Italienisch
ita
0171-4996
2941-0800
Narr Verlag Tübingen
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2014
3672
Fesenmeier Föcking Krefeld OttWer fühlen will, muss hören
121
2014
Isabella von Treskow
ita36720002
2 Isab e L L a VoN Treskow wer fühlen will, muss hören sinnliche wahrnehmung in der Literatur und Literaturtheorie des Cinquecento ‹Wer nicht hören will, muss fühlen› ist ein Diktum, das wir ungern akzeptieren ‹Wer hört, der fühlt› ist hingegen akzeptabel oder sollte es sein Dass, wer fühlen und verstehen will, was Literatur vermittelt, neben den Wortbedeutungen die Gegebenheiten der sprachlichen Struktur anverwandelt und in der Rezeption physikalische Stimulation, emotionale Erregung und Verstehen korreliert sind, ist Grundthese der folgenden Überlegungen Leitfrage ist, ob und wie in poetologischen Schriften des Cinquecento die sinnliche Qualität von literarischer Sprache thematisiert und in welchen Zusammenhang sie mit affektiven und kognitiven Prozessen gestellt wird Dass das Cinquecento hierfür in den Blick rücken muss, ergibt sich aus dem kulturgeschichtlichen Rahmen: Etwa ab Ende des 15 Jahrhunderts vollzieht die Literatur in Italien die Wende vom Lateinischen zum Volgare In dieser Zeit nimmt die Dichtung Aufschwung und gewinnt europäische Ausstrahlungskraft Deren Sprache trägt erheblich zur Bildung eines einheitlichen Italienisch bei Zugleich entwickeln sich die Naturwissenschaften und weckt die Objektwelt, die Welt der konkreten natürlichen Phänomene, zusehends das Interesse der Wissenschaftler, Philosophen und Dichter Die Vielschichtigkeit dieser Dynamik gepaart mit dem Umstand, dass in der Frühen Neuzeit stets der Wille vorherrschte, alles in einem (groß gedacht: kosmologischen) System zu verbinden, lässt vermuten, dass die Theorie des 16 Jahrhunderts dem physikalischen Aspekt von Sprache im Verbund mit grammatikalischen, stilistischen und lexikalischen Aspekten stärkere Beachtung schenkt Die hier präsentierten Befunde zeigen in der Tat, dass die Literatur-, speziell die Lyriktheorie auf sprachlich-akustische Phänomene als Teil und Motor der Entwicklung des Italienischen nicht nur allgemein poetologisch eingeht Sie engagiert sich besonders, wo die ästhetische Qualität von Sprache neu reflektiert und Bestimmungen formuliert werden, die konkret die Lautlichkeit von Texten betreffen Die Befunde sind im Kontext der Gattungsprämissen von Lyrik zu sehen, die eine eigene Musikalität der Sprache verlangen, sie sind in Zusammenhang mit der Delatinisierung und der Unifizierung des Italienischen zu stellen, welche sich in unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Kodifizierung und Normierung durchsetzte, die auch das Lautsystem betrafen, und sind dem genannten naturwissenschaftlichen Interesse zu ver- 2_IH_Italienisch_72.indd 2 06.11.14 10: 27 3 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören danken Die Relevanz, die der auditiven Perzeption zugewiesen wird, geht in mancher Hinsicht über jene neuzeitlichen, ja aktuellen Ideen hinaus, die das Physikalische nur als Teil der Stimulation betrachten und nicht enger mit Kategorisierung und Semantisierung in Fühl- und Denkprozessen liieren Die Beziehungen zwischen der Aufwertung des Volgare, der Emanzipation vom Lateinischen, der strukturellen Eigenheit von Dichtung, Fragen zur ‹richtigen› Sprachverwendung und schließlich zu neuen Wirkungszielen führten im 16 Jahrhundert dazu, Reaktionen auf den poetischen Sprachkörper konkreter zu prüfen Medizinisch noch nicht erforschbar und empirisch nicht leicht abzusichern, rückte die Funktion strukturell-ästhetischer Sprachmerkmale und die Verbindung von sensorischem System und geistigen, auch gefühlsmäßigen, Vorgängen doch merklich ins Blickfeld Die Bedeutung von phonetischen und prosodischen Faktoren wurde vorsichtig zu fassen gesucht Vor allem dieser, der auditive Aspekt der sinnlichen Wahrnehmung soll hier im Rahmen der genannten Entwicklungen als Kristallisierungspunkt einer voraufklärerischen Theorie zum Zusammenhang von Perzeption und affektivkognitiven Aktivierungen den Kern einer kurzen strukturellen und historischen Systematisierung bilden Da darf der Hinweis nicht fehlen, dass αἰσθάνομαι ursprünglich nicht nur ‹empfinden›, ‹mit den Sinnen wahrnehmen›, sondern auch ‹mit dem Gehör inne werden› bedeutete Darüber hinaus geht es um mentale Visualisierung, vielfach der Endzweck, z B für Torquato Tasso: «Stando che lo stile sia un istrumento, co ’l quale imita il poeta quelle cose che d’imitare si ha proposte, necessaria è in lui l’energia la quale si con parole pone innanzi a gli occhi la cosa, che pare altrui non di udirla, ma di vederla .» 1 Auszugehen ist von einem Zusammenhang zwischen ‹äußerem› und ‹innerem Hören›, das durch lautes und stummes Lesen hervorgerufen wird, auch von Vertonungen Analysiert werden Aussagen zum klangphysikalischen Aspekt von Sprache, zur Visualisierung und zur Korrelation zwischen Sinnesempfindung, Decodierung, affektivem Engagement, Konzeptualisierung des Gehörten und schließlich dessen Deutung Wie im Cinquecento diese Vorgänge verstanden und argumentativ integriert wurden, wird an einem Korpus aus Dichtungstheorien von Giovan Giorgio Trissino, Giovanni Berardino Fuscano, Bernardino Daniello, Giovambattista Giraldi Cinzio, Antonio Sebastiano Minturno und Torquato Tasso untersucht Empirisch wird Lyrik von Angelo Grillo und Giordano Bruno herangezogen 1. Die Frage nach der Funktion und dem Funktionieren von sinnlicher Wahrnehmung gehört zu den Grundfragen in der Beschäftigung mit Kunst Dabei ist 2_IH_Italienisch_72.indd 3 06.11.14 10: 27 4 Wer fühlen will, muss hören Isabella von Treskow das Moment der somatischen Aufnahme des Artefakts historisch wenig erforscht Es ist vielleicht das am schwierigsten zu erforschende Die Reaktion auf Kunst mit den Sinnesorganen und dem Nervensystem, die sensomotorische Wechselwirkung zwischen dem ‹Ding›, dem Kunstwerk an sich, und dem kognitiven Apparat, sind schwer zu erfassen und deswegen schwer zu untersuchen - dies nicht zuletzt deshalb, weil generell der Akt des Wahrnehmens, anders als etwa der der Produktion, als solcher kaum wahrgenommen wird Rationalität und Handeln stehen im Vordergrund der Aufmerksamkeit, im Allgemeinen und in der sprach- und literaturwissenschaftlichen Forschung Seitenpfade haben allerdings im Zuge der kulturwissenschaftlichen Horizonterweiterung einen Weg zur Frage des Verhältnisses zwischen literarischer Sprache und emotionaler Reaktion, zwischen Perzeption, Fühlen, Deuten und Werten gewiesen, das zum Erleben und Handeln gehört Hier sind die Arbeiten zu nennen, die sich auf Gefühl und Sprache bzw Medium, Gefühlserleben, Körper und Gefühl, die Historizität von Gefühlen und die Soziologie der Gefühle bzw Emotionen beziehen . 2 Die antike Dichtungstheorie wird für die globale ‹Gefühlsgeschichte› berücksichtigt und ernst genommen, nicht so die Theorien der italienischen Renaissance, historisch meist wieder René Descartes . 3 Die Musikwissenschaft hat länger schon Musiktheorie und -praxis vom 16 bis zum 18 Jahrhundert im affekttheoretischen und affektkulturellen Kontext untersucht . 4 Die Bezüge zur Musikentwicklung der auch zur Vertonung geschaffenen Dichtung von Angelo Grillo hat 2008 Myriam Chiarla mit Bezug zur musikwissenschaftlichen Forschung plausibel demonstriert, 5 ohne aber die Konsequenzen für seine Texte näher zu beschreiben Giacomo Jori hat 1998 in Per Evidenza - Conoscenza e segni nell’età barocca einleuchtend auf die Implikationen dieser Verbindung bei und für Grillo hingewiesen Seine Darlegung der ästhetischen Innovationen des Seicento im Bezugsfeld von Zeichentheorien, Sinnenwelt, Musik, Literatur, Naturwissenschaft und Glaubensformen streift auch das Cinquecento, bezieht sich allerdings, was die Problematik der Effizienz und gefühlsauslösenden bzw den Intellekt anregenden Fähigkeiten von Sprache angeht, auf das Bildliche, auf Metaphern-, Allegorien- und ikonische Konzepte, d h die zeitgenössische Verbindung von Figuren, concetti und Erkenntnis . 