, dass es ein breites Spektrum «subklinischer» Zwänge gibt, die von den behandlungsbedürftigen Zwangsstörungen zu unterscheiden sind. 8 Ralf Dahrendorf, Homo Sociologicus. Ein Versuch zur Geschichte, Bedeutung und Kritik der Kategorie der sozialen Rolle, Köln und Opladen: Westdeutscher Verlag 1959 u.ö. 9 Gegenüber einem französischen Gesprächspartner hat Calvino selbst das mit den Worten klargestellt: «J’ai voulu peindre un homme qui n’existait que par ses fonctions: un militaire, un fonctionnaire, qui que ce soit assujetti à une tâche qui le mécanise.» - -«Ich habe einen Menschen schildern wollen, der nur dank seiner Funktionen existiert: einen Soldaten, einen Funktionär, irgendeinen beliebigen Menschen, der sich einer Aufgabe unterworfen hat, die ihn mechanisiert.» (Artikel von J. Platier in: Le Monde vom 7. April 1962; zitiert nach: Aurore Frasson-Marin, Italo Calvino et l’Imaginaire, Genf / Paris 1986, S. 74.) Bibliographie Buzzati, Dino: Le notti difficili. Introduzione di Domenico Porzio. Milano: Mondadori (Oscar Mondadori) 1984 ( 1 1971). Calvino, Italo: Romanzi e Racconti, a cura di Mario Barenghi e Bruno Falcetto. Volume primo. Milano: Mondadori (I Meridiani) 1991. Camus, Albert: Théâtre, Récits, Nouvelles. Préface par Jean Grenier. Textes établis et annotés par Roger Quilliot. Paris: Gallimard (Bibliothèque de la Pléiade) 1962. Dahrendorf, Ralf: Homo Sociologicus. Ein Versuch zur Geschichte, Bedeutung und Kritik der Kategorie der sozialen Rolle. Köln / Opladen: Westdeutscher Verlag 1959 u. ö. Dahrendorf, Ralf: Homo Sociologicus: uno studio sulla storia, il significato e la critica della categoria di ruolo sociale. Roma: Armando 2010 ( 1 1966). Frasson-Marin, Aurore: Italo Calvino et l’Imaginaire. Genève / Paris: Slatkine 1986. Moravia, Alberto: Opere / 4. Romanzi e racconti 1960-1969. A cura di Simone Casini. Introduzione di Gianni Turchetta. Milano: Bompiani 2007. Reinecker, Hans: Zwangshandlungen und Zwangsgedanken. Göttingen: Hogrefe 2009. (Weiterführende Literatur S. 92-99.) Szondi, Peter: Theorie des modernen Dramas. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1963 ( 1 1956). 2_IH_Italienisch_70.indd 62 30.10.13 09: 25 6 3 Dieter Steland Zwanghaftes Zählen Weinrich, Harald: Tempus: besprochene und erzählte Welt. 6., neubearbeitete Auflage. München: Beck 2001. ( 1 1964). Weinrich, Harald: Tempus: le funzioni dei tempi nel testo. Bologna: Il mulino 2004. Zuckmayer, Carl: Der Hauptmann von Köpenick: ein deutsches Märchen in drei Akten. Berlin: Propyläen-Verlag 1930. 2_IH_Italienisch_70.indd 63 30.10.13 09: 25 6 4 A N TO N I O C ATA L FA M O Emilio Salgari e l’epopea dei popoli colonizzati: I «Pirati della Malesia» Poco più di cento anni fa (precisamente il 25 aprile 1911) morì suicida, a Torino, Emilio Salgari, autorevole, quanto controverso, anche presso i suoi contemporanei, scrittore d’avventure. Egli ha voluto dare dimensione romanzesca anche alla sua morte, preparata accuratamente - come dimostra, ad esempio, il particolare del bastone da passeggio e della giacchetta ben ripiegata, riposti accanto al suo cadavere - , ricorrendo, seppur con mano tremante, ad una sorta di harakiri, che sarebbe stato degno di qualcuno dei personaggi usciti dalla sua penna. Nel prendere commiato dalla vita, ha lasciato due lettere: una indirizzata ai suoi editori, piena di improperi e recriminazioni per aver sfruttato commercialmente il suo successo, costringendolo, per converso, a vivere in gravi ristrettezze, assieme alla numerosa famiglia, e un’altra in cui fa appello a che i figli non vengano abbandonati a se stessi, privi di sostanze. Nella prima, riprodotta, insieme ad altre, dalla stampa dell’epoca, leggiamo: «Ai miei editori. A voi che vi siete arricchiti colla mia pelle mantenendo me e la famiglia mia in continua semi-miseria od anche più, chiedo solo che per compenso dei guadagni che io vi ho dati pensiate ai miei funerali. Vi saluto spezzando la penna. Emilio Salgari.» 1 Basta richiamare qui, per il momento, alcuni dati biografici funzionali alla trattazione che segue. Emilio Salgari era nato il 21 agosto 1862 a Verona, da famiglia benestante. Aveva frequentato il Regio Istituto Nautico «Paolo Sarpi» di Venezia, ma, a causa dello scarso impegno nello studio, non aveva conseguito il diploma. Decise allora di dedicarsi all’attività giornalistica, divenendo redattore del quotidiano veronese , sul quale cominciò a pubblicare in appendice i suoi primi romanzi. Qui incontrò sulla sua strada come direttore un giornalista fantasioso dalle grandi trovate pubblicitarie, che contribuirono al successo degli scritti salgariani. Era Ruggero Giannelli. Uno di questi scoop servì a lanciare il primo grande successo di Salgari, La Tigre della Malesia: «La mattina del 15 ottobre 1883 Verona fu tappezzata di manifesti raffiguranti una tigre. Intanto metteva in guardia i cittadini annunciando che un’altra feroce tigre era fuggita da un serraglio. 2_IH_Italienisch_70.indd 64 30.10.13 09: 25 6 5 Antonio Catalfamo Emilio Salgari La vicenda è assai nota: nessuna belva minacciava la vita dei veronesi, l’unica Tigre che si apprestava a fare la sua comparsa era La Tigre della Malesia, la nuova appendice che il giovane Salgari aveva creato per il quotidiano.» 2 Successivamente Salgari passò all’altro quotidiano scaligero, continuò a scrivere in appendice i suoi romanzi, che ormai erano ospitati a puntate da tanti altri quotidiani. Il successo ottenuto lo spinse a intraprendere la strada dello scrittore professionista. Nel 1892 si sposò con Ida Peruzzi (subito da lui ribattezzata «Aida»), si trasferì a Torino e pubblicò le sue opere contemporaneamente con tre editori prestigiosi: Paravia di Torino, Treves di Milano e Donath di Genova. Nel 1898 la famiglia Salgari si trasferì a Sampierdarena. Agli editori precedentemente citati si aggiunse Bemporad di Firenze. Il lavoro dello scrittore diventò così frenetico, anche se non remunerato in maniera adeguata alle esigenze della famiglia, che intanto si era accresciuta con la nascita di quattro figli. Inseguito dai creditori, Salgari tornò a Torino, in un modesto alloggio di Corso Casale. Il fumo, l’alcol aggravarono le sue condizioni di salute. Una malattia agli occhi gli fece temere la cecità. Il disinteresse del mondo letterario piemontese minava ulteriormente il suo sistema nervoso. Le precarie condizioni mentali della moglie, che fu ricoverata in manicomio, rappresentarono la classica goccia che fa traboccare il vaso, anche perché egli non riusciva a garantirle un’assistenza decorosa, a causa delle ristrettezze economiche. Da qui al suicidio il passo fu breve. Il centenario della morte di Emilio Salgari, con gli studi che ne sono seguiti, è riuscito, almeno in parte, a sfatare alcuni miti, riguardanti perlopiù la sua biografia e alimentati - alcuni - dallo stesso scrittore (si pensi, ad esempio, al mito del «grande viaggiatore», visto ch’egli, nella realtà, viaggiò pochissimo), ma non a correggere il tiro della critica (quantomeno di quella ‹ufficiale›), che ha continuato, con qualche eccezione, a sottovalutare Salgari, sminuendo il valore letterario della sua opera, confinandola, al massimo, nella vasta area della ‹paraletteratura›. Ha ragione Sergio Campailla quando sostiene, nello studio introduttivo premesso all’edizione de I Pirati della Malesia 3 pubblicata appunto in occasione del centenario da Newton e Compton, che sono esistiti almeno due Salgari, uno appannaggio della critica ‹ufficiale›, che lo classificò e lo classifica come un ‹minore›, e l’altro della ‹gente comune› (sarebbe eccessivo parlare oggi di ‹popolo›), che gli decretò un grande successo, che dura tuttora. Anche il considerare Salgari uno scrittore ‹popolare› può essere carico di insidie, perché si finisce per relegarlo nell’ambito della ‹paraletteratura›, escludendo le sue opere dall’area della letteratura vera e propria, la «letteratura colta», che richiede il raggiungimento di determinati canoni estetici. Già 2_IH_Italienisch_70.indd 65 30.10.13 09: 25 66 Emilio Salgari Antonio Catalfamo la critica ‹ufficiale› sua contemporanea considerò lo scrittore veronese come un autore che, essendo benevoli, poteva andar bene per l’infanzia, alla quale, grazie al suo linguaggio semplice, era in grado di trasmettere utili nozioni di geografia e di scienze naturali. Scrisse, infatti, Grazia Deledda, che, forse per addolcire la pillola amara del suo giudizio, intravedeva in Salgari il «Verne italiano»: «Il Salgari […] scrive spigliatamente, e coglie garbatamente ogni occasione per inserire nelle sue pagine nozioni geografiche, e di storia naturale. I suoi volumi si possono quindi leggere con un certo profitto dai giovinetti, ma per aver anche l’approvazione dei grandi bisognerebbe che il Salgari desse ai suoi personaggi un po’ più di verosimiglianza, un linguaggio meno violento, e infine un po’ più di garbo artistico. Ma il Salgari è ancor giovine: col tempo si perfezionerà, e siamo quasi certi di salutare un giorno in lui il Verne italiano.» 4 Giudizio analogo fu espresso dall’autorevole Nuova antologia, 5 che, all’epoca, contribuiva a dettare il canone estetico. Nei decenni successivi, fino all’età nostra contemporanea, il giudizio riduttivo su Salgari non è venuto meno, la sua esclusione dall’‹olimpo› della letteratura ‹colta› è perdurata senza ripensamenti. La sua opera viene considerata estranea alle suggestioni della storia reale, 6 sostituita da quella libresca, scarsamente originale, a causa della sua ‹serialità›, che impone di riproporre sempre gli stessi ‹tipi›. Rientrante, perciò, più nella ‹paraletteratura› che nella ‹letteratura›. Anzi, lo scrittore si pone in antitesi rispetto alla storia del suo tempo, caratterizzata dal progresso, dalle prime avvisaglie di sviluppo tecnologico, dall’affermarsi del sapere scientifico. E allora, nell’età del positivismo, egli vive dei sogni del passato, in un mondo onirico ormai superato. Anche nel centenario Salgari viene presentato - con qualche eccezione di rilevo, come dicevamo - come un uomo fuori dal suo tempo, perduto nei labirinti del fantastico, rapito da un mondo irreale, «risolto a salpare navigando nei mari dell’immaginazione». 7 Lo stesso Sergio Campailla, che pure esalta il Salgari «popolare», in antitesi a quello della «critica ufficiale», sottolinea che Salgari «scriveva non potendo permettersi il lusso di viaggiare». 8 Conseguentemente, «la scrittura per lui acquista un valore più forte di risarcimento ed evasione». 9 «Salgari ha una sua mitologia, autonoma, in cui rifugiarsi; una mitologia che nei momenti migliori gli suggerisce squarci ariosi e carichi di mistero». 10 Una mitologia che ha il suo aspetto «esotico», 11 persino «le sue formule magiche». 12 Di questa mitologia fa parte anche il linguaggio 2_IH_Italienisch_70.indd 66 30.10.13 09: 25 67 Antonio Catalfamo Emilio Salgari «marinaresco», tutto un mondo fatto di «tempeste», «arrembaggi», «naufragi», «che riconducono il racconto sul solco in cui lo scrittore dentro di sé si sentiva più autorizzato». 13 Stranamente Antonio Gramsci, che, nei Quaderni del carcere, studiò, per la prima volta in maniera organica, il romanzo d’appendice, il suo impatto sulle masse, le quali, nonostante il carattere scadente di questo genere, sia nostrano che d’importazione, lo preferivano alla letteratura ‹colta›, vista la dimensione non ‹nazional-popolare› di quest’ultima, non si occupa dell’opera salgariana. Menziona una sola volta, in una breve nota dei suddetti quaderni, Salgari, 14 coinvolto in una polemica, in cui era implicato il sindacato scrittori e nella quale il romanziere veronese veniva usato strumentalmente contro lo ‹straniero› Verne in nome dell’‹autarchia culturale›, che caratterizzava il regime fascista. Eppure il grande intellettuale sardo conosceva benissimo le opere di Salgari, anzi, in una lettera dal carcere inviata alla madre, datata 12 settembre 1932, ne parlava con entusiasmo e si mostrava orgoglioso ch’esse rientrassero tra le sue letture preferite dell’infanzia. Egli scriveva: «Ricordi quanta fosse la mia abilità nel riprodurre dalle illustrazioni i grandi vascelli a vela e come conoscessi tutto il linguaggio marinaresco? Parlavo sempre di brigantini, sciabecchi, tre alberi, schooners, di bastingaggi e di vele di pappafico, conoscevo tutte le fasi delle battaglie navali del Corsaro Nero e dei Tigrotti di Mompracem, ecc.» 15 E allora è da chiedersi perché non se ne sia occupato nei Quaderni, lui che, col suo acume critico, sapeva «cavar sangue anche da una rapa.» 16 A nostro avviso, la risposta più credibile a questo interrogativo è che Gramsci non comprendeva Salgari nell’ambito di quella che oggi chiamiamo «paraletteratura», vale a dire di quelle opere che, pur riscuotendo ampio successo di pubblico, non raggiungono quel livello di validità estetica che fa di esse delle opere letterarie nel vero senso della parola. La breve nota di Gramsci va richiamata, perché da essa possiamo desumere l’atteggiamento che la cultura fascista assunse nei confronti dell’opera di Salgari. Si trattò - come vedremo - di un atteggiamento non univoco, perché il fascismo, in ambito culturale, usava la tattica furbesca di dare libero sfogo alle varie anime esistenti. Ma, alla fine, quella che doveva prevalere rispondeva a quelli che erano gli orientamenti veri del regime. Gramsci, nella nota sopra citata, parla di una «quistione Salgari, che fu il ‹pezzo forte› del sindacato scrittori e che fece ridere mezzo mondo.» 17 In che cosa consistette la «quistione»? In realtà, Salgari fu tirato strumentalmente per i capelli in una polemica che opponeva il sindacato scrittori e gli 2_IH_Italienisch_70.indd 67 30.10.13 09: 25 6 8 Emilio Salgari Antonio Catalfamo editori per motivi di interessi economici. L’obiettivo della polemica era quello di mettere in discussione la cessione perpetua dei diritti d’autore da parte degli scrittori e di impedire che fossero gli editori i maggiori beneficiari del successo letterario di un’opera presso il grande pubblico. La vicenda di Salgari, suicidatosi proprio perché vittima di questo meccanismo perverso dell’editoria, si prestava benissimo ad un uso strumentale nell’ambito di questa disputa. 18 Uno dei bersagli preferiti dal sindacato scrittori e dal suo giornale di riferimento, Il Raduno, era l’editore Enrico Bemporad, il quale cercò di difendere al meglio i propri interessi, attivando tutte le sue conoscenze nell’ambito delle gerarchie del regime, cercando di propiziare un intervento diretto di Mussolini nella vicenda, nonché un’autorevole interrogazione alla Camera, che difatti fu presentata al Ministro dell’Istruzione Pubblica, per iniziativa del deputato Giuseppe Morelli, presidente del Sindacato di controllo della casa editrice fiorentina. Ne seguì, nel febbraio 1928, uno scarno dibattito parlamentare, 19 presente Mussolini, che si concluse con un ridimensionamento del caso. 20 Il Raduno, sconfitto, cessò di esistere di lì a poco, il 7 giugno 1928, anche se ufficialmente si parlò di sospensione delle pubblicazioni. Gli autori avevano perso la loro battaglia, gli editori erano risultati vincitori, probabilmente perché avevano maggiori appoggi all’interno del regime. Ma non si trattava di una vicenda dai risvolti esclusivamente economici. La «quistione Salgari» - per riprendere la definizione gramsciana - era ben più complessa. Aveva seri risvolti ideologici. Il regime fascista non poteva accettare il sistema di valori, l’‹assiologia›, che emergeva dalle opere salgariane, perché contrastava apertamente con quello di cui esso si faceva portavoce. Non si trattava di questioni secondarie. Si poteva consentire lo sfogo di alcuni intellettuali ‹filo-salgariani› d’occasione, ma non di più. Il regime doveva ufficialmente prendere posizione contro il romanziere veronese e le sue opere. E lo fece con estrema autorevolezza. Difatti, a mettere la parola «fine» alla spinosa «quistione» intervenne, sulle colonne del Popolo d’Italia, nel marzo del 1928, Margherita Sarfatti, scrittrice di regime molto vicina a Mussolini, alla quale Francesco Ciarlantini, che fu, fra l’altro, presidente della Federazione Nazionale Fascista dell’Industria Editoriale, aveva oculatamente suggerito a Bemporad di rivolgersi come persona che poteva avvicinare il «duce» per tutelare gli interessi dell’editore e mettere fine alla polemica più ampia innescata dal Raduno. 21 Scrive la Sarfatti: «Ma il lato artistico e letterario della cosa, fu posto in luce con definitiva chiarezza dal discorso dell’on. Morelli in Parlamento. I libri di Salgari non sono eroici: trasudano un basso erotismo, non 2_IH_Italienisch_70.indd 68 30.10.13 09: 25 69 Antonio Catalfamo Emilio Salgari di rado associato a una specie di pur basso e anche morboso compiacimento del crudele e del sanguinario. Ma soprattutto, ciò che non fece abbastanza notare l’on. Morelli, sono i libri di spirito profondamente antifascista per due ragioni fondamentali: 1) esaltano la rivolta, l’indisciplina e la disobbedienza alle autorità legalmente costituite della società e dello Stato; 2) sono libri anticoloniali, dei quali il protagonista è sempre un indigeno, oppure (ed è ancora più grave) un bianco capo di indigeni, pirati o banditi in rivolta contro i colonizzatori. Ora tutti oramai sanno che ogni dominazione coloniale è basata su questa convinzione, nel fatto e nello spirito: l’inevitabilità dell’uomo bianco e la necessità della sua vittoria. Spirito classico. Spirito romano per eccellenza, del quale oggi è erede ed interprete l’immenso e stupendo impero coloniale anglosassone. Lasciamo stare che Salgari scrive male, in illeggibile e impossibile italiano. È ancora il minore dei guai, per quanto non trascurabile. Il guaio è che ‹pensa› male; o per dire meglio non pensa affatto. Scrive sotto l’impulso di quello spirito di rivolta romantica, e di romantica, ipercritica, nichilista e distruttrice esaltazione della rivolta per la rivolta al quale in gran parte abbiamo dovuto, in Italia, le fazioni, le lotte di parte, il servaggio, il brigantaggio, la camorra e la mafia. Gli eroi del Salgari sono quel genere di gente i quali, se vedono un ladro fra due guardie, intanto e a buon conto, se appena possono in mezzo alla folla, gridano: molla, molla! E se il ladro scappa, lo favoreggiano, invece di dar man forte ai carabinieri e dicono: povero diavolo! e non: brave guardie. Questo tipo, del cittadino in rivolta, è il tipo antiitaliano e fazioso della vecchia Italia che il Fascismo rieduca, muta e rinnova.» 22 Un regime razzista, colonialista, fondato sull’‹ordine›, come quello fascista, non poteva approvare l’opera di Salgari, indirizzata in direzione completamente opposta. Perciò tagliò corto e si affidò non casualmente, per esprimere la propria condanna decisa, alla penna tagliente di Margherita Sarfatti, i cui rapporti di intimità con Mussolini sono ben noti. Ciò conferiva ‹ufficialità› alla sua presa di posizione. Umberto Eco, partendo dagli studi gramsciani, dai quali non può prescindere chiunque voglia occuparsi dell’argomento, ha approfondito, in un proprio volume di saggi, 23 l’analisi del «romanzo popolare» e, segnatamente, del romanzo d’appendice, fornendoci alcune preziose indicazioni metodologiche. In merito ai propri saggi, egli scrive nelle pagine introduttive: 2_IH_Italienisch_70.indd 69 30.10.13 09: 25 70 Emilio Salgari Antonio Catalfamo «Ripresa ai giorni nostri l’ipotesi gramsciana si esercita in questi saggi attraverso metodi narratologici e semiotici: analisi di testi, confronto di artifici narrativi con sistemi esterni di condizionamento commerciale, con universi ideologici e con strategie stilistiche, cercando di porre in correlazione tutte queste ‹serie› attraverso modelli strutturali omologhi.» 24 E continua: «Questi studi si presentano così come contributi misti vuoi a una sociologia della narratività popolare, vuoi a uno studio delle ideologie espresso in forma di storia delle idee, vuoi talora come contributi esplorativi a una semiotica testuale non ossessionata dall’esigenza della formalizzazione (vera o presunta che sia) a tutti i costi. Senza per questo voler polemizzare contro le analisi testuali che oggi si fanno, meno conversevoli e più ‹computerizzate› di quelle che qui si presentano.» 25 L’autorevole semiologo ha voluto essere ‹antifrastico› e polemizzare, con tatto accademico, con l’‹estremismo strutturalista›, affermatosi nella critica italiana segnatamente a partire dagli anni Ottanta del secolo scorso, il quale ha dato vita a quella che Eco chiama «formalizzazione», consistente nel considerare l’opera letteraria come «autoreferenziale», «autosufficiente», slegata dalla realtà e dai «contesti», e nel ridurre l’analisi alla sua ‹forma›, alla combinazione degli elementi che la compongono. Eco propone un metodo analitico più completo, «in cui questioni ideologiche, logica delle strutture narrative e dialettica del mercato editoriale si compenetrano in un modo problematico non facile da dipanare.» 26 In altre parole, l’opera letteraria deve essere analizzata dal critico con tutti gli strumenti a sua disposizione per chiarirne il significato al lettore. Tale analisi deve riguardare certo la forma, lo stile usato dallo scrittore, le strutture narrative, ma anche il contenuto ideologico dell’opera, i «contesti» (storicopolitico, economico-sociale, culturale, letterario) nell’ambito dei quali essa è stata concepita, le «strategie comunicative» adoperate dallo scrittore nei confronti del «lettore ideale» da lui immaginato, nonché il «lettore reale» che, di fatto, egli si trova di fronte, e che è, a sua volta, il risultato di «strategie comunicative» poste in essere dal «mercato editoriale». A questo metodo d’analisi complessiva, che, in più d’una occasione, abbiamo definito «critica integrale» (insieme critica sociologica, critica stilistica, critica psicanalitica, critica semiotico-strutturalistica), vogliamo improntare anche il presente saggio, incentrato soprattutto sul ciclo de I Pirati della Malesia. 2_IH_Italienisch_70.indd 70 30.10.13 09: 25 71 Antonio Catalfamo Emilio Salgari Emilio Salgari vive ed opera nell’età umbertina (1870-1896) e nell’età giolittiana (1897-1918). La prima fu caratterizzata dal fallimento degli ideali risorgimentali, visto che l’Italia rimaneva economicamente divisa in due (un Centro-Nord progredito e un Sud sottosviluppato); dall’approvazione della legge Coppino sull’istruzione obbligatoria (1877); da un limitato, ma, comunque, significativo, allargamento del diritto elettorale (con una legge di riforma, varata nel 1882, si passò da 600.000 a 2.000.000 di elettori); da un rovesciamento del tradizionale sistema di alleanze, orientato, fino a quel momento, verso Francia e Inghilterra, e rivoluzionato, nel 1882, con la formazione della Triplice Alleanza con l’impero prussiano e la monarchia austro-ungarica; dalla disastrosa politica coloniale portata avanti da Francesco Crispi, che, con la disfatta di Adua (1896), mise fine all’età umbertina; dalla politica crispina di repressione del dissenso sociale, di fronte alle prime forme organizzative delle classi lavoratrici (nel 1895 nasce il Partito Socialista Italiano, sull’onda del Partito Operaio, nato nel 1880, e del Partito dei Lavoratori Italiani, nato nel 1891). La seconda fu contrassegnata dalla politica di sviluppo industriale, portata avanti da Giovanni Giolitti; dal progetto, perseguito da quest’ultimo, di coinvolgere il nascente movimento operaio organizzato in tale politica, attraverso una partecipazione limitata ai benefici economici che ne derivavano; dall’ulteriore allargamento della base elettorale (nel 1913, con l’introduzione del suffragio universale maschile, si passò da 3.000.000 a 8.000.000 di elettori); dalla prosecuzione della politica coloniale con l’impresa di Libia (1911). Salgari non è solo uno scrittore per l’infanzia. Si rivolge a quel nuovo pubblico che si accosta alla lettura grazie agli effetti benefici della legge Coppino sull’istruzione obbligatoria (che Collodi, nonostante le sue umili origini familiari, contestava), al processo di emancipazione non solo economica, ma anche culturale, del proletariato che consegue allo sviluppo industriale della società italiana e agli effetti collaterali di tale sviluppo su ceti non direttamente coinvolti nel mondo dell’industria, ma che beneficiano anch’essi del maggiore dinamismo socio-economico impresso al Paese. Un pubblico formato, dunque, da adolescenti, studenti, avanguardie operaie, artigiani, ceti medi cittadini e rurali. A differenza di Collodi, di De Amicis, degli altri scrittori per l’infanzia che operano verso la fine dell’Ottocento, Salgari non trasmette a questo pubblico, attraverso il sapere gnomico popolare, i valori della borghesia, delusa nei suoi ideali risorgimentali, e regredita verso altri ‹principi› più pragmatici: la laboriosità, come strumento che garantisce il benessere collettivo (in realtà è la borghesia stessa a trarne i maggiori profitti); l’obbedienza e il rispetto delle rigide gerarchie sociali; il rifiuto di ogni trasgressività (in Collodi tutti i personaggi ‹eslegi› finiscono male: Il Gatto e la Volpe, Lucignolo, ecc.). 2_IH_Italienisch_70.indd 71 30.10.13 09: 25 72 Emilio Salgari Antonio Catalfamo C’è nelle opere di Salgari quel fine consolatorio per le masse già individuato da Gramsci come caratteristico di tutta la letteratura d’appendice. 