Italienisch
0171-4996
2941-0800
Narr Verlag Tübingen
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2015
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Fesenmeier Föcking Krefeld OttInhalt Editorial: ‹Dante-Boom› im Kriminalroman (Tabea Kretschmann) . . . . . . . . . . . . . . 1 Un noir «impegnato»: a colloquio con Carlo Lucarelli . A cura di Stephanie Neu e Maria Zannini . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Beiträge zu Literatur, Linguistik und Landeskunde Marc Föcking, Serienmörder und Verschwörungstheorien . Warum Dante-Krimis so populär sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Christof Weiand, Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown . . . . . . . . . . 31 L’italiano in città Francesco Avolio, Osservazioni sull’«Alfabeto Aquilano» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Fondamenti di linguistica italiana Martin Becker, Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale . . . . . . 62 Sprachecke Italienisch Neapolitanisierung mal ganz anders… (Sara Matrisciano, Margherita Maulella) . . . 86 Zur Praxis des Italienischunterrichts Christoph Lehner / Isabella von Treskow, Disputare - Didatticare - Dimostrare: Ein Unterrichtsentwurf aus dem Pilotprojekt Wissenschaft-Schule-Kooperation im Fach Italienisch an der Universität Regensburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Andrea Urban, «Lavoro a tappe» als Beitrag zu einem kompetenzorientierten Italienischunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Buchbesprechungen Giorgio Galli: Pasolini. Der dissidente Kommunist; Fabien Kunz-Vitali: . . . . . . . . . 123 Pier Paolo Pasolini: Vom Verschwinden der Glühwürmchen; Reinhold Zwick: Passion und Transformation. Biblische Resonanzen in Pier Paolo Pasolinis «mythischem Quartett» (Edipo Re, Teorema, Porcile, Medea); Ricarda Gerosa: Pasolini Romantico; Pasolini intermedial (Angela Oster) Enrico Testa: L’italiano nascosto. Una storia linguistica e culturale (Giulia Angelini) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Kurzrezensionen Peter Gendolla: Die Erfindung Italiens (Friedrich Wolfzettel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Deutschland - Italien. Aufbruch aus Diktatur und Krieg (Mario Marino) . . . . . . . . 140 Jobst C . Knigge: Angst vor Deutschland - Mussolinis Deutschlandbild (Frank-Rutger Hausmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Nicola Badolato: I drammi musicali di Giovanni Faustini per Francesco Cavalli (Alessandra Origgi) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Adalgisa Giorgio (a cura di): «Non sto quindi a Napoli sicura di casa». Identità, spazio e testualità in Fabrizia Ramondino (Franco Sepe) . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Franco Sepe: La cornetta del postiglione (Alessandro Baldacci) . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Italienische Themen an den Hochschulen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz im Wintersemester 2015/ 2016 (Caroline Lüderssen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 2_IH_Italienisch_74.indd 1 16.11.15 07: 55 Vorschau auf Italienisch Nr. 75 - Mai 2016 «‹Non una sinfonia di Mahler, ma un’improvvisazione di Charlie Parker›: a colloquio con Umberto Eco intorno a Numero zero» A cura di Thomas Stauder Die Biblioteca poetica wird fortgesetzt 2_IH_Italienisch_74.indd 2 16.11.15 07: 55 1 ‹Dante-Boom› im Kriminalroman Seit Beginn der 1990er Jahre manifestiert sich ein neues Phänomen in der Dante- Rezeption: International erschien eine ganze Reihe von ‹Dante-Krimis› In den Dante-Krimis werden Dante Alighieri und die Divina Commedia in verschiedenster Weise in fiktive Romanhandlungen eingebunden: In einem historisierenden Zugriff wird beispielsweise Dante selbst zu einem Detektiv, der Kriminalfälle in Florenz aufklärt und nebenbei Ideen für Episoden seines Hauptwerks erhält (G Leonis Tetralogie Dante Alighieri indaga, 2000-2014); Dante kommt dem Geheimnis des Mordes an Paolo und Francesca auf die Spur (F Fioretti: La profezia perduta di Dante, 2013); oder Dantes Tochter erforscht nach seinem Tod, woran ihr Vater wirklich gestorben sein mag (ders .: Il libro segreto di Dante, 2012) Es werden mysteriöse Fälle um fiktive, in der Gegenwart wiedergefundene Autographen des Dichters gesponnen (N Tosches: In the Hand of Dante, 2000; Patrizia Tamà: La quarta cantica, 2010) Die Divina Commedia wird zu einer Art Reiseführer, um gestohlene Reliquien wiederzufinden (M Asensi: El último Catón, 2001) oder die Unfruchtbarmachung eines größeren Teils der Weltbevölkerung mittels eines ‹Pathogens› zu verhindern (D Brown, Inferno, 2013) Und es geht um Morde, die von Dantes Inferno inspiriert sind (M Pearl: The Dante Club, 2003; A Delalande: Le piège de Dante, 2006) Warum aber tauchen nun Dante und die Divina Commedia ausgerechnet in Krimis als prototypischem Genre der Unterhaltungsliteratur auf - nachdem der komplexe Klassiker vorher allenfalls in Werken der ‹hohen› Literatur wie Joyce‘ Ulysses oder Solschenizyns Der erste Kreis der Hölle intertextuell präsent war? Dazu lassen sich einige Erklärungsansätze in Erwägung ziehen: Das Inferno mag mit seiner plastischen Beschreibung der Höllenstrafen Anreiz geben, manch ein Motiv als Vorbild für grausame Mordserien heranzuziehen Die Tatsache, dass Dantes Leben nur bruchstückhaft überliefert ist und kein Autograph seines wichtigsten Werks existiert, mag ebenfalls die Fantasie zur fiktiven Ausschmückung anregen Geheimnisvoll wirkende Zahlenmystik und die allegorische Anlage der Dichtung mögen dazu beitragen, gänzlich fiktive Lesarten des alten Textes zu entwerfen Daneben dürften aber auch größere kulturelle Entwicklungen eine Rolle spielen: Zum einen bahnten (post) postmoderne ästhetische Ansätze eine zunehmende Verschmelzung von Hoch- und Populärliteratur an; das Spiel mit Zitaten wurde zu einem signifikanten Gestaltungselement Zum anderen erlebt Dante ohnehin gerade einen ‹Boom› und ist bei Dante- Lesungen und Festivals, bei Musicals, Tanz und Theatern, in Filmen, Computerspielen, Comics und auf Alben von Hardrock-Bands schier omnipräsent Die Dante- Krimis scheinen auch Teil dieses sich selbst verstärkenden Trends zu sein Für Italien darf noch ein weiterer Aspekt angeführt werden: Wo Generationen von Schülern in meist ehrfürchtiger akademischer Trockenheit die Divina Commedia als Nationalepos nahegebracht wurde, kann man von einem gewissen Entlastungseffekt ausgehen, den u .a die Krimis von Leoni bieten, in denen durchaus humoristisch die Entstehungshintergründe des opus magnum (re)konstruiert werden Insgesamt dürfte bei den meisten Krimi-Lesern das Vorwissen über Dante und sein Werk eher marginal sein Ob nach der Krimi-Lektüre jemand tatsächlich zum Originaltext greift, ist eher fraglich In jedem Fall dürfte aber mit den Dante- Krimis die Wahrnehmung von Dante als einer Ikone und der Divina Commedia als einem Klassiker im kollektiven Gedächtnis weiter verankert werden 2_IH_Italienisch_74.indd 1 16.11.15 07: 55 2 Un noir ‹impegnato›: a colloquio con Carlo Lucarelli A cura di Stephanie Neu e Maria Zannini Scrittore affermato, ma non solo: sceneggiatore, commediografo, cronista di nera, autore e conduttore di programmi televisivi di successo, docente di scrittura creativa, protagonista lui stesso di una serie di fumetti (Cornelio - delitti d’autore), vincitore di diversi premi letterari… Carlo Lucarelli non ha certo bisogno di presentazioni . La sua grande versatilità oltre a trovare espressione in un’intensa attività televisiva - iniziata nel 1998 - che abbraccia vari format (uno per tutti la trasmissione televisiva Blu notte - Misteri italiani), si manifesta anche nel suo opus letterario, molteplice e differenziato . Nato a Parma nel 1960, Carlo Lucarelli esordisce con il giallo storico Carta bianca (1990), cui hanno fatto seguito - fino a oggi - più di 50 opere, che spaziano dai racconti, ai fumetti, alle graphic novel, ai ‹radiogialli›, ai gialli storici, fino ai noir e ai polizieschi . Lucarelli è autore anche di romanzi collocabili nell’ambito del surreale e dell’horror, di gialli per ragazzi e di opere di carattere saggistico, come una serie di volumi su serial killer, omicidi e lavoro forense, realizzata insieme al criminologo Massimo Picozzi Denominatore comune della sua produzione è un’attenzione particolare ai più diversi registri linguistici e di stile, anche non codificati, e la costante ricerca di moduli narrativi originali che sanno produrre un continuo effetto di sorpresa . Colpisce, ad es ., per le sue inusuali descrizioni dettagliate e sinestetiche di suoni e colori, Almost Blue (1996), un thriller-noir che vede come protagonisti l’ispettrice ‹seriale› Grazia Negro e Simone, non vedente e unico testimone di un omicidio . Frequenti sono i riferimenti intermediali a brani musicali, 1 che fanno da «metafora sonora dell’anima del romanzo, dei sentimenti che voglio raccontare» - ci confida Lucarelli -, come ne Il sogno di volare (2014), che è anche un titolo del cantautore Andrea Buffa, il tributo alla morte sul lavoro di un immigrato L’intervista, condotta da Stephanie Neu e Maria Zannini (Università di Mannheim), si inserisce nel quadro del progetto di ricerca Fattualità letteraria, identità letteraria. Letteratura postcoloniale e transculturale italofona, suoi autori e loro ricezione nel discorso (mediatico) pubblico. Le domande sono rivolte soprattutto al Carlo Lucarelli esponente di spicco del nuovo noir anni ’90 e riguardano le sue indagini sulla realtà ‹oscura›, svolte da punti di vista inusuali e capaci di aprire nuove prospettive sull’Italia di ieri e di oggi Domanda: Il noir, inteso come giallo incentrato sulle piaghe aperte, ma recondite, della società - e non sul classico whodunit - continua a godere di un enorme successo editoriale Sosterrebbe anche Lei, con Massimo Carlotto, che questo genere, in Italia, ha ormai preso il posto del giornalismo investigativo, svelando la verità su fatti di cronaca e politica nella veste di racconto finzionale? Carlo Lucarelli Sono d’accordo con Massimo Carlotto, anche se noi narratori facciamo un mestiere diverso rispetto ai giornalisti Noi raccontiamo spesso cose che non 2_IH_Italienisch_74.indd 2 16.11.15 07: 55 3 A colloquio con Carlo Lucarelli sono state ancora raccontate ma il nostro compito, più che informare direttamente, è mettere in scena dei meccanismi credibili che ci facciano riflettere su come potrebbero andare le cose (che molto spesso coincide con come sono già andate) È quello che cerco di fare con i miei romanzi, cerco di rispondere alle domande che la realtà mi pone attraverso una messa in scena di meccanismi Il problema è che la forma romanzo non viene mai presa troppo sul serio e quando chiudiamo il libro tendiamo a dimenticarci di quello che ci ha detto L’ideale sarebbe tenere sveglio il lettore tre notti di seguito: la prima perché deve finire il libro, la seconda a chiedersi se davvero succedono certe cose, la terza a chiedersi cosa si può fare per cambiarle Le mie tematiche sociali sono tante: la violenza, la corruzione, la criminalità organizzata, il rapporto con la storia, il fascismo latente… Le migrazioni sono un fenomeno del tempo che mi pone domande a cui ancora non so rispondere e che stanno entrando in quello che scrivo D.: Perché il noir si presta particolarmente bene a questo tipo di ‹racconto della verità›? Lucarelli Perché il noir è un racconto che parla delle cose che non funzionano e fa una serie di domande sul perché accadono Ci sono sempre un ‹Uomo che Cerca› e un ‹Uomo che Nasconde› e dal loro confronto nasce l’analisi dei meccanismi che si muovono nella metà oscura del mondo Che è poi la metà più importante perché è da lì che vengono i condizionamenti della nostra vita Soprattutto in Italia, dove potrei scrivere un romanzo dei miei su qualunque argomento, dal cibo, al calcio, alla politica Se guardiamo alla nostra storia recente, i più grandi cambiamenti in Italia sono avvenuti perché è stato ammazzato qualcuno (Enrico Mattei, Aldo Moro…) o perché qualcun altro è finito in galera (il 1992 di Mani Pulite, per esempio) D.: In che rapporto si pongono, nei Suoi romanzi, fatti (di cronaca)/ ‹verità› storica e finzione? Lei indulge, ad es ., in descrizioni minuziose di dettagli, fotografie, riporta documenti (il verbale di un interrogatorio)… Questi elementi, anche quando non sono autentici, fungono da ‹prove› della veridicità del racconto? Lucarelli Noi siamo quelli che dicono i nomi delle strade È una definizione di scrittore noir che ho sentito una volta Noi raccontiamo storie che sembrano incredibili, piene di eventi eccezionali e di snodi misteriosi, e per renderle credibili non basta dire che così è la vita, dove ne succedono anche di peggio, abbiamo 2_IH_Italienisch_74.indd 3 16.11.15 07: 55 4 A colloquio con Carlo Lucarelli bisogno di agganciarci a dettagli reali, addirittura iperrealisti Quando Edgar Allan Poe scrive quello che viene considerato il primo giallo della letteratura lo intitola I delitti della Rue Morgue [1841], che esiste e sta lì, a Parigi, fatta così In questo modo la storia di uno scimmione assassino non è più una favola fantastica ma un fatto di cronaca Così faccio anch’io La realtà mi colpisce (i morti della Uno Bianca 2 , a Bologna, città fino ad allora di tortellini e musica; la criminalità organizzata al nord radicata da anni; il dramma della migrazione in un paese che è stato assurdamente colonialista…) e allora invento una storia che possa indagarla Lo spunto di cronaca è solamente l’inizio e di solito lo perdo subito per correre dietro ai personaggi Nei romanzi storici il dettaglio diventa ancora più importante per rendere l’atmosfera dell’epoca e di come veniva vissuta allora Nei giornali di allora - quando ci sono - più che le notizie di prima pagina vado a vedere le pubblicità D.: Nell’ambito del dibattito sulla letteratura italiana contemporanea, cui ha partecipato il collettivo di scrittori Wu Ming con il memorandum sul New Italian Epic 3 (2008), si è tornati a parlare di responsabilità dello scrittore Vede anche Lei questo comeback di una letteratura che ‹serva› a qualcosa? Le Sue opere potrebbero definirsi ‹impegnate› in questo senso? Lucarelli L’‹impegno› di uno scrittore è scrivere più sinceramente che può e quando la sua scrittura investe tematiche sociali, politiche, storiche o anche psicologiche - insomma, quei fatti che fanno venire le domande -, ecco che lo scrittore diventa ‹impegnato› Il noir, in questo momento - quando appunto è sincero e non di moda -, è impegnato per definizione dal momento che denuncia e critica quello che non funziona o che vorrebbe essere tenuto segreto In questo senso mi ritengo uno scrittore impegnato, in ogni mio romanzo la realtà problematica salterebbe fuori anche se non volessi D.: Secondo Wu Ming lo scrivere non è mai una faccenda puramente personale, ma un lavoro d’équipe Tramite iniziative quali la Bottega Finzioni 4 , anche Lei insegue quest’idea di scrittura collettiva? Lucarelli Ci sono alcune forme di scrittura che sono collettive per necessità (la sceneggiatura, per esempio, i format televisivi) e tante altre che possono esserlo a seconda del carattere di chi le pratica I Wu Ming riescono benissimo a scrivere letteratura in forma collettiva, io non ci riuscirei e le poche cose che ho fatto a quattro mani (come il romanzo con Camilleri) 5 sono di natura molto particolare La Bottega Finzioni, che si occupa di progetti concreti svi- 2_IH_Italienisch_74.indd 4 16.11.15 07: 55 5 A colloquio con Carlo Lucarelli luppati sia in forma di studio didattico che come realizzazione pratica, ha questa vocazione ‹collettiva› che io seguo con grande interesse, anche se come scrittore resto per ora un ‹solitario› D.: Tornando all’impegno letterario, in Italia si comincia a parlare anche di colonialismo, spesso con mezzi letterari insoliti, come in Timira (2013) di Antar Mohamed e Wu Ming 2 Per quale motivo anche Lei ha scelto di affrontare questa tematica e perché tramite il genere del giallo/ noir? 6 Lucarelli Ho cominciato ad occuparmi di storia coloniale perché non ne sapevo abbastanza, anche se avrei dovuto conoscerla meglio visto che me la trovavo attorno tutti i giorni, nei nomi delle strade e delle piazze, per esempio Io sono nato in piazzale Bottego numero 2, a Parma, e per i primi anni della mia vita ho avuto davanti il faccione di pietra di Vittorio Bottego, esploratore e non solo, morto in Etiopia nel 1897 Per anni ho avuto un immaginario più vivido e completo sul generale Custer o su Sandokan che su uomini come lui che avrebbe potuto essere mio bisnonno Poi, come spesso succede, tutta questa semi-ignoranza e tutto questo non-immaginario sono diventati urgenti con le guerre del Golfo e con le tragedie dell’immigrazione: soldati italiani oltre mare a ‹esportare la democrazia› (allora si diceva ‹la civiltà›) e persone con volti e nomi che avrei dovuto conoscere bene e che invece sembravano marziani Personalmente ho sentito il bisogno di costruirmi un universo di sensazioni oltre che di nozioni e il mio modo di farlo è quello di scrivere romanzi che mettano in scena quelle sensazioni e quelle nozioni Ho scelto il noir perché sono soprattutto uno scrittore di noir e perché il racconto della metà oscura delle cose e del loro contesto criminale è purtroppo uno dei mezzi più adeguati per raccontare la storia d’Italia, allora come oggi D.: La Sua ricostruzione si basa su documenti storici oppure si è ispirata a un immaginario cinematografico/ letterario italiano, ma non solo? Lucarelli Non avevo un vero e proprio immaginario letterario o cinematografico sul periodo I film sono pochi e quasi tutti di ambientazione straniera (il colonialismo al cinema è inglese o francese) e così anche i romanzi (uno dei più recenti era Tempo di Uccidere di Flaiano [1947]) Ho letto molto, sia i saggi storici che in quel periodo stavano uscendo in gran numero, sia i tantissimi memoriali scritti dai testimoni dell’epoca, che fossero protagonisti come il governatore Martini o umilissimi soldati e lavoratori Ho visto immagini e disegni e soprattutto sono andato in Eritrea e a Massaua parecchie volte, a 2_IH_Italienisch_74.indd 5 16.11.15 07: 55 6 A colloquio con Carlo Lucarelli ‹sentire› fisicamente odori, suoni, colori (e anche ‹calori›, soprattutto con i 50° di Massaua e della Dancalia) D.: Ne L’ottava vibrazione (pp 60-61) Lei mette in bocca ai personaggi le motivazioni ufficiali e latenti alla base dell’avventura coloniale dell’Italia liberale: «dare sfogo alle plebi diseredate d’Italia»; «Prestigio nazionale, […] a parte la Svizzera, eravamo l’unica nazione civile a non avere una colonia oltremare»; «Missione morale, dobbiamo insegnare a questi selvaggi a portare le scarpe e a non andare in giro con gli attributi all’aria»; «Io sono un imprenditore […] mi interessa di più l’aspetto economico» Franco Manai 7 ci ricorda, inoltre, che «Gramsci ha […] parlato di ‹imperialismo passionale, oratorio, senza alcuna base economico-finanziaria›» Che peso hanno avuto, secondo Lei, questi singoli fattori? Oppure, per dirla con Flaiano, l’Africa è stata piuttosto «lo sgabuzzino delle porcherie» dove «si va a sgranchirsi la coscienza»? Lucarelli Tutte queste cose insieme Mentre scrivevo (e, prima, mentre leggevo) avevo in mente una frase che poi non sono più riuscito a trovare, ma che nei miei ricordi attribuisco ad un osservatore francese: voi italiani siete venuti in Africa senza sapere cosa fare e comunque non avreste i soldi per farlo Da questo punto di vista l’avventura coloniale italiana è stata improvvisata, stracciona e assolutamente disorganizzata Qualcuno è certamente andato laggiù con in testa le illusioni prima citate e ci ha anche creduto per molto tempo, ma era una situazione persa in partenza e quello che è successo ad Adua e soprattutto dopo ne è stata la più ampia dimostrazione Da un altro punto di vista, invece, l’organizzazione e il calcolo ci sono stati, eccome: per distrarre l’opinione pubblica dai problemi interni e per creare una splendida opportunità di lucro Sia l’uno che l’altro punto di vista sono molto ‹italiani› e illustrano parecchi dei nostri problemi attuali Studiati per tempo, forse, sarebbero serviti a prevenirli D.: Franca Sinopoli 8 definisce Un mattino a Irgalem (2001) di Davide Longo e il Suo L’ottava vibrazione «narrative imitative di quelle di argomento coloniale», in cui si ritrovano, secondo la studiosa, gli stereotipi tipici di un ordine del discorso «razzista e derivativo dell’epoca coloniale» per le modalità in cui sono resi i personaggi, spesso ritratti «in modo banalizzato e caricaturale, con una inquietante predilezione per la dimensione animalesca» Non si tratterebbe, dunque, di letteratura postcoloniale, la quale parte, invece, da una rivisitazione di quegli stessi ‹luoghi comuni› Come si pone Lei di fronte a critiche di tal genere? In che cosa si distingue la Sua ‹opera coloniale› dalla 2_IH_Italienisch_74.indd 6 16.11.15 07: 55 7 A colloquio con Carlo Lucarelli letteratura postcoloniale, dalle intenzioni e dalla prospettiva di altri autori che narrano le ex-colonie nel Corno d’Africa, quali Erminia Dell’Oro, Wu Ming 2 e Anthar Mohamed, Ribka Sibhatu, Gabriella Ghermandi et al .? Lucarelli Non sono d’accordo con le legittime e anche utili osservazioni di Sinopoli Di queste e di altre che ho letto ho tenuto conto per riflettere su quello che avevo scritto e anche per quello che sto scrivendo, come è giusto che sia Però non sono d’accordo Io ho scritto un romanzo corale che è soprattutto - se non quasi unicamente - una storia italiana E di italiani di allora Gli stereotipi di cui si parla sono quelli di cui gli italiani di allora vivevano e attraverso quelli prendevano contatto con la realtà africana ed eritrea La mia intenzione era mettere in scena quegli italiani e farli scontrare con la realtà uscendone tutti - tranne uno, il soldato Sciortino, che di stereotipi non ne ha - in un modo o nell’altro perdenti Non ho scritto di eroici soldati, affascinanti avventurieri col mal d’Africa ed esotiche bellezze - quelli sono gli stereotipi - ma di fanatici, illusi, ladri e assassini, alcuni dei quali si illudevano di incarnare lo stereotipo di cui sopra Tutti puniti da una realtà più forte e più concreta che in questo caso è l’Africa, con il Negus e il suo esercito, molto diversa da quella che i miei ferèngi 9 credevano di trovare Che, ripeto, sono soprattutto italiani, e italiani di allora, quando chiunque, anche il più illuminato anticolonialista, egualitario, umanista e pure anarchico avrebbe detto ‹negro› e mai ‹nero›, per indicare un africano, con tutte le limitazioni e tutto il ‹fardello dell’uomo bianco› (in termini di pregiudizi e non di civilizzazione) che comporta Per quanto riguarda gli altri autori citati, siamo tutti diversi con storie, presupposti e intenzioni diverse Semmai mi ritrovo più vicino agli esempi di New Italian Epic, rappresentati dai Wu Ming D.: Se in L’ottava vibrazione ricorrono rappresentazioni stereotipate dell’‹altro› africano, in particolar modo delle donne, che assumono in genere tratti animaleschi, con la sottolineatura del loro carattere istintivo - una per tutte Aicha, «la cagna nera» -, in Albergo Italia pare invece dominare quella «eguaglianza di trattamento per i personaggi di ogni sesso, età, razza e nazionalità» di cui parla F Manai, basti pensare al coprotagonista, il carabiniere indigeno bulùk bashi Ogbà In Ferengi sembra aver luogo addirittura un ribaltamento dell’immaginario: qui è un ferèngi ad assumere tratti animaleschi - il vecchio barone Caraffa malato di sifilide (contagiato dalle «sue negrette»), «la iena», che miagola, rantola, ringhia, allarga «le narici come un cavallo» Si potrebbe affermare che, maturando un’evoluzione di prospettiva, Lei si sia progressivamente scostato da una rappresentazione dell’Africa esotizzante, ovvero, per usare le parole di Alessandro Triulzi, 10 «fortemente italocentrica vista ancora una volta dal punto di vista dei colonizzatori»? 2_IH_Italienisch_74.indd 7 16.11.15 07: 55 8 A colloquio con Carlo Lucarelli Lucarelli No, di nuovo rispetto ma non condivido la constatazione Mi spiego: L’ottava vibrazione voleva essere quella storia che ho detto: storia di italiani in colonia Anche le donne di cui ho raccontato in quel romanzo passano attraverso quella lente, che è la stessa che ho letto in molti memoriali Nel colonialismo italiano prima e poco dopo Adua, che il mio romanzo voleva rappresentare, c’era pochissimo spazio per le donne e meno ancora per le donne eritree, relegate, nei loro contatti con i ferèngi, al ruolo di madame, serve, prostitute o streghe È all’interno di questo contesto che si muovono ed è lì dentro che devono ricavare il proprio spazio (e nel mio romanzo alcune se la cavano molto meglio degli uomini, ferèngi o abeshà 11 che siano) Nel mio romanzo di spazio ne hanno ancora meno trattandosi soprattutto, appunto, di una storia di cattivi italiani (in questo senso concordo pienamente con il fatto che sia «fortemente italocentrica vista ancora una volta dal punto di vista dei colonizzatori»: è proprio quello che volevo fare) Per quanto riguarda i tratti animaleschi sono tipici del mio modo di scrivere e non credo di averli attribuiti soltanto alle donne abeshà, anzi: ringhiare, ruggire e anche miagolare lo fanno tutti nei miei romanzi Nel caso specifico di Aicha, poi, «la cagna nera» è un nome attribuitole dai ferèngi come Vittorio, il cui immaginario è quello e soltanto quello, ed è un limite loro, non suo, che utilizza i loro desideri per ottenere quello che vuole Il suo carattere è istintivo secondo il punto di vista dei bianchi, non dal suo, che sa bene quello che vuole e come ottenerlo Non parlerei poi di carattere animalesco e istintivo per altri due personaggi africani come Ahmed e Gabrè, che hanno tutti e due una precisa consapevolezza politica Quando ho scritto Ferengi avevo lo stesso immaginario e quasi gli stessi personaggi de L’ottava vibrazione Soltanto, era una storia più piccola e diversa La protagonista femminile è una specie di accabadora tipica della tradizione sarda, che mi aveva colpito e che volevo riprodurre nel mio mondo coloniale, di nuovo una storia di italiani cattivi Albergo Italia è venuto dopo e con quello ho cercato coscientemente di passare anche dall’altra parte grazie al grimaldello offertomi dalla figura di Ogbà In questo senso sì che si tratta di un’evoluzione che passa attraverso la mia storia personale Ogbagabriel Ogbà è il nonno di mia moglie, che è eritrea, ed è cercando di far parlare e agire lui che ho scoperto tante cose sul mio personaggio - prima fra tutte che tra il capitano Colaprico (che conosce solo il mondo dei ferèngi e la lingua dei t’liàn) e lui (che è costretto a conoscerli tutti e due i mondi e le lingue), il vero Sherlock Holmes è Ogbà Prima non mi sarei mai permesso di entrare, se non marginalmente come ho fatto, nella testa di personaggi che non fossero italiani Adesso che ho una famiglia per metà eritrea, che ho due figlie per metà ferèngi e per metà abeshà, e che 2_IH_Italienisch_74.indd 8 16.11.15 07: 55 9 A colloquio con Carlo Lucarelli vado e vengo dal paese, mi permetto di avvicinarmi un po’ di più Solo un po’, però, nelle foto di famiglia resto comunque ‹l’unico ferèngi nella fotografia› Si tratta comunque di un’evoluzione (deve essere così), anche se considero quei libri (a cui aggiungo Sotto la Luna (2011), uscito sempre per il Corriere della Sera, come Ferengi) tappe indipendenti e compiute D.: Il racconto Ferengi si chiude con «Era brutta gente quella, brutta gente, che qui ci stava male E se non l’ami l’Africa, non te la meriti .» (p 53) Lei racconta senza veli una realtà coloniale contrassegnata da misfatti, corruzione, truffe, perversioni, razzismo, avidità e sfruttamento partecipando, così, a quel processo di revisione del passato cui storici come Nicola Labanca e Angelo Del Boca hanno dato un contributo decisivo, smascherando - dati d’archivio sui gravi crimini compiuti alla mano - la retorica degli «italiani brava gente» Secondo Lei l’opinione pubblica italiana è pronta e (ben)disposta a intraprendere un percorso culturale pienamente postcoloniale, a rivedere, cioè, un ordine del discorso autoassolutorio se non addirittura di rimozione della memoria collettiva (vedi il monumento a Graziani) 12 ? Quale ruolo potrebbe svolgere la fiction in tal senso, e soprattutto il giallo/ noir? Lucarelli L’opinione pubblica non lo conosce proprio quel periodo, per cui è facile farla indulgere nello stereotipo (quello sì) di italiani brava gente e far passare oscenità come il monumento a Graziani, contestato dalla maggior parte dei contrari più in quanto ‹semplicemente› fascista che non specificamente criminale di guerra, proprio perché di quei crimini non è a conoscenza Per fare un esempio sulla disinformazione e sulla mancanza di un immaginario specifico, quando dicevo che stavo scrivendo un romanzo ambientato ‹alla fine dell’Ottocento›, nel ‹primo› colonialismo italiano, ‹a cavallo di Adua, 1896›, in molti mi dicevano che ero tornato alle ambientazioni fasciste di Carta Bianca Ma non solo: se a Lampedusa sbarca Asmarèth di Mendeferà, noi non solo non sappiamo in che pianeta stia Mendeferà ma neanche se il nome Asmarèth si riferisca ad un uomo o a una donna, mentre sono luoghi e persone di cui abbiamo condiviso la storia (nel bene e nel male) per più di settanta anni Forse sapere da tempo che Asmarèth è una donna e conoscere il luogo da cui viene e in cui magari ha vissuto nostro nonno potrebbe aiutarci a risolvere meglio e con più rispetto gli attuali problemi delle migrazioni In questo senso la narrativa può contribuire alla creazione di un immaginario che ci familiarizzi con le cognizioni storiche che ci mancano e ci spinga a formarcele, con le riflessioni che ne possono conseguire Il noir è sempre in grado di raccontare la storia italiana, non solo per le sue capacità di avvincere il lettore, ma proprio perché è la nostra storia ad essere molto noir 2_IH_Italienisch_74.indd 9 16.11.15 07: 55 10 A colloquio con Carlo Lucarelli D.: «Era proprio così, l’Italia Come oggi» è il commento di copertina ad Albergo Italia E proprio come l’Italietta colonialistica - «il capofuriere Russo è talmente abituato a parlare così che non ci ha pensato neppure che potesse essere offensivo, negretto, per lui era solo un dato di fatto» (p 109) - l’Italietta contemporanea non conosce regole di political correctness rispetto a un ordine del discorso razzializzante, vedi gli insulti rivolti alla ministra Kyenge, riportati pedissequamente dalla stampa Sono gli effetti di lungo periodo di una ‹mancata Norimberga›? Nella contingenza dell’attuale ‹emergenza immigrazione›, l’«interfaccia con gli ex ‹nativi› diventati immigrati», per dirla con Triulzi, non dovrebbe far scattare nelle istituzioni italiane un senso ancor maggiore di solidarietà, in considerazione di una responsabilità storica? Lucarelli Noi italiani abbiamo enormi responsabilità A parte i massacri e i soprusi che accompagnano necessariamente ogni esperienza coloniale, noi abbiamo fin dall’inizio impedito la nascita di una classe dirigente abeshà escludendo scientificamente gli eritrei dagli studi e dai quadri minimamente dirigenziali Il governatore Martini ancora alla fine dell’Ottocento diceva che un’aberrazione come quella che gli inglesi permettevano in India, dove un indiano poteva dirigere un ufficio del telegrafo, da noi non doveva accadere Meccanici, camerieri e soldati, e niente di più Abbiamo costruito strade e case - come dicono i nostalgici - ma lo abbiamo fatto per noi E quando sono arrivati i fascisti ci siamo rimessi in pari con i peggiori colonialismi a livello di massacri e di apartheid Poi, a livello istituzionale, siamo più o meno spariti, impegnati a farci dimenticare Adesso arriva Asmarèth da Mendeferà e non sappiamo neanche chi è, mentre potremmo avere un rapporto molto più stretto e consapevole e un rispetto, di più, un affetto e una tenerezza, ora fraterni Forse una Norimberga coloniale avrebbe aiutato Ma vale per tutta la storia italiana, sempre liquidata troppo in fretta e col minor grado possibile di assunzione di responsabilità D.: Aicha «la cagna nera»; «Questa è la terra dell’ottava vibrazione dell’arcobaleno: il Nero»; Ferengi «racconto nero»; Balotelli: italiano, (ma) nero; Cécile Kyenge: neoministro di colore L’Italia postcoloniale riuscirà mai a oltrepassare quella sottile ‹linea del colore›? Per quanto ancora la ‹norma somatica bianca› e la conseguente svalutazione della nerezza continueranno a definire il campo semantico dell’italianità? Lucarelli Una sera ero a cena con quella che poi sarebbe diventata mia moglie, ci stavamo conoscendo e io le stavo spiegando cosa significava essere un autore di noir: notte, morte, disperazione, crimine… così all’improvviso lei mi ha detto: 2_IH_Italienisch_74.indd 10 16.11.15 07: 55 11 A colloquio con Carlo Lucarelli ma perché tutte queste cose brutte con il nero che è un colore così bello? È vero, è un bel colore (e per me da allora è ancora più bello perché è il suo) Molte delle nostre definizioni derivano dalla nostra cultura storica e sono occidentali (per esempio ai funerali da noi ci si veste di nero, in Eritrea di bianco, da cui deriva un diverso colore della morte) e l’abitudine a vedersi attorno facce bianche fa vedere come strane quelle nere La parola chiave, però, è ‹abitudine›: quando la nostra società, superati i traumi del passaggio, sarà giustamente e meravigliosamente colorata dalla generazione delle mie figlie (che stanno in un asilo di paese pieno di ‹Balotelli› e di ‹Kyenge›, ma anche di Disini, Ahmed e Yuan, tutti italiani come loro) voglio sperare che i colori saranno usati solamente per quello che significano Non più ‹nero come la morte›, magari, che richiama retroterra culturali occidentali ma ‹nero come la notte›, sì, perché in effetti la notte è nera perché è buia e magari fa paura solo per quello Restando agli esempi citati come indice di ‹biancocentrismo›: «la cagna nera» è un epiteto razzista (e credo di averne spiegato le ragioni), Ferengi è un racconto nero perché noir e ne possiamo discutere, ma l’ottava vibrazione dell’arcobaleno è una definizione di Tsegaye Gabrè Medhin, poeta etiope, per cui il nero è il colore del capolavoro di Dio (e io intendevo usarlo in quel senso come una specie di risarcimento: l’Eritrea è un paese bellissimo ma io l’ho potuto descrivere solo attraverso il caldo, la disperazione e la morte, scusatemi) D.: Ha mai pensato di far tradurre la Sua ‹opera coloniale› per un pubblico africano? Quale risonanza potrebbe derivarne? Lucarelli Mi piacerebbe molto Non ho idea di come sarebbe recepito ma ne sarei curioso In Eritrea, vista la politica culturale dell’attuale governo, non sarebbe possibile In Etiopia credo che il mio giudizio sugli italiani e sulla loro politica coloniale sia abbastanza in linea con quello che ho letto degli storici e dei narratori etiopi D.: Intende portare avanti il filone del giallo storico incentrato sul colonialismo, magari proseguendo cronologicamente con l’imperialismo fascista? Lucarelli Sto finendo il seguito di Albergo Italia, con di nuovo il capitano Colaprico e il bulùk bashi Ogbà, e sto raccogliendo materiale per un altro tomo a L’ottava vibrazione ambientato ad Addis Abeba proprio durante i massacri che seguirono all’attentato a Graziani E anche quella sarà naturalmente una storia di italiani cattivi 2_IH_Italienisch_74.indd 11 16.11.15 07: 55 12 A colloquio con Carlo Lucarelli Note 1 Almost Blue è anche un pezzo interpretato da Chet Baker; Un giorno dopo l’altro (2000), sempre con Grazia Negro, fa invece riferimento a una canzone di Luigi Tenco 2 All’organizzazione criminale, che per i propri spostamenti utilizzava un modello di auto insospettabile, la Fiat Uno, è ispirato un giallo di Lucarelli, Falange armata (1993), ed è stata dedicata la 6ª puntata della 4ª stagione di Blu notte 3 Scaricabile in rete - http: / / www .carmillaonline .com/ 2008/ 09/ 15/ new-italian-epic-20/ (5 .7 .2015) - il memorandum contiene riflessioni su alcuni aspetti della produzione letteraria italiana a partire dal 1993 . Vengono segnalate opere di autori - anche molto diversi - che rivelano alcuni tratti in comune, tra cui il ritorno a una narrazione ‹seria› (in contrapposizione all’ironia distaccata, percepita come caratteristica di una scrittura postmoderna) e la completa abolizione dei - presunti - confini tra fiction e non-fiction . Si veda anche il contributo di Lucarelli: http: / / www .carmillaonline .com/ 2008/ 05/ 06/ literaryopera-evangelisti-e-lucarelli-sul-new-italian-epic/ (5 .7 .2015) 4 Struttura di formazione narrativa, di cui Carlo Lucarelli è socio fondatore e direttore didattico, all’interno della quale gli allievi lavorano a progetti su commissione o proposti a terzi . Cfr . http: / / www .bottegafinzioni .it/ index .php? page=Bottega (4 .7 .2015) 5 Il riferimento è ad Acqua in bocca (2010), in cui ‹collaborano› alle indagini l’ispettrice lucarelliana Grazia Negro e il noto commissario camilleriano Montalbano 6 L’ottava vibrazione (2008), ambientato nell’Eritrea del 1896, è un romanzo che coniuga elementi dell’horror, del noir e del surreale; nel racconto Ferengi (2008) troviamo descrizioni dettagliate di fotografie che ricordano - nella loro precisione - le tecniche narrative di Almost Blue; Albergo Italia (2014), realizzato in occasione del bicentenario dell’Arma dei Carabinieri, rappresenta invece una rivisitazione dei meccanismi narrativi del giallo ‹classico›, proponendo una coppia insolita di investigatori 7 Cfr . «Il colonialismo italiano in Ennio Flaiano, Luciano Marrocu e Carlo Lucarelli», in: S . Contarini/ G . Pias/ L . Quaquarelli (a cura di), Coloniale e Postcoloniale nella letteratura italiana degli anni 2000 - Narrativa, 33/ 34, 2011/ 2012, pp . 323-331 8 Cfr . «Riferimenti identitari italiani alla luce della rilettura postcoloniale», in: M . Kleinhans/ R . Schwaderer (a cura di), Transkulturelle italophone Literatur. Letteratura italofona transculturale, Würzburg: Königshausen & Neumann 2013, pp . 101-114 9 Appellativo usato in Eritrea ed Etiopia a indicare gli stranieri bianchi 10 Cfr . «Volti nascosti, storie rimosse . Voci a contrasto dell’Italia postcoloniale», in: C . Lombardi-Diop/ C . Romeo (a cura di), L’Italia postcoloniale, Milano: Le Monnier 2014, pp . 137-149 11 Eritrei/ etiopici, del posto 12 Nel 2012 la regione Lazio ha finanziato la costruzione di un mausoleo al generale Graziani, conferendo post mortem gli onori di eroe nazionale al responsabile di gravi crimini ed efferati massacri nella colonia d’Africa 2_IH_Italienisch_74.indd 12 16.11.15 07: 55 13 M ArC F ö C K i Ng Serienmörder und Verschwörungstheorien Warum Dante-Krimis so populär sind Eine Gruppe von Literaten aus Boston, die merkwürdige Parallelen zwischen grausamen Morden und dem Werk entdecken, das sie soeben übersetzen Eine an einer gigantischen Adlerstatue gekreuzigte schöne Sängerin, die einen plötzlich in die Rolle des Ermittlers gedrängten Politiker auf die Spur einer Untergrundgruppe und den Plan eines Mordanschlags auf den Papst bringt Ein berühmter Dichter und heimlicher Großmeister der Templer wird ermordet, um die Vollendung seines großen Werks zu verhindern Die Ermittler entdecken in diesem die Geheimbotschaft über den Verbleib der Bundeslade Ein Wettlauf von mordbereiten Anhängern konkurrierender Geheimgesellschaften um den verborgenen, mit weltbewegenden Prophetien ausgestatteten vierten Teil eines mittelalterlichen Textes Eine Mordserie im Venedig des Jahres 1756, in der der Ermittler Pietro Viravolta ein bekanntes Muster entdeckt, das ihn auf die Spur einer Geheimgesellschaft und eines Mordkomplotts gegen den Dogen bringt Ein fanatischer Biowissenschaftler, der die Überbevölkerung der Welt durch die Verbreitung eines Sterilitäts-Virus reduzieren will Die hier äußerst verknappt gebotenen Roman-Plots haben mindestens drei Dinge gemeinsam Erstens nehmen in allen Dante Alighieri oder sein Werk eine zentrale Rolle ein Ja, in den meisten von ihnen tauchen der Name Dantes oder seines Werkes schon im Titel auf Denn bei den sechs Romanen handelt es sich um Matthew Pearls The Dante Club (2003), um Giulio Leonis I delitti della Medusa (2000) - der erste Teil einer Tetralogie, deren weitere Bände I delitti del mosaico, (2004), I delitti della luce (2005) und La crociata delle tenebre (2007), die mit den Covertiteln «Dante Alighieri indaga» oder «Una nuova indagine di Dante Alighieri» ausgestattet sind; um Francesco 2_IH_Italienisch_74.indd 13 16.11.15 07: 55 14 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking Fioretti, Il libro segreto di Dante (2011), Patrizia Tamà, La quarta cantica (2011) und um Arnauld Delalandes Le piège de Dante (2006), deutsch 2007 veröffentlicht als Die Dante Verschwörung Und schließlich um Dan Browns Bestseller Inferno von 2013 . 1 Zweitens sind es allesamt Kriminalromane, nennen sie sich selbst auch unschuldig «novel» (Pearl, Delalande) oder aggressiver «thriller» (Fioretti, Tamà, Brown) Sie gehören damit zum seit etwa zehn Jahren anwachsenden Subgenre des «Literatur-Krimis»: Als «Literatur-Krimi» verstehe ich nicht Kriminalfälle und ihre Detektion, die im Literaturbetrieb spielen und gerne auch von deren Mitgliedern verfasst werden Landestypisch sind das in Frankreich etwa das Milieu der Proust-Experten wie in Meurtre chez Tante Léonie (1994) über Morde unter in Illiers-Combray versammelten Proust-Experten von Estelle Monbrun, ein Pseudonym der lange an der Washington University lehrenden Proust-und Yourcenar-Expertin Elyane Dezon-Jones . 2 In Deutschland ist das zwangsläufig der Goethe-Literaturbetrieb, so bei Bernd Köstering, bei dem in Goetheruh (2010), Goetheglut (2011) und Goethesturm (2012) der natürlich in Frankfurt tätige Goetheexperte Hendrik Wilmut ermittelt, oder in Gert Theiles Goethegeburtstag (2006) . 3 Derart sozialgruppenspezifische Kriminalromane kennen wir spätestens seit Georges Simenons sozialethnographisch angelegten, etwa im Flußschiffer-, Bisquit-Fabrikanten- oder Weinhändler-Milieu spielenden Romanen . 4 Um zum «Literatur-Krimi» jenseits der Beziehung zum Literarurbetrieb werden zu können, braucht es eine prominente Rolle der Literatur selbst Als «Literatur-Krimi» soll folglich eine eher rezente Ausdifferenzierung des stets in der Gefahr des repetitiven Kreisens um wohlbekannte Genremerkmale stehenden Kriminalromans verstanden werden, in dem sich Kriminal- und Detektionshandlung entweder in eine präexistente literarische Handlung eines kanonischen Werkes einschreiben (Typ 1), in die biographische Welt seiner Autoren (und mit ihnen ihrer Werke) eingelassen werden (Typ 2) oder durch die besondere Funktion eines prominenten literarischen Werks für die historisch später spielende Histoire, bisweilen aber auch für den Diskurs des Romans (Typ 3) geprägt sind Typ 1 bewegt sich in einer durch (zumeist) Höhenkamm-Romane präformierten fiktiven Welt, ergänzt diese um einen Kriminalfall oder setzt sie als solchen fort . Hier haben Klassiker wie Janes Austens Pride and Prejudice, Edgar Allan Poes Murders in the Rue Morgue, Gustave Flauberts Madame Bovary oder Charles Dickens’ The Mystery of Edwin Drood eher vereinzelt moderne Verwendung gefunden: Die jüngst verstorbene P .D . James hat in Death Comes to Pemberly (2011) eine krimispezifische Fortsetzung der Histoire von Jane Austens Pride and Prejudice geschrieben; in Philippe Doumencs Contre-Enquête sur la mort d’Emma Bovary (2007) will sich die Polizei nicht 2_IH_Italienisch_74.indd 14 16.11.15 07: 55 15 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien mit der These vom Selbstmord Emmas zufriedengeben, vernimmt das Personal von Madame Bovary als Zeugen und ermittelt eine überraschende Täterin . Beide Texte sind eher seltene Beispiele für die in eine präexistente literarische Handlung eines kanonischen Werkes eingeschriebene Kriminalhandlung des ersten Typs . Im Bereich der Populärliteratur ist dieser intrafiktionale Typ des Literaturkrimis als Fortschreibung klassischer Ermittlerfiguren wie Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes-Figur sehr viel häufiger und auch schon kurz nach dem Auftreten der imitierten Vorbilder zu beobachten: Maurice Leblanc lässt schon 1906 seinen Meisterverbrecher Arsène Lupin gegen «Herlock Sholmes» antreten und in diesem französisch-englischen Wettbewerb natürlich gewinnen . 5 Insbesondere die Figur des Sherlock Holmes, aber auch die James Bonds haben sich von ihren Autoren Conan Doyle und Ian Fleming soweit abgelöst, dass sie - zum Teil mit Genehmigung der Copyright-Besitzer - bis in die Gegenwart, sei es in historischer, sei es in moderner Einkleidung, ermitteln . 6 Texte des Typs 2, die in die Biographien historischer Autoren eingelassen sind, lassen sich einerseits als Ausdifferenzierung des historischen Kriminalromans seit den 1970/ 80er Jahren - etwa Ellis Peters (i .e Edith Pargeter) The Cadfael Chronicles (1977-1994) oder Ecos Il nome della rosa im Mittelalter-Ambiente - lesen 7 , wobei Eco William von Baskerville eng und signalhaft an die Holmes-Figur anlehnt und so Elemente des intrafiktionalen Typs 1 verwendet Wenn Giulio Leoni in der Delitti-Serie Dante Alighieri in seinem Priorats-Jahr 1300 zum Ermittler macht, bedient er sich des Typs 2, ebenso wie Francesco Fioretti in Il libro segreto di Dante, dessen Histoire im Moment von Dantes Tod einsetzt Da sich in Matthew Pearls The Dante Club über die Mord-Ermittlungen der Gruppe um den ersten amerikanischen Dante-Übersetzer Henry Wadsworth Longfellow kurz nach dem amerikanischen Sezessionskrieg Dantes Divina Commedia als Plan entpuppt, durch den die Morde zusammenhängen, bedient er den libresken Typ 3 der Klassifizierung der Literaturkrimis, nicht anders als Arnauld Delalandes venezianisches Mordkomplott zur Zeit Goldonis in Le Piège de Dante Aber auch Tamàs La Quarta Cantica und Dan Browns Inferno gehören als Gegenwartsthriller, in denen die Commedia als Buch eine Rolle spielt, zum dritten Typ Mischungen dieser Typen lassen sich bei ambitionierteren Literaturkrimis immer wieder beobachten Matthew Pearls The Poe Shadow (2006) bedient sich einer Kombination aller drei Typen, denn hier soll Poes Archi- Detektiv Dupin aus The Murders in the Rue Morgue die Hintergründe von Poes Tod aufklären Ähnlich haben schon 1989 Carlo Fruttero und Franco Lucentini in La verità sul caso D. (1989) Charles Dickens’ unvollendeten (Archi-Kriminal-)Roman The Mystery of Edwin Drood (1870) aufgegriffen: 2_IH_Italienisch_74.indd 15 16.11.15 07: 55 16 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking Hier spüren auf einem Kongress zu «Completion of Unfinished or Fragmentary Works in Music and Literature» in Rom - ein Element des Literatur-/ Wissenschaftsmilieu-Romans - prominente Detektive der Weltliteratur (Poirot, Father Brown, Sherlock Holmes…) dem Geheimnis des unvollendeten Texts nach Die Welt der Detektivromane Conan Doyles, Chestertons und Agatha Christies wird als kontinuierliches intrafiktionales Universum betrachtet, in dem das reale Manuskripts von Dickens zum Anlass der Investigation wird und so mit der Konventionalität und Repetitivität des Genres fiktionsironisch gespielt wird . 8 Aber es gibt noch eine dritte Gemeinsamkeit: Allen Romanen liegt entweder ein Serienmörder-Plot zugrunde, der ein bestimmtes literarisches Muster aufruft, und zwar die Strafarten des Dante’schen «Inferno»: So in Pearls The Dante Club, in dem ein traumatisierter Bürgerkriegsveteran ihm missliebige unentschiedene Richter, gekaufte Geistliche, zuletzt auch die ihn verfolgenden Dante-Übersetzer mit den aus Dantes «Inferno» bekannten Strafen ermordet (oder zu ermorden versucht) Oder es sind Geheimorganisationen, die aus politischem Kalkül, in verschwörerischer Absicht oder zur Erlangung ominöser Manuskripte oder Botschaften zumeist serienmäßig morden: so in Leonis Romanen, in denen die Geheimgesellschaft der Fedeli d’Amore Papst Bonifaz VIII in die Luft zu sprengen versucht (Leoni, I delitti della Medusa), in Delalandes Le piège de Dante - hier soll der Doge Francesco Loredano von der satanischen Sekte der Starygen ermordet werden - oder in Tamàs La quarta canticia, in dem sich Altnazi- und Dervisch-Geheimsekten und ein nach dem Stein der Weisen suchender amerikanischer Literaturprofessor Dantes Vierten Gesang mit seinen unerhörten, weltentscheidenden Geheimnissen abzujagen versuchen So bizarr (und bisweilen abgeschmackt) bei Tamà und Brown diese Mischung aus Divina Commedia, Indiana Jones und Harry Potter auch wirkt, sie basiert auf dem vielen Dante-Romanen vertrauten Grundmuster der Verschwörungstheorie Dan Brown baut sie nach dem in The Da Vinci Code erprobten Muster als letzter der langen Reihe von Dante- Adepten am konsequentesten und kalkuliertesten aus Denn der Plot von Inferno ist wohlbekannt: Die Freisetzung von Vektorviren zur Sterilisierung eines Drittels der Weltbevölkerung durch den fanatischen Biotechnologen Zobrist ist die kaum abgewandelte Umsetzung einer 2011 kursierenden Verschwörungstheorie in den USA: Audrey Tomason aus dem Geheimdienststab Barack Obamas habe angeblich in ihrer Master-Arbeit einen gezielten Genozid empfohlen, um die «Population Apocalypse Equation» - steigende Weltbevölkerung bei stagnierenden Nahrungsressourcen - in den Griff zu bekommen . 9 Wenn unter den Literaturkrimis die Dante-Krimis die bei Weitem stärkste Gruppe ausmachen - die sechs (bzw neun) oben genannten Titel sind nur 2_IH_Italienisch_74.indd 16 16.11.15 07: 55 17 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien eine kleine, aber durchaus repräsentative Auswahl 10 - und alle diese Texte auf einem Serienmörderund/ oder Verschwörungstheorien-Plot basieren, dann lässt sich vermuten, dass das nicht (nur) an den Erfordernissen des Krimi- Genres oder des Buchmarktes liegt, sondern am Autor Dante und seinem Text selbst, dessen Inhalt und Struktur die ideale Folie für die Gattungserwartungen eines bestimmten Typs von Kriminalroman bieten Warum also Dante als Pate des Literatur-Krimis - und nicht Dickens, Flaubert oder E .A Poe? Für Dante spricht die Äquidistanz zwischen überragender kultureller Fama einerseits und weitgehender Unbekanntheit des Autors und seines Werks andererseits Dass Dantes Konterfei die italienische Zwei-Euro-Münze oder eine günstige Olivenölmarke ziert, Fußballspieler, amerikanische Politikersöhne oder fiktive Filmmafiosi in The Sopranos «Dante» heißen, die Divina Commedia in den diversen Listen der «Hundert besten Bücher» (wie die des Norwegischen Buchklubs) einen vorderen Platz einnimmt 11 und die Liste der Höllenkreise des «Inferno» neben der der von James Bond gefahrenen Autos oder der Personen auf dem Plattencover von Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band selbstverständlich im postmodernen Klassiker Schotts Sammelsurium fungiert 12 , heißt nicht, dass sich die Divina Commedia tatsächlich einer großen Leserschaft erfreut Anlässlich der Publikation des Ego-Shooter-Computerspiels Dante’s Inferno 2010 hieß es zwar in Die Welt vom 2 .2 .2010 «In Kulturkreisen ist schon von einem Dante-Boom die Rede», aber die Zeit hatte schon wenig vorher (28 .1 .2010) geschrieben: «Mit Dantes Hölle ist es wie mit New York: Man kennt sich aus, aber nur irgendwie so Jeder weiß so ganz grob, daß es im Inferno mehrere Kreise gibt, in denen die Sünder nach einem ausgeklügelten System gemartert werden - je weiter innen, desto schlimmer […] Das ist das Praktische an den großen, schweren Stoffen der Kulturgeschichte: Die Details bröckeln mit den Jahrhunderten weg, aber die Rudimente bleiben im kollektiven Gedächtnis stehen, und für Günther-Jauch-Fragen reicht das im Zweifel sogar .» Heute sind wir nicht viel weiter: Am 21 .5 .2015 beschreib F .C Delius in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung seinen 40jährigen Kampf mit der Lektüre der Commedia ganz ähnlich: «Ungelesen, angelesen, achtel- oder halbgelesen, wahrscheinlich gibt es kein Buch in den Regalen der Literaturfreunde in aller Welt, das so selten komplett gelesen wurde wie Dantes Göttliche Komödie .» 2_IH_Italienisch_74.indd 17 16.11.15 07: 55 18 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking Für den Kriminalroman - wie für jede populäre Form von Narrativik - ist diese Äquidistanz von Fama und Ignoranz ideal, und zwar nicht nur, weil die großen historischen Lücken in der Biographie Dantes oder die Commedia- Kenntnislücken eines größeren Publikums ideale Voraussetzungen für ihre Auffüllung durch Fiktion bieten, sondern weil Trivialliteratur auf dem Grundprinzip der Variation von (irgendwie) Bekanntem basiert: «Il romanzo popolare […] giocherà su caratteri prefabbricati, tanto più accettabili e graditi quanto più noti […] Quanto allo stile, si gioverà di soluzioni precostituiti, atte a procurare al lettore la gioia del riconoscimento del già noto .» 13 So Umberto Eco in Il superuomo di massa über die Funktionsweise des Populärromans, zu dem der Krimi prominent gehört: Dante Alighieri als Detektiv oder Grundmuster der Divina Commedia in Krimi-Plots vorzufinden, spendet die Lust des Wiedererkennens, wobei die Texte selbst zunächst in möglicherweise berechtigter Leser-Einschätzung in die Grundlagen der Commedia einführen Brown bewerkstelligt das etwa mit einer Analepse einer Vorlesung des geisteswissenschaftlichen Tausendsassas Robert Langdon 14 , in der jede Anspielung aus Angst, sie könnte unbemerkt bleiben, sogleich erläutert wird: «‹Meine Damen und Herren›, Langdon began [seine Vorlesung über Dantes ‹Inferno›], his voice booming over the loudspeakers ‹Willkommen, bienvenue, welcome› The famous line from Cabaret drew appreciative laughter from the crowd .» 15 Wenn der Roman mit dem Satz «The sky had become a glistening tapestry of stars» 16 schließt, dann kann das ein einigermaßen kenntnisreicher Leser als Echo auf den Schluss der ebenfalls auf «stelle» endenden Commedia («L’amore che move il sole e le altre stelle», Par XXXIII, 145) erkennen, möglicherweise auch als kokett-prätentiösen Gruß von Brown zu Dante Aber auch als Zeichen dafür, dass am Ende von Inferno nicht das «Inferno», sondern das «Paradiso» steht, aus dem Dan Brown aber auch noch den letzten Rest von Metaphysik getilgt hat, weil die Sterne nur noch den Intellekt Langdons bescheinen: «Dante’s poem, Langdon was now reminded, was not so much about the misery of hell as it was about the power of the human spirit to endure any challenge, no matter how daunting .» 