6 Seitens der Sprachwissenschaft wird das Auslösen emotionaler Prozesse durch Sprachrezeption in Konzepte des Sprachverstehens integriert, 7 wobei man den Mangel an empirischen Studien schon länger beklagt und langsam bekämpft . 8 Philosophie, Literatur- und Kunsttheorie beschäftigen sich mit den möglichen Verknüpfungen von Sinnlichkeit, Sprache und Emotion, 9 Neurologie und Kognitionspsychologie arbeiten von ihrer Seite zum Gegenstand, 10 auch zur Wechselbeziehung zwischen Sprachstruktur und kognitiver Verarbeitung, z T in konkretem Bezug auf die «spoken word recognition», 11 die das 2_IH_Italienisch_72.indd 4 06.11.14 10: 27 5 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören hier vorliegende Anliegen berührt Gleichzeitig schreitet die literaturwissenschaftliche Wirkungsforschung voran . 12 Wo sie sich dem Fühlen als konstitutivem Teil literarischer Praxis dezidierter zuwendet, kann sie bei der Rezeptionsforschung der 1970er Jahre, etwa Hans Robert Jauß und Wolfgang Iser, ansetzen . 13 Diese war nicht nur auf die historisch-soziologische Rezeptionssituation, Textstrukturen und die Decodierung von Sinnschichten konzentriert, aber Sinnlichkeit wurde beispielsweise in Jauß’ wegweisender Schrift Ästhetische Erfahrung und literarische Hermeneutik (1982) v .a unter dem Aspekt der Bildlichkeit, der Vorstellung, der Anschaulichkeit gesehen und die klangphysikalische Dimension nicht beachtet . 14 Die auditive Perzeption steht überhaupt fast immer am Rande, außer in linguistisch-phonologischen und kognitionswissenschaftlichen Untersuchungen ‹Mentale Audition› ist anders als ‹mentale Vision› schwer einzukreisen und liegt wahrscheinlich deshalb als Forschungsgegenstand weniger auf der Hand Verständlicherweise ist Hören innerhalb der Geisteswissenschaften v a ein Thema der Linguistik, der Musikwissenschaft und der Musikpsychologie Es fällt dabei auf, dass auch Hören mit Visualisierung in Verbindung gebracht bzw inneres Hören als Visualisierung wissenschaftlich konzeptualisiert wird . 15 Sowohl kulturell sehr kompetentes als auch kulturell weniger kompetentes Hören dürfte in geistigen Vorgängen bestehen, die jenseits von verbalisierbarem Sinn eigene Wissensinhalte haben Die Schwierigkeit der Verbalisierung führt vielleicht dazu, dass das nicht direkt Semantische und Semantisierbare der Literatur sich dem rationalen Zugriff entzieht Die Stoßrichtung zielt in fast allen Disziplinen auf optische Vorstellung Abstrakte Vorgänge werden wissenschaftlich ‹bildlich› modelliert bzw primär systematisch in Bildstrukturen übersetzt Man beachte die hohe Frequenz von Schlüsselwörtern wie mental imagery, visualisation, simulation, shape, symbolization in der Psychologie In der Literaturwissenschaft liegt der Schwerpunkt auf Evidenz, Abbildung, Referentialität, Wahrscheinlichkeit, Imaginieren und dem Teilgebiet der Ekphrasis, Bildlichkeit dominiert auch in μίμεσις bzw Imitationsfragen Geistesgeschichtlich wie wissenschaftstheoretisch ist die Gewichtung aufschlussreich, da sie, wie auch Metapherntheorien zeigen, die Frage nach dem Verhältnis von Begriff und (Projektion des) Gegenstand(s) aufwirft Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen gesprochener und gelesener Sprache sowie die Problematik des ‹inneren Hörens› werden in der linguistischen Forschung noch debattiert . 16 Kulturelle Parameter sprachlichlexikalischer und sprachlich-formaler Phänomene werden dabei in universell argumentierenden, sprachwissenschaftlichen Studien nicht unbedingt berücksichtigt . 17 In der Linguistik ist gleichzeitig ein Interesse zu erkennen, das auch in Konzepten des Embodiment und der Grounded Cognition sichtbar wird, 2_IH_Italienisch_72.indd 5 06.11.14 10: 27 6 Wer fühlen will, muss hören Isabella von Treskow nämlich die Funktion von Körperzuständen und Simulationen für kognitive Prozesse präziser zu erfassen Dabei werden dem sensorischen System kognitionswissenschaftlich neuerdings mehr Funktionen als nur die einer Durchgangsstation für Informationen zugewiesen . 18 Gerade an Kunstrezeption lässt sich zeigen, dass eine strikte Trennung von Materie und Sinn, emotionaler Wirkung und Zweck, physikalischer Einwirkung und Verstehen nicht durchführbar ist, wie Sergio Moravia in L’Enigma della mente ausführt . 19 Das Konzept der Embodied oder Grounded Cognition wird in jüngsten Studien zur Dichtung, die empirische Ergebnisse zur ästhetischen und emotionalen Wirkung vorlegen, nicht immer explizit aufgegriffen . 20 In Einzelarbeiten wird aber das Potential des Einflusses metrischer Strukturen auf lexikalisch-semantische Verstehensprozesse, basierend auf empirischen Untersuchungen zur Gehirnaktivität, hervorgehoben, Sprachklang mit emotionaler Bewegung und semantischem Verstehen eng korreliert . 21 Literatur, Kunst generell, kann gezielt Gefühle hervorrufen, wie es sonst nicht einfach und spontan möglich ist Darauf bezieht sich in steigendem Maß die ästhetische Traktatliteratur des Cinquecento Die Entwicklung geht dabei von der Orientierung an der Horazschen Idee des prodesse et delectare und an der antiken Rhetorik, etwa Quintilian, zu einer um die Jahrhundertmitte erstarkenden Aristoteles-Rezeption . 22 Der Mangel an antiken Lyriktheorien verursachte dabei einige Schwierigkeiten, da z B das aristotelische Handlungskriterium für nicht-epische Dichtung nicht einfach geltend gemacht werden konnte Auch die μίμεσις bzw imitatio-Frage blieb vorerst offen Der Mangel ließ zugleich Freiraum für eigene Vorstellungen zu Machart und Ziel von Lyrik im engeren Sinne Eine neuere systematische Untersuchung zur Entwicklung der italienischen Dichtungstheorie im 16 und 17 Jahrhundert, die den Kontext der Affektkultur fokussiert, existiert nicht Auf die «neue Sensibilität» gegenreformatorischer Dichtung wie jener von Angelo Grillo wurde jedoch z B von Jori hingewiesen In der Forschung wird dabei die akustische Wirkung im Vergleich zur begrifflich-visuellen, durch die Wortbedeutung ausgelösten Wirkung häufig explizit oder latent abgewertet Sie wird, wie beschrieben, nur am Rande behandelt oder etwa als «Schmuck», «oberflächlich» oder «äußerliches Beiwerk» abgetan, 23 was möglicherweise auf den Erfolg der Theorien von Torquato Tasso zurückzuführen ist, nicht jedoch dem gelehrten Denken anderer entspricht 2. Für das Verständnis der Innovationen in der Theorie, welche an Umfang und Bedeutung in ihrer Zeit erheblich zunimmt, und der Dichtung im secondo Cinquecento und im 17 Jahrhundert mit ihrer wachsenden Akzeptanz und 2_IH_Italienisch_72.indd 6 06.11.14 10: 27 7 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören Zurschaustellung von heftigen Gefühlen bei gleichzeitigem Postulat der Affektkontrolle ist von Bedeutung, die Weichenstellungen im theoretischen Wandlungsprozess um die Mitte des 16 Jahrhunderts zu kennen Sowohl aus literarwie ästhetikhistorischer Sicht lohnt sich der Blick in Schriften einer Zeit, in der aus einer Alltagssprache eine Sprache wurde, die gezielt ästhetisch einzusetzen war und auch durch den Buchdruck auf ein neues Niveau gehoben wurde In Anbetracht der Diskussionen rund um die Questione della lingua und der kulturellen Veränderungen der Gefühlspraxis im 16 Jahrhundert sowie der sich zur selben Zeit verändernden Rede über Emotionen ist zu fragen, wie in jenen Schriften, in denen Rainer Stillers wegweisend die «Ursprünge einer modernen Literatur- und Interpretationstheorie» 24 gesehen hat, rezeptive Aisthesis in existierende Kunsttheorien integriert wurde bzw in welches Austauschverhältnis neues Gefühlserleben und eine neue Rede über die ästhetische Dimension gerieten In Giovan Giorgio Trissinos Poetica von 1529 ist wie in allen Traktaten das Hören in Evokation des «Ohres» - halb real-physisch, halb metaphorisch gemeint - präsent . 