27 C’è un ‹superuomo› - da qui l’origine popolaresca del ‹superomismo› nicciano, secondo Gramsci 28 - che, ad un certo punto, interviene e realizza i sogni di giustizia e di uguaglianza del popolo, confinando, però, questa realizzazione al solo livello letterario, mentre nella realtà storica tutto rimane come prima. Ma, accanto all’«eroe», nei romanzi salgariani, c’è tutto un pullulare di personaggi, di indigeni, di ribelli, che lottano concretamente per valori che sono contrapposti a quelli dei potenti, dei colonizzatori, e che sono presentati come valori autentici, genuini. Il sistema dei valori positivi (l’‹assiologia›) prospettato da Salgari è chiaro, è completamente diverso da quello di un Kipling, che considerava la colonizzazione dei popoli inferiori «il fardello dell’uomo bianco» («white man’s burden»), una missione da espletare per motivi di progresso e di civiltà. Per Salgari, invece, la civiltà di questi popoli non è per nulla inferiore a quella dei colonizzatori, viene descritta nei minimi particolari con ammirazione. Trovano alimento, dunque, quei sentimenti anticoloniali, antirazzisti, ribellistici, che Margherita Sarfatti temeva e, con lei, il regime fascista, del quale era «intellettuale organica». Nella nostra analisi delle opere salgariane, quanto alla successione cronologica, terremo conto della datazione delle opere pubblicate, non di quella dell’uscita a puntate in appendice ai giornali. Altrimenti ci addentreremmo in un ‹ginepraio›, che non è utile ai fini della nostra trattazione. Salgari, per esigenze pratiche (consegnare continuamente pagine su pagine per riscuotere qualche soldo e impinguare le sue esigue finanze), dovette ricorrere a tutta una serie di espedienti narrativi: interrompere narrazioni, riprenderle riesumando personaggi in contesti diversi e giustificando in vario modo la loro riapparizione, rimediare a contraddizioni di trama, aggiungere poi capitoli di connessione tra un libro e l’altro, al momento della pubblicazione in volume dei romanzi, per evitare vuoti e conseguenti ‹voli pindarici› al lettore, ecc. Per questo aspetto rimandiamo a studi già esaustivi. 29 I misteri della Jungla Nera 30 presenta temi e personaggi, come Tremal- Naik, che ritroviamo, in diversa prospettiva, nel ciclo de I Pirati della Malesia (anche se va precisato che cronologicamente, seguendo l’ordine della pubblicazione in appendice su riviste, Le tigri di Mompracem è anteriore, risalendo al 1883 - ’84). Nel romanzo sopra citato la vicenda si svolge nello splendido e misterioso scenario della giungla nera e dell’isola di Rajmangal, in quella vasta regione nella quale le acque del Gange sfociano nel Golfo del Bengala. Il tema centrale della narrazione è l’amore di Tremal-Naik, «il cacciatore di serpenti», per la «Vergine della Pagoda», che è vittima della brama di sangue che anima Suyodhana, il terribile capo dei Thugs, che ha deciso di sacrificare 2_IH_Italienisch_70.indd 72 30.10.13 09: 25 73 Antonio Catalfamo Emilio Salgari la fanciulla alla crudele dea Kalì. Aiutato dal fedele Kammamuri, Tremal-Naik decide di salvare la ragazza. Il romanzo non si chiude con una soluzione definitiva all’enigma s’egli riuscirà vincitore o sconfitto nello scontro con Suyodhana, lasciando aperto il discorso narrativo ad ulteriori sviluppi e a possibili agganci con romanzi successivi. La «Vergine della Pagoda» viene liberata provvisoriamente dall’irrompere del padre capitano assieme ai suoi soldati e si ritrova tra le braccia di Tremal-Naik. Ma le ultime parole pronunciate da Suyodhana in ritirata, all’indirizzo dei suoi uomini, sono: «Andate! ... Ci rivedremo nella jungla». 31 L’«ideologia» che domina questo romanzo è fondata sull’esaltazione della libertà. Libertà della natura selvaggia, che è connotativa del vitalismo di tutto un mondo, della preziosa naturalezza dei sentimenti e della psicologia dei popoli primitivi rappresentati, dei loro atteggiamenti, della stessa vigoria e della cinetica scattante dei corpi di personaggi come Tremal-Naik. Salgari contrappone la naturalità, la genuinità, la fantasia sempre rinnovata del variegato mondo etnico dei primitivi alla piattezza, alla mancanza di virtù civili che ormai dominano il mondo borghese e l’Italia tradita nei suoi sentimenti risorgimentali. La forza impetuosa della natura si dispiega in tutta la sua potenza in una tempesta: «L’uragano allora raddoppiava di violenza […]. Il vento ruggiva tremendamente nella jungla, curvando con mille gemiti e mille scricchiolii i giganteschi vegetali e torcendo in mille guise i cento tronchi dei banian, i rami dei palmizi tara, dei latania, dei pipal e dei giacchieri, e fra le nubi scrosciava incessantemente la folgore che veniva giù, descrivendo abbaglianti zigzag.» 32 Anche il mondo animale partecipa di questa vitalità brutale. Si pensi - solo per fare un esempio - al modo in cui Salgari rappresenta lo scontro tra la tigre di Tremal-Naik e un rinoceronte. Notiamo l’influenza della scapigliatura nel carattere cruento di questa, come di tante altre descrizioni: «Il corno del rinoceronte le fracassò il petto lanciandola poi in aria per più di venti metri. Ricadde, cercò di risollevarsi mugolando di dolore e di rabbia e tornò a volare ancor più in alto perdendo torrenti di sangue. Il rinoceronte non attese nemmeno che ricadesse. Con un terzo colpo della sua terribile arma la sventrò, poi rivoltandola contro terra la schiacciò coi suoi larghi piedi riducendola in un ammasso di carni sanguinolenti e di ossa infrante.» 33 2_IH_Italienisch_70.indd 73 30.10.13 09: 25 74 Emilio Salgari Antonio Catalfamo Così viene descritto Tremal-Naik nella forza scattante del suo corpo: «Un indiano d’atletica statura, le cui membra sviluppatissime e muscolose denotavano una forza non comune ed un’agilità di quadrumane. Era un bel tipo di bengalese, sui trent’anni, di tinta giallastra ed estremamente lucida, unta di recente con olio di cocco; aveva bei lineamenti, labbra piene senz’essere grosse e che lasciavano intravedere un’ammirabile dentatura; naso ben tornito, fronte alta screziata di linee di cenere, segno particolare dei settari di Siva. Tutto l’insieme esprimeva una energia rara ed un coraggio straordinario.» 34 Quest’uomo gareggia in forza con gli animali e con la natura: «Con un terribile colpo di coltello tagliò in due il pitone, il quale sibilava rabbiosamente, coprendo di bava sanguigna la vittima.» 35 Così ci appare, nella sua vigorosa bellezza, la tigre di Tremal-Naik, Darma: «Una superba tigre reale, di alta statura, di forme vigorose, col mantello aranciato e screziato di nero, uscì dalla capanna e fissò il padrone con due occhi che mandavano terribili lampi. […] La tigre si raccolse su sé stessa, emise un sordo brontolio e con un salto di quindici piedi venne a cadere ai piedi del padrone.» 36 Ne I Pirati della Malesia, 37 il protagonista è Sandokan, mentre Tremal-Naik gli fa da spalla. La Tigre della Malesia, nel suo ruolo tradizionale di vendicatore degli oppressi, decide di liberare proprio «il cacciatore di serpenti», che ama Ada ed è rimasto prigioniero di Lord James Brooke, il despota inglese nemico giurato dei pirati malesi. La lotta fra Sandokan e il «rajah bianco» è il motivo dominante del romanzo, che, come le altre opere salgariane, nell’explicit lascia intravedere nuove avventure, per accattivare il pubblico dei lettori. Tremal-Naik, Ada e Kammamuri salpano per l’India, mentre Sandokan e il fedele compagno Yanez tornano a Mompracem. Ma già si prefigura una nuova avventura: lo scontro tra la Tigre della Malesia e Suyodhana, la Tigre dell’India, oggetto di un altro romanzo. Contrariamente a quanto hanno sostenuto critici come Bruno Traversetti, 38 Salgari non guarda al mondo primitivo oggetto delle sue narrazioni dall’angolo visuale del borghese pantofolaio eurocentrico, ma dall’interno di quel mondo stesso, del suo dinamismo, nonostante l’immobilità apparente, della sua ‹ideologia›, caratterizzata dalla lotta contro l’oppressione. E da quell’angolo visuale trova e fornisce al lettore, tra le righe, la chiave di lettura 2_IH_Italienisch_70.indd 74 30.10.13 09: 25 75 Antonio Catalfamo Emilio Salgari dello scontro, che avviene tra nazioni imperialiste e popoli colonizzati. Questa visione degli avvenimenti emerge dal racconto e, come ha osservato Engels a proposito di Balzac, poco importa ch’egli non sia un rivoluzionario, ma un liberale moderato nella vita di tutti i giorni. La rappresentazione dei fatti ch’egli ci dà parla da sé, dà al lettore elementi di giudizio per poter valutare e prendere partito. Salgari non è partecipe della «nevrosi di classe», che colpisce a fine secolo la borghesia italiana, che si sente spodestata, defraudata, dall’ascesa economica, ma anche culturale, del proletariato. Non partecipa al fervore patriottico, all’esaltazione della politica coloniale. Anzi, da quest’avventura, avviata da Crispi e proseguita da Giolitti, sembra trarre la conclusione opposta: la lotta è alla base della vita e in questa lotta i suoi personaggi stanno dalla parte dei popoli colonizzati, non dei colonizzatori. È vero, ci sono alcuni stereotipi che ritornano nella narrazione, passando da un romanzo all’altro, ma Salgari ha la capacità di riproporli sempre in forme nuove, evitando di stancare con la ripetitività il lettore. Anche ne I Pirati della Malesia il vitalismo della natura è sintomatico di un mondo in eterno, anche impercettibile, movimento, in tutte le sue componenti: naturali, appunto, sociali, antropologiche. E queste descrizioni della natura acquistano spesso un loro fascino poetico: «Il mare, quasiché volesse gareggiare con quei tuoni, s’alzò enormemente. Non erano più onde, ma montagne d’acqua scintillanti sotto la vivida luce dei lampi, che si slanciavano furiosamente su verso il cielo, come se attratte da una forza soprannaturale e che s’accavallavano le une sulle altre, cangiando forma e dimensione. Il vento entrava talora a far parte di quella spaventevole gara, ruggendo furiosamente, cacciando innanzi a sé nembi di pioggia tiepida.» 39 Potrebbero sembrare stereotipate la spavalderia, l’insolenza, la sfrontatezza di un personaggio come Yanez, ma Salgari riesce a rendercelo simpatico, originale, non una fotocopia stinta di tanti altri ‹tipi› del genere presenti nei romanzi d’avventura. L’ ὕβƍις è controbilanciata dall’humour, dalla grande umanità che emerge dalle sue azioni a favore dei deboli, dei valorosi, contrapposta alla ferocia nei confronti dei potenti e dei prepotenti, dei codardi, che si nascondono sotto le ali protettive delle potenze coloniali. Neanche la figura di Sandokan è stereotipata. È un «eroe», un «superuomo», ma, a differenza di quel che accade nei romanzi d’appendice dozzinali irrisi da Gramsci, non è il ‹giustiziere solitario›, proveniente dalle classi ‹alte›, che, appunto, fa giustizia per il popolo inerte fidando esclusivamente sul proprio coraggio e sul proprio senso di giustizia. Intorno a lui c’è tutto un popolo di malesi, costretti 2_IH_Italienisch_70.indd 75 30.10.13 09: 25 76 Emilio Salgari Antonio Catalfamo a fare i pirati per sopravvivere, per ottenere l’indipendenza politica ed economica dalle potenze coloniali, che li soffocano sempre più. Neanche costoro sono stereotipati, pur nella loro semplicità, hanno una fisionomia individuale inconfondibile, uno spessore morale: Sambigliong, Kotta, Hirundo, il più giovane dei tigrotti, ecc. In Le tigri di Mompracem, 40 Sandokan si innamora di «un’incantevole creatura», Marianna, la «Perla di Labuan», nipote di lord Guillonk, un autorevole rappresentante dei colonialisti inglesi. Riesce a farla innamorare di sé, fugge con lei e la sposa. Catturati entrambi, dopo varie peripezie, ritornano insieme, anche se hanno perduto tutto, tranne il prao che li trasporta. Il romanzo si conclude con le parole sconfortate di Sandokan: «La Tigre è morta per sempre! …». 41 Ma esse, più che un epilogo, una dichiarazione di resa, costituiscono il prologo per nuove avventure. Nel testo pubblicato in appendice Sandokan viene ancora rappresentato in quella dimensione truce che rimanda alla scapigliatura: «Un uomo che più d’una volta era stato visto bere sangue umano, e, orribile a dirsi, succhiare le cervella dei moribondi. Un uomo che amava le battaglie le più tremende, che si precipitava come un pazzo nelle mischie più ostinate dove più grande era la strage e più fischiava la mitraglia; un uomo che, novello Attila, sul suo passaggio non lasciava che fumanti rovine e distese di cadaveri […]. Nel passare, il pirata mise i piedi su di un teschio umano, che s’infranse crocchiando. Maledetto! esclamò la Tigre.» Nella versione in volume notiamo un affrancamento dal retaggio scapigliato: Sandokan è tenero amante, sereno, anche se irremovibile, giustiziere a favore dei deboli e contro i potenti. Da questa analisi dettagliata emerge, a nostro avviso, che Emilio Salgari non può essere collocato nell’area della ‹paraletteratura›. Egli è riuscito a realizzare quell’unità di ‹forma› e ‹contenuto› che, secondo De Sanctis e Gramsci, contraddistingue la migliore letteratura. Ha narrato l’epopea dei popoli colonizzati e ha fatto lievitare il racconto attraverso l’avventura, anzi il succedersi di avventure infinite, adeguando il ritmo e lo stile a questo raccontare incalzante. Abstract . Der Autor stellt in diesem Beitrag das Werk von Emilio Salgari (1863-1911) vor und versucht, die Gemeinplätze zu widerlegen, die zum 100. Todestag von der Kritik veröffentlicht wurden. Salgari ist kein Trivialautor, der der ‹Paraliteratur› zuzuordnen ist, noch nur ein Jugendautor, und auch kein weltfremder Künstler, sondern er wendet sich an ein neues Publikum, 2_IH_Italienisch_70.indd 76 30.10.13 09: 25 77 Antonio Catalfamo Emilio Salgari das sich nach Einführung der legge Coppino zur Schulpflicht dem Lesen widmet und macht sich zum Sprachrohr eines ‹volkstümlichen antikolonialistischen Erzählens› und der Botschaft der Gleichheit unter allen Völkern. Er ebnet der modernen Erzählliteratur den Weg, indem er Handlung und Bildsprache intensiviert und dadurch die Stereotypen der Serienliteratur vermeidet. Note 1 Claudio Gallo/ Giuseppe Bonomi, Emilio Salgari. La macchina dei sogni, Milano: BUR Rizzoli 2011, p. 357. 2 Ivi, p. 64. 3 Sergio Campailla, «Il caso Salgari», in: Emilio Salgari, Sandokan. I Pirati della Malesia, Roma: Grandi Tascabili Economici Newton 2012, pp. 7 - 15. 4 Grazia Deledda, Recensione a «Naufragatori dell’Oregon», in: Roma Letteraria, n. 16, 25 agosto 1896; riprodotto in: Quaderni salgariani, n. 1, p. 70. 5 «Bollettino bibliografico - Romanzi e novelle», in: Nuova Antologia, fasc. XI, 1 giugno 1895. 6 Antonio Fabozzi/ Adolfo Fattori, «Fantascienza», in: Letteratura italiana, diretta da Alberto Asor Rosa, Storia e geografia. L’età contemporanea, vol. III, Torino: Einaudi 2001, pp. 1226-1227. 7 Campailla, cit., p. 10. 8 Ibidem. 9 Ibidem. 10 Ibidem. 11 Ivi, p. 11. 12 Ivi, p. 12. 13 Ivi, p. 11. 14 Antonio Gramsci, «L’accademia dei Dieci», in: Letteratura e vita nazionale, Torino: Einaudi 1954 (4ª edizione), p. 171. 15 Id., Lettere dal carcere, Torino: Einaudi 1947; ma si cita sin d’ora dall’edizione Einaudi 1975, p. 241. 16 Ivi, p. 100. 17 Gramsci, «L’accademia dei Dieci», cit., p. 171. 18 Gallo/ Bonomi, cit., pp. 280-281. 19 Atti parlamentari - Camera dei Deputati. Legislatura XXVII, 1ª sessione, discussioni, tornata del 27 febbraio 1928, pp. 8311 - 8313. 20 Gallo/ Bonomi, cit., pp. 281-283. 21 Ivi, p. 282. 22 Margherita Sarfatti, «Libri per ragazzi», in: Il Popolo d’Italia, 16 marzo 1928. 23 Umberto Eco, Il superuomo di massa. Retorica e ideologia nel romanzo popolare, Milano: Tascabili Bompiani 2005 (1ª edizione parziale: 1976). 24 Ivi, p. VII. 25 Ibidem. 26 Ivi, p. VI. 2_IH_Italienisch_70.indd 77 30.10.13 09: 25 78 Emilio Salgari Antonio Catalfamo 27 «Il romanzo d’appendice sostituisce (e favorisce nel tempo stesso) il fantasticare dell’uomo del popolo, è un vero sognare ad occhi aperti. Si può vedere ciò che sostengono Freud e i psicanalisti sul sognare ad occhi aperti. In questo caso si può dire che nel popolo il fantasticare è dipendente dal ‹complesso di inferiorità› (sociale) che determina lunghe fantasticherie sull’idea di vendetta, di punizione dei colpevoli dei mali sopportati, ecc.» (Antonio Gramsci, «Letteratura popolare», in: Letteratura e vita nazionale, cit., p. 108). 28 Antonio Gramsci, «Origine popolaresca del‹superuomo›, in: Letteratura e vita nazionale, cit., pp. 122-125. 29 Sergio Campailla, «Il ciclo di Sandokan», in: Sandokan. I Pirati della Malesia, cit., pp. 23 - 26. 30 Emilio Salgari, I misteri della Jungla Nera, Genova: Donath 1895; ma si cita sin d’ora dell’edizione Milano: Mursia 1973. Pure l’edizione rielaborata e accresciuta del romanzo, uscita nel 1903, fu pubblicata dall’editore Donath. 31 Ivi, p. 316. 32 Ivi, p. 119. 33 Ivi, p. 74. 34 Ivi, p. 14. 35 Ivi, p. 41. 36 Ivi, p. 20. 37 Emilio Salgari, I Pirati della Malesia, Genova: Donath 1896; ma si cita sin d’ora dall’edizione Roma: Grandi Tascabili Economici Newton 2012, già richiamata. 38 Bruno Traversetti, Introduzione a Salgari, Bari: Laterza 1989, pp. 26 e 29. 39 Emilio Salgari, I Pirati della Malesia, cit., p. 41. 40 Id., Le tigri di Mompracem, Genova: Donath 1900; ma si cita sin d’ora dall’edizione Milano: Fabbri 2000. 41 Ivi, p. 326. Bibliografia Salgari, Emilio: I Pirati della Malesia. Genova: Donath 1896 (Roma: Grandi Tascabili Economici Newton 2012). Id.: Le tigri di Mompracem. Genova: Donath 1900 (Milano: Fabbri 2000). Id.: I misteri della Jungla Nera. Genova: Donath 1895 (Milano: Mursia 1973). Atti parlamentari - Camera dei Deputati. Legislatura XXVII, 1ª sessione, discussioni, tornata del 27 febbraio 1928, pp. 8311 - 8313. «Bollettino bibliografico - Romanzi e novelle», in: Nuova Antologia, fasc. XI, 1 giugno 1895. Campailla, Sergio: «Il caso Salgari», in: Emilio Salgari: Sandokan. I pirati della Malesia, Roma: Grandi Tascabili Economici Newton 2012, pp. 7-15. Id.: «Il ciclo di Sandokan», in: Emilio Salgari: Sandokan. I pirati della Malesia, Roma: Grandi Tascabili Economici Newton 2012, pp. 23-26. Deledda, Grazia: Recensione a «Naufragatori dell’Oregon”, in: Roma Letteraria, n. 16, 25 agosto 1896; riprodotto in: Quaderni salgariani, n. 1, p. 70. Eco, Umberto: Il superuomo di massa. Retorica e ideologia nel romanzo popolare. Milano: Tascabili Bompiani 2005 (1ª edizione parziale: 1976). 2_IH_Italienisch_70.indd 78 30.10.13 09: 25 79 Antonio Catalfamo Emilio Salgari Fabozzi, Antonio/ Fattori, Adolfo: «Fantascienza», in: Letteratura italiana, diretta da Alberto Asor Rosa, Storia e geografia. L’età contemporanea, vol. III, Torino: Einaudi 2001, pp. 1226-1227. Gallo, Claudio/ Bonomi, Giuseppe: Emilio Salgari. La macchina dei sogni. Milano: BUR Rizzoli 2011. Gramsci, Antonio: «L’accademia dei Dieci», in: Letteratura e vita nazionale, Torino: Einaudi 1954 (4ª edizione), p. 171. Id.: «Letteratura popolare», in: Letteratura e vita nazionale, Torino: Einaudi 1954 (4ª edizione), pp. 103-142. Id.: «Origine popolaresca del‹superuomo›, in: Letteratura e vita nazionale, Torino: Einaudi 1954 (4ª edizione), pp. 122-125. Id.: Lettere dal carcere. Torino: Einaudi 1947 (1975). Sarfatti, Margherita: «Libri per ragazzi», in: Il Popolo d’Italia, 16 marzo 1928. Traversetti, Bruno: Introduzione a Salgari. Bari: Laterza 1989. 2_IH_Italienisch_70.indd 79 30.10.13 09: 25 8 0 M A N U E L A C AT E R I N A M O R O N I La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto 1 Con il termine prosodia si intende l’insieme delle caratteristiche sonore di una lingua che interessano un dominio più ampio del singolo fono. Le principali caratteristiche prosodiche sono il tipo e la posizione degli accenti, la melodia/ l’intonazione, la velocità di eloquio, il ritmo, la durata, le pause, il volume e la qualità della voce (Selting 1995, 1, Sorianello 2006, 16). In parte della letteratura, invece di prosodia si usa il termine intonazione. Questo termine in senso stretto però indica solo una delle caratteristiche sonore di una lingua, ovvero l’andamento melodico della voce nel tempo (Rabanus 2001, 7). Nel presente contributo si userà il termine intonazione esclusivamente in senso stretto. Il rapporto tra ciò che si può misurare a livello acustico/ fisico e le caratteristiche prosodiche effettivamente percepite dall’apparato uditivo umano è molto complesso. Per esempio, il principale parametro acustico che corrisponde alla nostra percezione dell’intonazione è la misura della variazione della frequenza delle vibrazioni delle corde vocali al secondo (detta frequenza fondamentale). Tuttavia, anche l’estensione nel tempo delle sillabe (durata) e la variazione dell’intensità contribuiscono alla percezione dell’intonazione (Rabanus 2001, 6-7). Nel presente contributo si offre un panorama dei principali risultati della ricerca sulla prosodia dell’italiano e del tedesco inerenti a tre domande: (i) Come vengono classificati l’italiano e il tedesco dal punto di vista prosodico? (ii) Quale relazione c’è in queste due lingue tra gli accenti presenti in un’unità intonativa e la struttura informativa? (iii) Quali andamenti melodici/ curve intonative vengono usati in italiano e tedesco e con quali funzioni? 1. Classificazione prosodica delle lingue 1.1 Italiano e tedesco come lingue intonative Se si prende in considerazione il dominio di applicazione dell’intonazione, le lingue del mondo si possono dividere in lingue tonali e lingue intonative (dette anche accentuali). 2 Nelle lingue tonali l’intonazione ha funzione distintiva a livello lessicale. Ciò significa che un determinato andamento melodico della voce è legato ad un determinato lessema. Tipiche lingue tonali sono il cinese mandarino e numerose lingue dell’Africa subsahariana come lo Yoruba e l’Efik (cfr. Maddieson 1978, Ladd 2008, 65-66). Il tedesco e l’italiano sono lingue intonative. In questo tipo di lingue l’intonazione non ha funzione distintiva a livello lessicale, ovvero, il tipo di andamento melodico con cui si 2_IH_Italienisch_70.indd 80 30.10.13 09: 25 81 Manuela Caterina Moroni La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto articola una parola in tedesco o in italiano non è fisso e non fa parte del lessema. Esso contribuisce a dividere il flusso del parlato in segmenti, le unità intonative. Ogni unità intonativa (intonational phrase) è caratterizzata da un andamento melodico della voce, una curva, percepita come in sé conclusa (cfr. Peters 2009). Il parlato può quindi essere pensato come una serie di curve intonative di varie forme. La forma di una curva intonativa dipende tra le altre cose da dove vengono assegnati gli accenti (pitch accents) all’interno di una unità intonativa. Gli accenti sono movimenti dell’intonazione in corrispondenza di sillabe portatrici di accento lessicale (stress). Questi vengono assegnati per mettere in rilievo la parte dell’enunciato più importante a livello comunicativo. Questa parte è detta focus. Ogni unità intonativa presenta almeno un accento, l’accento focale, più eventualmente altri accenti, detti secondari. Normalmente l’accento focale è collocato più a destra degli altri. Sia in tedesco che in italiano la posizione dell’accento focale contribuisce insieme alla sintassi a strutturare un’unità intonativa dal punto di vista informativo dividendola in due parti: il focus e il background. Il focus costituisce la parte di informazione che il parlante marca come più informativa e rilevante in un dato contesto. Ad illustrazione di ciò si considerino i seguenti esempi: (1a) (A: Dov’è Max? ) B: max è [in piSCIna]* (1b) (A: Max mi ha detto che vuole andare in palestra.) B: no, è [in PISCIna] che Max vuole andare (2a) (A: Wo ist Max? ) B: max ist [im SCHWIMMbad] (2b) (A: Max meinte, dass er ins Fitnessstudio will.) B: nein, [ins SCHWIMMbad] will Max Il testo tra parentesi tonde chiarisce l’ipotetico contesto in cui potrebbero essere realizzate le unità intonative. Le parentesi quadre racchiudono il focus. Ogni unità intonativa può essere analizzata come divisa in due parti con un diverso status dal punto di vista informativo. Una parte focalizzata in cui cade l’accento focale e una parte in cui non vengono assegnati accenti o in cui cadono solo accenti secondari detta background. A seconda della posizione del costituente focalizzato cambia la forma della curva intonativa. Negli esempi (1a) e (2a) la curva intonativa sale e scende in corrispondenza dell’accento focale alla fine dell’unità intonativa. In (1b) e (2b) invece il movimento ascendente e discendente della curva avviene all’inizio perché l’accento focale è all’inizio dell’unità intonativa. Inoltre, l’eventuale assegnazione di ulteriori accenti nel background porta ad altre forme di curva. Per esempio, in (3a) e (3b) a sinistra dell’accento focale viene assegnato un ulteriore accento, detto accento di kontrastives Topik o più brevemente K-Topik (Büring 2006): * Le sillabe portatrici di accento focale vengono scritte in maiuscolo, il resto in minuscolo. 