17 Ganz andere Effekte des Wiedererkennens verfolgt der Italiener Giulio Leoni, der mit einer intimeren Kenntnis der Commedia rechnen kann als der Amerikaner Dan Brown, einer Kenntnis, der der Überdruss der Schullektüre 2_IH_Italienisch_74.indd 18 16.11.15 07: 55 19 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien italienischer Muttersprachler anhaftet Daher darf man bei Giulio Leoni das denigrierende Vergnügen veranschlagen, den zum Vates verklärten «Jenseitswanderer» und Nationaldichter Dante ganz irdisch in einem Bordell namens «Paradiso», im Bett der Prostituierten Monna Pietra 18 und als Ermittler in einer Spelunke namens «La Mala Bolgia» 19 zu sehen, die sich mit diebischer Freude als höchst irdische Gegenstücke zu Dantes Werken erkennen lassen Das Vergnügen des Wiedererkennens - auch in seiner mythenstürzenden Form - ist aber nicht hinreichend für die Prominenz Dantes und der Commedia im Populärroman, denn ähnliches hätte (und hat) man ja auch mit den Figuren Flauberts oder Jane Austens anstellen können - wenn auch nur vereinzelt Der naheliegende Reiz Dantes liegt vor allem darin, dass er sich mit der Commedia als Kenner von Verbrechen aller Arten und Strafen erweist und er vor allem im «Inferno» einen langen Zug von Dieben, Räubern, Ehebrechern, Mördern, Verrätern, geschmierten Politikern und Kirchenmännern präsentiert und einen phantasievollen Katalog der jeweiligen Strafen aufblättert, aus denen sich etwa Giulio Leoni, Arnauld Delalande, Matthew Pearl und Dan Brown großzügig bedienen Krimispezifisch wird die Commedia so zwangsläufig auf deren erste Cantica, das «Inferno», reduziert Edgar Allan Poes Werk aber hätte ähnliches leisten können - hat es aber nicht: Denn was Poes Tales of Mystery and Imagination fehlt, ist nicht nur Dantes Systematik der Strafen, sondern vor allem die semiotischen Möglichkeiten, die diese Strafen für den Krimi eröffnen Zu den bereits früh, wenn auch nicht in der ersten Generation des Krimis (Poe, Gaboriau, Leblanc) entwickelten Spielarten des aufzuklärenden Falls gehört, dass die Morde zu Bedeutungsträgern werden Im Archegeten des Genres, in Poes Murders in the Rue Morgue, wird der Mord an Mutter und Tochter L’Esplanaye wegen seiner offensichtlichen physikalischen Unmöglichkeit - der Tatort ist von innen verschlossen - gattungskonstituierend zum «mystery», zum «riddle» 20 , das der Detektiv durch Zeichenlesen und das Wechselspiel von Induktion und Deduktion löst Der tote Körper der Opfer aber ist im Pierce’schen Sinne nichts als ein «token» 21 , eine kausale Folge einer Gewalttat, so wie Rauch die Folge eines Feuers ist: Der tote Körper transportiert darüber hinaus keinen Sinn, er spricht keine Sprache, und wenn er dies tut, dann um die Ermittlungsarbeit in eine falsche Richtung zu lenken Poe, dessen «Mörder» ja ein - unzurechnungsfähiger - Gorilla ist, treibt ganz zu Beginn der Gattungsgeschichte diese «Sinn- und Motivlosigkeit» bereits bis ins Extrem, um den «Mystery»-Charakter des Falls zu stärken Andere Autoren des 19 Jahrhunderts wie Émile Gaboriau in L’Affaire Lerouge (1863) bemühen sich ebenso auffällig, dem toten Körper der Witwe Lerouge jede Zeichenhaftigkeit, die auf ein Motiv deuten könnte, zu nehmen . 22 2_IH_Italienisch_74.indd 19 16.11.15 07: 55 20 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking Genau das aber ändert sich in vielen Kriminalerzählungen ab dem späten 19 Jahrhundert: Die Toten beginnen zu reden, wenn auch in einer Sprache, deren Code der Detektiv erst auffinden muss, um ihn zu entschlüsseln: In Arthur Conan Doyles Erzählung «The Five Orange Pips» (1891) erhalten die Mordopfer einen Brief mit fünf Orangenkernen, und um diese Botschaft als vom Klu Klux Clan ausgesprochene Warnung und als Todesurteil zu erkennen, muss Sherlock Holmes nicht nur sein botanisches, sondern auch sein Wissen um US-amerikanische Geheimgesellschaften aufbieten . 23 Damit werden das Opfer, die Art und Begleitumstände seines Todes selbst durch gezieltes Arrangement zu einem Zeichen, zum - wieder im Pierce’schen Sinne - «symbol», dessen arbiträre Bedeutung sich aus einem durch das Arrangement des Toten aufgerufenen Code ableiten lässt: Die Leiche wird zum Mittel nonverbaler Kommunikation, und aus mehreren Leichen lassen sich ganze Sätze formulieren So bleibt der zum Serienkiller erweiterte Mörder mit seinem Gegenüber im Gespräch, während der Detektiv oder die Polizei das Gespräch nur aufrecht erhalten, um es so schnell wie möglich beenden und den Killer dingfest machen zu können Dieses Modell des kommunikativen toten Körpers gehört bis in die Gegenwart zu den erfolgreichsten Schemata des Kriminalromans Wir finden es in Agatha Cristies And than there were none (1939), dem meist verkauften Kriminalroman aller Zeiten, in dem die Morde bekanntlich nach dem Abzählreim der «Zehn kleinen Negerlein» geschehen: Das Gedicht hängt gerahmt in jedem Zimmer der Pension auf «Nigger Island», deren Gäste der Reihe nach und entsprechend der Todesarten der «Negerlein» im Gedicht zu Tode kommen . 24 Wir finden es abgewandelt in Agatha Christies The ABC-Murders (1936), in dem der Mörder neben den Mordopfern einen ABC-Zugfahrplan zurücklässt Im Filmklassiker Theatre of Blood (1973) mit Vincent Price, Diana Rigg und Thomas Morley, in dem der von seinen Kritikern missachtete Schauspieler Edward Lionhead diese nach Mordvorbildern aus Shakespeares Tragödien umbringt Oder in Umberto Ecos Il nome della rosa (1981), in dem die Morde nach dem Muster der Apokalypse des Johannes arrangiert zu sein scheinen, oder in Boris Starlings Messiah (1999), in dem die Mordopfer allesamt mit herausgeschnittener Zunge und einem Silberlöffel im Mund aufgefunden werden Mit wem der oder die Mörder mittels ihrer Taten kommunizieren, ist dabei unterschiedlich: Meist mit den Opfern und ihrer Umgebung, wenn sie ein Urteil und den Mord als Strafe mitteilen wollen - das ist der Fall in Zehn kleine Negerlein, in denen alle Mordopfer eines von der Justiz ungesühnten Verbrechens schuldig sind Oder in Theatre of Blood, hier sind die Opfer allesamt Theaterkritiker, von denen sich der mordende Shakespeare-Schauspieler herabgesetzt fühlt und denen (bzw ihrer Umwelt) er durch die spezifi- 2_IH_Italienisch_74.indd 20 16.11.15 07: 55 21 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien schen Mord-Arrangements à la Othello, Cymbeline oder Der Kaufmann von Venedig sein Motiv offenbart Oder aber mit dem Detektiv selbst: Mordserien können als Herausforderung in einem Spiel zwischen manichäisch angelegten intellektuellen Ausnahmeerscheinungen funktionieren - so etwa in Ansätzen schon zwischen Sherlock Holmes und Professor Moriarty 25 , auf raffinierte Weise abgewandelt in Agatha Christies The ABC Murders, in denen Hercule Poirot auf vorab an ihn verschickte Hinweise des Mörders reagieren muss Damit das Spiel funktioniert, muss der Detektiv nicht nur durch eine Kette von Morden immer wieder neu herausgefordert werden, sondern diese Morde selbst müssen zeichenhaft so arrangiert werden, dass der Detektiv auf die (nicht immer richtige) Spur gebracht wird und er das Spiel weiterspielt Diese Spielleidenschaft treibt den Detektiv meist ebenso an wie die bedauernswerte Pflicht, weitere Morde durch die Aufdeckung des Schemas und dann des Täters zu verhindern . 26 Dass Dantes Divina Commedia - und genauer: das «Inferno» - den idealen Code für eine mörderische Kommunikation abgibt, ist unmittelbar ersichtlich Das «Inferno» ist allen anderen in Kriminalromanen verwendeten Codes überlegen, dem Kinderlied «Zehn kleine Negerlein», dem englischen Kursbuch, dem Sprichwort «born with a silver spoon in the mouth», der Apokalypse, selbst den Tragödien Shakespeares, und zwar durch die Perspektivierung der vielfältigen Todesarten auf die spezifischen Ursachen der Schuld und die dieser entsprechenden Strafe, ihre semiotische Ausgestaltung nach dem Schema des Contrappasso und ihre Einbindung in ein hierarchisiertes Schema von Höllenkreisen und Sündenkategorien . 27 Mit dieser Sprache kommuniziert der Serienmörder in Matthew Pearls The Dante Club, wenn er den Bostoner Geistlichen Elisha Talbot, der sich für einen Artikel gegen die Dante-Übersetzer Longfellow und Oliver Wendel Holmes bezahlen ließ, in einem unterirdischen Friedhof kopfüber eingräbt und dessen Füße verkohlt Was der Polizei nur bizarr erscheint, erkennt Wendel Holmes als Dantes Höllenstrafe für Simonisten aus «Inferno» XIX, 1-30: «Holmes stopped in the middle of the street and envisioned the preacher kicking his flaming feet in the air, while the flames moved… ‹‘Dai calcagni a le punte‘› Holmes whispered aloud: From heir heels to their toes - that’s where the corrupt clerics, the Simoniacs, burn forever in their craggy ditches His heart sank ‹Dante! It’s Dante! ›» 28 Auch für die privilegierte, kompetitive Kommunikation zwischen Serienmörder und Detektiv bieten die Strafen des «Inferno» den idealen Code, wenn 2_IH_Italienisch_74.indd 21 16.11.15 07: 55 22 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking auch die wenigsten Autoren erwarten, dass auch die Leser diesen kennen Arnauld Delalandes Le piège de Dante (Die Dante Verschwörung) bietet in wahrscheinlich zutreffender Unterschätzung der Leser und erheblich didaktischer als Matthew Pearl eine Strukturierung nach «Gesängen» mit «Inferno»bezogenen Untertiteln («Zerberus», «Die Schlemmer», etc .) und nach «Höllenkreisen», und auch eine Histoire-intern eingepasste tabellarische Aufstellung der Höllenkreise und der entsprechenden Sündenstrafen als Gedächtnisstütze für Leser und den «Detektiv» Pietro Viravolta Der merkt so erst viel später als der Leser, dass alle Morde nach dem «Inferno»-Schema funktionieren Mehr noch: Dass der Drahtzieher der Morde, das ominöse Oberhaupt einer Geheimsekte mit dem Alias «il diavolo», mit ihm das Inferno-Spiel spielt: «Indem Il diavolo oder die Chimäre ihm diesen Schlüssel verriet, forderte er ihn dazu auf, den nächsten Tableaus zuvorzukommen Es war ein Duell, das sich an sie alle richtete […] Die Dante’sche Hölle zählte neun Kreise Pietro fluchte Es ist ein Spiel, ein Bilderrätsel Er teilt die Morde so auf, wie Minos die Verdammten zur Sühne für ihre Vergehen den Höllenkreisen zuteilt Er möchte mich führen… wie Vergil den Dichter führt, von einem Kreis zum nächsten - bis er sein Meisterwerk vollendet hat .» 29 Der Verbrecher als Kopf einer Geheimgesellschaft, als inkarniertes Böses, der nicht aus kleinlich-materiellen Interessen, sondern aus großen, wenn auch abgrundtief bösen Motiven (Verschwörung, Weltherrschaft, Weltrettung) massenhaft mordet - Delalandes wie auch Dan Browns Dante-Romane greifen hier weit zurück auf die Melodram- und Feuilleton-Literatur des französischen 19 Jahrhunderts: Auf den - wie Umberto Eco ihn genannt hat - «superuomo di massa» 30 , jenen strahlend guten wie abgrundtief bösen «starken Mann», der frei von den bürgerlichen Zwängen der Hegel’schen «prosaischen Zustände» des bürgerlichen Zeitalters und seines Rechtssystems 31 die Lösung aller großen Probleme kennt und selbst in die Hand nimmt: Auf Gestalten wie Dumas pères Graf von Monte Christo, auf Eugène Sues Rudolph von Gerolstein (Les mystères de Paris) oder - auf der dunklen Seite - Rocambole, Fantômas oder ein Jahrhundert später auf Ian Flemings Goldfinger, die im Guten wie im Bösen auf das Titanenhafte der Tat zielen So auch Goldfinger: «Man has climbed Everest and he has scraped the depth of the oceans He has fired rockets into outer space and split the atom […] I said in every realm, but there is one that has been neglected, Mr Bond That one is the human activity loosely known as crime 2_IH_Italienisch_74.indd 22 16.11.15 07: 55 23 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien […] And yet […] opportunity for the greatest crime in history is waiting .» 32 Dieses bis in die Kriminalliteratur der Gegenwart aktuelle Modell des abstrakten Archi-Bösen transportiert die Frage aus der Frühzeit der Kriminalliteratur, unter welchen Bedingungen Verbrechen überhaupt ästhetiktauglich sein können, in unsere Moderne: Der Hegel-Schüler Karl Rosenkranz hielt 1853 «alle diejenigen Verbrechen [für] unvermögend, ästhetische Objekte zu sein, die wegen ihrer Alltäglichkeit und Geringfügigkeit und wegen des geringen Aufwandes an Intelligenz und Wille, den ihr Begehren erfordert, in die Kategorie der Gemeinheit und Gewöhnlichkeit fallen .» 33 Alle hier besprochenen Dante-Krimis einigt, dass in ihnen nicht nur herausragende Verbrecher mit großem «Aufwand an Intelligenz und Willen» morden und so etwa bei Delalande zu mit Dantes Luzifer explizit identifizierten Inkarnationen des «Bösen» werden, sondern dies durch den gleichzeitig kompetitiven wie kommunikativ bedeutsamen Dante-Bezug gedoppelt und unterstrichen wird Dante und die unter seinem Signum begangenen Morde sind schlechterdings das Gegenteil von «Gemeinheit und Gewöhnlichkeit» In engem Zusammenhang mit dem Amalgam von «Inferno»-Bezügen und dem «superuomo di massa» steht die Thematik der Geheimgesellschaften, die in vielen der hier präsentierten Dante-Krimis von Belang ist In seiner Analyse von Ideologie und Topik des Populärromans hat Umberto Eco die «società segreta» als «incarnazione collettiva del superuomo» 34 , als kollektiven Willen einer nur durch interne Gesetze und unerschütterliche Gewissheit um das Richtige geregelten Gemeinschaft gekennzeichnet Auch für die zentrale Rolle von Geheimgesellschaften ist der frühe Feuilleton-Roman verantwortlich - so die Prominenz des Jesuitenordens, die für Eugène Sue in Le juif errant im Geheimen nach der Weltherrschaft strebt, englischer Untergrundgesellschaften in Paul Févals Les mystères de Londres (1843) oder französischer in Balzacs L’histoire des Treize (1833-39) Sie ziehen sich über Conan Doyles «The Red-Headed League» (1891) oder «Five Orange Pips» (über den Klu Klux Klan) bis hin zu Agatha Christies frühem Roman The Secret Adversary (1922), politisieren sich ab dem zweiten Weltkrieg zunehmend und werden im Nachkriegs-Krimi und Thriller gerne zu kommunistischen Untergrundorganisationen und Verlängerungen des KGB - so in den Romanen Ian Flemings, in denen die KGB-Geheimorganisation SMERSH oder die dem Weltkommunismus zuarbeitende Verbrecherorganisation S .P .E .C .T .R .E Gegner Bonds und des Westens sind . 35 2_IH_Italienisch_74.indd 23 16.11.15 07: 55 24 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking Was aber haben Dante und seine Commedia mit Geheimgesellschaften zu tun? Sehr viel, wenn man sich an die esoterischen Deutungen Gabriele Rossettis im 19 ., Luigi Vallis im frühen 20 Jahrhundert oder die hält, die Dante für einen Krypto-Großmeister der Templer halten Gabriele Rossetti, der 1824 vor den Bourbonen aus Neapel ins englische Exil floh, sah in seinen Kommentaren zum «Inferno» Dante als Carbonaro avant la lettre und Dantes Texte insgesamt als ghibellinische Geheimbotschaften: Der Vergil der Commedia, so führt er in seinem Commento analitico von 1826 aus, stehe für den weisen Ghibellinen, der Dante vor dem papsthörigen Guelfentum bewahrt, die Höllenstadt Dite sei die «figura di Firenze Guelfa», das «Inferno» insgesamt stehe für die Guelfenherrschaft, Luzifer für den Papst . 36 Rossetti eröffnet damit die Jagd nach Geheimbotschaften in Dantes Texten, nach Buchstaben- und Zahlencodes, wenn er selbst auch eher wenig subtile Beispiele für seine arbiträren Trouvaillen liefert: In den Versen 115-117 aus dem letzten Gesang des «Paradiso» «Nella profonda e chiara sussistenza Dell’alto Lume parvemi tre giri Di tre colori e d’una continenza» isoliert er die Silben «en», «ri» und «co» und kommt so auf den Namen Heinrichs VII, des Sohnes Friedrichs II . 37 Im zweiten Band seines Commento enthüllt Rossetti, dass Dante zu einer Ghibellinischen Geheimgesellschaft gehört habe, deren Ziel die Vereinigung der Christenheit unter der Herrschaft des Kaisers in Rom gewesen sei und der praktisch alle Dichter des italienischen Mittelalters angehört hätten, von der Scuola Siciliana bis zu den «Fedeli d’amore» des Florentiner Dolce Stil Nuovo Deren Texte seien nichts weniger als codierte politische Botschaften gewesen, in denen «amor» eigentlich «Roma», «donna» die kaiserliche Herrschaft oder «salute» der Kaiser bedeutet hätten . 38 Luigi Valli hat 1928 nach Giovanni Pascoli Rossettis Spur weiterverfolgt und in den «Fedeli d’amore» eine kompakte ghibellinische Untergrundorganisation mit einer eigenen Geheimsprache gesehen . 39 Andere esoterische Auslegungen sehen Dante als Krypto-Templer und sein Werk entsprechend als verschlüsselte Templer-Philosophie: Setze man die «Zugehörigkeit Alighieris zum Orden der Tempelherren» an, dann habe man «in der Tat den Schlüssel zu Dantes gesamtem literarischen Schaffen, vor allem zur Göttlichen Komödie», so R .L John 1946, der diese These «bis zur Unbestreitbarkeit» bewiesen haben will . 40 Was alle diese Deutungen gemein haben, ist die Annahme von mittelalterlichen Geheimorganisationen, die sich vor allem gegen die Macht der Kirche richteten, weiter die der Zugehörigkeit Dantes und schließlich die Gewiss- 2_IH_Italienisch_74.indd 24 16.11.15 07: 55 25 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien heit, mit dieser Präsupposition alle Unklarheiten, Rätsel und Zweifelsfälle der Dante-Philologie mit einem Streich zu beseitigen - «bis zur Unbestreitbarkeit» (John) Und schließlich: Dass diese Unbestreitbarkeiten dennoch nicht von der «offiziellen» Dante-Philologie akzeptiert worden sind, liege an einer «congiura del silenzio», wie es auf einer Netzseite zur kryptologischen Auslegung Rossettis oder Vallis heißt . 41 Diese esoterischen Deutungen basieren so nicht nur auf der Annahme der Commedia und anderer Werke als Geheimbotschaften einer antipäpstlichen Verschwörung oder der Templer, sie nutzen zur Immunisierung selbst das Vorgehen von Verschwörungstheorien Und so kursieren bis in die Gegenwart vor allem im Freimaurer-, Rosenkreuzer- oder Esoterikkontext in gedruckten Texten wie im jede Art obskurer Theorien ungefiltert aufnehmenden WWW 42 die Rückstände der esoterischen Lektüren Rossettis, Vallis oder Johns, die Dante als Krypto-Großmeister der Templer, Geheimniswahrer weltrettender Botschaften, Freimaurer avant la lettre 43 oder anti-päpstlichen Untergrund-Propagandisten präsentieren Oder gar als aktiven Verschwörer gegen Papst Johannes XXII In einem mit «Dante - magie e congiure contro Giovanni XXII» betitelten Artikel im Corriere della Sera vom 7 Juli 2001 konnte man von einem Voodoo-artigen Mordanschlag Cangrande della Scalas und Galeazzo Viscontis gegen Papst Johannes XXII lesen: Auf deren Auftrag hin hätten im Januar 1320 Antonio Pelacana, der Leibarzt der Mailänder Visconti, und Pietro da Marano, Zauberer und Ratgeber Cangrandes, über 72 Tage hinweg eine kleine, mit «papa Johannes» beschriftete Figur mit Giften bestrichen und mit Zaubersprüchen belegt Ein Spitzel informierte den Papst in Avignon, und in seinen Berichten wird auch das Vorhaben Galeazzo Viscontis, «magistrum Dantem Aleguiro de Florencia» zur Beschwörung hinzuzuziehen, erwähnt Der Mediävist und Fachmann für mittelalterlichen Magieglauben Francesco Cardini hält das zwar eher für einen geschickten Versuch der Kurie, Dante als Schwarzmagier zu diskreditieren, 44 aber so oder so ist der Stoff aus Magie und antipäpstlicher Verschwörung bereits an sich perfekt für einen «giallo storico» Den Dante-«gialli» der Gegenwart liefert die kryptologische Tradition die ideale Plausibilisierung für die mit Dante oder der Commedia verknüpften Anschlags- und Verschwörungsplots, mit denen etwa die Romane Giulio Leonis aufwarten: In Il delitto della Medusa ist es zwar nicht Dante selbst, aber doch Guido Cavalcanti und die «Fedeli d’amore», die den Mord an der schönen Sängerin Vana del Moggio und ihrem Geliebten Casella nur begehen, um in ihrem Grab in Santa Croce eine Sprengstoffladung unterbringen zu können, mit der Papst Bonifaz VIII getötet werden soll Vergeblich, denn Bonifaz VIII wird Florenz nicht besuchen, wie Dante zornig dem Doppelmörder und Verschwörer Guido Cavalcanti entgegenschleudert: 2_IH_Italienisch_74.indd 25 16.11.15 07: 55 26 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking «‹Ma è stato tutto inutile, Guido Bonifacio non verrà in Firenze›, riprese, la voce inasprita dalla rabbia ‹Né lui né i suoi vescovi si assideranno nel coro di Santa Croce La morte di Vana è stata inutile, e Dio protegge i suoi ministri .›» 45 Luigi Valli hätte sich über diesen Roman sicher gefreut, so wie R .L John über den von Francesco Fioretti: Il libro segreto di Dante kreist um die Vermutung, Dante sei keines natürlichen Todes gestorben, sondern zur Vertuschung des Templercodes in den letzten Gesängen des «Paradiso» ermordet worden Und selbst Dan Browns Inferno von 2013 beutet die für Dante-Krimis mittlerweile topische Verschwörungs-Thematik aus und schickt seinen Serienhelden Robert Langdon auf die mit Dante-Texten und -Memorabilien ausstaffierte Schnitzeljagd in die amerikanischen Europatouristen wie James Bond- und Indiana Jones-Fans gleichermaßen vertrauten Kulturstätten Florenz, Venedig und Istanbul, um der Freisetzung der Unfruchtbarkeitsviren des Biowissenschaftlers Zobrist zuvorzukommen Die von Rossetti, Valli und anderen Dante-Esoterikern initiierten und durch den modernen Dante-Krimi verstärkten Verschwörungsmythen um die Divina Commedia finden sich so eingespeist in die gerade in unserer Moderne hysterisch gesteigerte Bereitwilligkeit, die Komplexität unserer Vergangenheit und Gegenwart durch Verschwörungstheorien auf einfache Gut-Böse-Schemata zu reduzieren Egal, ob es sich um die Phantomzeit-Theorie handelt, nach der die Ereignisse der 300 Jahre zwischen dem 7 und dem Beginn des 10 Jahrhunderts eine Fälschung mittelalterlicher Chronisten sein sollen; ob die Chemtrails - die Kondensstreifen der Düsenflugzeuge am Himmel - von interessierten Regierungen versprühte Chemikalien auf Kosten der Weltgesundheit sind 46 ; oder ob der «Überwachungsstaat» mittels «big data» jeden seiner Bürger zur gläsernen Marionette macht: Verschwörungstheorien erschaffen Fiktionen, in deren Licht die Wirklichkeit ganz einfach wird, deren vielfältige Bedrohungen einem klar identifizierbaren Agenten zugeschrieben werden können und durch die sich ihre Erfinder in der Exklusivität ihres Wissens und guten Gewissens sonnen können Solange diese Lust an Verschwörungstheorien anhält, solange braucht man sich um den Erfolg weiterer Dante-Thriller im Stile Leonis, Fiorettis, Tamàs oder Dan Browns keine Sorgen zu machen Abstract. La popolarità di Dante Alighieri e della Divina Commedia nel giallo contemporaneo da Giulio Leoni a Dan Brown non è dovuta tanto alla conoscenza della Commedia come opera della letteratura mondiale (spesso le conoscenze generali si rivelano come molto vaghe), quanto alla struttura stessa della 2_IH_Italienisch_74.indd 26 16.11.15 07: 55 27 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien Commedia: Gli autori si riferiscono per lo più all‘Inferno e usano le possibilità semiotiche che il sistema dantesco nel rapporto delitto e castigo del ,contrappasso‘ offre In questo modo i delitti sono referenziali ad uno specifico codice prestato dall‘Inferno, con il quale i delinquenti - sopratutto quelli seriali - comunicano con l‘investigatore Tramite questo riferimento all‘Inferno i delitti acquistano un prestigio del Male, che, inoltre, in molti romanzi è collegato a società segrete o cospirazioni mondiali Le interpretazioni esoteriche delle opere dantesche sin dal primo Ottocento volevano vedere nella Commedia messaggi codificati di leghe segrete antipapali, ordini templari oppure membri della rosacroce I gialli danteschi moderni, con le loro tematiche cospirazionali, continuano questa tradizione interpretativa Anmerkungen 1 Matthew Pearl, The Dante Club, New York 2003; Giulio Leoni, I delitti della Medusa, Milano 2000, I delitti del mosaico, Milano 2004, I delitti della luce, Milano 2005, und La crociata delle tenebre, Milano 2007; Francesco Fioretti, Il libro segreto di Dante, Roma 2011; Patrizia Tamà, La quarta cantica, Milano 2011; Arnauld Delalande, Le piège de Dante, Paris 2006 (dt . Die Dante Verschwörung, Bergisch-Gladbach 2007; Dan Brown, Inferno, New York 2013 2 Estelle Monbrun, Meurtre chez Tante Léonie, Mayenne 1994 . Es folgten Meurtre à petite plaisance (1998), das im Milieu der Yourcenar-Forscher spielt, Meurtre chez Colette (2001) und Meurtre à Isla Negra (2006) (unter Pablo Neruda-Forschern) 3 Köstering selbst bezeichnet seine Romane als «Literaturkrimi», siehe seine Homepage im Internet (http: / / literaturkrimi .de/ ), eingesehen am 14 .9 .2015 . In aktuellen Nachschlagewerken erscheint das Subgenre «Literaturkrimi» nicht, siehe etwa Rosemary Herbert, The Oxford Companion to Crime and Mystery Writing, Oxford 2000 . Das gilt auch für moderne Sammelbände wie The Millennial Detective: Essays on Trends in Crime Fiction, Film and Television, 1990-2010, hrsg . von Malcah Effron, Jefferson 2011 4 Siehe etwa Georges Simenon, Le charretier de la ‹Providence› (1931), Maigret et les témoins récalcitrants (1958), Maigret et les marchands du vin (1969) 5 Maurice Leblanc, Arsène Lupin contre Herlock Sholmes, Paris 1963 6 Es existieren etwa nicht von Conan Doyle stammende Sherlock-Holmes-Erzählungen, in denen der Detektiv dem Geheimnis des unvollendeten Dickens-Roman The Mystery of Edwin Drood nachspürt, siehe dazu Robert F . Fleissner, «Sherlock Holmes Confronts Edwin Drood», in: The Baker Street Journal 35/ 4 (1985), S .199-202 . Moderne Fortschreibungen in historischen Settings findet man etwa bei Anthony Horwitz, The House of Silk, London, 2011, mit «The New Sherlock Holmes Novel» auf dem Cover . Zu den größten englischen Serienerfolgen ab 2011 gehören die im heutigen England spielenden Sherlock-Filme mit Benedict Cumberbatch und Martin Freeman . Als Fortschreibung der James Bond-Figur (abgesehen von den Bond-Filmen) siehe etwa Jeffrey Deaver, Carte Blanche, London 2011 7 Dazu siehe Ray B . Browne und Lawrence A . Kreiser Jr . (Hrsg .), The Detective as Historian. History and Art in Historical Crime Fiction, Wisconsin 2000 8 Dazu siehe Gabriele Vickermann, Der andere Kriminalroman, Heidelberg 1998, S .301-311 2_IH_Italienisch_74.indd 27 16.11.15 07: 55 28 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking 9 Siehe Die Zeit Online Wissen, 26 .7 .2013 (http: / / www .zeit .de/ wissen/ 2013-07/ danbrown-inferno-ueberbevoelkerung-transhumanisten) eingesehen am 14 .9 .2015 . Dan Brown, Inferno (Anm . 1), S .101-105 10 Zu weiteren Dante-Krimis siehe die Sammelrezensionen von Karl-Christian Kretzschmar in: Il Novo Giorno . Mitteilungsblatt der Deutschen Dante-Gesellschaft 2008, S . 31-33, und 2011, S . 24-31 11 http: / / www .nicholaswhyte .info/ 100books/ nwgbooks .htm, eingesehen am 14 .9 .2015 12 Siehe Ben Schott, Schotts Sammelsurium, Berlin 2002, S . 107 13 Umberto Eco, Il superuomo di massa. Retorica e ideologia nel romanzo popolare (1976), Milano 2001, S .11 f 14 Dan Brown, Inferno (Anm . 1), S . 81-84 15 Ebenda, S . 81 16 Ebenda, S . 463 17 Ebenda 18 Leoni, I delitti della Medusa (Anm . 1), S . 121-129 19 Ebenda, S . 86 20 Edgar Allan Poe, Tales of Mystery and Imagination, hrsg . von Pádraic Colum, London 1981, S . 392 . Zum klassischen ‹pointierten Rätselroman› Ulrich Schulz-Buschhaus, Formen und Ideologien des Kriminalromans. Ein Gattungsgeschichtlicher Essay, Frankfurt/ Main 1975, S . 100 21 Siehe Jürgen Trabant, Zeichen des Menschen. Elemente der Semiotik, Frankfurt/ M . 1989, S . 35 22 Émile Gaboriau, Der Fall Lerouge, hrsg . von Karl Heinz Berger, Berlin 1988, S . 13: «Trotz aller weiteren sorgfältigen Untersuchungen des Hauses ergab sich kein Hinweis auf den Mörder oder sein Motiv . Kein Brief, nicht einmal ein Zettel fand sich» 23 Sir Arthur Conan Doyle, The Adventures of Sherlock Holmes, London 1992, S . 175-185 24 Siehe Agatha Christie, Zehn kleine Negerlein . Neu übersetzt von Sabine Deitmer, Bern/ München/ Wien 2001, S . 31 25 Siehe A . Conan Doyle, «The Adventure of the Final Problem», in: Conan Doyle, The Adventures of Sherlock Holmes (Anm . 23), S . 437 f . («silent contest», «every move of our game») . Ausgeführt wird ein solches Spiel dann in der Serie Sherlock, besonders in der dritten Episode der ersten Staffel («The Great Game», 2011) 26 Zu v .a . US-amerikanischen Serienmörder-Kriminalromanen mit historischem Setting siehe Ina Bergmann, «Jack the Ripper’s American Cousins . Representations of Good and Evil in Historical Crime Fiction», in: Representations of Evil in Fiction and Film, hrsg . von Jochen Achilles und Ina Bergmann, Trier 2009, S . 137-156, und dies ., «The New Historical Fiction: Between Tradition and Innovation», in: Narrative is the Essence of History: Essays on the Historical Novel, hrsg . von John Cameron, Cambridge 2012, S . 139-148, hier S . 146 27 Siehe die klassische Studie von Hugo Friedrich, Die Rechtsmetaphysik der Göttlichen Komödie, Frankfurt 1940; Anthony Kimber Cassell, Dante’s Fearful Art of Justice, Toronto 1984; Andreas Kablitz, «Die Zeichen des Alltags und die Zeichen der Hölle: Dantes Inferno und der mittelalterliche ‹Realismus›», in: Sprachlicher Alltag. Linguistik - Rhetorik - Literaturwissenschaft, hrsg . von Annette Sabban und Christian Schmitt, Tübingen 1994, S . 145-199; Patrick Boyd, Human Vices and Human Worth in Dante’s Comedy, Cambridge 2000, oder Raymond Angelo Bellotti, Dante’s Deadly Sins. Moral Philosophy in Hell, London 2011 2_IH_Italienisch_74.indd 28 16.11.15 07: 55 29 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien 28 Matthew Pearl, The Dante Club (Anm . 1), S . 96 . Zu Pearls-Roman siehe demnächst Ina Bergmann, «Rezeption als Literarische Figur: Matthew Pearls The Dante Club», in: Dante intermedial. Die Divina Comedia in Literatur und Medien, Würzburg 2015 29 Delalande, Die Dante Verschwörung (Anm . 1), S . 188 f 30 Eco, Il superuomo di massa (Anm . 13) 31 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Ästhetik, hrsg . von Friedrich Bassenge, Berlin (Ost) 1984, S .185 . Zum guten wie bösen Helden in der Populärliteratur als den bürgerlichen «prosaischen Zuständen» entgegengestellte Figuren eines aktualisierten Heroenzeitalters im Sinne Hegels siehe Marc Föcking/ Astrid Böger, «Vorwort», in: dies . (Hrsg .), James Bond - Anatomie eines Mythos, Heidelberg 2012, S . 7-12 32 Ian Fleming, Goldfinger, London 1961, S . 158 . Dazu und zur Märchenhaftigkeit dieser Figuren siehe Marc Föcking, «James Bond - Superuomo di massa? Umberto Ecos Fleming- Lektüre und ihre postmoderne (Selbst-) Revision», in: Föcking/ Böger (Hrsg .), James Bond (Anm . 31), S . 79-103, hier S . 98-100 33 Karl Rosenkranz, Ästhetik des Hässlichen, Leipzig 1990, S . 263 34 Eco, Il superuomo di massa (Anm . 13), S . 87 35 Zu Geheimgesellschaften im 19 . Jahrhundert siehe Deutsche Geheimgesellschaften: Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, hrsg . von Jost Hermand und Sabine Mödersheim, Köln 2013, Gisela Graichen, Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand, Reinbek bei Hamburg 2013, zur französischen Populärliteratur Yves-Olivier Martin, Histoire du roman populaire en France de 1840 à 1980, Paris 1980, S . 27-148, zur Rolle von Geheimgesellschaften S . 96, 120 . Für die Reflexe des Kalten Krieges in der Thrillerliteratur des späten 20 . Jahrhunderts siehe Hans Peter Schwarz, Phantastische Wirklichkeit. Das 20. Jahrhundert im Spiegel des Polit-Thrillers, Frankfurt/ M . 2006, zu Ian Fleming ebenda S . 132-155, und Anette Pankratz, «Casino Globale: Wie Bond mit der Welt spielt», in: Föcking/ Böger (Hrsg .), James Bond (Anm . 31), S . 146-150 36 G . Rossetti, La Divina Commedia di Dante Alighieri con commento analitico di G. Rossetti, 6 Bde ., Bd . I, London 1826, S . 337, 379 ff . Zu Rossettis Dante-Lektüre siehe insgesamt Maria Sticco, Gli studi danteschi di G. Rossetti, Milano 1940 37 Rossetti, La Divina Commedia (Anm . 36), Bd .V, cap . XII (und weitere Belege) 38 Ebenda, Bd . II, S . 516 39 Luigi Valli, Il linguaggio segreto di Dante e dei Fedeli d’Amore (1928), Milano 1994, siehe dazu kritisch-amüsiert Hugo Friedrich, Epochen der italienischen Lyrik, Frankfurt/ M . 1964, S . 80-83 40 R .L . John, Dante, Wien 1946, S . 5 41 http: / / ilfilosofoincognito .altervista .org/ congiura-silenzio-segreto-amore-dante-incomprensione-determinazione/ (eingesehen am 17 .9 .2015) 42 Siehe etwa Domenico Lancesi, Dante e i Fedeli d’Amore, Cenacolo Pitagorico Adytum, 2012; unter dem alle kryptologischen Tendenzen verschmelzenden Titel «Dante templare, massone, rosacrociano, eretico, anticattolico ed incompreso» siehe http: / / paolofranceschetti .blogspot .de/ 2010/ 01/ dante-templare-massone-rosacrociano .html (eingesehen am 17 .9 .2015) 43 Die Freimaurer-These wurde schon vor Rossetti im späten 18 . und frühen 19 . Jahrhundert (Lenoir, Reghellini) vertreten, siehe Sticco, Gli studi Danteschi di G. Rossetti (Anm . 36), S . 3 f 44 http: / / archiviostorico corriere it/ 2001/ luglio/ 07/ DANTE_Congiure_magie_contro_Giovanni_ co_0_0107072348 .shtml (eingesehen am 17 .9 .2015) 2_IH_Italienisch_74.indd 29 16.11.15 07: 55 30 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking 45 Leoni, I delitti della Medusa (Anm . 1), S . 205 46 So Heribert Illig, Wer hat an der Uhr gedreht? Wie 300 Jahre Mittelalter erfunden wurden, München 2001; Jörg Lorenz, Das Chemtrailhandbuch. Was sich wirklich über unseren Köpfen abspielt . Mit einem Vorwort von Jörg Kachelmann, Hannover 2013 . Zu modernen Verschwörungstheorien und ihren Mechanismen siehe: Conspiracy Theories in: American History, hrsg . von Peter Knight, Santa Barbara/ Denver/ Oxford 2003; Robert Anton Wilson, Das Lexikon der Verschwörungstheorien: Verschwörungen, Intrigen, Geheimbünde, München 2004; Das Glühbirnenkomplott: die spektakulärsten Verschwörungstheorien - und was an ihnen dran ist, hrsg . von Christian Rickens, Köln 2014; Karl Hepfer, Verschwörungstheorien: eine philosophische Kritik der Unvernunft, Bielefeld 2015 . 2_IH_Italienisch_74.indd 30 16.11.15 07: 55 31 C hri Sto F W e i A N D Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown 1. Zum inhalt von Dan Browns Inferno Dan Browns Inferno 1 ist kein klassischer Kriminalroman Die deutsche Übersetzung 2 weist den Text als Thriller aus, das amerikanische Original gibt dem Buch zurückhaltend lakonisch die Gattungsbezeichnung A Novel mit auf den Weg in das Universum der Texte Was soll nun gelten? 3 Als Thriller ist Inferno auf rasend schnelle action getrimmt Sehr zum Nachteil der Figurenpsychologie, die es kaum gibt Und so lesen sich viele Seiten schon jetzt wie das Script zum Film Dazu passt die Basisstruktur des Plots: die ganze Welt ist bedroht, die Panik wächst, die Stunde des heroischen Retters hat geschlagen Ein Krimi jenseits der kanonischen Gattungsschemata kann Browns Inferno dennoch sein Für die Leser Dantes nämlich Sie können vieles (wieder-)entdecken, das sie aus der Divina Commedia kennen oder das ihnen bekannt vorkommt Ein schier unendlicher Raum kreativen Assoziierens tut sich damit auf und regt dazu an, in Dantes Original zu blättern, zu suchen und zu finden Zu dieser detektivischen Arbeit der philologischen Art möchten die nachstehenden Seiten ihren Beitrag leisten Inferno ist bei Brown die Bezeichnung für ein Virus aus dem Labor von Bertrand Zobrist Es wurde dazu konzipiert, Menschen steril zu machen Das Virus Inferno soll Rettung sein und Strafe Rettung für die Menschheit, Strafe - wie bei Dante - für die Sünder Das sind nach Zobrist all jene, die das größte globale Problem nicht sehen wollen, die Überbevölkerung des Planeten Erde Denn die Zahl der Lebenden muss schrumpfen Nur ein Teil soll überleben dürfen, wofür Inferno, Zobrists Pathogen, endlich sorgen muss und wird Ort und Zeit der Freisetzung seines Virus hat Zobrist nach einem Dante-Code angekündigt Die World Health Organization (WHO) kennt das Datum, aber nicht den Ort Das Versteck wird sich allein dem Dante-Spezialisten Robert Langdon erschließen, Professor der Schönen Künste in Harvard Er versteht es, Symbole zu lesen, Dante-Texte zu identifizieren und sie hermeneutisch zu entschlüsseln Im Auftrag der WHO soll Langdon Zobrists zynischen Plan verhindern Kaum ist er in Florenz eingetroffen, verwandelt sich die schöne heile Welt der Stadt am Arno in das brutale Inferno des Thrillers Langdon erwacht, durch einen Streifschuss von Gedächtnislücken massiv betroffen, in einem Krankenbett Visionen, die aus Dantes Inferno stammen könnten, suchen ihn heim 2_IH_Italienisch_74.indd 31 16.11.15 07: 55 32 Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Christof Weiand «Langdon trat einen Schritt auf den Fluss zu Er wollte ihn durchqueren, doch das Wasser, das blutrote Wasser, war zu tief Als er den Blick wieder zu der verschleierten Frau hob, hatte sich die Zahl der Körper zu ihren Füßen vervielfacht Jetzt waren es Hunderte, vielleicht Tausende, manche noch am Leben, sich windend in entsetzlichen Qualen, unvorstellbare Tode sterbend … verzehrt vom Feuer, unter Fäkalien begraben, einander verschlingend Die klagenden Schreie der Gepeinigten hallten über das Wasser .» 4 Unerwartete Hilfe erfährt Langdon zu seinem Glück von Dr Sienna Brooks, angeblich seine Ärztin Sie entzieht Langdon dem Zugriff seiner Verfolger, die Auftragskiller sein müssen Langdon und Brooks verfolgen die Spuren des rätselhaften Dante-Codes Und sie werden fündig Oder doch nicht? Dan Browns Thriller Inferno beschwört ein Dreieck des Unheimlichen, Lauernden, Bösen Die Städte Florenz, Venedig, Istanbul spannen es auf und sind zugleich seine labyrinthischen Schauplätze Hinter den Fassaden urbaner Hochkulturen verbirgt sich die Hölle Eine diesseitige, von Zobrist regierte Hölle Was genau dieser Oberteufel im Schilde führt, liegt im Dunkeln Nur soviel ist bekannt: Es hat mit Dante zu tun Das Aufspüren des Verstecks ist megakompliziert Der geheime Ort, den Zobrists Inferno-Fantasie zu diesem Zweck aufgetan hat, liegt irgendwo in Florenz oder Venedig oder Istanbul Die Zeit rast In einem Video hat sich Zobrist als mittelalterlicher Pestdoktor inszeniert, den Tod im Gepäck Er spricht von bevorstehenden letzten Dingen, von ‹Inferno› und er droht Das Virus steht im Begriff, aktiv zu werden Oder führt Zobrist alle am Nasenring durch die Arena? Er selbst hat Spuren gelegt, die zum Versteck führen sollen Sie sind eingezeichnet in die von ihm manipulierte Version der Mappa dell’Inferno, die Langdon zugespielt worden ist Sodann ist da Dantes Totenmaske Auch hier hat Zobrist ganze Arbeit geleistet Als generöser Mäzen hat er die Maske dem Stadtmuseum von Florenz als Dauerleihgabe hinterlassen und präpariert Die Maske ist plötzlich verschwunden, und muss wiedergefunden werden, Anlass für spektakuläre Verfolgungsjagden der Protagonisten durch fast alle Räume der florentinischen Kunstgeschichte und Kernstück des Thrillers aus dem Atelier von Dan Brown Als Langdon und seine Begleiterin Sienna Brooks der Maske habhaft geworden sind, wird ein ‹Spiralgedicht› sichtbar: Ein Text - ein wenig Dante, viel Zobrist Der verschlüsselte Texte weist den Weg zum Virus Langdons professionelle Gegenspieler gehören einem Konsortium an, einer international agierenden Art von Task-Force Sie wird von einem Provost koordiniert, der von der High-tech-Yacht Mendacium aus operiert, «die einem 2_IH_Italienisch_74.indd 32 16.11.15 07: 55 3 3 Christof Weiand Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown futuristischen Kriegsschiff ähnelt […]» 5 In dunklen Vans getarnt, verfolgen die Agenten des Provost den listenreichen Langdon, wohin auch immer er sich ihnen in Florenz zu entziehen sucht Der Roman Inferno setzt erzähltechnisch drei Ebenen der Ereignisse zueinander in chronotopische Beziehung: erstens, Langdons hochdramatischen Wettlauf gegen die Uhr; simultan dazu, zweitens, die Winkelzüge und Machenschaften der Agenten des Konsortiums; und drittens, in Rückblenden (Analepsen) eingespielt, die Schlüsselszenen aus den Begegnungen Zobrists Einmal mit Elizabeth Sinskey, der Leiterin der WHO und auf immer Zielscheibe seiner Rache Sodann mit Sienna Brooks, seiner einstigen Geliebten, die urplötzlich zusammen mit Langdon - für welchen Auftraggeber eigentlich? - in Florenz agiert Die dreiteilige Romanhandlung ist mit den großformatigen Szenerien der Städte Florenz, Venedig und Istanbul korreliert 61 der 104 Kapitel - oder 380 Seiten des Thrillers - schildern die sich blitzartig jagenden Ereignisse in Dantes Geburtsstadt Venedig wird in 22, Istanbul in 20 Kapiteln zur Kulisse des dramatischen Nervenkitzels, der von der infernalischen Welt des Dan Brown und seinen Figuren Besitz ergriffen hat Das Panorama Venedigs entfaltet sich dabei auf 150 Seiten, auf 125 Istanbul Während der Umfang der Narrative abnimmt, steigt die Spannung des Thrillers 2. Prolog und epilog Die 104 Kapitel des Romans werden von einem «Prolog» und einem «Epilog» flankiert Das bereichert den Text um die Dimension epischer Dynamik Der Prolog versetzt den Leser in die Welt der panisch rasenden Gedankenströme Zobrists Von den Agenten des Konsortiums hautnah verfolgt, rennt er an den Ufern des Arno um sein Leben Schon hat er die Stufen des Badia-Turms erklommen, ein fatal folgenreicher Schritt Hier der Beginn der unheimlichen Szene: «Ich bin der Schatten. Ich fliehe durch die trauernde Stadt. Durch das ewige Leid hindurch ergreife ich die Flucht. Ich haste entlang am Ufer des Flusses Arno, atemlos…» 6 «I am the Shade. Through the dolent city, I flee. Through the eternal woe, I take flight. Along the banks of the river Arno, I scramble, breathless …» 7 2_IH_Italienisch_74.indd 33 16.11.15 07: 55 3 4 Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Christof Weiand Die Dante-Leser erkennen sofort typische Dante-Syntagmen Zu allererst das Wort ombra, das Dante 44 Mal in seinem Epos verwendet Der erste Beleg findet sich gleich im ersten Gesang des Inferno (Inf I, 65-66), als Dante, in die Jenseitswelt der Hölle verschlagen, in großer Todesangst einen Schatten (Vergil) um Hilfe anruft: «‹Miserere di me› gridai a lui, ‹qual che tu sii, od ombra od omo certo! ›» «‹Erbarme dich meiner›, rief ich ihm da zu, ‹wer du auch seist, Schatten oder fester Mensch! ›» 8 Auch die Syntagmen «trauernde Stadt» («dolent city») und «ewige[s] Leid» («eternal woe») sind als berühmte Dante-Zitate spontan erkennbar Sie sind der Inschrift über dem Tor zur Unterwelt entnommen (Inf III, 1-3) Dort steht die abschreckende Mahnung: «PER ME SI VA NE LA CITTÀ DOLENTE, PER ME SI VA NE L’ETTERNO DOLORE, PER ME SI VA TRA LA PERDUTA GENTE .» «DURCH MICH GEHT’S EIN ZUR STADT DES JAMMERS, / DURCH MICH GEHT’S EIN ZUR ENDLOSEN QUAL, / DURCH MICH GEHT’S EIN ZU DEN VERLORENEN MENSCHEN .» 9 Die dumpf raunenden Sätze Zobrists, die gleichsam aus dem Off kommen, sind als Versfragmente angelegt Browns Romananfang ist offensichtlich der Terzinenkunst Dantes nachempfunden Ihre im Vergleich zu Dantes hoher Kunst bescheidene und fragmentarische Struktur lässt sich dabei als bewusst eingesetzte Geste der Demut Dan Browns gegenüber Dante lesen Browns literarischer Anti-Held, Bertrand Zobrist, dessen Gedanken sich in einem stream of consciousness dem Leser geheimnisvoll und rätselhaft zu offenbaren beginnen, ist durch und durch ein ‹Dante-Fanatiker› 10 Die Welt des Inferno Dantes und dessen sich überblendende Bilder bestimmen die abgründige Dramatik seiner letzten Augenblicke: «Während ich emporsteige, überkommen mich die Visionen in schneller Folge … sündige Leiber, die sich in feurigem Regen winden, verfressene Seelen, die in Exkrementen treiben, verräterische Schurken, erstarrt in Satans eisigem Griff .» 11 2_IH_Italienisch_74.indd 34 16.11.15 07: 55 35 Christof Weiand Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Die drei Visions-Fragmente Zobrists lassen sich referenzialisieren und sie verweisen auf die folgenden Gesänge des Inferno: a) «sündige Leiber, die sich in feurigem Regen winden» entsprechen (Canto XIV, 28 ff .) - «piovean di foco dilatate falde» («in dichten Flocken regnete Feuer herab») 12 ; b) «verfressene Seelen, die in Exkrementen treiben» (Canto XVIII, 112 ff .) - «giù nel fosso vidi gente attuffata in uno sterco che […]» («unten sah ich im Graben Leute, die steckten in einem Kot, wie er […]») 13 ; c) «verräterische Schurken, erstarrt in Satans eisigem Griff» - (Canto XXXIV, 58 ff .) Als größten Verräter in der Menschheitsgeschichte nennt Dante an dieser Stelle Judas Ischarioth («Giuda Scarïotto») 14 Sichtbare Dante-Topoi im Kontext des Prologs ergeben die Stichwörter «Fegefeuer», «Exil» und besonders der Name Vergils («Führe mich, o Vergil, durch die Leere») Auch das Epitheton der «blutroten Wasser» und auf überragende Weise die Vokabel «Sterne» verweisen zurück auf Dante Das kann die Phantasie der Leser Dantes nachhaltig beflügeln Als formsymmetrisch zum ternären Beginn des Prologs erweist sich dessen dreifach gestufter Schluss, wenn Zobrist im Sprechen seines «letzten Gebet[s]» sein Vermächtnis an die Nachwelt zynisch umreißt: «Mein Geschenk ist die Zukunft Mein Geschenk ist die Erlösung Mein Geschenk ist … Inferno .» 15 «My gift is the future My gift is salvation My gift is … Inferno .» 16 Ist der Prolog in Düsternis gehüllt, so hat der Epilog den kathartischen Effekt des comic relief zu bieten Browns heroischer Protagonist, Langdon, hat alle Abenteuer überstanden, seine Dante-Expertise immer wieder unter Beweis gestellt Jetzt kehrt der Held in die Heimat zurück «Vierunddreißigtausend Fuß über der dunklen Weite der Biskaya glitt der Alitalia-Nachtflug durch den monderhellten Himmel westwärts in Richtung Boston An Bord saß Robert Langdon vertieft in eine Taschenbuchausgabe von Dantes Göttlicher Komödie Der Rhythmus der trällernden Terzinen hatte ihn zusammen mit dem monotonen Rauschen der Turbinen in einen nahezu hypnotischen Zustand versetzt Dantes Worte schienen aus den Seiten zu fließen und in seinem Herzen widerzuhallen, als wären sie in diesem Moment eigens für Langdon geschrieben .» 17 2_IH_Italienisch_74.indd 35 16.11.15 07: 55 36 Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Christof Weiand Magie - oder doch Ironie? - der Zahlen und ihrer Symbolik? Die 34-tausend Fuß erscheinen im gegebenen Zusammenhang des Romanfinales wie eine postmodern konzipierte Anspielung auf die formale Anlage der Commedia Postmodern auch deshalb, weil die Unkonventionalität der Analogie - Zahl der Canti hier, Flughöhe dort - zwei Epochen, das Mittelalter und die technizistische Moderne einander überblendet Für einen Moment leuchtet Browns Thriller auf als ernst zu nehmendes Artefakt der Post-Postmoderne Die Höhenangabe realisiert zugleich einen Rückbezug auf jene Szene, in der Langdon sich vergeblich an eine Textstelle der Commedia zu erinnern suchte Statt der Verse memoriert er nur die äußere Form des Epos: «Die Divina Commedia bestand aus genau einhundert canti, aufgeteilt in drei Bücher: Inferno 1 - 34 Purgatorio 1 - 33 Paradiso 1 - 33 Paradiso fünfundzwanzig, dachte Langdon und wünschte, sein fotografisches Gedächtnis hätte den gesamten Text gespeichert .» 18 In dieser autoreflexiven Perspektivierung dient die recht banale morphologische Information zur Commedia der poetologischen Kohäsion des romanesken Texts von Dan Brown 3. Der Malebolge Dante hat das Zentrum der Höllenstrafen im «Malebolge» - «Schurkenzwinger» 19 des achten Kreises der Hölle lokalisiert Dort werden in zehn Gruben die zehn Hauptsünden nach dem Schlüssel des contrappasso bestraft Sandro Botticelli hat die Topographie dieser Hölle in der Version seiner Mappa dell’Inferno ins Bild gesetzt Langdon kennt diese Topographie «Langdon zeigte Dias mit Vergrößerungen des Malebolge und führte das Publikum der Reihe nach durch die Gruben ‹Von oben nach unten haben wir hier [1] die Verführer, ausgepeitscht von Dämonen; [2] die Schmeichler, in menschlichen Exkrementen treibend; [3] die klerikalen Geschäftemacher, kopfüber im Boden mit zappelnden Beinen; [4] die Zauberer und Hexen mit ihren umgedrehten Köpfen; [5] die korrupten Politiker und Beamten in kochendem Pech; [6] die Scheinheiligen in ihren bleiernen Umhängen; [7] die Diebe, von Schlangen gebissen; [8] die falschen 2_IH_Italienisch_74.indd 36 16.11.15 07: 55 37 Christof Weiand Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Ratgeber, von Flammen verzehrt; [9] die Zwietrachtstifter, zerhackt von Dämonen … und schließlich [10] die Lügner, bis zur Unkenntlichkeit zerfressen von Krankheiten .›» 20 Rasch stellt Langdon aber fest, dass «die Reihenfolge der Gruben im Malebolge verändert» worden sind . 21 Hier sein Befund: «Die letzte Grube des Bösen sollte voll mit Kranken und Aussätzigen sein, nicht mit kopfüber im Boden steckenden Leuten! Die zehnte Grube ist für die Lügner, nicht die klerikalen Wucherer! » 22 Hartmut Köhler hat Sandro Botticellis La voragine infernale aus der Biblioteca Apostolica Vaticana in seiner Dante-Übersetzung abgedruckt und daraus ein Schema entwickelt . 23 Dieses Schema fehlt in keiner kommentierten Dante- Ausgabe Hier soll ein Auszug daraus Browns Botticelli-Kennerschaft transparent machen und einen kurzen Blick auf die Leistung seiner deutschen Übersetzer ermöglichen . 24 1) Verführer, XVIII, 1 Teil; 2) Schmeichler, XVIII, 2 Teil; 3) Simonisten (Postenschacherer), XIX; 4) Wahrsager, Hexer, Zauberer, XX; 5) Gauner, XXI, XXII; 6) Heuchler, XXIII; 7) Diebe und Räuber, XXIV, XXV; 8) Unlautere Ratgeber, XXVI, XXVII; 9) Zwietrachtstifter, XXVIII, XXIX, 1 Teil; 10) Fälscher, XXIX, 2 Teil, XXX Zobrist hat in die Mappa Botticellis Buchstaben eingefügt Sie bilden das rätselhafte Wort CATROVACER, aus zehn Lettern zusammengesetzt Es wird erst in der Form von CERCA TROVA (Suche und du wirst finden) als Handlungsauftrag im Sinne des Romans lesbar . 25 Diese Entzifferung ist Langdon und Brooks unter höchstem Zeitdruck gelungen 4. Dantes Florenz Florenz ist bei Dan Brown die Stadt der großen Künstler - Michelangelo, Vasari, Botticelli und viele andere Zu allererst aber ist Florenz die Stadt Dantes Überall finden sich Monumente, Spuren und Reminiszenzen seiner Anwesenheit Die Liste der locations ist lang und sie illustriert den Dante-Kult, den 2_IH_Italienisch_74.indd 37 16.11.15 07: 55 3 8 Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Christof Weiand Browns Roman pflegt Dazu sollen nur drei emblematische Dante-Orte erwähnt werden: das Museo Casa di Dante38, 26 die Chiesa di Santa Margherita dei Cerchi38 27 - hier sieht Dante seine Beatrice zum ersten Mal, das Battisterio di San Giovanni38 28 - Dantes Taufkirche, dessen Deckenmosaik für einen Augenblick die Aufmerksamkeit der rastlosen Protagonisten auf sich zieht: «Das furchterregende Mosaik zeigte einen gehörnten Teufel, der einen Menschen mit dem Kopf voran fraß Die Beine des Opfers baumelten auf eine Weise aus Satans Maul, die an die halb begrabenen Sünder in Dantes Malebolge erinnerte Lo ’mperador del doloroso regno, rief sich Langdon Dantes Schilderung ins Gedächtnis Der Herrscher des Reichs der Schmerzen […] Langdon kramte in seinem Gedächtnis nach Fragmenten von Dantes Bildersprache Mit drei Gesichtern sah ich ihn erschein’ … die auf drei Kinn’ in blut’gem Geifer flossen … und arme Sünder malmt entzwei … Flachsbrechen gleich, der scharfen Zähne drei. Das dreifaltige Böse Satans besaß tiefe symbolische Bedeutung - es war das perfekt ausbalancierte Gegenstück zur Glorie der Heiligen Dreifaltigkeit .» 29 Die Textstelle verbindet auf bemerkenswerte Weise die Elemente der Bildbeschreibung, der Ekphrasis, mit denen der Zitat-Collage aus dem 34 Canto des Inferno (vv 28 ff .) . 30 Eine knapp gehaltene symbolische Ausdeutung - Langdon ist nicht umsonst Dan Browns professioneller Zeichenleser oder ‹Symbolologe› - rundet den Augenblick der Bildbeschreibung vieldeutig ab und lädt ein zur Kontemplation Augenblicke des Innehaltens sind allerdings nicht die Sache eines Thrillers Gelegentlich ergibt sich dennoch die Gelegenheit, einen kurzen Blick etwa auf diese Inschrift zu werfen: «DOCH WOHL STAND DIESER STADT DAS OPFER ZU, DAS SIE DER BRÜCKENWACHT, DEM WÜSTEN STEINE MIT BLUT GEBRACHT IN IHRER LETZTEN RUH .» 31 [Par XVI, 145-7] Der Dante-Kult, die Verwobenheit von Stadtkultur und Dichterbiographie wird von Dan Brown Mal um Mal vervollständigt, leserfreundlich romantisiert und fokussiert im Sinne einer modernen kollektiven Sehnsucht nach absoluter Einmaligkeit des Erlebens und rauschhafter Gefühle gelebter Teilhabe: 2_IH_Italienisch_74.indd 38 16.11.15 07: 55 39 Christof Weiand Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown «Keine andere Stadt der Welt war enger mit Dante Alighieri verbunden Er war hier geboren, aufgewachsen, hatte sich hier in Beatrice von Florenz [sic] verliebt, wenn man den Gerüchten Glauben schenkte, und war auf grausame Weise aus seiner Heimat exiliert worden, um viele Jahre lang voller Sehnsucht durch Italien zu wandern .» 32 Dan Brown zeigt sich sichtbar emphatisch bemüht, Dante als glamourösen Helden der Moderne zu zeichnen: «Dantes Vision der Hölle, dachte Langdon Live und in Farbe Überschwänglich gefeiert als eines der bedeutsamsten Werke der Weltliteratur, zählte Inferno zu einem der drei Bücher von Dantes Commedia, auch die Göttliche genannt: ein mehr als 14000 [14 .233] Zeilen umfassendes episches Werk, das Dantes brutalen Abstieg in die Unterwelt beschrieb, seine Reise durch das Fegefeuer und schließlich die Ankunft im Paradies Von den drei Büchern der Commedia - Inferno, Purgatorio und Paradiso - war Inferno das mit Abstand denkwürdigste .» 33 Textstellen dieser Prägung sind möglicherweise dem schillernden Stilideal zeitgenössischer amerikanischer Populär-Romane geschuldet, die name-dropping, New Historicism und New Cultural History zu einem geschliffenen Life-style-Diskurs verschmelzen Dadurch entsteht bei Dan Brown die Spontan-Attitüde fiktiver Geschichtlichkeit, die ebenso rasch aktuell ist wie schon wieder belanglos Das betrifft Dantes Totenmaske, der die bedeutsamste Funktion in diesem Roman zufällt Zunächst tritt sie im Fokus kollektiver sentimentaler Erinnerung und Verehrung für Dante in Erscheinung: «Der Palazzo Vecchio ist das älteste Symbol von Florenz und war zu Dantes Zeit der Mittelpunkt der Stadt Es gibt ein berühmtes Gemälde im Duomo, das Dante vor der umwallten Stadt zeigt, in der Verbannung, und im Hintergrund erhebt sich der Turm des Palazzo Wir glauben, indem wir seine Totenmaske hier aufbewahren, haben wir ihm in gewisser Weise erlaubt, endlich nach Hause zurückzukehren .» 34 Im Kontext der Dante-Zitate, die Dan Brown in seinen Roman integriert, wird von dieser Maske des Todes weiter unten noch einmal die Rede sein 2_IH_Italienisch_74.indd 39 16.11.15 07: 55 4 0 Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Christof Weiand 5. Kreative rezeption Den Dante-Kult veranschaulicht in besonderer Weise die Thematisierung der produktiven Rezeption des Autors Dante und seines Werks durch die Künste Langdon, international gefragter Dante-Conferencier, liebt es, seine Dante- Vorträge damit einzuleiten: «Langdon hielt eine winzige Fernbedienung in der Hand Er drückte auf einen Knopf, und ein Dante-Bild erschien auf der Leinwand hinter ihm Es stammte von Andrea del Castagno und zeigte ein Ganzkörperporträt des Poeten, der in einer Tür stand In der einen Hand hielt Dante ein Buch, die andere hatte er grüßend ausgestreckt ‹Dante Alighieri›, begann Langdon ‹Der florentinische Schriftsteller und Philosoph lebte von 1265 bis 1321 In diesem Porträt trägt er, wie in nahezu allen anderen Darstellungen auch, eine rote cappuccio auf dem Kopf, eine eng sitzende gerippte Haube mit Ohrenklappen sowie einen roten Lucca-Mantel So wird Dante in der Kunst am häufigsten dargestellt …›» 35 Zur Malerei tritt alsbald die Musik hinzu: «Monteverdi, Liszt, Wagner, Tschaikowsky und Puccini hatten Kompositionen geschaffen, die auf Dantes Werk zurückgingen, genau wie eine von Langdons Lieblingskünstlerinnen der Gegenwart, Loreena McKennitt .» 36 Und natürlich haben auch die so zahlreich wie die nächtlichen Sterne hervortretenden Dante-Gesellschaften ihren Platz in diesem Buch: «Dante Alighieri war zu einer Kultfigur der Geschichte geworden Überall auf der Welt waren Dante-Gesellschaften entstanden Der älteste amerikanische Zweig war bereits 1881 von Henry Wadsworth Longfellow in Cambridge, Massachusetts gegründet worden Der berühmte ‹Kamindichter› aus New England war der erste Amerikaner gewesen, der die Göttliche Komödie ins Englische übertragen hatte: die bis zum heutigen Tage angesehenste und meistgelesene Übersetzung .» 37 Hier versucht sich Dan Brown als Kulturchronist und verlässlicher literarischer Patriot Ohne Frage gehört der amerikanische Erfolgsautor an erster 2_IH_Italienisch_74.indd 40 16.11.15 07: 55 41 Christof Weiand Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Stelle zu denjenigen, die wesentliche Beiträge zur Bedeutung Dantes in den Medien und auf dem Büchermarkt geleistet haben . 