25 Hören und Lesen werden, wie auch in anderen Schriften, parallel genannt, die Nähe des Dichters zum Redner wird immer wieder hervorgehoben Trissino denkt hier offensichtlich an seine eigenen Kommunikationsweisen Er setzt vielfach die italienische von antiker Dichtung ab, 26 behauptet dann an anderer Stelle eine Kontinuität zwischen der antiken, z B griechischen, und der modernen Dichtung, die argumentativ gerade angesichts der «sprachlich-phonetischen Divergenzen» 27 schwer aufzufangen ist Nur wenige Aussagen betreffen die auditive Rezeption und die affektiven oder erkenntnisauslösenden Ziele der Stimulierung durch bestimmte ästhetische Reize Trissino präsentiert konventionelle Positionen der Rhetorik, schreibt etwa über Stillagen und stellt kapitelweise verschiedene Stilfiguren, Versmaße usw vor Recht allgemein spricht er von der bellezza des Sprachkunstwerks, das, so heißt es unter anderem, keine rauen, schrillen oder veränderten, d h gekürzten Worte enthalten solle, wie wegen der Einhaltung der Silbenzahl in der italienischen Dichtung gang und gäbe Auch Giovanni Berardino Fuscano ist in Della oratoria e poetica facoltà (1531) als Humanist im Wesentlichen um die Qualität des Stils bzw die Anwendung der richtigen Stillage und der angemessenen Stilmittel besorgt, ohne deren Bedeutung zu erläutern Er klagt über das Schwinden gelehrter Schriftsteller, so dass großartige Taten der Nachwelt nicht mehr erhalten bzw in grober und ungehobelter Weise vermittelt und die Ohren mit rauem Gebrüll förmlich bestraft würden, während Eloquenz die dornigen Texte zu fliehen gezwungen sei . 28 Mag seine Argumentation oberflächlich gesehen auch der Trissinos gleichen, im Unterschied zu jenem widmet er der Perzeption deutlich mehr Aufmerksamkeit Seine eigene Wortwahl und -anordnung spricht dafür, 2_IH_Italienisch_72.indd 7 06.11.14 10: 27 8 Wer fühlen will, muss hören Isabella von Treskow dass er die Theorie der Bedeutung des sensuellen Inputs direkt in Anschlag bringt, wenn er z B im letztgenannten Fall stimmlose Plosive und Vibranten ([k], [t], [p], [r]) für das Ärgerliche dicht aneinander stellt und im letzten Wort noch einmal häuft, während das schnelle Fliehen lautlich geschmeidig fließt (stimmhafter Frikativ [v], stimmhafte Nasale [m] [n], stimmhafter Approximant [l], stimmhafter Affrikat [ ʤ ]: «le castigate orecchi da rochi strepiti e le diserte lingue da le spinose carte velocemente fuggir son costrette» . 29 Fuscano leitet die Spezifik der Dichtung aus der Eloquentia ab Sie könne die ruhmreichen Taten, Glück, Unglück, Schwächen, körperliche Gaben, seelische Tugenden, Tod, Krieg, Siege, Triumphe, Niederlagen, kurz die ganzen gloriosen vergangenen Zeiten wieder vergegenwärtigen, wörtlich: rappresentare, «non altrimente che si nanzi gli occhi ce fussino», 30 nicht anders, als stünden sie vor Augen Ihr Glanz sei so hell, dass nichts Dunkles nella mente, im Geist, dessen bleibe, «de chi la receve», der sie aufnehme, und mit solcher Ähnlichkeit würden uns Dinge «gemalt», dass der innere Sinn, «il senso interiore», in die Lage versetzt werde, etwas zu sehen, was er «außen» nie gesehen habe . 31 Die Aufwertung der hier wesentlich episch gedachten Dichtung erfolgt über ein imitatio-Konzept, in dem das ‹innere Sehen› wichtiger Bestandteil der Argumentation ist Zusätzlich hebt Fuscano weitere Vorzüge der visionsbildenden Kraft der Eloquenz hervor und betont schließlich ihre schnelle, direkte und dauerhafte Wirkung auf das Gemüt, eine Instanz, in der Seelen- und Geisteskräfte zusammenfließen: «Né mai veloce cavallo al cenno de lo sprone o del freno così tosto si mosse, come ad ogni suo arbitrio questa li giocondi affetti e le meste passioni da’ nostri animi rimove .» 32 Ähnlich baut Bernardino Daniello in Della Poetica von 1536 den unmittelbar wirksamen und heftigen Effekt in die Vorteilsliste der Dichtung ein Fast fühlt man sich ans Konzept der Processing fluency erinnert Um die Eigenschaft literarischer Sprache, gerade langsam auf die Rezipienten einzuwirken und durch Widerständigkeit neuartige innere Prozesse anzuregen, geht es im 16 Jahrhundert nicht Daniello spricht von einem schnellen und mächtigen Sturzbach, der von den höchsten Gipfeln der Berge in die Ebene falle oder wie ein Blitz vom Himmel komme, den Geist durchbohre, affiziere (wörtlich benutzt er perturbare) und entzünde, bis er ihm schließlich Ruhe verschaffe Unausgesprochen gilt, dass Affekterregung der Affektmäßigung vorausgeht, dass das übergeordnete Ziel Affektkontrolle ist, dass eine emotionale Reaktion dennoch in gewissem Grad provoziert werden darf, ja muss, wenn auch noch nicht in der das Subjekt erschütternden Weise des Barock Bemerkenswert ist die ausdrückliche Betonung des Vorzugs der italienischen vor der lateinischen Sprache in Bezug auf die Reime: «Perciò che a me pare che non solamente non si debba quel verso eroico chiamare che è senza rima, ma né verso ancora, e specialmente essendo la rima un’armonia che il verso 2_IH_Italienisch_72.indd 8 06.11.14 10: 27 9 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören volgare ha di più che il latino .» 33 Die Reime sorgen laut Daniello für die angestrebte dolcezza der Dichtung, und zwar je mehr, desto näher die Klänge des Reimpaars einander kämen . 34 Argumentativ verbleibt er damit in der Behauptung eines nicht näher kommentierten «besseren Klangs» Der Discorso intorno al comporre dei romanzi (1554) von Giovambattista Giraldi Cinzio stellt eines der ersten Dokumente zur Verteidigung der Dichtung angesichts zeitgenössischer Attacken auf die Lyrik im engeren Sinne aus Renaissance-aristotelischer Richtung dar 35 Giraldi vertritt in stiltechnischen Fragen zwar teilweise konservative Positionen, spricht sich z B gegen das enjambement aus Bedeutsam ist jedoch, dass er auf der Valenz phonetischer Phänomene wie Satzmelodie und Assonanzen insistiert Gegen das enjambement spricht für Giraldi, dass die Stimme an einer Stelle, an der sie fallen wolle, sozusagen abgeschnitten werde Nur ausgezeichneter technischer Versiertheit wird zugestanden, «l’animo», das Gemüt, desjenigen, «der die Verse höre oder lese, in Spannung zu halten», 36 bis jener das Ende vernehme Ferner plädiert Giraldi dafür, Apophtegmata in den letzten beiden Versen eines Gedichts zu platzieren, was zwar dazu führen würde, den poetischen Fluss abreißen zu lassen, auf den er an anderer Stelle so viel Wert legt, aber im vorliegenden Zusammenhang wirkungsästhetisch legitimiert wird: Eine abschließende Sentenz gehe «maravigliosamente negli animi di chi legge et di chi ascolta», d h «wunderbar in den Geist dessen, der lese, oder dessen, der höre», ein, vor allem, wenn der Klang der Reime effizient sei, so dass sich «l’orecchio et l’animo» daran erfreuen könnten . 37 Wie Effizienz aus Sicht dieser Theorie gedacht ist, wird nicht erläutert Aber es wird explizit eine direkte Verbindung zwischen auditiver Perzeption und kognitiv-affektiven Prozessen erstellt Das Ohr ist das Eintrittstor in die Gemächer des Gemüts, Eintrittstor somatisch und metaphorisch In diesem Zusammenhang ändert sich auch die Rezeption antiker Positionen: In einem Vergleich zweier Fassungen derselben Strophe aus Ludovico Ariostos Orlando furioso (1516 - 1532) erklärt Giraldi im Kapitel Suono e significato delle parole unter Rückgriff auf Quintilian (nicht Aristoteles), dass abstoßende Vorgänge durchaus mit rau klingenden Worten zu vermitteln seien . 