2_IH_Italienisch_70.indd 81 30.10.13 09: 25 82 La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto Manuela Caterina Moroni (3a) (A: Perché nessuno può venire alla festa? ) B: [MAX]K-Topik [deve andare a BASket] e [MOnica]K-Topik [a pitTUra] (3b) (A: Warum kann keiner zur Party? ) B: [MAX]K-Topik [muss BASketball spielen] und [MOnica]K-Topik muss [zum MALkurs] Il K-Topik è un elemento di background che viene messo in contrasto con uno o più elementi. Qui chi si intende con nessuno è dato per scontato dal contesto. B sceglie degli elementi appartenenti al gruppo di persone di cui si dice che non possono andare alla festa marcandoli come K-Topik. I K-Topik sono da intendersi quindi come elementi scelti da una ipotetica lista data come presente nel contesto in cui avviene la comunicazione. Il tipo di accento e quindi la forma della curva intonativa dipende anche dallo status informativo del costituente che viene messo in rilievo prosodicamente. Frascarelli/ Hinterhölzl (2007) sostengono per esempio che il K-Topik in tedesco standard sia associato ad un accento ascendente mentre in italiano standard ad un singolo tono alto (rispettivamente indicati con L*+H e H*, per l’uso di questa annotazione degli accenti si veda più sotto). Oltre che dalla divisione in focus-background e dallo status informativo dei singoli elementi accentati, aspetti della curva intonativa possono anche dipendere dalla posizione dell’unità intonativa all’interno del paragrafo tematico in cui essa si trova. Così, unità intonative che aprono un paragrafo tematico sono spesso caratterizzate da un prominente salto verso l’alto della frequenza fondamentale, mentre le unità intonative che chiudono un paragrafo sono caratterizzate da declinazione, ovvero da una progressiva diminuzione dell’ampiezza della frequenza fondamentale (Heinz 2006, 43-45). Tale declinazione è responsabile del fatto che gli accenti assegnati verso la fine del paragrafo sono meno evidenti perché realizzati con un salto di frequenza fondamentale minore. Inoltre, il tipo di curve intonative (così come altre caratteristiche prosodiche per esempio l’uso delle pause e la velocità di eloquio) può anche dipendere dal genere testuale. Stammerjohann (1992) accenna a questo proposito al concetto di «intonazione testuale». Heinz (2006, 2012) parla di Textsortenprosodie. Sulla base di un corpus di fiabe raccontate e lette e di giornali radio in italiano e francese Heinz dimostra che questi tipi di testo sono altamente caratterizzati prosodicamente. Essi presentano infatti caratteristiche prosodiche tipiche, tra cui appunto forme ricorrenti di curve intonative, che li distinguono dalla conversazione spontanea. In questo tipo di generi testuali la prosodia sembra «staccarsi» dalla struttura informativa di focus e background per assumere una funzione soprattutto testuale (Heinz 2012, 246-248). Vengono cioè assegnati spesso accenti non tanto per marcare porzioni di informazione come rilevanti dal punto di vista informativo ma piuttosto per «convenzione testuale» (si veda anche Cresti 2000: 2_IH_Italienisch_70.indd 82 30.10.13 09: 25 8 3 Manuela Caterina Moroni La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto 162-163). Una di queste convenzioni testuali prosodiche che sembra caratterizzare lingue romanze come il francese (Meisenburg/ Selig 1998: 160) e l’italiano (Heinz 2006) è il cosiddetto accento didattico o intellettuale, tipico di generi testuali come la lezione universitaria frontale. L’accento didattico consiste nell’assegnare numerosi accenti non sulla sillaba portatrice di accento lessicale ma sulla prima sillaba della parola, per esempio, in italiano: INteressante anzichè interesSANte. Questo fenomeno non sembra verificarsi in tedesco (cfr. Moroni in stampa e Moroni 2013). In tedesco cioè, l’accento sembra essere più fortemente ancorato alla sillaba tonica (portatrice cioè dell’accento lessicale). 1.2 L’isocronia ritmica Oltre che sulla base del campo di applicazione dell’intonazione, le lingue sono state classificate anche in relazione alle loro caratteristiche ritmiche. Fondamentale a questo proposito è la cosiddetta ipotesi dell’isocronia di Pike (1945) sviluppata poi da Abercrombie (1967). Secondo questa ipotesi, nelle lingue il ritmo tenderebbe ad essere isocrono. L’isocronia ritmica verrebbe però resa nelle varie lingue in modo diverso. In lingue come l’inglese e il tedesco l’isocronia ritmica sarebbe data dagli accenti, che tenderebbero a venir realizzati ad intervalli costanti. Queste lingue vengono dette stress-timed. In lingue come l’italiano e lo spagnolo l’isocronia ritmica sarebbe invece data dalla durata delle sillabe che tenderebbe ad essere costante. In questo caso si parla di lingue syllable-timed. Nel corso degli anni 80 e 90 diversi esperimenti hanno confutato la teoria di Pike e Abercrombie (Roach 1982, Vékás/ Bertinetto 1990, Bertinetto 1992, Grabe/ Low 2002). Sul piano acustico l’ipotesi dell’isocronia è risultata essere non valida, anche se alcuni lavori (per es. Rodríguez-Vázquez 2010) sembrano ammettere l’isocronia sul piano uditivo. Più recentemente Bertinetto/ Bertini/ Guidugli (2012) hanno proposto una classificazione prosodica basata sul parametro della flessibilità articolatoria. Il tedesco sarebbe una lingua ad alta flessibilità articolatoria, caratterizzato da una forte tendenza verso processi di riduzione fonologica, mentre l’italiano presenterebbe una bassa flessibilità articolatoria con una limitata riduzione fonologica. Secondo questa ipotesi, i diversi gradi di flessibilità sarebbero responsabili della diversa struttura ritmica delle lingue. 3 In particolare, l’alto grado di flessibilità articolatoria del tedesco sarebbe responsabile della forte differenza nella struttura tra le sillabe accentate (sillabe pesanti con nucleo formato da una vocale lunga o chiuso da una coda consonantica) e quelle non accentate (sillabe leggere, con nucleo a vocale breve eventualmente chiuso da una consonante). In italiano al contrario, data la bassa flessibilità articolatoria, ogni sillaba, sia essa accentata o meno, tenderebbe ad avere la stessa struttura CV. Indipendentemente dai diversi tentativi di classificazione ritmica, 2_IH_Italienisch_70.indd 83 30.10.13 09: 25 8 4 La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto Manuela Caterina Moroni nella ricerca vi è accordo su alcune differenze prosodiche tra tedesco e italiano che si riassumono nella seguente tabella: (4) Caratteristiche vocalismo Tedesco Vocali piene solo in sillabe accentate. Riduzione vocalica nelle sillabe non accentate (Schwa). Italiano Vocali piene in tutte le sillabe. struttura sillabica Le sillabe accentate sono più complesse e lunghe delle sillabe non accentate. Le sillabe accentate sono pesanti (del tipo CVC, CV e V: ) Tutte le sillabe hanno una struttura semplice, spesso CV. Non vi è differenza nella struttura tra sillabe accentate e sillabe non accentate. accento L’accento è realizzato in modo chiaro dal punto di vista fonetico. L’accento può essere debole o difficile da individuare foneticamente. Dalle differenze nel vocalismo e nella struttura sillabica tra tedesco e italiano deriva la diversa chiarezza nella realizzazione fonetica dell’accento nelle due lingue. Per questo motivo, chi lavora con dati autentici di parlato osserverà probabilmente che l’individuazione e l’annotazione degli accenti dei dati del tedesco risulta in gran parte meno problematica di quella dei dati italiani. 2. Accenti e struttura informativa Una parte consistente della ricerca sulla prosodia 4 mira, data un’unità intonativa con una determinata struttura sintattica in un determinato contesto, a individuare i principi che regolano l’assegnazione dell’accento focale. Osserviamo gli esempi: (5a) (A: Cosa ha comprato Peter? ) B: Peter ha comprato [una casa NUOva] (5b) (A: Peter ha comprato una casa vecchia.) B: No, Peter ha comprato una [MACchina] vecchia (5c) (A: Cosa c’è di nuovo? ) B: [Peter ha comprato una casa NUOva] (6a) (A: Was hat Peter gekauft? ) B: Peter hat [ein neues HAUS] gekauft (6b) (A: Peter hat ein altes Haus gekauft.) B: Nein, Peter hat ein altes [AUto] gekauft (6c) (A: Was gibt’s Neues? ) B: [Peter hat ein neues HAUS gekauft] 2_IH_Italienisch_70.indd 84 30.10.13 09: 25 85 Manuela Caterina Moroni La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto In (5a) e (6a) per focalizzare il sintagma nominale oggetto l’accento viene assegnato all’estrema destra di quest’ultimo. Se in italiano si inverte l’ordine di testa e attributo si osserva che l’accento focale cade comunque all’estrema destra del sintagma: (5a’) (A: Cosa ha comprato Peter? ) B: Peter ha comprato [una nuova CAsa] In questo caso in tedesco non è possibile spostare l’attributo a destra della testa ma il fatto che in sintagmi in cui l’attributo sta a destra della testa l’accento focale debba cadere sulla testa dell’attributo (esempio (7)), e quindi a destra, sostengono la tesi che anche in tedesco come in italiano per focalizzare un sintagma l’accento vada assegnato il più a destra possibile: (7) (A: Was hast du ihr geschenkt? ) B: Ich habe ihr das neueste Buch von Bernhard SCHLINK geschenkt. (5b) e (6b) sono esempi di cosiddetto focus ristretto (narrow focus) in cui un elemento viene contrapposto ad uno o più elementi. In (5c) e (6c) si può osservare che sia in italiano che in tedesco, in un contesto in cui tutta l’informazione è focalizzata, l’accento cade sull’oggetto retto dal verbo. All’interno del sintagma oggetto, in italiano l’accento si posiziona all’estrema destra, in questo caso sull’attributo nuova, in tedesco sulla testa Haus. Data la struttura sintattica del tedesco caratterizzata dalla discontinuità del complesso verbale (Verbalklammer) l’accento focale in tedesco è spesso seguito da varie sillabe non accentate (le sillabe della seconda parte del complesso verbale). Ciò è al contrario meno frequente in italiano, dove l’accento focale cade spesso sulla penultima sillaba dell’unità intonativa, come qui su NUOin nuova. È plausibile ipotizzare che questo e la struttura sillabica dell’italiano caratterizzata da un vocalismo uniforme siano tra i fattori responsabili del fatto che apprendenti italofoni di tedesco come lingua straniera tendano in frasi come (6a), (6b) e (6c) ad assegnare l’accento focale più a destra (geKAUFT) e che essi in tedesco trovino generalmente difficile realizzare le sillabe finali delle unità intonative senza accentarle. Le osservazioni fatte per gli esempi (5a)-(5b)-(5c) e (6a)-(6b)-(6c) contenenti un verbo transitivo e un oggetto diretto valgono anche per enunciati con strutture con verbo di movimento (per es. Hans fährt nach berLIN e Hans va a berLIno). In generale, se in un enunciato non marcato (dal punto di vista sintattico e pragmatico) sono presenti più di un costituente sintattico con funzione di oggetto diretto, indiretto o preposizionale o di complemento circostanziale, per focalizzare l’intero enunciato l’accento va assegnato sull’ultimo di questi costituenti (Hans fährt nach Berlin mit seiner FREUNdin e Hans va a Berlino con la sua raGAZza). 2_IH_Italienisch_70.indd 85 30.10.13 09: 25 86 La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto Manuela Caterina Moroni Gli esempi visti fino ad ora presentano enunciati di tipo categorico, in cui cioè si predica qualcosa riguardo a qualcuno/ qualcosa e in cui l’enunciazione avviene per così dire in due passaggi: (i) un’entità viene introdotta e (ii) su di essa si predica qualcosa. Vediamo ora qual è il rapporto tra accento focale e struttura informativa in tedesco e italiano in enunciati tetici o presentativi, in cui tipicamente compaiono verbi intransitivi con soggetti spesso non-agentivi e in cui si presenta un evento. 5 A differenza di quanto osservato per gli enunciati di tipo categorico, qui tedesco ed italiano si comportano diversamente. Vediamo degli esempi: (8a) (A: Cosa è successo? ) B: [è caduto un bamBIno] (vs. *[un bamBIno è caduto]) (8b) (A: Cosa è successo? ) B: [è arrivata la poliZIa] (vs. *[la poliZIa è arrivata]) (9a) (A: Was ist passiert? ) B: [ein KIND ist hingefallen] (9b) (A: Was ist passiert? ) B: [die PoliZEI ist gekommen] Qui si può osservare che in enunciati di questo tipo, affinché venga focalizzata tutta l’informazione, l’accento focale deve cadere sul soggetto. Questo vale sia per l’italiano che per il tedesco. In italiano tuttavia è necessario che il soggetto segua il verbo. Ciò è in linea con l’opinione molto diffusa nella ricerca secondo la quale in lingue come il tedesco e l’inglese la struttura focus-background venga codificata soprattutto con l’assegnazione degli accenti mantenendo la struttura sintattica invariata mentre in lingue come l’italiano gli accenti non bastino e si debba spesso modificare l’ordine dei costituenti (cfr. Vallduví 1991, Büring 2010). 3. Intonazione: Forme e funzioni delle curve intonative 3.1 La grammatica intonativa Uno degli obiettivi della ricerca in ambito prosodico consiste nell’indagare per ogni lingua la sua «grammatica intonativa». 6 Questa consiste in un inventario di curve ricorrenti abbinate a determinate funzioni. I maggiori progressi nella ricerca sono stati fatti fino ad ora soprattutto nello sviluppo di un modello per la descrizione delle curve, mentre l’analisi delle funzioni rappresenta in gran parte ancora un desideratum. Il modello che si può dire ormai affermato è quello autosegmentale-metrico elaborato da Pierrehumbert (1980) per l’inglese degli Stati Uniti e adattato a numerose lingue nel corso degli ultimi trent’anni. Nell’approccio autosegmentale-metrico ogni curva intonativa viene descritta come una combinazione di toni alti (H) o bassi (L). Solo certi toni della curva sono rilevanti a livello linguistico/ fonologico. Questi sono: (i) i toni realizzati in corrispondenza di sillabe portatrici di accento lessicale (stress), detti starred tones (H*, L*) (ii) i toni che precedono 2_IH_Italienisch_70.indd 86 30.10.13 09: 25 87 Manuela Caterina Moroni La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto o seguono gli starred tones, detti rispettivamente leading tones e trailing tones e (iii) i toni realizzati all’inizio e alla fine di ogni unità intonativa, detti boundary tones. Uno starred tone da solo o in combinazione con un leading e/ o un trailing tone forma un pitch accent. Le curve intonative sono ancorate solo in alcuni punti al testo dell’unità intonativa e i toni compresi tra questi punti vengono derivati per interpolazione. L’approccio autosegmentale-metrico permette di rendere visibile in quale modo una curva è ancorata/ allineata al testo. Kohler (2005: 92) ha dimostrato che il tipo di allineamento della curva con il testo è distintivo, o meglio, restringe la gamma di contesti in cui un determinato enunciato può essere realizzato. Si osservino qui gli esempi per il tedesco tratti da Kohler. Lo stesso enunciato viene usato a seconda della curva in contesti diversi. Questi contesti vengono descritti nella maggior parte della letteratura con parole chiave. Allineamento testo-toni Contesto secondo Kohler (2005) (10a) (Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht) sie hat ja geLOGen H+L* L% conclusione di argomento, riassunto (10b) (Jetzt verstehe ich das erst.) sie hat ja geLOgen H*+L L% Apertura di un nuovo argomento/ Osservazione (10c) (Oh! ) sie hat ja geLOgen L*+H L% Sorpresa I grafici dell’andamento della frequenza fondamentale ottenuti con il software Praat (Boersma/ Weenink 2012) chiarificano il metodo di annotazione autosegmentale-metrico e rendono visibile l’allineamento tra toni e testo: Grafico di (10a) 2_IH_Italienisch_70.indd 87 30.10.13 09: 25 8 8 La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto Manuela Caterina Moroni Grafico di (10b) Grafico di (10c) Per il tedesco e l’italiano standard sono state elaborate diverse grammatiche intonative. Per il tedesco si cita qui Féry (1993) e l’inventario molto dettagliato di Grice/ Baumann/ Benzmüller (2005). Una grammatica intonativa per l’italiano è stata elaborata da Avesani (1995) e ripresa da Rabanus (2001). Per chiarezza si riporta la grammatica intonativa del tedesco standard di Féry (1993) e quella dell’italiano standard di Avesani (1995): (11) Inventario delle curve del tedesco standard secondo Féry (1993) 7 H*+L L% dichiarativa w-interrogativa L*+H H% interrogativa polare interrogative eco liste Tags 2_IH_Italienisch_70.indd 88 30.10.13 09: 25 8 9 Manuela Caterina Moroni La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto H*+L H% w-interrogativa L*+H L% tono paternalistico, ovvietà (pochi usi possibili) (12) Inventario delle curve intonative dell’italiano standard secondo Avesani (1995) 8 H+L* L- L% dichiarative H* L- L% dichiarative con focus marcato e frasi imperative %H H* L- L% frasi esclamative L*+H L- L% incertezza/ incredulità L* H- H% oppure domande totali H+L* L- H% H* L- H% oppure continuazione H+L* L- H% H* H- L% richiamo Osserviamo per prima cosa i tipi di curve dei due inventari. Dal confronto tra l’inventario di Féry per il tedesco e quello di Avesani per l’italiano si può osservare una differenza tra le due grammatiche intonative confermata da vari studi (per es. Ladd 2008). Laddove in tedesco, in frasi dichiarative con focus non marcato (broad focus) troviamo una curva con l’accento focale il cui tono alto è allineato con la sillaba portatrice di accento di parola, H*+L L%, in italiano troviamo un allineamento diverso, in cui il tono alto è allineato con la sillaba atona che precede la sillaba portatrice di accento lessicale (H+L* L%). Le frasi dichiarative non marcate tenderebbero quindi in italiano a presentare quello che Kohler (2005) chiama early peak. Mentre in tedesco si avrebbe un middle peak. 3.2 Semantica dei toni Per quanto riguarda la relazione tra intonazione e significato, si può osservare che sia per l’italiano che per il tedesco i tipi di significati attribuiti alle curve intonative sono molto eterogenei. Questi riguardano la modalità della frase (dichiarativa, domande), il tipo di atto comunicativo (richiamo), atteggiamenti del parlante verso quanto detto (incertezza, incredulità) e intenzioni del parlante riguardo al turn-taking nell’interazione (continuazione). Inoltre, se si 2_IH_Italienisch_70.indd 89 30.10.13 09: 25 9 0 La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto Manuela Caterina Moroni considera l’inventario di Féry si nota che il significato di «ovvietà» da lei attribuito alla curva ascendente-discendente (L*+H L%) non è lo stesso attribuito da Kohler (2005), che parla di «sorpresa». Si potrebbe pensare che le curve di un inventario possano avere valenze diverse a seconda del contesto, ma questa non sarebbe una soluzione auspicabile per una teoria del significato linguistico dell’intonazione. Sarebbe molto più auspicabile arrivare ad individuare dei significati abbastanza astratti che possano valere per tutti i contesti d’uso della curva. Nell’ambito dell’approccio autosegmentale-metrico si tenta di fare ciò partendo dal presupposto che non è la curva ad essere portatrice di significato bensì i toni (starred, leading, trailing e boundary tones) che la compongono. Lo schema seguente riassume la teoria della semantica dei toni di Peters (2009: 105-106) che a sua volta riprende quella di Pierrehumbert/ Hirschberg (1990): (13) H* L* L o H H% L% l’informazione deve essere aggiunta al sapere comune di parlante e ascoltatore l’informazione non deve essere aggiunta al sapere comune di parlante e ascoltatore (presenza di un leading o trailing tone) l’informazione è conclusa l’informazione dell’unità intonativa deve essere interpretata in relazione a quanto segue nella unità intonativa seguente l’informazione dell’unità intonativa è interpretabile in sé Secondo Peters questi significati astratti, che riguardano come si vede lo status informativo degli elementi accentati e la relazione tra le unità intonative, sarebbero universali. Le lingue si distinguerebbero nell’uso dei toni e delle curve date dalla loro combinazione nei vari contesti comunicativi. I diversi usi dovrebbero però secondo questa teoria essere sempre compatibili con i tratti semantici dei singoli toni. Un obiettivo importante delle ricerche su dati di parlato spontaneo consiste nell’analisi dei contesti in cui una curva, data da una combinazione di toni portatori di significati semantici astratti, ricorre in una determinata lingua. Per raggiungere questo obiettivo sembra essere molto promettente combinare l’approccio autosegmentale-metrico alla interaktionale Prosodieforschung sviluppata nell’ambito dell’analisi della conversazione tedesca (Gesprächsforschung). Questo è stato fatto per ora solo e solo in parte, per il tedesco, o meglio, per delle sue varietà regionali (Gilles 2005, Bergmann 2008) e non ancora per l’italiano (un’eccezione è Rabanus 2001). Bergmann (2008), per esempio, si concentra su una curva intonativa ascendente-discendente (L*+H L%) che caratterizza il tedesco parlato a Colonia e sulla base di dati di parlato spontaneo osserva che questa curva viene usata 2_IH_Italienisch_70.indd 90 30.10.13 09: 25 91 Manuela Caterina Moroni La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto soprattutto in unità intonative che hanno la funzione di «inquadramento» (Rahmung) di ciò che il parlante poi racconta. Tale funzione/ contesto d’uso sembra essere compatibile con la teoria della semantica dei toni. Infatti, è plausibile che si usi un accento con L* («l’informazione non deve essere aggiunta al sapere comune di parlante e ascoltatore») per caratterizzare una unità intonativa come introduttiva di una sequenza narrativa. È tuttavia meno intuitivo l’uso del boundary tone basso in una unità intonativa che funge da cornice e che quindi dovrebbe piuttosto, seguendo la semantica dei toni di Peters, indirizzare l’ascoltatore verso quanto segue con un boundary tone alto. Un obiettivo importante della ricerca futura è, anche partendo dagli inventari intonativi elaborati sulla base dell’introspezione, indagare l’intonazione nel contesto d’uso, in relazione agli altri livelli di analisi della lingua e cercare di verificare se la semantica astratta dei toni di stampo autosegmentale-metrico è compatibile con i contesti d’uso individuati nei dati autentici delle varie lingue. Abstract . Im vorliegenden Aufsatz wird ein Überblick gegeben über drei aktuelle Forschungsfragen im Bereich der Prosodie des Italienischen und Deutschen. Zunächst wird erläutert, was Intonationssprachen sind und inwiefern Deutsch und Italienisch in der Linguistik als solche klassifiziert werden. Im Anschluss daran wird auf die in der Forschung diskutierten Unterschiede zwischen den zwei Sprachen hinsichtlich ihrer Rhythmuseigenschaften und ihrer Silbenstruktur eingegangen. Im zweiten Teil des Aufsatzes wird der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Hauptakzent, Syntax und Informationsstruktur nachgegangen. Der dritte Teil behandelt das noch wenig erforschte Thema der Intonationssemantik. Note 1 Ringrazio Matthias Heinz e Maria Selig per aver letto e commentato una versione precedente del presente contributo. 2 Vi è un terzo gruppo di lingue (al quale appartengono per esempio lo svedese e il giapponese) che presentano sia caratteristiche delle lingue tonali che caratteristiche delle lingue intonative (Peters 2009). 3 Si veda anche la distinzione di Auer (2001) tra Worte Silbensprachen e anche Auer (1993) e Szczepaniak (2007). 4 Famosa ed estremamente interessante è la discussione documentata in gran parte nel Journal of Linguistics tra Bolinger e Gussenhoven. I due linguisti si chiedono se in inglese si possa prevedere la posizione degli accenti sulla base della sintassi (cfr. Bolinger 1972, Gussenhoven 1983, Bolinger 1985 e Gussenhoven 1985). Per il tedesco si veda Uhmann (1991), per l’italiano Frascarelli (2000). 5 Per la differenza tra enunciati tetici e categorici si veda Ulrich (1985) e Sasse (1987). 2_IH_Italienisch_70.indd 91 30.10.13 09: 25 92 La prosodia dell’italiano e del tedesco a confronto Manuela Caterina Moroni 6 Oltre al termine grammatica intonativa che risale a Grammar of intonation di Pierrehumbert (1980), usato per esempio da Uhmann 1991 e Peters 2009, si parla anche di pattern intonativi (si veda per esempio Féry 1993). 7 Féry (1993), a differenza di Avesani (1995), non collega gli starred tones e i leading o trailing tones con il segno ‹+›, qui aggiunto per non confondere il lettore. 8 Avesani (1995) usa oltre ai tipi di toni descritti sopra anche i phrase tones (He L-). La realizzazione di questo tipo di toni è legata alla presenza di un confine di unità intonative frasali (intermediate phrases) all’interno dell’unità intonativa. Nel presente articolo questo tipo di toni non viene trattato. Il confronto tra gli inventari di Féry e Avesani può essere fatto ignorando i phrase tones. Bibliografia Abercrombie, David (1967): Elements of general phonetics, Edinburgh. Avesani, Cinzia (1995): «ToBIt: un sistema di trascrizione per l’intonazione italiana, in: Lazzari 1995, 85-98. Auer, Peter (1993): «Is a rhythm-based typology possible? », Kontri Arbeitspapier (Universität Konstanz) 21. Auer, Peter (2001): «Silben- und akzentzählende Sprachen», in: Haspelmath / König/ Österreicher/ Raible 2001, 1391-1399. Bergmann, Pia (2008): Regionalspezifische Intonationsverläufe im Kölnischen, Tübingen. Bertinetto, Pier Marco (1992): «syllabic blood ovvero l’italiano come lingua ad isocronismo sillabico», in: Studi di grammatica italiana VI, 69-96. 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Misericordia del tuo servo arai, e ’n quella altera donna fa’ che vegne tal foco, onde conosca gli altrui guai. 1 So grausam war die erste Wunde, so brutal und so heftig der erste Pfeil, dass mir der Tod schon süß erschienen wäre, würde da nicht die Hoffnung mein Herz nähren und erhalten. 5 Und mein zartes Alter weigert sich mitnichten, Amor zu folgen, nein: immer noch wichtiger wird ihm das! Bereitwillig folgt es seinem angenehmen Übel, da ihm solch ein Los schicksalshaft zukam. Aber du, Amor! Da du mich unter deiner Fahne 10 so früh haben willst, wirst du es so anstellen, dass ich mit meinem Leid nicht anderen ein Vorbild bin. Mitleid wirst du haben mit deinem Sklaven - Und mach, dass jene stolze Frau erfasst wird Von solchem Feuer, dass sie anderer Leute Unglück kennenlernt! Mit diesem Sonett eröffnet der als ‹il Magnifico› berühmt gewordene Renaissancepolitiker Lorenzo de’ Medici (1449-1492) seinen Canzoniere, einen Lyrikzyklus, an dem er seit den 1460er Jahren gearbeitet hat und der ihn bis in seine letzten Lebensjahre beschäftigt zu haben scheint. 