eJournals Italienisch 35/70

Italienisch
ita
0171-4996
2941-0800
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2013
3570 Fesenmeier Föcking Krefeld Ott

Gründungsväter

121
2013
Michael Schwarze
ita35700001
1 Gründungsväter Diese Ausgabe von Italienisch enthält einen Aufsatz, der sich als «Plädoyer für die Beschäftigung mit der romanistischen Fachgeschichte» (S. 18) versteht und mit Ernst Robert Curtius einen der «Gründungsväter der deutschsprachigen romanistischen Literaturwissenschaft» (ibid.) zum Gegenstand hat. Verfasst ist der Artikel von Frank-Rutger Hausmann und damit von einem Literaturwissenschaftler, der seinerseits mit Fug und Recht als ein Gründungsvater tituliert werden kann: Als Begründer nämlich einer historiographisch zeitgemäßen Fachgeschichte der deutschen Romanistik. Seit nunmehr 20 Jahren spürt Hausmann einschlägige Quellen auf, wertet sie akribisch aus und überführt sie in präzise, hochinteressante historische Profile. Entstanden ist dabei eine beeindruckende Reihe von Pionierarbeiten, welche die Ecksteine einer umfassenden Reflexion auf Geschichte unseres Faches im 20. Jahrhundert bilden. Ein aus italianistischer Perspektive besonders wertvolles Ergebnis der Forschungen Hausmanns stellt seine 2012 erschienene Geschichte der Deutschen Dante-Gesellschaft im geteilten Deutschland dar. In ihr rekonstruiert er die materielle, organisatorische und politische Geschichte der Dante-Gesellschaft (DDG) zwischen 1949 und 1981. Das große Verdienst dieser Studie Hausmanns liegt zunächst darin, dass er Materialien, die bisher über private Nachlässe, staatliche und kommunale Archive sowie kirchliche Stellen weit verstreut waren, erstmals systematisch gesichtet hat und dem Publikum zugänglich macht. Auf dieser Basis und ausgehend von einem konzisen Überblick über die Zeit von der Entstehung der DDG (1865) bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelt Hausmann ein Stück Zeitgeschichte, das über das Detailinteresse hinaus sehr lesenswert ist: Dafür ist zum einen der kritische Blick des Verfassers verantwortlich, der seine Quellen nicht zuletzt im Hinblick auf strukturelle Spannungsfelder liest. So zeigen zum Beispiel Ausführungen zur Herausgeberschaft des Deutschen Dante-Jahrbuchs divergierende Orientierungen einer literarischen Gesellschaft auf, die sich aus traditionsbewussten Bildungsbürgern und forschungsorientierten Wissenschaftlern zusammensetzt. Geradezu spannend ist die Darstellung zum anderen, weil sie die Geschichte der drohenden Spaltung der DDG in eine westliche und eine östliche Gesellschaft dokumentiert. Die deutsch-deutsche Geschichte erscheint hier wie in einem Vexierglas, welches es dem Leser ermöglicht, quellennah nachvollziehen, wie und um welchen Preis es ostdeutschen «Dante-Freunden» gelang, sich lange Zeit einer Vereinnahmung durch das SED-Regime zu entziehen. Frank-Rutger Hausmanns Geschichte der DDG leistet einen weiteren wichtigen Beitrag zur kritischen Selbstvergewisserung der deutschsprachigen Romanistik. Dafür gilt ihm großer Dank. Und dem Deutschen Italianisten verband und seiner Zeitschrift Italienisch ist zu wünschen, dass sich ihrer dereinst ein ebenso meisterhafter Fachhistoriker annehmen wird. 2_IH_Italienisch_70.indd 1 30.10.13 09: 25