38 Das dolcezza-Prinzip ist dehnbar, das Angenehme steht im Dienst einer weiter gefassten Wirkungsästhetik Negative Emotionen sollen durch Worte vermittelt werden, welche beim Hörer - im Wesentlichen noch als direkt akustischer Hörer, nicht Leser, der im Lesen hört - durch Konsonantenkumulation unangenehme Empfindungen hervorrufen Giovambattista Giraldi Cinzio geht mit seinem Reimplädoyer im Rahmen einer allgemeinen dolcezza-Rede schließlich weiter als Daniello Er äußert eine scheinbar nebensächliche, doch für die Bewertung der akustischen Perzeption, folglich der phonetischen Komposition der Dichtung und ihrer ästhetischen Funktion relevante Reflexion In die Dauerdiskussion um die Anwen- 2_IH_Italienisch_72.indd 9 06.11.14 10: 27 10 Wer fühlen will, muss hören Isabella von Treskow dung des πρέπον -Kriteriums, des Kriteriums der Angemessenheit zwischen Inhalt und Darstellung, vor allem Wortwahl, Stilwahl usw ., mischt er sich mit der Beobachtung ein, dass nur ein gut gereimter Text zum richtigen Verständnis des Gesagten führe: Wenn der Reim nicht stimme, dann wolle man «weghören», «[…] perché l’orecchio, che [ . . .] aspetta quella ultima consonanza che armoniosamente le apporti il sentimento, trovandola vana et non propria alla cosa, ne resta, invece del piacere ch’ella si aspettava di avere, fuor d’ogni credenza offesa; nè l’orecchio solo, ma l’intelletto ancora ch’aspettava di acquetarsi su la rima et, offerendoglisi ella vana, resta senza quel fine che egli ragionevolmente desiderava per compimento della sentenza .» 39 Wichtig ist, dass Giraldi auf ein reziprokes Element verweist, die Erwartungshaltung als Bedingung guten Funktionierens sinnlicher Wahrnehmung Wichtig ist genauso, dass er den akustischen Signalen von Reimen eine sinnleitende Rolle zuweist Er artikuliert damit sehr früh im europäischen Denken eine Idee der semantischen Funktion des Sprachkörpers Im Discorso dei romanzi wird im Ganzen eine Poetikkonzeption vertreten, die der rezeptiven Aisthesis weit mehr Raum zugesteht, als es z B in den genannten Schriften von Fuscano und Daniello der Fall war Giraldis Interesse für Wortwahl und Klang als Träger semantischer Informationen und sein Hervorheben der Relevanz auditiver Elemente für die interpretative Aktivität der Hörer- und Leserschaft sind beachtlich Offen bleibt zwar, welche Freiheiten der oder die Einzelne in Bezug auf die Sinnbildung hat, denn eine eng kausal das Verständnis determinierende Beziehung zwischen Lautlichkeit, Semantik, Sinneswahrnehmung und der quasi ‹vorhersagenden›, also sowohl die unmittelbar folgende Lautlichkeit wie auch den Sinn vorwegnehmenden geistigen Aktivität wird man ungern eingestehen wollen Schließlich fließen in den Mechanismus zwischen Sinneseindruck und Sinnbildung einige Hör- und Lesekompetenzen, dazu kulturelle und literarische Erfahrungen ein, die nicht nur sozial, sondern auch individuell geformt sind Ob eine eindimensionale Einschränkung der ästhetisch-sinnentwerfenden Prozesse in der Giraldischen Dichtungstheorie gemeint ist, soll aber hier nicht diskutiert werden, da viel bedeutsamer ist, wie in diesem Text die Gestaltung weiteren Fühlens und damit Sinnbildens durch individuelle (unbewusste) Vorhersagen (im Sinne eines Vorher-Erahnens) mitbestimmt wird Die theoretische Ausführung verrät alles in allem einen deutlichen Wandel in der rhetorisch-poetischen Diskussion der Renaissance über Kunstsprache überhaupt Markant ist der Paradigmenwechsel in der neun Jahre später von Antonio Sebastiano Minturno veröffentlichten Arte poetica, einer Übersetzung 2_IH_Italienisch_72.indd 10 06.11.14 10: 27 11 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören bzw Neufassung von De poëta (1559), das er auf Lateinisch verfasst hatte In der lateinischen wie in der italienischen Fassung steht die Konzeption der lyrischen Dichtung ganz im Zeichen der ästhetischen Perzeption und der Wirkung auf Sinne und Gefühl Die Gliederung des Traktats orientiert sich im Großen und Ganzen an den üblichen Ordnungen, in denen der Gegenstand der Dichtung, die Stilhöhenwahl, die Stileinheit, die Wortwahl und die Stilmittel nacheinander abgehandelt werden Der Schwerpunkt liegt jedoch nicht mehr auf Stilangemessenheit oder Charakterangemessenheit, sondern auf der Sorge um die richtige Erfassung der in der Dichtung vorgebrachten Inhalte durch Leser oder Hörer, und zwar besonders der Gefühlsinhalte Ziel wird die Gefühlsübertragung vom Sprachkörper des Gedichts auf die Rezipienten . 40 Das imitatio-Problem löst Minturno dadurch, dass er behauptet, der Dichter spreche nicht als er selbst - nach Aristoteles sollte der Dichter oder Erzähler nicht selbst sprechen, ein großes Problem für die Lyriktheorie - , sondern z B als Liebender Er könne deswegen als «verkleidete» Person begriffen werden, «verkleidete Personen» waren auf dem Umweg über die Dramentheorie zulässig . 41 Die Idee gewinnt in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts an Boden: In späteren Theorien wird wie selbstverständlich erklärt, dass das Charakteristikum der Lyrik die Nachahmung der Affekte sei, so bei Agnolo Segni in den Lezioni intorno alla poesia (1573) und Pomponio Torelli im Trattato della poesia lirica (1594) Minturno geht in seiner Arte poetica 1563 davon aus, dass der Dichter eine fühlende Person «imitiere» und Hörer oder Leser die Gefühlsdimension wieder dechiffrieren, wenn nicht selbst durchleben können Nicht nur mit dieser Position nimmt er gewissermaßen Anschwung in der aristotelischen Wirkungsästhetik, um zu einer neuzeitlichen affekttheoretischen Begründung poetischer Techniken von erheblicher sprachphilosophischer Tragweite zu gelangen Ziel von Dichtung sei allgemein das Nachempfinden von Angst und Unruhe oder Ruhe, das Erwecken von Scham, sei «[di] generar compassione», «muovere a compassione», «generar pietà», «muovere à pietâ, & a vendetta», «trovare pietâ» . 42 Diese noch traditionell zu nennenden Gesamtziele werden über affektive Stadien erreicht: Liebe, Hass, Zorn, Schmerz, Empörung, Neid, Eifersucht . 43 Wir sehen die Orientierung an Aristoteles’ Affektsystem und zugleich eine Verschiebung des Schwerpunkts Zuvor war Affektreflexion Teil der Ethik und der Affekt ein zu überwindender Gefühlszustand Bei Minturno geht der essentielle Leitgedanke zur Darlegung des Decorums vom Affekt aus, er wird zum Fluchtpunkt der poetischen Anlage Neu ist in der Arte poetica die Funktion, die der phonetischen Seite der Dichtungssprache für die Wirkung auf die Gefühlswelt zugeschrieben wird, neu dadurch der Rang, den sie in der Argumentation erlangt Minturno geht über frühere Postulate des ‹schönen Klangs› hinaus Die Res-verba-Entspre- 2_IH_Italienisch_72.indd 11 06.11.14 10: 27 12 Wer fühlen will, muss hören Isabella von Treskow chung wird zur Entsprechung zwischen Gefühl und Form Gefühl ist dabei zwar nicht mit heutiger individueller Emotion zu verwechseln, allein die Idee fest gefügter Gefühlsbzw Affektschemata steht dem entgegen Gleichzeitig liegt hier aber lange schon vor den sensualistischen Theorien der Aufklärung eine hohe Sensibilität für die Verbindung von körperlicher Empfindung mit kategorisierender (gefühlshafter und bzw oder erkenntnisorientierter) Verarbeitung vor Fest steht für Minturno, dass allein eine Präsentation des erdichteten oder bedichteten Sachverhalts zweckmäßig sei, die sich gezielt an der Sache, mithin für diesen Fall am Gefühl selbst orientiere und die in der angemessenen Form dargeboten werde - als Lob, Bitte oder Tadel In diesem Rahmen werden besondere sprachliche Effekte vorgestellt: Hier ist der Einsatz z B von Assonanzen und Alliterationen, jener der bewussten Distribution betonter und unbetonter Silben, der Beachtung der Wortstellung in Satz und Vers und von besonderen syntaktischen Anordnungen einzuordnen Daneben plädiert er für eine «freie», gemeint ist hier «natürliche», d h spontan und nicht rational kontrolliert wirkende Form Minturno erklärt, dass die Expression «frei» («liberamente») im Sinne von ‹natürlich› erscheinen solle Dass schriftliche Sprache nicht natürlich oder mit Mündlichkeit vergleichbar sei, geht der Aussage logisch voraus Minturno beschreibt den Weg vom Schall über die Sinnesreizung zu inneren imaginären Vorstellungen Mit dieser Form sei zu erreichen, dass Leser oder Zuhörer den Sachverhalt offen und nicht ablehnend «mit den Ohren» aufnähmen, damit sich «la cosa à gli occhi» 44 - der Dichtungsgegenstand vor den Augen - erheben könne So soll Unruhe kalkuliert in einer unruhigen Syntax präsentiert werden, [per] «muovere le passioni dell’animo» . 