38 Das zeigt auch Browns weltweit auf einen Tag abgestimmtes Publikationsdatum seines Romans Inferno, der 14 Mai 2013 . 39 Was macht dieses Datum so interessant? Der 14 Mai ist das erste mögliche Geburtsdatum Dantes Dante, so die Forschung, ist «zwischen dem 14 Mai und dem 13 Juni [1265]» geboren . 40 Die von Dan Brown global und zeitgleich organisierte Veröffentlichung seines Inferno lässt Dante gleichsam symbolisch zu neuem Leben erwachen, zwei Jahre vor dem 750 Jubiläum dieses Ereignisses im Jahr 2015 6. Zitate aus Dantes Inferno Nachstehend werden nur Zitate nachgewiesen und diskutiert, die aus Dantes Inferno stammen Sie sind für Browns homonymen Roman weitaus bedeutsamer als die, wenn wir richtig zählen, zwei Textbelege aus dem Paradiso (XVI, XVII) und der Textsolitär aus dem Purgatorio (IX) Gleichwohl sind alle Textübernahmen durch den Autor Brown relevant für die dramatische Struktur des den Imperativ ‹Suche-Finde› fokussierenden Thrillers Dan Brown zitiert die weltberühmte erste Terzine der Commedia (Inf I, 1-3): «Auf halbem Weg des Menschenlebens fand Ich mich in einen finstern Wald verschlagen, Weil ich vom rechten Weg Mich abgewandt .» 41 Zobrist hat sie handschriftlich, die Terzinenform des Originals zum unregelmäßigen Vierzeiler aufbrechend, als Motto auf die Vorsatzblätter einer Ausgabe der Commedia geschrieben, die er dem Provost des Konsortiums geschenkt hat Für die Verwicklungen der Handlung und die Verwirrung der Protagonisten ist nicht unwichtig, dass es Sienna Brooks war, die den Kontakt von Zobrist mit dem Provost vermittelt hatte Langdon wird sich am Ende des Romans in anderem Kontext wörtlich an diese Terzine erinnern . 42 Der Autor zitiert den nicht weniger berühmten Vers aus Inferno III, 9: «IHR, DIE IHR HIER EINTRETET, LASST ALLE HOFFNUNG FAHREN .» 43 Es handelt sich um den letzten Vers der Inschrift über dem Tor zur Unterwelt Langdon zeigt anläßlich seines Vortrags «bei einer wichtigen Veranstaltung einer der ältesten Dante-Gesellschaften […], der Società Dante Alighieri di 2_IH_Italienisch_74.indd 41 16.11.15 07: 55 42 Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Christof Weiand Vienna» 44 die illustrative Lithographie der Szene nach Gustave Doré An sein Wiener Publikum richtet er die suggestive Frage: «‹Sind Sie bereit? ›, […] ‹Wollen wir eintreten? ›» 45 Auf dem Höhepunkt der Romanhandlung, der fieberhaften Suche nach dem Beutel, der Zobrists Virus enthält - die Szene spielt in einer mit Wasser gefüllten Kaverne der Hagia Sophia (Istanbul) -, ertönt aus einem nahe gelegenen Konzertraum Franz Liszts Dante-Symphonie Zu hören ist dabei der zitierte Vers, Lasciate ogne speranza voi ch’entrate Dazu heißt es bei Dan Brown: «Diese sechs Worte, die berühmteste Zeile in Dantes Werk, drangen die Stufen hinauf wie der bedrohliche Gestank des Todes Begleitet von den Bläsern intonierte der Chor die Warnung erneut ‹Lasciate ogne speranza voi ch’entrate! ›» 46 Brown übernimmt als Zitatfragment im italienischen Original sogar das mysteriöse Motiv der tre donne benedette (Inf II, 124) . 47 Damit sind Maria, die Gottesmutter, Lucia und Beatrice gemeint, deren gestuft inszenierte Intervention Dantes Rettung möglich macht, und Vergil als seinen Begleiter bestimmt Hier tritt Beatrice als Dantes Retterin erstmals in der Divina Commedia in Erscheinung a) Das Spiralgedicht Die große Bedeutung des Spiralgedichts legt hier und jetzt die Anlage eines kleinen Unterkapitels nahe Das Spiralgedicht ist zusammengesetzt aus einer Terzine Dantes (Inf IX, 61-63), an die Zobrist eigene dantesk ersonnene Verse angefügt hat . 48 Das Spiralgedicht ist somit eine hybride Text-Collage Der Text, verborgen in Dantes Totenmaske, zitiert zu Beginn die Terzine: «Ihr, die von gesundem Geist besessen, bemerkt die Lehre, die[,] vom Schlei’r umzogen, in sich verbirgt dies seltsame Gedicht .» Dann folgen Hinweise auf das Versteck des Pathogens, mit dem Zobrist die Menschheit bedroht Langdon bezieht sie verständlicherweise zuerst auf die Stadt Venedig, zuletzt auf Istanbul Hier der Text aus der Feder des dantesk inspiriert sich gebenden Bertrand Zobrist und, in eckigen Klammern, die stichwortartige Auflösung der moderat verrätselten Hinweise, die aus dem Verborgenen Langdons Wege bestimmen: 2_IH_Italienisch_74.indd 42 16.11.15 07: 55 4 3 Christof Weiand Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Suchet den verräterischen Dogen von Venedig [Dandolo] Der Rössern den Kopf abschlug Und die Knochen der Blinden raubte, [Hl . Lucia] Kniet nieder im vergoldeten Mouseion der Heiligen Weisheit . [Hagia Sophia] Dann legt das Ohr auf den Boden Und folgt dem Klang des tropfenden Wassers Folgt ihm tief in den Versunk’nen Palast, [türk . Yerebatan Sarayi] Denn hier im Dunkel lauert das chthonische Monster [das Virus ‹Inferno›] In den blutroten Wassern Der Lagune, in der sich nie spiegeln die Sterne Das Spiralgedicht ist Browns privilegiertes agonales Strukturelement, das mehr als dreißig Mal, unterschiedlich funktionalisiert, die Handlung begleitet und voran treibt Die poetische Funktion der 13 Verse wäre eine eigene Studie wert In Hinsicht auf die Dante-Terzine tritt das Stichwort «Schlei’r» 49 und seine polyvalente Bedeutung in den Vordergrund Die Welt des Romans und die Kausalität der Dinge sind bei Dan Brown häufig unter einem Schleier verborgen, der undurchdringlich scheint So ist auch das Gesicht von Elizabeth Sinskey, Zobrists Gegenspielerin, lange Zeit unter einem Schleier verhüllt Nebelschleier verbergen die schwimmende Operationszentrale, die Yacht Mendacium, die vor Venedig kreuzt Dantes Terzine, ein Metatext zu eigenen Rezeptionshoffnungen, lautet im Original: «O voi ch’avete li ’ntelletti sani, mirate la dottrina che s’asconde sotto ’l velame de li versi strani.» Für die Poetologie der Divina Commedia sind die Begriffe «dottrina» und «velame» hermeneutisch bedeutsam, schließlich will der Schriftsinn bei Dante (vierfach) erfasst und gedeutet sein Eine kurze Anmerkung zur Übersetzung der Dante-Zitate in der deutschen Version von Dan Browns Inferno Sie sind der Übersetzung der Göttlichen Komödie entnommen, die Karl Streckfuß zwischen 1824 und 1826 vorgelegt hat Der erste Vers der Terzine, «O voi ch’avete li ’ntelletti sani», lautet bei Streckfuß: «Ihr, die erhellt gesunden Geistes Licht» . 52 Bei Brown wird daraus: «Ihr, die von gesundem Geist besessen» Das ist Streckfuß nach Brown Wie ist dieser Eingriff in die Übersetzung zu erklären? Dazu werfen wir einen Blick in das amerikanische Original des Romans Dort lautet die Übersetzung des Verses «O voi ch’avete li ’ntelletti sani: O you possessed of sturdy intellect .» 53 Hier folgt Brown - und mit ihm seine Übersetzer ins Deutsche - dem amerikanischen Dante-Übersetzer Allen Mandelbaum . 54 2_IH_Italienisch_74.indd 43 16.11.15 07: 55 4 4 Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Christof Weiand Mandelbaums starker Begriff possessed - besessen für Dantes avere (gli) intelletti passt vorzüglich zur Charakterisierung des manisch agierenden Zobrist, ignoriert aber Dantes Adjektiv (intelletti) sani Als Folge davon wiederum scheint es geboten, den Vers von Streckfuß - «Ihr, die erhellt gesunden Geistes Licht» auszutauschen gegen «Ihr, die von gesundem Geist besessen» Die semantischen Implikationen der vielen nationalen Ausgaben der Divina Commedia für Dan Browns in vielen Sprachen publizierten Roman sind ein eigenes Thema für die Forschung b) Pseudo-Zitate Als Kuriosität sollen an dieser Stelle nur noch zwei Pseudo-Dante-Zitate erwähnt werden, mit denen Brown sein Inferno schmückt Das erste lautet: «Die heißesten Orte der Hölle sind reserviert für jene, die in Zeiten moralischer Krisen nicht Partei ergreifen .» Die Sentenz steht dem Roman als Paratext voran und sie wird mehrmals wieder aufgegriffen . 55 Als Warnung weist sie eine doppelte Rückbindung an Dantes Inferno auf Zum einen nimmt sie Bezug auf das System der Sieben Todsünden, die bei Brown wie en passant rekapituliert werden . 56 Zu diesen Sünden gehört besonders hervorstechend die accidia, 57 hier als ‹Nicht-Partei-Ergreifen› angesprochen Zum anderen gibt sich das System Sünde-Strafe hier modernistisch harmlos - Hölle … reserviert für - und aktualisiert die zeitlose Folgerichtigkeit von Verbrechen und Strafe als wechselseitiger Bedingung Das zweite Pseudo-Zitat ist ein moralischer Appell: «Vergiss nicht den heutigen Tag - er ist der Anfang der Ewigkeit» . 58 Als solcher trägt der Sinnspruch ein wenig zur emotionalen Aufladung des Romans bei, denn er fällt in der Abschiedsszene von Robert Langdon und Sienna Brooks Er fügt sich daher scheinbar mühelos ein in den Kontext, der vom «ewigen Leben» Dantes 59 handelt 7. Figurale Analogien Das Leben - der Tod Sie werden von den zwei Antagonisten des Romans repräsentiert Von Bertrand Zobrist, der von sich behauptet, er sei «der Tod», und von Elizabeth Sinskey, die sagen kann: «Ich bin das Leben» . 60 Ganz überzeugend setzt Browns Inferno diese Parteiung allerdings nicht um Offensichtlich ist aber, dass in seiner Welt des Inferno einer des anderen Teufel ist Per Video inszeniert sich Zobrist als grünäugig glühende Kreatur des Inferno: «Der Mann war im Schatten vor der Videoleinwand auf und ab gegangen - eine hagere, großgewachsene Silhouette vor dem Bild, das ein Gewirr nackter, toter Menschen zeigte und von Dantes Inferno inspiriert worden war .» 61 2_IH_Italienisch_74.indd 44 16.11.15 07: 55 4 5 Christof Weiand Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Für Zobrist ist Elizabeth Sinskey aus guten Gründen die «silberhaarige Teufelin», gerade weil sie seine «Peinigerin» 62 ist Auch Zobrists letztes Gebet reflektiert diesen Geist der überall lauernden Hölle: «Allmächtiger Gott, ich bete darum, dass die Welt mich nicht als einen ungeheuerlichen Sünder in Erinnerung behält, sondern als den glorreichen Erlöser, der ich, wie du weißt, in Wahrheit bin. Ich bete darum, dass die Menschheit begreift, welches Geschenk ich ihr hinterlassen habe .» 63 Zobrist, der «glorreiche Erlöser»: Diese blasphemische Formel entlarvt ihn als den verblendeten Fanatiker des Transhumanismus 64 , der er ist und der Gott und die Welt verleugnet Von einer solchen Blindheit ist in Browns Roman an einer Stelle die Rede, als Langdon erläutert: «In der antiken Mythologie ist ein verleugnender Held die ultimative Manifestation von Stolz und Hybris» . 65 Stolz oder Hybris aber sind in der Hölle Dantes eine Todsünde Das zeigt sein Ulisse (Inf XXVI), dessen Hybris prompt in den Tod führt Ob Zobrist doch noch eine Ahnung davon bei seinem letzten Schritt in den Abgrund beschleicht? Nicht an Mitmenschen wendet er sich, obwohl er Sienna Brooks, mit der ihn eine Liebesbeziehung verband, am Fuß des Badia- Turms stehen sieht «Ich sehe dein Gesicht Du starrst aus den Schatten zu mir herauf .» 66 Zobrists letzter - dürfen wir sagen ‹Hilferuf›? - richtet sich an einen literarischen Mythos, an Vergil: «Führe mich, o Vergil, durch die Leere .» 67 Noch einmal also Vergil? Denn - hatte sich nicht auch Dante mit einem ähnlichen Hilferuf an Vergil gewandt? «Poeta, io ti richeggio […] che tu mi meni» - «Dichter, […] ich (bitte) dich […], dass du mich … führst» (Inf I, 130-133) . 68 Diese Worte spricht freilich der reuige Dante auf dem Weg zu seiner Läuterung Ob Zobrist - bei aller Dante-Belesenheit - diesen Weg für sich je hat aufleuchten sehen? Die profane Philosophie des Thrillers wird dies wohl verneinen müssen 8. Schlussbemerkung Dantes Inferno ist als Wissenswelt und Bilderkosmos konstitutiv für Browns gleichnamigen Roman Das macht Dan Browns Inferno zum Medium der kreativen Dante-Rezeption in unserer Gegenwart des 21 Jahrhunderts Browns spielerischer Umgang mit Dante hat für seine Leser etwas Ergreifendes und Erfrischendes, denn sie führt mühelos an die Divina Commedia heran Dan Browns Inferno trägt auf diese Art schon jetzt dazu bei, dass Dante über Italien hinaus viele neue - und besonders auch junge - Leser erreicht Das ist, gewiss, ein Grund zur Freude 2_IH_Italienisch_74.indd 45 16.11.15 07: 55 4 6 Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Christof Weiand Abstract La poetica del romanzo Inferno di Dan Brown ravvia con enfasi il mondo infernale di Dante, spazio buio, sanguinante, traumatizzante, escogitato per la punizione di peccatori ‹Inferno›, virus nuovamente venuto al mondo con Dan Brown e i suoi protagonisti, punirà a modo suo la pianeta sovrappopolata e le istituzioni che ne sono responsabili come la WHO È questa l’idea di rivincita di un certo Zobrist, fanatico trasumanista americano e fan di Dante - protagonista forse alquanto postmoderno, volendosi eroico salvatore classico, cieco invece al proprio narcisismo cinico Robert Langdon, professore d’arte e dantista esemplare, conférencier richiesto dappertutto, è l’antagonista invincibile di Zobrist Li accomuna, Zobrist e Langdon, il codice dantesco alla Dan Brown: La mappa dell’Inferno di Botticelli (il Malebolge), il Salone dei Cinquecento e l’importante dettaglio di un quadro di Vasari, lo spazio della biografia di Dante cittadino fiorentino e le loro iconografie (Museo Casa di Dante, Chiesa di Santa Margherita dei Cerchi, Battisterio di San Giovanni), la maschera di Dante (nascondiglio alla vibrazione gotica di una poesia enigmatica), la vastità esasperante delle città turistiche di Firenze, Venezia, Istanbul - efficaci luoghi d’azione folkloristici a servizio del thriller browniano Il saggio pubblicato in questa sede si dedica alla struttura morfologica del romanzo (capitoli, prologo, epilogo), alla topografia agonale del Malebolge dantesco-botticelliano-browniano come fonte di finzioni e di allucinazioni, alla Firenze, città d’arte, e - last but not least - alle specifiche citazioni dalla Commedia (e le loro traduzioni tedesche e americane), campo semantico della ricerca letterario-estetica quasi sconfinato Anmerkungen 1 Dan Brown, Inferno. A Novel, New York: Doubleday 2013 . Alle amerikanischen Originalzitate folgen dieser Ausgabe, zit . als Brown, Inferno am 2 Dan Brown, Inferno . Thriller, Köln: Bastei Lübbe 2013 . Alle deutschen Zitate folgen dieser Ausgabe, zit . als Brown, Inferno dtsch 3 Vgl . zu dieser gattungstheoretischen Frage Glenn W . Erickson, «Auf der Suche nach der verlorenen Gattung: Dan Browns Inferno als moderne Parodie», in: Die Wahrheit hinter Dan Browns Inferno, Dan Burstein/ Arne de Keijzer (Hrsg .), München: Goldmann 2013, S . 90-103 4 Brown, Inferno dtsch ., S .15 5 Brown, Inferno dtsch ., S . 448 6 Brown, Inferno dtsch ., S .11 7 Brown, Inferno am ., S . 5 8 Alle Dante-Zitate im Original und in deutscher Übersetzung folgen der Ausgabe und Übersetzung der Divina Commedia, die Hartmut Köhler vorgelegt hat . Dante Alighieri, La Commedia. Die Göttliche Komödie . I . Inferno / Hölle . Italienisch / Deutsch . In Prosa 2_IH_Italienisch_74.indd 46 16.11.15 07: 55 47 Christof Weiand Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown übersetzt und kommentiert von Hartmut Köhler, Stuttgart: Philipp Reclam jun . 2010, zit als Dante, Inferno (Köhler), S . 16-17 9 Dante, Inferno (Köhler), S . 42-43 10 Brown, Inferno dtsch ., S . 528 11 Brown, Inferno dtsch ., S . 12 12 Dante, Inferno (Köhler), S . 212-213 13 Dante, Inferno (Köhler), S . 276-277 14 Dante, Inferno (Köhler), S . 528-529 15 Brown, Inferno dtsch ., S . 14 16 Brown, Inferno am ., S . 7, dort ohne Auslassungszeichen (auch grafische Details sind semiotisch relevant) 17 Brown, Inferno dtsch ., S . 681 18 Brown, Inferno dtsch ., S . 295 19 Dante, Inferno (Köhler), S . 266-267 20 Brown, Inferno dtsch ., S . 136 21 Brown, Inferno dtsch ., S . 137 22 Brown, Inferno dtsch ., S . 137 23 Dante, Inferno (Köhler), S . 544-545 24 Dante, Inferno (Köhler), S . 545 25 Brown, Inferno dtsch ., S . 159 ff 26 Brown, Inferno dtsch ., S . 325 27 Brown, Inferno dtsch ., S . 331 28 Brown, Inferno dtsch ., S . 351 29 Brown, Inferno dtsch ., S . 354 30 Dante, Inferno (Köhler), S . 526-527 31 Brown, Inferno dtsch ., S . 211 . Die Verse zitieren Paradiso XVI, 145-147 . Vgl . Dante Alighieri, La Commedia. Die Göttliche Komödie . III . Paradiso / Paradies . Italienisch / Deutsch . In Prosa übersetzt und kommentiert von Hartmut Köhler, Stuttgart: Philipp Reclam jun . 2012, zit . als Dante, Paradiso (Köhler), S . 380-381 32 Brown, Inferno dtsch ., S . 120 33 Brown, Inferno dtsch ., S . 95 34 Brown, Inferno dtsch ., S . 247 35 Brown, Inferno dtsch ., S . 123 36 Brown, Inferno dtsch ., S . 96 37 Brown, Inferno dtsch ., S . 121 38 Die Bedeutung Dantes für Dan Brown - und damit für die Leser des amerikanischen Autors - beschreibt Giuseppe Mazzotta mit diesem interessanten Gedanken: «Dante [spielt] in Dan Browns Roman nur deshalb eine zentrale Rolle, weil sein Gedicht eine Art imaginärer und moralischer Kompaß für den Roman ist: Es gibt ein geheimes, einzigartiges Wissen über die Natur und das Wesen unserer zeitgenössischen Welt preis und deckt es auf .» Giuseppe Mazzotta, «Widersinnig, aber nicht absurd: Dan Browns Inferno macht sich Dantes Perspektive mehr zu eigen als man meinen sollte», in: Die Wahrheit hinter Dan Browns Inferno, Dan Burstein/ Arne de Keijzer (Hrsg .), München: Goldmann 2013, S . 104-5 39 Dieses Datum zeigt der Eintrag einer Leseprobe zu Inferno an, abgedruckt am Ende der Taschenbuch-Ausgabe von Illuminati . Vgl . Dan Brown, Illuminati . Thriller, Köln: Bastei Lübbe Taschenbuch (Bd .14866), S . 18 40 Ulrich Prill, Dante, Stuttgart, Weimar: Metzler 1999, S . 5 2_IH_Italienisch_74.indd 47 16.11.15 07: 55 4 8 Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Christof Weiand 41 Brown, Inferno dtsch ., S . 114 . Inferno I, 1-3, die erste Terzine der Commedia 42 Brown, Inferno dtsch ., S . 598 43 Brown, Inferno dtsch ., S . 128 44 Brown, Inferno dtsch ., S . 122 45 Brown, Inferno dtsch ., S . 128 46 Brown, Inferno dtsch ., S . 595 47 Brown, Inferno dtsch ., S . 444 48 Brown, Inferno dtsch ., S . 375 49 Die Übersetzung stammt von Karl Streckfuß (Halle 1824-26, 3 Bde ., 9 . Aufl . 1871; Stuttgart 1893) . Wir zitieren nach der Ausgabe Dante Alighieri’s Göttliche Komödie, übersetzt und erläutert von Karl Streckfuß, Rudolf Pfleiderer (Hrsg .), Leipzig: Philipp Reclam jun . [Vorwort, August 1876], zit . als Dante Inferno (Streckfuß) S . 52 50 Dante, Inferno (Köhler), S . 138-139 51 Als sehr instruktiv erweist sich in diesem Kontext Horst-Jürgen Gerigk" «Der vierfache Schriftsinn», in: ders ., Lesen und Interpretieren, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2002, S . 119-139 52 Dante Inferno (Streckfuß), S . 52 53 Brown, Inferno dtsch ., S . 275 54 Allen Mandelbaums Dante-Übersetzungen ( Inferno, 1980; Purgatorio, 1982; Paradiso, 1984) sind online im Web zugänglich 55 Brown, Inferno dtsch ., S . 242, 473, 681 56 Brown, Inferno dtsch ., S . 153, 370 57 Vgl . zur accidia als «Lähmung in der Entschlußlosigkeit» Hugo Friedrich, Epochen der italienischen Lyrik, Frankfurt a . M .: Vittorio Klostermann 1964, 1982 f 58 Brown, Inferno dtsch ., S . 673 59 Brown, Inferno dtsch ., S . 676 60 Brown, Inferno dtsch ., S . 56 61 Brown, Inferno dtsch ., S . 203 62 Brown, Inferno dtsch ., S . 112 63 Brown, Inferno dtsch ., S . 14 64 Vgl . Arne de Keujzer, «Ein Überblick über Dan Browns Haltung zu Bevölkerungskontrolle, Technologie und Transhumanismus», in: Die Wahrheit hinter Dan Browns Inferno, Dan Burstein/ Arne de Keijzer (Hrsg .), München: Goldmann 2013, S . 151-167 65 Brown, Inferno dtsch ., S . 317 66 Brown, Inferno dtsch ., S . 13 67 Brown, Inferno dtsch ., S . 12 68 Dante, Inferno (Köhler), S . 24-25 Bibliographie Primärtexte Dante Alighieri’s Göttliche Komödie, übersetzt und erläutert von Karl Streckfuß, Rudolf Pfleiderer (Hrsg .), Leipzig: Philipp Reclam jun . [Vorwort, August 1876] Dante Alighieri: La Commedia. Die Göttliche Komödie . I . Inferno / Hölle . Italienisch / Deutsch . In Prosa übersetzt und kommentiert von Hartmut Köhler, Stuttgart: Philipp Reclam jun . 2010 2_IH_Italienisch_74.indd 48 16.11.15 07: 55 4 9 Christof Weiand Inferno als Kriminalroman - Dante und Dan Brown Dante Alighieri: La Commedia. Die Göttliche Komödie . II . Purgatorio / Läuterungsberg . Italienisch / Deutsch . In Prosa übersetzt und kommentiert von Hartmut Köhler, Stuttgart: Philipp Reclam jun . 2011 Dante Alighieri: La Commedia. Die Göttliche Komödie . III . Paradiso / Paradies Italienisch / Deutsch . In Prosa übersetzt und kommentiert von Hartmut Köhler, Stuttgart: Philipp Reclam jun . 2012 Dan Brown: Inferno . A Novel . New York: Doubleday 2013 Dan Brown: Inferno . Thriller . Köln: Bastei Lübbe 2013 . (Aus dem amerikanischen Englisch von Axel Merz und Rainer Schumacher) Sekundärtexte Burstein, Dan/ Keijzer, Arne de (Hrsg .): Die Wahrheit hinter Dan Browns Inferno, München: Goldmann 2013 Friedrich, Hugo: Epochen der italienischen Lyrik . Frankfurt a . M .: Vittorio Klostermann 1964 Gerigk, Horst-Jürgen: Lesen und Interpretieren . Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2002 Prill, Ulrich: Dante . Stuttgart, Weimar: Metzler 1999 2_IH_Italienisch_74.indd 49 16.11.15 07: 55 50 FrA N C e S C o AVoL io osservazioni sull’«Alfabeto Aquilano» Se è vero che la dialettologia non può non essere anche sociolinguistica e che, proprio per questo, non può non essere attenta a tutti i parametri della variazione - cioè non può non essere anche varietistica - è certamente altrettanto vero che la disciplina, nel corso della sua lunga storia, da una parte ha spesso enfatizzato la fase puramente descrittiva della ricerca, dall’altra ha non di rado utilizzato a questo scopo dati percettivi, classificazioni, pregiudizi e stereotipi forniti dai parlanti, associandoli, talvolta, alle proprie rappresentazioni senza ricorrere a criteri espliciti Uno dei difetti che possiamo imputare a questa o a quella ricerca dialettologica, senza voler fare per forza di ogni erba un fascio, è allora proprio quello di aver chiarito solo parzialmente i parametri di valutazione e di distinzione che venivano di volta in volta adottati Ciò è particolarmente evidente nel caso del problema, che non cessa di essere attuale, della classificazione dei dialetti d’Italia . 1 Un terreno interessante per mettere alla prova un atteggiamento più aperto ed elastico, da parte del dialettologo, nei confronti dei rapporti tra variazione dialettale e percezione è fornito da un caso recente di autorappresentazione linguistica, che chiama in gioco anche le tante problematiche che accompagnano l’uso di grafie spontanee o semi-spontanee: si tratta dell’Alfabeto Aquilano, un manifesto (o una locandina) realizzato alcuni anni fa da un gruppo di giovani riuniti sotto il simbolo L’A 2 e che negli ultimi anni, all’Aquila, si può trovare affisso piuttosto spesso in locali pubblici, negozi, bacheche (perfino, per qualche tempo, nel nostro dipartimento) Esso si inquadra in una serie di dinamiche più ampie che si stanno registrando successivamente al grave terremoto del 6 aprile 2009, il quale, tra le molte sue conseguenze, ne ha avuta anche una non del tutto prevedibile: una vera e propria ripresa del dialetto e il suo dilagare nella pubblicità, nei blog e nei social network, nella musica giovanile e, per l’appunto, in una lunga e a volte divertente serie di gadget (tra cui si colloca il nostro manifesto) . 3 Essendo venuti a mancare o essendo stati gravemente danneggiati i beni «oggettuali» della comunità (le strade, i luoghi, le case ecc .), ci si è aggrappati al bene «inoggettuale» per eccellenza, il dialetto, 4 che ha rapidamente recuperato spazi di comunicazione, diventando così una sorta di bandiera di un’«aquilanità» in pericolo Questo manifesto, allora, non è soltanto - come tante altre iniziative - un omaggio affettuoso al dialetto aquilano, l’aquilanu, com’è stato correttamente definito dai suoi anonimi estensori, 5 ma è anche la spia di alcune tendenze oggi in atto nel complesso rapporto dialetto-lingua 2_IH_Italienisch_74.indd 50 16.11.15 07: 55 51 Francesco Avolio Osservazioni sull’«Alfabeto Aquilano» Diamo dunque uno sguardo a questo alfabeto, che rappresenta appunto un caso di grafia, se non proprio «spontanea», quanto meno non troppo programmata e pianificata: possiamo dividere, in prima istanza, le caselle che lo compongono in tre gruppi a) Il primo è il gruppo delle caselle classificabili come in tutto e per tutto italiane, quelle che non hanno problemi di identificazione e di riconoscibilità per chi aquilano non è 1) È questo, ad esempio, il caso della casella D, Duomo: tutte le città hanno un duomo, e ovviamente anche L’Aquila; ma il Duomo qui è citato soprattutto perché la sua piazza rappresentava, prima del sisma, uno dei più importati luoghi di ritrovo cittadini, fino a dar vita all’espressione a capo piazza, cioè ‘sul lato nord della piazza stessa’ Comunque, nulla di strano o di particolare per chi non sia dell’Aquila 2) Abbiamo poi la T di Transumanza, un fatto storico-culturale ed economico ben noto e che, tramite i pastori e le greggi, ha legato l’Abruzzo ad altre aree (Puglia, agro romano) per secoli e secoli, fino al Novecento inoltrato . 6 È divertente, però, e anche istruttivo, notare come essa sia stata reinterpretata: il disegno, infatti, non riproduce la transumanza tradizionale, ma delle persone, simpaticamente rappresentate da pecore, nell’atto di prendere il sole in uno dei tanti paesi del litorale abruzzese, evocato da costruzioni alte e moderne (nonché anonime) Una sorta di strizzatina d’occhio, che allude sia ai terremotati aquilani dislocati a lungo negli alberghi della costa adriatica, sia alla diffusa abitudine di andare a trascorrere le vacanze al mare in quella zona, amministrativamente in provincia di Teramo (Silvi, Pineto, Roseto, Alba adriatica ecc .) 3) Infine, c’è la Z di Zafferano, un prodotto tipico, forse anzi la «tipicità» aquilana per eccellenza, ma ben noto anche altrove Se infatti attecchisce in poche zone d’Italia, tra cui la Piana di Navelli (una ventina di chilometri a est dell’Aquila, in direzione di Popoli e Sulmona), neppure questo è un richiamo problematico per chi non sia del posto b) Veniamo ora al secondo gruppo, quello delle caselle ancora italiane, ma relative a situazioni, ambienti e prodotti locali che un non aquilano non può facilmente (ri)conoscere Qui troviamo varie lettere, che passiamo in rassegna brevemente 1) C’è innanzitutto il caso molto particolare dell’Arrosticino, esempio evidente di innovazione della tradizione alimentare, che ha anche risvolti linguistici Gli arrosticini - spiedini fatti con cubetti di carne di ovino adulto o di castrato, misti a pezzettini di grasso, per renderne la carne più morbida - sono infatti originari del versante pescarese del Gran Sasso (Villa Celiera, 2_IH_Italienisch_74.indd 51 16.11.15 07: 55 52 Osservazioni sull’«Alfabeto Aquilano» Francesco Avolio Vestea, Civitella Casanova ecc .) e i loro nomi dialettali sono abbastanza diversi da quello italiano, peraltro recente ( rrustèllə , rrustòllə , rrusticciòllə , rrusticìjə e così via: Ernesto Giammarco ne aveva fatto a suo tempo una buona elencazione nel Dizionario Abruzzese e Molisano) In seguito al loro grande successo, nell’ultimo trentennio si sono diffusi dapprima in tutta la regione e poi anche fuori dei suoi confini, a Roma, nelle Marche e perfino più lontano (ovviamente si tratta spesso di una produzione industriale o semiindustriale, con carni di varia e incerta provenienza) Gli aquilani li considerano ormai un piatto proprio, alla stregua della ben più antica pecora alla cottora (vedi oltre), anche se, ancora negli anni Ottanta, questa piena identificazione con la tradizione gastronomica locale e regionale non era visibile Non è un caso, quindi, che l’arrosticino venga ricordato nella variante italiana, anziché con una denominazione dialettale che semplicemente non esiste 2) la lettera B è rappresentata da Boss, una delle cantine storiche dell’Aquila, oggi anche enoteca, ritrovo di giovani e anziani nell’arco della giornata per un bicchiere di vino, una chiacchiera, uno spuntino (famosi i panini con la frittata fatti con la pizza bianca locale) È stato anche uno dei primissimi locali a riaprire dopo il terremoto, insieme all’antico Caffè Nurzia - quest’ultimo ha sede da sempre nella piazza del Duomo già ricordata -, dando a questa riapertura, ovviamente, anche una valenza simbolica Il nostro manifesto ci mostra pure un disegnino che riproduce una delle sale, quella con il bancone della mescita 3) La C ci propone la Cicolana, una salsiccia o salamella stagionata di suino, che si chiama così perché originaria del Cicolano, ossia l’alta valle del fiume Salto, situata già sul versante tirrenico dell’Appennino, appartenuta per secoli al Regno di Napoli e agli Abruzzi e poi aggregata nel 1927, con altre zone (Amatrice, Leonessa, Cittaducale), alla neocostituita provincia laziale di Rieti Oltre che con L’Aquila, la valle ha mantenuto successivamente rapporti piuttosto stretti anche con Avezzano, e ad entrambe le città è ora rapidamente collegata dall’autostrada A24-A25 Il coronimo Cicolano è una continuazione, tramite suffisso aggettivale, dell’antico etnico aequicoli , cioè un ramo periferico del popolo degli Aequi, stanziato nelle aree più interne e montuose e l’unico, forse, salvatosi dai massacri romani contro gli Aequi stessi . 7 4) La F è la lettera della Fontana Luminosa, brutta fontana di epoca fascista che però sorge in un punto strategico della città, là dove il corso finisce e c’è lo slargo sul cui lato destro si estende il Parco del Castello (oggi arricchito dal nuovo, piccolo e colorato auditorium di Renzo Piano, struttura provvisoria destinata però ad essere smontata fra qualche mese), altro luogo di ritrovo e di passeggio degli aquilani 5) La G di Genziana ricorda uno dei liquori più diffusi e apprezzati della zona In pratica, ogni famiglia dell’Aquila e dintorni produce la «sua» 2_IH_Italienisch_74.indd 52 16.11.15 07: 55 53 Francesco Avolio Osservazioni sull’«Alfabeto Aquilano» genziana, servendosi appunto di questa pianta, molto comune in montagna: il colore è simile all’ambra, il gusto molto forte e amaro È un ottimo digestivo, servito in genere alla fine dei pranzi domenicali o delle cene con amici . 6) La M di Mammut si riferisce al suggestivo scheletro di Mammuthus meridionalis ritrovato a Scoppito, negli immediati dintorni dell’Aquila, nel 1954, ed esposto nel Museo Nazionale d’Abruzzo, che prima del sisma aveva sede nel castello aquilano, il cosiddetto Forte Spagnolo (simbolo della città, ma anche dell’inizio del suo declino, essendo stato ultimato nel 1532 grazie a una salatissima taglia annuale imposta dagli spagnoli agli aquilani per punirli delle loro ribellioni) Lo scheletro, presso che completo, è ora sottoposto a un lungo e delicato intervento di restauro 7) La P di Pecora alla Cottora ci riporta al confine col mondo dialettofono, e in particolare a un caratteristico piatto «povero», con cui i pastori transumanti abruzzesi cucinavano la pecora adulta (in genere gli animali vecchi, feriti o azzoppati): la carne viene fatta bollire per ore, fin quasi a sciogliersi, in un grosso paiolo di rame (la cottóra appunto) riempito di acqua e di varie erbe e odori (cipolla, rosmarino, timo, alloro ecc .), stando attenti a schiumare di tanto in tanto il composto Alla fine si ottiene anche un brodo che viene versato su fette di pane 8) La R di Rattafìa (e non Rattafià, secondo la dizione più comune) è il nome di un altro liquore, questa volta dal gusto dolce, tuttora molto popolare nella zona: la variante abruzzese - a differenza, ad esempio, di quella piemontese - è fatta con amarene, zucchero e vino rosso, in genere Montepulciano d’Abruzzo 9) La S di Sant’Agnese si riferisce alla nota (per gli aquilani) associazione cittadina della maldicenza, che tiene la sua riunione ogni anno il 21 gennaio (giorno appunto di Sant’Agnese, a cui era dedicato il luogo, subito fuori le mura cittadine, dove, secondo una delle leggende locali, le male lingue erano solite riunirsi) Quest’associazione - che continua una tradizione di pettegolezzi piuttosto antica, ma non facilmente databile e ricostruibile - fa ovviamente molto parlare di sé, come si può immaginare, ed ha continuato imperterrita le sua attività anche dopo il terremoto, tramite l’organizzazione del convegno annuale Pianeta maldicenza, con tanto di elezione delle cariche sociali c) Passiamo infine alle caselle stricto sensu dialettali, che sono parecchie 1) Alla lettera E troviamo Essoquissu, scritto univerbato, un’espressione ancora oggi molto diffusa, con leggero valore ironico e anche dispregiativo, che potrebbe essere resa ricorrendo al romanesco arièccolo; è infatti presso che intraducibile alla lettera in italiano, sarebbe un ‘costì (èsso) codesto (quissu)’ cioè, più alla lontana, ‘(ri)eccolo qui’ Accanto all’avverbio èsso 2_IH_Italienisch_74.indd 53 16.11.15 07: 55 5 4 Osservazioni sull’«Alfabeto Aquilano» Francesco Avolio ‘costì’ - che forma con ècco ‘qui’ e lòco ‘lì’ una tripartizione presso che in tutto analoga a quella toscana (proprio come quissu forma con quistu ‘questo’ e quiju ‘quello’ una tripartizione equivalente a ‘questo, codesto e quello’) - c’è da notare il mantenimento di un tratto fonetico tipico delle varietà mediane e, in parte, anche dell’aquilano cittadino: la distinzione tra -o e -u latine originarie (quissu < (ec)cum ˇipsu(m), forma regolarmente metafonetica, e èsso da *epsum, con -o per influsso di l ˇ oco) . 8 2) In Gnienti ‘niente’, che forma una «strana» casella gnin aggiunta alla g di Genziana, è da notare la rappresentazione con gni-, anziché con gn-, della nasale palatale, probabilmente per sottolineare una pronuncia fortemente palatalizzata 3) Nella casella I abbiamo un Issù ‘lui’, con tanto di accento (sbagliato): potremmo infatti quasi leggere issù Una simile trascrizione ricorda quelle fatte da Paul Scheuermeier per l’AIS in diverse località della zona (Rieti, Leonessa, Genzano di Sassa, vicino all’Aquila ecc .); lo studioso, infatti, annotava in certi casi (soprattutto quando c’era il possessivo enclitico) una sorta di accento secondario sulla vocale finale . 9 Ovviamente, gli estensori del nostro alfabeto nulla sanno di Scheuermeier e dell’AIS, ma si può comunque pensare all’intenzione di rimarcare la presenza di -u (< ˇipsu(m)), dal momento che nella pronuncia reale tale suono può, almeno all’Aquila, indebolirsi spesso in -o (isso) e, talvolta, in allegroformen, fino a ə (iss ə ) . 10 4) Jamo, con j, dal lat eamus ‘andiamo’, è una delle esortazioni più frequenti, non solo all’Aquila, ma in tutto il Centro-Sud (cfr, il nap jammə ‘id ’) . 5) Saltando la casella N, che offre un’esclamazione facilmente comprensibile (che all’Aquila e altrove assume anche il significato di ‘accidenti, perbacco’), Offreghete è riportato sotto la O e non sotto la F, come se fosse un sintagma unico Traducibile anch’esso con ‘caspita’, ‘accipicchia’ ecc ., ha in realtà diverse sfumature, dalla meraviglia «positiva» allo stupore davanti a un fatto negativo, fino, più di rado, all’incoraggiamento, nel senso di ‘forza, dai’ Deriva da un frégate, soggetto poi ad armonia vocalica La o-, comunque non obbligatoria (ma è sempre difficile trovare parole che inizino per o-…), funge da rafforzativo 6) Alla lettera Q (altra lettera «difficile», ma non in questo caso) c’è un Quatrà! , di cui è stata riprodotta in basso anche la variante non apocopata Quatrano, che vuol dire ‘ragazzo’ È un’altra delle parole «bandiera» dell’aquilano: dialetti anche molto vicini usano infatti altri sinonimi, da bardascio (particolarmente diffuso in Umbria e nelle Marche) a vajjóne (già in alcune frazioni aquilane, spesso usato anche come richiamo), da monéllu (Rieti e dintorni, Sabina) a cìtulu, cìturu (Leonessano, Teramano, che però spesso significa anche ‘bambino’) ecc ., mentre varianti come quatralə , quatrarə , 2_IH_Italienisch_74.indd 54 16.11.15 07: 55 55 Francesco Avolio Osservazioni sull’«Alfabeto Aquilano» cotraru e simili si ritrovano anche, a tratti, più a Sud, dall’Abruzzo chietino fino alla Calabria . 11 Una «leggenda metropolitana» piuttosto diffusa vuole che sia un ispanismo, da cuatro años, etimologia anche foneticamente impossibile (la nasale palatale non si perde così facilmente) Restano però sul tappeto varie ipotesi, tra cui quella da un lat volgare quadrum, pl quadra, sinonimo di frustum ‘pezzo, pezzetto’, o, anche, da *quadralis, *quadranus (erede del classico quadrans) ‘del valore di una quarta parte’ e quindi ‘ragazzo piccolo’, o ancora da quadrarius ‘quadrato, robusto’ È possibile che ciascuna delle varianti meridionali oggi attestate possa continuare una di queste specifiche basi latine, ma non si può escludere, comunque, neppure una connessione o un incrocio con il longobardo wahtari ‘guardiano’, che in italiano ha dato (s) guattero . 12 7) La casella SC, con una significativa i minuscola in aggiunta, è appositamente dedicata alla sibilante palatale, esito normale di s davanti a -i tonica e a j in area mediana e nell’area meridionale ad essa più vicina ( camišə ‘camicia’, vašə ‘bacio’ ecc .; più avanti, alla casella V, troviamo cusci’ ‘così’) Sci! Scisci’! Scineeee è il modo locale di dire ‘sì’, ed è interessante osservare come questa particella olofrastica possa spesso diventare anche una manifestazione di insofferenza (caso in cui acquista, come altrove, il -ne epitetico) 8) La casella della S vera e propria è rappresentata da Stengo ‘n piazza ‘sto in piazza’, in cui ritroviamo un luogo che è stato già citato, la piazza del duomo, appunto Stengo è la variante locale per ‘sto’, minoritaria in area mediana (dove prevalgono staio e sto), ma molto diffusa nelle aree meridionali limitrofe, dall’Abruzzo al Molise e alla Puglia, anche in varianti come stinghə , stiénghə ecc . 13 9) ue’, mbe’? ! , chiamati a rappresentare la U con l’appoggio di che’ dici? , sono interiezioni associate all’immagine della cornetta di un vecchio telefono È un modo simpatico per evocare l’inizio di una conversazione fra persone magari di una certa età, che fanno frequente ricorso ad esse, forse più dei giovani, quando parlano in dialetto 10) Infine, in Vabbona ‘va bene’ si ritrova invece uno dei più tipici saluti di congedo, uno dei modi con cui spesso ci si accomiata Lo integra remanemo cusci’ ‘rimaniamo così’, cioè ‘faremo così come abbiamo detto’ Le ultime quattro caselle, variamente combinate, potrebbero costituire i frammenti di una reale conversazione in dialetto nel centro della città Conclusa la nostra carrellata, che cosa ricavare da questo spaccato dialettale (e non solo), piuttosto ampio e differenziato? Discettare se il nostro manifesto rappresenti il «vero» dialetto oppure no, come pure è stato fatto, in una sede come questa non interessa molto, per le ragioni che abbiamo già ricordato 2_IH_Italienisch_74.indd 55 16.11.15 07: 55 56 Osservazioni sull’«Alfabeto Aquilano» Francesco Avolio all’inizio Quello che si può oggettivamente notare è un grado abbastanza alto di fedeltà alla lingua parlata nelle caselle dialettali: non quindi all’aquilano della tradizione letteraria, e segnatamente teatrale e poetica (che pure esiste e che svolge una sua funzione abbastanza precisa), ma al dialetto di uso quotidiano, con molte delle sue oscillazioni In altri termini, il documento ci rivela una capacità a tratti notevole non solo di percezione, ma anche di (auto) rappresentazione di fatti linguistici più o meno spontanei, nei limiti imposti da una grafia che resta, in sostanza, quella ufficiale della lingua Schematizzando un po’, e lasciando da parte le voci caratteristiche che abbiamo già commentato prima, possiamo distinguere tra: a) tratti dialettali in tutto o in parte mantenuti: - una distinzione piuttosto accurata tra -o e -u in essoquissu, issù, jamo,‘ngulu, ma non in quatrano, che, nelle varianti dialettali parlate in città, è diffuso almeno quanto quatranu, se non più; - la palatalizzazione della s davanti a i in cusci’ e sci, ma non quella in posizione preconsonantica (stengo); - il raddoppiamento fonosintattico in offreghete; in vabbona è comunque rilevante la comparsa della doppia b in seguito all’univerbazione; il tratto è invece assente in che dici? - la forma verbale stengo ‘sto’; - il morfema -emo, che qui si trova in remanemo ‘rimaniamo’, dov’è originario, ma che nel dialetto è stato esteso anche ai verbi della I (sonémo ‘suoniamo’) e della III coniugazione (dormémo ‘dormiamo’) b) tratti parzialmente o totalmente neutralizzati: riduzione delle vocali postoniche: pecora anziché pèchera, che pure è più comune (talvolta all’Aquila si può arrivare alla centralizzazione, come in bàmbəla ‘bambola’, tràppəla ‘trappola’ 14 ); lenizione postnasale: assente in gnienti, stengo ‘n piazza, Sant’Agnese (grafia che però coincide con l’italiano), ma presente in ‘ngulu! ; retroflessione della -rnei nessi con t- (quatrano, a volte pronunciato quatřano ) 15 ; questo tratto, però, oltre a dipendere da variabili diastraticodiafasiche che lo rendono irregolare e non sempre percepibile, mostra delle difficoltà quasi insormontabili nella sua resa grafica Sarebbe possibile qualche altra osservazione, ma forse possiamo avviarci a concludere, introducendo una breve postilla di tipo diacronico che parte, però, da una notazione sincronica: questo alfabeto - o meglio il dialetto che esso rappresenta e sintetizza - è utilizzato anche dai ragazzi del contado dialettologicamente meridionale dell’area, che inizia già nel territorio comunale dell’Aquila (Monticchio, Onna, S Gregorio) per poi estendersi verso Sulmona e l’altopiano delle Rocche Qui non ci sono molti dei tratti che 2_IH_Italienisch_74.indd 56 16.11.15 07: 55 57 Francesco Avolio Osservazioni sull’«Alfabeto Aquilano» abbiamo visto, in particolare la conservazione delle vocali finali e la distinzione tra -o e -u, sostituite dalle vocali centralizzate (ə ) 16 Eppure, soprattutto dopo il terremoto, anche i ragazzi che vengono da queste zone - e che quindi ci aspetteremmo che non ricorrano a un simile modo di rappresentare per iscritto il proprio dialetto - hanno adottato, nei social network e in tanti altri casi, una grafia presso che identica a quella del nostro alfabeto, cioè, in buona sostanza, l’aquilano cittadino di tipo quasi del tutto mediano . 17 Si tratta di una percezione condizionata dalla rappresentazione dominante (quella «aquilana») o di una rappresentazione frutto di una errata percezione? L’alternativa forse non è così netta, soprattutto perché si tratta spesso di una concatenazione di cose, di un circolo (che non importa definire «vizioso» o in altri modi) Si può invece osservare che certamente esiste, ed è ovviamente esistita anche in passato, una rappresentazione grafica non «fedele» di una certa varietà linguistica E qui veniamo all’aspetto diacronico: uno dei temi forse meno approfonditi nell’ambito degli studi di storia della lingua è il fatto che - a partire da una certa epoca, più o meno dal Quattrocento - il territorio dell’Italia linguisticamente mediana, la stessa a cui appartiene la città dell’Aquila, comincia a restringersi sia a nord (Marche, Umbria settentrionale) che a sud (Abruzzo costiero e interno, Molise, Lazio meridionale) . 18 Questo restringimento viene spiegato, piuttosto sbrigativamente, in vari modi, tra cui un cambio di lingua che avrebbe interessato l’area, ma di cui restano del tutto sconosciute le cause storiche (ben note, invece, nel caso, paradigmatico, di Roma) . 19 Almeno qualcuna delle reali motivazioni di questo strano cambio che sembra quasi «piovuto dal cielo» può essere ritrovata in dinamiche che proprio l’uso del nostro alfabeto contribuisce a rivelarci e, in parte, a chiarire: in sintesi, una scripta di tipo mediano si sarebbe probabilmente estesa, fra XII e XIII secolo, anche ad aree linguisticamente diverse, a nord come a sud, e sarebbe stata adoperata in vari modi, non dissimili da quelli testimoniati oggi nella sezione meridionale del contado aquilano, soprattutto in ambiti religiosi e monastici, del resto per definizione plurilingui (è difficile, infatti, immaginare che i monaci di Montecassino o di altre abbazie fossero sempre tutti indigeni) . 20 Quando poi questo modello grafico è andato in crisi, soprattutto per il graduale avvento di quello toscano, ed è stato col tempo abbandonato, le dinamiche di questo abbandono ci danno oggi, a posteriori, l’impressione di un restringimento o riduzione geolinguistica dell’area e, di conseguenza, di un cambio di lingua che però sarebbe solo apparente . 21 Insomma, il nostro alfabeto ci porta anche abbastanza lontano dai temi di varietistica strettamente contemporanea da cui siamo partiti e di cui stavamo parlando Ma, in fondo, a ben guardare, anche questo è uno dei motivi del fascino dei nostri studi 2_IH_Italienisch_74.indd 57 16.11.15 07: 55 5 8 Osservazioni sull’«Alfabeto Aquilano» Francesco Avolio Abstract Nur scheinbar andekdotischer Ausgangspunkt des Beitrags ist ein ungewöhnliches Plakat, das in L’Aquila nach dem Erdbeben, das am 6 April 2009 die Stadt schwer erschüttert hatte, gemacht wurde Dieses Plakat mit dem Titel Alfabeto aquilano besteht aus 25 Kästchen, die den Buchstaben (oder Buchstabengruppen) des Alfabets entsprechen Viele dieser Kästchen (genau gesagt: zehn) sind sozusagen Fenster, die interessante Einblicke einerseits in den Stadtdialekt und andererseits in seine Wahrnehmung durch eine bestimmte Sprechergruppe (junge Leute mit Studienabschluss) vermitteln So offenbart sich auf metasprachlicher Ebene der Wunsch, die Traditionen der Heimat wieder zu entdecken und neu zu bewerten und auf objektsprachlicher Ebene eine Transkription, die man als «halb-spontan» bezeichnen könnte Die Analyse des Autors zeigt, dass der Dialekt des täglichen Gebrauchs zu Grunde liegt und nicht seine literarische Variante - die auch leicht fassbar gewesen wäre; es werden nämlich im Alfabet einige häufige sprachliche Besonderheiten herausgearbeitet (wie die Unterscheidung des finalen -o und -u, die Palatalisierung des s vor i, die phono-syntaktische Längung von Konsonanten), und andere, die nur sporadisch vorkommen (die postnasale Lenisierung); dagegen fehlt die Zentralisierung der Nachtonvokale) Der Dialekt-Typ, den das Alfabeto in verdichteter Form präsentiert, hat jedenfalls auch außerhalb L’Aquilas Anklang gefunden, vor allem in dem Teil der Gemeinde, der schon zur südlichen Dialektzone gehört und sich durch den Ausgleich der diversen vocali atone in ə charakterisiert, aber auch in den Nachbargemeinden des mittleren Aterno-Tals und der Ebene von Navelli Hier rekurrieren die Jugendlichen, die immer mehr auch in den social networks im Dialekt schreiben, außerdem auf das Aquilanische des mittelitalienischen Typs, nach Prinzipien, die teilweise den historischen Schreibvarianten dieser Gegend zwischen dem 13 und dem 14 Jahrhundert ähneln und bei der Verschriftung der mittelitalienischen Graphie ähneln, die in diversen Kontexten, wie etwa der klösterlichen Schrift, ebenfalls nicht alle lokalen Varietäten repräsentierte Note 1 Cfr . Avolio 2009a: 37 2 Gli stessi, sul loro sito (www .elleapostrofoa .com), si autodefiniscono così: «un gruppo di ra-gazze e ragazzi della città dell’Aquila che desidera valorizzare e promuovere gadget, attività ed eventi legati al proprio territorio e alla propria cultura, con ironia, innovazione e creatività» 3 Chi volesse documentarsi più a fondo su tali dinamiche, tuttora in atto, può senz’altro consultare Giammaria 2010 e 2013 4 Adotto qui la distinzione terminologica proposta in Cirese 2002, meno diffusa, ma sicuramente più precisa di quella, ormai invalsa nell’uso, tra beni «materiali» e «immateriali»: 2_IH_Italienisch_74.indd 58 16.11.15 07: 55 59 Francesco Avolio Osservazioni sull’«Alfabeto Aquilano» in sintesi, «oggettuale» è ciò che dura nel tempo (ad es . la parola scritta), «inoggettuale» o «volatile» ciò che non dura (come la parola «detta») 5 Con articolo neutro non palatalizzato, usato per tutti i sostantivi e aggettivi non pluralizzabili (lo in posizione anteconsonantica ≠ ju, articolo maschile usato per i count names, come in ju vitéjju, -o ‘il vitello’) . Sul genere neutro in Abruzzo e nel Mezzogiorno cfr . Rohlfs 1966-69, §§ 419, 420, 449, 456, Avolio 1996, Avolio 2002: 589-591 6 Un importante punto di riferimento sulla transumanza e i suoi vari aspetti storicoeconomici, sociali, artistici e letterari è il volume collettivo Biondi et alii 2007-2008, con ampia bibliografia 7 Cfr . DT, s . v . Cicolano, e Avolio 2010: 216-217 8 Cfr . Avolio 2002: 580-581 e 585 9 Come in marìdemù ‘mio marito’ a Rieti, P . 624, marìdimù a Leonessa, P . 615 e a Norcia, P . 576 ecc .; cfr . AIS, c . 72 10 Cfr . le note 12 e 14 11 Cfr . AIS, c . 45 12 Ringrazio l’amico Gianmario Raimondi per avermi segnalato questa seconda ipotesi . Da ricordare che la parola si trova anche nel De vulgari eloquentia, ad esemplificare i volgari dell’Apulia, nella frase Bòlzera che chiangesse lo quatraro ‘vorrei che il ragazzo piangesse’ (DVE, I, XII), in cui Dante concentra una serie di tratti tipici del Mezzogiorno (dal condizionale derivato dal piuccheperfetto latino allo sviluppo fonetico pl- > / kj-/ ) 13 Cfr . AIS, c . 695 14 Cfr . Avolio 2009b: 84 15 Cfr . ivi: 84-85 16 Cfr . Avolio 2002: 580-581, e, per maggiori dettagli anche sulle varietà intermedie e le interferenze tra i due gruppi, Avolio 2009b: §§ 1 e 6-8 17 Ad esempio, una diciottenne di Sant’Eusanio Forconese ha scritto in un post così ce ne jemo tutti a ju mare ‘così ce ne andiamo tutti al mare’, frase sostanzialmente aquilana, quando la pronuncia locale sarebbe cušì së në jémë tutt’ a jju marë; mentre un diciassettenne del vicino paese di Poggio Picenze si è lasciato andare a un guarda qnt è bejju ‘guarda quanto è bello’, la cui u finale è sconosciuta al dialetto locale, per lo meno in quel particolare contesto fonotattico (cfr . Passacantando 2012: 172-173) 18 Su ciò si sofferma, opportunamente, Vignuzzi 1994: 329-333 19 Per una ricognizione più ampia su questo genere di problematiche, mi permetto di rinviare ad Avolio 2013: 110-113 e passim 20 Cfr ., su questo, Martino 1991: 75-76; si veda anche Giammaria 2012 21 Cfr . Avolio 2013: 124-126 Bibliografia AIS = Jaberg, Karl/ Jud, Jakob: Sprach- und Sachatlas Italiens und der Südschweiz 8 voll ., Zofingen: Ringer 1928-40 Avolio, Francesco: «Il ‹neutro di materia› nei dialetti centro-meridionali: fonti, dati recenti, problemi aperti», in: Contributi di filologia dell’Italia mediana, n . X/ 1996, p . 291-337 Avolio, Francesco: «L’Abruzzo», in: Dialetti italiani: storia, struttura, uso, a cura di Gianrenzo P . Clivio et alii, Torino: Utet 2002, p . 568-607 Avolio, Francesco: Lingue e dialetti d’Italia . Roma: Carocci 2009 (2009a) 2_IH_Italienisch_74.indd 59 16.11.15 07: 55 6 0 Osservazioni sull’«Alfabeto Aquilano» Francesco Avolio Avolio, Francesco: Tra Abruzzo e Sabina. Contatti e reazioni linguistiche sui ‹confini› dialettali nel contado aquilano . Alessandria: Edizioni dell’Orso 2009 (2009b) Avolio, Francesco: «Vitalità e sopravvivenza di etnici e toponimi dell’Italia antica in area centro-meridionale: preliminari per una proposta di classificazione», in: AION. Annali del Dipartimento di Studi del Mondo Classico e del Mediterraneo Antico, Sezione linguistica, Università degli Studi di Napoli “L’Orientale”, n . 32/ 2010, p . 205-227 Avolio, Francesco: «Dialetti moderni e volgari antichi: appunti sulle dinamiche linguistiche dell’Italia centro-meridionale», in: Bollettino del Centro di Studi Filologici e Linguistici Siciliani, 24/ 2013, p . 109-130 Biondi, Liliana et alii (a cura di): Tratturi e transumanza. Arte e cultura . L’Aquila: Edizione Arkhè - Associazione Deltensemble 2007-2008 Cirese, Alberto Mario: «I musei demologici: considerazioni di ieri e di oggi», in: Il patrimonio museale antropologico. Itinerari nelle regioni italiane: riflessioni e prospettive, a cura della Commissione nazionale per i Beni demoetnoantropologici, Roma: Ministero per i Beni e le Attività culturali - Direzione centrale per il Patrimonio storico, artistico e demoetnoantropologico 2002, p . 23-30 DT = Pellegrini, Giovan Battista et alii: Dizionario di toponomastica. Storia e significato dei nomi geografici italiani . Torino: Utet 1990 Giammarco, Ernesto: Dizionario Abruzzese e Molisano, 4 voll . Roma: Edizioni dell’Ateneo 1968-1979 Giammaria, Teresa: «Il dialetto a L’Aquila dopo il 6 aprile 2009», in: Le nuove forme del dialetto, a cura di Gianna Marcato, Padova: Unipress 2010, p . 69-74 Giammaria, Teresa: «Scrivere diversamente in dialetto . Dinamiche antiche e moderni problemi nell’Abruzzo aquilano mediano», in: Scrittura, dialetto e oralità, a cura di Gianna Marcato, Padova: Cleup 2012, p . 165-170 Giammaria, Teresa: «La ‹ripresa› del dialetto all’Aquila e nei dintorni dopo il terremoto del 6 aprile 2009», in: Lingua e dialetto tra l’Italia centrale e l’Italia meridionale. I dialetti della media valle del Liri e delle zone limitrofe, a cura di Francesco Avolio, Roccasecca: Arte Stampa editore - Comune di Colfelice (Fr) 2013, p . 151-162 Martino, Paolo: L’‹area Lausberg›. Isolamento e arcaicità . Roma: Il Calamo 1991 Passacantando, Laura: «Scrivere in dialetto nell’Abruzzo aquilano meridionale», in: Scrittura, dialetto e oralità, a cura di Gianna Marcato, Padova: Cleup 2012, p . 171-181 Rohlfs, Gerhard: Grammatica storica della lingua italiana e dei suoi dialetti, 3 voll Torino: Einaudi 1966-1969 Vignuzzi, Ugo: «Il volgare nell’Italia mediana», in: Storia della lingua italiana, a cura di Luca Serianni e Pietro Trifone, vol . III, Le altre lingue . Torino: Einaudi 1994, p . 329-372 2_IH_Italienisch_74.indd 60 16.11.15 07: 55 61 Francesco Avolio Osservazioni sull’«Alfabeto Aquilano» Appendice L’Alfabeto Aquilano (http: / / www .elleapostrofoa .com/ portfolio/ lalfabeto-aquilano/ ) 2_IH_Italienisch_74.indd 61 16.11.15 07: 55 62 M Arti N B e C K er il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale 1 1. introduzione Nel mio contributo vorrei descrivere e nello stesso tempo motivare l’uso dei modi in italiano nel quadro di un approccio unitario Diversamente dalla letteratura linguistica relativa al sistema modale, non pongo a fondamento della giustificazione dell’uso dei modi una concezione dualistica che contempla fattori sintattici (la subordinazione) e aspetti semantici (caratterizzanti i predicati o gli operatori come ad esempio congiunzioni); 2 piuttosto vorrei dimostrare che, per comprendere il funzionamento del sistema modale in italiano, sono determinanti tratti e criteri modo-semantici Il semplice fatto che, da un lato, il congiuntivo italiano può comparire anche nelle principali, dall’altro, che è in concorrenza coll’indicativo in tutti i domini di subordinazione (nelle completive, nelle attributive e nelle avverbiali) evidenzia che la caratterizzazione del congiuntivo come categoria verbale «tra modalità e subordinazione» non giunge al nocciolo della questione Inoltre, questa prospettiva non è in grado di dimostrare che il fattore sintattico della subordinazione riveste di per sé uno status autonomo che dovrebbe poi manifestarsi in coppie minime di opposizioni modali Dato che non è così, la subordinazione sintattica deve essere concepita come correlato formale dell’incorporazione di un concetto in un altro più complesso La semantica dei frames (frame semantics) rappresenterebbe questa relazione come integrazione di un subframe (in funzione di slot) in un frame superiore (sovraordinato) . 