2 Ein grundsätzliches 2_IH_Italienisch_70.indd 95 30.10.13 09: 25 9 6 «Tanto crudel fu la prima feruta» Bernhard Huss Charakteristikum dieses Buchs der Liebeslyrik ist die großflächig inszenierte Auseinandersetzung mit dem Petrarkismus und insbesondere mit dessen Grundtext, Francesco Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta. Als einer der ersten italienischen Lyriker, und noch vor der Installation des ‹orthodoxen› hochrinascimentalen Petrarkismus, die im Primo Cinquecento durch Pietro Bembo erfolgte, schreibt Lorenzo in Orientierung an Petrarca nicht nur eine Anzahl von Gedichten mit Liebesthematik, sondern gruppiert seine einschlägigen Texte auch bewusst in der Form einer Sammlung, die eine fragmentierte ‹Liebesgeschichte› erzählt - eine narrative Dimension, die einen Lyrikzyklus im engeren Sinn ausmacht. Dabei spielt als Textvorbild aber nicht nur Petrarcas Buch eine Rolle, und nicht nur dessen moralphilosophisch problematische Erzählung der Liebe zu Laura bildet einen Fixpunkt für Lorenzos Poesie. Vielmehr überlagert Lorenzo die Petrarkismusbezüge seiner Gedichte mit Referenzen auf ein philosophisches System - das prominenteste aktuelle seiner Zeit, nämlich den Renaissanceplatonismus im Zuschnitt des Florentiner Philosophen, Platon-Übersetzers und -Kommentators und Divulgators neoplatonistischer Theorien, Marsilio Ficino (1433-1499). Ficino hatte in zahlreichen Schriften, vor allem aber in seiner dialogischen Um-Interpretation von Platons Symposion, die unter dem Titel Commentarium in Convivium Platonis De amore (italienisch als El libro dell’amore, von Ficino selbst übersetzt) bekannt wurde, eine enge Verbindung zwischen Poesie und Philosophie postuliert; besonders der Liebesdichtung kam nach diesem doktrinären philosophischen Entwurf die Aufgabe zu, die tiefen Wahrheiten einer philosophischen Lehre zu verkünden, die mit dem Anspruch umfassender Welterklärung auftrat. Mit diesem Anspruch setzt sich Lorenzo dichtungspraktisch auseinander. Dabei stellt er gegen die platonistisch-metaphysische Zurichtung der Liebeslyrik ein zweites Modell, nämlich jenes petrarkistische. Der lyrische Ausdruck der Liebe in Petrarcas Sprachformularien steht dabei gemäß Ficinos Lehre stets unter dem Verdacht, eine niedere, ‹tierische› Form sinnenverhafteter Begierde (amor ferinus) zu bezeichnen, der sich die ‹göttliche Liebe› (amor divinus) als abstrakte Annäherung an Gott entgegenstellt. Lorenzos Canzoniere vertextet den Konflikt zwischen diesen Formen der Liebe in einem spannungsgeladenen Narrativ, das den thematischen Schwerpunkt liebeslyrischer Rede von der Moralphilosophie hin zur Metaphysik und Erkenntnistheorie verschiebt. Von dieser Grundspannung legt bereits das Einleitungssonett des Zyklus Zeugnis ab, das als lyrisches Proömium - wie bei rinascimentalen Lyrikbüchern nicht anders zu erwarten - programmatische Bedeutung für das Gesamtwerk gewinnt. Das Sonett evoziert die Situation des ‹innamoramento›, den Moment, in dem sich der lyrische Sprecher in seine Dame verliebt haben will. Im ersten Quartett wird im Ausdrucksrepertoire der traditionellen Amor-Allegorie die 2_IH_Italienisch_70.indd 96 30.10.13 09: 25 97 Bernhard Huss «Tanto crudel fu la prima feruta» Heftigkeit dieser ‹Liebesattacke› beklagt; die Treffer von Amors Pfeilen würden den Sprecher schon in den Freitod geführt haben, wäre da nicht die Hoffnung, nämlich Hoffnung auf eine Erfüllung der Liebe, die den Sprecher emotiv ‹nährt› und ihn dem Leben bewahrt. Im zweiten Quartett wird dieser Gedanke erweitert: Das geradezu noch jugendliche Alter des lyrischen Protagonisten bewirkt, dass sich sein Streben ungeachtet der zuvor thematisierten (also rational erkannten) schmerzlichen Qualen nicht von der Liebe zurückzieht, sondern ganz im Gegenteil seinem ‹süßen Übel› gern und freiwillig folgt, auch wider die eigene Vernunfterkenntnis. Das erste Terzett äußert die hoffnungsvolle Erwartung, Amor werde den Sprecher mit seinem in jungen Jahren erfahrenen Liebesleid zumindest nicht anderen zum Vorbild werden lassen. Mitleid erfleht schließlich das zweite Terzett von Amor - und wünscht sich zugleich, die offensichtlich indifferente Dame möge von einem derartigen Liebesfeuer entfacht werden, dass sie selbst an ihrer eigenen Person das Liebesleid ‹anderer› (zuvörderst natürlich des lyrischen Ich) erfahre. Zunächst stechen an diesem Text Parallelen zu Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta (RVF) ins Auge, die als Systemreferenzen 3 fungieren und den Text in die Traditionslinie des lyrischen Petrarkismus einordnen. Besonders deutlich bezieht sich Lorenzos Sonett auf die Einleitungssequenz des Petrarkischen Zyklus. Sie ist klar angezielt, wenn der Sprecher den ‹innamoramento› mit dem Treffer eines Pfeils und seine Verliebtheit mit der Wunde vergleicht, die der Pfeil geschlagen hat: Vom identischen Moment heißt es bei Petrarca «quando ’l colpo mortal là giù discese | ove solea spuntarsi ogni saetta» (RVF 2.7 f.). 4 Nicht nur Petrarcas zweites, sondern auch sein unmittelbar mit diesem zusammenhängendes drittes Gedicht ruft Lorenzo auf, das dieselbe Pfeilmetaphorik in die Phrasierung «ferir me de saetta in quello stato» fasst (RVF 3.13). Auf dieses dritte Gedicht Petrarcas zeigt Lorenzo auch mit der Verwendung des prononciert in Reimposition an den Schluss des Eingangssonetts gesetzten petrarkischen Signalworts «guai», das Petrarca neunmal, davon achtmal gleichfalls in Reimposition, verwendet, und das er zum ersten Mal und programmatisch in RVF 3.7 («i miei guai |») einsetzt. Gleichsam um nicht nur auf Petrarcas Proömialsequenz, sondern auf Petrarcas zyklisch strukturiertes Lyrikbuch als Ganzes zu verweisen, umgeht Lorenzo die direkte Imitation von Petrarcas in RVF 2 und RVF 3 zweimalig genannter «saetta» und sagt statt dessen am Ende des zweiten Verses «il primo strale». Durch diese scheinbare Abweichung ist ein Bezug zu RVF 97 markiert, wo eben dieses Syntagma am Ende des dritten Verses, also gleichfalls reimend in den inneren Versen des ersten Quartetts, eingesetzt ist - und wo gleichfalls die Thematik von Lorenzos ersten beiden Versen verhandelt wird, wenn es heißt: «… ’l mio stato, quando il primo strale | fece la piagha ond’io non guerrò mai! » (RVF 97.3 f.). 2_IH_Italienisch_70.indd 97 30.10.13 09: 25 9 8 «Tanto crudel fu la prima feruta» Bernhard Huss Eine Vielzahl weiterer Petrarca-Rekurse ließe sich aufzählen, 5 etwa die Tatsache, dass Lorenzos Nennung von «Amor» in Vers 6 und Vers 9 positionsidentisch zur Nennung Amors in Vers 6 und Vers 9 von Petrarcas ‹innamoramento›-Gedicht «Era il giorno ch’al sol si scoloraro» (RVF 3) erfolgt - solche auffälligen Stellungsanalogien sind neben der Übernahme von Reimschemata mit die stärksten strukturellen Indikatoren für intertextuelle Bezugnahme, die die frühneuzeitliche Liebeslyrik kennt. Auch die im Anschluss thematisierte, ungeachtet der eingangs besprochenen Leiden erfolgende Hingabe des lyrischen Sprechers an die bittersüße Erfahrung der Schmerzliebe, an das «giocondo male», gewinnt in ihrer oxymoralen Fassung den Charakter eines Gesamtverweises auf eine petrarkistische ‹dolendi voluptas›. Ausgelöst ist diese durch die beklagenswerte Teilnahmslosigkeit der Dame, der der Schluss des Textes eine Empfänglichkeit für so heftige Liebesempfindungen wie die des lyrischen Ich wünscht - in eben diesem Sinne hatte Petrarcas ‹innamoramento›-Sonett vorwurfsvoll geklagt, Amor habe zwar den lyrisch Liebenden mit dem Pfeil getroffen, der Dame (Laura) aber ‹nicht einmal den Bogen gezeigt›. 6 Auch der Umstand, dass zunächst der Tod die einzige Rettung aus der ausweglosen Schmerzliebe-Situation zu sein scheint, dann aber in seiner Wirkungsmacht konterkariert wird von der Hoffnung («speme») auf Liebeserfüllung, ist in Orientierung an Petrarcas Textvorlage konstruiert. 7 Darüber hinaus sind funktionale Äquivalenzen zu Petrarcas Einleitungsgedicht festzustellen: Wie Lorenzos Sprecher («tenera età», Vers 5), so ist auch Petrarcas lyrischer Liebender in seiner Jugendzeit der Macht Amors zum Opfer gefallen (RVF 1.3: «primo giovenile errore»); wie Petrarcas Sprecher in seinem ersten Terzett, so stellt auch Lorenzos Text an identischer Stelle einen ‹Publikumsbezug› her: Während bei Lorenzo der Sprecher hofft, er werde angesichts seiner negativ konnotierten Schmerzliebe (Vers 11 «col mio male») seinen Lesern (Vers 11 «ad altri») kein nachahmenswertes Exemplum bieten, stellt sich Petrarcas Sprecher in die durch seine Herausgeberfiktion ermöglichte zeitliche Distanz zum Liebesgeschehen und redet aus der Warte dessen, der durch sein Verhalten in jenem Geschehen bereits diverse bedauerliche Effekte nicht nur an sich selbst, sondern auch an anderen hervorgerufen hat. Schließlich wird in Lorenzos erstem Gedicht ganz wie im Petrarkischen Äquivalent eine Geste des verständnisvollen Entgegenkommens eingefordert; dabei begründet sich eine Differenz beider Texte auf der bei Petrarca im Gegensatz zu Lorenzo inszenierten Zeitdistanz zwischen liebendem/ dichtendem und ‹herausgebendem› Ich, die bei Lorenzo aufgegeben ist. Während nämlich Petrarcas ‹Herausgeber› aus der Warte zeitlicher Rückschau und, so scheint es zumindest, reuiger Entfernung von der einstigen Schmerzliebe «pietà» von liebeskundigen Lesern einfordert (RVF 1.8), erhofft Lorenzos Sprecher aus der Sicht dessen, der ohne Möglichkeit zeitlicher Distanzierung von der ‹dolendi volup- 2_IH_Italienisch_70.indd 98 30.10.13 09: 25 99 Bernhard Huss «Tanto crudel fu la prima feruta» tas› ergriffen ist, von Amor selbst die in den Fragmenta nicht belegbare «misericordia» (Vers 12), eine «misericordia» freilich, die ihre verglichen mit Petrarcas «pietà» scheinbar stärker auf das Motiv religiöser Liebesabkehr 8 verweisenden Implikate dadurch selbst negiert, dass ihr Ergebnis die Verliebtheit der Donna und damit die Erhöhung einer Chance auf die Erfüllung des weltlichen Liebesverlangens des Sprechers sein soll. Die in den Versen zuvor im Anschluss an RVF 2 und 3 inszenierte Verfallenheit des Sprechers an die petrarkische Schmerzliebe wird durch diese kalkulierte Abweichung von RVF 1 nur noch stärker unterstrichen. Doch, wie eingangs schon angedeutet, der petrarkistische Referenzrahmen, den das erste Sonett Lorenzos somit eröffnet, wird überlagert durch Verweise auf Hypotexte, die philosophische Systemreferenzen im Sinne des Renaissanceplatonismus eröffnen. Eine auffällige Bruchstelle ist hier zunächst die Bezeichnung der affektischen Qualität der Schmerzliebeerfahrung als «giocondo male» in Vers 7. Diese Bezeichnung - in der zeitgenössischen italienischen Dichtung so nicht belegt - meidet Petrarkische Alternativen wie «dolce male» (RVF 182.10, vgl. 205.2) oder «dilectoso male» (RVF 132.7), die zur Verfügung gestanden hätten, und greift statt dessen eine Formulierung aus Ovids Remedia amoris (Vers 135-138) auf, wo die Liebeserfahrung als ‹iucundum malum› (Vers 138: «haec sunt iucundi causa cibusque mali») bezeichnet wird. 9 An der Ovid-Stelle ist allerdings (ebenso wie in den Remedia insgesamt) von der Abkehr von der Leidenschaftsliebe die Rede. Lorenzos Sonett verweist hier also über eine Abweichung vom vordergründig modellhaften Petrarkischen Rededuktus auf einen anderen Text, der die Verneinung einer Liebeskonzeption propagiert, wie sie Lorenzos Petrarkismen zunächst einmal in Szene gesetzt haben. Dies zeigt die Möglichkeit eines Unterlaufens petrarkismuskompatibler Liebe mitten aus Lorenzos eigener ‹petrarkistischer› Rede heraus. Auf dieser Spur führen weitere Auffälligkeiten noch weiter. Die in Vers 1 und 2 angebrachten Wendungen von «la prima feruta» und «il primo strale» finden in ihrer Kombination kein Pendant bei Petrarca; für die enge Drängung von «prima» und «primo» sowie für die Formulierung «la prima feruta» gibt es gleichfalls kein Gegenstück in den Rerum vulgarium fragmenta. Eine Textvorlage gibt es aber andernorts. Sie stammt von Guido Cavalcanti, und damit von einem Dichter, den Ficinos Symposion-Kommentar über eine eigenwillig doktrinäre Interpretation der Canzone «Donna me prega» als poetisches Sprachrohr der Lehre des Ficinianismus in Dienst genommen hatte. In Cavalcantis Sonett «O tu, che porti nelli occhi sovente» ist von drei Pfeilen die Rede, von denen Amor bereits die ersten zwei auf den Sprecher abgeschossen habe (die Situation jenes Sonetts ist also analog zu der unseres Einleitungsgedichts). Die Pfeile Amors schlagen dem lyrischen Ich 2_IH_Italienisch_70.indd 99 30.10.13 09: 25 10 0 «Tanto crudel fu la prima feruta» Bernhard Huss Cavalcantis insgesamt drei Wunden, die sein Text in Vers 11-14 auch der Reihe nach benennt und dechiffriert: «[…] due saette che fan tre ferute: | la prima dà piacere e disconforta, | e la seconda disia la vertute | della gran gioia che la terza porta.» 10 Cavalcantis Text spricht von drei Stadien einer liebessymptomatischen Entwicklung: von einer Schmerzliebe, die antithetisch gefasst wird - «dar piacere» und «disconfortare» stehen für ‹voluptas› und ‹dolor› («prima feruta»); von einer Abkehr von dieser Liebe und sehnsuchtsvollen Bewegung hin auf eine höhere Art der Liebeserfüllung («seconda feruta») und schließlich von dieser ersehnten und beseligenden Erfüllung selbst («terza feruta»). Lorenzo zeigt mit dem hartnäckigen Verweis auf «la prima feruta» und «il primo strale» deutlich auf Cavalcantis Text. Das heißt aber in der Konsequenz: Auch für Lorenzo ist noch eine ‹seconda› und eine ‹terza feruta› vorstellbar. Explizit ist mithin in unserem Einleitungsgedicht nur von einem ‹ersten Stadium› die Rede, von der «prima feruta» einer Schmerzliebe, die sich uns zuvor als das augenscheinliche Thema des Sonetts gezeigt hatte. Diese Form der Liebe erweist sich aber in der Erwartung einer ‹seconda› und einer ‹terza feruta› als etwas, das zu überwinden ist. Der Leser hat mithin im Canzoniere noch andere ‹amori› zu erwarten als den, den das erste Sonett zunächst allein vorzuführen schien. Angesichts der metapoetischen Funktion des Proömialsonetts haben solche Hinweise programmatischen Wert. Und in der Tat wird das Lyrikbuch des Magnifico den Versuch des lyrischen Protagonisten zu erzählen haben, sich aus den Verstrickungen irdischer Liebessehnsüchte zu lösen und über eine platonistische Aufstiegsbewegung hin zu Gott zu finden. Das erste Sonett des Laurentianischen Canzoniere schickt seine Rezipienten auf eine spannungsvolle poetisch-philosophische Reise zwischen Petrarkismus und Platonismus und zeigt schon durch seine eigene Intertextualitätslastigkeit, mit welchem enormen Anspruch dieses Leseabenteuer entworfen ist. Übersetzung und Kommentar: Bernhard Huss 2_IH_Italienisch_70.indd 100 30.10.13 09: 25 101 Bernhard Huss «Tanto crudel fu la prima feruta» Anmerkungen 1 Der Text des Sonetts wird zitiert nach der zweibändigen kritischen Edition des Canzoniere von Tiziano Zanato, Firenze: Olschki 1991. Zanato hat am Ende von Vers 9, 11 und 13 nach handschriftlicher Überlieferung die fehlerhafte Lesung des Archetyps (-égna) in -égne korrigiert, was wegen des in Vers 11 nötigen Konjunktivs ‹insegne› (statt ‹insegna›) unumgänglich ist. 2 Zur Zyklusstruktur des Canzoniere und seiner Interpretation sei pauschal verwiesen auf Bernhard Huss, Lorenzo de’ Medicis Canzoniere und der Ficinianismus. Philosophica facere quae sunt amatoria, Tübingen: Narr 2007. Dort ist in großem Umfang weiterführende Sekundärliteratur zusammengestellt. Zur Entstehungsgeschichte des Lyrikbuchs vgl. dort bes. S. 149-159 und S. 249-253. 3 Zur Unterscheidung von Einzeltextreferenz und Systemreferenz (letztere ruft bspw. ein ganzes literarisches, philosophisches oder theologisches ‹System› als Hintergrundfolie eines bestimmten Textes oder einer bestimmten Textpassage auf) vgl. Klaus W. Hempfer, «Intertextualität, Systemreferenz und Strukturwandel: die Pluralisierung des erotischen Diskurses in der italienischen und französischen Renaissance-Lyrik (Ariost, Bembo, Du Bellay, Ronsard)», in: Michael Titzmann (Hrsg.), Modelle des literarischen Strukturwandels, Tübingen: Niemeyer 1991, S. 7-43, sowie ergänzend Franz Penzenstadler, «Elegie und Petrarkismus. Alternativität der literarischen Referenzsysteme in Luigi Alamannis Lyrik», in: Klaus W. Hempfer / Gerhard Regn (Hrsg.), Der petrarkistische Diskurs. Spielräume und Grenzen, Stuttgart: Steiner 1993, S. 77-114, hier S. 80-83. 4 Die Rerum vulgarium fragmenta werden zitiert nach der Ausgabe von Marco Santagata: Francesco Petrarca, Canzoniere, Milano: Mondadori 5 2001. 5 Vgl. im Detail Huss, Lorenzo de’ Medicis Canzoniere…, S. 165-168. 6 So RVF 3.12-14. Paolo Orvieto verweist in seiner Ausgabe des Canzoniere (Lorenzo de’ Medici, Tutte le opere, Bd. 1, Roma: Salerno Editrice, S. 30) zu unserer Stelle passend auf RVF 65.12-14: «Non prego già, né puote aver piú loco, | che mesuratamente il mio cor arda, | ma che sua parte abbi costei del foco.» 7 Vgl. bes. RVF 85.13 f. «Et se non ch’al desio cresce la speme, | i’ cadrei morto, ove più viver bramo». Zum Tod als letzter Möglichkeit einer Befreiung aus den Liebeswirren vgl. u.a. RVF 207.85-91, bes. 91 «ché ben muor chi morendo esce di doglia»; 331.62-64. 8 Der Stellenkommentar der zitierten Ausgabe von Paolo Orvieto verweist auch auf die religiösen Kontexte (lauda tre-quattrocentesca), in denen vergleichbare ‹misericordia›- Syntagmen häufig begegnen. 9 Zitierte Ausgabe: P. Ovidi Nasonis Amores Medicamina faciei femineae Ars amatoria Remedia amoris, hrsg. von Edward J. Kenney, Oxford: Clarendon Press 2 1994. 10 Zitiert nach: Guido Cavalcanti, Rime, hrsg. von Domenico De Robertis, Torino: Einaudi 1986 (dort Gedicht no. 20). 2_IH_Italienisch_70.indd 101 30.10.13 09: 25 102 Sprachecke Italienisch Die Rubrik «Sprachecke Italienisch» stellt aktuelle Probleme und Tendenzen des Gegenwartsitalienischen vor und befasst sich mit Normierungsschwankungen, grammatischen Unsicherheiten, Neubildungen u.a. Dabei sollen möglichst auch Anfragen und Anregungen aus dem Leserkreis aufgegriffen werden, die die Dynamik des Gegenwartsitalienischen als «lingua […] in forte ebollizione» (F. Sabatini) präsentieren. Verantwortlich für die «Sprachecke Italienisch» ist Prof.Dr. Edgar Radtke (Universität Heidelberg): edgar.radtke@rose.uni-heidelberg.de. Die unsäglichen spaghetti (alla) bolognese Allen denjenigen, die der italienischen Gastronomie zusprechen, wird auffallen, dass deutsche und auch französische Speisekarten in der Diaspora der italienischen Gastronomie unentwegt die spaghetti alla bolognese aufführen, während in Italien selbst dieser Migrationsklassiker äußerst selten anzutreffen ist. Im Rahmen der Internationalisierung hat sich das Gericht zu einem Internationalismus gewandelt, dessen Selbstständigkeit noch durch sprachlich informelle Weiterentwicklungen wie dt. Spaghetti bolo unterstrichen wird, was anthropologisch unter fakelore zu subsumieren ist. Aus heutiger Sicht definiert sich spaghetti alla bolognese als eine Pasta mit einer Hackfleischsauce mit verkochten Tomaten im Speisenangebot außerhalb Italiens. Das Produkt ist in dieser Form aber in Italien gar nicht anzutreffen, man sagt dort allenfalls spaghetti al ragù: Pellegrino Artusi, La scienza in cucina e l’arte di mangiar bene (1891 und früher) als Leitfaden der gastronomischen nationalen Einheit im Rückgriff auf regionale Küche kennt den Terminus nicht, er verweist vielmehr auf die tartufi alla bolognese. Dies wird erst recht plausibel, wenn man bedenkt, dass Spaghetti ursprünglich nicht in Nord- und Mittelitalien beheimatet sind. Silvano Serventi / Françoise Sabban, La pasta. Storia e cultura di un cibo universale, Roma Bari: Laterza 2000, bestätigen, dass Bologna seit dem 19. Jahrhundert als Zentrum für Eierteigwaren fungiert. Somit spricht man heute von tagliatelle al ragù, eigentlich ragù alla bolognese. Man könnte vermuten, dass spaghetti alla bolognese einen Beitrag zur italienischen Einigung darstellen sollten, bei der ein süditalienischer Begriff panitalienisch Verbreitung findet. Allerdings stehen dem gewichtige Argumente gegenüber: 2_IH_Italienisch_70.indd 102 30.10.13 09: 25 103 Edgar Radtke Sprachecke Italienisch Wenn man als typisch süditalienische Pasta-Form spaghetti aufführt, entspricht dies nicht den Erwartungen. Vielmehr würde man für eine süditalienische Pasta eher an Maccaroni, maccarune denken. Von daher ist spaghetti alla bolognese eher eine hybride, künstliche Realisierung. Die Accademia Italiana della Cucina verzeichnet ragù alla bolognese mit Verweis auf die Emilia Romagna, wobei Wert darauf gelegt wird, dass das ragù aus polpa di manzo langsam stundenlang köchelt. Der raù ist im Übrigen im Neapolitanischen eine lang köchelnde Tomatensauce, wie aus dem berühmten Gedicht gleichen Namens von Edoardo de Filippo national verbreitet wurde. Für die Pseudoitalianisierung von spaghetti alla bolognese spricht im Übrigen die Aufnahme von Spaghetti - Spagetti in den Duden online, mit dem Beispiel «Spaghetti bolognese». Von daher könnte man geradezu von einem Pseudoitalianismus im Deutschen sprechen. Neben der internationalen Verbreitung von Pizza, Carpaccio u.a. liegt mit spaghetti alla bolognese eine Kreation außerhalb Italiens zugrunde, die sicherlich nicht als ein nationales italienisches Gericht gelten kann. Edgar Radtke 2_IH_Italienisch_70.indd 103 30.10.13 09: 25 10 4 ST E P H A N I E N O N N / OTTAV I O S AV I A N O Mut zur Lyrik - Kompetenzorientierte Zugänge zur Lyrik im Italienischunterricht 1. Gedichte im Italienischunterricht Der Blick in die Italienischlehrbücher und eine kritische Reflexion der eigenen Unterrichtspraxis zeigen: Im Italienischunterricht werden Gedichte im klassischen Sinn eher selten eingesetzt - wenn man von der Behandlung von canzoni einmal absieht - und gelten als nicht ganz einfacher Unterrichtsgegenstand. Auch bei Schülerinnen und Schülern 1 lösen sie je nach ihren Erfahrungen mit Lyrikinterpretationen in anderen Fächern mitunter Abwehr aus. Und doch weisen lyrische Texte Merkmale auf, die eine besondere didaktische Relevanz haben und durch die sie sich vom ersten Lernjahr an als geeignete authentische Texte erweisen. Hinzu kommt, dass Lyrik eine zentrale Gattung der italienischen Literatur ist, für die nicht zuletzt drei italienischen Dichtern im 20. Jahrhundert der Nobelpreis zugesprochen wurde: Giosue Carducci (1906), Salvatore Quasimodo (1959) und Eugenio Montale (1975). 2. Didaktische Relevanz Gedichte zeichnen sich durch ihre relative Kürze, Verdichtung, Bildhaftigkeit, Musikalität, Subjektivität und ihre Bedeutungsoffenheit aus. 2 Diese Merkmale begünstigen den Einsatz im Unterricht. Gedichte sind gewöhnlich kürzer als Prosatexte. Sie müssen nicht für den Einsatz im Unterricht gekürzt werden und zeigen, dass mit wenigen Worten viel gesagt werden kann. Auch die gedankliche Verdichtung erweist sich als ein Vorteil: Lyrische Texte vermitteln oft nur eine Zusammenfassung von Problemen und Erlebnissen, sie fordern daher geradezu zur Interpretation und Reflexion heraus. Kennzeichnend für Lyrik ist die Verwendung bildhafter Sprache, wie Metaphern und Vergleiche. Diese sind Schülern häufig gut zugänglich und entwickeln zudem deren Gespür für metaphorische und symbolische Ausdrucksweisen. Ein weiterer Aspekt ist die Musikalität lyrischer Texte. Gedichte wirken vor allem durch ihre klanglichen und rhythmischen Effekte und lassen sich somit insbesondere im Fremdsprachenunterricht in vielfältiger Weise nutzen. In Bezug auf die Interpretation lyrischer Texte sind sowohl die Subjektivität als auch die Bedeutungsoffenheit von Gedichten im Unterricht sehr hilfreich. Gedichte geben häufig Einblick in die subjektive Lebenserfahrung eines lyrischen Ich. Sie können daher zum Fremdverstehen der Schüler beitragen und die Auseinandersetzung mit der eigenen und fremden Subjektivität 2_IH_Italienisch_70.indd 104 30.10.13 09: 25 105 Stephanie Nonn / Ottavio Saviano Mut zur Lyrik bewirken. Die Bedeutungsoffenheit, die sich aus der Bildhaftigkeit ergibt, fordert die Schüler zu einer aktiven Auseinandersetzung mit dem Text auf. Da Gedichte nicht immer leicht zu verstehen sind, animieren sie die Schüler dazu, eigene Überlegungen einzubringen. Dies fordert die Schüler zur kreativen, produktionsorientierten Arbeit heraus, um den Sinn des Textes zu erschließen. 3. Geförderte Kompetenzen Die Arbeit mit Gedichten fördert zahlreiche Kompetenzen, wie das mündliche Vortragen, die Verstehenskompetenz (das Textverständnis und die damit verbundene Akzeptanz von Mehrdeutigkeit), die Schreibkompetenz in poetischer wie analytischer Hinsicht, die interkulturelle Kompetenz, sowie einen kreativen und analytischen Umgang mit Gedichten. Der kreative Umgang mit Texten und das Schreiben eigener Gedichte eröffnen den Schülern die Chance zur Selbstdarstellung. Kreative Verfahren ermöglichen eine eher subjektive, imaginative und emotionale Auseinandersetzung mit Texten. Analytische Zugangsformen, also die Erschließung von inhaltlichen, sprachlichen und formalen Merkmalen, tragen zur selbstständigen Entschlüsselung des Gedichtes bei und fördern die Auseinandersetzung mit literarischen Darstellungsverfahren. Zu berücksichtigen ist dabei, dass unterschiedliche Deutungen zugelassen werden sollten. Die Herangehensweisen sind abhängig von Inhalt und Form des Gedichts. Denkbar ist u.a. assoziative Wortfeldarbeit ausgehend vom Titel zur lexikalischen Vorentlastung, das Sammeln von Titelvorschlägen durch Schüler als Interpretationszugang, die Analyse der Kommunikationssituation durch Fragen nach dem Sprecher, Adressaten und nach der Situation, die Analyse formaler und sprachlicher Aspekte wie Reim, Metrum und Bildlichkeit unter Bezugnahme auf den Inhalt, sowie die Erarbeitung des historischen Kontextes und / oder der Biographie des Autors, der Entstehungsbedingungen und der Wirkung des Gedichtes. 