45 Das gewählte Beispiel ist Francesco Petrarcas Sonett Italia mia (1344 / 5) Der Bezug zum Hören sticht in Minturnos Ausführungen hervor Mal ist die Rede von der «armonia», die durch besondere Silbenwahl «die Ohren füllen» 46 solle, mal geht er auf Petrarca ein, der zum Neid spreche, als habe dieser Ohren («come se hauesse orecchie» 47 ) Sicher entsteht diese Aufmerksamkeit für die auditive Wahrnehmung dadurch, dass es um Dichtung geht, die auch gesungen wird Nichtsdestoweniger sieht Minturno offenbar auch in seiner Schrift, die Verszeilen ja lediglich grafisch abbildet, klangphysikalische Wirkung am Werk «Udite», fordert er seine Leserschaft auf, «hört»: «Vdite poi, come l’ultime syllabe si conuengano», 48 «Vdite ancora, come quelle di mezzo si rispondano», 49 ruft er den Lesern zu Die dialogische Grundform der Arte poetica, die Besorgtheit um Intonation, Prosodie und Klang überhaupt sowie das Wissen um die Bedeutung der Sprachform, auch für die Vermittlung theoretischen und dichtungspraktischen Wissens, fließen in diesen Aufforderungen zusammen 2_IH_Italienisch_72.indd 12 06.11.14 10: 27 13 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören Als besonders wirkmächtig wird die Integration ausgewiesener Formen mündlicher Rede in dichterische Sprache vorgestellt - dann finde durch «la semplice et pura forma di parlare» 50 innere Bewegung statt Minturno passt seine Schrift an und liefert statt lateinischer italienische Beispiele An ihnen führt er vor, wie der Präsentation verschiedener Seelenzustände durch die Verwendung der Frageform mehr Kraft als durch eine einfache Aussage verliehen wird, auch wenn es gar nicht darum geht, etwas zu erfragen . 51 Beispiele liefert er z B für die Klage, für Schmerz, Empörung und Erstaunen Er zeigt dadurch auch, wie über die Intonation einzelner Sätze und die Prosodie ganzer Strophen Aufschluss über Bedeutungen vergeben wird Ziel ist die Provokation mentaler Visualisierung: «[…] e l’imagini delle cose apertamente rappresentiamo, quando le cose, e le uoci, e gli atti, e l’habito dell’animo, e le sembianze del uiso diamo espressamente à uedere .» 52 Darüber, dass die anders gearteten lateinischen Reize nicht exakt dieselbe Reaktion auslösen dürften, verliert er kein Wort Sehr selbstverständlich baut er auf das Entstehen eines ‹richtigen› Wahrnehmungszustands durch physikalische und lexikalische Rezeption in jeder Sprache Unabhängig davon scheint hier eine deutliche Akzentuierung von Prozessen der miteinander verbundenen Klangrezeption und semantischen Dimension vorzuliegen, die sich der gegenreformatorischen Affektpolitik verdankt Das hängt im Cinquecento auch mit der Legitimationspflicht der Dichtung zusammen Minturno steigert im Verlauf seiner ebenso beschwingten wie nuancierten Darlegung die Hochschätzung der Klangdimension der Dichtung bis zur Behauptung, der Lyriker habe mehr Sorge für den Klang als den Inhalt zu tragen, eine Aussage, in der das Akustische den lexikalischen Gehalt dominiert Nicht aus «den Dingen» («cose»), dem Inhalt, entstehe die Botschaft, noch nur aus den Worten («parole»), verkündet Minturno am Ende seiner Beispiele und Erklärungen, «ma nell’artificio anchora del dire, che nell’une, e nell’altre consiste» . 53 Ihm ist wichtig zu betonen, dass über die akustische Perzeption Leser oder Hörer die Stimmung nachvollziehen können sollen, die im Gedicht präsentiert und gewissermaßen umgesetzt wird Wie genau dies funktioniert, ist von Minturno nicht zu erfahren; vermutlich steht ihm ein physiologisches Analogie-System vor Augen . 54 Festzuhalten ist, dass die Wertschätzung der Dichtung über die Aufwertung der ihr eigenen rhetorischen Mittel und der ihr eigenen ästhetischen Wirkung erfolgt Was sich in den vorher genannten Traktaten in recht heterogenen Bemerkungen zeigte, wird nunmehr im Gerüst einer affekttheoretisch grundierten Poetik zusammengeführt Minturnos poetologisches Denken entsteht vor dem Hintergrund einer neuen ästhetischen Erfahrung und Feinsinnigkeit (in ihrer ursprünglichen Bedeutung), die Sinneserregung mit Gefühlsbildung korreliert und mit Identi- 2_IH_Italienisch_72.indd 13 06.11.14 10: 27 14 Wer fühlen will, muss hören Isabella von Treskow fikationsmustern koppelt, die simulatorisch angelegt sind, wo der imitatio- Gedanke adaptiert wird Inwiefern bei Minturno die Sensibilität auch durch eine komparatistische Sichtweise aufs Lateinische fundiert ist, wäre genauer zu untersuchen . 55 Nicht zufällig geschieht diese Entwicklung in nachtridentinischer Zeit, in der in Italien die Wandlungen der Frömmigkeitspraxis mit einer stärkeren ästhetischen Empfindsamkeit einhergehen Signifikante Beispiele hierfür sind die Meditationsanweisungen Exercitia spiritualia (1522 - 24) von Ignacio von Loyola, in welche die Funktion der fünf Sinne gezielt in alle Vorschläge integriert ist, das der Musik zugeschriebene «Evidenz-Potential» in Form der als unmittelbar empfundenen Wirkung von Stimme und Gesang und der auch theoretisch beschriebene Wille, als Rezipient von Musik «vehement» getroffen und «gefangen genommen» zu werden . 56 Wenn auch Ansätze zur Aufwertung der Dichtung über den Weg der Aufwertung ihrer «sonoren», «musikalischen» Seite schon in den 1530er Jahren bestehen, so bildet doch Minturnos Arte poetica ein schlagendes Beispiel für die Transformation der traditionellen in eine affektorientierte Poetik Minturno bewegt sich elegant von Aristoteles’ Ideen zur Verbindung von Metrik, musikalischer Gefälligkeit, ästhetischem Vergnügen und Memorialfunktion weiter Festzuhalten ist dabei auch, dass ab etwa der Mitte des Cinquecento die Affektorientierung der Musik sich zunehmend am Wort ausrichtete . 57 Im Verhältnis zur Entfaltung der Musiktheorie des 16 Jahrhunderts ist also literaturtheoretisch eine zugleich konvergente und divergente Bewegung zu konstatieren: Die Musik bewegt sich hin zum Wort bzw leitet ihre Legitimation teilweise vom Wort ab, während die Legitimation der Dichtung zum Teil aus dem Klang abgeleitet wird . 58 Die Frage, wie Schall den Menschen berühren kann und in welcher Weise visuelle Reize, etwa auch durch das Aufrufen von concetti, mental provoziert werden, bleibt in den theoretischen Ausführungen von Minturno blass Seine Vorstellung geht nur so weit, dass sich über gut geformte Dichtung richtige Bilder einstellen sollten Im Kontext dann der meraviglia-Idee, die seit den 1560er Jahren z B von Torquato Tasso formuliert wird, werden sich zwei rezeptionstheoretische Elemente treffen, in denen sich Akustisches und Optisches verbindet Während Giraldis Discorso nur unter Vorbehalt ein Spiel mit der Erwartung der Leser oder Hörer empfahl, ist bei Minturno die kalkulierte Herstellung von Erstaunen Teil der rhetorischen Mittel Sonst hätten die Beispiele für die Wortstellung im Satz zum Ausdruck verschiedener Gefühle keinen Sinn In seinen Andeutungen zur Lenkung der Aufmerksamkeit durch die bewusste Platzierung bestimmter Wörter, z B zu Beginn eines Satzes, und seiner Vorstellung einer am ‹Mündlichen› oder ‹Spontanen› orientierten Dichtung sind Ansätze der meraviglia-Ideen der zweiten Hälfte des Jahrhunderts enthalten Die petrarkistischen Beispiele, die Minturno bereithält, sind aller- 2_IH_Italienisch_72.indd 14 06.11.14 10: 27 15 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören dings überhaupt nicht geeignet, die progressiven Tendenzen seiner Theorie zu illustrieren Wo Giraldi der Erwartungshaltung des Rezipienten noch entsprechen will und das Wunderbare vor allem durch erleichtertes Aufatmen nach einer spannungsvollen Textinszenierung zu erreichen nahelegt, wo in Minturnos Arte poetica besondere Intonationen propagiert werden, basiert die meraviglia-Idee beispielsweise beim Dichter Gabriello Fiamma in den 1580er Jahren direkt auf einer Poetik des ‹Normverstoßes› in Form der Überraschung oder Schocks . 