3 Nella frase seguente (1) Pietro si rallegra che Gianni sia arrivato un concetto di eventualità (l’arrivo di Gianni) viene incorporato nel concetto più complesso della gioia e più precisamente nel ruolo semantico di uno stimolo che suscita l’emozione di gioia nell’esperiente Pietro Il concetto linguistico di modalità che sarà al centro del mio contributo prende le mosse da Charles Bally, che mette in relazione un’attitudine (ad esempio un’asserzione, una valutazione o l’espressione di una volontà) e la descrizione di uno stato di cose (intesa come «rappresentazione») Mentre nell’analisi di Bally l’aspetto dell’attitudine soggettiva è posto in primo 2_IH_Italienisch_74.indd 62 16.11.15 07: 55 6 3 Martin Becker Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale piano, 4 secondo altri autorevoli approcci (per esempio Palmer) 5 è lo status di validità di un enunciato a rivestire un ruolo centrale nel concetto di modalità Lo status di validità ruota intorno alla domanda se la descrizione di uno stato di cose contenuta in esso è presentata come fatto reale (cioè del mondo dell’enunciazione) o solo come rappresentazione mentale del parlante o del soggetto della frase principale Questa differenza corrisponde alla distinzione fra «realis» (caratterizzazione come stato di cose nel mondo reale) e «irrealis» (classificazione come stato di cose di un mondo fittizio o alternativo) . 6 Il riferimento a mondi - siano essi reali o fittizi - costituisce il tratto principale del concetto di modalità quale è usato nella moderna semantica modale Questo approccio, sviluppato inizialmente dalla filosofia anglosassone (Kratzer 1991, Portner 2009) riprende riflessioni della moderna filosofia del linguaggio (in particolare della filosofia analitica del ventesimo secolo con rappresentanti di spicco quali Frege, Carnap, Russell e Wittgenstein) e ne ricava strumenti per la descrizione linguistica (cf i lavori di Lewis e Kratzer) . 7 In questo approccio la modalità è intesa come una dimensione linguistica fondamentale che permette di tematizzare alternative rispetto al mondo reale (a ciò che percepiamo come la nostra realtà) e che può essere realizzata linguisticamente tramite mezzi lessicali e grammaticali messi a disposizione dal sistema linguistico . 8 La dimensione della modalità acquisisce quindi rilievo quando parliamo di eventi o situazioni che non hanno affatto avuto luogo, ma che si sarebbero potuti verificare o che potrebbero o dovrebbero accadere secondo le nostre aspettative La dimensione della modalità emerge quando eventi o situazioni sono assegnati a mondi possibili Insieme alla temporalità - che colloca gli eventi su un asse temporale in rapporto ad un’origo (di norma il momento di enunciazione che serve da punto di riferimento) - la modalità costituisce una dimensione fondamentale nell’ancoraggio degli stati di cose nel tempo e nello spazio (cioè nei mondi) 2. La relazione tra modo e modalità Non esiste una relazione bi-univoca fra modo e modalità, come se uno specifico modo codificasse una precisa modalità Come vedremo di seguito, la relazione fra modo e modalità è molto più complessa Uno dei principi fondamentali del sistema modale consiste nel fatto che le diverse modalità basilari costituiscono i domini di riferimento rilevanti per il funzionamento del sistema modale In altre parole: né un singolo principio astratto né determinate classi di predicati (come per esempio verbi «proibitivi» o verbi «volitivi») rappresentano il livello adeguato di astrazione per la descrizione del sistema modale - sono, al contrario, le singole modalità il 2_IH_Italienisch_74.indd 63 16.11.15 07: 55 6 4 Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale Martin Becker livello di riferimento in grado di motivare la struttura interna del sistema modale . 9 Data la rilevanza fondamentale delle modalità per l’analisi e la descrizione del sistema modale dedicheremo un ampio spazio alla loro caratterizzazione Se il sistema modale è strutturato in base a principi di modalità dobbiamo sollevare la questione: quali relazioni fondamentali fra modo e modalità si possono individuare? Una costellazione fondamentale si distingue dal fatto che in essa una precisa modalità è connessa sistematicamente con uno specifico modo Un elemento lessicale (un predicato oppure una congiunzione) specifica qui la rispettiva modalità che è sempre in correlazione con un determinato modo Questo si riscontra ad esempio nelle frasi ottative che realizzano la cosiddetta modalità buletica e selezionano sempre il modo congiuntivo: (2) Volevo che venissi anche tu In un’altra costellazione risulta decisiva l’alternanza tra l’indicativo e congiuntivo In questi contesti il modo verbale svolge una funzione di differenziazione Si possono distinguere due casi: a) da un lato l’opposizione tra indicativo e congiuntivo permette di distinguere tra modalità A titolo d’illustrazione si riporta la seguente coppia di esempi: (3a) Comprendo che hai paura (3b) Comprendo che abbia paura Nella prima frase il parlante rappresenta la comprensione come un processo mentale Più precisamente, tematizza il proprio modello di conoscenza (il cosiddetto modello epistemico) e lo aggiorna aggiungendo il contenuto proposizionale in questione Nella seconda frase, al contrario, si focalizza l’empatia del parlante, cioè si realizza l’interpretazione evaluativo-emotiva del verbo comprendere; b) dall’altro l’alternanza modale può indicare una differenziazione fra i mondi di valutazione in riferimento al contenuto proposizionale, id est il risalto di quei mondi a cui il parlante nel suo enunciato intende fare riferimento Il contrasto fra i modi nelle proposizioni condizionali chiarisce questo punto: (4a) Se Gianni arriva, sarò contento (4b) Se Gianni arrivasse, sarei contento 2_IH_Italienisch_74.indd 64 16.11.15 07: 55 6 5 Martin Becker Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale Le due proposizioni condizionali descrivono la medesima correlazione fra due stati di cose, l’arrivo di Gianni e la conseguente reazione positiva da parte del parlante Col presente indicativo si indica un’elevata probabilità del fatto che Gianni arrivi Il congiuntivo imperfetto suggerisce, al contrario, che l’arrivo di Gianni non è escluso, ma che è piuttosto improbabile (piuttosto non-p che p) Tenendo conto della differenza dei mondi possibili si può anche dire che nel primo periodo ipotetico si parla di mondi possibili realistici - mondi che assomigliano molto al mondo reale - mentre nel secondo si parla di mondi meno realistici, vale a dire di mondi che sono distanti dal mondo di riferimento attuale Per riassumere constatiamo che i modi - in unione con un determinato operatore lessicale (un predicato oppure una congiunzione) - realizzano una specifica modalità o differenziano ambiti di validità (cioè i mondi possibili rilevanti) all’interno di una precisa modalità I modi, dunque, possono essere caratterizzati come sensitivi alle modalità (il termine italiano corrisponde alla nozione di sensitivity proposta da Giannakidou), 10 cioè possono correlare con le modalità, differenziarle oppure specificarle sulla base di mondi di validità o di valutazione Tenendo presenti queste considerazioni preliminari possiamo rivolgerci alla descrizione del sistema modale italiano . 11 3. i domini obbligatori dell’impiego del congiuntivo In questa parte verranno caratterizzati i domini obbligatori dell’uso del congiuntivo - si tratta dei domini delle modalità di priorità a cui appartengono le modalità deontica e buletica nonchè la modalità evaluativo-emotiva 3.1. Le modalità di priorità (priority modalities): le modalità deontica e buletica Le due modalità che - como vedremo più avanti - sono connesse fra di loro e correlate in modo sistematico col congiuntivo sono le modalità deontica e buletica 3 .1 .1 La modalità deontica concerne l’ambito di ciò che è necessario, permesso, facoltativo o vietato in base ad una fonte oppure «istanza» individuale, collettiva o astratta, cioè secondo la legge, le convenzioni sociali, la morale oppure un canone di principi o regole . 12 Se nella descrizione di questo dominio ricorriamo nuovamente al concetto di mondi possibili oppure alternative, allora si fa riferimento - tramite la modalità deontica - a mondi che sono mondi ideali in quanto in essi vigono stati di cose che sono in armonia con ciò che le regole, le leggi e le convenzioni stabiliscono Prendiamo - a titolo d’illustrazione - i seguenti esempi: 2_IH_Italienisch_74.indd 65 16.11.15 07: 55 66 Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale Martin Becker (5) Nelle amministrative, la legge permette che i documenti siano affidati anche a persone «addette al servizio, custodi compresi» (Corriere 23 .04 .97, 37) (6) C’è anche la giustificazione «morale»: bisogna che i partiti si finanzino (Corriere 05 .03 .97, 2) (7) Secondo Spital, l’omosessualità «non è per forza immorale» e nulla impedisce che anche i gay possano diventare preti (Corriere 11 .02 .97, 10) Nell’esempio (5) il predicato permettere segnala che i mondi in cui determinati documenti sono affidati ad un gruppo di persone definito («persone addette al servizio, custodi compresi») rappresentano mondi in armonia con la legge quale fonte normativa Nell’esempio successivo (6) il finanziamento dei partiti è caratterizzato come necessario secondo un determinato codice morale Mondi in cui questo codice vige sono - allo stesso tempo - mondi in cui i partiti sono (devono essere) finanziati Il contenuto modale dell’ultimo esempio (7) può essere parafrasato come segue: se in un mondo valgono le regole della morale (sempre secondo l’opinione della persona citata), vale anche che gli omosessuali possono diventare preti Come vediamo i vari predicati (permettere, bisogna che, vietare) tematizzano norme (in senso lato) che rendono obbligatorio (necessità di p), permettono (possibilità di p) o vietano (necessità di non-p) lo stato di cose espresso nella completiva L’istanza (individuale, collettiva o astratta) che detta le regole può variare nello stesso modo della fonte normativa (legge, convenzione sociale, comandamenti, principi…) Considerati alla luce del concetto dei mondi possibili i predicati deontici fanno risaltare mondi in cui vigono le regole, i principi o le norme stabilite, in cui vale a dire gli stati di cose determinati dei predicati vengono effettivamente realizzati Mondi nei quali le regole, i principi oppure le norme stabilite hanno validità sono mondi ideali in quanto, da una parte, non devono assolutamente coincidere con il mondo reale (si sa che le regole non devono essere rispettate), dall’altra si collocano al vertice di una scala di valori: le norme introducono un criterio (nell’esempio (6) «la moralità») in base al quale i mondi vengono ordinati a seconda di quanto essi corrispondano a questo criterio In altre parole: una fonte normativa (quale una legge, una regola, un principio) che permette, vieta o obbliga a qualcosa stabilisce un criterio in base al quale i mondi vengono valutati («misurati») . I predicati deontici selezionano quei mondi in cui vigono gli stati di cose corrispondenti e che si avvicinano di più alla prescrizione della fonte normativa 2_IH_Italienisch_74.indd 66 16.11.15 07: 55 67 Martin Becker Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale 3 .1 .2 La modalità buletica non si riferisce all’ambito di ciò che è richiesto o permesso da una norma ma a quegli stati di cose che sono ritenuti auspicabili da un punto di vista soggettivo e di cui ci si prefigge la realizzazione La modalità buletica presuppone perciò scale di preferenza da parte degli individui che confrontano e valutano alternative (o mondi alternativi con gli stati di cose che vigono in essi) Le modalità deontica e buletica hanno in comune la connessione con una scala di preferenza di mondi gerarchicamente ordinati, ma si differenziano rispetto ai criteri che sono le norme, le regole, le convenzioni ecc nel caso della prima, le preferenze soggettive, i desideri e gli obiettivi nel secondo caso Siccome in entrambe le modalità risultano in primo piano scale di mondi possibili ordinati gerarchicamente, esse vengono anche denominate modalità di priorità (priority modalities) . 13 In entrambi i casi acquisiscono rilievo mondi ideali in cui vigono specifici principi (norme oppure desideri) Si nota ancora una correlazione interessante tra l’uso sistematico del congiuntivo e la rilevanza di scale modali di mondi possibili ideali e preferiti La modalità buletica si presenta in diversi contesti sintattici e in unione con numerosi predicati Il congiuntivo ricorre talvolta anche in frasi esclamative che esprimono un desiderio del parlante e che rappresentano pertanto una manifestazione della modalità buletica: (8) Avessi ascoltato te! (Schwarze 2 1995, 742) Predicati tipicamente buletici che richiedono sempre il congiuntivo sono i verbi volere e ordinare che sono annoverati fra i «verbi volitivi» nella grammaticografia tradizionale Le frasi completive rette da essi descrivono uno stato di cose la cui realizzazione è auspicata oppure è raggiunta in un mondo ideale Diamo un esempio per ogni caso dal Corpus Corriere: 14 (9) I milanesi vogliono che i vigili lavorino meglio e di più (Corriere 04 .09 .97, 48) (10) Caterina ordinò che il maresciallo venisse ucciso la notte del 22 agosto (Corriere 24 .08 .97, 3) Un contesto particolarmente tipico in cui si realizza la modalità buletica è costituito dalla frase relativa al congiuntivo Consideriamo il seguente esempio: (11) […] si cerca un compromesso che consenta di evitare una nuova guerra (Corriere 23 .07 .97, 21) 2_IH_Italienisch_74.indd 67 16.11.15 07: 55 6 8 Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale Martin Becker Nella relativa retta dal sintagma nominale «un compromesso» non vengono descritte le proprietà di un specifico compromesso che esiste nella realtà (come in una descrizione predicativa) ma vengono enunciate le caratteristiche che dovrebbe possedere un compromesso in modo ideale e desiderabile Si tratta dunque di una descrizione attributiva Nel nostro esempio la relativa stabilisce che il compromesso debba «evitare una nuova guerra» e che tali mondi in cui il compromesso evita una nuova guerra sono mondi auspicabili o ideali Ai mondi in cui questo compromesso non esiste vengono pertanto preferiti quei mondi possibili in cui si evita una nuova guerra - vale a dire che questi mondi sono collocati più in alto sulla scala di preferenze L’esempio della modalità buletica e del dominio dei mondi corrispondenti (i mondi di ciò che si desidera e si vuole) evidenzia ancora una volta che il livello di riferimento della scelta del modo non è costituito né dalle differenti costruzioni sintattiche né dai singoli predicati Il sistema modale è invece organizzato in armonia con le modalità di base e di conseguenza sono i tratti semantico-modali a costituire le condizioni necessarie e sufficienti per la selezione del modo 3.2 La modalità evaluativa La modalità evaluativa si riferisce alla valutazione soggettiva di stati di cose da parte di individui, essendo queste valutazioni di norma ancorate nella sfera emotiva Le categorie di valutazione sono categorie che ordinano e classificano esperienze e con ciò determinati (classi di) stati di cose Queste etichette di valutazione possono corrispondere o ad una precisa emozione, positiva o negativa (per esempio gioia, stupore, collera) o ad un valore su una scala di proprietà (segnalata, per esempio, da espressioni come è buono, cattivo, bello, brutto, strano, normale) I predicati evaluativi, verbi quali meravigliarsi, lamentare, rallegrarsi, vergognarsi e costruzioni predicative come essere contento, è buono che, è una pena/ un piacere/ una vergogna che selezionano di norma il congiuntivo Tuttavia, spesso non è escluso l’indicativo come anche Wandruszka ha dimostrato tramite numerosi esempi nella sua descrizione esaustiva del sistema modale in italiano . 15 Non mi sembra sufficiente ricondurre l’alternanza dei modi, in prima istanza, ad una variazione diafasica Sebbene si noti una riduzione degli ambiti d’uso del congiuntivo nell’italiano colloquiale in questo e anche in altri domini (e così anche in quello della modalità doxastica, cf infra) - un fenomeno ancora non descritto in maniera sistematica e mediante dati quantitativi -, per l’alternanza si può tuttavia riconoscere nell’italiano standard un’evidente motivazione di stampo semantico-modale 2_IH_Italienisch_74.indd 68 16.11.15 07: 55 69 Martin Becker Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale I risultati di una limitata indagine del Corpus Corriere che è stata condotta per alcuni tipici verbi evaluativi indicano proprio questo Confrontiamo in primo luogo l’alternanza modale col verbo lamentarsi: a) coll’indicativo: (12) Il Capo dello Stato si lamenta che il problema dell’occupazione esiste, il governo si lamenta che il Parlamento ha delle lentezze (Corriere 12 .03 .97, 3) b) col congiuntivo: (13) ll Congresso ha lamentato che l’Europa abbia concesso di recente all’Iran crediti per 5 miliardi di dollari (Corriere 16 .02 .97, 11) L’esempio (12) illustra molto chiaramente che lamentarsi coll’indicativo si avvicina ad un verbum dicendi e che modifica un atto assertivo (nel senso di affermare che) per quanto riguarda il modo della sua realizzazione (all’incirca: in maniera critica, con tono critico) Nell’esempio col congiuntivo (13) si mette in rilievo, al contrario, la valutazione o meglio la categorizzazione evaluativa di uno stato di cose In primo piano non c’è dunque lo stato di cose p (p: l’Europa ha concesso di recente all’Iran crediti per 5 miliardi di dollari) - ossia l’affermazione che p corrisponde effettivamente alla realtà -, ma la sua collocazione su una scala di valori che va da un polo completamente negativo (è lamentabile) ad uno del tutto positivo (è fantastico che) Lo stato di cose descritto rientra nella categoria di casi lamentabili e dunque a quei mondi possibili collocati in infima posizione su una scala di valori Il predicato rimproverare esibisce un comportamento molto simile: esso è impiegato per lo più col congiuntivo, ma nei rari contesti coll’indicativo mette in risalto la semplice asserzione di p (ossia affermare che p), di cui si specifica la maniera (ad esempio: con tono critico) (13) A volte mi viene rimproverato che io non considero le loro motivazioni politiche (Corriere 05 .07 .97) Il predicato rallegrarsi classifica e ordina stati di cose in rapporto ad una scala di valori emotivi che si estende da un polo completamente negativo (disperarsi) ad uno del tutto positivo (rallegrarsi - entusiasmarsi) Anche in questo caso la classificazione e la collocazione scalare sono intimamente connesse col modo congiuntivo 2_IH_Italienisch_74.indd 69 16.11.15 07: 55 70 Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale Martin Becker (14) Mi rallegro che il tuo pensiero tu lo esprima su un giornale come il tuo e come questo (Corriere 07 .04 .97, 27) In modo del tutto simile si possono anche caratterizzare le espressioni emotivo-evaluative mi piace e mi secca che ugualmente individuano determinati valori negativi sulla scala di valutazione emotiva (15) Sì, mi secca che la stampa europea dia risalto alle cifre, come fossimo un’azienda di Paperone… (Corriere 17 .11 .97, 2) Il verbo rallegrarsi ricorre coll’indicativo quando, al contrario, si mette in primo piano l’atto di asserzione, come si può vedere nell’esempio seguente, in cui il verbo rallegrarsi è coordinato ad un verbum dicendi (osservare) e introduce inoltre una citazione letterale: (16) Il relatore del provvedimento…osserva infatti che il testo licenziato dal Senato «non brilla per tecnica legislativa» e si rallegra che i colleghi deputati della commissione Giustizia di Montecitorio «sono in buona parte avvocati e magistrati» (Corriere 20 .05 .97, 6) Si comprende facilmente la scelta del congiuntivo con i predicati stupire (esempio (17)) e sorprendere: (17) Stupisce che il presidente Scalfaro se la prenda con Umberto Bossi (Corriere 01 .06 .97, 5) La scelta del modo è ancora del tutto coerente: stupire presuppone un ordinamento di stati di cose a seconda delle aspettative dei soggetti e le caratterizza o meglio categorizza come contrarie alle aspettative Il predicato evoca dunque mondi in cui avvengono cose insolite e inaspettate come, per esempio, p: Scalfaro se la prende con Bossi, e che sono collocate ad un livello particolarmente saliente sulla scala delle aspettative Per riassumere, si può dire che l’impiego del congiuntivo ha delle solide motivazioni anche con i predicati evaluativi: Per mezzo di predicati evaluativi si valutano o meglio categorizzano determinati stati di cose I singoli predicati presuppongono una scala alla base di valori ordinati e segnalano un preciso ambito di valori (in genere del tutto positivo e negativo) sul continuum Questa riflessione può essere riformulata nel quadro del concetto dei mondi possibili: gli stati di cose descritti nella completiva vengono classificati come realizzazioni (oppure «istanze») di mondi che si distinguono in modo particolarmente saliente (positivo o negativo) su una scala di valori emotivi (ralle- 2_IH_Italienisch_74.indd 70 16.11.15 07: 55 71 Martin Becker Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale grarsi - lamentarsi), su una scala di valutazione (lodare - rimproverare), su una scala di aspettative (meravigliarsi/ stupirsi) oppure sulla base di ulteriori criteri di classificazione Colpisce che i predicati evaluativi «profilano» e verbalizzano principalmente valori polari ossia ambiti di valori estremi delle scale di valori che stanno alla base Come le modalità di priorità (le modalità deontica e buletica), anche la modalità evaluativa presuppone alternative (mondi possibili) gerarchizzate secondo un preciso criterio L’unica differenza è costituita dai criteri rilevanti in ciascun caso Mentre nella modalità deontica e in quella buletica norme e preferenze soggettive svolgono rispettivamente un ruolo centrale in qualità di principi ordinatori, nella modalità evaluativa questo ruolo è svolto da categorie evaluative che hanno un fondamento nella sfera emotiva Tutti e tre i domini modali sono in stretta correlazione col congiuntivo che evidentemente è associato con la messa in rilievo di alternative particolarmente salienti o meglio specifiche Torneremo su questo punto nell’ultimo paragrafo del nostro contributo 4. i domini dell’impiego dei modi con funzione di differenziazione In questo capitolo vengono trattate le modalità nelle quali concorrono i due modi verbali, l’indicativo e il congiuntivo 4.1 Le modalità epistemica e doxastica Ci si riferisce alla modalità epistemica quando si tematizza la conoscenza da parte del parlante oppure del soggetto della frase principale e su questa base si esprime un giudizio in merito alla probabilità di uno stato di cose (alla sua esistenza o alla sua realizzazione) I parlanti possono dunque presentare uno stato di cose come conoscenza o ipotesi, possono esprimere i loro dubbi circa l’esistenza di uno stato di cose o fare congetture a proposito della probabilità che qualcosa si avveri Questi giudizi si basano su una conoscenza più o meno completa che gli individui (il parlante o il soggetto della principale) possiedono riguardo a come stanno le cose nel mondo reale (nel presente o nel passato) Lo status epistemico degli stati di cose può essere definito secondo due dimensioni: in base ad una scala di probabilità gli stati di cose possono essere caratterizzati secondo la probabilità della loro esistenza o realizzazione (con valori quali sicuro, possibile, impossibile) Prendendo a riferimento il modello cognitivo del parlante o del soggetto della principale, si può nello stesso tempo definire lo status degli stati di cose come conoscenza acquisita o non acquisita o ancora come derivata (inferita) (cf la scala: sapere/ conoscere - intuire - dedurre - ignorare) Infine è anche possibile confrontare il modello cognitivo del parlante con quello del soggetto della frase principale 2_IH_Italienisch_74.indd 71 16.11.15 07: 55 72 Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale Martin Becker oppure modelli vigenti in diversi punti di riferimento temporale (ad esempio un modello del passato e uno attuale) Nel dominio epistemico il modo fa una triplice distinzione: 1) Stati di cose che sulla scala di probabilità si collocano vicino al polo della certezza (certo, sicuro) vengono espressi coll’indicativo Stati di cose che sono soltanto possibili, meno probabili o che si collocano al polo opposto dell’impossibilità - vale a dire che non possono mai realizzarsi nel mondo reale - sono correlati col congiuntivo Lo spartiacque tra i due modi corre là dove si pongono in risalto alti gradi di probabilità: Mentre nell’esempio (18) la probabilità di p è elevata, ma anche non-p è possibile, il futuro in (19) segnala che la probabilità attesa di p sconfina quasi nella certezza (altamente probabile che p) (18) Ma è probabile che si tratti di un fenomeno limitato (Corriere 12 .01 .97, 3) (19) In ogni caso la discussione sarà lunga ed è probabile che si trascinerà per settimane, come è sempre accaduto in passato (Corriere 16 .03 .97, 26) 2) Stati di cose che vengono presentati come conoscenza acquisita in un modello epistemico sono marcati dall’indicativo Il congiuntivo è correlato con stati di cose che non possiedono affatto questo status Si confrontino gli esempi seguenti: (20) Ad ogni modo, è noto che un’alimentazione accorta aiuta a prevenire le malattie cardiovascolari (Corriere 24 .02 .97, 7) (21) Di Bella viene attaccato, dicono che è falso che abbia guarito diecimila persone (Corriere 31 .12 .97, 14) 3) Nel dominio epistemico si possono contrapporre i modelli cognitivi del parlante e del soggetto della principale In tal caso un determinato stato di cose possiede uno status diverso a seconda del modello di riferimento in cui è preso in considerazione Questo è particolarmente evidente coi predicati epistemici negativi quali ignorare e non sapere Se il modello del parlante è posto in primo piano e il parlante vuole sottolineare la verità di uno stato di cose, allora ricorre al modo indicativo Se invece si mette a fuoco il modello cognitivo del soggetto della frase principale, il congiuntivo segnala che lo stato di cose corrispondente non è contenuto nell’inventario di conoscenze acquisite nel quadro di questo modello cognitivo, vale a dire lo stato di cose 2_IH_Italienisch_74.indd 72 16.11.15 07: 55 73 Martin Becker Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale tematizzato nella completiva non è qui per nulla rappresentato La seguente coppia di esempi illustra questo contrasto: (22) […] e sfruttare la rabbia di un Paese che non sa che cosa siano le regole (Corriere 16 .03 .97, 5) (23) Ma non sa che Leone è lì in agguato (Corriere 05 .04 .97, 47) Mentre dunque in (22) si pone l’accento sull’ignoranza del soggetto (nel modello cognitivo della popolazione non esistono affatto queste regole tematizzate), in (23) lo stato di cose («Leone è lì in agguato») compare come un fatto reale grazie all’indicativo, dunque come uno stato di cose vero nel mondo attuale I predicati attitudinali costituiscono un caso specifico poiché verbalizzano le convinzioni e le credenze soggettive degli individui Sostanzialmente si potrebbero inquadrare queste espressioni che descrivono convinzioni soggettive - e che sono perciò denominate predicati doxastici - nella categoria della modalità epistemica (in un senso più ampio), poiché anche i verba putandi indicano lo status di validità di uno stato di cose (credere in contrasto con sapere) Si può però anche sostenere la posizione che in questo caso si ha a che fare con una modalità più specifica, la cosiddetta modalità doxastica Infatti nel caso dei verba putandi non si tratta tanto della valutazione di stati di cose o della produzione di conoscenza quanto invece della tematizzazione di convinzioni soggettive di individui Queste convinzioni soggettive possono essere del tutto personali - in questo caso sono accessibili soltanto in maniera soggettiva e per questo sono dette convinzioni de dicto Quando, invece, sono condivise (convinzioni collettive) e rese accessibili a livello intersoggettivo tramite processi adeguati di produzione di evidenze, divengono patrimonio comune (dunque convinzioni de re) In favore dell’individuazione di una modalità più specifica depone anche l’organizzazione particolare del sistema modale dell’italiano: In esso le espressioni doxastiche come credere, pensare, ritenere, essere convinto che vengono impiegate di norma col congiuntivo Il modo non indica dunque se il modello cognitivo della realtà del soggetto della frase principale contenga rappresentazioni vere (quindi ancorate nel mondo reale) o false bensì sottolinea in genere il carattere soggettivo delle convinzioni, siano esse vere o false . 16 (24) A sentire gli umori della gente su questo tema credo che il sondaggio sia molto affidabile (Corriere 09 .01 .97, 2) (25) Gli investigatori sono convinti che la droga sia all’origine dell’agguato (Corriere 13 .06 .97, 237) 2_IH_Italienisch_74.indd 73 16.11.15 07: 55 74 Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale Martin Becker Tuttavia, nel parlato di oggi, si riscontra la tendenza a sottolineare una convinzione particolarmente plausibile o che gode di consenso generale per mezzo dell’indicativo Si intravede dunque il seguente sviluppo: soltanto le convinzioni accessibili in maniera soggettiva (le convinzioni de dicto) vengo differenziate mediante l’alternanza dei modi, al contrario delle convinzioni intersoggettive (rese accessibili mediante evidenze adeguate) Un caso a parte, che deve pertanto essere distinto dal precedente, è costituito poi dalle frasi all’indicativo in unione con l’espressione credo che (le cosiddette parentetiche) In questi contesti l’espressione funge da marcatore discorsivo grammaticalizzato che, per ragioni pragmatiche (ad esempio, per cortesia), attenua la forza illocutiva di un’asserzione Credo che viene dunque impiegato come espressione modalizzante (al pari di avverbi modali come probabilmente) in unione con una frase dichiarativa Dal punto di vista sintattico si distingue per la sua posizione parentetica: possiede infatti la stessa libertà di posizione degli avverbi modali Si veda l’esempio seguente con diverse possibilità di posizione: (26) (Credo (che)) ho dimenticato (credo) gli occhiali proprio lì (credo) (cf Wandruszka, 734, esempio 77b) La modalità doxastica - l’ancoraggio di stati di cose in mondi di credenze soggettive - è in stretta correlazione col congiuntivo Si intravede tuttavia nell’italiano parlato di oggi la tendenza a distinguere tra diversi gradi di accessibilità lungo un continuo che si estende da completamente del tutto soggettivo fino a dimostrabile in maniera intersoggettiva In questo modo ci si avvicina a una distinzione graduale come quella che contraddistingue il dominio epistemico Gli impieghi modalizzanti delle espressioni doxastiche che ricorrono sempre coll’indicativo devono essere tenuti a parte In tali impieghi queste espressioni svolgono la funzione di marcatore discorsivo modalizzante che tempera il grado di asserzione delle frasi dichiarative per ragioni pragmatiche 5. La modalità metafisica La modalità metafisica tematizza alternative al mondo attuale che scaturiscono da ciò che si dà in un preciso momento Si può ulteriormente precisare questa definizione ancora alquanto generica: il fondamento della modalità metafisica è costituito dall’«ordine» del mondo attuale determinato dagli stati di cose vigenti in esso, relazioni causali, leggi fisiche e altre «forze» e «tendenze dinamiche» insite in esso Da qui derivano - in un momento preciso - sviluppi necessari, possibili e impossibili del mondo attuale Tenendo conto delle condizioni e circostanze 2_IH_Italienisch_74.indd 74 16.11.15 07: 55 75 Martin Becker Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale in un momento preciso nel passato si possono immaginare alternative possibili che tuttavia non sono più tali nel momento dell’enunciazione poiché esse si sono realizzate diversamente Gli stati di cose corrispondenti non sono dunque più possibili nel momento dell’enunciazione e ricadono nel dominio della controfattualità (di ciò che non si dà per nulla) Prendendo a riferimento il momento dell’enunciazione si possono ricavare le alternative possibili sul successivo corso delle cose (mondi alternativi futuri), di nuovo sulla base di ciò che si dà nel mondo reale (fatti, circostanze, condizioni e relazioni causali) La modalità metafisica svolge un ruolo centrale innanzitutto nelle frasi ipotetiche, nelle quali tramite la protasi vengono tematizzate alternative a ciò che si dà effettivamente in un preciso momento Questi mondi alternativi divergono dal mondo reale soltanto per lo stato di cose introdotto dalla protasi Da parte sua, l’apodosi esprime le conseguenze che sono possibili o necessarie per questi mondi alternativi Sono possibili in italiano tre costruzioni che si contraddistinguono per le categorie modali: - nel caso della condizionale all’indicativo vengono tematizzate alternative al mondo reale (tale quale si presenta al momento dell’enunciazione) che sono considerate verosimili o realistiche Il fatto posto nella protasi è almeno compatibile con lo stato di cose nel mondo attuale (27) Se Gianni viene questa sera, mi rallegrerò molto; - nelle condizionali al congiuntivo imperfetto si evocano, al contrario di quelle all’indicativo, alternative meno verosimili o realistiche In questi contesti l’alternativa che non-p si verifichi è più probabile dell’alternativa che p si realizzi o possa realizzarsi Nel caso estremo è anche possibile che l’alternativa discussa non sia più disponible già al momento d’enunciazione, dunque è già decaduta nel dominio della controfattualità La domanda se il fatto posto sia compatibile o no con il mondo reale dipende dalla conoscenza del mondo (enciclopedica) - cf in particolare il secondo degli esempi seguenti (28b), in cui stando alle nostre conoscenze il fatto è poco verosimile, ma tuttavia possibile o controfattuale (28a) Se Gianni venisse questa sera, potremmo festeggiare il suo anniversario (28b) Se Gianni fosse inglese, sarebbe suddito della Regina Elisabetta (Ma non lo è/ Forse lo è Glielo chiederò domani); - nelle condizionali al congiuntivo trapassato vengono presentate di norma alternative che già in un momento passato sono decadute nella controfattualità cosicché gli stati di cose corrispondenti non sono validi nel mondo attuale 2_IH_Italienisch_74.indd 75 16.11.15 07: 55 76 Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale Martin Becker (tale quale si presenta nel momento dell’enunciazione) Nel seguente esempio c’era nel passato un intervallo temporale in cui sarebbe stato possible che Gianni e Marta si sposassero; questo sviluppo alternativo si è però spento per sempre quando si è capovolto in direzione della controfattualità in un momento preciso (29) Se Gianni si fosse sposato con Marta, avrebbe trovato la felicità Nell’ambito delle frasi condizionali si manifesta soprattutto la funzione del modo di differenziare i mondi presi in considerazione Mentre l’indicativo mette in risalto alternative vicine alla realtà o compatibili con il mondo reale (dal punto di vista del parlante), il congiuntivo sottolinea alternative o particolarmente distanti o persino controfattuali Occorre anche segnalare il fatto che la conseguenza espressa nell’apodosi è marcata dalla morfologia del futuro Questo non vale soltanto per il futuro ma anche per il condizionale che si può analizzare come composto da marcatori di prospettività e di passato Mentre il marcatore di prospettività segnala la relazione di conseguenza, il secondo (quello di passato) mondi massimamente distanti che si sovrappongono con i mondi evocati nella protasi tramite la morfologia del congiuntivo (imperfetto o trapassato) 6. Altri mondi possibili e la loro marcatura tramite il modo in italiano - mondi di comparazione e di riferimento (massimale) In questo paragrafo vengono discusse particolari marcature al congiuntivo che mettono ugualmente in rilievo mondi possibili, ma che oltrepassano gli ambiti delle modalità presentate nei capitoli precedenti 6.1 La costruzione di comparazione (di disugualianza) 17 La costruzione di disuguaglianza mette in rapporto due valori su una scala che misura la realizzazione di una proprietà Vediamo, per esempio, il seguente enunciato: (30) Giorgio è più alto di Gianni Il valore dell’altezza di Giorgio d1 (d1 = il valore di riferimento) è confrontato con il valore dell’altezza di Gianni d2 (d2 = valore di comparazione o standard) Allo stesso tempo, la frase implica che esiste una differenza fra i due valori dell’altezza, un differenziale d1-d2, in virtù del quale la proprietà dell’altezza non è soddisfatta da Gianni (che è il più piccolo) Nell’italiano standard di oggi la costellazione qui descritta della comparazione di disuguaglianza può essere profilata in tre modi diversi da mezzi linguistici specifici: 2_IH_Italienisch_74.indd 76 16.11.15 07: 55 77 Martin Becker Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale a) Il valore di comparazione viene messo in rilievo come un valore che si avvera effettivamente nel mondo reale, cosa che è realizzata in particolare tramite marcatori di effettività quali in effetti, effettivamente, in realtà in unione col modo indicativo Il contenuto enunciativo della frase di comparazione viene elaborato nella forma di una interpretazione positiva nella quale è posto in primo piano il fatto che una entità possiede effettivamente una determinata proprietà al valore d2 Consideriamo l’esempio (31): (31) Contro un avversario dipinto alla vigilia molto più forte di quanto in realtà ha dimostrato di essere (http: / / www .fiorentina .it/ it/ news/ articolo .39 .28053/ pagelle-fiit-montella-a-kyiv-ritrova-la-suafiorentina .html, 05 .05 .2015) b) Tuttavia molto più spesso si trova il congiuntivo nelle frasi di comparazione di disuguaglianza In questo caso bisogna distinguere due contesti di ricorrenza: Nell’interpretazione modale si pone il focus sul fatto che il valore di comparazione d2 non appartiene affatto al mondo di base (vale a dire al mondo comune degli interlocutori), ma sul fatto che questo valore corrisponde ad una convinzione soggettiva Il congiuntivo è di conseguenza impiegato in unione con verbi doxastici che introducono un modello soggettivo della realtà (come ad esempio credere, pensare e immaginarsi) Pertanto anche nelle frasi di comparazione di disuguaglianza la modalità doxastica è in correlazione con il modo congiuntivo come illustra l’esempio (32) (32) […] realizzare una rivoluzione tattica più complessa di quanto si creda (Corriere 24 .01 .97, 43) La frase di comparazione evidenzia che il grado di complessità attribuito alla rivoluzione in questione vale soltanto nel modello doxastico del soggetto (in questo caso un soggetto indeterminato collettivo) vale a dire secondo la convinzione soggettiva Il secondo contesto è altrettanto particolarmente caratteristico: in questo caso si accentua al massimo la differenza che sussiste tra i due valori e la si presenta come concettualmente rilevante Il contrasto di valori è elaborato linguisticamente tramite particelle di grado o focalizzanti quali molto o ancora in unione col congiuntivo Analizziamo l’esempio (33) (33) […] è un talento ancora più precoce di quanto lo sia stato io (Corriere 17 .02 .97, 45) In questo contesto l’uso del modo congiuntivo può essere motivato come 2_IH_Italienisch_74.indd 77 16.11.15 07: 55 78 Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale Martin Becker segue: il contrasto modale tra principale e comparativa serve a mettere a confronto e individuare la differenza tra i due fatti o tra i loro valori Dal punto di vista relazionale la precocità di x è «più reale» (o più rilevante) di quello del parlante (io) dato che la precocità di x ammonta al grado d1, quella del parlante invece soltanto al grado d2 Il contenuto della comparazione scivola in secondo piano a causa del suo valore limitato e irrelevante dal punto di vista comparativo, cosa che è segnalata dal congiuntivo Il contenuto della comparativa può sì essere vero, ma è meno rilevante o effettivo rispetto al contenuto della principale poiché esso si realizza ad un grado molto minore (=d2) Nell’interpretazione relazionale il congiuntivo nella comparativa può dunque enfatizzare mondi di comparazione meno rilevanti o effettivi rispetto all’indicativo (della principale) Quest’uso è paragonabile con quello congiuntivo nelle frasi concessive come per esempio (34) Questa comunità fu massacrata e estirpata nel 1929, benché non ci fosse stata alcuna provocazione nei confronti dei vicini arabi (Corriere, 18 .01 .97, 1) Anche in questo caso il congiuntivo non mette in dubbio il fatto che p (p: non c’era stata alcuna provocazione) bensì lo valuta ancora una volta in modo comparativo in rapporto allo stato di cose della principale Il fatto descritto nella frase subordinata è ineffettivo e quindi irrelevante in quanto non ha potuto impedire la realizzazione di q (q: questa comunità fu massacrata) Proprio perché p è ineffettivo, si è dato q - nonostante le aspettative di una concomitanza di p e non-q (nessuna_provocazione’ ∧ non_essere_massacrato’) Si tratta di un altro caso nel quale gradi di realità e di effettività sono espressi tramite l’opposizione modale Riprendendo il concetto di mondo possibile che qui è utilizzato in senso metaforico) possiamo dire che: in prospettiva comparativa il mondo q è più «reale» (perché più effettivo e più rilevante) del mondo p Lo stesso si può dire anche dei mondi che sono messi a confronto: un mondo in cui vale d1 realizza la proprietà tematizzata in modo più effettivo che un mondo nel quale è valido d2 - esso è dunque più «reale» se si considera la proprietà in questione in maniera comparativa; per questa ragione ottiene una maggiore salienza La terza costellazione (statisticamente più frequente), il nesso del congiuntivo con il non espletivo, accentua ancora di più il divario tra il valore di riferimento d1 e il valore di comparazione/ confronto d2 Il non espletivo evoca in aggiunta mondi alternativi controfattuali Prendiamo in esame l’esempio seguente: 2_IH_Italienisch_74.indd 78 16.11.15 07: 55 79 Martin Becker Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale (35) La legge di oggi è più limitativa dei diritti del cittadino di quanto non fosse quella precedente (Corriere, 15 .01 .97, 2) Il grado di limitazione dei diritti del cittadino (d1) è più elevato nella legge attuale di cui si discute e per questo motivo più rilevante (in prospettiva comparativa) di quello della legge precedente (= d2) In altre parole, il grado di validità della limitazione è più elevato (più effettivo) nel caso dello stato di cose della principale che nel caso di quello della subordinata (d2 > d1) Allo stesso tempo la negazione espletiva profila l’intervallo (il differenziale) fra d1 e d2 e realizza un’interpretazione negativa: in riferimento all’intervallo (d1-d2) lo stato di cose della subordinata comparativa non è per nulla limitativo, cioè per questo intervallo non vale affatto la proprietà della limitazione La proposizione è dunque controfattuale per tutti i valori corrispondenti La comparazione (di disuguaglianza) può di conseguenza combinare vari elementi grammaticali: a) L’indicativo sottolinea la validità dello stato di cose della comparativa o il suo carattere fattuale: la proposizione comparativa descrive uno stato di cose che ha validità al grado d2 nel mondo attuale b) Il congiuntivo invece o modalizza il contenuto della comparativa - lo stato di cose o la proposizione valgono solo in un modello soggettivo (o precisamente doxastico) - o gli attribuisce un carattere meno reale o meno effettivo La seconda interpretazione mette in rapporto gli stati di cose della principale e della comparativa In questa interpretazione relazionale l’indicativo marca lo stato di cose della principale che è posto in primo piano come più rilevante o più effettivo (più «reale» poiché realizza la proprietà messa a confronto ad un grado più elevato), il congiuntivo invece lo stato di cose della comparativa come meno rilevante e meno effettivo e lo relega in secondo piano Intendiamo uno stato di cose come meno reale se in esso la proprietà in questione si realizza ad un grado inferiore c) La negazione espletiva infine focalizza l’intervallo negativo d1-d2 che si ricava dalla differenza e per il quale non è valido lo stato di cose descritto dalla comparativa In questo intervallo la proposizione che a una entità X esibisce una proprietà P al grado d1-d2 è controfattuale - semplicemente non è valida per il mondo reale 6.2. Frasi relative dopo un antecedente al superlativo Le frasi relative dopo un antecedente al superlativo costituiscono un’ulteriore 2_IH_Italienisch_74.indd 79 16.11.15 07: 55 8 0 Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale Martin Becker costruzione sintattica in cui vengono tematizzati e profilati in maniera diversa mediante l’opposizione modale mondi di riferimento Queste frasi relative creano un dominio di riferimento a cui viene ascritto il denotato del sintagma nominale della principale Incominciamo con un esempio all’indicativo che illustra l’elaborazione del dominio di riferimento: (36) Sto dunque per perdere l’unica amica che potevo conquistarmi (Svevo, Commedia, Personaggi, atto primo, scena quinta) In (36) si fa riferimento immediato al mondo reale come dominio di riferimento e precisamente ad un evento occasionale di conquista (conquistarmi una amica) che ha avuto luogo nel passato Questa interpretazione è referenziale e episodica: il parlante si riferisce in questa frase ad un evento concreto del mondo reale, che si è verificato in un momento qualsiasi del passato Prendiamo in esame ora l’esempio seguente, in contrasto, al congiuntivo: (37) Machiavelli fu certamente uno dei pochi italiani, forse l’unico, che avesse capito il senso verso in cui andava la Storia d’Europa (Corriere 24 .09 .97, 41) In questo esempio non compare semplicemente la realtà quale mondo di riferimento del denotato (l’unico italiano), piuttosto sono considerati tutti mondi possibili in cui esistono individui che «capiscono la storia» nel senso della relativa La categoria di coloro che capiscono la storia è definita per mezzo della relativa Nel caso di questa interpretazione concettuale o anche intenzionale della relativa non ha nessuna importanza se lo stato di cose descritto è valido nel mondo reale o in uno qualsiasi di quelli possibili La descrizione dello stato di cose è vera in quei mondi in cui essa si verifica effettivamente (in cui dunque è valido: x ha capito il senso verso cui andava la Storia d’Europa) I mondi di riferimento vengono ancora diversamente messi in rilievo nelle frasi relative dipendenti da un antecedente al superlativo (il/ la x più AGG che (mai) p), come si vede nell’esempio (38): (38) La ragazza ha le gambe più lunghe che mai siano apparse su un giornale (Corriere 19 .05 .97, 21) In questi contesti il congiuntivo - in unione con l’elemento di polarità mai - elabora un dominio di riferimento massimale Come già nel caso del comparativo di disuguaglianza, anche qui il congiuntivo è sfruttato in senso iperbolico: non è il mondo reale con un preciso evento passato del tipo sono apparse le gambe più lunghe su un giornale ad essere tematizzato (questo sarebbe il 2_IH_Italienisch_74.indd 80 16.11.15 07: 55 81 Martin Becker Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale caso di impiego dell’indicativo), ma sono tutti i mondi pensabili (= possibili) ad essere presi in considerazione, compresi quelli che eventualmente non sono ancora stati affatto considerati Il dominio di riferimento viene dunque ampliato di un numero massimale e comprende anche quei mondi che di norma non vengono vagliati o che non lo sono ancora stati nel momento dell’enunciazione dato che sono insoliti o distanti Il parlante - e questo è il momento iperbolico - si fa dunque per così dire garante a priori di qualsiasi mondo, per quanto distante Il congiuntivo segnala dunque nel caso delle espressioni o costruzioni superlative che in aggiunta al mondo reale si mettono a fuoco ulteriori mondi (alternative), con l’effetto che l’enunciato superlativo risulta enfatizzato in maniera massimale Nel caso dell’interpretazione intenzionale-concettuale (come nell’espressione il solo/ la sola X) si tratta di tutti quei mondi in cui si verifica lo stato di cose descritto nella relativa (vale a dire la descrizione categoriale); quando si dà l’interpretazione iperbolico-massimale (il/ la più X che mai p) si evoca l’insieme potenzialmente aperto (cioè indeterminato) di tutti i mondi di riferimento possibili/ pensabili in cui il denotato della principale è ancorato Se tematizziamo, come nell’ultimo caso, alternative possibili al mondo reale e alle sue proprietà e condizioni, ci muoviamo - come già a proposito delle frasi condizionali nel dominio della modalità metafisica 7. Verso una sintesi In conclusione del mio contributo presento una sintesi della distribuzione dei modi e della motivazione di questa in italiano Come la trattazione dei diversi contesti del congiuntivo ha mostrato, l’uso di questo modo e la sua alternanza con l’indicativo possono essere motivati e descritti secondo criteri semanticomodali e nel quadro di domini specifici di modalità Abbiamo potuto individuare due principi semantico-modali basilari che regolano il sistema modale: 1) il congiuntivo è sempre obbligatorio quando vengono tematizzati mondi particolarmente preferiti (o dispreferiti) (i cosiddetti priority worlds, mondi di priorità) Questi mondi, che sono collocati particolarmente in alto (o in basso) su una scala, sono preferiti (o dispreferiti) perché a) in essi sono validi stati di cose (come nel caso della modalità deontica) che corrispondono ad una norma precisa (individuale, collettiva, istituita tramite un’istanza) o in altre parole questa norma è realizzata in questi mondi; b) in essi sono validi stati di cose che sono in armonia con una scala di preferenze soggettive; può trattarsi di una scala di desideri soggettivi (modalità 2_IH_Italienisch_74.indd 81 16.11.15 07: 55 82 Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale Martin Becker buletica), di determinati valori e delle loro controparti emotive (modalità evaluativa); 2) il congiuntivo è in concorrenza con l’indicativo (alternanza dei modi) in quei domini in cui si vogliono mettere in risalto mondi particolari o specifici di fronte a mondi normali o al mondo reale (quale mondo di base) Si possono di nuovo riconoscere relazioni di contrasto basate su domini modali specifici: a) nel dominio della modalità doxastica vengono separati quei mondi che sono accessibili soltanto soggettivamente (modo congiuntivo) da quelli che lo sono in maniera intersoggettiva (modo indicativo); b) nel dominio della modalità epistemica si pongono a confronto mondi soltanto possibili (o impossibili) (modo congiuntivo) con quelli molto probabili o plausibili (modo indicativo); c) nel dominio della modalità metafisica si istituisce un contrasto fra quei mondi possibili che sono compatibili con quello reale (modo indicativo) e quelli che lo sono poco se non per nulla (modo congiuntivo); d) mondi di comparazione o di riferimento che sono istanziati da frasi comparative di disuguaglianza o da frasi relative dipendenti da un antecedente al superlativo profilano stati di cose in maniera rispettivamente diversa: - stati di cose evocati nella comparative possono essere presentati come fatti del mondo reale (modo indicativo) o - dato che realizzano una determinata proprietà ad un grado di gran lunga inferiore - come stati meno reali, rilevanti o effettivi (vale a dire collocati su un gradino più basso in considerazione del loro status di attualità) mediante il congiuntivo In aggiunta la negazione espletiva può sottolineare in modo particolare il carattere controfattuale del differenziale: in questo ambito la proprietà in questione non vale affatto per lo stato di cose messo a confronto; - la descrizione di un denotato realizzata da una relativa dipendente da un antecedente al superlativo può qualificare tramite l’indicativo il mondo reale come dominio di riferimento (interpretazione referenziale); per mezzo del congiuntivo vengono al contrario evocati tutti quei mondi possibili a cui corrisponde la descrizione della relativa (interpretazione intenzionale) o - in unione con l’elemento di polarità mai - tutti quei mondi pensabili dei quali il parlante voglia a priori farsi garante (ampliamento massimale del dominio di valutazione) 2_IH_Italienisch_74.indd 82 16.11.15 07: 55 8 3 Martin Becker Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale In tutti i casi discussi dell’opposizione modale si contrappongono da un lato il mondo reale quale mondo di base o i mondi possibili compatibili con quello reale e dall’altro mondi possibili, eccezionali o del tutto impossibili (controfattuali) indeterminati Nel complesso sembra che il congiuntivo evidenzi, sempre nel quadro di un dominio modale, mondi specifici in contrasto a mondi più «normali» (cioè mondi standard) La specificazione precisa del rapporto fra i mondi specifici e quelli standard (o quello reale) si realizza secondo le rispettive proprietà semantiche di ciascun dominio In questa sede è possibile soltanto accennare al fatto che questo rapporto si può modificare e ristrutturare in un determinato dominio nella dinamica diacronica . 18 In questo contributo spero di aver mostrato che il sistema modale dell’italiano può essere completamente descritto e motivato sulla base di criteri semantico-modali Esso è regolato da principi e tratti semantico-modali che vengono precisati in ciascun dominio di modalità in maniera specifica Abstract In meinem Beitrag möchte ich den Modusgebrauch im Italienischen im Rahmen eines einheitlichen Ansatzes beschreiben und zugleich motivieren Anders als in der linguistischen Literatur zum italienischen Modussystem üblich, vertrete ich nicht die Auffassung einer Dualität von syntaktischen Faktoren (Subordination) und semantischen Aspekten (Bedeutungsmerkmale von Prädikaten oder Operatoren wie z Bsp Konjunktionen) als motivierende Erklärungsgrundlage für die Modusverwendung Vielmehr möchte ich zeigen, dass modalsemantische Merkmale bzw Kriterien ausschlaggebend sind, um die Funktionsweise des italienischen Modussystems zu verstehen Zugleich soll auch deutlich werden, dass nicht ein abstraktes Grundprinzip (ein ‹Grundwert›) oder bestimmte Prädikatenklassen das geeignete Bezugsniveau der Modusorganisation und seiner Beschreibung darstellen, sondern die verschiedenen modalitätsspezifischen Domänen, in denen die Kategorie Modus in je eigener Weise instrumentiert wird Note 1 Ringrazio Giovanni Pairotti per la collaborazione nella traduzione della versione tedesca all’italiano 2 Vedi Schmitt Jensen 1970, Schneider 1999, Wandruszka 2 2001, Blücher 2003 . Per una sintesi che parte da una prospettiva sintattica cf . Squartini 2010, 244-249 3 Cf . Fillmore & Baker 2010 4 Cf . Bally 1932, 35s 5 Palmer 2 2001 6 Cf . Palmer 2 2001s . 