4. Handlungs- und produktionsorientierte Methoden im Umgang mit Gedichten 1. Rezitation: Die Schüler erschließen Stimmung und Sinn des Gedichts, indem sie verschiedene Vortragsweisen ausprobieren. 2. Titelhypothese 1: Schüler erhalten nur den Titel des Gedichtes und erstellen einen Ideenstern mit Hypothesen zum Inhalt. Zugleich Wortfeldarbeit zur Vorentlastung des Textes. 2_IH_Italienisch_70.indd 105 30.10.13 09: 25 106 Mut zur Lyrik Stephanie Nonn / Ottavio Saviano 3. Titelhypothese 2: Schüler erhalten das Gedicht ohne Titel und betiteln den Text selbst; anschließend erfolgt ein Vergleich mit dem Originaltitel; die Ergebnisse können für die Interpretation nutzbar gemacht werden. 4. Lückentext: Das Gedicht wird als Lückentext präsentiert; Schüler füllen Lücken eigenständig oder mit Hilfe eines Wortspeichers aus. 5. Gedichtpuzzle: Das Gedicht wird versweise zerschnitten; Schüler bringen die Verse in die richtige Reihenfolge. 6. Fließtext: Das Gedicht wird als Fließtext vorgelegt; Schüler erkennen Versgrenzen erkennen und rekonstruieren Gedicht. 7. Versfortsetzungen: Die Anfänge jedes Verses werden präsentiert; Schüler vervollständigen Verse (ggf. mit weiteren Vorgaben bzgl. Verslänge; Reimschema). 8. Text-Bild-Zuordnungen: Schüler wählen aus verschiedenen Bildern ein zum Gedicht passendes aus und begründen ihre Wahl. 9. Zeichnen: Schüler stellen ein Gedicht zeichnerisch dar oder illustrieren es. 10. Vertonen: Schüler suchen (ggf. komponieren) die passende Musik zu einem Gedicht. 11. Parallelgedicht: Schüler verfassen ein eigenes Gedicht zum gleichen Thema (ggf. mit weiteren Vorgaben). 12. Umschreiben in andere Textsorte: Schüler formen Gedicht in eine andere Textsorte um, z.B. in eine Kurzgeschichte. 13. Antworttext: Schüler verfassen einen Antworttext an das lyrische Ich. 2_IH_Italienisch_70.indd 106 30.10.13 09: 25 107 Stephanie Nonn / Ottavio Saviano Mut zur Lyrik 14. Standbild/ szenische Interpretation: Schüler stellen Gedicht in einem Standbild oder szenisch dar. 15. Übersetzen: Schüler übertragen ein Gedicht in die Muttersprache (dabei ist zu beachten, dass eine wirkungsgerechte Rekodierung vielmehr als die wörtliche Übersetzung des Textes anzustreben ist). 16. Elfchen: Ziel: Schüler gestalten lyrische Kurzform zu einem Thema nach vorgegebener Form. Sozialform/ Zeit: EA oder PA / 10-20 Min. Durchführung: Einzeln oder im Reihum-Verfahren schreiben Schüler ein Gedicht mit elf Wörtern (Elfchen). Die meisten Schüler kennen das Verfahren aus dem Deutschunterricht. Folgende Regeln sind für die Textgestaltung vorgegeben: 1. Zeile: ein Wort, Farbe oder Eigenschaft (Adjektiv) 2. Zeile: zwei Wörter, Substantiv, das zum ersten Wort passt 3. Zeile: drei Wörter, Aussage über Gegenstand oder Lebewesen 4. Zeile: vier Wörter, Weiterführung; Aussage über das Bisherige 5. Zeile: ein Wort, Pointe, Zusammenfassung der bisherigen Aussagen 17. Haiku: Ziel: Schüler treffen eine Aussage in pointierter lyrischer Form. Sozialform/ Zeit: EA / 10-15 Min. Durchführung: Der Haiku ist eine aus Japan stammende Gedichtform, die aus drei Zeilen und insgesamt 17 Silben besteht. In der japanischen Tradition bringen Haikus Naturerscheinungen zur Sprache, die dann mit etwas anderem konfrontiert werden. Die meisten Schüler kennen den Haiku aus dem Deutschunterricht. Die formale Vorgabe der Silben kann ggf. zur Hinführung auf die italienische Metrik genutzt werden. 1. Vers: 5 Silben 2. Vers: 7 Silben 3. Vers: 5 Silben Zunächst wird den Schülern die Form des Haiku erklärt. Die Schüler notieren dann die gewünschte Aussage zunächst in mehreren Sätzen. Diese wird dann mit Hilfe der Haiku-Vorgaben verdichtet und in Form gebracht. 18. Rondell: Ziel: Schüler äußern sich persönlich in einer einfach zu handhabenden lyrischen Form. In einem formalisierten Verfahren verteilen sie ihre Aussage auf acht Zeilen und wiederholen dabei mehrfach die Kernaussage. 2_IH_Italienisch_70.indd 107 30.10.13 09: 25 108 Mut zur Lyrik Stephanie Nonn / Ottavio Saviano Sozialform/ Zeit: EA / 10-15 Min. Durchführung: Rondelle waren vom 13. bis zum 15. Jhd. in Frankreich verbreitete Rundtanz- und Reigenlieder mit einem Refrain, wobei dieser vermutlich von einem Chor und der Rest von einem Vorsänger vorgetragen wurde. Die Schüler gehen von einer persönlichen Grundaussage aus und folgen bei der Ausgestaltung dann den folgenden Anregungen: - Wähle ein für dich wichtiges Thema und verfasse dazu ein Gedicht in 8 Versen. - Schreibe einen kurzen Satz zu diesem Thema, der deine Meinung treffend zum Ausdruck bringt. Schreibe diesen Satz drei Mal, und zwar in die Verse 1, 4, 7. - Führe deine Gedanken in einem weiteren kurzen Satz fort. Schreibe diesen Satz in die Verse 2 und 8. - Schreibe weitere verschiedene Aussagen zum Thema, die deiner Meinung entsprechen, in V. 3, 5 und 6. 19. Ideenstern-Lyrik: Ziel: Schüler erarbeiten in einem kreativen Verfahren einen lyrischen Text. Sie nutzen assoziative Brücken, um zu einem gemeinsamen oder individuellen Thema eine Gedichtaussage zu treffen. Sozialform/ Zeit: GA/ EA / 45 - 90 Min. Material: große Blätter und Filzstifte Durchführung: Schüler setzen sich in 4er Gruppen um einen Tisch und schreiben in die Mitte eines großen Blattes das gewählte Thema eines Gruppenmitgliedes. Jeder Schüler schreibt ausgehend vom zentralen Wort eine Assoziationskette Richtung Rand. Nach einer festgesetzten Zeit wird das Blatt im Uhrzeigersinn um 90 Grad gedreht. Der nun lesbare Stichwortstrahl wird zur Kenntnis genommen und fortgesetzt. Ist das Blatt nahezu vollgeschrieben, wird für den zweiten Schüler dasselbe Verfahren durchgeführt, bis für jeden in der 4er Gruppe ein Blatt beschriftet worden ist. Jeder nimmt nun sein Blatt, schreibt interessante Gedanken vom Ideenstern ab und macht Kombinationsproben, die er schließlich in einer lyrischen Form anordnet. 5. Lyriker des 20. Jahrhunderts im Italienischunterricht am Beispiel von Giorgio Caproni Giorgio Caproni (1912-1990) gehört zu den wichtigsten italienischen Lyrikern des 20. Jahrhunderts, auch wenn er von der Kritik erst gegen Ende seines Lebens als solcher gewürdigt wurde. 3 Er ist aus vielfachen Gründen ein interessanter Autor für den Italienischunterricht: Seine Gedichte zeigen eine 2_IH_Italienisch_70.indd 108 30.10.13 09: 25 109 Stephanie Nonn / Ottavio Saviano Mut zur Lyrik zugängliche Sprache bei inhaltlicher Komplexität und ermöglichen es den Unterrichtenden verschiedene thematische Schwerpunkte zu setzen. So lassen sich Gedichte zusammenstellen, in denen z.B. die vier Elemente (Wasser, Luft, Erde, Feuer), 4 die Jagd, die Suche nach Gott 5 oder Gedichte für geliebte Menschen im Mittelpunkt stehen. 6 Im Folgenden stellen wir jeweils ein Gedicht vor, das Caproni seinem Sohn bzw. seinem verstorbenen Bruder gewidmet hat. Die Vorschläge für die unterrichtliche Verwendung folgen dem Prinzip der pre-reading, while-reading und post-reading activities. (Die vollständigen Gedichte sind im Anhang dieses Beitrags abgedruckt.) I. A mio figlio Attilio Mauro che ha il nome di mio padre Zentrales Thema dieses melancholischen Gedichtes, in dem Autor und lyrisches Ich identisch sind, ist die menschliche Vergänglichkeit mit besonderem Blick auf den Lebenskreislauf, der durch das Vater-Sohn-Verhältnis beleuchtet wird. Durch die Auseinandersetzung mit diesem Text beschäftigen die Schüler sich mit einer unmittelbar einsichtigen, zentralen Grundfrage menschlichen Lebens. Pre-reading activities Titelhypothesen Die Schüler stellen Hypothesen zu Inhalt und Stimmung des Gedichtes auf, indem sie in Partnerarbeit einen Ideenstern anlegen. Nach zehn Minuten tauschen sie ihren Ideenstern mit einem Lernpaar aus. Die Ideensterne werden wechselseitig erweitert und gehen zurück an das Ausgangspaar. Je nach Leistungsstärke haben die Schüler dazu ein Wörterbuch zur Verfügung. Auf diese Weise nähern sie sich thematisch möglichen Aspekten eines Vater-Sohn-Verhältnisses und aktivieren bzw. erweitern themenspezifisches Vokabular. Nach Abschluss der beiden nachstehenden textanalystischen Aufgaben sollte auf die hier formulierten Hypothesen Rückbezug genommen werden, um diese zu verifizieren bzw. zu falsifizieren. Rezitation und Vertonung Zur Vorentlastung der textanalytischen Arbeit erhalten die Schüler zur Vorbereitung auf die nächste Stunde das Gedicht mit der Aufgabe, dieses mehrfach laut zu lesen und eine geeignete Musik auszuwählen, die die zunächst empfundene Stimmung widerspiegelt. Auf diese Weise steht der Genuss des literarischen Textes vor der Analyse im Vordergrund. Das Zusammenspiel von Musik und Text ist eine erste Form der Interpretation, bei der für das vorliegende Gedicht die melancholische Grundstimmung herausgearbeitet werden sollte. 2_IH_Italienisch_70.indd 109 30.10.13 09: 25 110 Mut zur Lyrik Stephanie Nonn / Ottavio Saviano Zu Beginn der Stunde tragen die Schüler sich zunächst in Partnerarbeit das Gedicht vor und rezitieren anschließend exemplarisch Musik-Text-Kombinationen. While-reading activities Zur Erarbeitung der analytischen Aufgaben bietet es sich ggf. an, die Form der Partner- oder Kleingruppenarbeit fortzusetzen, da auf diese Weise Vorbehalte der Schüler gegen eine Auseinandersetzung mit lyrischen Texten am ehesten aufgebrochen werden können. Je nach Lerngruppe können die Ergebnisse durch bestimmte Formen der Visualisierung (z.B. Lesebaum) vorstrukturiert werden. Unabhängig von dieser individuell zu treffenden Methodenauswahl sollten die Schüler erkennen, dass Caproni die Struktur des Lebenskreislaufes ohne Anfang und Ende auf den Ebenen der Lexik, Rhetorik und des Stils zum Ausdruck bringt. So fällt im Bereich der Lexik die Wiederholung des Substantivs futuro in den Versen 3 und 18 ins Auge. Diese Zukunft materialisiert sich inhaltlich dadurch, dass der Sohn den Namen des Großvaters trägt und dazu aufgefordert wird, den eigenen Vater an der Hand zu nehmen um ihn am Ende des Lebensweges zu begleiten. Auf stilistischer Ebene findet sich die Struktur des Lebenskreislaufes durch die enge sprachliche Verknüpfung der einzelnen Strophen wieder. Dazu verknüpft der Autor jeweils das letzte Wort einer Strophe mit dem ersten Wort der Folgestrophe mit einem Reim (vgl. erba / Serba; trema / Rema). Durch die gleichzeitig stattfindende Versverkürzung am Ende einer jeden Strophe, die durch den Versbeginn der Folgestrophe aufgehoben wird, wird der zyklische Charakter des Lebens augen- und sinnfällig. Die gleiche Wirkung erzielt Caproni durch die für ihn charakteristische Verwendung von Enjambements. Im Bereich der semantischen Analyse gilt es, den Blick der Schüler für die im Gedicht dargestellte Körperlichkeit (mano, profilo, occhi, cuore) und deren Verfall (inclino, mi trema, Dedizione) zu schärfen. Post-reading activities Antworttexte und Elfchen Im Anschluss an die kognitiv-textanalytische Arbeit mit dem Text setzen die Schüler sich in produktionsorientierter Form mit dem Gedicht und seiner Thematik auseinander. Dabei vertiefen sie einerseits thematische Aspekte, indem sie diese auf ihre eigene Lebenswirklichkeit beziehen und andererseits lexikalische Kompetenzen. Denkbar sind hier das Verfassen eines Antwortbriefes des Sohnes an den Vater oder die Entwicklung eines Elfchens über den Vater oder ein anderes Familienmitglied. 2_IH_Italienisch_70.indd 110 30.10.13 09: 25 111 Stephanie Nonn / Ottavio Saviano Mut zur Lyrik II. Atque in perpetuum, frater… Gegenstand dieses ebenfalls von einer melancholisch-trauernden Grundstimmung getragenen Gedichtes ist die Hommage des lyrischen Ichs, das auch hier identisch ist mit dem Autor, an seinen verstorbenen Bruder. Wie bereits der Titel deutlich macht, stellt Caproni sich damit in eine literarische Tradition mit so bedeutenden Dichtern wie Catull oder Ugo Foscolo. Mit der Trauer um einen geliebten Menschen wird ein auch für junge Menschen zentraler Aspekt des menschlichen Daseins im Fremdsprachenunterricht thematisiert. Pre-reading activities Titelhypothesen und Rezitation Einen ersten Zugang zu diesem Gedicht könnten sich die Schüler auch hier durch Titelhypothesen verschaffen - jedoch indem sie den Text zunächst ohne Titel erhalten und nach einer ersten Lektüre die Frage beantworten, an wen sich das lyrische Ich wendet, um anschließend Titelvorschläge zu formulieren. (A chi si rivolge l’io lirico in questa poesia? / Date un titolo alla poesia, tenendo presente a chi si rivolge l’io lirico nel testo.). Eine alternative Erstbegegnung mit dem Text könnte in der Rezitation des Gedichtes sein, in deren Anschluss die Schüler die melancholisch-trauernden Verfassung des lyrischen Ichs und dessen Schmerz erkennen, die bereits bei der ersten Lektüre wahrzunehmen ist. While-reading activities Bei der textanalytischen Auseinandersetzung sollte der Blick der Schüler - bei individueller methodischer Auswahl - auf das auch in diesem Gedicht auftretende stilistische Mittel des Enjambements gelenkt werden, auf das semantische Wortfeld des Winters sowie auf die Art und Funktion der Reime. Durch die Verwendung dieser sprachlichen Besonderheiten wird der Trauer des lyrischen Ichs um den geliebten Bruder auf unterschiedlichen Ebenen Ausdruck verliehen. Im Gegensatz zu dem zuerst vorgestellten Gedicht wird durch die Enjambements in diesem Text der Rhythmus immer wieder - ähnlich wie beim Weinen - unterbrochen, was die Trauer des lyrischen Ichs evident macht. Zudem wird durch das Enjambement im letzten Vers (vero / amico) das Adjektiv in besonderer Weise hervorgehoben. Auf semantischer Ebene spiegeln sich Tod, Trauer und Verlassenheit im Wortfeld des Winters wider (neve - gelo - neve bianca di febbraio). Bei der formalen Untersuchung des insgesamt reimlosen Gedichtes springt der einzelne Reim addio - io - mio hervor, bei dem signifikanter Weise der sich sprachlich wie thematisch anbietende Reim Dio fehlt. Durch das Fehlen Gottes als Tröster und Lenker des Weltgeschehens am Ende des 2_IH_Italienisch_70.indd 111 30.10.13 09: 25 112 Mut zur Lyrik Stephanie Nonn / Ottavio Saviano Gedichtes wird die Verzweiflung und Trauer des lyrischen Ichs zugespitzt, das allein zurückbleibt. Post-reading activities Fächerübergreifender Textvergleich und Zeichnen Zur Vertiefung der Ergebnisse bietet sich ein Vergleich mit Ugo Foscolos Sonett In morte del fratello Giovanni an oder auch ein fächerübergreifendes Arbeiten mit dem Fach Latein durch den Vergleich mit Catulls Gedicht Multas per gentes et multa per aequora vectus. Dazu sollten zunächst rückblickend noch einmal die Titelhypothesen der Schüler betrachtet werden, bevor die Schüler den tatsächlichen Titel des Gedichtes erfahren. Eine produktionsorientierte Form der Ergebnisvertiefung kann durch das Malen oder Auswählen eines Bildes erfolgen, das die erarbeitete Stimmung und zentrale Aussage des Gedichtes widerspiegelt. 2_IH_Italienisch_70.indd 112 30.10.13 09: 25 113 Stephanie Nonn / Ottavio Saviano Mut zur Lyrik Anhang I. Giorgio Caproni: A mio figlio Attilio Mauro che ha il nome di mio padre Portami con te lontano … lontano… nel tuo futuro. Diventa mio padre, portami per la mano dov’è diretto sicuro il tuo passo d’Irlanda l’arpa del tuo profilo biondo, alto già più di me che inclino già verso l’erba. Serba di me questo ricordo vano che scrivo mentre la mano mi trema. Rema con me negli occhi al largo del tuo futuro, mentre odo (non odio) abbrunato il sordo battito del tamburo che rulla - come il mio cuore: in nome di nulla - la Dedizione (aus der Sammlung Il muro della terra, 1964-1975) 2_IH_Italienisch_70.indd 113 30.10.13 09: 25 114 Mut zur Lyrik Stephanie Nonn / Ottavio Saviano Note : l’arpa = Harfe inclinare = neigen serbare = behalten vano = eitel, vergeblich, unnütz remare = rudern abbrunare = verdunkeln rullare = wirbeln la Dedizione = hier: Kapitulation (Anmerkung des Autors) Compiti: 1) Cercate un accompagnamento musicale adatto per la poesia. Poi recitatela, facendo particolare attenzione all’interazione tra il testo e la musica. 2) Individuate gli strumenti lessicali, retorici e stilistici con cui il poeta mette a fuoco il tema della ciclicità della vita. 3) Analizzate i campi semantici rilevanti in questa poesia. 4) Componete (in prosa) una lettera di risposta del figlio al padre. 2_IH_Italienisch_70.indd 114 30.10.13 09: 25 115 Stephanie Nonn / Ottavio Saviano Mut zur Lyrik II. Giorgio Caproni: Atque in perpetuum, frater… Quanto inverno, quanta neve ho attraversato, Piero, per venirti a trovare. Cosa mi ha accolto? Il gelo della tua morte, e tutta tutta quella neve bianca di febbraio - il nero della tua fossa. Ho anch’io detto le mie preghiere di rito. Ma solo, Piero, per dirti addio e addio per sempre, io che in te avevo il solo e vero amico, fratello mio. (aus der Sammlung Il franco cacciatore, 1973-1982) Note : Il titolo contiene una citazione del carme 101 del poeta latino Catullo la fossa = Grab Compiti: 1) Leggete ad alta voce la poesia. Qual è lo stato d’animo dell’io lirico? 2) Individuate gli enjambement e spiegate la loro funzione in questa poesia. 3) Analizzate le rime presenti nel testo e la loro funzione. 4) Confrontate la poesia con il carme 101 di Catullo (Multas per gentes et multa per aequora vectus) e il sonetto In morte del fratello Giovanni di Ugo Foscolo. 2_IH_Italienisch_70.indd 115 30.10.13 09: 25 116 Mut zur Lyrik Stephanie Nonn / Ottavio Saviano Anmerkungen 1 Im Folgenden Schüler genannt. 2 Nach Marita Lünning, «Lyrik im Spanischunterricht», in: Der fremdsprachliche Unterricht Spanisch. Poesia, 03/ 2010, S. 4-9. 3 Für weiterführende Informationen vgl. die Bibliographie von Adele Dei in: G. Caproni, L’opera in versi, Milano: Mondadori 1998, S. 1851-1867. Eine bedeutende Sammlung von Beiträgen zu Capronis Lyrik findet sich in: G. Caproni, Tutte le poesie, Milano: Garzanti 1999. 4 Vgl. die frühen Sammlungen Come un’allegoria (1932-1935) und Ballo a Fontanigorda (1935-1937). 5 Vgl. insbesondere die späten Sammlungen Il muro della terra (1964 - 1975), Il franco cacciatore (1973-1982), Il conte di Kevenhüller (1979-1986) und Res amissa (1991). 6 Vgl. z.B. Gedichte für seine früh verstorbene erste Liebe Olga Franzoni und für seine Frau Rina in der Sammlung Ballo a Fontanigorda sowie die seiner Mutter gewidmeten Sammlung Il seme del piangere (1950-1958). Literaturverzeichnis Primärliteratur Caproni, Giorgio: L’opera in versi. Milano: Mondadori 1998. Mengaldo, Pier Vincenzo (Hrsg.): Poeti italiani del Novecento. Antologia. Milano: Mondadori 1988. Sekundärliteratur Brenner, Gerd: Fundgrube Methoden II. Für Deutsch und Fremdsprachen. Berlin: Cornelsen Scriptor 2007. Bertolotti, Antonio / Montali, Luciana / Saviano, Ottavio: I testi e il metodo. La poesia e il teatro. Milano: Minerva Italica 2003. Dei, Adele: Giorgio Caproni. Milano: Mursia 1992. Ferroni, Giulio: Storia della letteratura italiana. Il Novecento. Milano: Einaudi scuola 1991. Ferroni, Giulio: Letteratura italiana contemporanea. Vol. 1: 1900 - 1945; Vol. 2: 1945-2007. Milano: Mondadori Università 2007. Girardi, Antonio: Cinque storie stilistiche. Saba, Penna, Bertolucci, Caproni, Sereni. Genova: Marietti 1987. Jenny, Jean-Pierre: «Lyrik im Italienischunterricht der gymnasialen Oberstufe? », in: Babylonia. Zeitschrift für Literaturunterricht und Sprachenlernen 03/ 2006, S. 93-96. Leonelli, Giuseppe: Giorgio Caproni. Milano: Garzanti 1997. Lünning, Marita: «Lyrik im Spanischunterricht», in: Der fremdsprachliche Unterricht Spanisch. Poesia. 03/ 2010, S. 4-9. Stoltenberg, Theo; Kayser-Hoelscher, Christa: «Lyrik im Italienischunterricht», in: Die neueren Sprachen 89 (1990), S. 125-149. Surdich, Luigi: Giorgio Caproni. Un ritratto. Genova: Costa & Nolan 1990. 2_IH_Italienisch_70.indd 116 30.10.13 09: 25 117 Buchbesprechungen Astrid Poier-Bernhard: Texte nach Bauplan. Studien zur zeitgenössischen ludisch-methodischen Literatur in Frankreich und Italien. Heidelberg: Winter 2012, 396 Seiten, € 54,00 (= Studia Romanica, 169) Umfassendere, nicht nur auf Einzelautoren bezogene Untersuchungen zur regelgeleiteten Literatur des «Ouvroir de Littérature Potentielle» (kurz: Oulipo) hatten in der deutschsprachigen Literaturwissenschaft zuletzt vor allem in den 1990er Jahren Konjunktur. 1 Die aus Astrid Poier-Bernhards Habilitationsschrift hervorgegangenen Studien zur zeitgenössischen ludischmethodischen Literatur in Frankreich und Italien füllen daher schon allein hinsichtlich des Desiderats nach einer aktualisierten Bewertung und Bestandsaufnahme dieses literarischen Phänomens eine Forschungslücke. Eine weitere schließen sie durch die Tatsache, dass mit diesen Studien zum ersten Mal eine gesamtromanistisch ausgerichtete Publikation vorliegt, die neben der bislang im Mittelpunkt stehenden französischen auch die - eben gerade seit den 1990er Jahren aufgeblühte - italienische Ausprägung der ludisch-methodischen Literatur mit einbezieht. Die Rezeption von Oulipo in Italien hatte zwar, wie ausgeführt wird, gleich nach der offiziellen Gründung der Gruppe im Jahr 1960 eingesetzt, und zwar insbesondere durch das Wirken des Oulipo-Mitglieds Italo Calvino und die Publikationen der Zeitschrift Il Caffè von Giambattista Vicari; aber erst dreißig Jahre später, im Jahr 1990, erfolgt die Institutionalisierung in Gestalt des «Opificio di Letteratura Potenziale» (kurz: Oplepo), welches seither mit der Abhaltung von Kongressen und der Herausgabe von Sammelbänden eine rege Aktivität entfaltet hat. Der Besprechung solcher von den Mitgliedern selbst initiierten Reflexionen zur eigenen Poetik schenkt Poier-Bernhard ein großes Augenmerk, sowohl für den italienischen Bereich, wo diesbezüglich Namen wie Raffaele Aragona, Domenico d’Oria und Ruggero Campagnoli im Vordergrund stehen, als auch selbstverständlich für den französischen, wo die poetologische Selbstdarstellung und die analytisch-kategorisierende Aufbereitung formaler Einschränkungen oder contraintes hauptsächlich auf Autoren wie Raymond Queneau, Paul Fornel und Hervé Le Tellier zurückgeht. Neue Akzente setzt Poier-Bernhard mit ihrer Studie auch noch in mindestens zweierlei anderer Hinsicht. Bei der Auswahl der untersuchten Literatur verlagert sie das Hauptaugenmerk bewusst weg von oulipotischen Schrift- 2_IH_Italienisch_70.indd 117 30.10.13 09: 25 118 Buchbesprechungen stellern wie Georges Perec, Italo Calvino und Jacques Roubaud, deren - zumeist narrative und zumeist längere - Werke bisher im Fokus der Sekundärliteratur standen, um das Hauptaugenmerk ihrer Untersuchung auf weniger bekannte Namen und zugleich auf die sogenannten ‹kleineren Formen› zu richten, bei deren Besprechung, wie sie moniert, bislang oft so getan wurde, «als genügte eine Einordnung im Hinblick auf das zugrunde gelegte Textbildungsverfahren, um den Text zu erfassen» (S. 47). Die Absage an eine derartige Vorgangsweise geht Hand in Hand mit der zweiten (hinsichtlich des methodischen Ansatzes zentralen) Neuakzentuierung: Entgegen der in vorausgehenden Studien häufig zu beobachtenden Verwischung eines kategorialen Unterschieds, nämlich zwischen der Textbildungsregel bzw. contrainte selbst und dem darauf beruhenden ludisch-methodischen Text, propagiert die Verfasserin die Notwendigkeit «zwischen oulipotischen Verfahren und oulipotischen Formen zu differenzieren» (S. 44). Methodisch gewinnbringend erscheint dabei auch der Ansatz, bei der Untersuchung der Texte bzw. Formen konsequent danach zu fragen, wie die jeweilige contrainte in den Text integriert ist, wobei zwischen ihrer Thematisierung (also Erwähnung auf der Ebene der Textoberfläche) und ihrer Semantisierung (im Sinne ihrer Verflechtung mit den anderen Textinhalten) differenziert werden kann. Auch die im Titel des Bandes aufscheinende Neubenennung regelgeleiteter Texte als «ludisch-methodische Literatur» wird in diesem Zusammenhang schlüssig argumentiert, besitzen doch all diese Texte sowohl einen ludischen Aspekt als auch eine methodische Dimension, die zugleich aber auseinandergehalten werden müssen, da nicht jeder auf methodischen Regeln basierende Text ein ludisches Erscheinungsbild hat, auch wenn er durch die Anwendung von contraintes sehr wohl immer eine «implizit ludische» Dimension aufweist (S. 46). Um zu einer umfassenden ‹Theorie der contrainte› zu gelangen, wird die Diskussion um diese im Einführungsteil skizzierten Parameter in Teil II des Bandes nochmals aufgegriffen, nun aber durch die Rückbindung auf konkrete Textanalysen (u.a. von Mallarmés berühmtem «Sonnet en yx», einem wichtigen Vorläufertext Oulipos, von Perecs La Disparition, Calvinos Se una notte d’inverno un viaggiatore und Cortázars Rayuela) weitgehend auch empirisch verankert. Vor diesem ausdifferenzierten theoretisch-methodischen Hintergrund situieren sich die in Teil III enthaltenen neun Studien zur «Praxis ludisch-methodischer Literatur», in deren Mittelpunkt (mit Ausnahme des etwas heterogen wirkenden zweiten Kapitels zu diversen Texten der «Oplepiana») jeweils Texte bestimmter Autorinnen und Autoren, zumeist aber auch bestimmte Textbildungsverfahren stehen. So geht es im Kapitel über Stéphane Susana um das Palindrom (i.e. auch von hinten nach vorn zu lesende Wörter oder Wortgruppen), in jenem über Michelle Grangaud um das Anagramm (i.e. die Permutation einer gegebenen Buchstabenfolge), in jenem über Marcel 2_IH_Italienisch_70.indd 118 30.10.13 09: 25 119 Buchbesprechungen Bénabou um das Projekt einer «Aphorismenmaschine» und in jenem über Aldo Spinellis Le Ripartite um das - in anderer Form durch Perec bekannt gemachte - Spiel mit Vokalismus (jeder neunte Buchstabe ist in Spinellis Text ein ‹e›). Oulipistische Experimente zu «Potentialität und Textumfang» werden am Beispiel von Minimaltexten François Le Lionnais’ und Jacques Roubauds sowie von «potentiell unendlichen» Texten Michèle Métails und Bernardo Schiavettas ausgelotet, und Autoren wie Roubaud, Bénabou oder Le Tellier liefern die Textbasis für «ludisch-methodische Rekurse auf Schöpfung und Schöpfungsbericht» nach dem Verfahren «S+7», bei dem alle Substantive eines Textes durch das in einem Wörterbuch jeweils siebte auf diese folgende Substantiv ersetzt werden. Auf einem Spiel mit der Lexik basiert auch das von Ermanno Cavazzoni entworfene Prinzip des «slittamento proverbiale», bei dem aus den sinntragenden Wörtern eines als «Romanzo Naturale» (RN0) bezeichneten Ausgangstexts Sprichwörter gebildet werden, deren jeweils letztes Lexem in einen neu zu bildenden «romanzo proverbiale» (RP1) eingeht - so dass sich etwa aus dem Titel von Manzonis Promessi sposi über den Umweg der Sprichwörter «I promessi a due consorti, non s’illudan, sono già morti» und «Sposi bagnati, sposi fortunati» als Titel für den «RP1» Morti fortunati ergibt. Wie Poier-Bernhard klarsichtig aufdeckt, betreibt Cavazzoni in Wahrheit jedoch ein ironisch-hintergründiges «Spiel mit der Regel», denn statt das beschriebene Textbildungsverfahren einzuhalten verknüpft er einen bereits zuvor bestehenden Text (Morti fortunati) mittels größtenteils erfundener Sprichwörter nachträglich mit dem Romanbeginn der Promessi sposi. Ein nur vorgebliches Einhalten der Regeln, wenn auch unter ganz anderen Vorzeichen, scheint bis zu einem gewissen Grad auch bei Anne Garréta, mit deren Romanen Sphinx und Pas un jour sich Poier-Bernhard im neunten Analysekapitel befasst, eine Rolle zu spielen. Allerdings ist die Verfasserin hier allzu bemüht, eine Umsetzung methodisch-ludischer Verfahren dennoch nachzuweisen, was sich mit der - in sich ganz und gar stringenten - genderkritischen Auslegung der Romane (als mehrschichtige Unterminierung binärer Prägungen des Geschlechterdiskurses bzw. der Sprache an und für sich) nicht wirklich überzeugend zusammenspannen lässt. Der Qualität der vorliegenden Studie und ihrem hohen Interesse für die - nicht nur romanistische - Literaturwissenschaft tut dieser kleine Einwand jedoch keinerlei Abbruch. Der Verfasserin, die im Übrigen auch selbst methodisch-ludische Literatur verfasst hat (etwa Viel Spaß mit Haas! 2003), gelingt es ausgezeichnet, die meist sehr komplexen, nicht selten auf mathematischen Prinzipien fußenden contraintes mit bewundernswerter Klarheit und Leichtigkeit darzulegen und damit auch das Lustvolle an diesen spezifischen Formen der Textgenerierung erfahrbar zu machen. Vor allem aber kommen bei Poier- Bernhard die oulipotischen Texte selbst zu ihrem Recht, indem sie immer 2_IH_Italienisch_70.indd 119 30.10.13 09: 25 120 Buchbesprechungen wieder vor Augen führt, dass diese nicht nur unter dem formalen und spielerischen Aspekt ergiebig sind, sondern in den meisten Fällen durchaus auch komplexe, anspruchsvolle Literatur repräsentieren. Gerhild Fuchs Anmerkungen 1 Insbesondere in Gestalt der folgenden von Poier-Bernhard angeführten Publikationen: Heiner Boehncke/ Bernd Kuhne: Anstiftung zur Poesie. Oulipo - Theorie und Praxis der Werkstatt für potentielle Literatur, Bremen: Manholt 1993; Hans Hartje/ Jürgen Ritte: Affensprache, Spielmaschinen und allgemeine Regelwerke: ältere, neuere und wiedergefundene Texte aus dem ‹Ouvroir de Littérature Potentielle›/ Oulipo, Berlin: Plasma 1996; oder auch der Artikel von Franz Penzenstadler, «Die Poetik der Gruppe Oulipo und deren literarische Praxis in Georges Perecs La Disparition», in: Zeitschrift für französische Sprache und Literatur CIV/ 2 (1994), S. 163-182. 