59 Diese Poetik muss sich zwar grundsätzlich an der klassizistischen Poetik orientieren, denn ohne Norm kein Normverstoß Sie erhebt aber das Prinzip des heftigen Effekts über das Prinzip absolut regelgerechter Dichtung 3. In der Diskussion zeigt sich, dass die Aufwertung der Form, wie sie Antonio Minturno vornimmt, nicht unumstritten ist Torquato Tasso etwa vertritt in seinen Discorsi dell’arte poetica ed in particolare sopra il poema eroico eine Poetik, in der der Aspekt des Erstaunens und der Evidenz gezielt z B durch das Aufeinanderprallen von Vokalen erreicht werden kann . 60 Er warnt allerdings auch davor, der Wortwahl zu großen Wert beizumessen: «[…] la maraviglia nasce solo da le cose sublimi e magnifiche» . 61 Hier und in anderen Schriften gilt die sprachlich-stilistische Kunstfertigkeit als «Ornat» . 62 Trotzdem gewann die Frage der formalen Qualität und Funktion physikalischer Phänomene für die inneren Vorstellungen durch die Bezüge zwischen Sinneswahrnehmung, Gefühlsaufwertung und Dichtungsaufwertung sichtlich neue Virulenz Hier kann nur angedeutet werden, welche Wege so verschiedene Autoren wie Giordano Bruno und Angelo Grillo einschlugen Für den Benediktiner Grillo wird die Idee, durch Worte Gefühle nicht nur zu spiegeln, sondern auch in Gang zu setzen, bestimmendes Motiv der Dichtungspraxis . 63 Unter dem Titel Pietosi affetti oder auch Lagrime del penitente, Tränen des Sünders, veröffentlichte er Lyrik, die als Ausdruck der entsprechenden Passionen auftritt und zugleich den Anspruch erhebt, sie die Leser nachvollziehen zu lassen Lagrime del penitente Domine ne in furore tuo arguas me: neque in ira tua corripias me Signor, per queste voci, e questi accenti Per questo nome, c’hor con larga vena D’amarissimo pianto, io formo à pena, 2_IH_Italienisch_72.indd 15 06.11.14 10: 27 16 Wer fühlen will, muss hören Isabella von Treskow Da sospiri interrotto, alti, & ardenti; Cangia i flagelli, ohimè, cangia i tormenti, E l’ira giusta, e’l gusto sdegno affrena; Nè d’infinita colpa eterna pena La sferza sia, ch’ogni hor l’alma tormenti Giudice irato, ahi nò; ma sol pietoso Padre, tu mi castiga, e mi correggi, Ed allenti pietà, non merto, i guai: Ch’io chiusi gli occhi à le tue sante leggi, E sol gli apersi al mal, del mal bramoso: Nè altro io posso dir, se non, Peccai . 64 Interessant sind die rhetorisch-poetischen Techniken, ob auf theoretische Anregungen hin angewandt oder nicht Der gedichtete Mechanismus enthält die Wirkstruktur des «Abdrucks», der ja ein einfacher «calco» 65 zum einen nur im übertragenen Sinne sein kann, zum anderen direkt im Bildmodus funktioniert, etwa bei der Betrachtung des Heilands am Kreuz, wie andere Gedichte sie nachskizzieren (das Bild, das Sehen und die Wirkung) Neben den in den Sonetten generell reichlich vorhandenen enjambements und durchbrochenen Satzstrukturen finden sich in Lagrime del penitente Anrufungen («Signor», «Padre») und parataktische Anordnungen, figurae etymologicae («cangia» - «cangia»), die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sowie Ausrufe des Klagens («ohimè», «ahi nò»), die als ‹reine› Gefühlsausdrücke psychischer Befindlichkeiten entsprechend die subjektive Befindlichkeit des Lesers bzw Sprechers beeinflussen sollen Emotionale Erregung und Imagination sind dabei nicht getrennt zu denken Aus metapoetischen Äußerungen Grillos geht hervor, dass sein Ziel in der Tat die Visualisierung des Gegenstands durch die Rezipienten war Dichtung sollte die Einbildungskraft des Lesers anfachen Durch knappe Beschreibungen und akustische Reize, die er geschickt erzeugt, ergibt sich eine ‹multisensorische› Poetik Grillo selbst hatte seine Dichtung seit Ende der 1580er Jahre als «theatro» oder «spettacolo», z B als «theatro funesto» oder «theatro del sangue», metaphorisch für «Darstellung der Kreuzigung», bzw «spettacolo dolente», «Trauer-Schauspiel» (für ein Gedicht über die Trauer Marias), bezeichnet . 66 Die affektive Erschütterung über die Sinne ist in dieser Theorie einkalkuliert Der Zwang zum Innehalten vor dem letzten Wort, das prägnant in nur zwei Silben, mit einem Doppelvokal, der in die hohe Lage zielt, und betonter Einzelstellung das Meditationsgedicht abschließt, fällt im Moment höchster Aufmerksamkeit «Peccai» («Ich habe gesündigt») soll damit prägnant ins Gedächtnis übergehen Die nachfolgende Stille liefert Zeit zur Verarbeitung 2_IH_Italienisch_72.indd 16 06.11.14 10: 27 17 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören Giordano Bruno wiederum zieht Dichtung selbst zur Erklärung des philosophischen Erkenntnisvorgangs heran In Gli eroici furori, Die heroischen Leidenschaften, von 1585, einer philosophischen Schrift in Dialogform, in der Bruno den dichterischen Akt mittels einer anverwandelten neuplatonischen Inspirationsthese verteidigt, 67 hat sie eine doppelte Funktion Sie erzählt erstens den Moment der plötzlich ausgelösten Erkenntnis nach, im Mythos des Aktaion, welcher Artemis - nachdem er sie lange suchte, ja ihr nachstellte - beim Baden entdeckt und, unfähig sich zu wehren, von den eigenen Hunden zerfleischt wird . 68 Ihr Bild verkraftet er nicht, er erstarrt Zweitens verkörpert das Sonett als Dichtung den epiphanischen Moment der Erkenntnis Der Vorgang der Wahrnehmung der Göttin, der Erkenntnis des Göttlichen und der Verwandlung in einen Zustand der ‹Passivität› sowie des konzentrierten Aufnehmens (eine Aktivität), schließlich der Flucht und Auflösung im Erkennen wird sprachästhetisch transportiert: Alle selve i mastini e i veltri slaccia il giovan Atteon, quand’il destino gli drizz’il dubio ed incauto camino, di boscareccie fiere appo la traccia Ecco tra l’acqui il più bel busto e faccia, che veder poss’il mortal e divino, in ostro ed alabastro ed oro fino vedde; e ’l gran cacciator dovenne caccia Il cervio ch’a’ più folti luoghi drizzav’i passi più leggieri, ratto vorâro i suoi gran cani e molti I’ allargo i mieie pensieri ad alta preda, ed essi a me rivolti morte mi dàn con morsi crudi e fieri . 69 Im Augenblick des Sehens vollzieht sich der Umschwung hin zur Einsicht (! ) Im Lesen und äußeren oder inneren Hören des Sonetts ist der Umschlag wahrzunehmen Förmlich in der Millisekunde einer Pause, in der Atempause, in der sich Staunen oder Ergriffenheit sensuell umsetzen und entfalten können, vollzieht sich die Erkenntnis Genau betrachtet kann dann die Einsicht ‹fühlbar› werden, wenn ausgerechnet nichts zu hören ist, nach dem Semikolon: 2_IH_Italienisch_72.indd 17 06.11.14 10: 27 18 Wer fühlen will, muss hören Isabella von Treskow in ostro ed alabastro ed oro fino vedde; e ’l gran cacciator dovenne caccia Wer - an der genannten Stelle - nichts hört, fühlt Der Wille zur Erkenntnis, von dem Giordano Bruno am Anfang des Dialogo quarto detailliert spricht, setzt den Willen zur körperlichen Aufnahme, setzt körperliche Aufnahmefähigkeit und den Entschluss zielgerichteter Empfänglichkeit voraus Ergriffensein und Begreifen fallen in der Aktivität des «leidenschaftlichen Helden» als «apprension della beltà divina» 70 zusammen Sehen steht metaphorisch für sinnliche Wahrnehmung überhaupt, die in ein Bild übersetzt wird, das im übertragenen Sinne «vor Augen stehen» soll, tatsächlich «im Inneren», mental, erstellt wird Bruno setzt die Idee des Zusammenhangs von Perzeption, sinnlicher «Erfüllung» und Verstehen poetisch um Die volle Verbform «vedde» drückt grammatikalisch das Unwiderrufliche aus Durch das enjambement liegt ein noch stärkerer Akzent auf dem ersten Wort des Verses, als ohnehin auf jedem Versbeginn liegt Lexikalisch steht das Moment des Sehens qualitativ in der Steigerung des Gesehenen, der Göttin, stark metaphorisch, zugleich