2_IH_Italienisch_74.indd 83 16.11.15 07: 55 8 4 Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale Martin Becker 7 Cf . in particolare Lewis 1986 e Kratzer 1978 8 Cf . Portner 2009, 1 9 Cf . Becker 2014 10 Cf . Becker 2014, 78 . Giannakidou (1995, 101) impiega il termine inglese di sensitivity per caratterizzare il congiuntivo che concepisce come elemento «sensibile alla non-veridicità» («sensitive to non-veridicality») . Blücher (2003, 172) si riferisce alla corrispondenza fra modalità (di un elemento lessicale) e modo con il termine «più classico» di concordanza modale 11 Per una caratterizzazione più dettagliata dei domini modali vedi Becker 2014, 64-72 . 12 Nella concezione tradizionale delle modalità i valori fondamentali (necessario, possibile, facoltativo, impossibile) vengono rappresentati nel quadro del quadrato logico . Vedi Martin 1983, 111 13 Questo termine è stato introdotto da Portner (2009, 135) 14 Abbiamo usato il Corpus Corriere della Sera, 1997 . Archivio elettronico su CD-Rom, RCS Editori-Quotidiani, 1998 15 Cf . Wandruszka 1991, 472-481 16 Questo fatto viene anche sottolineato da Wandruszka (1991, 434): «[…] ma il congiuntivo non è necessariamente indizio che il parlante ritenga ingiustificata la credenza della persona denotata dal soggetto della predicazione» 17 Vedi anche Stefanelli 1990 e Becker 2011 18 Per una prospettiva diacronica vedi Becker 2014 Bibliografia Bally, Charles (1932): Linguistique générale et linguistique française, Paris: Leroux Becker, Martin (2011): «Modus und expletive Negation in der Geschichte des italienischen Disparitätsvergleichs», in: Selig, Maria/ Bernhard, Gerald (a cura di), Sprachliche Dynamiken. Das Italienische in Geschichte und Gegenwart, Frankfurt et al .: Peter Lang (Studia Romanica et Linguistica), 35-50 Becker, Martin (2014): Welten in Sprache - zum Wandel der Kategorie Modus in romanischen Sprachen, Mouton/ De Gruyter: Berlin/ New York Blücher, Kolbjörn (2003): «Modalità, modo, ,concordanza modale‘», in: Una p rospettiva teorica. Il verbo italiano. Studi diacronici, sincronici, contrastivi, didattici [Atti SLI 46], Mathée Giacomo-Marcellesi & Alvaro Rocchetti (a cura di), Roma: Bulzoni, 169-177 Corriere della Sera, 1997 . Archivio elettronico su CD-Rom, RCS Editori-Quotidiani, 1998 Fillmore, Charles J ., and Collin Baker (2010): «A frames approach to semantic analysis», in: The Oxford handbook of linguistic analysis, Oxford: Oxford University Press, 313-339 Kratzer, Angelika (1978): Semantik der Rede: Kontexttheorie, Modalwärter, Konditionalsätze, Königstein: Scriptor Kratzer, Angelika (1991): «Modality», in: Arnim von Stechow/ Dieter Wunderlich (a cura di), Semantik: ein internationales Handbuch der zeitgenössischen Forschung, Berlin/ New York: De Gruyter, 639-650 Lewis, David K . (1986): On the plurality of worlds, Oxford: Blackwell 2_IH_Italienisch_74.indd 84 16.11.15 07: 55 85 Martin Becker Il sistema dei modi in italiano - un’analisi semantico-modale Martin, Robert (1983): Pour une logique du sens, Paris: PUF Palmer, Frank R . ( 2 2001): Mood and Modality, Cambridge: Cambridge University Press . Portner, Paul (2009): Modality, Oxford: University Press Schmitt-Jensen, Joergen (1970): Subjonctif et hypotaxe en italien. Une esquisse de la syntaxe du subjonctif dans les propositions subordonnées en italien contemporain, Odense: Odense University Press Schneider, Stefan, Il congiuntivo tra modalità e subordinazione. Uno studio sull’italiano parlato, Roma, Carocci, 1999 Schwarze, Christoph (1988): Grammatik der italienischen Sprache, Tübingen: Niemeyer Squartini, Mario (2010): «Mood in Italian», in: Rothstein, Björn/ Thieroff, Rolf (a cura di): Mood in the Languages of Europe (Studies in Language Companion Series 120), Benjamins: Amsterdam et al ., 237-250 Stefanelli, Rossana (1990): «Studi sulla comparazione di disuguaglianza», in: Studi di Grammatica Italiana 14, 305-339 Wandruszka, Ulrich (22001): «Frasi subordinate al congiuntivo», in: Renzi, Lorenzo et al . (a cura di): Grande grammatica di consultazione, Bologna: Il Mulino, vol . 2, 415-482 2_IH_Italienisch_74.indd 85 16.11.15 07: 55 86 Sprachecke italienisch Die Rubrik «Sprachecke Italienisch» stellt aktuelle Probleme und Tendenzen des Gegenwartsitalienischen vor und befasst sich mit Normierungsschwankungen, grammatischen Unsicherheiten, Neubildungen u .a Dabei sollen möglichst auch Anfragen und Anregungen aus dem Leserkreis aufgegriffen werden, die die Dynamik des Gegenwartsitalienischen als «lingua […] in forte ebollizione» (F Sabatini) präsentieren Verantwortlich für die «Sprachecke Italienisch» ist Prof .Dr Edgar Radtke (Universität Heidelberg): edgar .radtke@rose .uni-heidelberg .de Neapolitanisierung mal ganz anders… 1 «Fra le nazioni europee l’Italia gode il privilegio di essere, certamente, il paese più frazionato nei suoi dialetti» (Rohlfs, 1964) Obgleich ein halbes Jahrhundert vergangen ist, seitdem Gerhard Rohlfs dies in seiner Rede anlässlich der Verleihung des Premio Forte dei Marmi feststellte, erfreuen sich die italienischen Dialekte ungeachtet der Verbreitung des Standarditalienischen bis heute großer Vitalität . 2 Die italienischen Dialekte fallen zudem auch weiterhin - besonders im europäischen Vergleich - durch ihre Vielfalt auf Daher erstaunt das folgende Kuriosum, auf das wir im von der UNESCO veröffentlichten Atlas of the World’s Languages in Danger gestoßen sind: Die italienischen Dialekte sind in großer Gefahr! 3 Die UNESCO pflegt eine Liste der bedrohten Sprachen der Welt, die über einen interaktiven Atlas online einsehbar ist . 4 Die Karten können weltweit oder länderspezifisch aufgerufen werden Für Italien werden in der Suchmaske 31 ‹vom Aussterben bedrohte Sprachen› vorgegeben, die durch verschieden farbige Keile, die auf einen unterschiedlichen ‹Bedrohtheitsgrad› verweisen, gekennzeichnet sind Betrachtet man diese 32 Treffer (Griko in zwei Gebieten), nämlich Alemannic, Algherese Catalan, Alpine Provençal, Arbëresh, Bavarian, Campidanese, Cimbrian, Corsican, Emilian-Romagnol, Faetar, Francoprovençal, Friulian, Gallo-Sicilian, Gallurese, Gardiol, Griko (Calabria), Griko (Salento), Ladin, Ligurian, Logudorese, Lombard, Mòcheno, Molise Croatian, Piedmontese, Resian, Romani, Sassarese, Sicilian, South Italian, Töitschu, Venetan, Yiddish (Europe), fallen bereits die ersten beiden Kritikpunkte am UNESCO-Atlas auf: Es wird keine Unterscheidung zwischen ‹Dialekt› und ‹Sprache› getroffen und sechs Keile, die auf in Italien ‹vom Aussterben bedrohte Sprachen› hinweisen sollen, befinden sich in der Karte nicht auf italienischem Boden (angegeben werden beispielsweise Yiddish (Europe) in Weißrussland und Romani in Rumänien) Es wird demnach nicht ersicht- S ArA M Atri S C i A No / M Argh eritA M AU L e L L A 2_IH_Italienisch_74.indd 86 16.11.15 07: 55 87 Sara Matrisciano / Margherita Maulella Neapolitanisierung mal ganz anders… lich, worauf die Zuordnung der angegebenen ‹Sprachen› zu Italien basiert Auch die Klassifikation der ‹Bedrohtheitsgrade› mutet merkwürdig an So werden die Sprachen bzw Dialekte im UNESCO-Atlas in folgende Kategorien unterteilt, nach denen einzeln oder in Kombination gesucht werden kann: vulnerable, definitely endangered, severely endangered, critically endangered, extinct Diese Zuschreibungen werden wie folgt definiert: - vulnerable: most children speak the language, but it may be restricted to certain domains (e .g ., home) - definitely endangered: children no longer learn the language as mother tongue in the home - severely endangered: language is spoken by grandparents and older generations; while the parent generation may understand it, they do not speak it to children or among themselves - critically endangered: the youngest speakers are grandparents and older, and they speak the language partially and infrequently - extinct: there are no speakers left Die von der UNESCO vorgelegte Skala orientiert sich offensichtlich an der biologisch ausgerichteten Vorstellung der ‹Sprache als Organismus› (vgl Whitney 1875), in der Sprachen wie Tierarten vom Aussterben bedroht sein können Diese Vorstellung ist in der sprachwissenschaftlichen Forschung antiquiert, obgleich sich die entsprechenden Begrifflichkeiten der ‹vitalen› oder ‹toten› Sprache weiterhin halten - allerdings ohne Sprachen als Organismen zu betrachten Über die Sinnhaftigkeit dieser Kriterien ließe sich viel diskutieren, doch beschränken wir uns darauf, deren Abgrenzungen untereinander kritisch zu hinterfragen Mit vulnerable wird hier offensichtlich eine mögliche funktionelle Einschränkung einer Sprache, die noch als Muttersprache erlernt wird, beschrieben Hier stellt sich die Frage, ob eine Funktionsänderung immer als Einschränkung zu verstehen ist oder ob auch ein funktioneller Wandel - wie jede Form von Sprachwandel - nicht eher auf die Vitalität einer Sprache verweist Die zwei darauffolgenden Kriterien (definitely und severely endangered) sorgen für weitere Verwirrung, da deren Trennung voneinander nicht klar ist Offensichtlich ist hier von einem Abbruch der von Gaston Paris in den 1860er Jahren eingeführten Idee der Stafettenkontinuität die Rede, allerdings besteht ein Inklusionsbzw Kausalverhältnis zwischen den beiden Größen: Wenn eine Sprache, die severely endangered ist, nur noch in der ‹Großelterngeneration› als Erstsprache gesprochen wird, während die ‹Elterngeneration› nur noch über eine passive Kompetenz dieser Sprache verfügt und letztere nicht mehr an die ‹Kindergeneration› weitergibt, ist das Ergebnis dann nicht, dass diese die Sprache nicht mehr spricht, wie für definitely endangered 2_IH_Italienisch_74.indd 87 16.11.15 07: 55 8 8 Neapolitanisierung mal ganz anders… Sara Matrisciano / Margherita Maulella angegeben wird? Müsste dementsprechend definitely endangered nicht das einzig mögliche Ergebnis von severely endangered sein? Auch bezüglich der Kategorie critically endangered gibt es einiges anzumerken, es seien hier jedoch nur zwei Fragen gestellt, die auf die Gesamtdarstellung der Skala abzielen: Ist diese Kategorie das Ergebnis der vorangehenden ‹Stufen des Sprachverfalls›? Sind die Kriterien, nach denen eine Sprache als ‹vom Aussterben bedroht› klassifiziert wird, also in zeitlicher Abfolge zu verstehen? Bei näherem Blick auf Italien mit allen Suchkriterien fällt eine durch Keile markierte, sehr merkwürdige Verteilung ‹bedrohter› Dialekte und Sprachen auf, die sich unter Auslassung der alloglotten Sprachinseln wie folgt dartut: Im Norden findet man Piedmontese (definitely endangered), Lombard (definitely endangered), Friulian (definitely endangered), Venetan (vulnerable), Ligurian (definitely endangered) und Emilian-Romagnol (definitely endangered), während für Sardinien Campidanese, Gallurese, Logudorese und Sassarese als definitely endangered verzeichnet werden . 6 Mittelitalien sticht dadurch hervor, dass es ‹keilfrei› ist Hier stellt sich die Frage, wie dort die Sprachlandschaft aussieht und ob dort vitale Dialekte vorzufinden sind, die erwartungsgemäß nicht in einer Karte mit gefährdeten Sprachen aufgeführt werden Es drängt sich zudem die Frage auf, ob durch die Nicht-Aufzählung impliziert wird, dass dort - nur? - die selbstverständlich nicht ‹vom Aussterben bedrohte› Standardsprache gesprochen wird Für Sizilien wird lediglich Sicilian (vulnerable) und für das restliche, gesamte (! ) Gebiet Süditaliens, also südlich des Isoglossenbündels Rom-Ancona, South Italian angegeben South Italian ist als vulnerable markiert Diese Gliederung wirft weitere Fragen auf: Auf welcher empirischen Grundlage fußt die Klassifizierung der als ‹bedroht› eingestuften Dialekte? Was ist mit Bezeichnungen wie Sicilian, Lombard und Piedmontese gemeint: Basisdialekte, Regiolekte, regionale Umgangssprachen, Großraumdialekte oder Koinai? Außerdem stellt sich die Frage, wieso etwa Venetan als vulnerable aufgeführt wird, wo doch in der Forschung gerade Venetien als besonders dialektal und sprachlich konservativ hervorgehoben wird An dieser Stelle könnte man über die bereits angesprochene Frage diskutieren, ob ein Funktionswandel notwendigerweise als funktionelle Einschränkung ‹mit Todesgefahr› für eine Sprache zu interpretieren ist Doch richten wir unseren Blick noch einmal auf die Verteilung und Bezeichnungen der Dialekte Während die Dialektbezeichnungen im Norden an politisch-administrativen Grenzen ausgerichtet sind - ein diskussionswürdiges, aber übliches Vorgehen in der Sprachgeographie - wird für Süditalien eine im wissenschaftlichen Diskurs zumindest unübliche Nomenklatur gewählt: South Italian, angezeigt durch einen weißen Keil in Süditalien, der für das gesamte Gebiet Süditalien steht . 7 Klickt man auf diesen Keil, öffnet sich eine Tabelle, laut derer man in Kampanien, Lukanien, den Abruzzen, im Molise, in Nord- 2_IH_Italienisch_74.indd 88 16.11.15 07: 55 8 9 Sara Matrisciano / Margherita Maulella Neapolitanisierung mal ganz anders… kalabrien sowie Nord- und Zentralapulien, im Südlatium, den Marken und in Umbrien South Italian spricht Doch was ist damit gemeint? Handelt es sich hierbei um einen Dialekt, ist es eine Regionalsprache oder eine süditalienische Koiné? Dient die Nomenklatur als vereinfachender Oberbegriff, ein Passepartoutwort für all die verschiedenen Dialektvarietäten Süditaliens? Was auch immer davon zutreffen mag, South Italian ist laut UNESCO ‹vom Aussterben bedroht› und hat wohl an Funktionsbereichen eingebüßt Dies ist aus sprachwissenschaftlicher Perspektive mehr als merkwürdig, erfreuen sich doch gerade die süditalienischen Dialekte einer (meist) ungebrochenen Vitalität (vgl etwa Grassi et al 8 2007) Des Weiteren findet das Italienische zwar immer häufiger auch in Bereichen Verwendung, die vorher ausschließlich dem Dialekt vorbehalten waren, doch ist gerade in den neuen Medien sowie in Filmen, Musik, Fernsehen, im Marketingbereich, in der Werbung, Gastronomie u .v .m ein Anstieg des Dialektgebrauchs zu verzeichnen . 8 Hier scheint das linguistische Verständnis in Bezug auf Sprachwandelprozesse zu fehlen Aus der Tatsache, dass eine Sprache oder ein Dialekt bestimmte klassische Funktionsbereiche verliert, zu schließen, diese oder dieser sei ‹vom Aussterben bedroht›, ohne die Bereiche zu berücksichtigen, in denen sich diese Sprache oder dieser Dialekt ausbreitet, ist ein linguistischer Fauxpas Außerdem muss hervorgehoben werden, dass die Progression der Italophonie nicht die Regression der Dialektophonie nach sich ziehen muss In vielen Gebieten Süditaliens zeigt sich vielmehr eine Kompetenzerweiterung der Sprecher, die sowohl das Italienische als auch ihren jeweiligen Dialekt oder dialektale Elemente - wenn auch mit ganz unterschiedlichen Funktionen - verwenden Auch an dieser Stelle muss man fragen, ob ein bzw welcher Zusammenhang zwischen Funktionswandel und Vitalität besteht Dies scheint ein grundsätzliches Problem zu sein, das sich im Atlas of the World’s Languages in Danger ergibt, weshalb wir an dieser Stelle lediglich anmerken möchten, dass unseres Erachtens Funktionswandel (wie jede Form von Sprachwandel) als Zeichen für die Vitalität einer Sprache zu verstehen ist, da sich nur tote Sprachen nicht mehr verändern Dialekte bzw Sprachen unterliegen Umbauschüben, die nicht zwangsweise deren ‹Tod› mit sich bringen Zwar wurde der erwartete ‹Dialekttod› auch in der italianistischen Forschung zum regelrechten Leitmotiv (vgl Sobrero 1978), doch ist dieser Ansatz aus soziolinguistischer Perspektive überholt (vgl dazu beispielsweise D’Agostino 2007) Die Dialektlandschaft und Varietätenarchitektur Italiens befinden sich im Wandel (vgl Sobrero 1997) und Sprachdynamiken sind, wie Radtke (1995: 44) treffend mit der aus der Biologie entlehnten Metapher der Anpassungsfähigkeit der Arten beschreibt, immer als Wandlungsprozesse anzusehen Vielleicht wäre es daher sinnvoll, nicht in starren (variationslinguistischen) Kategorien zu denken Warum die UNESCO eine dermaßen pessimistische Sicht 2_IH_Italienisch_74.indd 89 16.11.15 07: 55 9 0 Neapolitanisierung mal ganz anders… Sara Matrisciano / Margherita Maulella Sprachwandeltendenzen gegenüber zeigt, können wir nicht nachvollziehen, weist doch einer der führenden Soziolinguisten Italiens gerade darauf hin, dass «un motto di molti parlanti nell’Italia alle soglie del terzo Millennio sembra essere ‹ora che sappiamo parlare italiano, possiamo anche (ri)parlare dialetto›» (Berruto 2002: 48) Zahlreiche Dialekte Süditaliens haben zudem - trotz Italianisierung - niemals einen Funktionsverlust oder gar Bruch in der mündlichen Alltagskommunikation erfahren und sind heute auch (größtenteils) ihrer Stigmatisierung entbunden . 9 Gemischte Sprachproduktionen sind daher im heutigen Süditalien normal geworden Trifone (2007: 184) formuliert deshalb die Aussage Berrutos prägnant um: «Ora che sappiamo parlare italiano, possiamo anche alternarlo e mescolarlo con un po’ di dialetto» Diese Sprachwandeltendenz bedroht die italienischen Dialekte nicht etwa, vielmehr festigt sie deren Position im italienischen Varietätengefüge Nur ein starrer Blick auf Sprachen und Dialekte als feste Varietäten, die sich auf bestimmte Funktionsbereiche beschränken und kein Ineinandergreifen mit anderen Varietäten erlauben, lässt den Rückschluss zu, South Italian sei vulnerable Völlig abwegig erscheint aber das nächste Kuriosum dieses Atlasses: Als alternative Bezeichnungen für die in den oben aufgezählten Regionen Mittel- (! ) und Süditaliens gesprochene ‹Sprache› South Italian werden Neapolitan und Neapolitan-Calabrese aufgeführt Ebenfalls kurios sind die angegebenen Übersetzungen; während es im Französischen auch italien du sud heißt, werden für das Spanische und das Russische Neapolitanisch-Kalabresisch (napolitano-calabrés und южно-итальянский ) angegeben Bereits die Subsumierung der Varietäten Kampaniens, Lukaniens, der Abruzzen, des Molise, Nordkalabriens, Nord- und Zentralapuliens, des Südlatiums, der Marken und Umbriens unter South Italian trägt die über ein halbes Jahrhundert andauernde dialektologische Forschung und deren Ergebnisse zu Grabe Wieso wird die Dialektvielfalt ausgerechnet auf das Neapolitanische bzw das Neapolitanisch-Kalabresische reduziert? Radtke (1993: 445) weist darauf hin, dass es für die Region Kampanien aufgrund mangelnder dialektologischer Erkenntnisse - also vor der sprachwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Gebiet - üblich war, für alle Dialekte Kampaniens den Begriff Neapolitanisch zu verwenden Doch ist dieser Modus Procedendi aus dialektologischer Perspektive längst überholt Wird dem neapolitanischen Stadtdialekt im besprochenen Atlas eine Sonderstellung zugeschrieben, wie es in vorwissenschaftlicher Zeit üblich war oder handelt es sich hierbei um eine historisch verankerte Nomenklatur, die sich auf das Regno delle Due Sicilie mit Neapel als Hauptstadt bezieht? Doch wieso dann Kalabresisch? Zumindest scheinen unsere Annahmen im öffentlichen Bewusstsein nicht völlig absurd zu sein oder aber diese Zuschreibungen haben sich bereits auf das öffentliche Bewusstsein ausgewirkt Konsultiert man nämlich die 2_IH_Italienisch_74.indd 90 16.11.15 07: 55 91 Sara Matrisciano / Margherita Maulella Neapolitanisierung mal ganz anders… deutsch- und englischsprachigen Wikipedia-Artikel zum Neapolitanischen - so man diese als ‹öffentliches Bewusstsein› klassifizieren kann - fallen folgende Sätze besonders ins Auge: «Das Neapolitanische ist die Mutter der kampanischen Dialekte, die sich von Stadt zu Stadt unterscheiden» und «Neapolitan is the language of much of southern continental Italy, including the city of Naples» . 10 Dieser englischsprachige Passus bezieht sich explizit auf den Atlas der UNESCO Nun ja, auf eine sprachliche Neapolitanisierung 11 des Umlandes von Neapel verweist u .a Radtke (1997), doch geht die Neapolitanisierung in den hier besprochenen Sprachkarten unseres Erachtens buchstäblich zu weit Neapolitanisch oder Neapolitanisch-Kalabresisch als Sprache oder Dialekt ganz Süditaliens (mit Ausnahme Siziliens und Südkalabriens) und Teilen Mittelitaliens anzunehmen, entbehrt jeglicher sprachwissenschaftlicher Grundlage Durch diesen Atlas wird ein falsches, laienlinguistisches Wissen verbreitet, das aufgrund der positiven Reputation der UNESCO eine große Ausstrahlungskraft hat Das Beispiel der englischsprachigen Wikipedia-Seite zeigt, wie ernst die UNESCO als Quelle genommen wird In diesem Fall hat sie jedoch ihren öffentlichen Bildungsauftrag verfehlt Daher ist es umso wichtiger zu fragen, warum für den Atlas of the World’s Languages in Danger offensichtlich auf Informationen aus einschlägigen dialektologischen Beiträgen und/ oder das Einholen italianistischer Expertise verzichtet und stattdessen in Kauf genommen wurde, (geo-)linguistisch buchstäblich danebenzuliegen Sara Matrisciano / Margherita Maulella Anmerkungen 1 An dieser Stelle möchten wir uns herzlich bei allen Teilnehmern der diesjährigen Konferenz in Sappada/ Plodn bedanken, da dieser Beitrag nur deshalb zustande kommen konnte, weil die Übersicht der gefährdeten Sprachen, die die UNESCO herausgibt, dort Thema war und für lebhafte Diskussionen sorgte . Besonders die Anmerkungen von Lorenzo Còveri, Nicola De Blasi und Roberto Sottile fungierten als Anstoß für die vorliegende Darstellung . Wir danken außerdem Sandra Hajek und Till Stellino für die wertvollen Kommentare zum vorliegenden Beitrag 2 Stellvertretend für andere: Grassi et al . 2007, D’Agostino 2007, De Mauro 2003 [1963], G . Marcato 2011, Loporcaro 2009, Marcato 2002 3 Der vorliegende Beitrag skizziert lediglich einige Gedanken, die den Ausgangspunkt für einen größer angelegten Artikel bildeten, in dem die Sprachkarten und Einteilungskriterien des Atlas of the World’s Languages in Danger kritisch diskutiert werden, s . Matrisciano et al . (i . Vorb .) 4 Online verfügbar unter: http: / / www unesco org/ languages-atlas/ index php? hl=en&page=atlasmap (zuletzt abgerufen am 23 .9 .2015) 5 Alle in diesem Beitrag aufgeführten Termini und Definitionen sind (wörtlich) der Homepage (vgl . Fußnote 4) entnommen . Von der Übersetzung der Sprach- oder Dialektbezeichnungen wird an dieser Stelle sowie im gesamten Beitrag abgesehen, da die Nomenklaturen für unsere Überlegungen relevant sind 2_IH_Italienisch_74.indd 91 16.11.15 07: 55 92 Neapolitanisierung mal ganz anders… Sara Matrisciano / Margherita Maulella 6 Die punktuelle Verortung der genannten Dialekte (bzw . Sprachen) durch die Keile ist ein grundsätzliches Problem dieser Darstellung, da Dialektgebiete nicht punktuell abgebildet werden können . Auf diese Weise ist nicht ersichtlich, wo diese Dialekte (bzw . Sprachen) zu verorten sind und es stellt sich die Frage, ob die politisch-administrativen Grenzen automatisch auch als Sprachgrenzen fungieren 7 Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Keile wohl nur als approximative Zeichen zu verstehen sind . Bei South Italian ist dies besonders deutlich, da die Nahansicht zeigt, dass sich der Keil in einem eher unbesiedeltem Gebiet befindet (bei Terzo di Mezzo I, mitten im Gebirge) . Grundsätzlich ist es problematisch, Dialektareale punktuell (z . B . durch Keile) anzugeben . Vgl . dazu Fußnote 6 8 Stellvertretend für andere: Bianchi/ Maturi 2006, D’Agostino 2007, De Blasi 2006, di Bernardo 2006, Grimaldi 2005, 2006, Settembre 2006, Scholz 1998, Stellino 2010, 2012, Stomeo 2007, Trifone 2007, Trifone/ Picchiorri 2007 . Auch in den jugendsprachlichen Varietäten beispielsweise ist ein Anstieg des Dialektgebrauchs bzw . der dialektalen Elemente zu beobachten (vgl . z . B . Marcato 2002: 47-52) 9 Stellino (2010: 97) zeichnet die Entwicklung nach, wie es zu einer Dialektstigmatisierung kam, die in Italien lange zu einer Diglossiesituation führte . Im Zuge der Italianisierung wurde die (reine) Dialektophonie mit Antiquiertheit, Bildungsferne und mangelnder Standardbeherrschung assoziiert und der Dialekt in (semi-)formellen Kommunikationssituationen gesellschaftlich geächtet . Stellino (ebd .) führt weiter aus, dass die Dialekte erst nach und nach wieder an Prestige gewannen und darüber hinaus als zu erhaltendes Kulturgut, in manchen Fällen sogar als «Quelle von Stolz», angesehen wurden 10 Wikipedia leitet diese reduktionistische Nomenklatur (ohne Angabe einer bestimmten Quelle) tatsächlich historisch ab, indem ausgeführt wird: «It [Neapolitan] is named not after the city, but after the Kingdom of Naples, which once covered most of this area and of which Naples was the capital» 11 Radtke (1997) versteht darunter die Ausbreitung typisch stadtneapolitanischer Elemente auf die Dialekte der umliegenden Gebiete Literaturangaben Berruto, Gaetano (2002): «Parlare dialetto in Italia alle soglie del Duemila», in: La parola al testo, hrsg . v . Gian Luigi Beccaria . Alessandria: Ed . dell’Orso, S . 33-49 Bianchi, Patricia/ Maturi, Pietro (2006): «Dialetto e lingua negli usi linguistici dei parlanti di Napoli e della Campania», in: Lo spazio del dialetto in città, hrsg . v . Nivola De Blasi und Carla Marcato . Neapel: Liguori, S . 1-22 D’Agostino, Mari (2007): Sociolinguistica dell’Italia contemporanea . Bologna: il Mulino De Blasi, Nicola (2006): Profilo linguistico della Campania . Rom: Laterza De Mauro (2003) [1963]: Storia linguistica dell’Italia unita . Rom: Laterza di Bernardo, Daria (2006): «Napoli e il dialetto nel cinema degli ultimi venti anni del Novecento», in: Lo spazio del dialetto in città, hrsg . v . Nicola De Blasi und Carla Marcato . Neapel: Liguori, S . 75-90 Grimaldi, Mirko (2005): «Parole antiche in suoni moderni: l’uso del dialetto salentino nella musica giovanile Hip-hop», in: Giovani, Lingue e dialetti . Atti del Convegno di Studi, Sappada / Plodn (Bl), 29 giugno - 3 luglio 2005, hrsg . v Gianna Marcato . Padua: Unipress, S . 411-16 2_IH_Italienisch_74.indd 92 16.11.15 07: 55 93 Sara Matrisciano / Margherita Maulella Neapolitanisierung mal ganz anders… Grimaldi, Mirko (2006): «Il dialetto sopravvive in rete… e in rap», in: Italienisch Zeitschrift für italienische Sprache und Literatur (56), S . 84-94 Grassi, Corrado/ Sobrero, Alberto/ Telmon, Tullio ( 8 2007): Fondamenti di dialettologia italiana . Roma: Laterza Loporcaro, Michele (2009): Profilo linguistico dei dialetti italiani . Rom: Laterza Marcato, Carla (2002): Dialetto, dialetti e italiano . Bologna: il Mulino Marcato, Gianna (2011): Guida allo studio dei dialetti . Padua: Cleup Matrisciano, Sara/ Maulella, Margherita/ Wolny, Matthias (i . Vorb .): «Die italienische Sprachlandschaft im Atlas of the World’s Languages in Danger - Überlegungen, Anmerkungen, und Kritik» (Arbeitstitel) Radtke, Edgar (1997): I dialetti della Campania . Roma: Il Calamo Radtke, Edgar (1995): «Il problema della regressione dialettale», in: Dialetti e lingue nazionali (Lecce, 28-30 ottobre 1993), hrsg . v . Maria Teresa Romanello und Immacolata Tempesta, Roma: Bulzoni, S . 43-54 Radtke, Edgar (1993): «Zur Klassifizierung der kampanischen Mundarten», in: Verhandlungen des Internationalen Dialektologenkongresses Bamberg 1990, hrsg . v . Wolfgang Viereck . Stuttgart: Steiner, S . 444-457 Scholz, Arno (1998): Neo-standard e variazione diafasica nella canzone italiana degli anni Novanta . Frankfurt: Lang Settembre, Maria (2006): «Dialetto napoletano in rete», in: Lo spazio del dialetto in città, hrsg . v . Nicola De Blasi und Carla Marcato . Neapel: Liguori, S . 65-73 Sobrero, Alberto A . (1997): «Varietà in tumulto nel repertorio linguistico italiano», in: Standardisierung und Destandardisierung europäischer Nationalsprachen, hrsg v . Klaus J . Mattheier und Edgar Radtke, Frankfurt: Lang, S . 41-59 Sobrero, Alberto A . (1978): I padroni della lingua . Neapel: Guida Stellino, Till (2012): «Il nuovo prestigio del riferimento territoriale . Il settore vitivinicolo del meridione d’Italia tra globalizzazione e neodialettalità», in: La variazione nell’italiano e nella sua storia, vol . I, hrsg . v . Patricia Bianchi, Nicola De Blasi, Chiara De Caprio und Francesco Montuori, Florenz: Cesati, S . 891-900 Stellino, Till (2010): Kommunikations- und Sprachwandel in der süditalienischen Weinproduktion. Eine Neukonzeption von Wörter und Sachen, Frankfurt: Lang Stomeo, Francesca (2007): «Italiano e dialetto nella pubblicità televisiva», in: Dialetto, memoria e fantasia, Atti del Congresso Internazionale di Studi, Sappada/ Plodn (Bl), 28 giugno - 2 luglio 2006, hrsg . v . Gianna Marcato . Padua: Unipress, S . 141-148 Trifone, Pietro (2007): Malalingua. L’italiano scorretto da Dante a oggi . Bologna: il Mulino Trifone, Pietro/ Picchiorri, Emiliano (2007): «Lingua, dialetto e creatività nel cinema italiano», in: Dialetto, memoria e fantasia, Atti del Congresso Internazionale di Studi, Sappada/ Plodn (Bl), 28 giugno - 2 luglio 2006, hrsg . v . Gianna Marcato Padua: Unipress, S . 115-126 Whitney, William Dwight (1875): La vie du langage . Paris: Baillière 2_IH_Italienisch_74.indd 93 16.11.15 07: 55 9 4 C hri Sto P h L e h N er / i S A B e L L A VoN tre S KoW Disputare - Didatticare - Dimostrare: ein Unterrichtsentwurf aus dem Pilotprojekt Wissenschaft-Schule-Kooperation im Fach italienisch an der Universität regensburg Die herausforderungen des modernen Fremdsprachenunterrichts: Zum Zusammenhang von Bildungsforschung und neuen Lehrformen In den letzten Jahren hat sich sowohl in der Bildungsforschung als auch in öffentlichen Bildungsdebatten die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Verbesserung der Lehr- und Unterrichtsqualität an Schule und Hochschule nicht allein durch die Auswertung empirischer Datenmengen, wie sie beispielsweise die PISA- (Programme for International Student Assessment) oder die PIAAC- Studie (Programme for the International Assessment of Adult Competencies) erheben, zu bewerkstelligen ist Den internationalen Vergleichstests haftet dabei oftmals der Makel einer zu einseitigen Konzentration auf bestimmte Kernkompetenzen bei gleichzeitiger Vernachlässigung kultur- und länderspezifischer Eigenheiten an, sodass ihre Ergebnisse zwar eine temporäre Standortbestimmung ermöglichen, jedoch im Hinblick auf eine fundierte und kritische Bildungsdiskussion zu kurz greifen Dies führt zu dem Ergebnis, dass «kulturell imprägniert[es] Wissen» von «kulturfreie[n] generelle[n] Grundkompetenzen» 1 94 abgelöst wird Das Problem einer solchen strukturellen Trennung liegt jedoch auf der Hand: Es gibt keine Kompetenzen, die ohne Bezug zu ihren Traditionen und losgelöst von Wissensinhalten angeeignet und realisiert werden könnten Abhilfe kann hier eine fruchtbare Auseinandersetzung darüber schaffen, welche Inhalte bildungs- und somit vermittlungsrelevant sind, um dadurch sowohl der kultur- und identitätsstiftenden Funktion von Bildung als auch der intrinsischen Verbindung von Wissen, Wissensbedarf und Wissenserwerb nachhaltig Rechnung zu tragen Ein Impuls zur Frage der identitätsstiftenden Funktion von Kultur im Zusammenhang mit Bildungsinhalten und ihrer Vermittlung kommt vom neuseeländischen Bildungsforscher John Hattie, dessen umfassende Meta-Studie aus dem Jahr 2009 zum Lernerfolg über 800 Analysen auswertet und dabei den fachdidaktisch-wissenschaftlichen Blick gezielt auf den Unterrichtsertrag in Form von erworbenen Kompetenzen verengt .94 2 Dabei erhebt Hattie die für die Bildungsdiskussion wesentliche Forderung der Notwendigkeit der Vermittlung kulturspezifischer Artefakte für das Verständnis der eigenen oder einer fremden Kultur und fordert eine Auseinandersetzung mit vermittlungsrelevanten Bildungsinhalten im Hinblick auf die Beschreibung einer Kultur und ihrer identitätsstiftenden Werte, eine Forderung, die häufig im kritischen Beäugen von Hatties Metastudie übersehen C hri Sto P h L e h N er / i S A B e L L A VoN tre S KoW 2_IH_Italienisch_74.indd 94 16.11.15 07: 55 95 Christoph Lehner / Isabella von Treskow Disputare - Didatticare - Dimostrare wird . 3 Eine solchermaßen vertiefte Beschäftigung mit Bildung und Unterricht verlangt nach einem Forum, in dem die am Bildungsprozess Beteiligten sich begegnen, austauschen und zusammenarbeiten können Zugleich ist wichtig zu überprüfen, wie dieser neue Ansatz praktisch zum Tragen kommen kann Das Pilotprojekt Wissenschaft-Schule-Kooperation (Universität regensburg, Lehrstuhl Französische und italienische Literaturwissenschaft) Durch das Pilotprojekt Wissenschaft-Schule-Kooperation am Lehrstuhl für Französische und Italienische Literaturwissenschaft (Prof Dr Isabella von Treskow) des Instituts für Romanistik der Universität Regensburg bietet sich eine Schnittstelle zwischen universitärer Lehre und schulischem Unterricht und daher ein solches Forum für Professoren und Professorinnen, Lehrer und Lehrerinnen, Studierenden und Schüler bzw Schülerinnen Es verfolgt im Wesentlichen das Ziel einer Engerführung der fachwissenschaftlichen mit der fachdidaktischen Ausbildung von Lehramtsstudierenden, indem es der vielfach geforderten Verzahnung von wissenschaftlichem Studium und schulischdidaktischer Praxis dient, die auch in Lehrerseminaren entgegen landläufiger Meinungen vielfach nicht in der gewünschten Weise stattfindet Das Projekt hilft im direkten Zugriff auf Lehrinhalte zu verstehen und umzusetzen, wie das an der Universität erworbene Fachwissen und geisteswissenschaftliche Methoden inklusive neuer kulturanalytischer Ansätze nutzbar gemacht werden können Ein Ziel ist dabei zu demonstrieren, dass gerade auch Themen und Epochen, die auf den ersten Blick als «fernliegend» und «irrelevant» für die Schule eingestuft werden, durchaus in den Schulunterricht gehören, da sie wesentliche Bestandteile des ideellen (d .h auch denkstrukturellen) und materiellen (z .B als Kulturprodukte vorhandenen) Fundus der betreffenden romanischen Kulturen sind Die Studierenden erkennen im Projekt, dass ihr an der Universität erworbenes Wissen und ihre dort angeeigneten Fertigkeiten im Beruf nicht brachliegen werden, sondern eine Integration und kreative Umgangsweise mit ihren Kenntnissen sie als Vermittler von kulturspezifischem Wissen in besonderer Weise stärkt Konkret wird eine typisch universitäre Lehrveranstaltung, d .h ein Hauptseminar oder eine Vorlesung von komplexerem akademischem Anspruch, mit einer fachdidaktischen Lehrveranstaltung gekoppelt Beide behandeln denselben Stoff, so dass im Idealfall beispielsweise ein Referatthema im Rahmen des Hauptseminars rein wissenschaftlich bearbeitet und im Rahmen des fachdidaktischen Seminars mit Blick auf die schulische Vermittlung aufbereitet und im Schulunterricht erprobt wird 2009 ins Leben gerufen wurde das Programm Wissenschaft-Schule- Kooperation sofort Bestandteil des BMBF-Drittmittelprojekts «Qualität in der 2_IH_Italienisch_74.indd 95 16.11.15 07: 55 9 6 Disputare - Didatticare - Dimostrare Christoph Lehner / Isabella von Treskow Regensburger Lehre» (QuiRL, 2011-2016) der Universität Regensburg Die Förderung durch das Bundesministerium ist folglich als Ausweis der innovativen Kraft des Pilotprojekts zu sehen Es ist in seiner Struktur neuartig und gewinnt sein Ansehen auch dadurch, dass es ohne Weiteres auf andere Fächer übertragbar ist Der Gewinn besteht in der direkten Überführung wissenschaftlich vermittelter Inhalte in die didaktische Praxis, aber auch Theorie, inklusive konkrete Praxisvorbereitung (Unterrichtsvorschläge, Erstellung von Unterrichtsmaterial in Verbindung zum aktuellen Stand der Wissenschaft) Inbegriffen ist ausdrücklich der Transfer des theoretisch erworbenen Wissens in reale Settings, da das Projekt grundsätzlich auch die Einbindung von Studierenden in den Schulunterricht der betreffenden Lehrer bzw Lehrerinnen vorsieht Beispielhaft sei eine Auswahl an Themen benannt: Scrittura femminile (2009/ 10), Intellectuels et auteurs français et allemands (2011/ 12), Le théâtre de la III e République (2013) Disputare - Didatticare - Dimostrare: ein Unterrichtsentwurf aus dem Pilotprojekt Wissenschaft-Schule-Kooperation Für das Fach Italienisch soll die Wissenschaft-Schule-Kooperation exemplarisch am Fachdidaktik-Aufbaukurs Il pensiero rinascimentale - passato e presente des Wintersemesters 2012/ 13 erläutert werden Das als Blockkurs organisierte Seminar fand an fünf Wochenenden während des Semesters statt und richtete sich in erster Linie an Lehramtsstudenten mit Haupt- oder Drittfach Italienisch am Gymnasium Thematisch war das Seminar an die im selben Semester gehaltene Vorlesung Kultur- und Zivilisationsgeschichte Frankreichs und Italiens von der Renaissance bis ins 17 ./ 18 Jahrhundert (Prof Dr von Treskow) angelehnt Dabei wurden Inhalte der Vorlesung wie beispielsweise die Frage danach, wie ein Bild der eigenen Nationalgeschichte entsteht, Themen wie Weltbild, Entwicklung von Stadt und Land und Frömmigkeitskultur zu Beginn der Neuzeit, Zivilisationsgeschichte (u .a zu Baldassare Castiglione), Dante-Rezeption von der Renaissance bis zum 19 Jahrhundert und die Staatstheorie Niccolò Machiavellis auf ihre Aktualiät hin untersucht und, wo passend, im Seminar für je eine Unterrichtseinheit aufbereitet Methodisch folgte die Konzeption des Seminars dem Dreischritt Disputare - Didatticare - Dimostrare, der im Folgenden erläutert werden soll: 1 Disputare: Im Seminar wurde anfangs die Bedeutung der italienischen Renaissance für die europäische Kulturgeschichte diskutiert . 4 Anhand zentraler Aspekte der historisch ausgerichteten Vorlesung wurden verschiedene Bereiche der italienischen Renaissance besprochen und ihr Bezug zum Lehrplan Italienisch des Gymnasiums in Bayern während einer ersten Lehrplan- 2_IH_Italienisch_74.indd 96 16.11.15 07: 55 97 Christoph Lehner / Isabella von Treskow Disputare - Didatticare - Dimostrare analyse untersucht Darüber hinaus wurde erörtert, inwieweit die Inhalte des G8-Lehrplans im Unterschied zum G9-Lehrplan dem Verständnis der italienischen Kultur Rechnung tragen Vor allem im Hinblick auf Italiens kulturelle Bedeutung innerhalb Europas eröffnet der G8-Lehrplan eine Fülle an fächerübergreifenden Anknüpfungspunkten in den Bereichen Kunst, Wissenschaft und Geschichte, die im Seminar herausgearbeitet wurden Als Grundlagentexte, die erlauben, theoretisch fundiert über vermittlungsrelevante Bildungsinhalte im Kontext des Italienischunterrichts zu diskutieren, wurden sowohl die Kriterien der von Pierre Nora, Jan und Aleida Assmann beschriebenen identitätsstiftenden Gedächtnisorte als auch die italienischen Luoghi della memoria von Mario Isnenghi behandelt . 5 Diese Gedächtnisorte fungieren dabei wie Bildungsfilter, die - einem literarischen Kanon gleichend - als didaktische Richtschnur dienen und zum Verständnis der italienischen Kultur beitragen sollen Im Vordergrund stand dabei das von Assmann formulierte Kriterium der Aktualität eines Gedächtnisorts, das uns ein vertieftes Verständnis der italienischen Kultur ermöglicht Des Weiteren erfüllt der gezielt gesuchte Aktualitätsbezug auch das didaktische Kriterium einer schülernahen Einführung von neuem Wissen - anders gesagt erfolgte die historisch-kulturelle Wissensvermittlung durch die Brille der politischen, sprachlich-medialen oder kulturellen Aktualität Beispiele hierfür sind die Bedeutung des Bankenwesens der Medici und ihre sprachliche Manifestation als Lehnwörter im deutschen Vokabular (Giro, Konto, Blanko, Skonto, Saldi etc .) oder Silvio Berlu-sconis Politik im Vergleich mit einigen grundlegenden Eigenschaften und Vorgehensweisen von Niccolò Machiavellis Principe: So äußerte sich beispielsweise Berlusconis Aktualisierung des Principe in seiner cäsarischen Machtinszenierung bei Parteitagen, die Machiavellis «disponibilità di imitare il comportamento di grandi uomini, per esempio quelli dell’Antica Roma» 6 entspricht Zudem überführt Berlusconis Contratto con gli italiani aus dem Jahr 1994 den Urheber der Nachahmung von Machiavellis «capacità di mostrare la necessità di un governo per il benessere del popolo» . 7 2 Didatticare: In einer Lehrwerksanalyse, die alle am bayerischen Gymnasium zugelassenen Italienischlehrwerke einschloss, wurden in einem nächsten Schritt landeskundliche und kulturhistorische Inhalte nach Thematik und Jahrgangsstufe geordnet Im Rückgriff auf bereits erworbene fachdidaktische Kenntnisse im (obligatorischen) fachdidaktischen Einführungskurs wurden im Seminar unterschiedliche Arbeits- und Sozialformen sowie jahrgangsstufengerechte Didaktisierungsmöglichkeiten einzelner Renaissancethemen besprochen In einem Exkurs über die W- und P-Seminare an den bayerischen Gymnasien (W=Wissenschaftpropädeutsches Seminar/ P=Projektseminar zur Studien- und Berufsorientierung), die eine fachspezifische Vertiefung kulturrelevanten Wis- 2_IH_Italienisch_74.indd 97 16.11.15 07: 55 9 8 Disputare - Didatticare - Dimostrare Christoph Lehner / Isabella von Treskow sens nahelegen, wurde den Studierenden außerdem die Möglichkeit aufgezeigt, ein solch komplexes Thema wie die italienische Renaissance in ein dreisemestriges Seminar mit unterschiedlichen literarischen, künstlerisch-musikalischen und wissenschaftshistorischen Schwerpunkten aufzugliedern 3 Dimostrare: In einem letzten Schritt wurden von den Studierenden Stundenkonzepte zu verschiedenen Renaissancethemen erarbeitet, vor ihren Mitstudierenden präsentiert und deren Umsetzung im Plenum diskutiert Das Hauptaugenmerk lag auf einem auf exploratives Lernen ausgerichteten Unterricht, der Italienischschülerinnen und -schülern die Aktualität der präsentierten Pensieri ed idee rinascimentali vor Augen führen soll Getreu dem Motto «Der Respekt vor [ . . .] kulturellen Leistungen [ . . .] muss aus dem Verständnis und der Vertrautheit kommen und nicht aus der Imitation der Verbeugungen anderer vor unverstandenen Götzen» 8 wurde die Faszination vieler Renaissancethemen schülernah und mit Blick auf ihren Einsatz im gymnasialen Italienischunterricht umgesetzt Die erstellten Stundenkonzepte und Unterrichtsverläufe wurden in schriftlicher Form als Semesterarbeit nach Abschluss des Blockseminars eingereicht und bewertet reaktion der Studierenden und weiterführende Überlegungen Die Reaktion der Seminarteilnehmer und -teilnehmerinnen auf die Lehrveranstaltungsform, Inhalte und Ziele des Seminars geben Aufschluss über den Wunsch, akademisches Wissen mit schulpraktischer Anwendung zu verknüpfen Auch der Überraschungseffekt, dass vordergründig fern liegende Themen nicht nur leicht mit Leben zu füllen, sondern für die Kenntnis einer anderen europäischen Kultur wie der italienischen von essentieller Bedeutung sind, stellte sich ein Die überwiegende Mehrheit sprach sich dafür aus, öfter praktisch arbeiten und die theoretischen Ansätze an konkreten Themen und Beispielen im Fremdsprachenunterricht umsetzen zu wollen Ferner schätzten die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer die Möglichkeit, sich intensiv mit allen Ebenen des Lehrplans, den in Bayern zugelassenen Lehrwerken im Fach Italienisch und den wichtigsten Arbeits- und Sozialformen im modernen Fremdsprachenunterricht auseinanderzusetzen, da sie sich dadurch bereits wesentliche Kenntnisse für ihre Referendarszeit erarbeiten konnten Die erarbeiteten Stundenkonzepte wurden am Ende des Seminars ausgetauscht und bescherten den Teilnehmern und Teilnehmerinnen einen ersten fachdidaktischen Fundus an kulturgeschichtlichen Themen Italiens Für Hattie geht erfolgreiches Lernen und Lehren immer mit einem Perspektivenwechsel einher: Den Unterricht durch die Augen des Schülers zu sehen führt dabei ebenso zu einem größeren Lernerfolg wie die Bereitschaft 2_IH_Italienisch_74.indd 98 16.11.15 07: 55 99 Christoph Lehner / Isabella von Treskow Disputare - Didatticare - Dimostrare von Schülerinnen und Schülern, sich in die Rolle des Lehrers zu begeben . 9 Die Wissenschaft-Schule-Kooperation am Institut für Romanistik der Universität Regensburg regt zu einem solchen Perspektivenwechsel an und eröffnet die Chance, frisch in fachwissenschaftlichen Lehrveranstaltungen erworbenes Wissen zu diskutieren, zu didaktisieren und letztendlich aus der Perspektive von Lehrenden und Lernenden zu sehen Fachinhalte und wissenschaftliche Methoden werden gerade dadurch erst gewürdigt, als ihr Sitz im Leben der anderen Kultur und ihre Relevanz für das Verständnis für diese - hier die italienische Kultur in Geschichte und Gegenwart - markant deutlich werden Ohne hinreichende Analysekompetenz und Kenntnisse von Interpretationsverfahren, ohne eine Idee von kulturwissenschaftlicher Herangehensweise - wie sie sich z .B in der Forschung von Jan und Aleida Assmann oder Tonio Hölscher niederschlägt -, ohne eine analytische und nicht oberflächliche Kenntnis dessen, was das Konzept des Erinnerungsortes für die mentale Repräsentation von Italienerinnen und Italienern ihrer Geschichte und Kultur bedeutet, bleibt der Gegenstand wie z .B die kulturellen Produkte (und Denkweisen) der Renaissance fern und undurchschaubar Erst durch sie wird eine angemessene Vermittlung in der Schule möglich, erst auf ihrer Basis kann Schülerinnen und Schülern erklärt werden, wie sehr die soziale, mentalitätsgeschichtliche und symbolische Dimension der «kulturspezifischen Eigenheiten», von denen eingangs die Rede war, nötig ist, um von der Lektüre einzelner Texte zu profitieren Im Zentrum steht damit das Selbstbewusstsein und Selbstverständnis von Lehrkräften, die auf der Grundlage soliden Fachwissens und selbsterlernter Methoden die Schüler und Schülerinnen zu einem reflektierten Umgang mit Kultur und Kulturgeschichte führen können Anmerkungen 1 Richard Münch, Globale Eliten, lokale Autoritäten. Bildung und Wissenschaft unter dem Regime von Pisa, McKinsey & Co., Frankfurt am Main: Suhrkamp 2009, S . 81 2 John Hattie, Visible Learning. A Synthesis of over 800 Meta-Analyses relating to Achievement, London: Routledge 2009 3 Ebd . S . 27 4 Vgl . zu Diskussion und Disputation als tradierten Lehr- und Lernformen Isabella von Treskow, «Die Entstehung der Kritik aus dem Verfahren der Disputation . Pierre Bayles Dictionnaire historique et critique und die akademische Refutationspraxis», in: Elmar Eggert/ Susanne Gramatzki/ Christoph Oliver Mayer (Hrsg .), Scientia valet. Formen der Institutionalisierung kulturellen Wissens in romanischem Mittelalter und Früher Neuzeit, München: Meidenbauer 2009, S . 353-378 5 Pierre Nora (Hrsg .), Les lieux de mémoire, Paris: Gallimard 1984-1992; Jan Assmann, «Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität», in: Jan Assmann/ Tonio Hölscher (Hrsg .), Kultur und Gedächtnis, Frankfurt am Main: Fischer 1988, und Mario Isnenghi (Hrsg .), I luoghi della memoria - Simboli e miti dell‘Italia unita, Roma-Bari: Laterza 2_IH_Italienisch_74.indd 99 16.11.15 07: 55 10 0 Disputare - Didatticare - Dimostrare Christoph Lehner / Isabella von Treskow 1996; sowie ders ., I luoghi della memoria - Personaggi e date dell‘Italia unita, Roma- Bari: Laterza 1997 6 Niccolò Machiavelli, Il Principe / Der Fürst, Stuttgart: Reclam 1987 . Zur italienischen Aktualität von Machiavellis politischer Doktrin siehe auch Filippo Ceccarelli, «Mussolini, Craxi, Berlusconi: Il Principe e lo specchio del potere», in: Enciclopedia Italiana: Il Principe di Niccolò Machiavelli e il suo tempo 1513-2013, Roma: Treccani 2013, S . 318-330 7 Machiavelli, S . 47 8 Dietrich Schwanitz, Bildung - Alles, was man wissen muss, Frankfurt am Main: Eichborn Verlag 1999 . S . 8 9 Hattie, S . 238 Literatur Assmann, Jan / Hölscher, Tonio (Hrsg .): Kultur und Gedächtnis . Frankfurt am Main: Fischer 1988 Ceccarelli, Filippo: «Mussolini, Craxi, Berlusconi: Il Principe e lo specchio del potere», in: Enciclopedia Italiana: Il Principe di Niccolò Machiavelli e il suo tempo 1513-2013 . Roma: Treccani 2013, S . 318-330 Christoph, Robert: Voi ch’insegnate. Einführung in die Didaktik und Methodik des gymnasialen Italienischunterrichts, Dillingen: Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung 2005 Hattie, John: Visible Learning. A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement . London: Routledge 2009 Isnenghi, Mario (Hrsg .): I luoghi della memoria - Simboli e miti dell‘Italia unita Roma - Bari: Laterza 1996 Ders .: I luoghi della memoria - Personaggi e date dell‘Italia unita . Roma-Bari: Laterza 1997 Machiavelli, Niccolò: Il Principe / Der Fürst . Stuttgart: Reclam 1987 Münch, Richard: Globale Eliten, lokale Autoritäten. Bildung und Wissenschaft unter dem Regime von Pisa, McKinsey & Co. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2009 Nora, Pierre (Hrsg .): Les lieux de mémoire . Paris: Gallimard 1984-1992 Schwanitz, Dietrich: Bildung - Alles, was man wissen muss . Frankfurt am Main: Eichborn Verlag 1999 von Treskow, Isabella: «Die Entstehung der Kritik aus dem Verfahren der Disputation Pierre Bayles Dictionnaire historique et critique und die akademische Refutationspraxis», in: Elmar Eggert/ Susanne Gramatzki/ Christoph Oliver Mayer (Hrsg .), Scientia valet. Formen der Institutionalisierung kulturellen Wissens in romanischem Mittelalter und Früher Neuzeit . München: Meidenbauer (Mittelalter und Renaissance in der Romania; 2), 2009, S . 353-378 2_IH_Italienisch_74.indd 100 16.11.15 07: 55 101 A N Dre A UrB A N «Lavoro a tappe» als Beitrag zu einem kompetenzorientierten italienischunterricht Kompetenzorientierung und neue Unterrichtskultur Die schlechten Ergebnisse der internationalen Vergleichsstudie PISA 2000 lösten in Deutschland und Österreich große bildungspolitische Diskussionen aus und hatten einen Paradigmenwechsel zur Folge: Während in der Vergangenheit der Input, das heißt der zu vermittelnde Stoff, in Form von Richtlinien und Lehrplänen Grundlage des Unterrichts war, steht nun der Output, also die zu erbringenden Lernergebnisse, im Mittelpunkt . 1 Diese Neuorientierung macht vor dem schulischen Fremdsprachenunterricht nicht Halt: Staatliche Steuerungsinstrumente, wie etwa die Bildungsstandards, orientieren sich nicht mehr an lexikalischen und grammatikalischen Inhalten und deren Progression, sondern geben an, welche Kompetenzen - am Ende eines Jahrganges oder mit Abschluss des schulischen Bildungsweges - erreicht werden müssen . 2 In Österreich gilt beispielsweise der Erwerb der «Fähigkeit zur erfolgreichen Kommunikation» 3 als oberstes Lernziel des kompetenzorientierten Fremdsprachenunterrichts In Deutschland ist die Situation ähnlich: Der Fremdsprachenunterricht soll neben funktionalen kommunikativen auch interkulturelle und Methodenkompetenzen ausbilden In der Sekundarstufe I ist der Unterricht auf den «Aufbau kommunikativer und interkultureller Kompetenzen» sowie die Ausbildung «interkulturelle[r] Handlungsfähigkeit» 4 ausgerichtet In der Sekundarstufe II, für die im Oktober 2012 Bildungsstandards für die fortgeführte Fremdsprache erlassen wurden, wird dieser fremdsprachendidaktische Ansatz fortgeführt . 5 Die hier nur kurz skizzierte neue Ausrichtung des Lehrens und Lernens fremder Sprachen impliziert eine Veränderung der Unterrichtskultur, die den «Fokus auf Grammatik, Vokabular, Übersetzung und Lektüre literarischer Texte im Zeichen eines klassischen Bildungsbegriffs» 6 , wie er lange Zeit vorherrschend war, in Frage stellt Ein am Kompetenzerwerb ausgerichteter Unterricht basiert vornehmlich auf Outputorientierung, Transparenz und Nachhaltigkeit, umfasst jedoch, wie Paechter et al verdeutlichen, noch andere Aspekte: «Zur Kompetenz gehört mehr als nur Wissen in einem Fach oder einem Bereich Kompetenz umfasst auch das Bewusstsein für das eigene Lernen und Arbeiten, für die Kommunikation und A N Dre A UrB A N 2_IH_Italienisch_74.indd 101 16.11.15 07: 55 102 «Lavoro a tappe» Andrea Urban Kooperation mit anderen Personen, verantwortungsvolles Handeln sowie die Motivation und Bereitschaft, das eigene Können und Wissen im jeweiligen Kontext adäquat einzusetzen und zu erweitern .» 7 Den österreichischen bildungspolitischen Vorgaben zufolge ist Kompetenzorientierung darüber hinaus der Forderung nach Differenzierung und Individualisierung verpflichtet: SchülerInnen haben die Möglichkeit, Lernwege ihren persönlichen Bedürfnissen entsprechend zu gestalten Sie agieren dabei aktivkonstruktiv und erhalten Unterstützung durch ein differenziertes Lernangebot, das an bereits erworbene Kompetenzen anknüpft und es ihnen ermöglicht, Lernprozesse eigenständig zu initiieren, persönliche Lernerfolge zu erleben und ihr ganzes Potenzial zu entwickeln . 8 Die deutsche Kultusministerkonferenz führt des Weiteren aus, dass kompetenzorientierter Unterricht den systematischen Wissensaufbau im Auge hat und die Lernenden dazu befähigen will, erworbene Kenntnisse eigenständig auszubauen und bei der Bewältigung diverser Aufgaben anzuwenden . 9 Da die genannten Kriterien kompetenzorientierten Unterricht im Allgemeinen beschreiben, stellt sich an dieser Stelle die Frage, welche Folgen Kompetenzorientierung konkret für den Fremdsprachenunterricht hat In unterschiedlichen Publikationen der Fachdidaktiken Englisch, Französisch und Spanisch, die sich bis dato intensiver als die Fachdidaktik des Italienischen mit diesem Thema auseinandergesetzt haben, werden ihm mehrheitlich folgende didaktische Prinzipien zugrunde gelegt: Neben Transparenz, Vergleichbarkeit, Fairness und Diagnose 10 gelten Lerner-, Handlungs-, Aufgaben- und Prozessorientierung sowie Ganzheitlichkeit als Grundpfeiler eines kompetenzorientierten Fremdsprachenunterrichts . 11 Kompetenzorientierung im italienischunterricht Bildungsstandards für den Fremdsprachenunterricht Italienisch existieren bisher weder in Österreich noch in Deutschland Betroffen von Kompetenz- und Outputorientierung ist Italienisch als Unterrichtsfach dennoch, da auch jene Fächer, für die keine Standards existieren, dazu verpflichtet sind, «zum einen ihre übergeordneten Bildungsziele zu reflektieren und zum anderen über ihre verbindlichen Basisqualifikationen nachzudenken» 12 Dass das Paradigma der Kompetenzorientierung den Italienischunterricht tangiert, zeigt sich insbesondere in der Einführung neuer curricularer Vorgaben: Sowohl in Österreich als auch in Deutschland sind die gültigen Lehrpläne für Italienisch als Rahmenlehrpläne, Bildungspläne oder Kernlehrpläne konzipiert, die zu erwerbende Kompetenzen formulieren und damit einem Fremdsprachenunterricht Vor- 2_IH_Italienisch_74.indd 102 16.11.15 07: 55 103 Andrea Urban «Lavoro a tappe» schub leisten, der nicht mehr ausschließlich die zu vermittelnden Inhalte in den Fokus nimmt, sondern den von den SchülerInnen zu erbringenden Output Wie die aktuellen Entwicklungen im Bildungssektor zeigen, darf sich der Italienischunterricht einer kompetenzorientierten Fremdsprachenvermittlung nicht verschließen, weshalb ItalienischlehrerInnen nicht umhin können, die entsprechenden didaktischen Grundsätze in der Praxis umzusetzen Lerner-, Handlungs-, Aufgaben- und Prozessorientierung sowie Ganzheitlichkeit, Individualisierung und Differenzierung dürfen keine leeren Schlagworte sein, vielmehr müssen sie zu grundlegenden Leitlinien der Planung von Unterricht und der Konzeption von Lernprozessen werden Da lehrerzentrierter Unterricht diesen neuen Anforderungen nur bedingt gerecht werden kann, ist es notwendig, neue Lernformen zu etablieren, die nicht mehr die Inhalte und die Lehrkraft als zu vermittelnde Instanz in den Mittelpunkt des Unterrichtsgeschehens stellen, sondern die einzelnen SchülerInnen sowie ihre Bedürfnisse Dass vor allem so genannte offene Lernformen, wie Projektarbeit, Freiarbeit, Planarbeit oder Stationenlernen, dazu geeignet sind, die Prinzipien eines kompetenzorientierten Italienischunterrichts zu verwirklichen, hat die Fremdsprachendidaktik bereits erkannt, weshalb viele aktuelle Lehrpläne für ihren Einsatz im Italienischunterricht plädieren Der österreichische Lehrplan für den Unterricht der zweiten lebenden Fremdsprachen in der Allgemeinbildenden Höheren Schule/ Oberstufe vermerkt etwa im Abschnitt «Didaktische Grundsätze», dass bei der Gestaltung von Unterricht unterschiedliche Lerntypen, Arbeitsformen und Methoden zu berücksichtigen sind und damit sowohl der Erwerb sprachlicher Fertigkeiten als auch dynamischer Fähigkeiten unterstützt werden soll: «Eine breite Streuung an schülerzentrierten, prozess- und produktorientierten Lehrmethoden, Arbeitsformen und Lernstrategien ist sowohl dem Fremdsprachenerwerb als auch der Entwicklung dynamischer Fähigkeiten (Schlüsselkompetenzen) dienlich und somit generell anzustreben Dabei sind verschiedenste Arbeitstechniken einzusetzen (wie zB Stationenbetrieb, offenes Lernen, Präsentationen mithilfe von Medien bzw anderen Hilfsmitteln, Projektarbeit, Lese- und Lerntagebücher, Portfolios) […] Unterschiedliche Voraussetzungen bezüglich Lerntypen, Lernstile, Lerntempo, sozialer Fertigkeiten, Stärken und Schwächen sind auch in einer differenzierten Lernberatung der Schülerinnen und Schüler durch die Lehrerinnen und Lehrer bestmöglich zu berücksichtigen .» 