2_IH_Italienisch_70.indd 120 30.10.13 09: 25 121 Buchbesprechungen Fabio Longoni: Campi e prospettive della Landeswissenschaft. Il territorio, l’immagine e la sua rappresentazione. Beihefte zu Quo vadis, Romania? Wien: Praesens Verlag 2012, pp. 457, €-38,40 Nella prima parte del suo lavoro Longoni riporta in maniera sintetica ma convincente le tappe fondamentali dell’affermarsi della disciplina della Landeskunde accanto alle tre colonne portanti del sistema universitario di insegnamento delle lingue straniere, Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft e Sprachpraxis. Lamentando la scarsità di pubblicazioni e il moderato interesse per le lingue romanze (al di fuori del francese) nel dibattito sulla questione della Landeskunde, l’autore fa suoi i risultati dei diversi dibattimenti scientifici riguardanti la Landeskunde per la langue d’oïl in Germania e li riutilizza, adattandoli, per la situazione dell’italiano. La disamina di Longoni prende le mosse dai primi dibattiti negli anni ’70 del Novecento in cui la Landeskunde veniva ancora considerata come «figlia spuria e mal sopportata della filologia» (p. 14). Al tempo, nota l’autore, mancavano per intero programmi ben definiti e una determinazione precisa del ruolo che la Landeskunde gioca all’interno di uno studio linguistico. L’accento è posto qui sull’opera di Bock (cf. Bock 1974) che in Germania avanza una serie di proposte di riforma per questa disciplina ancora misconosciuta appoggiandosi principalmente alle scienze sociali e alla sociologia. Il focus dell’analisi di Bock, che influenzerà pesantemente il futuro dibattito sulla Landeskunde, è incentrato principalmente sulle relazioni internazionali e sulla comunicazione transnazionale. Nello stesso periodo Picht (cf. Picht 1974) denuncia le carenze della Landeskunde negando «l’esistenza nella LK di cosiddetti esperti totali, ovvero di conoscitori globali d’ogni aspetto relativo ad un Paese oggetto di analisi» (p. 18). Con la sua critica questo autore auspica una maggiore interdisciplinarità. L’analisi di Longoni prosegue riassumendo la situazione universitaria (specialmente per le facoltà umanistiche) negli anni ’80. L’intensificazione dei rapporti economici e commerciali porta in questo periodo le università alla formazione di cosiddetti «esperti di territorio» (p. 21) inserendo nella disciplina della Landeskunde sempre maggiori elementi finanziari ed economici. Scopo della Landeskunde viene quindi ad essere la formazione dei futuri laureati in vista di attività economiche transnazionali. La Landeskunde funziona in questo periodo come trait d’union tra le materie puramente umanistiche (quali Literaturwissenschaft e Sprachwissenschaft) e le discipline economiche. 2_IH_Italienisch_70.indd 121 30.10.13 09: 25 122 Buchbesprechungen Accanto a motivi di natura puramente economica la Landeskunde trova in questi anni una sua legittimazione anche attraverso gli studi di Melde (cf. Melde 1987) che, riferendosi alle nuove tendenze della didattica delle lingue straniere, vede l’apprendimento di un idioma non solo come acquisizione di competenze linguistiche ma anche - grazie appunto alla Landeskunde - come «sviluppo morale e politico degli studenti» (p. 23). Il dibattito, nella sua prosecuzione negli anni ’90 si intensifica grazie al pensiero di Asholt (cf. Asholt 1990) che propone una Landeskunde che tenga conto degli aspetti storici della realtà del paese oggetto di studio. Agli occhi di Asholt solo attraverso l’inserimento nella Landeskunde di aspetti storici tale disciplina sarebbe potuta assurgere a quarta colonna portante nello studio universitario delle lingue. Ritorna in questi anni il bisogno di interdisciplinarità. La Landeskunde, occupandosi sia di aspetti politologici, che economici, che sociali, che giuridici non può che avvalersi di contributi di esperti in questi campi. Senza questa necessaria interdisciplinarità non c’è da stupirsi che il personale universitario addetto all’insegnamento di questa disciplina sia tacciato di incompetenza e dilettantismo. Maggior successo incontra il filone scientifico orientato alla comunicazione internazionale che considera la Landeskunde in prima linea come Kulturwissenschaft. Lüsebrink (cf. Lüsebrink 1995) vede la Landeskunde come «una disciplina che dedica la propria attenzione all’immagine di un’entità territoriale, e che ne illustra in prima approssimazione temi che potremmo riassumere in territorio, economia, società, politica, stato e nazione, media, cultura; muovendosi sempre in bilico tra presente e passato e privilegiando spesso un chiaro approccio contrastivo tra i differenti Paesi» (p. 34). Longoni conclude il suo excursus storico presentando la situazione attuale della Landeskunde, intesa oggi come Landeswissenschaft, ossia come quella «disciplina che rivolge la propria attenzione ad entità territoriali tendenzialmente limitate sotto l’aspetto storico-politico ed amministrativo» (p. 37). Materia di studio della Landeswissenschaft non sono solamente i Paesi presi come entità a sé stanti ma anche l’analisi dei processi di scambio interculturale e transnazionale. A conclusione dell’analisi storica dell’evoluzione della Landeskunde Longoni propone una propria soluzione, ossia l’introduzione di una disciplina come la Landes- und Kulturwissenschaften che sappia rendere conto di tutti quegli aspetti sociali, culturali, storici etc. che egli ritiene fondamentali nello studio di una lingua. 2_IH_Italienisch_70.indd 122 30.10.13 09: 25 123 Buchbesprechungen La prima parte del lavoro, a seguito dell’analisi storica, si dedica in maniera molto dettagliata alla descrizione della situazione della Landeskunde nelle università austriache. L’attenzione di Longoni si incentra in particolare sugli obiettivi e le strutture della Landeswissenschaft nei diversi atenei e ne illustra per esteso la collocazione all’interno dei diversi piani di studio. Si nota presto che le università austriache non posseggono un sistema unitario per quanto riguarda la Landeskunde. Già a partire dalla denominazione di questa disciplina si riscontrano diversità notevoli. Mentre l’Istituto di romanistica dell’Università di Vienna denomina la disciplina Landeswissenschaft altri atenei preferiscono altre designazioni come Landes- und Kulturkunde presso la Karl-Franzens-Universität di Graz o Landeskunde presso la Alpen-Adria-Universität di Klagenfurt o ancora Kulturwissenschaft presso la Leopold-Franzens-Universität di Innsbruck etc. Dopo aver esaminato per quali curricula quante ore di Landeskunde sono previste in ogni università Longoni riassume i risultati della sua ricerca esplicitando in maniera chiara le differenze e le somiglianze nei programmi degli atenei austriaci. Nonostante le diverse denominazioni «è possibile distinguere un insieme abbastanza omogeneo di metodi, temi, oggetti di studio, per i quali però, volta per volta, vengono sottolineati e marcati aspetti difformi» (p. 134). In questo modo l’accento è posto, a seconda dell’ateneo, su aspetti più prettamente geografici o culturali o sociali o sulla produzione culturale, sub culturale ed intellettuale e così via. In questo senso le diverse denominazioni per la disciplina della Landeswissenschaft non sottendono differenze programmatiche sostanziali ma vengono utilizzate «in maniera poco definita e quasi intercambiabile» (p. 152). Nella seconda parte del suo interessante volume Longoni si propone l’approfondimento di alcune problematiche riguardanti la metodologia della Landeswissenschaft. La riflessione porta Longoni ad affermare la necessità che questa disciplina non si lasci prendere da un eccesso di specializzazione. La Landeswissenschaft, nell’attuale panorama universitario, orientato spesso alle tendenze del mondo lavorativo, deve saper liberarsi dalle mode passeggere del mercato occupazionale e fornire agli studenti i metodi necessari per «evolversi parallelamente alle trasformazioni professionali» (p. 171). L’analisi metodologica di Longoni prende le mosse dall’importanza fondamentale della Landeswissenschaft come disciplina di ricerca sia universitaria sia extrauniversitaria. Mediante i metodi di analisi propri di questa disciplina viene offerta al discente una conoscenza profonda di alcune aree determinate del Paese all’interno del loro evolversi storico e sociale. Ancora una volta, data la complessità e l’ampiezza dei temi da trattare Longoni punta sulla carta dell’interdisciplinarità facendo suoi i metodi ed i risultati di altre discipline come la geografia umana, la sociologia, la critica cinematografica etc. 2_IH_Italienisch_70.indd 123 30.10.13 09: 25 124 Buchbesprechungen Al di fuori del campo di ricerca prettamente universitario è importante che gli studenti vengano a contatto con la Landeswissenschaft durante la loro carriera universitaria in quanto essa «agevola l’analisi di un territorio […] senza paraocchi ideologici» (p. 191) che distorcono la visione di un paese e della sua cultura. Convincenti sono in questo senso gli esempi dal mondo giuridico ed economico-commerciale che l’autore porta. Si legge ad esempio di un giudice influenzato nella sua decisione di condanna dall’origine sarda dell’imputato o di un’industria casearia olandese che lanciò in veneto un tipo di formaggio dal nome (almeno in questa regione) quantomeno ambivalente e così via. Efficace risulta la metodologia della Landeswissenschaft proposta in questo lavoro. L’autore propone un modello che sappia spostarsi da un piano di macroanalisi ad uno di microanalisi tra loro intrecciati. Con macroanalisi l’autore intende un’analisi che concerna tutti quegli elementi di importanza e salienza nazionale quali il sistema politico, le strutture partitiche, il sistema museale, l’organizzazione economica e così via. La microanalisi, invece, si concentra su uno studio dettagliato che concerne un’entità territoriale più circoscritta. Le due analisi non sono, per l’autore, da ritenersi una indipendente dall’altra. La microanalisi offre come in uno zoom una visione più nitida e particolareggiata di un elemento che è comunque parte di un tutto. Lo studio microanalitico è da intendersi come lo studio dei rapporti tra il piccolo e il grande, tra la realtà locale e quella nazionale. A seguito delle profonde riflessioni metodologiche lo studio si incentra su problematiche squisitamente didattiche e pedagogiche. L’autore presenta dapprima chiaramente ed in maniera dettagliata le possibilità d’impiego, i vantaggi ed i rischi delle nuove tecnologie per la lezione universitaria. In questa sezione l’autore mette in guardia da un utilizzo sfrenato di internet e dell’e-learning ma ne riconosce i numerosi vantaggi a patto che questi due strumenti non passino ad essere considerati come sostitutivi delle attività universitarie. Un proficuo uso dell’e-learning può apportare diversi vantaggi creando «una rete d’insegnamento a distanza che includa in sé il numero più grande possibile di materie, discipline e di informazioni, in modo tale da offrire […] un quadro dettagliato del territorio studiato e della sua situazione» (p. 224). Con questo Longoni sottolinea ancora una volta l’importanza dell’interdisciplinarità all’interno della Landeswissenschaft. Una seconda proposta di attività didattica per la Landeswissenschaft è rappresentata dallo studio degli stereotipi. Longoni propone qui un’analisi che partendo da premesse prescientifiche che lui definisce «sensazioni epidermiche» arrivi a decostruire lo stereotipo preso in analisi enucleandone le ragioni storiche della nascita. Alla fase di decostruzione segue un secondo momento di ricomposizione che mira alla costruzione di un’immagine più veritiera e 2_IH_Italienisch_70.indd 124 30.10.13 09: 25 125 Buchbesprechungen genuina del territorio analizzato attraverso l’analisi della veridicità o falsità dei cliché. Un’ulteriore proposta di lavoro riguarda l’analisi di alcuni elementi arbitrari delle subculture definite dall’autore come la nascita di neotradizioni dovute alla distorsione e mitizzazione del passato. L’analisi delle Landeswissenschaft acquista qui il ruolo di smascheratrice di quegli elementi storici che sono stati utilizzati per modificare arbitrariamente una subcultura e trasformandone le tradizioni. Le proposte di lavoro elencate da Longoni proseguono con l’analisi di testi cinematografici quali reservoir di informazioni sul territorio e la vita dei suoi abitanti contestualizzando la pellicola nel momento storico-culturale della sua nascita e presentando così uno spezzone di realtà in un determinato territorio nel contesto più generale della nazione. Anche l’analisi del sistema museale di un Paese è riportato da Longoni quale possibile tema di Landeswissenschaft. Lo studio della distribuzione dei musei e delle loro raccolte può, attraverso una dettagliata analisi, fornire diverse informazioni sul rapporto con il passato di una determinata comunità ed esplicitarne aspetti culturali diversi. Ultima proposta di lavoro offerta in questo volume è quella dell’intervista come strumento utile per supportare lo studio e la descrizione di una determinata zona. Grazie al metodo dell’intervista è possibile, secondo l’autore portare «alla luce la realtà autentica di un territorio» (p. 315). La terza ed ultima parte del lavoro di Longoni è dedicata all’esemplificazione pratica di quanto dettagliatamente ed approfonditamente descritto nei capitoli precedenti. In questa sede l’autore presenta due proposte di lavoro nel campo della Landeswissenschaft particolareggiatamente illustrate e didatticamente elaborate utili per una microanalisi del territorio lombardo. La prima di queste prende le mosse dall’opera letteraria dello scrittore Andrea Vitali, la seconda dalla produzione musicale del cantautore dialettale Davide Van De Sfroos. L’opera del primo come quella del secondo sono utilizzate da Longoni come fonte di informazioni sulla realtà territoriale lombarda. Utilizzando questi due autori è possibile descrivere il mondo sociale e storica dell’area del Lago di Como. Tra le possibilità offerte dai testi dei due autori Longoni si concentra sull’analisi dei dettagli territoriali, delle realtà storiche della migrazione, del contrabbando, dell’economia e in generale dell’ambiente geografico-umano con i suoi usi, costumi e mentalità. Nel suo complesso la dettagliata analisi di Longoni si presenta come un utilissimo strumento che va a colmare il vuoto di riflessione nel campo della Landeswissenschaft dell’italiano in ambito accademico. L’autore presenta convincenti proposte sia sul piano di ricerca universitaria che su quello propriamente didattico. Da una parte il lavoro di Longoni si propone come 2_IH_Italienisch_70.indd 125 30.10.13 09: 25 126 Buchbesprechungen valido aiuto per l’inserimento nei piani di studio universitari di una Landeswissenschaft che sia all’altezza delle altre discipline, dall’altra come interessante fonte di idee per i docenti di questa disciplina che trovano qui diversissimi esempi e modelli stimolanti per la preparazione delle loro lezioni. I lettori e i docenti degli atenei tedeschi avvertiranno senz’altro la mancanza di un riferimento più esplicito alla situazione della Landeswissenschaft nelle università della Repubblica Federale (d’altra parte un tale lavoro avrebbe oltrepassato di molto i limiti che l’autore si era posto per la sua ricerca). Nonostante questo le riflessioni e le proposte riportate da Longoni nel suo lavoro possono senza dubbio considerarsi come valide, applicabili e addirittura auspicabili per qualsiasi Paese. Grazie a questo volume, alle metodologie in esso riportate, ai numerosi esempi così aderenti sia al mondo universitario che a quello economico che alla pratica didattica universitaria, la Landeswissenschaft assurge a nuova colonna portante del sistema di istruzione e ricerca universitario abbandonando il ruolo di ancella delle altre discipline che da sempre ne dominano il panorama. Particolarmente convincente in questo senso appare l’approccio fortemente interdisciplinare proposto dall’autore che mira alla creazione di una rinnovata e più effettiva Landeswissenschaft in grado di fornire agli studenti di italiano una preparazione adeguata a far fronte alle più diverse problematiche dell’internazionalità cui il mondo odierno tende: a partire dal superamento dei cliché e dei fraintendimenti culturali fino alla concezione di una strategia di marketing più effettiva, scevra di incomprensioni e malintesi. Michele Castellarin 2_IH_Italienisch_70.indd 126 30.10.13 09: 25 127 Buchbesprechungen Bibliografia Asholt, W.: «Wozu ‹Landeskunde›. Rolle und gegenwärtige Situation der Landeswissenschaft in der Romanistik», in: Asholt, W./ Thoma, H. (Hrsg): Frankreich. Ein unverstandener Nachbar (1945-1990), Bonn 1990, p. 17- 43. Bock, H.M.: «Zur Neudefinition landeskundlichen Erkenntnis-Interesses», in: Baumgratz, G./ Picht, R. (Hrsg): Perspektiven der Frankreichkunde I/ II, Tübingen 1974, p. 13-22. Lüsebrink, H.J.: «Französische Kulturwissenschaft und Interkulturelle Kommunikation. Theorieansätze, Gegenstandsbereiche, Forschungsperspektiven», in: Lüsebrink, H.J./ Röseberg, D. (Hrsg): Landeskunde und Kulturwissenschaft in der Romanistik. Theorieansätze, Unterrichtsmodelle, Forschungsperspektiven, Tübingen 1995, p. 23-39. Lüsebrink, H.J.: Interkulturelle Kommunikation. Interaktion, Fremdwahrnehmung, Kulturtransfer, Stuttgart 2008. Melde, W.: Zur Integration von Landeskunde und Kommunikation im Fremdsprachenunterricht, Tübingen 1987. Picht, R.: «Frankreichstudien als interdisziplinäres Organisationsproblem», in: Baumgratz, G./ Picht, R. (Hrsg): Perspektiven der Frankreichkunde I/ II, Tübingen 1974, p. 83-90. 2_IH_Italienisch_70.indd 127 30.10.13 09: 25 128 Kurzrezensionen Jochen Trebesch: Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Leben und Werk des letzten Gattopardo. Berlin: NORA Verlagsgemeinschaft Dyck & Westerheide 2012, 504 Seiten, € 29,90 Manchmal, so lehrte es auch der unvergessene Erich Köhler, ist die Literatur der Geschichte voraus: Noch immer hofft die Gilde der professionellen Italien- Beobachter auf die Bestätigung, dass der zynische Satz: «Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, müssen wir zulassen, dass sich alles ändert» für die italienische Politik nicht mehr gelte. 1 Ausgesprochen wird der Satz von Tancredi, dem Neffen des Fürsten Salina, in Giuseppe Tomasi di Lampedusas Roman Il Gattopardo, der in der Zeit der Eroberung Siziliens durch Garibaldis Truppen 1860/ 61 spielt. 2 Der junge Adelige wird sich der neuen gesamtitalienischen Regierung anschließen - zur Wahrung der Privilegien seines Standes. Sein Onkel bleibt zurück, zum Monument seiner selbst erstarrt und doch sinngebend. Das Leben seines Nachfahren - Giuseppe Tomasi di Lampedusa hat im Gattopardo einen seiner Vorfahren literarisch transfiguriert - scheint vordergründig das Scheitern dieser Sinngebung zu dokumentieren. 1896 in Palermo geboren, führte er innerhalb einer zerstrittenen und durch Erbhändel immer mehr verarmenden Familie eine schattenhafte Existenz, die zwar durch den ersten Weltkrieg in eine größere Umlaufbahn gebracht, aber auch durch lange Auslandsaufenthalte und die - über weite Strecken als Fernbeziehung geführte - Ehe nicht nachhaltig konturiert werden konnte. Zudem erfuhr Tomasi im Verlauf des Zweiten Weltkriegs eine elementare biographische Erschütterung durch die Zerstörung des Familiensitzes. Durch das Palermo der Nachkriegszeit irrte der letzte Fürst von Lampedusa nurmehr als angegriffener alter Mann. 1957 in Rom gestorben, hat er die Veröffentlichung und den Welterfolg seines Romans gar nicht mehr erlebt. Unter diesen Voraussetzungen erzählen italienische und vor allem sizilianische Biographen Tomasis Leben vorrangig als die Geschichte eines Scheiterns. 3 Nun hat Jochen Trebesch, Diplomat und Historiker, die erste deutschsprachige Biographie des sizilianischen Autors vorgelegt. 4 Auf einer deutlich ausgeweiteten Quellengrundlage leuchtet er Leben und Werk des sizilianischen Schriftstellers in ihrer Komplementarität aus und spürt in einfühlsamer Darstellung seinem Wirken nach. 2_IH_Italienisch_70.indd 128 30.10.13 09: 25 129 Kurzrezensionen Trebesch konnte, in Zusammenarbeit mit Lampedusas Adoptivsohn und Erben Gioacchino Lanza Tomasi, nicht nur den gesamten Briefwechsel des letzten Fürsten von Lampedusa einarbeiten, sondern hat auch die Quellen zur Herkunft und zur Verbindung mit seiner Frau, der Baronin Alexandra Wolff von Stomersee, im Lettischen Historischen Nationalarchiv in Riga erschlossen. Dazu kommen viele bislang unveröffentlichte Fotografien. Damit schließt Trebesch etliche Lücken in der Darstellung der Lebensgeschichte Tomasis, etwa in der - geschönten - Militärkarriere im Ersten Weltkrieg, den - ebenfalls geschönten - Studienjahren u.a. in Genua, den Aufenthalten im England der 20er Jahre, wo er in Diplomatenkreisen seiner späteren Frau begegnet, die er 1932 fast heimlich in Riga heiratet, bis hin zur Rückkehr in das zerbombte Palermo, wo ihm eine freudlose Nachkriegszeit bevorsteht. ‹Rettungsanker› wird Tomasi zum wiederholten Mal die Literatur, die ihn schon in Kindertagen die Adelsstarre seiner Umgebung überwinden lehrte In den Bibliotheken seiner ‹Häuser› lernt der Junge klassische und moderne Autoren kennen und legt den Grundstein für seine «stupende Belesenheit» (S. 13) Später möchte er Literatur statt der - familiär erwünschten - Jurisprudenz studieren. 