konventionell ausgedrückt (Perlmutt, Alabaster, feines Gold), was den Lesefluss bzw das Verstehen beschleunigt, gleichzeitig durch diese Abstraktion eigene Vorstellungen von Schönheit erlaubt Der vollendete Akt des Sehens erreicht damit eine grammatikalisch gesteuerte Einzelstellung als Endpunkt im Hauptsatz, die durch die lexikalische Einzelstellung (Sehen / Erkennen) verdoppelt, d h als Effekt intensiviert wird Energie und Willenskraft des Helden kehren sich gegen ihn, als er Artemis’ Brust und Antlitz endlich sieht Der Bogen spannt sich von «Ecco» zu «vedde», das Verstehenstempo kann sich im Lesen oder Hören steigern, bis «vedde» innerhalb der prosodischen Entwicklung eine besondere Intonation erfährt und anschließend das Semikolon abrupt einen Stillstand erzwingt, nicht aber einen Abbruch Nach dem Semikolon folgt der Kommentar zur Pause: Der Jäger wird Beute Die Pause, quantitativ um einiges länger als die Pausen zwischen den Wörtern in den vorhergehenden Syntagmen, bringt einen vollkommenen Rhythmuswechsel Im Leerlauf nach dem Augenblick des Sehens und Erkennens wird semantisch die Vernichtung wahrnehmbar Bruno bedient sich einer auf diesen Moment hinzielenden Spannungstechnik, die das Atemanhalten erst verursacht, die punktgenau eine physiologische Reaktion provoziert Vielleicht wird dadurch auch der kognitive Prozess verlangsamt Diese Lenkung der Qualität der Erkenntnis durch Beschleunigung, Spannung, Verlangsamung kann ein komplexes Verstehen der Vorgänge bewirken Die strategische Funktion der Pause reicht damit weiter als bei Angelo Grillo, da sie zum einen förmlich Aktaions Verschwinden umsetzt, zum anderen einen ästhetisch-rezeptiv, damit intellektuell weiteren Horizont aufmacht 2_IH_Italienisch_72.indd 18 06.11.14 10: 27 19 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören Bei Giordano Bruno steht die visuelle Wahrnehmung im Vordergrund Wesentlich aber ist für den gesamten Text Gli eroici furori, dass der prominente Faktor der Inspirations- und Erkenntnistheorie die sinnliche Wahrnehmung ist Brunos Dichtung in Gli eroici furori muss im Kontext der Affektkultur der Zeit, darunter auch der ‹Mode des Weinens›, und der Konjunktur affektakzentuierter Poetik gelesen werden, 71 geht aber darüber hinaus Der Zielpunkt seiner Formulierung des Aktaion-Mythos ist nicht unbedingt die ‹reine› Erkenntnis als abstrakte Idee vom Denken, sondern vielmehr, wie Ferdinand Fellmann schreibt, «die Erkenntnis von der Verstrickung des erkennenden Geistes in die Sinnlichkeit» . 72 4. Die Weichenstellung für die Neubewertung der teilweise auf Schnelligkeit, auf alle Fälle aber auf «angemessene» Wirkung ausgerichteten Produktion, erstellt für eine gezielte affektive Rezeption, und die Erörterung weiterer Möglichkeiten von Dichtung erfolgte, wie gezeigt, schon in der Jahrhundertmitte durch eine Aufwertung der ästhetischen Dimension und besondere Aufmerksamkeit für die sprachkörperliche Verfasstheit von Lyrik Verschiedene Teilvorgänge zwischen Textkonstitution, Stimulanz des Hörsinns, aktiver Rezeption, in die auch Erwartung eingeht, Kategorisierung nach Gefühlen, Bedeutungszuweisung und Erkenntnisakt werden von den Autoren verschieden thematisiert und gewichtet Zu konstatieren ist eine Wechselwirkung zwischen der Aufwertung bzw den Veränderungen des Italienischen und der poetologischen Aufgeschlossenheit für Produktions-, Rezeptions- und Wirkungsprozesse Es gibt Schubmomente des Wandels hin zur barocken Affekt- und Effektorientiertheit, die auch die Ausgabe des ursprünglich lateinisch verfassten De poëta als Arte poetica im Volgare betrifft Dass Minturno sein Werk auf Italienisch veröffentlichte, zeigt einen Geisteswandel Die darin vertretene Poetologie zeugt von einer erstarkenden Sensibilität dafür, wie Sprache für mentale Prozesse eine essentielle Voraussetzung darstellt und welche Funktion die Intensität der Vermittlung hat Diese Befunde können nun nicht die Differenzen zu neuzeitlichen und aktuellen Theorien verschleiern Beispielsweise integrieren die Poetologien keine historischen Maßgaben in dem Sinne, dass sie sich zum Einfluss kulturell gelenkter Voreinstellungen der Perzeption und der Assimilation des Gehörten äußern: Die Rezeption eines Meditationsgedichts wie Lagrime del penitente von Angelo Grillo funktioniert heute nicht mehr wie im Cinquecento Es gibt keinen Automatismus zwischen Schrift- und Lautproduktion, grafisch vermittelter und phonologischer Aufnahme von Wortkombinationen, lexikalischem Entschlüsseln, Zusammenführung im mentalen Lexikon, Visua- 2_IH_Italienisch_72.indd 19 06.11.14 10: 27 20 Wer fühlen will, muss hören Isabella von Treskow lisierungsvorgängen, Gefühlszuordnung und Sinnbildung Dem Trend der Zeit gemäß sollte sich Erkennen in Imagination, in visueller Vorstellung, spiegeln Es ist allerdings nicht zu sagen, ob eine solche historisch stärker vorhanden war als zu anderen Zeiten Jauß hat auf den «historischen Wandel der Aisthesis» 73 hingewiesen So müssen wir festhalten, dass nur der historische Affektrahmen eine Konzeptualisierung etwa von Zerknirschung garantierte Giordano Brunos Alle selve i mastini verdankt seine Berühmtheit hingegen auch der Tatsache, dass es noch heute schon bei geringer Kenntnis des Aktaion- Mythos, den das Gedicht ja kurz wiedergibt, über die Verbindung von lautlicher und lexikalischer Verfasstheit eine sinnlich fundierte Erkenntnis ermöglichen kann Sie ist trotzdem nicht jener vorangegangener Jahrhunderte vergleichbar Die Hoffnung der Theoretiker von Trissino bis Minturno, dass stilistisch angemessene Wortwahl die richtigen und immer selben Gefühle, Bilder und Gedanken auslöse, konnte sich nur dann realisieren, wenn man an genau diese Erfüllung glaubte Andere - im literarhistorischen Kontext dieser Überlegungen: Spätere - Erfahrungen und Erwartungen verändern jedoch die sprachästhetische Rezeption Die Frage nach der Körperlichkeit von Sprache als Frage nach den klangphysikalischen Wirkungen auf den menschlichen Körper und nach der physiologischen Verarbeitung sensorischer Reize gewinnt in den analysierten Theorien hin zu Minturno an Relevanz Dass die sinnlich-somatische Perzeption nicht nur eine Etappe zwischen Produktion und Wirkung und im Vergleich zur grafischen und lexikalischen zu vernachlässigen ist, sondern sensorische Funktionen die Prozesse des Verstehens mit determinieren, wird z T schon in diesen frühen italienischen Schriften vertreten, wo sie vom Hören zum Fühlen, Fühlen zum Gefühl und vom Gefühl zum bildlichen oder abstrakten Verstehen schreiten Vordergründig schließen die Abhandlungen zur Dichtungstheorie zwar nur, dies in unterschiedlichem Zuschnitt, sinnliche Wahrnehmung, Affektwirkung und Vorstellungspotential zusammen Da dadurch konstruktive Vorgänge wie emotionale Reaktionen und Visualisierung implizit als Etappen hin zu Einsicht oder als Teil verstehender Erfahrung gesehen werden, müssen sich logisch gedacht sinnliche Wahrnehmung, Erfassen von Bedeutungen, Empfinden und Erkennen verschränken Die Bühne, auf der dies stattfand, diente noch nicht der Selbst-Inszenierung, die Erfahrung war noch nicht die individuelle Gefühlserfahrung, als welche sie heute empfunden bzw kategorisiert wird Späteren Theoretikern haben viele trattatisti des Cinquecento allerdings voraus, äußere akustische Reize und deren Erwartung durch die Rezipienten, sinnliche Reaktionen im Hören als Teil des Lesens und geistige Prozesse neu mit Gefühlsreaktionen in einer Weise aufeinander bezogen zu haben, die körperliche und emotionale Prozesse nicht strikt von rationalen trennt, sondern Klangphysiologie und dem gefühlsmäßigen Wert 2_IH_Italienisch_72.indd 20 06.11.14 10: 27 21 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören von Wörtern, phonologischen Elementen, Intonation, Prosodie und Stil, der Wortbedeutung und -bewertung verbindet, im Rahmen der Affektkultur eine