13 2_IH_Italienisch_74.indd 103 16.11.15 07: 55 10 4 «Lavoro a tappe» Andrea Urban Der Hamburger Bildungsplan für die neueren Fremdsprachen fordert den Einbezug der SchülerInnen bei der Wahl von Methoden und Inhalten, um auf diese Art an ihre kognitiven und affektiven Voraussetzungen sowie das mitgebrachte Vorwissen anzuknüpfen Offene Lernformen gelten in diesem Zusammenhang als wichtiger Beitrag zur Schülerorientierung, der insbesondere selbstständiges Arbeiten fördert: «Die Einbeziehung der Schülerinnen und Schüler in die Zielsetzung und Wahl der Inhalte und methodischen Verfahren schafft die nötige Voraussetzung, unterschiedliches Lerntempo, unterschiedliche Interessen und Lernstile zu berücksichtigen Aufgabenformen, die die Eigenständigkeit fördern, basieren vor allem auf dem Prinzip der Individualisierung und auf dem binnendifferenzierten Arbeiten, z .B verschiedene Formen von Freiarbeit oder Lernen an Stationen .» 14 Im Kernlehrplan für Italienisch für das Gymnasium und die Gesamtschule/ Sekundarstufe II in Nordrhein-Westfalen wird zudem betont, dass Lernen nur dann zu einem konstruktiven und aktiven Prozess des Wissensaufbaus werden kann, wenn das mitgebrachte Vorwissen berücksichtigt wird und beide Seiten, also LehrerInnen und SchülerInnen, Verantwortung übernehmen Offenes Lernen kann insofern zum Erreichen dieser Ziele beitragen, als es den Lerner- Innen erlaubt, selbstständig am sukzessiven Wissensaufbau zu arbeiten Demnach ist «eine aufgabenorientierte Strukturierung des Unterrichts durch die Lehrkräfte […] genau so wichtig wie das Schaffen offener Lern- und Arbeitssituationen .» 15 Trotz dieser starken Präsenz in aktuellen deutschen und österreichischen Lehrplänen entsteht immer wieder der Eindruck, dass offene Lernformen zwar bekannt, aber noch nicht in der Praxis des Italienischunterrichts verankert sind So ist zum einen die Anzahl der fachdidaktischen und unterrichtspraktischen Publikationen zu diesem Thema vor allem im Zusammenhang mit dem Italienischunterricht recht gering Zum anderen zeigen die Erfahrungen, die im Zuge der Organisation schulpraktischer Studien mit Studierenden des Lehramtsstudiums Italienisch gemacht wurden, dass nur wenigen die Arbeit mit offenen Lernformen aus der eigenen Schulzeit bekannt ist und kaum jemand in der schulpraktischen Ausbildung damit in Berührung kommt Der folgende Beitrag setzt sich davon ausgehend das Ziel, auf Grundlage theoretischer Überlegungen die Potenziale des Stationenlernens für den Italienischunterricht aufzuzeigen sowie die damit einhergehenden Vor- und Nachteile anhand eines konkreten Praxisbeispiels zu erörtern 2_IH_Italienisch_74.indd 104 16.11.15 07: 55 105 Andrea Urban «Lavoro a tappe» «Lavoro a tappe» - grundlagen des Stationenlernens Beim Stationenlernen wird das zu behandelnde Thema in Teilaspekte zerlegt, die in Form so genannter Lernstationen selbstständig von den SchülerInnen bearbeitet werden Die einzelnen Stationen umfassen Arbeitsaufträge und die zur Bearbeitung erforderlichen Materialien und sind in der Regel in Pflichtstationen, die von allen bearbeitet werden müssen, und Wahlstationen, die frei gewählt werden können, gegliedert Stationenlernen zählt zu den offenen Lernformen, da es in gewissen Bereichen Entscheidungsfreiheit gewährt: So können die SchülerInnen zum Beispiel die Reihenfolge der Bearbeitung, das Arbeitstempo, die Sozialform sowie das Material selbst bestimmen Bezeichnend für diese Arbeitsform ist, dass alle LernerInnen gleichzeitig an unterschiedlichen Arbeitsaufträgen arbeiten, aber dennoch dasselbe Lernziel erreichen Lernen an Stationen kann auf diese Art nicht nur selbstständiges Arbeiten, sondern auch Planungskompetenz, Selbstdisziplin, Verantwortung, Durchhaltevermögen, Entscheidungsfähigkeit sowie demokratisches Verhalten fördern . 16 Je nach Organisation der einzelnen Stationen werden mehrere Formen unterschieden: Wird ein Thema erarbeitet, das bis dato noch nicht im Unterricht behandelt wurde, spricht man von einem Erarbeitungszirkel Dienen die Lernstationen jedoch der Wiederholung und Festigung eines bereits erarbeiteten Themas, ist von einem Übungszirkel die Rede Der Grad an Offenheit kann ebenfalls variieren: Die geschlossene Form verlangt, dass die Stationen in einer bestimmten Reihenfolge abgearbeitet werden Diese Form der Bearbeitung gewährleistet zwar eine einheitliche Progression im Wissenserwerb, allerdings stößt man bei der praktischen Umsetzung bald an die organisatorischen Grenzen der Methode, da alle SchülerInnen mit derselben Station beginnen müssen Während die halboffene Form die Arbeit durch die Vorgabe von Pflicht- und Wahlstationen noch immer in eine bestimmte Richtung lenkt, bietet die offene Form völlige Freiheit, da ein Arbeitseinstieg bei jeder Station erfolgen kann . 17 Die durchschnittliche Dauer eines Stationenlernens beträgt zwischen drei und fünfzehn Unterrichtsstunden Bei der Gestaltung der einzelnen Stationen ist darauf zu achten, dass die individuellen Voraussetzungen der SchülerInnen so gut wie möglich berücksichtigt werden Roland Bauer empfiehlt daher, bei der Erstellung von Arbeitsaufgaben mehrere Lerneingangskanäle (visuell, auditiv oder kinästhetisch), verschiedene Denkstrukturen (proaktiv oder reaktiv) sowie Repräsentationsebenen (bildlich, sprachlich, schriftlich etc .) einzubeziehen . 18 Die konkrete Umsetzung eines Stationenlernens hängt von verschiedenen Faktoren ab Je nach Thema, Lernziel, Klassengröße, Lerninteresse und 2_IH_Italienisch_74.indd 105 16.11.15 07: 55 106 «Lavoro a tappe» Andrea Urban Lernniveau der SchülerInnen kann eine unterschiedlich große Zahl an Stationen vorbereitet werden Zu beachten ist jedoch, dass so viele Aufgaben und Materialien bereitgestellt werden müssen, dass alle LernerInnen während der vorgegebenen Arbeitszeit beschäftigt sind Um einen reibungslosen Ablauf der Arbeit sicherzustellen, sollte jede Schülerin/ jeder Schüler einen Laufzettel oder Arbeitsplan besitzen, auf welchem die einzelnen Stationen vermerkt und Angaben zum benötigten Material bzw zur Durchführung zu finden sind Neben der Berücksichtigung unterschiedlicher Voraussetzungen der LernerInnen ist bei der Erstellung der Stationen auch darauf zu achten, dass Aufgaben und Übungen weitestgehend selbsterklärend sind Vor Beginn der Arbeit ist außerdem zu klären, wo Material und noch fertigzustellende Arbeiten aufbewahrt werden und inwiefern die Ergebnisse des Stationenlernens in die Leistungsbeurteilung einfließen . 19 ein Beispiel: «Lavoro a tappe» für Schülerinnen eines 2. Lernjahres italienisch Auf Grundlage der soeben besprochenen strukturellen und inhaltlichen Charakteristika entstand im Rahmen eines Proseminars zur italienischen Fachdidaktik mit dem Titel «Offene Lernformen im Italienischunterricht» ein Stationenlernen für eine LernerInnengruppe des 2 Lernjahres Italienisch Der Planung und Umsetzung der Aufgabenstellungen liegt eine Situationsanalyse mit folgenden Annahmen zugrunde: Die SchülerInnen hatten im ersten Lernjahr vier Stunden Italienisch pro Woche, im zweiten nur mehr drei Grundlage des Unterrichts bildet das Lehrwerk Allegro 2 20 , wobei die SchülerInnen gerade an Kapitel 5 («Qui prima c’era») arbeiten und das imperfetto als neue Zeitform kennenlernen Konzipiert ist das Stationenlernen als drei Unterrichtsstunden umfassender Übungszirkel, der vor allem dazu dienen soll, bereits Gelerntes zu festigen und etwaige Lücken in den Bereichen Lexik und Grammatik zu schließen Die sechs Pflichtstationen (im Plan mit gekennzeichnet) decken die wesentlichen Themenbereiche ab und müssen aus diesem Grund von allen LernerInnen absolviert werden Die sechs Wahlstationen (im Plan mit gekennzeichnet) bieten im Vergleich dazu die Möglichkeit, individuelle Schwerpunkte zu setzen und die Arbeit an bestimmten Themen - sei es aus Interesse oder Notwendigkeit - zu vertiefen Die wichtigsten in den ersten fünf Kapiteln des Lehrbuches behandelten Grammatikbereiche sind: - die direkten und indirekten Objektpronomen sowie ihre Verbindung mit dem passato prossimo - das condizionale - die Ordnungszahlen 2_IH_Italienisch_74.indd 106 16.11.15 07: 55 107 Andrea Urban «Lavoro a tappe» - die Wiedergabe von ‹man› mit si impersonale - die Wiedergabe von Handlungen, die sich gerade vollziehen, durch stare+gerundio - sowie das imperfetto Da das präsentierte Stationenlernen als Übungszirkel fungiert, die SchülerInnen optimal auf die nächsten Arbeitsschritte vorbereiten will und somit vorwiegend wiederholenden Charakter hat, stellen die Objektpronomen, das condizionale und das imperfetto die übergeordneten Themenbereiche dar, auf deren Grundlage die Ausarbeitung einzelner Stationen erfolgt Grund dafür ist, dass auf die genannten Grammatikkapitel im weiteren Unterrichtsverlauf immer wieder Bezug genommen wird und deren solide Kenntnis von grundlegender Bedeutung für die Initiierung erfolgreicher Lernprozesse ist: So wird etwa das imperfetto in den nächsten Kapiteln zum passato prossimo in Bezug gesetzt, wodurch die SchülerInnen erste Regeln der Zeitenfolge in der Vergangenheit kennenlernen Die aktive Anwendung des condizionale spielt einerseits als Ausdruck der Höflichkeit in alltäglichen Kommunikationssituationen eine wichtige Rolle, andererseits ist das Wissen um seine korrekte Bildung mitunter Voraussetzung für die Verwendung des periodo ipotetico Die einzelnen Lernstationen sind so konzipiert, dass Individualität und Heterogenität der LernerInnengruppe in Bezug auf unterschiedliche Lerneingangskanäle, Denkstrukturen und Repräsentationsebenen berücksichtigt werden Aus diesem Grund enthalten die zur Verfügung gestellten Materialien sowohl klassische Übungsformate als auch Lernaufgaben, die die LernerInnen mit realen, aus dem alltäglichen Leben stammenden Situationen konfrontieren und die Lösung eines Problems fordern Das bedeutet, dass vor allem die im letzten Kapitel gelernten kommunikativen Strukturen in authentischen Anwendungssituationen erprobt werden, um auf diese Weise die Ausbildung einer fremdsprachlichen kommunikativen Kompetenz zu unterstützen Kurzbeschreibung des Laufzettels und der einzelnen Stationen Grundlage der Arbeit an Stationen ist der Laufzettel der jeder Schülerin/ jedem Schüler zu Beginn ausgehändigt wird . 21 Er umfasst nicht nur eine Kurzbeschreibung aller Stationen, sondern zeigt den SchülerInnen darüber hinaus, welche Stationen verpflichtend bearbeitet werden müssen und welche frei gewählt werden können Des Weiteren gibt er an, wie die Bearbeitung der Materialien zu erfolgen hat: In der Rubrik modo di lavoro werden Sozialform sowie Art der zu leistenden Aktivität festgelegt, in der Kategorie controllo hingegen ist vermerkt, ob das bearbeitete Material bei der Lehrkraft abgegeben werden muss oder durch Selbstkontrolle mit Lösungsblättern zu korrigie- 2_IH_Italienisch_74.indd 107 16.11.15 07: 55 108 «Lavoro a tappe» Andrea Urban ren ist Neben Informationen zu den einzelnen Stationen sind auf dem Laufzettel Verhaltensregeln aufgelistet, die allen SchülerInnen ein ungestörtes Arbeiten ermöglichen sollen Es empfiehlt sich, diese im Vorfeld im Plenum zu besprechen, damit es nicht zu Missverständnissen kommt und wertvolle Arbeitszeit verloren geht Nun einige Informationen zu den einzelnen Stationen: Die Stationen 1 bis 5 umfassen zwei Pflicht- und drei Wahlstationen und dienen der Festigung des Gebrauchs der direkten und indirekten Objektpronomen in unterschiedlichen Kontexten Die Stationen 1 und 2 sind gleich konzipiert und verlangen von den SchülerInnen, dass die Pronomen zunächst in Texten identifiziert und anschließend in Lückentextübungen angewendet werden Station 3 ist der Verwendung direkter Objektpronomen im Zusammenhang mit dem passato prossimo gewidmet Während bei den ersten beiden Stationen Lückentexte auszufüllen sind und eine rein kognitive Herangehensweise gefordert wird, müssen die SchülerInnen hier an einem Trimino, einer Art Puzzle mit Dreiecken, arbeiten und im Anschluss daran ein Strukturblatt ausfüllen, das die Regeln für den Gebrauch der Objektpronomen nochmals zusammenfasst Diese Verbindung von spielerischen Elementen und Verschriftlichung von Regeln soll unterschiedliche Lerntypen und Repräsentationsebenen ansprechen und zu einer mehrfachen Verankerung des Gelernten beitragen Station 4 «Il gioco dei pronomi» bietet im Vergleich dazu die Gelegenheit, die Objektpronomen mit Hilfe eines Brettspiels zu üben und so kognitives und emotionales Lernen zu verbinden Neben der vorgegebenen grammatikalischen Struktur lernen die SchülerInnen auch, mit anderen zu kooperieren und Empathiefähigkeit zu entwickeln . 22 Da Spiele dieser Art nicht alle LernerInnen gleichermaßen motivieren, wurde diese Übung als Wahlstation konzipiert Station 5 ist ebenso eine Wahlstation und stellt die Verwendung der Objektpronomen in einer konkreten Kommunikationssituation in den Mittelpunkt Mit Hilfe von Dialogkarten, welche die Redebeiträge der beiden GesprächspartnerInnen bereits ansatzweise strukturieren, soll über das vorgegebene Thema diskutiert werden Diese für das Niveau A2 durchaus angemessene Dialogführung macht es möglich, das behandelte grammatikalische Phänomen aktiv anzuwenden sowie schon bekannte Kommunikationsstrategien und Redemittel zu wiederholen Mit Station 6 «Concorso giovanile: La vita di una volta - I nostri nonni raccontano…» beginnt der Themenbereich imperfetto Im Sinne eines aufgabenorientierten Fremdsprachenunterrichts wird den SchülerInnen hier die Aufgabe gestellt, einen kurzen Text für einen Wettbewerb zu verfassen, der aus dem Leben der Großmutter/ des Großvaters erzählt Geübt werden soll auf diese Art die richtige Bildung des imperfetto Die vorgegebenen Wörter und Bilder sollen als Input dienen und können ergänzt werden Station 7 ist eine 2_IH_Italienisch_74.indd 108 16.11.15 07: 55 109 Andrea Urban «Lavoro a tappe» Wahlstation und erlaubt den SchülerInnen, die korrekten Formen des imperfetto anhand von Online-Übungen zu festigen Der Einbezug des Mediums Computer wirkt aufgrund der zahlreichen interaktiven Übungen, die in verschiedensten Portalen zur Verfügung stehen, auch heute noch motivierend, da je nach Kenntnisstand unterschiedliche Schwierigkeitsgrade und Übungsformate gewählt und so der eigene Lernprozess individuell gestaltet werden kann Das Lied «La gatta» von Gino Paoli bildet die 8 Station und soll insbesondere auditive Lerntypen ansprechen und ihnen dabei helfen, die Formen des imperfetto durch das gesprochene bzw gesungene Wort zu erfassen und zu verinnerlichen Die Stationen 9 bis 12 sind dem condizionale gewidmet und bestehen aus zwei Pflicht- und zwei Wahlstationen Station 9 «Mi potrebbe…» ist als Partnerarbeit konzipiert Die SchülerInnen ziehen abwechselnd eine Karte und geben ihrem Partner/ ihrer Partnerin kleine kommunikative Situationen aus dem Alltag vor, für die korrekte Sätze im condizionale formuliert werden müssen Ziel der Station ist es, anhand konkreter Kommunikationssituationen die Anwendung der korrekten Form des condizionale zu üben und die Ausbildung der Fähigkeit zur Sprachmittlung zu begünstigen Station 10 «Sondaggio: Che cosa faresti con 10 .000 euro? » bettet die Verwendung des condizionale in einen authentischen, realitätsbezogenen Kontext ein und knüpft somit an die Forderungen des aufgabenorientierten Lernens an Die SchülerInnen nehmen an der Umfrage einer Jugendzeitschrift teil und sollen einen kurzen Text verfassen, in dem sie erklären, was sie mit einem Gewinn von 10 .000 Euro machen würden Um die Übung so authentisch wie möglich zu gestalten, könnten die einzelnen Texte mit dem Computer getippt bzw formatiert, mit Bildern der jeweiligen SchülerInnen versehen und auf einem Plakat, das der Seite einer Zeitschrift oder Zeitung gleicht, veröffentlicht werden Die 11 Station «Condizionale (rote Folie)» stellt eine Variante klassischer Einsetzübungen dar, bei der die SchülerInnen zwischen drei Arbeitsblättern mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden wählen können Diese sind bereits mit den richtigen Lösungen in roter Farbe versehen und müssen von den SchülerInnen in eine rote Klarsichtfolie gelegt werden, sodass die Lösungen unsichtbar werden Die SchülerInnen ergänzen die Lücken mit den ihrer Meinung nach richtigen Formen des condizionale und verwenden dafür einen speziellen wasserlöslichen Folienstift Nach der Selbstkorrektur mit den Lösungen des Übungsblattes werden die Notizen, die auf der roten Folie gemacht wurden, wieder gelöscht Diese Übungsform spricht vor allem kognitive Lerntypen an, bietet jedoch aufgrund der Folien-Variante gleichzeitig einen kinästhetischen Zugang zum Thema Die 12 Station «Cruciverba» führt spielerisch zum condizionale hin und verlangt von den SchülerInnen, dass die richtigen Formen gebildet und in das vorgegebene Kreuzworträtselschema eingetragen werden 2_IH_Italienisch_74.indd 109 16.11.15 07: 55 110 «Lavoro a tappe» Andrea Urban Mit Hilfe dieser Übung werden sowohl die korrekten Flexionsendungen geübt als auch indirekt wichtige Vorkenntnisse für einen erfolgreichen Leseprozess 23 - wie etwa Kenntnisse über die Wahrscheinlichkeit bestimmter Buchstabenkombinationen - geschaffen Durchführung Arbeitet die LernerInnengruppe zum ersten Mal mit dieser Methode, sollte zunächst der Laufzettel besprochen werden: Er beinhaltet alle wesentlichen Informationen zu den einzelnen Stationen und dient nicht nur als Orientierungshilfe, sondern fungiert auch als Grundlage für die Dokumentation der Arbeit, weshalb den SchülerInnen klar sein muss, was die einzelnen Zeichen bedeuten und wie Arbeitsfortschritte vermerkt werden In welcher Sprache der Laufzettel verfasst wird, muss von der Lehrkraft unter Berücksichtigung des sprachlichen Niveaus der LernerInnen entschieden werden Da das vorliegende Beispiel für eine Gruppe mit dem Niveau A1+/ A2 gedacht ist, die lediglich kurze, einfache Texte mit Alltagsbezug verstehen kann, wurden die Inhalte der Stationen in deutscher Sprache beschrieben Nach der Besprechung des Laufzettels folgt ein Rundgang durch die nummerierten Stationen, der die Möglichkeit zur räumlichen Orientierung bietet und den SchülerInnen einen Überblick über angebotene Pflicht- und Wahlstationen verschafft Bei Bedarf kann diese Phase dazu genützt werden, komplexere Stationen genauer zu erläutern, um etwaige Probleme bei der Bearbeitung bestimmter Materialien vorwegzunehmen Bevor die eigentliche Arbeitsphase beginnt, müssen Verhaltensregeln und Bewertungskriterien besprochen werden: Nur wenn die LernerInnen wissen, wie die von ihnen erbrachte Leistung bewertet wird, können sie ihren Lernprozess eigenständig gestalten und sich realistische Lernziele setzen, die unter den gegebenen Bedingungen auch zu erreichen sind . 24 resümee und Ausblick Obwohl offene Lernformen, wie Stationenlernen oder Planarbeit, im kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht an Bedeutung gewinnen, stehen viele LehrerInnen der Umsetzung in der Unterrichtspraxis skeptisch gegenüber Vielfach wird kritisiert, dass der Arbeitsaufwand vor allem in der Vorbereitungsphase viel zu hoch sei und von einer Lehrkraft allein kaum bewältigt werden könne Organisatorische Schwierigkeiten, wie der weit verbreitete Unterricht in Einzelstunden oder zu kleine Klassenzimmer, die ein Ausweichen auf andere Räumlichkeiten notwendig machen, werden ebenfalls als Argumente gegen den Einsatz offener Lernformen in der Praxis angeführt . 25 2_IH_Italienisch_74.indd 110 16.11.15 07: 55 111 Andrea Urban «Lavoro a tappe» Natürlich sind derartige Einwände nicht ganz von der Hand zu weisen, allerdings lassen sich bei genauer Planung einige der genannten Probleme vermeiden: Um den Arbeitsaufwand möglichst gering zu halten, sollte laut Ricarda Lusar Material verwendet werden, das auch im Regelunterricht zum Einsatz kommt Wichtig sei nur, dass es die LernerInnen herausfordere und anrege sowie die Möglichkeit zur Selbst- und Partnerkorrektur gebe Des Weiteren sei es sinnvoll, auf Selbstlernangebote unterschiedlicher Verlage, auf ausgearbeitete Materialien bereits erprobter Stationenlernen oder auf Materialien aus Lehrbüchern und Internet zurückzugreifen Durch die Verwendung laminierter Aufgabenblätter, die mit löslichem Folienstift bearbeiten werden, und den Einsatz wiederverwendbare Materialien lasse sich außerdem der Materialverbrauch reduzieren . 26 Auch organisatorischen Problemen kann man entgegenwirken: Hat man nur Einzelstunden zur Verfügung, könnte man bei entsprechender Infrastruktur Räumlichkeiten wie die Schulbibliothek reservieren und das Stationenlernen dort durchführen Unter Umständen ist es sogar erlaubt, die Stationen stehen zu lassen, sodass kein mehrmaliger Auf- und Abbau erforderlich ist Sollte dies nicht gestattet sein, ist es ratsam, Stationen so zu planen, dass sie sich problemlos in einer Klarsichtfolie unterbringen und transportieren lassen Abschließend stellt sich die Frage, warum offene Lernformen trotz der genannten Vorbehalte so wichtig für den Italienischunterricht sind Im Grunde sprechen zwei Dinge für ihren Einsatz: Stationenlernen ist nicht nur handlungsorientiertes und problembezogenes Arbeiten im Sinne der Kompetenzorientierung, sondern kann, wie Monika Teichmann veranschaulicht, durch die Bereitstellung vielfältiger Kommunikationssituationen ebenso einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung fremdsprachlicher Handlungsfähigkeit leisten: «Nehmen wir die Entwicklung von Lernerstrategien ernst, die die Selbstständigkeit des Lernenden beim sprachlichen Konstruktionsprozess berücksichtigen, dann sind gerade solche Sprechsituationen notwendig, in denen die Schüler/ innen ohne Beobachtungszwänge ihre eigene Sprachproduktion steuern, sich selbst korrigieren oder Umwegstrategien benutzen Dass sie dabei Fehler machen, tritt hinter der Forderung zurück, sie überhaupt eigene Sprechversuche machen zu lassen .» 27 Stationenlernen bietet also im Vergleich zu frontalen Unterrichtsmethoden aufgrund seiner Struktur verstärkt die Gelegenheit, die gelernte Fremdsprache eigenständig in authentischen, wenngleich dem geschützten Raum ‹Unterricht› zugeordneten Situationen zu erproben Dadurch werden LernerInnen dazu befähigt, selbstständig Lerntechniken zu erwerben, Sprachlernprozesse zu 2_IH_Italienisch_74.indd 111 16.11.15 07: 55 112 «Lavoro a tappe» Andrea Urban gestalten und den eigenen Lernzuwachs zu steuern Gefördert wird insbesondere die aktive Anwendung fremdsprachlicher Redemittel, was in besonderem Maße zur Ausbildung kommunikativer, methodischer und sozialer Kompetenzen beiträgt Anmerkungen 1 Vgl . BMBF (Hrsg .), Bildungsforschung Band 1 - Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards: http: / / www .bmbf .de/ pub/ zur_entwicklung_nationaler_bildungsstandards .pdf (3 .6 .2014), S .11-14 und BIFIE (Hrsg .), Bildungsstandards in Österreich. Überprüfung und Rückmeldung . Zweite aktualisierte Auflage, Salzburg: 2011, S . 8 2 Vgl . BIFIE/ ÖSZ (Hrsg .): Praxishandbuch. Bildungsstandards für die Fremdsprachen (Englisch) 8. Schulstufe. Dritte überarbeitete Auflage . Graz: Leykam 2011, S . 11-17 3 BMUKK: Lehrplan AHS-Unterstufe, Lebende Fremdsprache (Erste, Zweite), http: / / www .bmukk .gv .at/ medienpool/ 782/ ahs8 .pdf (Zugriff am 3 .6 .2014), S . 2 4 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg .), Bildungsstandards für die erste Fremdsprache (Englisch/ Französisch) für den Hauptschulabschluss, München/ Neuwied: Luchterhand 2004, S . 6 5 Vgl . Bildungsstandards für die fortgeführte Fremdsprache (Englisch/ Französisch) für die allgemeine Hochschulreife (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18.10.2012): http: / / www .kmk .org/ fileadmin/ veroeffentlichungen_beschluesse/ 2012/ 2012_10_18-Bildungsstandards-Fortgef-FS-Abi .pdf (Zugriff am 3 .6 .2014) 6 Christiane Fäcke, Fachdidaktik Französisch. Eine Einführung, Tübingen: Narr 2010, S . 34 7 Manuela Paechter et al . (Hrsg .), Handbuch Kompetenzorientierter Unterricht, Weinheim/ Basel: Beltz 2012, S . 9 8 Vgl . BIFIE (Hrsg .), Kompetenzorientierter Unterricht in Theorie und Praxis, Graz: Leykam 2011, S . 13-23 9 Vgl . Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kulturminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg .), Konzeption der Kultusministerkonferenz zur Nutzung der Bildungsstandards für die Unterrichtsentwicklung, Bonn/ Berlin: KMK 2010, S . 9-10 10 Vgl . Franz-Joseph Meißner/ Bernd Tesch, «Kompetenzorientierter Spanischunterricht», in: Franz-Joseph Meißner/ Bernd Tesch (Hrsg .), Spanisch kompetenzorientiert unterrichten, Seelze: Klett/ Kallmeyer 2010, S . 19-22 11 Vgl . beispielsweise für das Unterrichtsfach Französisch: Andreas Nieweler (Hrsg .), Fachdidaktik Französisch. Tradition, Innovation, Praxis, Stuttgart: Klett 2006, S . 44-54 oder Eynar Leupold, Französisch unterrichten. Grundlagen, Methoden, Anregungen, Seelze-Velber: Klett/ Kallmeyer 42007, S . 117-135 12 Wolfgang Zydatiß, «Kompetenzen und Fremdsprachenlernen», in: Wolfgang Hallet/ Frank G . Königs (Hrsg .), Handbuch Fremdsprachendidaktik, Seelze: Kallmeyer/ Klett 2010, S . 59 13 BMUKK, Lehrplan AHS-Oberstufe, Lebende Fremdsprache (Erste, Zweite): http: / / www .bmukk .gv .at/ medienpool/ 11854/ lp_ahs_os_lebende_fs .pdf (Zugriff am 3 .6 .2014), S . 2 2_IH_Italienisch_74.indd 112 16.11.15 07: 55 113 Andrea Urban «Lavoro a tappe» 14 Bildungsplan: Gymnasium Sekundarstufe I. Neuere Fremdsprachen, Hamburg: http: / / www .hamburg .de/ contentblob/ 2376246/ data/ neuere-fremdsprachen-gym-seki .pdf (Zugriff am 3 .6 .2014), S . 15 15 Richtlinien und Lehrpläne für die Sekundarstufe II - Gymnasium/ Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen: Italienisch: http: / / www .standardsicherung .schulministerium nrw .de/ lehrplaene/ upload/ lehrplaene_download/ gymnasium_os/ 4709 .pdf (Zugriff am 3 .6 .2014), S . XVIII . Anmerkung: Mit 1 . 8 . 2014 traten beginnend mit der Einführungsphase neue Kernlehrpläne für die Sekundarstufe II in Kraft 16 Vgl . Claus Georg Krieger, Wege zu Offenen Arbeitsformen. Konzepte zur Selbststeuerung des Lernens, Leistungsbeurteilung, Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren 2005, S . 67-69 17 Vgl . Ricarda Lusar, «Stationenlernen - kritisch hinterfragt», in: Der fremdsprachliche Unterricht Französisch n . 69/ 70 2004, S . 6 18 Vgl . Roland Bauer, Lernen an Stationen weiterentwickeln. Wege zur Differenzierung und zum individuellen Lernen, Berlin: Cornelsen Scriptor 2009, S . 15-24 19 Vgl . Irmintraut Hegele, «Stationenarbeit . Ein Einstieg in den offenen Unterricht», in: Jürgen Wiechmann (Hrsg .), 12 Unterrichtsmethoden. Vielfalt für die Praxis, Weinheim/ Basel: Beltz 5 2011, S . 67-70 20 Renate Merklinghaus, Allegro- 2. Lehr- und Arbeitsbuch Italienisch, Stuttgart: Klett 2004 21 Der Laufzettel sowie von der Autorin selbst erstellte Übungen sind im Anhang zu finden . Arbeitsblätter aus verschiedenen Lehrwerken, die beim Stationenlernen zum Einsatz kamen, wurden nicht hinzugefügt 22 Vgl . Karin Kleppin, «Sprachlernspiele», in: Carola Surkamp (Hrsg .), Metzler Lexikon Fremdsprachendidaktik. Ansätze - Methoden - Grundbegriffe, Stuttgart/ Weimar: Metzler 2010, S . 283-285 23 Übungen wie Kreuzworträtsel, Buchstabensalat und dergleichen schaffen bei SchülerInnen Wissen über mögliche Buchstabenkombinationen in einer Sprache und unterstützen somit vor allem die bottom-up-Prozesse des Lesevorganges . Vgl . Gerard Westhoff, Fertigkeit Lesen, Berlin/ München/ Wien/ Zürich/ New York: Langenscheidt 1997, S . 58 ff 24 Genauere Angaben zu den einzelnen Phasen des Stationenlernens finden sich bei vgl . Engelbert Thaler, Lernerfolg durch Balanced Teaching. Offene Lernarrangements: aufgabenorientiert, spielorientiert, medienorientiert, Berlin: Cornselsen Scriptor 2010, S . 65-66 25 Vgl . Tamara Kpebane, «Imparare a tappe: Le preposizioni - Ein Stationenlernen für das dritte Lernjahr Italienisch», in: Norbert Becker/ Hannelore Martin/ Susanne Zieglmeier (Hrsg .), Vorschläge für die Praxis des Italienischunterrichts . Akten der Sektion Didaktik des Deutschen Italianistentages ‚Orientierung im Raum‘ in Bochum, März 2006, München/ Frankfurt: Oldenbourg Verlag/ Verlag für deutsch-italienische Studien 2008, S . 23-24 26 Vgl . Ricarda Lusar, «Stationenlernen - kritisch hinterfragt» (Anm . 21), S . 4-6 27 Monika Teichmann, «Stationenlernen im Fremdsprachenunterricht . Darstellung dieser schülerorientierten und ganzheitlichen Lernmethode», in: Der fremdsprachliche Unterricht Englisch n . 3/ 4 2002, S . 5 2_IH_Italienisch_74.indd 113 16.11.15 07: 55 114 «Lavoro a tappe» Andrea Urban Bibliographie Bauer, Roland: Lernen an Stationen weiterentwickeln. Wege zur Differenzierung und zum individuellen Lernen . Berlin: Cornelsen Scriptor 2009 BIFIE (Hrsg .): Bildungsstandards in Österreich. Überprüfung und Rückmeldung Zweite aktualisierte Auflage . Salzburg: 2011 BIFIE (Hrsg .): Kompetenzorientierter Unterricht in Theorie und Praxis . Graz: Leykam 2011 BIFIE/ ÖSZ (Hrsg .): Praxishandbuch. Bildungsstandards für die Fremdsprachen (Englisch) 8. Schulstufe . Dritte überarbeitet Auflage . Graz: Leykam 2011 Bildungsplan: Gymnasium Sekundarstufe I. Neuere Fremdsprachen . Hamburg: http: / / www .hamburg .de/ contentblob/ 2376246/ data/ neuere-fremdsprachengym-seki .pdf (Zugriff am 3 .6 .2014) Bildungsstandards für die fortgeführte Fremdsprache (Englisch/ Französisch) für die allgemeine Hochschulreife (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18.10.2012): http: / / www .kmk .org/ fileadmin/ veroeffentlichungen_ beschluesse/ 2012/ 2012_10_18-Bildungsstandards-Fortgef-FS-Abi .pdf (Zugriff am 3 .6 .2014) BMBF (Hrsg .): Bildungsforschung Band 1 - Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards: http: / / www .bmbf .de/ pub/ zur_entwicklung_nationaler_ bildungsstandards .pdf (Zugriff am 3 .6 .2014) BMUKK: Lehrplan AHS-Unterstufe, Lebende Fremdsprache (Erste, Zweite): http: / / www .bmukk .gv .at/ medienpool/ 782/ ahs8 .pdf (Zugriff am 3 .6 .2014) BMUKK: Lehrplan AHS-Oberstufe, Lebende Fremdsprache (Erste, Zweite), http: / / www .bmukk .gv .at/ medienpool/ 11854/ lp_ahs_os_lebende_fs .pdf (Zugriff am 3 .6 .2014) Fäcke, Christiane: Fachdidaktik Französisch. Eine Einführung . Tübingen: Narr 2010 Hegele, Irmintraut: «Stationenarbeit . Ein Einstieg in den offenen Unterricht», in: Wiechmann, Jürgen (Hrsg .): 12 Unterrichtsmethoden. Vielfalt für die Praxis, Weinheim/ Basel: Beltz 5 2011, S . 61-76 Kleppin, Karin: «Sprachlernspiele», in: Surkamp, Carola (Hrsg .): Metzler Lexikon Fremdsprachendidaktik. Ansätze - Methoden - Grundbegriffe, Stuttgart/ Weimar: Metzler 2010, S . 283-285 Kpebane, Tamara: «Imparare a tappe: Le preposizioni - Ein Stationenlernen für das dritte Lernjahr Italienisch», in: Becker, Norbert/ Martin, Hannelore/ Zieglmeier, Susanne (Hrsg .): Vorschläge für die Praxis des Italienischunterrichts . Akten der Sektion Didaktik des Deutschen Italianistentages ‹Orientierung im Raum› in Bochum, März 2006, München/ Frankfurt: Oldenbourg/ Verlag für deutschitalienische Studien 2008, S . 22-35 Krieger, Claus Georg: Wege zu Offenen Arbeitsformen. Konzepte zur Selbststeuerung des Lernens, Leistungsbeurteilung . Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren 2005 Leupold, Eynar: Französisch unterrichten. Grundlagen, Methoden, Anregungen Seelze-Velber: Klett/ Kallmeyer 42007 Lusar, Ricarda: «Stationenlernen - kritisch hinterfragt», in: Der fremdsprachliche Unterricht Französisch n . 69/ 70 2004, S . 4-9 Meißner, Franz-Joseph/ Tesch, Bernd: «Kompetenzorientierter Spanischunterricht», in: Meißner, Franz-Joseph/ Tesch, Bernd (Hrsg .): Spanisch kompetenzorientiert unterrichten, Seelze: Klett/ Kallmeyer 2010 2_IH_Italienisch_74.indd 114 16.11.15 07: 55 115 Andrea Urban «Lavoro a tappe» Merklinghaus, Renate: Allegro 2. Lehr- und Arbeitsbuch Italienisch . Stuttgart: -Klett 2004 Nieweler, Andreas (Hrsg .): Fachdidaktik Französisch. Tradition, Innovation, Praxis Stuttgart: Klett 2006 Paechter, Manuela et al . (Hrsg .): Handbuch Kompetenzorientierter Unterricht Weinheim/ Basel: Beltz 2012 Richtlinien und Lehrpläne für die Sekundarstufe II - Gymnasium/ Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen: Italienisch: http: / / www .standardsicherung .schulministerium .nrw .de/ lehrplaene/ upload/ lehrplaene_download/ gymnasium_os/ 4709 .pdf (Zugriff am 3 .6 .2014) Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kulturminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg .): Konzeption der Kultusministerkonferenz zur Nutzung der Bildungsstandards für die Unterrichtsentwicklung . Bonn/ Berlin: KMK 2010 . Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg .): Bildungsstandards für die erste Fremdsprache (Englisch/ Französisch) für den Hauptschulabschluss . München/ Neuwied: Luchterhand 2004 Teichmann, Monika: «Stationenlernen im Fremdsprachenunterricht . Darstellung dieser schülerorientierten und ganzheitlichen Lernmethode», in: Der fremdsprachliche Unterricht Englisch n . 3/ 4 2002, S . 4-9 Thaler, Engelbert: Lernerfolg durch Balanced Teaching. Offene Lernarrangements: aufgabenorientiert, spielorientiert, medienorientiert . Berlin: Cornselsen Scriptor 2010 Westhoff, Gerard: Fertigkeit Lesen . Berlin/ München/ Wien/ Zürich/ New York: Langenscheidt 1997 . Zydatiß, Wolfgang: «Kompetenzen und Fremdsprachenlernen», in: Hallet, Wolfgang/ Königs, Frank G . (Hrsg .): Handbuch Fremdsprachendidaktik, Seelze: Kallmeyer/ Klett 2010, S . 59-63 2_IH_Italienisch_74.indd 115 16.11.15 07: 55 116 «Lavoro a tappe» Andrea Urban Anhang 2_IH_Italienisch_74.indd 116 16.11.15 07: 55 117 Andrea Urban «Lavoro a tappe» Station 3 2_IH_Italienisch_74.indd 117 16.11.15 07: 55 118 «Lavoro a tappe» Andrea Urban Station 4 2_IH_Italienisch_74.indd 118 16.11.15 07: 55 119 Andrea Urban «Lavoro a tappe» Station 5 2_IH_Italienisch_74.indd 119 16.11.15 07: 55 120 «Lavoro a tappe» Andrea Urban Station 6 2_IH_Italienisch_74.indd 120 16.11.15 07: 55 121 Andrea Urban «Lavoro a tappe» Station 8 2_IH_Italienisch_74.indd 121 16.11.15 07: 55 122 «Lavoro a tappe» Andrea Urban Station 12 2_IH_Italienisch_74.indd 122 16.11.15 07: 55 123 Buchbesprechungen giorgio galli: Pasolini. Der dissidente Kommunist. Zur politischen Aktualität von Pier Paolo Pasolini, hamburg: Laika 2014, 220 Seiten, € 28,00 (=LAiKAtheorie, 42). Fabien Kunz-Vitali: Pier Paolo Pasolini: Vom Verschwinden der Glühwürmchen, hamburg: Laika 2015, 104 Seiten, € 9,90 (=Marxist Pocket Books). reinhold Zwick: Passion und Transformation. Biblische Resonanzen in Pier Paolo Pasolinis «mythischem Quartett» (Edipo Re, Teorema, Porcile, Medea), Marburg: Schüren 2014, 304 Seiten, zahlr. Abb., € 24,90 (=Film & theologie, 26). ricarda gerosa: Pasolini Romantico. Regressive Impulse einer progressiven Poetik, München: scaneg 2013, 368 Seiten, € 38,00. Pasolini intermedial. hrsg. von Uta Felten/ Kristin Mlynek-theil/ Franziska Andraschik, Frankfurt/ Main: Peter Lang 2014, 219 Seiten, 1 farb. Abb., 24 s/ w-Abb., € 49,95 (auch als e-book, € 55,57). Der 40 Todestag von Pier Paolo Pasolini im Jahr 2015 hat in diesem Jahr, aber bereits in den Jahren unmittelbar zuvor, zu einem markanten Anwachsen von Publikationen zum Autor geführt, von denen in dieser Sammelrezension einige Beiträge zur Diskussion kommen sollen Diese werden vor allem in Hinblick auf die ‹Aktualität› Pasolinis betrachtet Diesem Thema widmet sich besonders engagiert Giorgio Galli in: Pasolini. Der dissidente Kommunist. Zur politischen Aktualität von Pier Paolo Pasolini Nachdem Pierpaolo Antonello noch unlängst ein Buch mit dem provokativen Titel Dimenticare Pasolini veröffentlicht hatte, 1 behauptet Galli dem gegenüber: Pasolini ist hochaktuell, und zwar zum einen, weil er ein nichtkonformer Linksintellektueller war Zum anderen aber sei Pasolini vor allem deshalb aktuell, weil er kein typischer ‹Elfenbeinturm›-Autor der Moderne gewesen sei, sondern sich hartnäckig, ja penetrant mit gesellschaftskritischen Texten in die Tagespolitik einbrachte Von der Abtreibung über die Studentenrevolten bis hin zu den Medien: Pasolini hielt sich selten mit Kommentaren zurück, die er nicht nur als Journalist in Zeitungen veröffentlichte, sondern denen er eine ‹Werk›form gab, indem er sie als Anthologien (u .a Le belle 2_IH_Italienisch_74.indd 123 16.11.15 07: 55 124 Buchbesprechungen bandiere, Il Caos, Lettere Luterane) veröffentlichte Pasolinis leidenschaftliches Engagement hat damals wie heute teilweise Befremden, ja Ablehnung hervorgerufen und die Literaturwissenschaft dazu geführt, ihren Schwerpunkt auf Pasolinis genuin dichterische Erzeugnisse zu legen Dass dies nicht illegitim ist, aber Pasolini womöglich einseitig ästhetisiert, mahnt Gallis Studie nachdrücklich an Denn Pasolini habe sich nicht zuletzt als politischen Ideologiekritiker gesehen (so bereits in dem frühen Buch Passione e ideologia) Dass sich Galli wiederum um literaturwissenschaftliche Spezialarbeiten der vergangenen Zeit wenig (be)kümmert, macht in diesem Fall vielleicht gerade den Reiz seiner Lektüre für Philologen aus Denn Galli arbeitet mit einer radikal gesellschafts-historischen Methode und stellt auf dieser Basis fest: Dass Pasolini, erstens, in einem bestimmten politisch-gesellschaftlichen Umfeld gearbeitet habe, auf das er sich kontinuierlich beziehe Und dass, zweitens, diese unübersehbare soziale Involvierung Pasolinis auch seine Literatur und seine Filme mit einer spezifischen Signatur versehen hat, welche die weitgehend literaturimmanent verfahrende Literaturwissenschaft der letzten Jahrzehnte zu wenig berücksichtigt habe Dass ein politisches Subjekt, so bereits in der Antike, immer als zoon politikon agiere, ist Gallis ebenso einfache wie wirkungsvolle These, die ihn zu einer Reihe weiterer interessanter Beobachtungen führt Daneben fungiert Gallis Buch als eine Art Lesebuch der interessantesten politischen Texte Pasolinis, welche auch die maßgeblichen Stellungnahmen seiner Kritiker inkludiert (bspw dass Pasolini zum Arrivisten mutiert sei, welcher die bestehen Machtverhältnisse anprangere, sich dabei aber gleichzeitig konservativer Blätter wie des Corriere della sera bediene; s S 55) Als zentrale Jahre der politischen Entwicklung Pasolinis identifiziert Galli die Jahre zwischen 1956 und 1965 (u .a S 40) und referiert plastisch die markanten Eckpunkte der damaligen italienischen Gesellschaftspolitik Dies mag man als überflüssige Faktenhuberei abtun, tatsächlich wird der Leser jedoch daran erinnert, dass Pasolini sich als empirischer Schriftsteller verstanden hat, der in konkreten Kontexten engagiert war und dessen Einlassungen nur eingeschränkt verständlich sind, wenn man aus der geisteswissenschaftlichen Distanz glaubt, die Historie getrost ausklammern zu können Gallis Studie widerspricht diesen Ansätzen zwar nicht zur Gänze, aber sie signalisiert klar, dass die zunehmende Ästhetisierung Pasolinis womöglich ihrerseits zu delikaten Plattitüden führen kann Bei Pasolini selbst beobachtet Galli in dessen frühen Jahren einen bipolaren Marxismus (Bürgertum/ Arbeiterklasse, u .ä .m ., S 43 oder S 56), von dem Galli annimmt, dass er dem Autor als solcher lange Zeit nicht wirklich bewusst gewesen sei Anders als der PCI (Anm .: Partito Comunista Italia), dem Pasolini trotz aller Kontroversen Zeit seines Lebens treu geblieben ist, war der Schriftsteller und Regisseur nie zu Kompromissen bereit, sondern 2_IH_Italienisch_74.indd 124 16.11.15 07: 55 125 Buchbesprechungen verschärfte seine gesellschaftspolitischen Einlassungen im Lauf der Jahre sogar: «Pasolini definiert sich in diesen Ausführungen sehr treffend als querdenkender Kommunist, der dem linken Flügel des PCI angehört und dennoch ein Einzelgänger, ja ein Isolierter ist, da sich sein linker Protest wesentlich vom politischen Protest der Studentenbewegung unterscheidet und zum Teil auch von jenem des PSIUP .» (S 52; Anm .: PSIUP=Partito Socialista Italiano di Unità Proletaria) Galli hebt nun hervor, dass Pasolini vielleicht in manchen Diskussionen überzogen argumentiert habe und dabei auch Fehleinschätzungen unterlegen sei Tatsächlich aber habe Pasolini, wie kein Zweiter neben und nach ihm, Missverhältnisse und deren Strukturen erkannt und aufgedeckt, welche in der zweiten Hälfte des 20 Jahrhunderts ihren Ausgang nahmen und inzwischen im 21 Jahrhundert zu einem Status Quo geronnen seien, deren Exzesse Pasolini - würde er denn noch leben - weiterhin ‹enragiert› hätten 2 Dass Pasolini diesen Entwicklungen «selbst […] zum Opfer» fiel (S 59), ist eine weitere These Gallis, ohne dass er deshalb in den gängigen Kanon der Komplott- Theorien zu Pasolinis Ermordung einstimmen würde Dass Pasolini brutal getötet wurde, ist eine private Tragödie Die öffentliche Tragödie aber sei, dass man die Skandalträchtigkeit dieses Todes schamlos ausgenutzt habe, um von Pasolinis tatsächlichen Botschaften abzulenken, nämlich: dass der moderne Mensch der bürgerlichen Diktatur anheimgefallen sei; dass die Normierung, Homogenisierung und Kommerzialisierung der bürgerlichen Werteskala zu einem Genozid sämtlicher nicht-bürgerlicher Welten geführt habe (die höchstens in Ghettos überleben würden); dass diese Vereinheitlichung zum Tod kultureller Vielfalt geführt habe und dass die Menschen anthropologisch durch den Kapitalismus zu Marionetten ihrer selbst degeneriert seien Als Poet habe Pasolini diesen Prozess besonders im Wandel der Sprache beobachtet, deren vormaliger Reichtum (farbige Dialekte, folkloristische Lebendigkeit u .a .m .) von der Technokratie der Fernsehsprache abgelöst worden sei (vgl S 66 ff .) Anders als Galli es postuliert, lässt sich allerdings gerade an diesem Beispiel zeigen, dass Pasolini keineswegs von den großen italienischen Literaturtraditionen Abstand genommen hat (ähnlich wie Galli sieht dies auch Kunz-Vitali, auf dessen Publikation gleich die Sprache kommen wird; vgl dort S 29) Denn so wie Pasolini bspw ein Anhänger der Malerei des Quattrocento war, trägt er auch in seinen politischen Positionen den literatur-philosophischen Humanismus weiter, dem zufolge Denken und Sprechen niemals auseinander zu dividieren sind Eine korrupte Sprache - so bereits Coluccio Salutati - sei der Ausdruck eines maroden Denkens, und ein deformierter Geist würde stets in Fragmenten formulieren Pasolini hat an diesen ästhetischen Grundhaltungen des Humanismus Zeit seines Lebens festgehalten 2_IH_Italienisch_74.indd 125 16.11.15 07: 55 126 Buchbesprechungen Was Pasolini aber des Weiteren ausgezeichnet habe, so weiter Galli, sei, dass dieser das Chaos der modernen Gesellschaft (so der Titel einer der wichtigsten Artikelsammlungen Pasolinis) nicht als beliebiges Charakteristikum neben vielen anderen beschrieben habe, sondern es als blanken «Terror» (S 70) einschätzte, dem man mit aller Vehemenz entgegentreten müsse Die moderne Gesellschaft sei gleichbedeutend mit der Bourgeoisie und als solche eine «Krankheit» bzw ein Vampirismus (S 71), deren Nicht-Bekämpfung gleichbedeutend mit unterlassener Hilfeleistung sei ‹Kritischer Empirismus› ist die Wendung, die Galli in diesem Zusammenhang wiederholt Pasolinis Engagement zuweist Dieser habe schließlich den dichotomen Marxismus abgelöst (S 76) und in jeder selbstgenügsamen, hedonistischen Ideologie einen perfiden Mechanismus der Repression erkannt, ja «eine Form des ‹totalen› Faschismus» (S 82; Galli zitiert hier aus den Scritti corsari Pasolinis) Pasolini wurde (ähnlich wie Roland Barthes) aufgrund dieser und ähnlicher Aussagen oftmals manische Hysterie und mangelhafte Historizität zugeschrieben Galli schert sich um diese - wiederum auf den Skandal fixierten - Unterstellungen ein weiteres Mal wohltuend wenig Er schaut genauer hin und beleuchtet Pasolinis legendäre Widersprüchlichkeit erneut, aber auf neue Weise Mit Bezug auf den Aufsatz «Vom Verschwinden der Glühwürmchen» (S 85 ff .) macht Galli auf Pasolinis wichtige Unterscheidung zwischen ökonomischer Entwicklung und zivilem Fortschritt aufmerksam: Letzterer werde durch den Konsumhedonismus arretiert, welcher stattdessen mit einer verlogenen Scheintoleranz eine hohle Entwicklung im Zeichen einer einseitigen Homogenität des Kapitals befördere (das sich naturgemäß für Partikularitäten von Kulturen wenig interessiere) Pasolinis Anklage sei dabei nicht nur gegenüber den politischen Machthabern, sondern auch den intellektuellen Kollegen radikal gewesen: Fast alle würden mit Schweigen reagieren und sich damit des Verbrechens mitschuldig machen (vgl S 93) Und Pasolini empfindet dies als «unerträgliche Offizialität» (S 99), welche der breiten Masse eine Verbesserung der Lebensstandards vortäusche, während dieser tatsächlich lediglich «mimetisch» (S 99) zugestanden werde, Klassengrenzen zu überschreiten In diesem Zusammenhang zitiert Galli Pasolinis Ausführungen zur gesellschaftskritischen Schlüsselrolle der Schriftsteller: «Ich weiß das alles, weil ich ein Intellektueller bin, ein Schriftsteller, der versucht, all das zu verfolgen, was geschieht, […], sich all das vorzustellen, was man nicht weiß oder was verschwiegen wird; jemand, der auch fernliegende Fakten miteinander verknüpft, […] All das gehört zu meinem Beruf und zum Instinkt meines Berufes […] .» (S 102) 2_IH_Italienisch_74.indd 126 16.11.15 07: 55 127 Buchbesprechungen Wie aktuell Pasolinis Gesellschaftskritik nach wie vor ist, so sei Gallis Ausführungen hinzugefügt, beweisen die aktuellen Debatten in der EU bezüglich Griechenlands, in denen sich Intellektuelle wie Giorgio Agamben mit Bezug auf Alexandre Kojève gegen das Primat des Kapitals in der europäischen Kultur ausgesprochen haben Ähnlich bedenklich sind die ökonomisch motivierten Praktiken des ‹Disruptiven›, deren zunehmende Selbstverständlichkeit im 21 Jahrhundert einen Barbarismus legalisieren, der viel zu selbstverständlich hingenommen wird 3 : «Wie Pasolini richtig erkannte, wurde der Sozialstaat in den letzten Jahrzehnten von der Konsumkultur weitgehend verschluckt Der Konsument hat den Staatsbürger verdrängt» (S 122) Gallis Fazit lautet: «Es ist durchaus richtig, dass (Pasolinis) politischen Überlegungen ‚allein‘ keine ‹unvoreingenommene Soziologie› ersetzen können; und dennoch sind sie weitaus mehr als nur ein literarisches Phänomen, das ‹die Ehre unserer literarischen Kultur gerettet hat›; mehr auch als die wiederum nur literarisch bedeutsame Erfindung einer ‹politischen Essayistik› .» (S 125) Es ist das Verdienst von Fabien Kunz-Vitali, dass er das Buch Gallis aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzt hat In eben dem Verlag, in dem diese Übersetzung erschienen ist, hat der Übersetzer gleich im Anschluss ein kleines, aber feines Büchlein veröffentlicht, welches unter dem Titel Pier Paolo Pasolini: Vom Verschwinden der Glühwürmchen eine Anthologie von vier zentralen journalistischen Texten darstellt, die allesamt aus Pasolinis letztem Lebensjahr (1975) stammen Dabei ist «Pasolinis letztes Interview» («Wir sind alle in Gefahr») eine Erstübersetzung ins Deutsche durch Kunz-Vitali Er stellt den Texten Pasolinis ein Vorwort voran, das ihn als aufmerksamen Rezipienten Gallis ausweist Auch Kunz-Vitali plädiert dafür, den «furor philologicus» (S 9) in Bezug auf Pasolini zu relativieren und sich wieder neu auf das zu konzentrieren, was diesen Autor auszeichne: «sein radikal kritisches Denken, das sich noch im künstlerisch ausgefeiltesten seiner Werke nachvollziehen lässt» (ebd .) Dabei habe Pasolini nicht einfach nur einen gepflegten Geschichtspessimismus kultiviert, sondern diesen stets mit Zukunftsperspektiven kombiniert Dazu gehört die mit Roland Barthes geteilte Strategie des «Deplatzierens» (S 20), die allerdings vielleicht denn doch - entgegen der Meinung Kunz-Vitalis und auch Gallis sei darauf insistiert - eine vor allem ästhetisch-raffinierte Schreibweise vorstellt . 4 In der Tat ist das aber vielleicht nur eine, wenn auch besonders wichtige Facette des Denkens und Schreibens Pasolinis Ihre Autonomisierung nennt Kunz-Vitali - und eifert hier sichtlich (auf sympathische Weise! ) dem soziologischen Radikalismus von Galli nach - schlichtweg «absurd» (S 23) Pasolini, darauf weist Kunz-Vitali zutreffend 2_IH_Italienisch_74.indd 127 16.11.15 07: 55 128 Buchbesprechungen hin, habe die postmodernen Spezialisierungen des Wissens nie akzeptiert und vielmehr bereitwillig die Rolle des Dilettanten auf sich genommen, wenn es darum ging, die gesellschaftspolitischen Verhältnisse zur Gänze - eben ‹radikal›, von den Wurzeln an - zu kritisieren (vgl S 21) Dass Pasolini zu diesem Zweck eine (Sprach)Haltung der Widersprüchlichkeit elaboriert habe, ist nun keine wirklich neue Einsicht in der Pasolini-Forschung, doch Kunz-Vitali macht nachhaltig darauf aufmerksam, dass die Widersprüchlichkeit gerade für eine Position der Radikalität (und um diese geht es Kunz-Vitali) unentbehrlich sei Pasolini habe - als Einziger auf weiter (nicht nur) italienischer Flur - den Pragmatismus des Kapitals radikal verweigert und die Prämissen des realpolitischen Systems von Grund auf in Frage gestellt (vgl S 26 f .) Und dies habe er vor allem mit einer elaborierten Sprache praktiziert (vgl S 28 ff .), bei deren ars dictandi Pasolini sich nicht zuletzt an Dante orientiert habe Pasolinis Texte, so lässt sich der Beitrag von Kunz-Vitali pointieren, sind zwar auch ‹schön›, sie transportieren aber vor allem Wahrheiten, deren notorische Ausblendung in den letzten Jahrzehnten gerade die Gegenwart gemahne, sich neu und anders mit Pasolini auseinanderzusetzen Eine Aktualität Pasolinis sei, so argumentiert Reinhold Zwick in seinem Buch Passion und Transformation. Biblische Resonanzen in Pier Paolo Pasolinis «mythischem Quartett», vor allem im religiösen Bereich gegeben Im Zentrum seiner Überlegungen stehen die Filme Pasolinis, vor allem Edipo Re, Teorema, Porcile und Medea Dass es (zu lange) eine «Fixierung auf den ‹linken› Pasolini» (S 11) gegeben habe, nimmt Zwick zum Anlass, um an die «tiefe christliche Prägung seines Werks» (S 12) zu erinnern Und in der Tat (dies ist in den Studien von Galli und Kunz-Vitali ein wenig aus dem Blick geraten), gab es in der frühen Pasolini-Rezeption wiederum eine vordergründige, um nicht zu sagen oberflächliche Instrumentalisierung Pasolinis als Linksradikalen durch kulturästhetisch weitgehend indifferente Kreise Dass dies in einer Gegenbewegung zu einer forcierten Ästhetisierung Pasolinis führte, gehört wahrscheinlich zu den üblichen Dialektiken der Wissenschaft Zwick differenziert nun wenig zwischen ‹Mythos› und ‹Christentum›, was ihn dazu führt, Pasolini eine ‹tiefe Religiösität› (vgl S 13) zu unterstellen, die aus der Sicht der kunstwissenschaftlichen Fächer irritieren muss (auch weil Zwick in seiner Aufarbeitung der Forschung immer wieder reichlich selektiv verfährt) Gleichwohl ist auch hier, ähnlich wie bei Galli, ein fachfremder Blick auf die Kunstfilme Pasolinis durchaus ergiebig Und umgekehrt, so vermag Zwick zu zeigen, haben auch Theologie und Kirche sich noch viel zu wenig mit Pasolinis unbequemen Positionen auseinandergesetzt Über die zahlreichen christomorphen Elemente in den Werken Pasolinis erfährt man in Zwicks Studie Vieles, was - so der Autor - nicht allein historisches, sondern für «eine besondere Form von Gegenwärtigkeit» (S 290) Zeugnis ablege 2_IH_Italienisch_74.indd 128 16.11.15 07: 55 129 Buchbesprechungen Ein Signal für die Fortschrittlichkeit des Œuvres von Pasolini setzt auch das Buch von Ricarda Gerosa: Pasolini Romantico. Regressive Impulse einer progressiven Poetik Es geht der Autorin in ihrer lesenswerten Studie nicht um eine ‹Romantisierung› der Gestalt Pasolinis, sondern um dessen historische Verankerung in der spezifisch italienischen Variante der europäischen Romantik Sie arbeitet zu diesem Zweck eine Vielzahl von Bezügen Pasolinis zur Romantik auf, angefangen von seiner Doktorarbeit (die Pascoli zum Thema hatte) über seine ‹Sehnsuchts›-Lyrik bis hin zu den literaturkritischen Aufsätzen Daneben gibt es ein theoretisches Kapitel, welches konzise zur italienischen Romantik informiert Einen roten Faden bildet Pasolinis Entwurf der Volkspoesie, die Gerosa auch in den Filmen (Kap 5) nachverfolgt Romantik und Realismus, so wird anhand einer beeindruckenden Vielzahl von Quellen gezeigt, schließen einander in Pasolinis Werk nicht aus, sondern formieren gemeinsam «das Paradox eines universellen Anspruchs und einer immer nur partiellen Erfüllung einer unabschliessbaren (sic) Progression» (S 13) Ob Pasolini dabei wirklich in so enger Parallele zur deutschen Frühromantik gesehen werden kann, wie es Gerosa postuliert, darüber kann man sicherlich streiten Eine Auseinandersetzung mit dieser komplexen Materie kann an dieser Stelle nicht geleistet werden; anregend sind die diesbezüglich vorgebrachten Thesen in jedem Fall Der Titel des Sammelbandes Pasolini intermedial bringt prägnant einen der Schwerpunkte der Pasolini-Forschung der vergangenen Jahre auf den Punkt und druckt zum Teil bereits anderweitig publizierte Artikel neu ab Den Auftakt des Bandes bildet der Aufsatz «Chiusura dell’immaginario und intermediale Produktivität 1966-1967: La predica di fra Ciccillo und Che cosa sono le nuvole? » von Paolo Bertetto, der bisherige Forschungen reichlich summarisch abkanzelt («ein alter Hut», S 13), um in der Folge eigenartigerweise zunächst seine eigenen Thesen zu Uccellacci e uccellini mit reichlich alten Hüten auszustatten Pasolini sei in diesem Film manieristisch, er sei reaktionär, er sei misogyn, er sei - kurzum - ein «povetico» («wie man im Italienischen sagt, um falsche Poesie lächerlich zu machen», S 15) «Pasolinis anmaßenden Intentionen» (S 16) entgegnet Bertetto seinerseits mit einer «Neuerfindung des Rades» (ebd .), die aufgrund der vielen haltlosen Ausführungen befremden muss Sehr viel überzeugender sind dagegen Bertettos Beobachtungen zu einem der poetischsten Filme Pasolinis überhaupt im zweiten Teil des Aufsatzes: «Che cosa sono le nuvole? » Pasolinis Changieren zwischen Puppentheater und Shakespeare arbeitet Bertetto als «Vermischung der Codes und Kommunikationsebenen» (S 219) sehr gelungen heraus Zu den interessantesten Beiträgen des Bandes gehört der Aufsatz von Bernhard Groß («Die Kunst des Uneigentlichen oder ‹Woher kommen die kleinen Kinder? › Pasolinis Politik der Form») Pasolinis Politik der Wider- 2_IH_Italienisch_74.indd 129 16.11.15 07: 55 130 Buchbesprechungen sprüchlichkeit und des Dilettantismus zeichnet Groß anhand von «linguistische[n] und körperliche[n] Diversität[en]» (S 44) nach Die Freibeuterschriften analysiert Groß als «Wiederkehr der Geschichte als Farce» (S 49) und profiliert eine Ästhetik der «Maskerade» (S 52 ff .) als zentralen Nucleus der Äußerungen Pasolinis (u .a in La Rabbia) Ästhetik werde dort als radikale Heterogenität inszeniert, was abschließend unter Einbezug von Empirismo Eretico als Befund weiter untermauert wird Ebenfalls anregend ist der Aufsatz von Marijana Erstic´: «Vom Mythos und von der Gewalt oder: Der Knabe als intermediales Phänomen in Mamma Roma» Pasolinis ambivalentes Verhältnis zur Jugend wird - fernab der üblichen Fixierungen auf die Homosexualität des Künstlers - als «pathosformelartiges Faszinationsmuster der Knabenschönheit» (S 108) gedeutet, deren Narrationsebenen (u .a Gewalt, Passionsgeschichte) Erstic´ mit Blick für wesentliche Details analysiert Während weitere Aufsätze im Band bemerkenswerterweise praktisch ohne Aufarbeitung von Forschung zu ihrem Thema operieren (und dabei - was weniger überrascht - bereits reichlich Bekanntes ein weiteres Mal reformulieren), gelingt es anderen Beiträgen, eigene Akzente in zu setzen Manuel Willer berichtet Interessantes zu Pasolini und Benjamin («Peripherie und Schwelle Zur ‹kritischen› Ästhetik des Raumes bei Benjamin und Pasolini: Städtische Topographie und geschichtsphilosophischer Mythos») Veronica Pravadelli erörtert die spannenden Kooperationen von Pasolini und Sergio Citti (nicht zu verwechseln mit Sergios Bruder Franco Citti, der in mehreren Filmen Pasolinis die Hauptrolle gespielt hat): «Konvergenzen des Schaffens Ostia (1970) und die Zusammenarbeit zwischen Sergio Citti und Pier Paolo Pasolini» Neue Perspektiven bzw Relationen eröffnet auch Sieglinde Borvitz: «Images that matter Gesellschafts- und Medienkritik bei Pasolini, Ciprì und Maresco» Abschließend lässt sich mit Galli und Kunz-Vitali festhalten, dass es wahrscheinlich in der Tat für die Italianistik wieder wichtig(er) wäre, ihre Autoren in politischen Perspektiven neu zu erörtern Es ist im Rahmen einer Rezension lediglich der Ort, daran auf der Basis der hier erörterten Publikationen schlagwortartig zu erinnern: Angesichts der drohenden oder bereits erfolgten Schließung einer ganzen Reihe von italianistisch ausgerichteten Professuren an deutschen Universitäten, kann (und muss) man zum einen natürlich die externen und internen ‹Disruptionen› der Italianistik beklagen Zum anderen wäre es aber vielleicht an der Zeit, daneben das Bewusstsein der Öffentlichkeit neu auf die gesellschaftlichen Relevanzen des Italianistischen zu lenken Ob ‹Pasolini politico› oder ‹Petrarca politico› (u .v .a .m .): nicht jede Fachdisziplin hat derart viele Autoren zum Gegenstand, die sich gleichermaßen ästhetisch wie politisch brisant in den (Kon)Texten ihrer Zeit produktiv zu Wort gemeldet haben Italien hat im Kontext Europas bis auf den heutigen 2_IH_Italienisch_74.indd 130 16.11.15 07: 55 131 Buchbesprechungen Tag Beiträge geleistet, die gerade auch aufgrund ihrer teilweise haarsträubenden Sonderwege (Verwechslungen von Kapitalismus und Bourgeoisie; Mafia- Politik; Technokratie von öffentlich sanktionierten, faschistoiden Medienimperien usw .) nicht ohne italianistische Spezialisierungen angemessen analysiert werden können Gleichzeitig war und ist Italien die Wiege jener Geisteshaltung, die fernab nationaler Partikularitäten auf die Vernünftigkeit des Humanen setzte: eben des Humanismus Geisteswissenschaften, die fahrlässig auf ihre Italianistik verzichten, werden sich reduzieren, ja amputieren Fakultäten des «povetico» wären - in der Tat - die Zukunft, auf welche die deutsche Bildungspolitik damit setzt Was Pasolini dazu gesagt hätte? Povera Germania! Angela Oster Anmerkungen 1 Pierpaolo Antonello, Dimenticare Pasolini. Intellettuale e impegno nell’Italia contemporanea, Milano/ Udine: Mimesis 2012 . Das Buch wird hier nur kurz angerissen, weil sein Titel ein wenig irreführend ist . Pasolini ist dort lediglich der Aufhänger für eine allgemeine Erörterung der Figur des ‹poeta civile› in Italien . Ihm wird ein singuläres Kapitel gewidmet, in dem der «Pasolini-mito» (S . 