1926/ 27 veröffentlicht er in Genua einige Aufsätze zur englischen und französischen Literatur. Es sollen - bis zum (postumen) Erscheinen des Gattopardo im Jahr 1958 - seine einzigen Publikationen bleiben. Das bedeutet, so Trebesch, aber nicht, dass Tomasi über Jahrzehnte schriftstellerisch untätig geblieben wäre. Nur war die konsequente Ausübung einer Berufstätigkeit, und sei es die des Schriftstellers, in seinen Kreisen nicht vorgesehen. Die Zerstörung seines Palastes bedeutete für ihn aber psychologisch gesehen den Verlust seiner Adelsidentität und damit eine tiefe Lebenskrise, aus der ihm wiederum die Literatur heraushalf: Seine Frau, eine Psychoanalytikerin, riet ihm, seine Studien zur englischen und französischen Literatur zusammenzustellen und in privaten Unterrichtsstunden weiterzugeben. So hat er in der ersten Hälfte der 50er Jahre auf über 1.500 Seiten Einzeldarstellungen niedergeschrieben, die Trebesch hier sorgfältig analysiert. Damit einher geht die Schlussfolgerung, dass auch der Gattopardo nicht «aus dem Nichts» entstanden ist. Es gibt Vorbereitungskapitel und Skizzen, wohl schon aus den 30er Jahren. Darauf weist auch die komplizierte Handschriftenlage hin, die noch einer eigenen Bewertung bedarf. Jochen Trebeschs respektvolle Darstellung ist in der Manier englischer Autorenbiographien gut lesbar geschrieben und mündet in einer literarischen Neubewertung des sizilianischen Autors: Der letzte Fürst von Lampedusa erscheint nicht mehr rückwärtsgewandt als der Verfasser einer laudatio temporis acti, als ein Schriftsteller, dessen Erzählstil bestenfalls als antiquiert angesehen und der deshalb auch in der Italianistik oft übersehen bzw. ausgegrenzt wurde. 2_IH_Italienisch_70.indd 129 30.10.13 09: 25 130 Kurzrezensionen Trebesch wendet mit eindrucksvollen, bis in die aktuelle Gegenwart (Houellebecq, Nicole Krauss) reichenden Bezügen die vermeintlichen Defizite des Autors ins Positive und stellt seine «poliedricità», sein nach allen Seiten offenes Literaturverständnis, als Schlüssel zum Verständnis seines Werks dar. Literatur ist demnach, wie bei dem von Tomasi bewunderten Stendhal, ein Teil der allgemeinen, vor allem der politischen Geschichte und der Gattopardo, als sein Hauptwerk, somit auf mehreren Ebenen: historisch, psychologisch, autobiographisch, philosophisch lesbar, die von Trebesch kenntnisreich aufgefächert werden. Die Erfüllung des jeweiligen Leseverständnisses muss jedoch, postmodern gesprochen, in der Interaktion mit dem Leser erfolgen und dient somit durchaus auch zur Entschlüsselung der Gegenwart. Insofern hat Trebesch literaturtheoretisch die Aktualität Tomasis eingefordert und - auch mit einem umfassenden bibliographischen Apparat - eine Fülle von Anregungen zur weiteren literaturwissenschaftlichen Beschäftigung mit dem sizilianischen Autor bereitgestellt. Dorothea Zeisel Anmerkungen 1 S. Christiane Liermann, «Kennst du das Land, wo vieles blüht? », Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22.4.2013. 2 Giuseppe Tomasi di Lampedusa, Der Gattopardo, Neuübersetzung von Gio Waeckerlin Induni, München/ Zürich 2004. 3 S. Andrea Vitello, Giuseppe Tomasi di Lampedusa, Palermo 1987 (2. Aufl. 2008). 4 Bislang konnte die Biographie von David Gilmour, The last Leopard. A life of Giuseppe Tomasi di Lampedusa, London 1988 (ergänzte Ausgabe 2007), die größte Verbindlichkeit beanspruchen. Sie liegt nur in italienischer Übersetzung vor: L’ultimo gattopardo. Vita di Giuseppe Tomasi di Lampedusa, Mailand 2003. Franco Arminio: Terracarne. Viaggio nei paesi invisibili e nei paesi giganti del Sud Italia. Milano: Mondadori 2011, pp. 360, € 18,00 Al lettore che non abbia ancora mai sentito il nome dell’autore di cui stiamo per occuparci, va subito detto che Franco Arminio è un poeta e un paesologo. Mentre il primo dei due mestieri gode di fama millenaria, per l’altro, assai inedito, si richiede un primo approfondimento. Che cos’è la paesologia? Arminio, il creatore di questa scienza praticata finora soltanto da lui, non ce ne 2_IH_Italienisch_70.indd 130 30.10.13 09: 25 131 Kurzrezensionen fornisce una spiegazione in termini teorici o metodologici («Non ho idee generali da spacciare», p. 10), ma si limita a dichiarare che è «una via di mezzo tra l’etnologia e la poesia» (ibid.). In quanto esperienza antropologica, essa è vòlta tuttavia non tanto a ricomporre i significati inaccessibili di una cultura altra, o a far parlare i segni di una civiltà scomparsa, bensì ad affinare la percezione di ciò che l’occhio vede ma non ancora intende, nella presa d’atto di una agonia, di una sparizione in corso (di paesi, villaggi e piccoli centri del Mezzogiorno) che coinvolge fisicamente l’osservatore spingendolo ad aggirarsi «senza fine nelle proprie rovine e in quelle degli altri» (ibid.). La soggettività dello scrittore e il suo corpo risultano così essere parte in causa, e dunque anche gli umori, gli sfinimenti, i momenti di ipocondria vengono partecipati al lettore, insieme allo stato di salute dei luoghi frequentati (e somatizzati). Illuminante per la comprensione del titolo di quest’opera, che scavalca con disinvoltura generi e discipline, è una lunga citazione, da prendere come una vera e propria dichiarazione di poetica dell’autore: «La scrittura fa la spola tra i mali veri e presunti del mio corpo e tra i mali veri e presunti della mia terra. Terra e carne quasi si confondono e il corpo si fa paesaggio e il paesaggio prende corpo. La paesologia non è altro che il passare del mio corpo nel paesaggio e il passare del paesaggio nel mio corpo» (p. 11). Se il discorso poetico, che traluce dalla calma e ordinata scrittura di Arminio, se il suo stile aforistico e la messa in gioco del proprio io rimandano al saggismo felicemente inaugurato secoli prima da Montaigne, non meno che ai versi del primo Magrelli, 1 per quanto concerne la passione meridionalista da cui muove l’autore (nato e tutt’oggi residente a Bisaccia, in provincia di Avellino), è necessaria una precisazione, riprendendo le sue stesse parole, per sgombrare il campo da qualsivoglia opzione folkloristica: «La paesologia non è la paesanologia, non è idolatria della cultura locale» (ibid.). Questa critica, squisitamente politica, è rivolta al municipalismo vecchia maniera, a coloro che si sono fatti e si fanno promotori di uno sviluppo velleitario e di una modernizzazione dagli esiti fatali («Nei circoli, nelle Pro Loco, in certe associazioni pseudo culturali alligna la lobby dei paesanologi, quelli che vogliono cambiare la vita dei paesi senza cambiare i vecchi padroni che li hanno rovinati», p. 131). E la memoria qui non può non andare alle riflessioni sulla Lucania, tutt’ora illuminanti, fatte da Carlo Levi e da Rocco Scotellaro, che valgono per l’intero Sud. Ad Aliano, il luogo di confino dell’autore di Cristo si è fermato a Eboli, e a Tricarico, patria del sindaco-poeta «morto a trent’anni perché si è fatto passare nelle vene tutto il dolore e la rabbia di un popolo» (p. 21), Arminio dedica infatti due interi capitoli. Andando poi 2_IH_Italienisch_70.indd 131 30.10.13 09: 25 132 Kurzrezensionen ancora più a ritroso nella letteratura civile dedicata al Mezzogiorno, l’autore irpino trova un appiglio teorico alle sue visioni itineranti negli scritti, ormai centenari, di un altro grande intellettuale del Sud, Gaetano Salvemini (si veda il capitolo «Rileggendo Salvemini»), il quale condannava la piccola borghesia intellettuale meridionale affermando che essa «è nella vita morale quel che è nella vita fisica del paese la malaria» (p. 129). E qui Arminio può aggiornare il discorso sul mancato rinnovamento di quella classe - rinnovamento a suo tempo fermamente auspicato dal Salvemini - estendendolo al costume politico dell’intera nazione, poiché questa classe oggi «è diventata abile ad apparire una cosa e il suo contrario. Non c’è più un popolo oppresso, solo singole persone indifferenti alle pratiche disoneste» (p. 132). Stando così le cose, per il nostro paesologo di un Sud che «non è da radiografare con grafici e tabelle» (p. 129), né con «una panoramica ordinata» (p. 117) e tantomeno con «il lavoro di uno scrittore che porta avanti il feticcio del suo stile e della sua poetica» (p. 9), bensì adottando, in questa sorta di randagio girovagare, «il punto di vista del cane» (ibid.), si tratta allora di mostrare come i segni apparentemente più periferici di una devastazione municipale siano riconducibili a una generale patologia ambientale, che è poi quella della modernità fallita («la rottamazione della civiltà contadina ha fatto posto a una modernità posticcia», p. 164), delle ibridazioni architettoniche («l’adiacenza delle case antiche con le palazzine sgraziate», p. 135) e urbanistiche («il centro antico strozzato da una periferia nuova», p. 136; «l’anello commerciale intorno ai luoghi di culto», p. 137); fenomeni questi che secondo l’autore danno vita a «un urbanesimo al contrario» (p. 13). Quello di Arminio è certamente un libro di denuncia. Tuttavia nella sua denuncia è assente la veemenza tipica dei media, interessati a spolpare realtà già ridotte all’osso dall’incuria delle amministrazioni politiche, per farne oggetto di cronaca. E, tantomeno, la scomparsa di una civiltà contadina millenaria, la sua estinzione paesaggistica e culturale, la resa all’omologazione di quelle località da lui passate in rassegna durante i suoi vagabondaggi paesologici, vengono affrontate con i toni elegiaci e il furor apocalittico di un Pasolini - il quale pure aveva a suo tempo ben colto i segni della mutazione antropologica in atto, profetizzando i mali che ne sarebbero derivati. Con i suoi modi tutt’altro che allarmistici, dimessi ma non per questo meno incisivi, Arminio descrive il consumismo dilagante che ha sfigurato i paesi condannandoli ad assumere una finta aria metropolitana, con le campagne circostanti ridotte a squallide periferie urbane costellate di capannoni e discariche, i terreni abbandonati su cui svettano gigantesche insegne pubblicitarie annuncianti discoteche e centri commerciali. I luoghi toccati (e spesso anche fotografati) dall’autore, nella loro entropia consumistica appaiono paradossalmente desolati, come le comunità stesse chiuse nel loro «autismo corale» (p. 2_IH_Italienisch_70.indd 132 30.10.13 09: 25 13 3 Kurzrezensionen 13), e prossimi all’estinzione - estinti, ma disposti ancora a far parola ai vivi dell’ultimo istante di luce e del modo del trapasso, sono anche i personaggi di Cartoline dai morti (Nottetempo 2010, Premio Dedalus), una delle raccolte poetiche più toccanti, per l’intensa pietas e per la sua efficacia minimalistica, di Franco Arminio. Questa dissipatio, questa sparizione della vita, ci dice lo scrittore, ha interessato tanto i «paesi invisibili», i piccoli villaggi sconosciuti di quella che Arminio ha denominato l’Irpinia d’Oriente (Candela, Rocchetta, Accadia, Alberona ecc.), che i «paesi giganti» di una «Campania bellissima, potente, violentata e sgraziata» (p. 179), paesoni come Giugliano («Sono nel paese più grande del mondo, quasi centoventimila abitanti», p. 184), o Casoria, ottantamila abitanti, la cui «piazza è una distesa di Suv con i vetri oscurati, parcheggiati in doppia e in tripla fila» (p. 189), e dove più in là, «davanti a un basso, due vecchi stanno in mezzo a una pila di confezioni di merendine e patatine. Non è un negozio, è il loro cibo. Non è un bancone di alimentari, è la loro credenza, senza battenti, esposta, come le loro vite» (ibid.). Luoghi e genti del cui stato e della cui condizione Roberto Saviano ci aveva già informati, parlandoci del deserto lasciato dietro di sé dalla camorra. Uno scrittore, Saviano, con il quale Arminio sembra condividere più di quanto si possa immaginare: perché così come la messa in luce degli obbrobri della camorra campana si è rivelata una via maestra per la comprensione e l’approfondimento del fenomeno mafioso in generale, inseguire il demone del cronista di un Sud italiano inesorabilmente condannato alla desolazione - desolazione che si è sostituita alla miseria di un tempo - costituisce per Arminio un’occasione per farsi latore di un messaggio capace di includere, nella sua critica, il «globale». E malgrado l’ apparente pessimismo («I libri spesso sono una sconfitta per chi li scrive», p. 332), a viaggio concluso Arminio rivolge al lettore un appello, col quale lo invita a unirsi idealmente a lui e a chi come lui non si è ancora del tutto arreso al dominio dei fatti: «Dopo aver indagato il mondo attraverso una sua piccola parte, adesso si tratta di dare sollievo al mondo, curando una sua piccola parte, dando attenzione a chi porta ancora disperatamente nel cuore la rivoluzione e l’utopia» (ibid.). Franco Sepe Nota 1 Si veda Ora serrata retinae (Feltrinelli 1980), la raccolta d’esordio di Valerio Magrelli, dove il rapporto tra poesia e corpo è centrale; la scoperta dei Saggi di Montaigne, secondo le dichia-razioni rilasciate dallo stesso autore, sono a monte di quella scrittura giovanile. Così come del resto non è casuale il sottotitolo dato da Arminio al suo libro Vento forte tra Lacedonia e Candela. Esercizi di paesologia (Laterza 2008), che di Magrelli riecheggia il titolo dato alla sua terza opera in versi Esercizi di tiptologia (Mondadori 1992). 2_IH_Italienisch_70.indd 133 30.10.13 09: 25 13 4 Kurzrezensionen Marco Gatto/ Luca Viglialoro: L’esperienza dell’arte. Un percorso estetico tra moderno e postmoderno. Giulianova (Teramo): Galaad 2011, pp. 320, € 14,00 (Gli «Alberi» Saggi n. 5) Der Band geht einer schon seit geraumer Zeit virulenten Fragestellung nach, akzentuiert diese allerdings, so geben es die Herausgeber in ihren beiden einleitenden Texten jedenfalls vor, von vornherein durch ein im weitesten Sinne ethisches Gebot. Es handele sich bei der ästhetischen Erfahrung - wobei der Titel präzisiert, dass hier allein die Erfahrung mit der Kunst gemeint ist - um einen zentralen Modus menschlichen Seins, der sich gerade durch seine Widerständigkeit gegenüber medialer Vereinnahmung in der Konsumgesellschaft auszeichne. Sowohl Gatto als auch Viglialoro weisen auf die Spannung hin, in der sich die ästhetische Erfahrung des Subjekts verortet: Sie steht für sich und ist doch vergleichbar; sie bewahrt einen unsagbaren Kern und lässt sich doch teilen. Eine in dieser Hinsicht notwendige Problematisierung der benjaminischen Begriffe und der Frage nach der ‹ästhetischen Erfahrung› überhaupt nehmen die drei umfangreichsten und theoretisch anspruchvollsten Aufsätze des Bandes vor. Luca Viglialoro geht ausführlich auf Walter Benjamins so berühmten wie in mancher Hinsicht aporetischen ‹Erzähleraufsatz› ein und legt zumindest implizit auch dessen normative poetologische Position frei. Marco Gatto hingegen versucht, am Beispiel Glenn Gould, Benjamin gewissermaßen mit seinem Gegenteil zu versöhnen und erklärt, warum gerade ein Pianist, der sich ausschließlich der technisch reproduzierten Verbreitung seiner Kunst verschrieben hat, die Gesetze der Kulturindustrie außer Kraft setzt. Über die eigentliche Zielsetzung der Herausgeber hinaus geht schließlich Antonio Lucci mit seiner gut gemachten Synthese der Musikphilosophie Peter Sloterdijks, die die ästhetische Erfahrung an den Pulsschlag eines ‹Ontorhythmus› zurückführt. Damit schlägt das lesenswerte Buch einen dem Thema angemessenen weiten Bogen, der nur zu einer weiteren kreativen Auseinandersetzung - und gelegentlich sicher auch zu Widerspruch - anregen kann. Ausgehend von der skizzierten, auf aktuelle Kunstmarktverhältnisse angewendeten benjaminischen Prämisse, öffnen die weiteren Beiträge ein breites Spektrum an Gegenständen und Zugängen, denen Benjamins Erzähleraufsatz und dessen Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (beide 1936) als theoretische Folien gemeinsam sind. Die Auswahl der Texte und Kunstwerke, auf die Bezug genommen wird, reicht von Descartes’ Erster Meditation (1641) bis zu David Lynchs Film Inland Empire (2006) und zeigt an, dass die generische Verortung des Untertitels wohl nicht in einem 2_IH_Italienisch_70.indd 134 30.10.13 09: 25 135 Kurzrezensionen streng epochengeschichtlichen Sinne verstanden werden will, sondern dass es gerade um ein selbst möglicherweise epochales ‹Dazwischen› geht, in dem, wie Gatto schreibt, die ästhetische Erfahrung der universellen Austauschbarkeit der Postmoderne eine potentielle ‹Verwundbarkeit› entgegensetzt. Mit Descartes zu beginnen, erscheint keineswegs zufällig. Simone Guidi zeichnet das Fortschreiten von quasimystischer Einkehr zu universalisierbarer Methodik anhand der barocken Metapher des ‹mentalen Theaters› nach. Aus der Selbstinszenierung des zur Reklusion gezwungenen Denkers folgt hier das Urteil über die Ununterscheidbarkeit von Realität und Fiktion und schließlich die Reduktion auf das einzig verlässliche und kommunizierbare cogito. Der Übergang zu den in sich disparaten Ästhetiken des Zwanzigsten Jahrhunderts, die die Beiträger in Rekursen auf die Lyrik (Giuseppe D’Acunto über Giuseppe Ungaretti), die Narrativik (Alessandro Gaudio über Guido Morselli) und den Film (Mattia Artibani über David Lynch) beleuchten, ist allerdings gewagt. Geht es Descartes um die Erfahrung des Zweifels und die sich aus diesem konstituierende ratio, so stehen bei den besprochenen Künstlern doch gerade die rational nicht greifbaren Phänomene im Vordergrund, die vielleicht auch deshalb so schwer zu beschreiben sind, weil wir uns mit Begriffen wie ‹Aura› und ‹Inspiration› nicht mehr leichtfertig zufrieden geben. Sven Thorsten Kilian 2_IH_Italienisch_70.indd 135 30.10.13 09: 25 136 Kurzrezensionen Alessandra Riva: Traumboote nach Italien. Eine literatur- und kulturwissenschaftliche Untersuchung deutscher Italienschlager. Wilhelmsfeld: Gottfried Egert Verlag 2012, VII + 289 Seiten, € 49,00 (Studia litteraria, Bd. 14) Wer kennt sie nicht, die fröhlich-verheißungsvollen Schlager der Fünfziger und Sechziger Jahre, in denen uns Peter Alexander, Caterina Valente, Vico Torriani oder Rudi Schuricke gen Süden locken: «Komm ein bisschen mit nach Italien» (1956). Diese Lieder stilisieren Italien als Sehnsuchtsort und Ferienland. Das besungene süße Leben, Gastronomie und Wein, der immer azurblaue Himmel, attraktive und leidenschaftliche Italiener und die Hoffnung auf Liebesabenteuer prägen die landläufige Vorstellung von Italien bis heute. Es ist das Verdienst von Alessandra Riva, sich dieses populärkulturellen Genres in einer literatur- und kulturwissenschaftlichen Untersuchung aus der Perspektive der Imagologie angenommem zu haben. Gerade die Schlager bespiegeln die beidseitige Annäherungsbewegung der deutsch-italienischen Beziehungen insbesondere in der Nachkriegszeit und in den Jahren des Wirtschaftswunders, also den Moment, in dem der deutsche Massentourismus in Italien en vogue ist und die italienische Einwanderung in die industriellen Ballungszentren Deutschlands ihren Höhepunkt erreicht. Dementsprechend begreift Riva den Italienschlager als einen «Seismograph gesellschaftlicher Strömungen» (S. 33), der auch politische Veränderungen zu reflektieren vermag. Nach einer allgemeinen Einführung in die Gattung des Schlagers, verortet Riva den Italienschlager im historischen Kontext der deutsch-italienischen Kultur- und Austauschbeziehungen. Dabei knüpft die populäre Musik der 50er und 60er Jahre an das romantisierte Italienbild der Goethezeit an. Die Heraufbeschwörung jenes Arkadien steht auch hier im Zeichen des Eskapismus, «jedoch ohne die philosophischen Bedürfnisse ihrer gelehrten Vorläufer» (S. 207), sondern aus der Notwendigkeit heraus, den harten Alltag der Nachkriegszeit vergessen zu wollen. Die eingängigen, so unbeschwert daherkommenden Melodien bieten ein einfaches Universum und einfache Lösungen: Als verklärte und idyllische Traumwelt fungiert Italien hier - ähnlich wie das zu dieser Zeit beliebte Genre des Heimatfilms - als positive Folie und Gegenbild zur prekären Lebenswirklichkeit der meisten Bundesdeutschen: zu den zerstörten, noch in Trümmern liegenden Städten, zu Lebensmittelknappheit, zur Trauer über die Toten, zum bangen Warten auf noch Vermisste oder zur Suche nach einer neuen Heimat mehrerer Millionen Vertriebener, die sich auch noch Jahre danach ungewollt und nicht akzeptiert fühlen. 2_IH_Italienisch_70.indd 136 30.10.13 09: 25 137 Kurzrezensionen Das in den damaligen Hits evozierte Leben bietet Glücksversprechen, erlauben doch gerade die vagen Beschreibungen, die Stereotypen und das Aufrufen bekannter Elemente, dass die Hörer das zu einer Leerform avancierte Italienbild je nach Belieben, nach persönlichen Erfahrungen, Bedürfnissen und Wünschen aufladen können. Diese Schlüsse zieht Riva aus ihrer voluminösen Toposanalyse, der ein Korpus von 147 transkribierten Liedtexten zu Grunde liegt. Sie zeigt, wie die «Mutter des Fernwehschlagers» (S. 216) auf ein ganzes Arsenal tradierter Topoi rekurriert, diese reaktualisiert und so einen Diskurs über Italien formiert, in dem die Topoi als Italiensignale fungieren, um eine spezifische, verklärte «Italianität» heraufbeschwören. Riva zeigt also die Mythisierung Italiens durch die Schlager. Als «Traumboote» bieten sie für jeden Zugang zu jener glücklichen Scheinwelt. Reduziert auf emblematische Orte, welche sich schnell als die Hauptreiseziele des späteren Massentourismus herausstellen (neben Kunst- und Kulturstädten wie Rom, Florenz, Mailand, Verona oder Venedig, insbesondere der Golf von Neapel als Inbild der Sehnsucht und der Treueschwüre bei Sonnenuntergang (z.B. «Capri-Fischer» 1943, «Un bacio in Sorrento» 1959 u.v.m.), ferner die (Adria-) Küste und der Gardasee), verspricht der Zufluchtsort Italien Geselligkeit bei Wein, Gesang und Mandoline ebenso wie romantische Traumlandschaften als Kulisse für große Gefühle. Dass diese nur andauern, bis es heißt «Ciao Ciao Bambina» (1959), liegt auf der Hand. Dass es sich aber nicht lohne, einer alten Liebe hinterher zu weinen und dass freie Herzen schnell Ersatz finden, suggerieren viele der unterhaltenden Ohrwürmer. Schließlich geizt «das Land, wo die Zitronen blüh’n» (1950) weder mit schöner Natur noch mit menschlicher Wärme. Schnell kommt es zum Stelldichein mit kontaktfreudigen Einheimischen an lauen Frühlings- und Sommerabenden. Gerade die im Schlager besonders prominente Liebe bedarf eines italienischen Gegenübers. Dementsprechend bevölkern der ein oder andere heißblütige Gino, eine faszinierende, stolze Antonella oder die schöne Raffaella die Texte. Die fragmentierte Beschreibung ihrer Körper entspricht dem begehrenden Blick des lyrischen Ichs, welches von einem anziehenden Lächeln, dem schwarzen Haar, den schwarzen funkelnden Augen und den roten, süßen Lippen gefangen ist, stehen doch gerade Letztere für das Versprechen inniger Küsse. Während die Italienerinnen zunächst die ernsten Absichten prüfen und ihre Verehrer nicht selten erst einmal gleichgültig unter dem Fenster warten lassen, verhalten sich die italienischen Männer den Touristinnen gegenüber weitaus aufgeschlossener. Nicht selten erobert «Mr. Casanova» (1963) mit dem savoir faire des leidenschaftlichen, wenn auch routinierten Verführers die Frauenherzen - mit der für den Fremdenverkehr erfreulichen Folge: «Alle Damen fahren gern nach Italien» (1957). Natürlich befördert diese Form der Völkerfreundschaft auch den sprachlichen Austausch. Der durch den Praxis- 2_IH_Italienisch_70.indd 137 30.10.13 09: 25 13 8 Kurzrezensionen bezug erzielte Lernerfolg stellt sich schnell ein und wird stolz verkündet: «Ich hab über Nacht Italienisch studiert» (1953) - auch wenn sich das Vokabular zumeist auf ein gehauchtes «Amore» beschränkt, was dafür jedoch nicht oft genug wiederholt werden kann. Frivolität kennzeichnet das Genre von Beginn an,und der Italienschlager spielt nicht selten mit sexuellen Allusionen, die er bisweilen keck expliziert. So wenn der Publikumsliebling Peter Alexander darauf verweist, beim Mondenschein «zeigt ein richt’ger Italiener, was er kann» (S. 260). Dass es nicht bei einer Serenade bleibt, verdeutlicht Evelyn Künneke 1965 mit «Ferien auf Italienisch (Der Triebwagen)», wo eine misogyne Anklage von Sittenlosigkeit und weiblichem Sextourismus anklingt, die nicht zuletzt die Symptomatologie einer unterdrückten Angst zum Vorschein bringt. Insofern ist es nicht überraschend, dass dieses im Grunde ambivalente Verhältnis zu Italien als einer Fremde, die fasziniert, aber auch beunruhigt, zum Bild eines pittoreskverniedlichten Italien gerinnt, dessen Romantisierung zugleich eine symbolische Degradierung und somit Domestizierung impliziert. Dies gilt nicht nur für die von Conny Froboess besungenen «Zwei kleine[n] Italiener» (1962), die als Gastarbeiter schwer an ihrer Emigration zu tragen haben und voller Sehnsucht nach Neapel schauen, wo ihre Verlobten auf sie warten - ein Lied, dass die innerdeutsche Perspektive und die Einwanderung im Zuge des Anwerbeabkommen mit Italien von 1955 bespiegelt -, sondern ebenso für andere aufgerufene Topoi. Scheinen die Italienschlager aufgrund der von ihnen kreierten Images zunächst leicht und gedankenlos daher zu kommen, so lassen sie sich dennoch in einer «orientalistischen» Diskurstradition verorten, welche durch die ihnen implizit innewohnende Reduktion von Alterität insbesondere Aufschluss über Blick und Selbstverständnis des sprechenden Ichs geben. Auch wenn uns Riva diese Analyseansätze vorenthält, so schließt sie mit ihrer umfassenden, wenn auch etwas langatmigen Monographie ein Desiderat der Forschung, nicht nur weil sie sich eines spezifisch historischen Phänomens der deutschen Populärkultur annimmt, was lange unbeleuchtet und unterschätzt blieb. Auch wenn die Behandlung dieses Sujets mehr Esprit als eine extensive Wortfeldanalyse und aktuellere Quellen hätte erwarten lassen, so legt Riva dennoch einen Grundstein für weiterführende kulturwissenschaftliche Analysen. In diesem Sinne ließe sich, neben der bereits aufgezeigten Perspektive, beispielsweise nach den heutigen Auswirkungen solcher Stereotypen auf die europäischen Beziehungen fragen, oder inwiefern die in Oldie-Sendungen weiterhin gern gespielten «Traumboote» die eigene Vergangenheit verklären. Sieglinde Borvitz 2_IH_Italienisch_70.indd 138 30.10.13 09: 25 139 Kurzrezensionen Ursula Reutner: Sprache und Tabu. Interpretationen zu französischen und italienischen Euphemismen. Tübingen: Max Niemeyer 2009, VIII, 459 Seiten, € 104,95 [= Beiträge zur Zeitschrift für Romanische Philologie Band 346] Die Untersuchung von Tabus, Vorurteilen, Stereotypen, Euphemismen, politischer Korrektheit und Höflichkeit hat in einer pragmatisch bzw. kulturwissenschaftlich geprägten Sprachwissenschaft einen hohen Stellenwert. Kaum übersehbar ist die Anzahl der in den letzten Jahren zu verschiedenen Sprachen publizierten Arbeiten. Weniger zahlreich sind die kontrastiven Arbeiten zu zwei oder mehreren Sprachen; zu ihnen zählt die vorliegende umfangreiche romanistische Untersuchung zum Französischen und Italienischen. Sie setzt sich zum Ziel, die zivilisatorische Bedingtheit von Tabus und Euphemismen sprachvergleichend zu ermitteln und geht davon aus, dass Vorhandensein bzw. Nicht-Vorhandensein von sprachlichen Tabus Indizien für den Entwicklungsstand und den Wandel einer Gesellschaft und ihres kulturellen Selbstverständnisses ist. Darüber hinaus sind Tabus und Euphemismen Ausdruck von Mentalität und Wahrnehmung der Realität. Zu diesem Zweck werden eingangs definitorische Abgrenzungen vorgenommen (Thementabu vs. Lauttabu, Tabuisierung vs. Enttabuisierung, Motive und Funktionen des Euphemismus etc.). Bei Tabus werden als Arten der sprachlichen Äußerungsbeschränkung die tradierten Tabus des magischen und religiösen Bereichs von den ‹profanen Tabus› (vom französischen Preziösentum des 17. Jahrhunderts bis hin zur gegenwärtigen ‹Politischen Korrektheit›) unterschieden. Damit zusammen hängen die ‹euphemistischen Ersatzmöglichkeiten› als onomasiologische Umgehung von Sprachtabus. Frankreich und Italien werden als Untersuchungsgegenstand gewählt, weil die Länder richtungweisende Sprachkulturen in der europäischen Sprachgeschichte sind. Der Forschungsansatz ist einerseits - relativ neu in der Sprachtabuforschung - der kontrastive Sprachvergleich, andererseits aber auch historisch, indem gruppenspezifische Tabuisierungs- und Enttabuisierungsschübe aufgearbeitet werden; für die Enttabuisierung u.a. Freud, die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und der Wandel nach 1968. Hier finden sich also zwei klassische Forschungsansätze der romanistischen Sprachwissenschaft vereint. Es folgt ein Überblick über die hauptsächlichen Tabubereiche (und zugehörigen Euphemismen) im französischen und italienischen Wortschatz. Es sind dies u.a. Glaube/ Aberglaube/ Magie, Sterben/ Tod, Krankheiten, Liebes- und Sexualleben, Körperteile, Weiblicher Lebenszyklus, Toilettengang, Wirtschaft/ Finanzen/ Verwaltung/ Militär. 