97) dekonstruiert werden soll . Antonellos partielle Kritik an Pasolinis Engagement (bzw . an der Rezeption Pasolinis in der Folge) wird dabei stellenweise von durchaus erwägenswerten Argumenten begleitet, bspw .: «Basta invece leggere Stendhal o Toqueville, ma anche tornare al suo amato Boccaccio, per capire che la mobilità sociale è una invenzione della linga modernità europea e non è un fatto databile al boom economico .» (S . 117) 2 Jean-André Fieschi, Pasolini l’enragé (Film aus dem Jahr 1966) 3 «Eine disruptive Technologie (engl . disrupt - unterbrechen, zerreißen) ist eine Innovation, die eine bestehende Technologie, ein bestehendes Produkt oder eine bestehende Dienstleistung möglicherweise vollständig verdrängt .» (https: / / de .wikipedia .org/ wiki/ Disruptive_Technologie: 20 .07 .2015) . Diese Beschreibung ist allerdings euphemistisch: Die disruptive Marktkultur «verdrängt» nicht einfach nur, sie zerstört mutwillig ‹Anderes›, welches nurmehr als Konkurrenz, aber kaum mehr als komplementärer Anbieter wahrgenommen wird: «Wer heute etwas auf sich hält, gibt also damit an, die eigene Branche - oder auch eine andere - zu zerreißen, zu zerschmettern oder jedenfalls enorm zu stören .» (http: / / www .blicklog .com/ 2014/ 08/ 04/ disruption-verkommt-zum-unwort/ : 20 .07 .2015) . Dies ist keinesfalls eine Praxis, welche die Geisteswissenschaften nicht tangieren würde . Diese operiert zwischenzeitlich ihrerseits selbst bevorzugt im wissenschaftlichen Diskurs disruptiv - anstatt diese (mit Pasolini gesprochen) faschistoiden Praktiken kritisch in Frage zu stellen . 4 Vgl . dazu Angela Oster, Ästhetik der Atopie. Pier Paolo Pasolini und Roland Barthes, Heidelberg 2006 2_IH_Italienisch_74.indd 131 16.11.15 07: 55 132 Buchbesprechungen enrico testa: L’italiano nascosto. Una storia linguistica e culturale, torino: einaudi 2014, pp. 321, € 20,00 Enrico Testa si ripropone come uno degli studiosi della lingua italiana più originali e attenti Dopo Lo stile semplice (1997), in cui aveva analizzato lo stile di numerosi romanzieri italiani dal particolare angolo critico del rispecchiamento del parlato nella lingua letteraria, in questo recente contributo si volge a un altro italiano ‹semplice› L’italiano nascosto è quello che Testa individua in diverse forme di scrittura dei semicolti nei secoli precedenti l’unità d’Italia Una scrittura che Testa, riprendendo un’espressione dello scrittore Tommaso Landolfi, chiama ‹pidocchiale› Nella premessa al volume l’autore afferma di voler ribaltare l’immagine dell’italiano preunitario, considerato prerogativa della lingua scritta, mentre sarebbe stato assente nel parlato, dominio esclusivo del dialetto Questa dicotomia, sostenuta anche da studiosi autorevoli quali Dionisotti o De Mauro - scrive Testa -, in realtà è stata ormai smentita in varie pubblicazioni, a partire dagli studi di Nencioni e poi, tra gli altri, di Bruni e Trifone e di altri più giovani linguisti, come per esempio Fresu e Palermo Dall’oblio di archivi e fondi privati sono state riportate alla luce scritture in lingua italiana originariamente non destinate alla pubblicazione Si è fatta così strada l’evidenza di una lingua italiana scritta, seppure rozza, frammentaria, lontana dalla norma bembiana e spesso fortemente influenzata dal dialetto, ma pur sempre identificabile come italiano Nel ricco studio di Enrico Testa si afferma autorevolmente un’interpretazione dei poli italiano/ dialetto, parlato/ scritto, colti/ incolti, piuttosto come un continuum che come compartimenti stagni Un contributo decisivo alla rivalutazione delle testimonianze dei semicolti lo si deve all’ormai lontano Il formaggio e i vermi (1976) di Carlo Ginzburg, nel quale lo storico portò all’attenzione di un pubblico più ampio la vicenda del mugnaio Menocchio, ricostruendo il suo processo per stregoneria, anche sulla base di lettere e note stilate dallo stesso Ne L’italiano nascosto. Una storia linguistica e culturale Testa, grazie all’ampio corpus di testi riportati, dimostra con fine acume critico l’esistenza, già nei secoli anteriori all’unità politica della penisola, di un italiano scritto come veicolo di comunicazione dei semicolti Con L’italiano nascosto Enrico Testa amplia l’orizzonte del lettore inte-ressato alla storia dell’italiano lungo gli assi diastratico, diafasico e diamesico, oltre che diatopico I tratti semplici, disadorni, funzionali che caratterizzano l’italiano ‹pidocchiale› da un lato, la ricchezza e varietà di tipologie testuali che emergono nel volume dall’altro fanno sì che si delinei un quadro composito e complesso non solo relativamente alla storia linguistica bensì, come dice il sottotitolo, alla storia culturale della penisola 2_IH_Italienisch_74.indd 132 16.11.15 07: 55 13 3 Buchbesprechungen Nel volume Testa categorizza diversi tipi di scritture ‹pidocchiale›, afferenti per la maggior parte ai secoli dal XVI agli inizi del XX Una buona parte dei testi presentati sono stati editi, alcuni sono inediti L’obiettivo di Enrico Testa sta nel presentare queste scritture nel più ampio contesto di una diffusa pratica di un italiano semplice In base agli autori, ai destinatari e alla loro finalità suddivide questi documenti in cinque gruppi corrispondenti ai cinque capitoli del libro: 1 la scrittura dei semicolti (lettere, diari, documenti privati), 2 i testi scritti con l’intento di istruire o divertire il popolo, 3 le scritture intime o private di e tra letterati, 4 le scritture religiose destinate alla catechesi e infine 5 l’italiano d’oltremare, l’italiano cioè come interlingua usata non solo dagli abitanti della penisola, ma anche da altre popolazioni mediterranee, nel commercio e nella politica Nel caratterizzare i tratti comuni delle scritture dei semicolti Testa parla di forze centrifughe e centripete a cui è soggetta la lingua ‹pidocchiale› (p .105), che da un lato ripropone influenze delle parlate locali, soprattutto a livello fonetico e morfolessicale, mentre dall’altro lato converge verso forme linguistiche condivise subendo, a volte, l’influenza di linguaggi specialistici, in primis quello burocratico Presupposto comune a tutti questi scritti è la finalità comunicativa che li contraddistingue; sebbene le intenzioni comunicative di quei testi, a seconda degli scriventi e dei destinatari, fossero assai differenti: ora si intendeva persuadere, impietosire, commuovere, ora informare o rendere partecipi, ora invece intimidire o ingiungere Nel tracciare le coordinate di questa comunicazione Testa, presupponendo un colto A e un semicolto B, individua quattro possibili scenari: 1) lo scrivente incolto che si rivolge all’istanza superiore (B->A): per esempio richieste, appelli alle autorità o memorie di testimoni in processi 2) Due semicolti in comunicazione tra loro (B <-> B): scambi epistolari tra familiari, memorie 3) L’istanza superiore che vuole comunicare a quella inferiore (A->B): prediche, catechismo, letteratura d’intrattenimento 4) Possiamo anche trovare questo italiano semplice quando a comunicare sono due letterati (A<->A): scambi epistolari privati, informali Ma, chi sono questi ‹scriventi intermedi›? Oltre ai noti mercanti, emergono anche artigiani, mezzadri, il clero minore, analfabeti arrivati a una rudimentale competenza dell’italiano scritto E perché prendere il Cinquecento come punto di partenza? Questo è il secolo della diffusione della stampa, di conseguenza assistiamo a un profluvio di pubblicazioni anche di scritture minori, per lo più periture, destinate al popolo, come per esempio almanacchi e lunari, frequentemente corredati da immagini Il Cinquecento è inoltre il secolo della normazione bembiana della lingua letteraria, gli esempi di deviazione dalla norma risaltano dunque più chiaramente rispetto a quanto messo su carta nei secoli precedenti, argomenta Testa Di pari passo alla nor- 2_IH_Italienisch_74.indd 133 16.11.15 07: 55 13 4 Buchbesprechungen mazione si assiste a un’intensa produzione di grammatiche e vocabolari che attestano anche una maggiore attenzione verso l’alfabetizzazione della popolazione Nel presentare al lettore i vari documenti in estratti esemplari Testa oltre a descriverne puntualmente le specificità fonetiche, morfologiche e lessicali, dove più evidente è l’influenza delle parlate locali, rivolge una particolare attenzione all’elaborazione sintattica Qui individua alcune caratteristiche ricorrenti come per esempio la semplificazione, la ripetizione, la debole coesione testuale, il ‹che› polivalente, una punteggiatura assente o incongrua, il riuso di formule fisse, topicalizzazioni frasali e ipercorrettismi Al di là delle vistose discordanze rispetto alla norma, l’autore asserisce che già nel Due- Trecento si afferma nel volgare «una forte stabilità di forme e di strutture […] che in parte e lentamente si rifransero anche al livello delle produzioni meno colte e più trasandate» (p 276) L’originale approccio di Testa consiste nell’andare oltre la catalogazione delle ‘devianze’ dalla norma, per inquadrare i mittenti nel loro contesto socio-culturale A Enrico Testa preme evidenziare quanto, a dispetto di scorrettezze e incompletezze, fossero efficaci le strategie comunicative dei semicolti Avvincenti gli esempi riportati Nei documenti citati si aprono spesso degli spaccati esistenziali altamente drammatici Il primo capitolo, «Le scritture dei semicolti», si apre con la ‘confessione’ di Bellezze Ursini accusata di stregoneria nel 1527 Attraverso questa ammissione scritta della presunta colpa la donna sperava, illusoriamente, di trovare clemenza presso i suoi inquisitori Altra figura interessante è Francesco Elia, servitore di Vittorio Alfieri dal 1766 al 1781 e suo accompagnatore nel lungo viaggio attraverso l’Europa Lo stile efficace delle lettere scritte da Elia viene così caratterizzato da Testa: «Niente di libresco […] privo di retorica e fortemente espressivo, concreto e, insieme, attento ai più minuti particolari» (p 73) Sorprendenti sono i testi prodotti dai briganti meridionali negli anni immediatamente successivi l’Unità: «suppliche all’autorità giudiziaria redatte in prigionia, autobiografie, cartelli (avvisi di stampo filoborbonico rivolti alla popolazione) e lettere di ricatto (richieste di beni o denaro indirizzate a proprietari benestanti)» (p 85) In conclusione del capitolo, tra le scritture più tarde dei semicolti, Testa riferisce su un corpus di lettere inedite, scritte da soldati della prima guerra mondiale ricoverati nell’ospedale psichiatrico di Genova Destinatari erano le istituzioni o i loro familiari Così conclude l’autore questo spoglio: «Se c’è un momento in cui l’escussione linguistica, compiuto il suo dovere, deve poi arretrare di fronte a un testo, è proprio questo: quando ci s’imbatte in un reperto che mette in scena temi, sentimenti e contenuti umani la cui profondità è tutt’uno con la 2_IH_Italienisch_74.indd 134 16.11.15 07: 55 135 Buchbesprechungen sbrindellata veste espressiva e il cui tenore vocale si fa veicolo estremo e quasi semicatacombale della densità antropologica e storica del dire» (pp 103-104) A più riprese nel libro fanno capolino testimonianze femminili, siano esse popolane coinvolte in processi (la già citata Bellezze), madri e mogli di mercanti (note le lettere di Alessandra Macinghi Strozzi) o familiari di letterati (nel terzo capitolo - «Nel retroscena dei letterati» - viene riportata una lettera di Ippolita Torelli al marito Baldassar Castiglione) Il maggior numero di scritture femminili venne comunque prodotto nei monasteri Particolarmente emozionanti le testimonianze delle mistiche Le pagine del Diario spirituale (1693) della mistica Veronica Giuliani in cui descrive la sue straziante lotta con il demonio sono assai intense Nel secondo capitolo, «Libri per leggere e libri per imparare», Testa si interroga sulle modalità di acquisizione della lingua italiana da parte di semicolti A seconda del periodo storico e del contesto, urbano o rurale, si può presupporre in certi casi una seppur minima scolarizzazione Un ruolo centrale esercitò poi senza dubbio la chiesa, attraverso la catechesi, i libri di orazioni o il Salterio che godette di numerosissime edizioni Di norma l’avvicinamento alla scrittura e all’alfabetizzazione passava per il latino Tuttavia maestri e ecclesiastici dovevano frequentemente ricorrere al volgare per essere capiti dal popolo, praticando quindi un continuo processo di traduzione e volgarizzamento Ragguardevole è anche la diffusione di altri scritti destinati al popolo e quindi volutamente redatti in un italiano semplice, come almanacchi, abecedari, stampe varie Come pure molto popolare è stata a lungo certa letteratura di intrattenimento, in primo luogo romanzi di avventura (Testa ricorda I reali di Francia, composto da Andrea da Barberino alla fine del Trecento edito e ristampato centinaia di volte fino alla prima metà del ‘900), exempla, cantari; ma ebbero vasta diffusione anche poemi come l’Orlando Furioso e la Gerusalemme liberata L’autore rievoca l’ammirazione di Goethe al sentire declamare nelle gondole a Venezia canti di Tasso e Ariosto Tutta speculativa, non essendoci testimonianze di ciò, ma non di meno assai interessante, è l’ipotesi formulata da Enrico Testa di una diffusione dell’italiano ‹semplice› anche a livello della comunicazione orale, come lingua veicolare Testa si spinge quindi a ipotizzare parlanti semicolti che, a seconda delle situazioni e degli interlocutori, fossero in grado di esprimersi ricorrendo a una gamma linguistica abbastanza estesa L’autore dedica il quarto capitolo, «Un volgare per la fede», alla Chiesa, che, soprattutto nella fase post-tridentina, è l’istanza più emblematica nello scenario A->B Distingue tra due tipi di testi prodotti in ambito ecclesiastico: un «discorso modellizzante», sostanzialmente predicazione e cate- 2_IH_Italienisch_74.indd 135 16.11.15 07: 55 136 Buchbesprechungen chesi, e dall’altro un discorso sviluppatosi all’interno delle istituzioni religiose (regolamenti monastici, lettere, autobiografie) Un posto particolare occupano le predicazioni Insuperabili per vivacità e vigore sono quelle senesi di San Bernardino del 1427, praticamente una trascrizione a caldo dalla viva voce del predicatore e, in questo senso, una delle poche testimonianze scritte pervenuteci che lascino intuire una stretta aderenza al discorso orale L’ultimo capitolo è dedicato a un fenomeno meno noto: «L’italiano d’oltremare», l’italiano usato cioè come lingua di comunicazione diplomatica e commerciale tra Levante e Occidente soprattutto nei secoli XVI e XVII Oltre a veri traduttori professionisti, i cosiddetti dragomanni, che erano perfettamente padroni della lingua e che per questo non vengono presi in considerazione nel libro, c’erano per esempio mercanti sefarditi di origine spagnola che commerciavano con i porti toscani e ottomani e utilizzavano appunto l’italiano come koinè delle transazioni commerciali Interessante la menzione del fatto che ci siano attestazioni dell’uso dell’italiano anche laddove non siano coinvolti italofoni Viene ricordato che l’Impero ottomano utilizzò spesso l’italiano per comunicare con potenze occidentali o anche per redigere trattati ufficiali, per esempio il trattato di Prutt nel 1711 tra Turchia e Russia A lettura ultimata risulta un quadro complesso e composito La stimolante prospettiva di Enrico Testa getta nuova luce su questa zona d’ombra tra il medioevo e l’unità d’Italia e può anche essere accolta come sollecitazione a considerare forme di italiano ‹pidocchiale› nel presente Il tema è infatti ancora o nuovamente attuale; come nel caso degli esempi studiati da Testa, queste scritture ‹povere› fungono da sismografo non solo linguistico, ma anche socioculturale Insomma L’italiano nascosto è un libro appassionante e ricchissimo che aggiunge un tassello importante alla storia linguistica dell’italiano Giulia Angelini 2_IH_Italienisch_74.indd 136 16.11.15 07: 55 137 Kurzrezensionen Peter gendolla: Die Erfindung Italiens. Reiseerfahrung und Imagination. Paderborn: Wilhelm Fink Verlag 2014, 135 Seiten, € 24,90 Ungeachtet der einleitenden Hinweise zur «Geschichte der Italienreisen» (Kap III und anderer Beispiele) ist diese anregende (und konsequent germanistische) Studie gerade nicht gattungsgeschichtlich ausgerichtet, vielmehr bietet sie über die Gattungen hinweg faszinierende Einsichten in die - vorwiegend moderne - Geschichte des Sehnsuchtsorts Italien und die imaginäre Verfasstheit der literarischen Suche an Erstmals wachsen die vereinzelt immer schon erkennbaren Fiktionalitätssignale zu einer kohärenten Geschichte des mythischen Sehens zusammen Dabei ist die Geschichte des literarischen Mythos zugleich eine Geschichte der Zielsetzung und Erschöpfung überkommener Muster, wie sie sich in dem wütenden Seitenhieb eines Rolf Dieter Brinkmann auf den «Idioten» Goethe (S 33) äußert Die sehr gerafften Ausführungen zu Itinerarien, religiösen und akademischen ‹Pilgerreisen› und frühere Reisebedingungen bleiben so für die eingangs angedeutete These der «Phantome des Südens» (Kap I) weitgehend äußerlich bzw zeigen nur, dass die Tendenz zur Literarisierung des Italienbildes und insbesondere Roms zwar ansatzweise schon in Barock und Aufklärung zu finden ist, die eigentliche ‹Geschichte› des «idealischen Reisens» (S 34) jedoch erst mit der (vom Vf nicht thematisierten) epistemologischen Wende zum subjektiven Reisebericht der Vorromantik und seinem entwickelten deskriptiven Paradigma einsetzt Letzteres zeigt etwa die aufgeklärte Italienreise eines Johann Wilhelm von Archenholtz, die - etwas missverständlich - als eine der «Gegenhymnen» (S 39) zum arkadischen Mythos (S 36-39) kurz vorgestellt wird, anstatt sie in der breiten Tradition der kosmopolitischen Aufklärung (etwa eines Montesquieu) zu verorten Worauf es dem Vf im Rahmen solcher skizzenhaften Überblicke eigentlich ankommt, führt der Exkurs «Benjamin in Italien» (S 30-34) vor Augen, in dem das Italienerlebnis als sinnliche Entgrenzung und als gegenläufige Erfahrung einer «phantastischen Materialität» begriffen wird, so dass sich der Reisende «in der Gier, im Verschlingen der Speisen, Gerüche und Bilder schlicht verliert» (S 34) Italien als die Suche nach dem Anderen, auf das vor allem der Arkadienmythos verweist Die hierauf bezogenen Überlegungen setzen ein mit Goethes Italienischer Reise, die unter dem Stichwort Bildungsroman «zur zentralen Matrix 2_IH_Italienisch_74.indd 137 16.11.15 07: 55 13 8 Kurzrezensionen der Italienliteratur überhaupt» (S 57) geworden und nach Vf nur als Fiktion, als «Drittes zwischen Subjekt und Objekt der Wahrnehmung» (S 56) zu verstehen sei Ins Spiel kommen dabei der naturtheoretische Blick, «eine bestimmte Ästhetik des Augenblicks» (S 53) oder Aspekte der «Selbststilisierung» (S 56) Ein Vergleich mit dem enthusiastischen Heine und dem übellaunigen Herder («das erste Beispiel einer negativen Abtrennung der Reiseerfahrung von der Imagination», S 67) runden diesen auch genetisch eingehender vorgestellten Komplex ab Die «Aushöhlung des schönen Scheins, die Transformierung der hellen Kulturlandschaft in eine Maske» (S 78) bei Eichendorff bezeichnet den Beginn der romantischen Desillusion, durch die das dämonisch verführerische Italien «zu einer einzigen falschen Maskerade» (S 70) entzaubert wird, während die düstere, auch psychoanalytisch deutbare Stimmung gleichwohl der «mythischen Tradition» (S 80) verhaftet bleibt Eines konkreten Reiseerlebnisses bedarf es hier nicht mehr Als «ein Traum der Literatur» (S 83) und als «eine Art Trotzfantasie gegen nordische Kälte» (S 86) erscheint dann Italien bei Heine, z .B in seiner Reise von München nach Genua, wo Relikte des fiktionalen Italien aktuelle politische Überlegungen überlagern Die Krise des Italienmythos, auch der «Umschlagpunkt im Bewusstsein der Italienreisenden» (S 95), ist für den Vf mit dem ausführlich kommentierten Grünen Heinrich (1854) von Gottfried Keller erreicht: Mythos wird hier zur Erfahrung «aus zweiter Hand» (S 93), die Voraussetzung für die Problematisierung Italiens im Fin de Siècle und bei Thomas Mann Nur Hermann Hesses «Zugehörigkeit zur arkadischen Unmittelbarkeit» (S 97) macht eine Ausnahme oder genauer: bezeichnet die positive Seite des Prozesses, in dem die «Fiktion» zu sich kommt (S 39) Der Tod in Venedig Thomas Manns, als gegenläufige Replik auf den Decamerone begriffen, bildet für den Vf auch den «Abschluss einer großen Gattungstradition» (S 106), eine «Allegorie des Untergangs» (ebd .), in der die Pest am Ende und nicht wie bei Boccaccio am Anfang steht, und den «Tod der Literatur» (S 110), an den der einleitend zitierte Märchensatz von Wolfgang Koeppens Der Tod in Rom, «Es war einmal eine Zeit, da hatten die Götter in der Stadt gewohnt» (S 113), gleichsam anschließt Der Nachkriegsroman Koeppens, «ein Riesenpuzzle aus Mythen, von den antiken bis zu denen des 20 Jahrhunderts» (S 112) bezeichnet nach Vf das Ende der imaginären Überhöhung, «eine Götterdämmerung auf neuem Niveau» (S 113), die mit Rolf Dieter Brinkmann ausläuft Das letzte Wort hat Robert Walser, dessen Satz aus Geschwister Tanner (1907), «Muß man mit den Augen denn alles auffressen wollen» (S 120), wie ein Kommentar zu der eingangs zitierten Fressmanie Walter Benjamins erscheint Die schlaglichtartige Reise durch zwei Jahrhunderte des fiktionalen Italien, das die zentralen Kapitel III und IV ausmacht, wird so über die bisherige themengeschichtliche Forschung hinaus als aporetischer Weg in die 2_IH_Italienisch_74.indd 138 16.11.15 07: 55 139 Kurzrezensionen Moderne begriffen, auf dem Italien, «eine Erfindung der Literatur» (S 128), zuletzt die Literatur selbst in Frage stellt Die Fiktionalisierung erscheint als Selbstaufgabe der Literatur, wie sie der Vf vor allem mit seiner allegoretischen Deutung von Manns Tod in Venedig exemplifiziert; nach der These dieses Buches ist damit zugleich die Heraufkunft des medialen Zeitalters und die Krise der Literatur angedeutet Das abschließende Kapitel V «Digitalien» ist diesem Aspekt medialer Verfügbarkeit und Instrumentalisierung gewidmet Der Vf beleuchtet diese neue Problematik ironisch u .a am Beispiel einer rechnergestützten Dekodierung des Mignon-Gedichts, an dem «umgekehrten Bildungsroman» (S 126) Rolf Dieter Brinkmanns, einer «Text-Bild-Erzählung» oder einem «Film in Worten und Bildern» (ebd .), vor allem aber an Alfred Behrens’ parodistischem Programm einer künstlichen «Realitätsproduktion» in Künstliche Sonnen 1972); in land-art - Reproduktionen soll so die ursprüngliche Schönheit wiederhergestellt werden, ein «Touristikunternehmen» (S 130), mit dem die Geschichte der Fiktionalisierung über alle Krisen hinweg künstlich überboten wird Man wird das schmale, aber gehaltvolle Buch mit Gewinn aus der Hand legen und die Prägnanz der kurzen Interpretationsansätze zu schätzen wissen Einige Schönheitsfehler spielen demgegenüber keine Rolle (veturin, S 21, Bukolika, S 36, die unverständlichen Zahlen hinter dem Namen des englischen Barockdichters Waller, S 58, und schließlich: Geht es wirklich um Reggio di Calabria? , S 120) Merkwürdig erscheint, dass Gendolla das inhaltlich und thematisch ähnliche Buch von Irmgard Egger, Italienische Reisen. Wahrnehmung und Literarisierung von Goethe bis Brinkmann (München: Fink Verlag 2006) weder einleitend noch in der - betont knappen - Bibliographie erwähnt Friedrich Wolfzettel 2_IH_Italienisch_74.indd 139 16.11.15 07: 55 14 0 Kurzrezensionen Deutschland - Italien. Aufbruch aus Diktatur und Krieg. herausgegeben von Wolfgang Storch und Klaudia ruschkowski im Auftrag der Stiftung Deutsches historisches Museum. Sandstein Verlag, Dresden 2013, pp. 395, € 48,00 Commissionato dal Deutsches Historisches Museum di Berlino come catalogo di una mostra mai realizzata sui rapporti italo-tedeschi dal 1943 in poi e corredato in ogni sezione da un ricco e spesso stimolante apparato iconografico, il volume è articolato in sette sezioni (comprendenti, per la parte critica, sia contributi originali, sia preesistenti testi storiografici di riferimento, per l’occasione adattati, ristampati o tradotti), precedute da una premessa del presidente della fondazione committente e da un’introduzione dei curatori, la coppia di drammaturghi, studiosi e organizzatori di cultura in Italia e Germania Storch-Ruschkowski Scopo dichiarato dell’opera è contribuire sul piano culturale allo sforzo di rielaborazione dei traumi collettivi lasciati dalla seconda guerra mondiale nei due paesi e, in tal modo, favorirne la reciproca comprensione (toccante, in tal senso, la dedica a un uomo semplice che, attraversate esperienze cruciali del Novecento italiano, dalla guerra coloniale a quella mondiale, dalla deportazione all’emigrazione interna per necessità economiche, seppe divenire testimone di pace nella piccola comunità abitata dai due curatori, p 11) Il focus scelto per avvicinarsi all’obiettivo è il rapporto che le arti istituiscono con la storia: se, infatti, a quest’ultima, crocianamente sempre contemporanea, spetta riportare alla luce e interrogare i fatti, «chiamare la storia al lavoro sui conflitti che determinano il presente appartiene ai compiti dell’arte» (p 11) In tal modo, sia l’arte, sia la storia testimoniano il proprio dovere e legame nei confronti della società, nesso che è alla base della loro stessa relazione Coerentemente con questa opzione di fondo, alle due sezioni iniziali incentrate sulla storia e la memoria dei due paesi nella loro interazione dal primo dopoguerra fino alla fine della guerra fredda corrispondono quattro sezioni centrali sulle ‹trasformazioni› (p 10) artistiche e letterarie delle esperienze e della memoria storiche nella duplice dimensione temporale della vita individuale degli artisti e dell’evoluzione dei linguaggi e della vita collettiva nei due paesi Mentre la prima sezione è composta quasi soltanto di profili e bilanci storico-critici, con un taglio di storia politica che restringe sensibilmente l’ampiezza tematica altrimenti notevole, la seconda combina testi storico-critici di varia natura e materiali testimoniali per esemplificare il nesso ancora vivo e problematico di offesa, memoria, giustizia e pacificazione Accanto alla figura del testimone, canonicamente illustrata con Primo Levi (autore più volte citato e antologizzato nel volume, non sempre, v p 249, in 2_IH_Italienisch_74.indd 140 16.11.15 07: 55 141 Kurzrezensionen maniera appropriata), trovano considerazione la diversità di politiche e impegno storiografico in Italia e Germania riguardo alla riparazione e al reintegro per le diverse tipologie di vittime dei due regimi, l’edificazione e fruizione dei memoriali (con testi rappresentativi sulle Fosse Ardeatine e sui poco noti cimiteri di guerra tedeschi in Italia), gli eccidi nazisti di militari e civili (qui son documentati i primi, Cefalonia e Monte Sole) e i processi, spesso ostacolati o sabotati per interessi politici, contro i criminali di guerra La terza sezione tratteggia con sintesi comparative, allargate anche alla DDR, e schede di approfondimento su fenomeni particolarmente marcanti (tra cui il neorealismo, il teatro politico di Brecht e Strehler o la Napoli di Herbert List, città, quest’ultima, tra le più presenti nel volume, accanto alla Roma di Koeppen, Bachmann, Andersch e, ovviamente, Rossellini, Pasolini, Fellini), le vie delle arti figurative e di musica, teatro, cinema, architettura, letteratura e finanche design tra il dopoguerra e, tendenzialmente, gli anni settanta L’esplorazione di queste esperienze prosegue, per casi esemplari e significativi, nella sezione quinta, con una scansione in cinque fasi storiche (lo spartiacque dato dalla rottura dell’alleanza italo-tedesca nel 1943, la fine della guerra e la definizione dei nuovi ordini politici fino al 1949, l’epoca del dominio cristia-no-democratico, i due decenni attorno al 1968 e il riflusso seguito alla crisi democratica provocata dalla sfida terroristica interna) Piuttosto isolata e disorganica (a fronte di una qualità di testi selezionati per sè buona) risulta, invece, la sezione di mezzo, la quarta, sulla riscoperta postbellica italiana della cultura tedesca degli anni venti, dove è, per altro, sproporzionato dedicare un testo alla ricezione di Schmitt (più vasta, profonda e pure politicamente rilevante fu quella di Heidegger) La sezione sesta, la più ambiziosa e dai risultati più alterni, conclude la parte estetica con una serie di ritratti a due di artisti tedeschi e italiani Mentre alcuni abbinamenti come Heiner Müller-Luchino Visconti, Emilio Vedova-Georg Baselitz, Luigi Nono-Paul Dessau, sono filologicamente fondati e, nei primi due casi, anche stimolanti sul piano linguistico e politico-estetico, altri risultano improbabili o troppo poco incisivi Così, la coppia Ingeborg Bachmann-Michelangelo Antonioni è senza supporti filologici o critici estremamente generica, quella prodotta in nome della sperimentazione linguistica tra Andrea Zanzotto e Paul Celan fa scomparire il nucleo originario dell’ispirazione e problematica di quest’ultimo (non si tematizza la questione della poesia dopo Auschwitz, né si ricorda che padre e madre di Celan scomparvero nei campi di sterminio), mentre quella Beuys-Pasolini non può contare su affinità linguistiche o riscontri filologici e viene tutta giocata su un’affinità «spirituale», di matrice cattolica e traumatica, fatta di messianismo, messa in gioco della propria corporeità e contestazione del neofascismo e della corruzione capitalistico-industriale delle vite umane 2_IH_Italienisch_74.indd 141 16.11.15 07: 55 142 Kurzrezensionen Chiude il volume una settima sezione sui luoghi istituzionali dell’incontro culturale italo-tedesco, dalle rassegne di cinema e di arte contemporanea ai vari istituti culturali, con l’assenza di contributi sul Deutsches Historisches Institut di Roma, il cui referente per la storia contemporanea è da tempo il massimo specialista della guerra nazista in Italia, e sul Centro di Villa Vigoni, cornice di riferimento per i lavori di quella commissione ufficiale di storici italiani e tedeschi sulle stragi naziste in Italia più volte richiamata nel volume, talvolta anche in maniera polemica (p 92, ma in questo caso è tutto il contributo a distinguersi per una certa unilateralità polemica) Nel complesso, il volume pare risentire di un limite di fondo concernente il suo stesso oggetto, nel senso che il cammino di democrazia e libertà dei due paesi dal 1943 (data in questo significativa solo per l’Italia) non si esaurisce nei rapporti artistici e politici tra Italia e Germania, per cui questi non bastano a spiegare o ricostruire quello; a ciò si aggiunga che il testo soffre di una disomogeneità e parzialità nei criteri di selezione, disposizione ed elaborazione del materiale Nonostante gli squilibri strutturali, esso aiuta in un primo orientamento, è didatticamente utile e sa suscitare sorpresa, curiosità e interesse verso numerosi autori, percorsi ed esiti artistici e letterari Il suo contributo all’elaborazione del trauma italo-tedesco del Novecento è, infine, tematicamente ed eticamente, anche opera di testimonianza dell’universo di valori e delle istanze di riscatto con cui le generazioni formatesi nei primi trent’anni del dopoguerra, a cui appartengono i curatori e la quasi totalità degli autori, hanno vissuto i conflitti politici e di coscienza generati dalle vicende belliche Sotto questo aspetto, il volume può servire al confrontodialogo con le generazioni formatesi nei quarant’anni successivi ed esposte oggi in uno scenario diverso al ritorno su basi nuove di spettri e traumi del passato . Mario Marino 2_IH_Italienisch_74.indd 142 16.11.15 07: 55 14 3 Kurzrezensionen Jobst C. Knigge: Angst vor Deutschland - Mussolinis Deutschlandbild. hamburg: Verlag Dr. Kovacˇ , 253 Seiten, € 88,80 (=Schriften zur geschichtsforschung des 20. Jahrhunderts, 9) Der Hamburger Journalist und Historiker Knigge, lange Jahre Auslandskorrespondent in Rom, London und Brügge, ergänzt sein vor vier Jahren erschienenes Buch Hitlers Deutschlandbild 1 jetzt durch eine entsprechende Untersuchung zu Mussolini Rufen wir noch einmal die Quintessenz der ersten Arbeit in Erinnerung: «Hitler war Autodidakt und was sein Wissen von Italien anging war dies selektiv, unsystematisch und bruchstückhaft […] Der einzige Italiener, den Hitler etwas besser zu kennen glaubte, war Mussolini Er machte den Fehler, Mussolini mit dem italienischen Volk gleichzusetzen Er idealisierte den Italiener, in dem er die Verkörperung der Werte des antiken Römertums sah Dass der Rest der Italiener ganz anders war, wollte er zuerst nicht sehen .» (S 235) André François Poncet, von 1931 bis 1938 französischer Botschafter in Berlin, hat in seinen Memoiren den beiden grundverschiedenen Parteiführern und Staatsmännern ein scharfsinniges Kapitel gewidmet, das in der folgenden Konklusion gipfelt: «Ihre Freundschaft wurde beiden zum Verhängnis Ohne Mussolini hätte Hitler seine Eroberungspläne und seine ehrgeizigen Hegemonieabsichten nicht verwirklichen können Ohne Hitler hätte sich Mussolini damit begnügt, Reden zu halten, und wäre wohl nie gefährlichen Versuchungen zum Opfer gefallen Getrennt konnten sie leben Ihre Verbindung zog ihr Verderben nach sich, und tatsächlich verdankt einer dem anderen den Untergang .» 2 Diese Aussage trifft zwar einen wesentlichen Punkt, ist aber insoweit verkürzt, als sie ausblendet, dass Mussolini, sechs Jahre älter als Hitler, einen Wandlungsprozess vom Feind und Kritiker Deutschlands (in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg und im Weltkrieg selber) zum Skeptiker (in der Weimarer Zeit und den ersten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft), dann zum Freund und Verbündeten (nach Besiegelung der Achse Berlin-Rom, 3 .11 .1936, bzw dem Abschluss des Stahlpakts, 22 .5 .1939) und schließlich zur Marionette von Hitlers Gnaden (ab September 1943, der Gründung der Republik 2_IH_Italienisch_74.indd 143 16.11.15 07: 55 14 4 Kurzrezensionen von Salò, bis zu seiner Erschießung durch Partisanen am 28 April 1945) durchlief Eine interessante Ergänzung zum italienischen Deutschlandbild der Jahre nach 1933 liefern übrigens die Berichte italienischer Diplomaten (meist Konsuln) vor Ort, die insbesondere dem nationalsozialistischen Pangermanismus und der Tendenz nationalsozialistischer Pseudowissenschaftler, die «mediterrane Rasse» als minderwertig einzustufen, skeptisch gegenüberstanden Sie sahen zwar im Sieg des Nationalsozialismus eine Bestätigung der eigenen faschistischen Ideologie - Hitler betrachtete Mussolini in den ersten Jahren seiner Herrschaft bekanntlich als Vorbild -, lieferten jedoch von den deutschen Verhältnissen ein durchaus kritisches Bild . 3 Knigge zeichnet, gestützt auf archivalische Dokumente sowie Erinnerungs- und Forschungsliteratur, die verschiedenen Phasen von Mussolinis Deutschlandbild nach und liefert damit einen wichtigen Beitrag zu Geschichte und Imagologie der deutsch-italienischen Beziehungen Wenn Italien nach Kriegsende insgesamt glimpflich davonkam und von größeren Gebietsabtretungen verschont wurde (es verlor seine afrikanischen Kolonien, Julisch Venetien, den italienische Dodekanes, die Gemeinden Tende und La Brigue), ist dies sicherlich der deutschlandkritischten Haltung des Königs und führender Politiker und Militärs, dem Sturz der faschistischen Regierung und dem anschließenden Frontwechsel im Herbst 1943 sowie dem Entstehen einer höchst aktiven Resistenza geschuldet, weshalb die «Sünden» des faschistischen Mussolini-Regimes (Überfall des Kaiserreichs Abessinien 1935, Einführung von antisemitischen Rassengesetzen 1938, Annexion Albaniens 1939, Angriffskrieg gegen Griechenland 1940, Teilnahme am Zweiten Weltkrieg) nicht wirklich sanktioniert wurden Betrachtet man Mussolinis zwar schwankendes, aber doch fundiertes Deutschlandbild insgesamt, ist man überrascht, dass er sich überhaupt mit Hitler verbündete Denn anders als dieser bezüglich Italiens, hatte Mussolini recht genaue Kenntnisse von Deutschlands Kultur und Geschichte in Vergangenheit und Gegenwart, las und übersetzte deutsche Literatur (Dichter, Philosophen, Historiker, Politiker) und sprach auch Deutsch, überschätzte allerdings seine Kenntnisse, so dass er ohne Vermittlung eines Dolmetschers mit Hitler konferierte, was zu zahlreichen Missverständnissen führte Sein angeborenes Miss-trauen gegenüber Deutschland erlahmte nie, insbesondere in der Südtirolfrage Wie Knigge richtig feststellt, sah Mussolini sich jedoch 1938 politisch isoliert, so dass er seine Vorbehalte hintanstellte Sein Plan, das Mittelmeer zu einem italienischen «Mare nostrum» zu machen und damit an die römische Geschichte anzuknüpfen, kollidierte mit französischen (Frankreich war mittelmeerischer Anrainer) und britischen (Großbritannien war Kolonialmacht in Ägypten, wo der Suezkanal verlief) Interessen, und ein Bündnis mit 2_IH_Italienisch_74.indd 144 16.11.15 07: 55 14 5 Kurzrezensionen diesen beiden Großmächten wurde nach Äthiopienkrieg und Spanien-Engagement undenkbar So blieb nur Hitler, der seinetwegen sogar auf die «Heimholung» Südtirols verzichtete Dennoch blieb ihr Bündnis «eine Zwangs- und keine Liebesehe» (S 228) Man könnte sogar sagen, dass sich Hitler mit Mussolini aus Unkenntnis der italienischen Geschichte, Kultur und des Nationalcharakters sowie falscher Einschätzung seines Deutschlandbilds verbündete, Mussolini hingegen diesen Schritt trotz seiner genauen Kenntnis Deutschlands, seiner Sprache, Literatur und Geschichte sowie einer realistischen Einschätzung Hitlers tat Bleibt die Frage nach der Nachwirkung dieses «Missverständnisses» Das Italienbild der Deutschen ist bis heute positiver als das Deutschlandbild der Italiener Viele Deutsche haben immer noch Italiensehnsucht, von einer analogen italienischen Nostalgie ist wenig bekannt Gerade die jüngsten Ereignisse zeigen, dass Deutschlands ökonomischer und politischer Einfluss südlich der Alpen immer noch als allzu dominant, ja gar als bedrohlich empfunden wird Insofern ist Knigges Untersuchung durchaus aktuell Er ist jedoch in erster Linie Historiker, und seine gut recherchierte, in sich stringente Studie beschreibt vor allem die historischen Vorgänge Wer noch mehr über die kulturhistorischen Aspekte von Mussolinis Deutschlandbild wissen möchte, greife zu der immer noch gültigen Studie von Andrea Hoffend, die einige interessante Vertiefungen erlaubt . 4 Frank-Rutger Hausmann Anmerkungen 1 Jobst C . Knigge, Hitlers Italienbild: Ursprünge und Konfrontation mit der Wirklichkeit, Hamburg: Kovacˇ 2012 . Vgl . unsere Besprechung in: IfB http: / / ifb .bsz-bw .de / http: / / ifb bsz .-bw .de/ bsz359390560rez-1 .pdf . 2 André François-Poncet, Als Botschafter in Berlin 1931-1938, Mainz: Florian Kupferberg 1947, S . 318 3 Ruth Nattermann, «Politische Beobachtung im ‹tono fascista› . Italienische Konsulatsberichte über das ‹Dritte Reich›», in: Frank Bajohr/ Christian Strupp (Hrsg .), Fremde Blicke auf das «Dritte Reich». Berichte ausländischer Diplomaten über Herrschaft und Gesellschaft in Deutschland 1933-1945, Göttingen: Wallstein Verlag 2011 (Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte, 49), S . 304-348 4 Andrea Hoffend, Zwischen ‹Kultur-Achse› und Kulturkampf. Die Beziehungen zwischen ‹Drittem Reich› und faschistischem Italien in den Bereichen Medien, Kunst, Wissenschaft und Rassenfragen, Frankfurt a .M . [u .a .]: Peter Lang 1998 (Italien in Geschichte und Gegenwart, 10), hier die Verweise auf Mussolini auf den S . 505-506 2_IH_Italienisch_74.indd 145 16.11.15 07: 55 14 6 Kurzrezensionen Nicola Badolato: I drammi musicali di Giovanni Faustini per Francesco Cavalli. Firenze: olschki 2012, 530 Seiten, € 55,00 (=historiae Musicae Cultores CXXii) Die Ausgabe der von Giovanni Faustini verfassten und von Francesco Cavalli vertonten Musikdramen stellt eine weitere Bereicherung der Reihe «Historiae Musicae Cultores» des renommierten florentinischen Verlagshauses Olschki dar Der Herausgeber, Nicola Badolato, bietet nach einer lehrreichen Einführung die mit Anmerkungen versehenen und kritisch edierten Texte Faustinis Es handelt sich hierbei um die bearbeitete Version der Dissertation Badolatos, die von prominenten Wissenschaftlern (u .a Lorenzo Bianconi und Ellen Rosand) betreut wurde Auf diese Weise werden Texte einem breiteren Publikum zugänglich gemacht, die einer bedeutenden Phase der venezianischen Oper angehören, dürfen doch Francesco Cavalli und Giovanni Faustini als Spitzenautoren (der eine in der Musik, der andere im Bereich des Librettos) des seicentesken Venedigs gelten Cavalli war in der Tat «compositore dominante nel primo trentennio» (S 3) der venezianischen Opernproduktion, dessen Ruhm einem enormen Selbstbewusstsein entsprach Als Cavalli im Theater San Cassiano als Musiker, Impresario und Dramaturg arbeitete, begann eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Giovanni Faustini, Rechtsanwalt und ebenfalls wesentliche organisatorische Figur innerhalb der Opernwelt Aus dieser Zusammenarbeit gingen zehn Opern hervor: La virtù de’ strali d’amori (1642), L’Egisto (1643), L’Ormindo (1644), La Doriclea (1645), Il Titone (1645), die im Theater San Cassiano aufgeführt wurden; L’Euripo, der 1649 im S Moisé inszeniert wurde; L’Oristeo, La Rosinda, La Calisto (1651) und L’Eritrea (1652), die für das S Apollinare geschrieben wurden Faustini trägt entscheidend dazu bei, die «tecniche di orditura e tessitura degli intrecci» (S 7) der venezianischen Musikdramen zu standardisieren, wie der Abschnitt «I modelli drammatici» (S 7-13) erläutert Handlungen und dramaturgische Konventionen von Faustinis Theater hängen vom Produktionssystem des schon vorhandenen und etablierten Sprechtheaters ab: Nicht nur Geschichte und topoi, sondern auch Management und Regelmäßigkeit der Aufführungen (im Karneval) werden übernommen - eine Regelmäßigkeit, die ihrerseits die Standardisierung der Szenarien fördert Faustini lässt sich von Komödien, Romanen, Novellen beeinflussen in einer «continua riscrittura fondata sul gioco della combinazione di codici differenti, mai esplicitamente dichiarati» (S 11) - anders als die ersten Autoren der Musikdramen, die sich eher an der Pastorale orientierten Auf diese Weise werden Liebesthemen bevorzugt, die auch dem Geschmack der damals literarisch sehr aktiven Accademia degli Incogniti entgegenkamen Der gewöhnliche Plot sieht ein Liebes-paar vor, das getrennt wird und viele Schwierigkeiten überwinden 2_IH_Italienisch_74.indd 146 16.11.15 07: 55 147 Kurzrezensionen muss; auf eine anfängliche Einfachheit folgt eine Verkomplizierung, die v .a durch Missverständnisse, Verwechslung von Identitäten und Gegenständen und vor allem sehr charakteristische Nebenfiguren erzeugt wird (vgl die tabellarische Zusammenfassung in Appendice II, S 41-43: «Articolazione delle sequen-ze») Die Götter dagegen werden allmählich an den Rand gedrängt Im Abschnitt «Le tecniche di scrittura: convenzioni e scene tipiche» (S 14-27) werden die schon genannten Konventionen genauer beleuchtet Vor allem sind die Szenenwechsel zu erwähnen: Die Tabelle auf S 15 listet verschiedene Typologien auf (celeste, sacra, militare usw .), die Appendice I (S 38-40) führt für jedes Drama die zahlreichen «mutazioni sceniche» an - wenigstens zwei oder drei pro Akt, die die Handlung strukturieren Auf S 17 bis 27 konzentriert sich Badolato auf die Beschreibung der topoi, die in Faustinis Dramen vorkommen: die Reise, die die Figuren in unvorhersehbare Situationen versetzt; missverstandene Inschriften, die oft das Drama in Gang bringen; Portrait-Verwechslungen, die Irrtümer hervorbringen; Verkleidungen, bei denen mit der sexuellen Identität und den Gefühlen der Figuren gespielt wird und die wahrscheinlich von der Literatur der Incogniti abgeleitet wurden; die Schlafszene, die gleichzeitige Aktionen auf der Bühne ermöglicht; die Klage, die kontrastierende Gefühle inszeniert und sich vom berühmten Lamento d’Arianna Rinuccinis und Monteverdis ableitet; die durch Ariostos Orlando Furioso inspirierte Wahnsinnsszene; Invokationen und Zaubereien, die metrisch durch Proparoxytona charakterisiert wird Abschließend wird die Morphologie der Arien analysiert (S 27-37), wobei sich herausstellt, dass Faustinis Rezitative und Arien oft schwer zu trennen sind und dass aus dieser «mutua permeabilità […] forme ambigue, a metà tra i due modelli, e talvolta difficili da catalogare» entstehen (S 30); die Appendice III (S 44) unterscheidet Arien ohne und Arien mit Refrain; bei den kritisch edierten Texten sind die Arien mittels Einrückung hervorgehoben Die Editionsrichtlinien (S 45-47) erklären allgemein die Wichtigkeit einer kritischen Ausgabe der Libretti und insbesondere dieser Ausgabe: Die editiones principes von Faustinis Libretti werden korrigiert, metrisch überprüft, mit einer modernen Interpunktion versehen; noch wesentlicher ist die Integration der Regieanweisungen, die unentbehrlich für das Textverständnis sind, da die für einen modernen Leser nicht unmittelbar erkennbaren «elementi essenziali del testo-spettacolo» (S 47) explizit benannt werden Die «Nota ai testi» (S 48-53) bietet eine Übersicht über die Korrekturen, während die «Personaggi e luoghi mitologici citati più volte nei drammi di Giovanni Faustini» aus einer langen Tabelle besteht, die einem Laienpublikum mythologische Figuren und Orte - von Ade bis zum Zacinto - erklärt Diese Ausgabe erfüllt ein Desiderat der zeitgenössischen Musik- und Literaturwissenschaft: Die Edition musikdramatischer Texte ist eine wichtige 2_IH_Italienisch_74.indd 147 16.11.15 07: 55 14 8 Kurzrezensionen Aufgabe der Librettoforschung Solche Texte, die zwar dank der Digitalisierung oft online verfügbar sind (alle hier edierten Libretti sind in der Raccolta Drammatica der Biblioteca Braidense zu finden), brauchen dennoch einer wissenschaftlichen Aufarbeitung: eine philologische Revision muss die Fehler der Frühdrucke beseitigen; didascalie und erklärende Fußnoten erleichtern das Verständnis und helfen, Missverständnisse beim Lesen zu vermeiden Das Ganze wird durch eine Einführung komplettiert: Sie bietet einen nützlichen Überblick über die Autoren und den Kontext des venezianischen Theaters und belehrt dank einer echt reichen Bibliographie sowohl den Laien als auch den Spezialisten Alessandra Origgi Adalgisa giorgio (a cura di): «Non sto quindi a Napoli sicura di casa». Identità, spazio e testualità in Fabrizia Ramondino. Perugia: Morlacchi editore 2013, pp. 400, € 18.50 La pubblicazione scaturisce quasi interamente dagli interventi del convegno intitolato «Non sto quindi a Napoli sicura di casa». Conference in Memory of Fabrizia Ramondino (1936-2008), tenutosi a Londra il 15 e 16 gennaio del 2010, a meno di due anni dalla scomparsa della scrittrice Si trattava del primo convegno di studi con un taglio prevalentemente scientifico, ma che prevedeva anche la partecipazione di alcuni operatori estranei al mondo accademico, come ad esempio la psichiatra basagliana Assunta Signorelli e l’attrice, autrice e regista Barbara Della Polla A organizzare il simposio internazionale, e a curarne successivamente il volume, è stata Adalgisa Giorgio, nota studiosa da decenni residente in Inghilterra e attiva come docente presso il Department of Politics, Languages & International Studies dell’Università di Bath Prima del convegno londinese, erano stati dedicati all’opera della scrittrice napoletana molti articoli e recensioni, e diversi saggi di una certa consistenza sparsi su riviste e in volumi Mancava però una raccolta organica di lavori ispirati alle tematiche che costellano il percorso letterario - assai vario, peraltro, e debitore delle più diverse esperienze - di Fabrizia Ramondino In questo senso, il volume di atti congressuali curato da Adalgisa Giorgio, colma quella lacuna e si offre insieme come strumento di lavoro per chiunque voglia ripercorre criticamente l’itinerario di scrittura di un’autrice che nell’arco di un trentennio, in un costante andirivieni tra passato e presente, tra ragioni biografiche concernenti la sfera privata e famigliare e le esperienze collettive 2_IH_Italienisch_74.indd 148 16.11.15 07: 55 14 9 Kurzrezensionen maturate in ambito pedagogico e politico, ha lasciato un’opera che ha varcato ampiamente e tutt’oggi supera i confini nazionali Preceduto da una Introduzione della curatrice dal titolo «Fabrizia Ramondino dentro e fuori d’Italia», dove si pone l’accento sul carattere internazionale della ricerca, del resto già da tempo avviata in area anglo-americana, ma non solo, il volume si divide in tre sezioni Alla prima, denominata Altri luoghi, altri spazi, appartiene il saggio di Loredana Polezzi «Dal Bar Mexico al Sahara: fuori e dentro casa con Fabrizia Ramondino» Polezzi, mettendo a confronto i testi di Ramondino e gli studi teorici su viaggio, spazio e psicogeografia di Merlin Coverley, James Clifford, Michel de Certeau, Irit Rogoff e Giuliana Bruno, mostra come la scrittrice, da una posizione ‹excentrica› (p 39), viva paradossalmente il proprio ambìto ‹star di casa› come «una disappartenenza» (p 41) e sia portata a optare per un viaggiare non vòlto a «indigenizzarsi» (p 43) in una sorta di nuova patria, ma inteso piuttosto come ricerca di una condivisione affettiva con il luoghi e le persone incontrati Una «errabondanza» definisce Nadia Setti, nel suo saggio «La recherche errabonda di Fabrizia Ramondino», l’esperienza di questa scrittrice, la quale, adottando un linguaggio prevalentemente spaziale, nella dialettica tra il riandare a ritroso con la memoria e i differenti modi del viaggiare «apre delle prospettive e degli interrogativi sullo spazio intermedio, circostante e ancora sconosciuto» (p 64) Mentre Rita Wilson, con «Un viaggio di ritorno: La Via», individua tre fasi del viaggio in tre altrettanto opere ramondiniane, mostrando come il dinamismo dell’identità, attraverso gli spostamenti e le transizioni linguistiche, dia luogo a «un processo di trasposizione/ traduzione che non può non generare delle corrispondenze al di là dell’io» (p 88) lasciando emergere «le più disparate identità e soggettività» (p 86) Se ciò avviene è perché Ramondino non si limita a trasferire le sue concrete esperienze di viaggio in ambito estetico e letterario, restando incluso, nelle sue esplorazioni geografiche, sempre anche il vissuto e il corporeo Perciò differente è la ricerca delle radici culturali e dei valori universali dell’umanità che emerge dalla poetica del viaggiare di uno scrittore come Claudio Magris, un viaggiare questo dal quale resta esclusa la componente intima e biografica, come si legge appunto nel saggio di Sabina Gola «In viaggio con Fabrizia Ramondino e Claudio Magris» Ad aprire la seconda sezione del volume, intitolata La scrittura e i testi, è il saggio di Beatrice Alfonzetti «I taccuini di Fabrizia Ramondino» Dall’analisi del «sotterraneo legame» (p 137) che corre tra gli appunti diaristici di Ramondino e The Golden Notebook di Doris Lessing emerge una riflessione sulle qualità simbolico-poetiche proprie di questo genere di scrittura autobiografica assai praticata dall’autrice napoletana sia nei taccuini veri e propri che nelle opere più manifestamente narrative Sull’uso e la funzione 2_IH_Italienisch_74.indd 149 16.11.15 07: 55 150 Kurzrezensionen del quaderno-taccuino, «sempre più centrale nel passaggio di libro in libro» (p 158), inteso come «doppio dello scrittore» (p 170) nonché «invito e culla di una ricerca senza fine tramite cui riaprire continuamente il campo visivo per far spazio all’espandersi infinito della coscienza» (p 171), si sofferma anche Cynthia Clough nel suo saggio dal titolo «La scrittura e il vuoto: il quaderno aperto di Fabrizia Ramondino» A un poemetto inedito del 1963- 1964 è dedicato invece lo scritto «Fabrizia Ramondino, Caravaggio e i quartieri di Napoli: Alla maniera delle Sette opere di misericordia di Michelangelo da Caravaggio» Laura Rorato, che ne è l’autrice, mette in relazione i dipinti dell’artista «nei quali la gente comune sembrava troppo indaffarata per accorgersi del soprannaturale» (p 183) con i modi tipici della scrittrice di ritrarre i quartieri barocchi di Napoli e il loro obliato