2_IH_Italienisch_70.indd 139 30.10.13 09: 25 14 0 Kurzrezensionen Bei einem einerseits sprachvergleichenden, andererseits sprach- und kulturhistorischen Vorgehen stellt sich dezidiert die Frage nach der Analysemethode. Es bieten sich ein Vergleich von Textkorpora und ein Vergleich von Wortschätzen an. Die Vf. plädiert eindeutig für den Vergleich von Wörterbüchern; denn es «[…] ist der lexikographische Ansatz daher - bei entsprechender Umsicht im Umgang mit den lexikographischen Quellen - eine wesentlich repräsentativere und geeignetere Basis, als es subjektive Auswahlmodi aus Textkorpora je sein können» (S. 39). Diese Auffassung ist natürlich bestreitbar. Vertreter der ‹Korpuslinguistik› würden darauf hinweisen, dass sich euphemistische Aspekte oft erst im Kontext belegen lassen, während sie möglicherweise lexikographisch gar nicht markiert sind. Auch vom Standpunkt der Kontrastiven Textologie lässt sich argumentieren, dass verglichene Textkorpora keineswegs subjektiv ausgewählt sein müssen, vorausgesetzt, die (bei Reutner nicht diskutierte) Vergleichskategorie ‹tertium comparationis› wird ernst genommen. Zu erwarten ist überdies, dass beide methodischen Ansätze jeweils Vor- und Nachteile haben und sich in den Resultaten möglicherweise ergänzen. Vf. legt also - auch dies in guter romanistischer Tradition - für den kontrastiven Vergleich je ein französisches und ein italienisches Wörterbuch zugrunde, und zwar die «beiden wissenschaftlich repräsentativsten Wörterbücher unter den einbändigen, regelmäßig aktualisierten und gleichzeitig digital konsultierbaren Lexika des Französischen und Italienischen: Petit Robert (PR) und Zingarelli (Z).» (S. 39) Da nur die beiden Printversionen jährlich neu erscheinen, werden die beiden digitalen Versionen (CD-ROM) von 2007 verwendet. Bei der Erklärung des lexikographisch in den beiden Wörterbüchern markierten Euphemismusbestandes werden z.B. zur politischen Korrektheit in Frankreich und Italien die Kategorien Rasse, physische Einschränkungen, Alter, sexuelle Identität, Berufs- und Länderbezeichnungen ausgewertet. Als Motivationen für euphemistische Ausdrucksweisen werden Ehrfurcht, Scham, Rücksichtnahme, Höflichkeit herausgearbeitet. Der historische Teil deckt u.a. das Alte Testament, die Epoche von Renaissance und Humanismus, Castigliones Cortegiano, Giovanni della Casas Galateo, Stefano Guazzos Civil conversazione, Heinrich IV. und das Hôtel de Rambouillet, und die Richtungen des politiquement correct bzw. politicamente corretto ab. Als Resultat wird an zahlreichen Beispielen belegt, dass Tabuisierungs- und Euphemisierungsschübe tatsächlich ‹Bestandteil der Zivilisationsgeschichte einer Gesellschaft sind und deren Mentalität und Raffinesse in der Entwicklung der sprachlichen wie nichtsprachlichen Manieren reflektieren› (S. 398). 2_IH_Italienisch_70.indd 140 30.10.13 09: 25 141 Kurzrezensionen In Bezug auf die ausgedehnten Untersuchungsergebnisse werden die Resultate zu den Euphemismen in einem sehr übersichtlichen Organigramm (S. 407) zusammengefasst - ein Meilenstein in der Euphemismusforschung. Das sehr umfängliche, wenngleich natürlich nicht exhaustive Literaturverzeichnis umfasst 44 Druckseiten. Ein weiterer Anhang (S. 443-459) enthält ein ‹Wortregister› von Tabuwörtern und vor allem Euphemismen, das sehr wohl auch einschlägige Phraseologismen enthält. Für das Italienische gehören dazu z.B: andare a Carpi, bisogni, casa pubblica, cinque lettere, Dio l’ha chiamato alla sua gloria, donna da marciapiede, errore di gioventù, fondoschiena, male dei Franchi, operazione tempesta nel deserto, non sentirsi bene, pagare il proprio tributo alla natura, persona di colore, sacerdotessa di Venere, una di quelle, zebedei. Solche Stichwörter sorgen dafür, dass die Untersuchung nicht nur als breit angelegtes und wohldokumentiertes romanistisches Handbuch dient, sondern auch nützlich für den Fremdsprachenunterricht und die Praxis der Übersetzung ist. Bernd Spillner 2_IH_Italienisch_70.indd 141 30.10.13 09: 25 142 Italienische Themen an den Hochschulen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz im Wintersemester 2013/ 2014 Diese Aufstellung, die seit 1982 regelmäßig in der Zeitschrift Italienisch erschienen ist, liegt seit Mai 2012 aus Kostengründen nurmehr online vor. Auf der Homepage des Italianistenverbandes: www.italianistenverband.de wird sie in der Rubrik «Zeitschrift Italienisch» als pdf zum Download zur Verfügung gestellt. Es werden alle Lehrveranstaltungen gelistet, die von den Instituten für Romanistik (Italianistik) in den Fächern Italienische Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft sowie Fachdidaktik angeboten werden. Sprachpraktische (auch fachsprachliche) Veranstaltungen werden nicht aufgeführt. Die Redaktion dankt allen denjenigen, die durch Zusendung von Kopien, Verzeichnissen oder Dateien die Recherche erleichtert haben. Sie bittet weiterhin darum, die entsprechenden Informationen zu schicken an: Redaktion Italienisch, Arndtstraße 12, D-60325 Frankfurt am Main, E-Mail: italienisch@div-web.de, Fax: +49/ (0)69/ 7411453. Generell ist in diesem Winter ein Rückgang der Seminare zu Literatur zu konstatieren und eine Konzentration auf die sogenannten Klassiker: Dante ist mit Abstand am beliebtesten, auch in interessanter interdisziplinärer oder aktueller Perspektive: «Dantes Werk in Wort und Bild», «Dante Alighieri: Divina Commedia (Inferno und Purgatorio)», «Dante - Paradiso», «Lectura Dantis», «Dante Gabriel Rossetti und Dante», «Autobiographie und männliche Identitätskonstruktion: Dante und Rousseau», «Inferno - Dan Brown/ Dante Alighieri», «Dante Alighieri, Commedia: Inferno XXVIII e XXIX (vv. 1-36): la rapsodia dei seminatori di discordie», «Einführung in Dantes Hölle», «Dante: Commedia (Paradiso)», «Italienbezogene Fragestellungen in Literatur und anderen Kunstformen: Poesia, Filosofia, Figura: Lettori di Dante da un secolo all’altro», «Lectura Dantis Inferno», «Lectura Dantis: Inferno I-XII», «Lectura Dantis: Inferno», «Il tessuto melodico del Purgatorio dantesco», «Dante, Purgatorio». Auch Alessandro Manzoni ist besonders gut vertreten: «Manzoni», «I promessi sposi di Alessandro Manzoni: Interpretazioni del romanzo dal must del modello al ‹pop› del ri-uso multimediale», «Etica, storia e letteratura in Alessandro Manzoni», «Manzoni, I promessi sposi», «Alessandro Manzoni, Historische Tragödien und Historischer Roman», «Manzoni und der historische Roman im Risorgimento», «Alessandro Manzoni, Promessi sposi». Aktuelle Schwerpunkte greifen auf die Veranstaltungen zu «Lingua e web», «Konstrastive Weblinguistik», «Die italienische Sprache im Internet» sowie «La cultura alimentare italiana nel cinema», «Kulturgeschichte durch den Magen: Essen in Italien», «Essen in Italien. Kulturwissenschaftliche und literarische Aspekte». Noch im Nachgang zum 100. Geburtstag sei hingewiesen auf zwei Seminare über den großen Michelangelo Antonioni: «Michelangelo Antonionis L’Avventura - La Notte - L’Eclisse», «Entfremdung in Schwarz-weiß und Technicolor: das Kino von Michelangelo Antonioni». Erwähnung finden sollen schließlich folgende Einzelthemen: «Italienreisen vom 16. bis ins 19. Jahrhundert», «Frauen-Bilder in der italienischen Lyrik und Kunst von Renaissance bis Barock», «Das Madrigal als literarische und musikalische Gattung», «Da Dante a Marino: Letteratura italiana e arti figurative», «Metastasios Drammi per musica als Modell des 18. Jahrhunderts - ästhetische Konzeptionen in der Diskussion», «Die literarische Rezeption Napoleons in Italien», «Mozart und die italienische Oper in Wien (1783-1792)», «Italo Calvino, Ermanno Cavazzoni und das ‹Opificio di Letteratura Potenziale›». Caroline Lüderssen 2_IH_Italienisch_70.indd 142 30.10.13 09: 25 14 3 Mitteilungen XXI Convegno AISSLI a Philadelphia 3 - 5 aprile 2013 Nel 2013, anno della cultura italiana negli USA, ospitato dal Centro Studi «Italian Studies» presso l’University of Pennsylvania, in concomitanza con vari eventi culturali circa l’Italia, si è svolto dal tre al cinque aprile il XXI Convegno AISSLI (Associazione Internazionale Per Gli Studi Di Lingua e Letteratura Italiana) sul tema «Italicità. I linguaggi dell’Italia negli Stati Uniti fra tradizione e innovazione»; incluse in esso pure sessioni riservate ai linguaggi italici presenti in diverse realtà globali ; per la sessione «African Italics» la sottoscritta, ad esempio, ha trattato degli «Italici stranieri in Eritrea e in Etiopia: Il professor Emilio Di Biase parla dei suoi anni africani». Va detto che la civiltà italica è nata dalla fusione della cultura autoctona con culture allogene e che perciò l’italicità viene promossa non solo dagli Italiani, ma pure dagli Italici stranieri i quali hanno scelto appunto la cultura italiana come proprio riferimento culturale privilegiato. Peraltro il suddetto tema è importantissimo anche per la politica estera italiana perché nel mondo glocale occorre tenere rapporti politici con Italici che non sempre parlano italiano. All’inaugurazione ha partecipato il Console Generale dell’Italia in Philadelphia Luigi Scotti. Dopo il suo intervento si è svolta la tradizionale cerimonia in memoria del Professor Domenico Vittorini, membro della facoltà Romance Languages dell’Università di Pennsylvania (il fondo costituito nel 1979 a suo nome favorisce i cultori della lingua e della letteratura italiane con l’assegnazione di borse di studio per soggiorni in Italia); inoltre gli artisti Nicola Bevilacqua, Dave Iannetta e Paolo Pilla di origine italiana hanno presentato «Dinner at my Place», un'opera multimediale nata dai loro incontri settimanali sui propri orientamenti artistici e sull’influenza esercitata sulla loro psiche dalla cultura italiana. Al Congresso hanno partecipato una cinquantina di studiosi provenienti oltre che dagli USA e dall’Italia pure da vari paesi europei ed extraeuropei. Fra i relatori presenti, oltre agli Accademici (dell’università ospitante, di Bologna, di Chieti-Pescara, di Firenze, dell’Orientale di Napoli, di Siena, di Berger, di Brussel, d’Ireland, di Los Angeles, della Manouba di Tunisi e di Monastir, di Maine, di New York, di Osnabrück, di Philadelphia, Pittsburgh, di Ruzomberok, del Texas, c’erano pure giornalisti, rappresentanti della Camera di commercio del Venezuela, del Centro Altreitalie, dell’ISSNAT, del SICL, dell’Accademia della Crusca, del Queens College, di Globus et Locus, del Corriere della sera, del Bard College, del Dickinson College, del Literar- 2_IH_Italienisch_70.indd 143 30.10.13 09: 25 14 4 Mitteilungen gymnasium Ramibuhl di Zurigo. La maggior parte di loro ha parlato in italiano, ma alcuni hanno preferito esprimersi in inglese. Per l’Università tedesca Andrea Grewe ha dissertato sul quesito: «La letteratura italo-tedesca - una letteratura italica? » mentre Andrea Palermo ha discettato a sua volta su «L’Italiano in Germania tra lingua di migrazione e lingua di cultura». Per il Professor Fabio Finotti (Presidente internazionale dell’AISSLI e Docente di letteratura italiana all’University of Pennsylvania che ha parlato di «Italicity in Italy») il Convegno è stato una notevole occasione di confronto scientifico, per la quale si è attuata pure una rifondazione dell’AISSLI sia per l’ingresso nel direttivo di una nuova generazione sia per l’apertura ad un metodo interdisciplinare di tipo sociologico, politico, economico e creativo. Tale caratteristica esisteva già dalla fondazione dell’Associazione nel 1951 come è deducibile dall’Acronimo di «lingua» e «letteratura», che, tuttora fedele alla sua storia, può significare «Associazione per gli studi dei linguaggi e delle letterature italiane», al plurale perché tale è l’identità italiana a suo dire. Alla chiusura del Convegno la professoressa Bianca Maria Da Rif, segretaria dell’Associazione, ha comunicato che nel 2012 sono stati pubblicati dall’Università di Padova gli Atti del Convegno «Le Dimore della Poesia», svoltosi nel 2000, al dannunziano Vittoriale di Gardone Riviera (Brescia). Perseverante curatrice dell’interessantissimo volume che colma una lacuna nella storia associativa, la Da Rif nell’introduzione afferma che «nomi illustri della Letteratura illuminano un panorama letterario vastissimo che include anche il discorso poetico al femminile». Il nuovo sito Social network, in preparazione a cura di Alfredo D’Ambrosio, Riccardo Giumelli, Beatriz Lopez e Giancarla De Marchi (www. italicos.com; info@italicos.com) informerà su iniziative, pubblicazione degli atti, organizzazione di congressi dell’Associazione e partecipazione alla piattaforma stessa. Si pensi che ben 18 milioni di sono Italici; che il 60% della popolazione argentina è italica; che Sao Paulo conta più di sei milioni e mezzo di Italici; che 75 Camere di commercio sono «bi-national». Ci sono nel mondo 200 milioni di persone di origine italiana, 150 milioni si interessano di cultura italiana, 60 milioni sono italiani, infine si può dire che sono circa 400 milioni i potenziali utenti del network. Possibili, suo tramite, la connessione con persone dalla propria città di residenza; il collegamento di comunità italiche secondo i loro interessi; la condivisione di informazioni con le comunità nel mondo; la conoscenza della lingua e della cultura italiane. Consiglia Recchia 2_IH_Italienisch_70.indd 144 30.10.13 09: 25 14 5 Mitteilungen Romanistenverband - Neuer Vorstand Im Rahmen des Romanistentages in Würzburg vom 22.-25. September 2013 wurde auch ein neuer Vorstand des Deutschen Romanistenverbandes gewählt. Die Mitgliederversammlung wählte zur Vorsitzenden Prof.Dr. Eva Martha Eckkrammer (Universität Mannheim) und zu Stellvertretenden Vorsitzenden Prof.Dr. Peter Kuon (Universität Salzburg) und Robert Hesselbach, M.A. (Universität Würzburg). Vorstandsmitglied für Öffentlichkeitsarbeit ist weiterhin Dr. Harald Völker (Universität Zürich), zum Schatzmeister wurde gewählt Dr. Roberto Ubbidiente (Humboldt-Universität zu Berlin). (Red.) Deutsche Dante-Gesellschaft - Neuer Vorstand Vom 11.-13. Oktober 2013 fand die diesjährige Jahrestagung der Deutschen Dante- Gesellschaft in Krefeld-Uerdingen statt. Bei der in diesem Rahmen abgehaltenen Mitgliederversammlung wurde ein neuer Vorstand gewählt. Neuer Vorsitzender ist Prof.Dr. Rainer Stillers, Universität Marburg, Stellvertretender Vorsitzender Prof.Dr. Michael Schwarze, Universität Konstanz. Als Herausgeberin des Deutschen Dante-Jahrbuchs tritt Prof.Dr. Christine Ott, Goethe-Universität Frankfurt, in den Vorstand ein. Ebenfalls neu im Vorstand sind die Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit Dorothea Kraus (Eichstätt) und die Geschäftsführerin Wilma Estelmann (Wiesbaden). Schriftführer bleibt Dr. Thomas Brückner (Essen), Herausgeberin des Mitteilungsblattes Dr. Elisabeth Leeker (Dresden). (Red.) Eingegangene Bücher AA.VV.: Poeti scelti per il terzo millennio. Milano: Guido Miano Editore 2008. Antonello, Pierpaolo: Dimenticare Pasolini. Intellettuali e impegno nell’Italia contemporanea. Milano/ Udine: Mimesis Edizioni 2012 (Il Caffè dei filosofi, 36). Bruno, Giuseppe: Wenn die Fremde zur Heimat wird. Ein Gastarbeiterschicksal. Bearbeitet von Brigitte Forßbohm. Wiesbaden: Edition 6065 2012. Camerino, Giuseppe A.: Il «metodo» di Goldoni e altre esegesi tra Lumi e Romanticismo. Galatina (LE): Congedo Editore 2012 (=Pubblicazioni del dipartimento di filologia linguistica e letteratura dell’Università di Salento, Vol. 47). Dante Alighieri: Die Göttliche Komödie. Nacherzählt von Kilian Neuhaus. Köln: Verlag Dohr 2013. De Giuli, Alessandro/ Guastalla, Carlo/ Naddeo, Ciro Massimo: Nuovo Magari. Corso di Lingua e Cultura Italiana di livello intermedio e avanzato. B 2. Con attività video. Firenze: Alma Edizioni 2013. Ecritures de l’exil dans l’Italie médiévale. Etudes réunies et présentées par Anna Fontes Baratto et Marina Gagliano. Paris: Presses Sorbonne Nouvelle 2013 (=Arzanà. Cahiers de littérature médiévale italienne, 16 - 17). Geyer, Paul: Von Dante zu Ionesco. Literarische Geschichte des modernen Menschen in Italien und Frankreich. Band 1. Dante, Petrarca, Boccaccio, Machiavelli, Ariost, Tasso. Hildesheim/ Zürich/ New York: Georg Olms Verlag 2013. 2_IH_Italienisch_70.indd 145 30.10.13 09: 25 14 6 In bocca al lupo, ragazzi! Corso di italiano per la scuola secondaria di primo gradi (11-14 anni). Libro dello studente con Audio-CD. Quaderno di lavoro. Firenze: Alma Edizioni 2012. Incontri. Italienisches Lesebuch für die Oberstufe. Erarbeitet von Dorothee Fenner-Leeb, Anne-Rose Fischer, Andreas Jäger und Isabella Maurer. Bamberg: C.C. Buchners Verlag 2013. Langenscheidts Schulwörterbuch Pro Italienisch. Italienisch-Deutsch. Deutsch-Italienisch. Buch + online. München/ Wien: Langenscheidt 2013. Manzoni, Alessandro: Geschichte der Schandsäule. Aus dem Italienischen übersetzt von Burkhart Kroeber. Mit einem Vorwort von Umberto Eco und einem Nachwort von Michael Stolleis. Mainz: Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung 2012 (excerpta classica, XXVII). Mitteilungen des Dokumentationszentrums für Librettoforschung. Hrsg. von Albert Gier, Universität Bamberg, Nr. 23/ Juni 2013. Parisi, Luciano: Uno specchio infranto. Adolescenti e abuso sessuale nell’opera di Alberto Moravia. Alessandria: Edizioni dell’Orso 2013 (=L’infinita durata. Saggi e testi di letteratura italiana, 20). La parola scoscesa. Poesia e paesaggi di Luciano Cecchinel. A cura di Alessandro Scarsella. Venezia: Marsilio 2012 (Ricerche). Pirandello e la traduzione culturale. A cura di Michael Rössner e Alessandra Sorrentino. Roma: Carocci editore 2012 (=B iblioteca di testi e studi, 811). Schrader, Sabine: La Scapigliatura. Schreiben gegen den Kanon. Italiens Weg in die Moderne. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2013 (Studia Romanica, 176). Sereni, Vittorio: Poesie e prose. A cura di Giulio Raboni con uno scritto di Pier Vincenzo Mengaldo. Milano: Mondadori 2013 (Oscar Poesia). Austauschzeitschriften Babylonia. Rivista per l’insegnamento delle lingue. Fondazione Lingue e Culture, Comano (CH). 1/ 2013. Bibliographische Informationen zur neuesten Geschichte Italiens. Begründet von Jens Petersen. Hrsg. von Lutz Klinkhammer. Deutsches Historisches Institut in Rom/ Arbeitsgemeinschaft für die neueste Geschichte Italiens. Nr. 138/ März 2012. Esperienze letterarie. Rivista trimestrale di critica e di cultura. Pisa/ Roma: Fabrizio Serra Editore. 4/ XXXVII, 2012; 1 und 2/ XXXVIII, 2013. Italique. Poésie italienne de la Renaissance. Genève: Fondation Barbier-Mueller/ Droz 2012 (Nr. XV). Onde. Das italienische Kulturmagazin. Passau, Onde e.V. Nr. 39/ 20. Jahrgang, 2013. Zeitschrift für Romanische Sprachen und ihre Didaktik. Stuttgart: Ibidem Verlag. Heft 7,1 (Frühjahr 2013). Zibaldone. Zeitschrift für italienische Kultur der Gegenwart. Tübingen: Stauffenburg Verlag. Nr. 54, Herbst 2012 («Mailand»). Mitteilungen 2_IH_Italienisch_70.indd 146 30.10.13 09: 25 147 Mitteilungen Autorinnen und Autoren dieser Nummer Sieglinde Borvitz, Dr., Jun.-Prof., Universität Düsseldorf Antonio Catalfamo, Dott., Università di Cassino Michele Castellarin, Dr., Hum boldt-Universität Berlin Gerhild Fuchs, Prof.Dr., Universität Innsbruck Frank-Rutger-Hausmann, Prof.Dr., Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Bernhard Huß, Prof.Dr., Freie Universität Berlin Sven Thorsten Kilian, Dr., Universität Potsdam Caroline Lüderssen, PD Dr., Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Manuela Caterina Moroni, Dott., Università degli Studi di Trento Stephanie Nonn, OStR, Cornelius-Burgh-Gymnasium, Erkelenz Christine Ott, Prof.Dr., Goethe-Universität Frankfurt Edgar Radtke, Prof.Dr., Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Consiglia Recchia, Dott., Verbania Salvatore A. Sanna, Dott., Goethe-Universität Frankfurt Ottavio Saviano, StR, Lessing-Gymnasium, Köln Michael Schwarze, Prof. Dr., Universität Konstanz Franco Sepe, Dott., Universität Potsdam Bernd Spillner, Prof.Dr., Universität Duisburg-Essen Dieter Steland, Prof.Dr., Georg-August-Universität Göttingen Enrico Testa, Prof.Dott., Università degli Studi di Genova Dorothea Zeisel, Dr., Italienischlehrerin i.R., Weinheim 2_IH_Italienisch_70.indd 147 30.10.13 09: 25 2_IH_Italienisch_70.indd 148 30.10.13 09: 25 ESV basics Einführung in die italienische Literaturwissenschaft Von Marita Liebermann und Barbara Kuhn 2013, ca. 280 Seiten, ca. € (D) 19,95 ISBN 978-3-503-13792-3 Grundlagen der Romanistik, Band 26 Kostenfrei aus dem deutschen Festnetz bestellen: 0800 25 00 850 Die vorliegende Einführung ermöglicht die wissenschaftliche Annäherung an die italienische Literatur und eröffnet Wege zu literaturwissenschaftlichem Denken und Arbeiten. Das Ziel besteht darin, sowohl die facettenreichen Zusammenhänge, in denen Literatur steht, zu reflektieren als auch den Blick für zentrale Aspekte des Studiums zu schärfen. Zu diesem Zweck werden mittels zahlreicher Textbeispiele Möglichkeiten gezeigt, eine der reizvollsten Aufgaben der Literaturwissenschaft, die Textanalyse und -interpretation, anzugehen und so das erworbene Wissen praktisch und eigenständig anzuwenden und dabei zu erweitern. Weitere Informationen: www.ESV.info/ 978-3-503-13792-3 Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG · Genthiner Str. 30 G · 10785 Berlin Tel. (030) 25 00 85-265 · Fax (030) 25 00 85-275 · ESV@ESVmedien.de · www.ESV.info 2_IH_Italienisch_70.indd 149 30.10.13 09: 25 Narr Francke Attempto Verlag GmbH+Co. KG • Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen Tel. +49 (07071) 9797-0 • Fax +49 (07071) 97 97-11 • info@narr.de • www.narr.de JETZT BESTELLEN! Ursula Reutner / Sabine Schwarze Geschichte der italienischen Sprache Eine Einführung narr studienbücher 2011, XII, 256 Seiten €[D] 22,90/ SFr 32,90 ISBN 978-3-8233-6653-9 Dieses Lehrbuch bietet eine didaktisch aufbereitete Überblicksdarstellung zur italienischen Sprachgeschichte, die sich den Bedürfnissen der akademischen Lehre in den aktuellen Studiengängen mit italianistischem Profil anpasst. Es gibt eine Übersicht über die historischen Entwicklungsphasen vom Vulgärlatein bis zur Etablierung des Italienischen als voll funktionstüchtiger Nationalsprache. Im Anschluss an die für das Staatsexamen nach wie vor prüfungsrelevanten altsprachlichen Phasen wird verstärkt die neuere Sprachgeschichte ab 1800 berücksichtigt, was v.a. den Bedürfnissen in den Bachelor-Studiengängen entgegenkommt. Zusätzlich zur Entwicklung einer hauptsächlich literaturbasierten Schriftsprachnorm und deren Verbreitung über Schule und Massenmedien werden ausgewählte Diskurs- und Texttraditionen der italienischen Schriftkultur behandelt. Die Darstellung der historischen Rolle des Italienischen als europäischer Kultursprache trägt der immer bedeutender werdenden Verbindung von Sprache, Identität und Kultur für die Sprachgeschichtsschreibung Rechnung. 2_IH_Italienisch_70.indd 150 30.10.13 09: 25