sacrificio proletario All’esplorazione del legame tra L’isola riflessa e L’Iguana è volto il saggio di Inge Lanslots «I fantasmi e gli spiriti di F Ramondino a A .M Ortese», che mette in luce la «stratificazione della spazialità» e «l’aspetto palinsestico» (p 201) nelle due isole prese in esame Scrive Lanslots: «In entrambi i romanzi il desiderio di evasione dei personaggi fa sì che si instaurino rapporti di orizzontalità nelle rispettive isole, creando non solo aperture verso l’esterno, ma anche movimenti centripeti che tendono alla claustrofilia» (ibid .) Tuttavia si manifestano nelle due opere altrettanti «rapporti verticali», uno dei quali viene individuato dall’autrice nelle tracce del passato storico (Ventotene quale luogo di esilio per i confinati politici), che incombono sulla memoria dell’isola ramondiniana A chiudere la seconda parte del volume è il contributo di Adalgisa Giorgio, anch’esso in chiave intertestuale, dal titolo «Dalla Serata a Colono a Terremoto con madre e figlia» Partendo da Sofocle, e passando per la Morante, il discorso sul conflitto generazionale, secondo l’autrice, trova nell’opera teatrale di Fabrizia Ramondino un suo punto d’approdo originale, giacché quest’ultima «inverte la situazione di base dell’Edipo a Colono assegnando alla madre il ruolo di protezione della figlia» (p 246) proprio mentre «mette in scena uno scontro tra soggettività dello stesso sesso» (ibid .); inoltre, dialogando con il testo morantiano, Ramondino tende a «legittimare la propria scrittura attraverso uno scambio fruttuoso che illumina l’opera di entrambe» (p 247) La terza sezione del volume si apre con due saggi dedicati ad un medesimo romanzo In «Passare la Storia a contrappelo: Un giorno e mezzo di Fabrizia Ramondino e la funzione dell’intellettuale nella letteratura degli anni Ottanta del Novecento», Claudio Brancaleoni mette in relazione il versante dell’impegno nella militanza politica e quello della scrittura letteraria, che appaiono indissociabili nella biografia intellettuale di Ramondino, con la figura benjaminiana del narratore epico, il cui compito è di favorire l’insorgere di una coscienza rivoluzionaria, e con quella del materialista storico, ruolo 2_IH_Italienisch_74.indd 150 16.11.15 07: 55 151 Kurzrezensionen quest’ultimo incarnato dall’autrice nella creazione di un romanzo il cui intento è di «restituire la voce a ciò che nel momento storico in cui si scrive è oggetto di rimozione da parte delle forze politiche dominanti, ossia le lotte degli operai e degli studenti» (p 278) Il secondo saggio, «Un giorno e mezzo: romanzo postfemminista», di Nathalie Marchais, esplora le possibili linee di convergenza tra il testo ramondiniano e il ‹romanzo realista femminista› degli anni Settanta studiato da Anna Nozzoli Al film Morte di un matematico napoletano, scritto da Ramondino insieme a Mario Martone e da questi diretto, è dedicato il testo di Noemi Billi «La costruzione della memoria: Renato Caccioppoli personaggio di Fabrizia Ramondino», nel quale vengono palesate le «affinità esistenziali e politiche» (p 305) e le analogie tra la scrittrice e il matematico che Ramondino «riformula entro un mosaico della memoria» (ibid .) Nel saggio che segue, «Mutazioni socio-culturali in Terremoto con madre e figlia», Mariano d’Amora individua nel sisma del 1980 tematizzato nella pièce ramondiniana il nesso tra il sommovimento relazionale e generazionale, la fine dell’impegno e il vuoto ideologico che spingono la madre a rifugiarsi nell’alcol, e la mutazione antropologica che investe la realtà sociale di una Napoli degradata e lacerata In «‹Fuori categoria›? La rappresentazione della vecchiaia in Fabrizia Ramondino», Hanna Serkowska mostra come la figura della nonna, centrale in alcune opere di Ramondino (Althénopis, Star di casa ecc .), muti a seconda della percezione dei personaggi e della prospettiva generazionale, e come infine l’esclusione patita dalla nonna si riverberi anche sul vissuto della scrittrice, la quale, con l’avanzare dell’età, «passa a riflettere su se stessa per raccontare il modo in cui vive la propria vecchiaia con tutto ciò che quell’età difficile comporta» (p 349) Questi, in sintesi, i saggi sui vari aspetti tematici e narrativi presenti nell’opera di Fabrizia Ramondino affrontati da una quindicina di studiosi provenienti da vari paesi e differenti tradizioni critiche e teoriche Il libro, oltre a costituire un importante contributo pionieristico, è da intendere anche come un omaggio alla memoria letteraria della scrittrice e un invito a una lettura/ rilettura accurata della sua impareggiabile prosa Franco Sepe 2_IH_Italienisch_74.indd 151 16.11.15 07: 55 152 Kurzrezensionen Franco Sepe: La cornetta del postiglione, Bagheria: Plumelia 2014, introduzione di Aldo gerbino, pp. 66, € 4,50 La Cornetta del postiglione, terzo libro di poesia pubblicato da Franco Sepe, dopo Elegiette berlinesi (Firenze Libri 1987) ed Elegia planetaria (Manni 2007), pone in primo piano figure e voci tese a interrogare l’esperienza del tempo e dello spazio Per questo l’allegoria del viaggio, prossimo alla sua conclusione, e la dialettica fra paesaggio interiore e paesaggio naturale sono i fuochi della raccolta Conferma di queste dinamiche l’abbiamo nella stessa struttura del libro, diviso in due parti: nella prima, che dà il proprio titolo all’intera raccolta, abbiamo una sorta di micro-romanzo biografico, dedicato alla figura di un anziano vetturino ormai prossimo a congedarsi dalla vita, mentre la seconda sezione, dal titolo Fogliettini da Exilles, sviluppa il tema della solitudine e della prigionia, oscillando fra un «universo di cemento» e una strenua ricerca di libertà cui la natura offre vie di fuga, scampoli di speranza Il nuovo libro di poesia di Sepe inizia dunque con un racconto in versi in cui un anziano, dalla ambigua soglia del suo cammino pressoché concluso, scorre alcune tappe della sua esistenza In apertura il vecchio vetturino ci appare dentro una diapositiva che è già una radiografia della sua anima: Ha una barba da santo, il postiglione, e siede a cassetta Lo sorprendono certi pensieri che fanno la vita più grama, più lieve il trasporto I componimenti si susseguono con modalità che ricordano, in parte, le caratteristiche della narrazione in versi proprie della poesia di Franco Buffoni (penso soprattutto a Suora carmelitana e altri racconti in versi o Il profilo del Rosa) Guidato dagli «svolazzi della stilografica» l’autore penetra, indugia, quasi cinicamente, o meglio con cinica pietà, nelle ferite che si producono fra tempo e memoria, fra i palpiti del cuore e il gelo della mente Attratto verso i ‹luoghi non giuridiszionali› propri dello stile tardo di Giorgio Caproni, La cornetta del postiglione scava nella solitudine del pensiero e dell’esperienza, in un passato condannato a farsi cumulo di fantasmi, musica remota e quasi interdetta, riverbero di parole scavate nel silenzio Come ha acutamente rilevato Aldo Gerbino, introducendo la raccolta, nella Cornetta del postiglione «è il ciclo della vita, inesorabilmente concluso, a mostrare l’usura per pena, per ansia di morte; a sostituire il grido della cornetta con un’eco, un tremor di fiato» Quasi quale propagazione o virtuale prosecuzione delle prosopopee caproniane, dove l’inoltrarsi nell’«orrido della vecchiaia» scorre di pari passo 2_IH_Italienisch_74.indd 152 16.11.15 07: 55 153 Kurzrezensionen con un’estrema sfida del (e nel) moderno, Sepe in questa sua raccolta dà forma ad un racconto in versi che spazia dal frammento di romanzo alla ballata, dall’aforisma alla cronaca interiore Il sofferto rimuginare di un mondo passato («I tempi non sono più quelli, mio caro, / quando d’inverno…») fa da leva per una polemica che chiama indirettamente in causa un presente sempre più spaesante, colonizzato da vuote mitologie, ombre allarmanti Dallo sfondo di questa implicita polemica svetta l’accigliata malinconia di un vecchio postale, «ospite della vita», che diviene ‹strumento› allegorico per una riflessione sul cieco gioco dell’esistenza, sulla solitudine, sulle promesse e le delusioni, le attese e gli addii, che intessono il destino umano Il postiglione ci appare come figura ormai curvata, oltre che sul proprio sedile, sulla soglia ultima di un congedo che sembra annunciarsi ad ogni svolta del cammino, ad ogni pausa del viaggio, producendo un iterato tu per tu con la morte, un ininterrotto memento mori («Tra i contorni di un’alba bruciata / vide se stesso nel vetro della finestra / come in un’ultima giornata terrena / […] il petto meschino aveva del vecchio / franato nelle membra / spogliato del suo nome») Recluso nel suo ‹tempo perduto›, colto al declinare della sua vita e del suo mondo, il vetturale raffigurato in questi versi è una creatura ottocentesca smarrita nelle frenesie e nelle follie del Novecento; è un testimone doloroso del dramma dell’inattualità, dell’esilio di fronte «a un tempo nuovo» che lo respinge indietro, che lo mura in un passato remoto in cui l’anziano non trova però, in definitiva, lo stigma della sconfitta: per converso, quasi statuario, nella sua fragilità, nella sua crescente familiarizzazione con la soglia ultima, del non ritorno, pare identificarsi con il masso che osserva stagliarsi contro il cielo distante, nel ripetersi dei suoi viaggi di consegna Lo cogliamo così in una posa di donchisciottesco corpo a corpo contro il tempo, carico, quasi fiero, della propria mortalità, mentre beffa, come di soppiatto, per un fugace istante, le annichilenti leggi della caducità Altrove sembra addirittura vestirsi di un paradossale e antisublime titanismo: «Fermo come un ritratto, sostava contro / quel nulla che chiamiamo cielo, / / senza una parola / / Nel volto immemore di un dio» La falce del tempo travolge ricordi e costringe un intero mondo a cedere il passo Voci, immagini e memorie sono come «sospese dal loro essere», quasi già postume, smarrite e fotografate per l’ultima volta dentro «un accordo che nasce e svanisce / in sordina di voce…» Frammenti di vita e di pena, registrati nelle lettere, rappresentano il dono o la condanna che egli inconsapevolmente, per mestiere, consegna, finendo per essere anche lui, con le scaglie della sua confessione, parte di una unica, polifonica trama Fra echi di guerra e trasformazioni tecnologiche che avanzano, inarrestabili come una frana, il postiglione, sin dal suo entrare in scena, appare immediatamente fuori gioco, al margine, in esilio dal presente Nella tensione rigida e straniane di «gesti senza peso che imbalsamano l’aria», egli 2_IH_Italienisch_74.indd 153 16.11.15 07: 55 15 4 Kurzrezensionen compie il suo viaggio listato a nero, bordeggiando campi o villaggi che appaiono abitati da echi di vita, riflessi, voci lontane, rumori, in dialogo con fantasmi più che persone in carne ed ossa; nel violare l’ultimo sigillo egli indugia, dilatando le fitte della propria malinconia, «nell’attesa larga e uguale, / nella posta di vedere in faccia / la propria morte» Nelle lettere che porta con sé sul carro la vita si conserva per schegge, per grumi, per labili indizi, prossimi a disperdersi Eppure, paradossalmente, sono proprio le parole scritte, «segni rappresi / di stille ancora mormoranti», i soli strumenti in grado di conservare il passato, di risvegliare il corpo inerte del vissuto Il postiglione siede a cassetta sulla sua carrozza, guidando i suoi cavalli lungo strade polverose, come spiato dietro una serratura dall’autore che ne sottolinea i pensieri, magnetizzati dalla fine imminente, a conferma dell’amara sentenza senechiana, posta da Sepe in esergo al suo libro, secondo la quale «senectus enim insanabilis morbus est» Ricordi giovanili, atti mancati, accadimenti scelti o subiti entrano nel concerto dei frammenti di una vita offesa dal tempo, si addensano in un rimuginare lieve ma secco e disilluso sull’esistenza, proprio di chi resta «con occhi ammutoliti / nel silenzio della ventura» Traghettatore del passato verso il mondo delle ombre il viaggio del postiglione si polarizza in direzione di una fine che quanto più è prossima tanto più pare allontanarsi, dilazionarsi, per poter essere descritta e vissuta con più precisione E così «da quel vecchio che è biascica l’inquietudine fra i denti sibila ai cavalli per domare lo zoccolo quando batte fermo […] Biascicando devozioni nelle assi schiodate di un’edicola, netta gli stivali contro un rudere di quercia, pensa a quel muscolo di cuore, - pensa a come impazziva di fronte alla Regina d’avorio Quel muscolo che adesso se compie il suo lavoro è solo per tempo residuo» Nella sua figura, come mostrano icasticamente i versi appena riportati, il pedale del patetico viene subito spezzato, spinto a ruotare in senso inverso da una ironia che cala come un sudario sui gesti del vetturale, da un gelo che pietrifica, quasi impaglia, i battiti del cuore, gela l’occhio commosso dell’elegia Portavoce del tempo perduto, il postiglione ci appare dunque come un esausto 2_IH_Italienisch_74.indd 154 16.11.15 07: 55 155 Kurzrezensionen doppio di Atlante, il quale, proprio mentre sprofonda sotto il peso del mondo di ricordi che porta sulle spalle si erge a epitaffio vivente di una memoria che cede, e lascia brandelli, scaglie, trafitture di «oscurità abbagliate» cui solo la pagina riesce a donare forma Un «destino di gelo» si estende dai suoi estremi palpiti, respiri e pensieri sino a coinvolgere la realtà circostante che appare fredda, invernale, nordica, con un demonismo che lavora in sordina La neve è già un sudario che ricopre ogni immagine o ricordo, e allo stesso tempo fantasma che si nasconde e confonde con il bianco della pagina Nella ‹trama ottocentesca› del postiglione Sepe evidenzia segni di un quadro allegorico, trasformando il protagonista di questi versi in un estremo testimone del dramma del tempo dove le esperienze sembrano farsi «cumuli di un camposanto», salme che il fiato del vecchio cerca utopicamente di ridestare, soffiando nella sua cornetta d’ottone, trasformato quasi in angelo del giudizio Il pensare è una delle azioni chiave di questi versi, segno di un ossessivo, strenuo e flebile filo mentale teso a guidare il proprio consuntivo verso la terribile perfezione della «forma liscia del silenzio» Il libro si chiude, come già accennato, con una seconda, più smilza sezione intitolata Foglietti da Exilles, all’interno della quale sono raccolti i testi composti in occasione di uno spettacolo multimediale andato in scena per la prima volta nel Forte di Exilles il 7 agosto 2010 Qui, in un alternarsi di componimenti in versi e in prosa torna nuovamente il tema della solitudine, dell’esilio dalla realtà, di una vita vissuta (o di un’altra vita possibile) che alimenta l’incubo di non vivere, all’interno di atmosfere che sembrano richiamarsi al Deserto dei Tartari di Dino Buzzati In Foglietti da Exilles alla voce del soldato, che come Giovanni Drogo ha il proprio demone nell’ «anima / sospesa fra le iridi / che suscita in mezzo a scuri / e feritoie / un nemico presunto / nel quale mai bisogna perdere la fede», si allaccia e si fonde il frustrato desiderio di fuga di un prigioniero che strazia la sua condizione di recluso, di condannato a vita, dentro un «universo di cemento», sognando e immaginando la libertà che gli è preclusa La cornetta del postiglione diviene così, in definitiva, una amara allegoria in due atti sul limite dell’esistenza e della scrittura, una indagine, portata avanti a fil di fiato, su «uno sgomento da forzare / la bocca al silenzio» Alessandro Baldacci 2_IH_Italienisch_74.indd 155 16.11.15 07: 55 156 italienische themen an den hochschulen Deutschlands, österreichs und der Schweiz im Wintersemester 2015/ 2016 Diese Aufstellung, die seit 1982 regelmäßig in der Zeitschrift Italienisch erschienen ist, liegt seit Mai 2012 aus Kostengründen nurmehr online vor . Auf der Homepage des Italianistenverbandes: www .italianistenverband .de wird sie in der Rubrik «Zeitschrift Italienisch» als pdf zum Download zur Verfügung gestellt . Es werden alle Lehrveranstaltungen gelistet, die von den Instituten für Romanistik (Italianistik) in den Fächern Italienische Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft sowie Fachdidaktik angeboten werden Sprachpraktische (auch fachsprachliche) Veranstaltungen werden nicht aufgeführt Die Redaktion dankt allen denjenigen, die durch Zusendung von Kopien, Verzeichnissen oder Dateien die Recherche erleichtert haben . Sie bittet weiterhin darum, die entsprechenden Informationen zu schicken an: Redaktion Italienisch, Arndtstraße 12, D-60325 Frankfurt am Main, E-Mail: italienisch@div-web .de, Fax: +49/ (0)69/ 7411453 Unter den zu modernen Klassikern gewordenen Autoren des 20 . Jahrhunderts nehmen Calvino und Tabucchi inzwischen einen bedeutenden Rang ein: «Italo Calvino zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit», «Delhi, Italien: Indien in der italienischen Literatur von Goldoni bis Tabucchi», «Italo Calvino - ‹I nostri antenati›: epochales Erzählen», «Das sdoppiamento im Erzählwerk Antonio Tabucchis», «Antonio Tabucchi», «Letteratura, pittura, fotografia, cinema e musica nella narrativa di Antonio Tabucchi» Gleichzeitig kommen neu kanonisierte Namen und Themen dazu: «Transkulturelle Literatur in der Romania / Italienisch», «Italia e Africa: immaginario coloniale e autorappresentazione nazionale», «Literaturen und Kulturen der Migration . Historie und Gegenwart», «Alda Merini», «Il ritorno del migrante nella letteratura italiana del XX e del XXI secolo», «Attilio Bertolucci e l’officina parmigiana», «Dalla pagina allo schermo: Io non ho paura (203) e Come Dio comanda (2008)» Im Jahr der Expo Milano 2015 ist das alte Thema «Italiens Esskultur» in neuen interdisziplinären Zusammenhängen aktuell: «Cinephilie geht durch den Magen: Esskultur und Kino in Italien und Frankreich», «Corso di civiltà italiana: La cucina italiana (e il giallo)», «Essen in Italien . Kulturwissenschaftliche und literarische Aspekte», «Radici e identità: la cucina italiana come confronto e scambio interculturale» . Die nationale Identität und der Austausch mit anderen Kulturen ist wiederholt Thema sowohl im sprachwie literaturwissenschaftlichen und didaktischen Feld: «Vom Graffito bis zur digitalen Schriftlichkeit . Wechselbeziehungen der romanischen Sprach- und Schriftgeschichte (Französisch, Italienisch)», «Protagonisti dell’Italia unita: da Garibaldi a Saviano», «Italianità . Der italienische Diskurs zum Nationalcharakter», «Italien: Idee, Vaterland, Heimat . Texte aus sieben Jahrhunderten, von Dante bis Gaber», «‘Italienisch’ als mediterrane Verkehrssprache», «‘Linguistic landscaping’ in Italien und Deutschland», «‘Italien leuchtet(e)’ . Die Künste Italiens in München», «Deutsch-Italienische Kulturbeziehungen im 20 . Jahrhundert», «Italienische Kulturwissenschaft: I Luoghi della memoria» In der Fachdidaktik erfreut in Zeiten der Kompetenzorientierung: «Leggere vuol dire profondamente pensare (Vittorio Alfieri) - zum Umgang mit Texten im Italienischunterricht», «Didattizzare la letteratura: teoria e prassi» . Folgende Themen seien außerdem noch hervorgehoben: «Phänomene des Medienwechsels am Beispiel der romanischen Sprachen», «Italienische Verlagsgeschichte nach 1945», «Das zeitgenössische Italien und seine mediale Repräsentation», «Dal manoscritto all’ebook: letteratura e storia del libro» Caroline Lüderssen 2_IH_Italienisch_74.indd 156 16.11.15 07: 55 157 Mitteilungen Mitteilungen «Wozu Literatur (-wissenschaft)? » - Kolloquium in Bonn Anlässlich ihres «200 Geburtstags» luden Paul Geyer (Bonn), Willi Jung (Bonn) und Winfried Wehle (Eichstätt) am 16 und 17 Juli 2015 zu einem internationalen Kolloquium zum Thema «Wozu Literatur (-wissenschaft)? » ein Romanisten aus Deutschland, Frankreich, Italien und Polen sowie Vertreter der Anglistik, Germanistik, Kunstgeschichte, Philosophie und Musikwissenschaften sind der Einladung nach Bonn gefolgt, und haben in insgesamt 23 Vorträgen unter anderem über die Funktionen von Literatur und ihre Vermittlung und Deutung referiert Johannes Lehmann (Bonn) zeigte auf, wie Rousseaus Emile durch das «Rettungsnarrativ» seiner einzigen Lektüre, den Robinson Crusoe, zwischen nützlichem und unnützem Wissen zu unterscheiden lernt, um zu überleben, und Henryk Chudak resümierte als wesentliche Funktionen der Literatur Wissenserweiterung, Vermittlung von Empathie, moralische Stabilisierung und schlicht die Befriedigung Durch eine «therapeutische Lektüre» könne Literatur und Poesie auch zur Trostspenderin werden, vor allem in Kriegszeiten, ergänzte Dieter Janik (Mainz), und Patricia Oster-Stierle (Saarbrücken) erinnerte an die Möglichkeit, durch das Lesen von historischen Romanen, in denen Ereignisse auf bislang unbekannte Weise verknüpft werden, die Geschichte zu befragen und neue Blickwinkel zu gewinnen Verglich Karlheinz Stierle (Konstanz) den Literaturwissenschaftler mit einem «Kanalarbeiter», der für den «Fluss des Sinns» sorgt, verwies Helmut Meter (Klagenfurt) auf dessen Fähigkeit, nationalspezifische Traditionslinien und Identitätsentwürfe in Texten der sich bildenden Nationalstaaten aufzudecken Aber auch gesellschaftliche Paradigmenwechsel lese er in literarischen Texten ab: So griff Wolfgang Matzat (Tübingen) die Theorie des «sozial Imaginären» von Charles Taylor auf, nach der im Laufe der Frühen Neuzeit ein kollektiver Wandel durch die Vorstellung ökonomisch definierter gesellschaftlicher Beziehungen eintrat, und veranschaulichte sie am Don Quixote, in dem Cervantes zum ersten Mal ein Milieu beschrieb, das sich weder dem aristokratischen noch bukolischen zuordnen lässt Nach Marion Gymnich (Bonn) kann der Literaturwissenschaftler das gewaltige Zitaten-Palimpsest besonders in der Pop- Kultur, aufschlüsseln, die zwar einerseits dem Kanon ihren Tribut zolle, andererseits komplexe Inhalte zu stilisierten Phrasen verkümmern lasse Wie aber, fragte Roland Ißler (Bonn), soll die Spurensuche vonstattengehen, wenn im heutigen Studienplan für angehende Lehrer das Lesen eines literarischen Volltextes gar nicht mehr vorgesehen ist? Und auch Patrizio Collini (Florenz) bemerkte melancholisch, als er zu einer Reise in die Welt der kauzigen Anti- 2_IH_Italienisch_74.indd 157 16.11.15 07: 55 15 8 Mitteilungen quare und labyrinthischen Buchhandlungen einlud, in die sich einst der Bibliophile auf der Suche nach einem seltenen Buch verlor, dass diese Welt durch den Siegeszug des Internets und ohne Subventionen in ihrer Existenz bedroht wird . Die Literatursowie die Geisteswissenschaften im Allgemeinen kommen im Zuge der Ökonomisierung und der damit einhergehenden Rationalisierungen der Universitäten immer häufiger in Rechtfertigungsdruck Die Frage «Wozu Literatur (-wissenschaft)? » ist darum von hoher Aktualität Das Profil der betroffenen Disziplinen, so ist die Hoffnung, schärft sich nach jedem turn, durch jede Krise Die Vorträge der Tagung lieferten einen wichtigen Beitrag zu einer (Neu-)Besinnung auf die Aufgaben und Ziele der Literaturwissenschaft Eine Publikation der Vorträge in einem Tagungsband ist vorgesehen Cora Rok Deutscher Leopardi-tag 25.-27.6.2015 in Potsdam Am Donnerstag, den 25 .6 .2015 eröffnete der Botschafter der Republik Italien, Seine Exzellenz Pietro Benassi, den Deutschen Leopardi-Tag 2015, der in diesem Jahr an der Universität Potsdam stattfand Weitere Grußworte sprachen der Forschungsdekan der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam, Prof Dr Johannes Haag, der Präsident der Deutschen Leopardi-Gesellschaft, Prof Dr Sebastian Neumeister (Freie Universität Berlin) sowie die Direktorin des Instituts für Romanistik der Universität Potsdam, Prof Dr Cornelia Klettke Den Festvortrag hielt Prof Dr Winfried Wehle (Universität Eichstätt/ Bonn) Er trug den Titel: «Iconomachia Über Leopardis Modernität wider Willen» Giacomo Leopardi (1798-1837) ist nicht nur ein Zeitgenosse Schopenhauers, zu dem er Gemeinsamkeiten im Denken aufweist, sondern darüber hinaus ein Pionier der Moderne Mit seinem nihilistischen Kulturpessimismus und seiner Zivilisationskritik ist der italienische Dichterphilosoph bereits in den 1820er und 1830er Jahren seiner Zeit weit voraus und gibt Impulse, die bis in die heutige Ökokritik ausstrahlen Von diesen Prämissen ausgehend, stand der Potsdamer Leopardi-Tag unter dem Thema «Giacomo Leopardi - Dichtung als inszenierte Selbsttäuschung in der Krise des Bewusstseins» Anliegen der Tagung war es, einen neuen Zugang zu der Gedankenwelt Leopardis zu erarbeiten und aufgrund von Indizien die These zu erhärten, dass Dichtung bei Leopardi als eine Inszenierung widersprüchlicher Gedanken betrachtet werden kann, eine Widersprüchlichkeit, die einer Bewusstseinskrise avant la lettre entspringt Dichtung bewegt sich bei Leopardi auf dem schmalen Grad zwischen Illusion und 2_IH_Italienisch_74.indd 158 16.11.15 07: 55 159 Mitteilungen Desillusionierung im Bewusstsein der Notwendigkeit der Selbsttäuschung Auf der Schwelle zur Moderne hat Leopardi als Dichterphilosoph, freilich auf der Basis des Klassizismus, über die Romantik hinweg Linien nicht nur zu Baudelaire und zu Nietzsche, sondern darüber hinaus bis zu Valéry und Pessoa vorgezeichnet In den Impulse gebenden Vorträgen wurde die gesamte Bandbreite von Leopardis Werk beleuchtet Die Imitazione aus den Canti heranziehend, zeichnete Winfried Wehle die innere Differenzierung, die Multiplizität der Dichtung Leopardis sowie die Modernität seines dichterischen und philosophischen Werkes nach, die er gleichsam wider seinen Willen gelebt hat Cornelia Klettke zeigte die Maskierungsstrategien sowie die Fähigkeit zum intertextuellen bricolage des Dichters am Beispiel der Scomessa di Prometeo auf und legte dar, wie Leopardi anhand des von ihm inszenierten, gescheiterten Prometheus die heraufziehende Krise des Bewusstseins seiner Zeit vorführt Über die fortwährende selbstanschauende Position, die Leopardi im Zibaldone einnimmt, reflektierte Angela Fabris Die Bedeutung des Scheins und die Notwendigkeit seiner Bewahrung in den Canti wurden von Carlo Mathieu dargelegt Antonella Ippolito verfolgte in ihren Anschauungen die sprachliche Simulation der Antike in den zwei Odae adespotae, die Leopardi in jungen Jahren verfasste Ausgehend von einigen Verweisen auf Goethes Werther im Zibaldone verdeutlichte Judith Kasper anhand des Gedichts Il sogno die Beziehung zwischen Philologie und Liebesaffekt bei Leopardi Sven Kilian betrachtete Leopardis anthropologisch-philosophische Überlegungen zur italienischen Gesellschaft und zeigte am Beispiel des Gedichts La sera del dì di festa und des Discorso sopra lo stato presente dei costumi degl’Italiani die Ambivalenz dichterischer Konstruktion von Nationalbewusstsein Leopardis Auseinandersetzung mit Voltaires Poème sur le désastre de Lisbonne stand im Mittelpunkt des Vortrages von Roberto Ubbidiente, der hierbei den unterschiedlichen Blick auf die Natur bei beiden Denkern darstellte Angela Oster befasste sich abschließend mit der komplexen Verschmelzung der Inszenierung des Ich und seiner Authentizität in den Briefen Leopardis Nach den Vorträgen wurde der neueste Leopardi-Film Il giovane favoloso (2014) vorgeführt Franco Sepe führte in den Film ein Die Tagung zeichnete sich durch eine starke Beteiligung italienischer Wissenschaftler aus Unter den Teilnehmern waren zudem zahlreiche Doktoranden und Post-Docs aus dem großen Kreis der Potsdamer Italianistik Insgesamt war der Leopardi-Tag 2015 an der Universität Potsdam nach einhelliger Meinung ein großer Erfolg Die thematische Ausrichtung der Tagung eröffnet neue, innovative Perspektiven für die Leopardi-Forschung Es handelt sich um eine Initiative der Italianistik der Universität Potsdam (Lehrstuhl Cornelia Klettke) in Zusammenarbeit mit der Deutschen 2_IH_Italienisch_74.indd 159 16.11.15 07: 55 16 0 Mitteilungen Leopardi-Gesellschaft Der Leopardi-Tag wurde durch eine großzügige finanzielle Förderung des Italienischen Kulturinstituts sowie der Botschaft der Republik Italien unterstützt . Lars Klauke Dante Alighieri - quo vadis? Dante-Forum a gottinga Dal 27 al 29 maggio 2015 si è tenuto presso il Dante-Forum di Gottinga un convegno sul tema: «Dante Alighieri: quo vadis? Nuove prospettive nel dialogo delle discipline» Filologi, critici letterari, storici e specialisti di Dante si sono riuniti per dialogare sullo stato attuale degli studi danteschi in diversi paesi, e per presentare ai colleghi i progetti in corso Un dialogo vivace e fruttuoso è sorto tra gli ospiti a beneficio di un gruppo di studenti e dottorandi Una tavola rotonda sugli studi danteschi in Germania, Spagna, Francia, Italia e negli Stati Uniti ha inaugurato il convegno Franziska Meier (Göttingen) ha accennato alla tradizione di eccellenza internazionale degli studi romanistici su Dante in cui eccellevano figure come Erich Auerbach, Ernst Robert Curtius e Hugo Friedrich Oggi spiccano fra le altre alcune iniziative come quelle promosse dalla Deutsche Dante-Gesellschaft. Il Dante-Forum di Gottinga intende creare una piattaforma di ricerca che faccia dialogare e metta in evidenza quesiti circa le opere meno studiate di Dante, o aspetti considerati come marginali, o ancora elementi metodologici degli studi danteschi Rossend Arquès (Barcellona) ha descritto l’imponente progetto svolto tra Madrid e Barcellona, che prevede diverse pubblicazioni, l’organizzazione di convegni internazionali, la ricercha sulle canzoni di Dante, e infine il progetto circa «Dante e le Arti», che riunirà sia studi sul tempo di Dante sia contributi sulla ricezione di Dante in diverse arti e presso artisti moderni e contemporanei Enrica Zanin (Strasburgo) ha esposto le difficoltà attuali della ricerca filologica su Dante in Francia Se nuove traduzioni cercano di rendere accessibile ad un pubblico più vasto le opere di Dante, pochi sono gli studi filologici su Dante in Francia, probabilmente a causa del carattere religioso e dell’oggettiva difficoltà dell’opera Le ricerche filosofiche e storiche sul contesto ideologico di Dante sono invece vivaci, e nuovi approcci narratologici o contestuali potrebbero rinnovare la dantistica francese Giuseppe Ledda (Bologna) ha proposto un itinerario geografico repertoriando nuove edizioni e studi su Dante in Italia Ted Cachey (Notre Dame) ha dedicato la sua relazione alla memoria di Robert Durling, le cui traduzioni ed interpretazioni di Dante diedero nuova vitalità agli studi danteschi negli Stati Uniti L’esempio di Durling ha mostrato l’importanza delle piccole università (Burling inseg- 2_IH_Italienisch_74.indd 160 16.11.15 07: 55 161 Mitteilungen nava a Santa Cruz) nel rinnovo degli studi danteschi Cachey ha sottolineato l’importanza di Dante nel cursus di formazione universitario, l’interesse che le giovani generazioni provano per la Commedia, fattori che fanno di Dante un «American Classic» Ad aprire il primo giorno del convegno è stata la presentazione del progetto di ricerca, animato dalle Università di Leeds, Warwick e Cambridge, su «Dante and Late Medieval Florence: Theology in Poetry, Practice and society» che analizza il contesto fiorentino in cui Dante ha potuto formarsi Simon Gilson (Warwick) ha sottolineato quanto sia difficile ricostruire il contesto (environment) dantesco L’analisi delle fonti delle scuole mendicanti in Firenze suggerisce una immagine frammentaria ed incompleta Difficile da valutare è l’importanza reale delle biblioteche, come quella di Santa Croce, nella formazione dei laici In Santa Croce, per esempio, non era conservato alcun testo di Aristotele, e non è ancora chiaro quale era l’accesso di laici, come Dante, ai volumi Nel suo contributo Vittorio Montemaggi (Notre Dame) considera l’avvio della Commedia come un’ingiunzione al lettore, perché egli accetti di intraprendere e di lasciarsi condurre nel viaggio del pellegrino («Contextualizing Dante ‹nel mezzo del cammin di nostra vita›») Nella stessa via interpretativa di Peter Hawkins, Christian Moevs e Kirkpatrick, Montemaggi mostra come la Commedia esorta il lettore a lasciarsi guidare verso un più grande e più attivo coinvolgimento Stimolato dall’idea che nessun uomo può sapere chi e perché è redento, il pellegrino Dante impara - e Dante poeta mostra non senza riferimenti a Gregorio Magno - cosa sia l’umiltà, e situa se stesso in un processo infinito di approssimazione al divino Una condizione necessaria di questa via verso il divino è l’apertura costitutiva della fine Montemaggi cita infine Roberto Benigni, che afferma come le terzine di Dante operano un rovesciamento: Dante non ha scritto la Commedia «perché Dio c’è», ma «perché ci sia» Giuseppe Ledda (Bologna) sottolinea l’importanza dell’agiografia nella Commedia («Modelli di santità Dante e l’agiografia medievale») Ledda ha già analizzato il ruolo centrale di Santa Lucia nel pellegrinaggio di Dante, e intende ora capire perché Dante allude a più riprese a martiri, nei canti dell’Inferno ricchi di riferimenti ad elementi biografici del poeta (cioè nella bolgia dei barattieri e degli scismatici) Appare così che buona parte delle punizioni infernali implicano allusioni a forme di martirio riportate nella Leggenda aurea L’analisi delle forme di martirio rivela, alle basi della Commedia, una rete di santi che ne orientano il significato L’intertesto agiografico appare esplicitamente nelle vite di Francesco di Assisi e di San Domenico nel Paradiso, così come nelle figure di Cacciaguida e di «San Boezio», le cui morti legano martirio ed esilio politico, ed infine in Pietro Damiani e in San Bene- 2_IH_Italienisch_74.indd 161 16.11.15 07: 55 162 Mitteilungen detto, pure presentati come martiri La rete delle referenze agiografiche ha una funzione retorica, che adempie, nell’Inferno una chiara funzione parodica, e che costruisce e conferma, nel Paradiso, l’autorità di Dante Ted Cachey riporta i progressi nel vasto progetto di ricostruire la cosmologia di Dante («Una nota sugli angeli e l’Empireo») Egli sottolinea la novità della Commedia, che presenta l’empireo come un luogo trascendente ed immateriale Le sue analisi prendono spunto dall’autocorrezione di Dante, circa l’ordinamento dei cieli, dal Convivio e poi in Paradiso Cachey rileva in alcuni passaggi di carattere cosmomogico la tensione tra il desiderio universalistico di situare e definire l’ordine del cosmo ed il bisogno egocentrico di situarsi e di attribuirsi una posizione centrale Tale tensione mostra pure come l’Io di Dante non deve solo essere considerato come allegorico, ma deve pure essere inteso come un Io storico, che cerca di definire la propria situazione nel tempo e nello spazio Giuseppina Brunetti (Bologna) espone i successi, le difficoltà ed i quesiti ancora irrisolti nelle sue ricerche circa la ricostruzione della biblioteca di Santa Croce («Letture, libri e biblioteche di Dante [con una glossa sui libri di storia]») Anna Pegoretti (Warwick) espone i limiti sia delle letture allegoriche eccessivamente esplicite che delle ricerche positivistiche («Bonjour Tristesse Possibilities and Limits of Historicism in Dante Studies») Prendendo come esempio il lessema ‹povertà›, mostra come Dante si muova attraverso contesti ideologici diversi e spesso conflittuali Il ruolo delle confraternite, in particolare, non consisteva in migliorare o rimediare agli stenti dei membri, bensì a farsi carico liberamente e collettivamente della povertà L’opera di Dante riflette quindi una tensione tra la povertà considerata come un valore spirituale, e come esperienza concreta di stenti ed afflizione Sebastian Neumeister (Berlino) considera Dante come punto di partenza per l’analisi dei rapporti tra poesia e sapere nella lirica provenzale e volgare («La poesia del Duecento fra divertimento poetico e forma del sapere») David Wallace (Philadelphia) infine provoca gli italianisti affermando che la celebrazione delle tre corone è stata l’opera di Bembo, nel contesto normativo della contro riforma, continuata poi nel Risorgimento per ragioni nazionalistiche («Cinque Corone [Project Presentation]») Una delle ambizioni del vasto progetto editoriale da lui diretto circa la storia letteraria tra 1348 e 1418 (Europe: a literary history) consiste à restituire la corona a due autori italiani, anzi, a due scrittrici la cui corrispondenza ha notevolmente contribuito alla letterature trecentesca: Caterina da Siena e Brigida di Svezia Portare le corone da tre a cinque restituirebbe la voce a due donne estremamente influenti Simon Gilson (Warwick) ha sottolineato come la promozione bembiana delle tre corone serviva a valorizzare il volgare, minacciato dall’interesse rinascimentale per il latino, e come l’opera di Boccaccio fosse già discussa da Bembo come poco 2_IH_Italienisch_74.indd 162 16.11.15 07: 55 16 3 Mitteilungen degna del lauro («Dante and Late Medieval Florence: Theology in Poetry, Practice and Society») Giuliano Milani inaugura le riflessioni della terza giornata di studi interrogando le relazioni tra storici e dantisti Una prima differenza concerne l’oggetto di studio: Dantisti e storici fondano le proprie ricerche su testi diversi La relazione tra le due discipline sarebbe più fruttuosa, se gli storici avviassero un dialogo fruttuoso con i dantisti, e se i dantisti non considerassero il lavoro degli storici come una semplice riserva di informazioni Milani presenta in seguito uno sguardo retrospettivo sui i Codici diplomatici danteschi («The Political Contexts of Dante’s Life: Documents and Dilemmas») Nel primo censimento Biagi e Passerini riunirono tra il 1895 e il 1911 42 documenti sulla vita di Dante; poi l’edizione di Piattoli, negli anni 1940-1969 ha raccolto 252 documenti circa la famiglia Alighieri, ed infine la nuova edizione di 2015, alla quale Milani ha collaborato, che riprende, corregge ed amplia il lavoro di Piattoli, e censisce 328 documenti di cui 43 nuovi Il nuovo censimento porta alla luce nuove evidenze e permette di ripensare alcune questioni dantesche: appare ad esempio che Cacciaguida era amico della famiglia degli Uberti e che quindi la distanza che separa Dante ed i Ghibellini prima dell’esilio è da rivalutare La contestualizzazione dei documenti mostra pure come il matrimonio tra Dante e Gemma non ha potuto essere stipulato nel 1277, quando Dante aveva solo 13 anni, e come i debiti di Dante siano stati più uno strumento per mettere al sicuro una piccola fortuna che per prendere in prestito denaro L’accordo di pace tra i Sacchi e gli Alighieri nel 1342 non è un evento di rilievo, ma una prassi comune, poiché Gualtieri di Brienne impone in quell’anno la pacificazione di tutte le faide I codici della famiglia Alighieri presentano pure un interesse specifico per lo storico poiché offrono uno spaccato documentato su di una famiglia di classe media nel due-trecento Ciò che sorprende a prima vista è il carattere liquido delle categorie politiche, che sono spesso considerate troppo rigidamente dalla critica dantesca Il criterio della nobiltà, per esempio, non era né dirimente né centrale nella politica fiorentina due-trecentesca; le scelte politiche erano scelte pragmatiche di clientelismo: gli Alighieri si elevano socialmente quando, al tempo della nascita di Dante, da alleati agli Uberti diventano clienti dei Donati, e risulta quindi possibile per Dante rinunciare ad una professione per occuparsi di poesia Per una famiglia di ceto medio la scelta del partito guelfo o ghibellino non era né assoluta, né coercitiva Il papato non è il referente centrale del partito guelfo, come lo sono invece gli angioini Insieme ad Antonio Montefusco (Venezia) Milani presenta il progetto a cui lavorano apresso l’EHESS di Parigi in un gruppo diretto da Sylvain Piron, che prosegue le ricerche iniziate da Le Goff sulla scolastica ed il medioevo intellettuale nel contesto specifico della Toscana, dove la vita intel- 2_IH_Italienisch_74.indd 163 16.11.15 07: 55 16 4 Mitteilungen lettuale risulta più frammentata perché il ruolo delle università è meno preponderante («Ritratto di gruppo: Intellettuali laici italiani intorno al 1300») Quaranta figure di «intellettuali» sono quindi state selezionate per comporre un ritratto di gruppo che disegni l’evoluzione culturale dal 1260 al 1320 La formazione, l’impegno intellettuale e politico, i legami le influenze e gli incontri con altri esponenti culturali locali verranno scandagliati per comporre una biografia collettiva che prende spunto da Dante, senza che il poeta appaia al suo centro Montefusco sottolinea la centralità delle epistole nel corpus dantesco Egli espone i principi dell’edizione critica che sta preparando Egli ha potuto rintracciare tre centri nei quali le lettere scritte da Dante circolarono: in primo luogo la cancelleria di Firenze, più importante ancora quella di Forlì durante l’esilio, poiché Dante servì da dictator dei Bianchi, ed infine le corti del Nord Italia, in cui Dante ha soggiornato Le epistole, che furono raccolte solo nel Settecento, sono state conservate grazie ad una copia in un registro o come fogli sparsi Lo studio e la datazione delle epistole suggerisce diverse piste di ricerca, tra le quali l’idea che Dante si trovò relativamente presto isolato ed autonomo all’interno stesso del gruppo dei Bianchi Le epistole mostrano pure come Dante strutturi e ricerchi diverse strategie di autopromozione nell’ambiente dello studio bolognese Alcune epistole mostrano la problematica relazione tra volgare e latino, che bisognerebbe situare nel contesto coevo della scrittura epistolare La sessione successiva diretta da Matthias Roick tratta della storia dell’etica, e considera le intersezioni tra etica politica giurisprudenza e teologia Serena Ferente (Londra) descrive il ruolo specifico che assume Dante nel contesto delle ricerche in storia delle idee («Freedom under one Ruler in Monarchia») Le riflessioni di Dante sull’idea di libertà nascono in un contesto polemico, in cui Firenze sviluppa e promuove una nuovo concetto di Libertas Le reazioni di Dante in questo contesto di progressiva concettualizzazione sono difficili da sintetizzare e da sistematizzare Risulta pure complesso determinare chi abbia sviluppato e diffuso nella cancelliera di Firenze l’ida di una libertà che poteva solo sussistere nel contesto dei comuni La libertas ha consolidato non solo l’alleanza con il papa, ma soprattutto l’alleanza delle città contro le richieste dell’imperatore Dante invece, nella Monarchia, propone una nuova definizione di libertà La sua argomentazione si è costruita contro la comprensione dei giuristi alla corte napoletana, supponendo che l’impero romano, poiché costituito con la forza (violentia), ha potuto essere solo temporario, facendo ricadere gli uomini nello stato di libertà naturale Lorenzo Valterza (Notre Dame) si interessa alla rappresentazione del diritto romano nel Convivio («Reasoned Desires? Understanding Dante between Text and History») Egli mostra come Dante, a partire d’una una comprensione generale del diritto divino, fondato sulla rivelazione, il diritto 2_IH_Italienisch_74.indd 164 16.11.15 07: 55 16 5 Mitteilungen naturale, il diritto romano e positivo, intenda obliterare le frontiere tra diritto divino e romano Più volte Dante utilizza formule del digesto come fonti, senza fare riferimento alla loro origine storica Valterza sottolinea alcune particolarità del volgarizzamento di Dante: se Dante cerca di occultare l’origine del diritto romano, è per accordargli una legittimità pari a quella del diritto divino La rappresentazione di Giustiniano nel Paradiso è un esempio di questa strategia Il termine «lealtade» non deve essere inteso nel senso di «lealtà», ma piuttosto come prossimo a «lex», significando quindi il fatto di seguire una legge Il termine «usanza», in Convivio IV, 25, è pure significativo perché tratto dal diritto latino Dante considera che per comprendere la legge è necessario riferirsi non solo alle leggi codificate ma pure all’uso Valérie Cordonnier (Paris) e Matthias Roick (Göttingen) presentano il loro lavoro sulla storia della ricezione del liber de bona fortuna («Dante, Salutati and the Power of Fortuna») Tale opera contiene un’interpretatazione aristotelica del concetto largamente diffuso di fortuna, che viene citato nel Convivio Sarebbe interessante capire in quale forma Dante abbia avuto accesso al contenuto del libro, e quali tracce tale lettura lascia nella Commedia Due esposizioni del libro e cioè quella sul «bene natu(ratus)» e sull’ispirazione divina si ritrovano in Dante, come a costituire una forma di filo rosso che merita ulteriori analisi Manuele Gragnolati (Oxford) chiude il convegno con una riflessione sulla resurrezione carnale dei morti («La resurrezione carnale dei morti: contestualizzazione e diffrazione della Commedia») Egli espone l’evoluzione ed i problemi circa i rapporti tra anima e corpo Da un lato, l’idea francescana di un dualismo tra anima e corpo, che rischia tuttavia di compromettere l’unità della persona e dell’altra l’idea della perfetta unità in cui l’anima è la forma del corpo ed il corpo ne è la materia Gragnolati dimostra come entrambe le tesi sono presenti in Dante: le ombre hanno una forma di corporeità che manifesta la loro anima, ma tale corporeità delle ombre è vanità e le anime non coincidono con le persone Dante intraprende un percorso di conoscenza, che lo incorpora progressivamente alla trascendenza e lo rende parte del corpo mistico L’analisi di Gragnolati applica alla Commedia il concetto di difraction usato da Donna Haraway, e compara il riferimento ai corpi nella Commedia ed in Aracoeli di Elsa Morante Nelle due opere, le contraddizioni sussistono, ma la lingua volgare, e l’uso letterario permettono una comprensione più pronfonda del rapporto al corpo, inteso non solo come necessità, ma pure come nostalgia e ricordo Enrica Zanin 2_IH_Italienisch_74.indd 165 16.11.15 07: 55 166 Mitteilungen Bachelorstudiengang Deutsche-italienische Studien regensburg Der Bachelorstudiengang Deutsch-Italienische Studien / Studi Italo-Tedeschi (DIS / SIT) der Universität Regensburg ist ein binationaler Studiengang mit integriertem Auslandsaufenthalt Er schließt nach sechs Semestern mit einem in Deutschland und Italien anerkannten Doppeldiplom Bachelor of Arts (B .A .) / Laurea di primo livello ab Die Deutsch-Italienischen Studien sind Teil des internationalen Studienprogramms Interkulturelle Europastudien des Instituts für Romanistik der Universität Regensburg und werden seit dem Wintersemester 2005/ 2006 gemeinsam mit der Partneruniversität Triest angeboten Schwerpunkte des Studiums liegen auf dem vertieften Erwerb zweier romanischer Fremdsprachen (Italienisch auf Niveau C2 nach dem Europäischen Referenzrahmen + Französisch/ Spanisch auf Niveau C1) und deren Einbindung in einen literatur-, kultur- und sprachwissenschaftlichen Kontext Die Studierenden erhalten einen breitgefächerten Einblick in die italienische Sprache, Literatur und Kultur und werden durch interkulturelle Inhalte (interkulturelle Kompetenz und Sprachmittlung) international ausgerichtet Dank der Möglichkeit zur individuellen, interdisziplinären Schwerpunktbildung u .a in Geschichte, Politik, Jura und Wirtschaft wird die Anschlussfähigkeit an einen spezialisierten Masterstudiengang verbessert und der Berufseinstieg erleichtert Die Studierenden verbringen das erste von insgesamt drei Studienjahren (sechs Semester) an ihrer Heimatuniversität: die deutschen Studierenden in Regensburg, die italienischen Studierenden in Triest Das zweite Jahr durchlaufen alle Studentinnen und Studenten gemeinsam in Regensburg und wechseln dann an die Universität Triest Während des Studiums müssen die Studierenden ein viermonatiges Praktikum in einem Unternehmen, einer Organisation in Deutschland oder Italien absolvieren Dabei erwerben Studierende erste berufspraktische Erfahrungen und können sowohl ihre Fremdsprachenkenntnisse, ihr Wissen über die italienische Gesellschaft und Kultur, ihre interkulturelle Kompetenz wie auch ihr betriebswirtschaftliches Grundlagenwissen anwenden Das Studienprogramm richtet sich an Bewerberinnen und Bewerber mit Interesse an der italienischen und französischen oder spanischen Sprache, Literatur und Kultur, die eine Tätigkeit sowohl außerhalb der Schule als auch außerhalb rein betriebswirtschaftlicher Bereiche von Unternehmen anstreben und die vielmehr als Mittler zwischen der deutschen und der italienischen Kultur für ein internationales Unternehmen, eine Kulturinstitution oder eine öffentliche Einrichtung in Deutschland, Italien oder auch Frankreich sowie Spanien tätig sein möchten An den Bachelorabschluss kann in Regensburg der Masterstudiengang Romanische Philologie sowie der Masterstudiengang Interkulturelle Europa- 2_IH_Italienisch_74.indd 166 16.11.15 07: 55 167 Mitteilungen studien (IKE) angeschlossen werden, den das Institut für Romanistik der Universität Regensburg in Zusammenarbeit mit der Université Blaise Pascal Clermont-Ferrand, der Università degli Studi di Ferrara und der Universidad Complutense Madrid anbietet Studierende mit Schwerpunkt Italien beginnen den Masterstudiengang in Regensburg und wechseln im zweiten Studienjahr nach Ferrara Dort erweitern sie ihre Kompetenz in den Fremdsprachen und vertiefen literatur- und sprachwissenschaftliche Kenntnisse Das viersemestrige Studium schließen Studierende mit dem Abschluss «Master Interkulturelle Europastudien» und der «Laurea magistrale in Lingue e letterature straniere di Unife (LM37)» ab . Simona Fabellini einladung zum italianistentag halle 3.-5.3.2016: Serialität - reihen, Fortsetzungen, Folgen / Serialità - collane, continuazioni, puntate Vorabendserien, Soap Operas, Familiensagas, Comicreihen oder mehrbändige Fortsetzungsromane prägen so sehr das Erscheinungsbild gegenwärtiger Populärkultur, dass Serialität zum Strukturprinzip moderner Medialität schlechthin geworden ist Dieses Prinzip weist zurück auf die Erfindung der Massenliteratur zu Beginn des 19 Jahrhunderts, die sich vom auratischen ‹Werk› in seiner durchkomponierten Abgeschlossenheit absetzt Doch Serialität war der historischen, von der Antike bis ins 18 .Jahrhundert in unterschiedlicher Spielart gültigen «Poetik der Identität» (J .M Lotman) immer schon inhärent: Mimesis und Imitatio auctorum haben in der Literatur stets zur expliziten Serienbildung von Artefakten geführt Auch in der Sprachwissenschaft spielt Serialität eine zentrale Rolle als grundlegendes Strukturbzw Strukturbildungsprinzip Serialität manifestiert sich in Form des Prinzips der Linearität sprachlicher Äußerungen, d .h auf der syntagmatischen Ebene, aber natürlich setzt die Abfolge der einzelnen Elemente auf den verschiedenen sprachlichen Strukturebenen auch zugrunde liegende paradigmatische Ordnungen voraus In Anlehnung an die hier vorgestellten literatur-, kultur- und sprachwissenschaftlichen Aspekte spielt Serialität als «Strukturprinzip moderner Medialität» auch aus didaktischer Sicht in der Schule bei der Auswahl der Unterrichtsmedien aus dem Bereich Populärkultur eine wichtige Rolle Ein ausführliches Exposé finden Sie auf der Homepage des DIV (http: / / www .italianistenverband .de) Marc Föcking Erster Vorsitzender des Deutschen Italianistenverbandes e.V. 2_IH_Italienisch_74.indd 167 16.11.15 07: 55 16 8 Mitteilungen eingegangene Bücher Benni, Stefano: Cari mostri . Milano: Feltrinelli Editore 2015 Cinelli, Gianluca: La questione del male in Storia della Colonna infame di Alessandro Manzoni. Fondamenti di una teoria della letteratura etica. Kibworth Beauchamp: Troubador 2015 . (Troubador Italian Series) Gendolla, Peter: Die Erfindung Italiens . Reiseerfahrung und Imagination . München: Wilhelm Fink Verlag 2014 Grewe, Andrea/ Di Stefano, Giovanni: Italienische Filme des 20. Jahrhunderts in Einzeldarstellungen . Berlin: Erich Schmidt Verlag 2015 Heinrich Heine. Über die französische Bühne. Vertraute Briefe an August Lewald. / Sul teatro francese. Lettere confidenziali ad Augusto Lewald . Traduzione di Pino Armino . Testo tedesco a fronte . A cura di Ingeborg Thiel Armino . Mit zwei Audio CDs, gelesen von Donatella Cipolato und Roman Böffgen . Venezia: Edizioni el squero 2014 Giacomo Leopardi. Verso il giovane ribelle . Poesie scelte e recitate da / Gesänge ausgewählt und vorgetragen von Pino Armino . Consulenza editoriale Ingeborg Thiel Armino . Mit Audio-CD . Venezia: Edizioni el squero 2015 Noetica versus informatica . Le nuove strutture della comunicazione scientifica . Atti del convegno internazionale Roma, 19-20 novembre 2013, a cura di Fiammetta Sabba, Firenze: Leo S . Olschki Editore 2015 Sabin, Stefana: Dante auf 100 Seiten . Stuttgart: Reclam Verlag 2015 Scheible, Hartmut: Sinnliche Vernunft . Giacomo Casanova in seiner Zeit . Springe: zu Klampen Verlag 2015 (zuKlampen Essay) Stierle, Karlheinz: Dante Alighieri. Dichter im Exil, Dichter der Welt . München: Beck 2014 Italienisches Theater. Geschichte und Gattungen von 1480 bis 1890 . Hrsg . von Daniel Winkler, Sabine Schrader und Gerhild Fuchs . Berlin: Verlag Theater der Zeit 2015 Voice of a Virtuosa and Courtesan . Selected Poems of Margherita Costa . Edited by Natalia Costa-Zalessow, translated by Joan Borelli, Nes York: Bordighera Press 2015 Austauschzeitschriften Babylonia . Rivista per l’insegnamento e l’apprendimento delle lingue . 1 und2/ 2015 Comano (CH): Fondazione Lingue e Culture Bibliographische Informationen zur neuesten Geschichte Italiens. / Informazioni bibliografiche sulla storia contemporanea italiana . Nr . 146, November 2014 Rom/ Saarbrücken: Deutsches Historisches Institut/ Arbeitsgemeinschaft für die neueste Geschichte Italiens Bollettino del C.I.R.V.I., Moncalieri: Centro INteruniversitario di Ricerche sul «Viaggio in Italia» . Luglio-dicembre 2013, Anno XXXIV, fascicolo II, N . 68 Esperienze letterarie . Rivista trimestrale di critica e di cultura . 1, 2 e 3 XL - 2015 Pisa/ Roma: Fabrizio Serra Editore Studi comparatistici . N . 10 . Luglio-dicembre 2012, Anno V, Fascicolo II . Società Italiana di Comparatistica Letteraria (SICL) . Moncalieri: Edizioni del C .I .R .V .I 2_IH_Italienisch_74.indd 168 16.11.15 07: 55 169 Mitteilungen Autorinnen und Autoren dieser Nummer Giulia Angelini, Dr ., Freie Universität Berlin Francesco Avolio, Prof ., Dr ., Università degli Studi dell‘Aquila Alessandro Baldacci, Dr habil ., Universität Warschau Martin Becker, Prof .Dr ., Universität Köln Simona Fabellini, Dott .ssa, Universität Regensburg Marc Föcking, Prof .Dr ., Universität Hamburg Frank-Rutger Hausmann, Prof .Dr ., Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Lars Klauke, Universität Potsdam Tabea Kretschmann, Dr ., Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Christoph Lehner, Universität Regensburg Carlo Lucarelli, Schriftsteller, Mordano (BO) Caroline Lüderssen, Dr ., PD, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Mario Marino, Dr ., BTU Cottbus-Senftenberg/ Berlin Sara Matrisciano, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Margherita Maulella, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Stephanie Neu, Jun .-Prof ., Dr ., Universität Mannheim Alessandra Origgi, Dott .ssa, Freie Universität Berlin Angela Oster, Dr ., PD, Ludwig-Maximilians-Universität München Cora Rok, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Franco Sepe, Dott ., Universität Potsdam Isabella von Treskow, Prof .Dr ., Universität Regensburg Andrea Urban, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Christof Weiand, Prof .Dr ., Universität Heidelberg Friedrich Wolfzettel, Prof .Dr ., Goethe-Universität Frankfurt Enrica Zanin, Universitè de Strasbourg Maria Zannini, Dott .ssa, Universität Mannheim 2_IH_Italienisch_74.indd 169 16.11.15 07: 55 2_IH_Italienisch_74.indd 170 16.11.15 07: 55