Bedeutung beimisst, die in ihrer Funktion für Ästhetik und Kognition erst in jüngster Zeit wieder erkannt wird abstract . Il saggio sostiene la tesi che in Italia nel Cinquecento, in un’epoca cioè di grandi trasformazioni linguistiche, esisteva una particolare sensibilità per la qualità fisica-fonetica della lingua, ipotesi tutt’oggi ancora poco conosciuta L’analisi di alcuni scritti poetologici dei teorici Trissino, Fuscano, Daniello, Giraldi e Minturno, e in parte anche Tasso, può dimostrare che nel corso del tempo vengono sempre di più considerati i rapporti fra ricezione del suono e del lessico Nell’era prebarocca si sviluppa in questo modo una conoscenza delle ragioni per la semantizzazione, una conoscenza che ai posteri non interesserà più Solo oggi si focalizza di nuovo l’attenzione sul rapporto fra ascolto, percezione, visualizzazione e comprensione, per esempio nella ricerca sul leggere, nella psicologia cognitiva e nella linguistica cognitiva Il saggio si conclude portando ad esempio due poesie: Lagrime del penitente (1594) di Angelo Grillo e Alle selve i mastini (1585) di Giordano Bruno anmerkungen 1 Torquato Tasso, Discorsi dell’arte poetica e del poema eroico, Venezia 1587, hrsg von Luigi Poma, Bari 1964, III, S 47 (Die Schreibweisen der Zitate entsprechen grundsätzlich denen der zitierten Quellen .) 2 Vgl z B Anna Wierzbicka, Emotions across Languages and Cultures. Diversity and Universals, Cambridge 1999; Giuliana Bruno, Atlas of Emotion. Journeys in Art, Architecture, and Film, London 2002; Helena Flam, Soziologie der Emotionen. Eine Einführung, Konstanz 2002; Monika Schwarz-Friesel, Sprache und Emotion, Tübingen und Basel 2007; Sabine Flach / Jan Söffner, Emotionaler Habitus. Gefühle und Sinne zwischen Subjektivität und Umweltrelation, Paderborn 2011; Ute Frevert / Christian Bailey / Pascal Eitler / Benno Gammerl / Bettina Hitzer / Margrit Pernau / Monique Scheer / Anne Schmidt / Nina Verheyen, Gefühlswissen. Eine lexikalische Spurensuche in der Moderne, Frankfurt a M 2011 3 Dies gilt für Affekte. Philosophische Beiträge zur Theorie der Emotionen, hrsg von Stefan Hübsch / Dominic Kaegi, Heidelberg 1999; William M Reddy, The Navigation of Feeling. A Framework for the History of Emotions, Cambridge 2001; Daniel M Gross, The Secret History of Emotion. From Aristotle’s Rhetoric to Modern Brain Science, Chicago 2006; Catherine Newmark, Passion - Affekt - Gefühl. Philosophische Theorien der Emotionen zwischen Aristoteles und Kant, Hamburg 2008; Pathos, Affekt, Emotion. Transformationen der Antike, hrsg von Martin Harbsmeier / Sebastian Möckel, Frankfurt a M 2009 4 Vgl Ulrich Thieme, Die Affektenlehre im philosophischen und musikalischen Denken des Barock. Vorgeschichte, Ästhetik, Physiologie, Celle 1984; Hans Rudolf Picard, Die 2_IH_Italienisch_72.indd 21 06.11.14 10: 27 22 Wer fühlen will, muss hören Isabella von Treskow Darstellung von Affekten in der Musik des Barock als semantischer Prozess, Konstanz 1986; Hans-Heinrich Unger, Die Beziehungen zwischen Musik und Rhetorik im 16. - 18. Jahrhundert, Hildesheim - Zürich - New York 2000; Klaus Wolfgang Niemöller, «Tradition und Innovation des Affekt-Denkens im Musikschrifttum des 16 Jahrhunderts», in: Tugenden und Affekte in der Philosophie, Literatur und Kunst der Renaissance, hrsg von Joachim Poeschke / Thomas Weigel / Britta Kusch, Münster 2002, S 77 - 94; Michael Zywietz, «Affektdarstellung und Affektkontrolle in den Bußpsalmen des Orlando di Lasso», in: Poeschke et al (Hrsg .) (2002), S 95 - 108; Rainer Bayreuther, «Theorie der musikalischen Affektivität in der Frühen Neuzeit», in: Musiktheoretisches Denken und kultureller Kontext, hrsg von Dörte Schmidt, Schliengen 2004, S 69 - 92 5 Vgl Myriam Chiarla, «La modernità degli affetti nella poesia di Angelo Grillo», in: Moderno e modernità: la letteratura italiana, hrsg von Clizia Gurreri / Angela Maria Jacopino / Amedeo Quondam, Roma 2008, http: / / www .italianisti .it / upload / userfiles / files / Chiarla%20myriam .pdf [16 .12 .2013] 6 Vgl Giacomo Jori, Per Evidenza. Conoscenza e segni nell’età barocca, Venezia 1998, vor allem Kap Il senso delle parole Trotzdem ist festzuhalten, dass Jori und Chiarla (2008) die Frage marginalisieren 7 So in Sprache und Emotion von Schwarz-Friesel (2007, S 128 ff .) 8 Vgl z B René Collier, «On the Communicative Function of Prosody: Some Experiments», in: IPO annual progress report, 28 (1993), S 67 - 75; Wallace Chafe, «Prosody and Emotion in a Sample of Real Speech», in: Relations and Functions within and around Language, hrsg von Peter H Fries / Michael Cummings / David Lockwood / William Spruiell, London 2002, S 277 - 315; Nicole M Wilk, «Semiotik der Gefühle Versuch einer Integration der Affekte in eine linguistisch-semiotische Theorie des Verstehens», in: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 35, 138 (2005), S 129 - 141; Daniel Büring, «Intonation und Informationsstruktur», in: Text-Verstehen. Grammatik und darüber hinaus, hrsg von Hardarik Blühdorn / Eva Breindl / Ulrich Hermann Waßner, Berlin 2005, S 144 - 163; Hans Strohner, «Textverstehen aus psycholinguistischer Sicht», in: Blühdorn et al (2005), S 187 - 204; Schwarz-Friesel (2007); Cliff Goddard / Anna Wierzbicka, «NSM Analysis of the semantics of physical qualities Sweet, hot, hard, heavy, rough, sharp, in cross linguistic perspective», in: Studies in Language 31, 4 (2007), S 765 - 800 9 Vgl Noël Carroll, Beyond Aesthetics. Philosophical Essays, Cambridge 2001; Christiane Voss, Narrative Emotionen. Eine Untersuchung über Möglichkeiten und Grenzen philosophischer Emotionstheorien, Berlin - New York 2004; Poeschke et al (2002); vgl auch Klaus Holzkamp, Sinnliche Erkenntnis. Historischer Ursprung und gesellschaftliche Funktion der Wahrnehmung, Frankfurt a M 1973 10 Vgl Antonio R Damasio, Emotion, Reason and the Human Brain, New York 1994; Rolf A Zwaan, «The immersed experiencer: Toward an embodied theory of language comprehension», in: The Psychology of Learning and Motivation. Advances in Research and Theory, vol 44, hrsg von B .H Ross, New York 2004, S 35 - 62; Maryanne Wolf, Proust and the Squid. The Story and Science of the Reading Brain, New York 2007; Stanislas Dehaene, Les neurones de la lecture, Paris 2009; Christian Obermeier / Winfried Menninghaus / Martin von Koppenfels / Tim Raettig / Maren Schmidt-Kassow / Sascha Otterbein / Sonja A Kotz, «Aesthetic and emotional effects of meter and rhyme in poetry», in: Frontiers in Psychology, vol 4 (2013), Art 10 doi: 10 .3389 / fpsyg .2013 .00010 11 Paul D Allopenna / James S Magnuson / Michael K Tanenhaus, «Tracking the Time Course of Spoken Word Recognition Using Eye Movements: Evidence for Continuous Mapping Models», in: Journal of Memory and Language 38 (1998), S 419 - 439 2_IH_Italienisch_72.indd 22 06.11.14 10: 27 23 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören 12 Vgl z B Reuven Tsur, Toward a Theory of Cognitive Poetics, Amsterdam 1992; Reuven Tsur, Poetic Rhythm: Structure and Performance. An Empirical Study in Cognitive Poetics, Bern 1998; Ralf Junkerjürgen, Spannung - Narrative Verfahrensweisen der Leseraktivierung. Eine Studie am Beispiel von Jules Verne, Frankfurt a M u .a 2002, S 61 - 74 13 Vgl Hans Robert Jauß, Ästhetische Erfahrung und literarische Hermeneutik, Frankfurt a M 1991 [1982]; Wolfgang Iser, Der Akt des Lesens. Theorie ästhetischer Wirkung, München 1984; Wolfgang Iser, «Die Appellstruktur der Texte», in: Rainer Warning, Rezeptionsästhetik. Theorie und Praxis, München 1988 [1975], S 228 - 252; Wolfgang Iser, «Der Lesevorgang Eine phänomenologische Perspektive», in: Warning (1988), S 253 - 276 14 Vgl Jauß (1991), Kap I .A .6 Aisthesis: die rezeptive Seite der ästhetischen Erfahrung (voir plus de choses qu’on n’en sait) Man beachte in dieser Kapitelüberschrift das Beispiel für Rezeption und Verstehen: Sehen (‹voir›) 15 Vgl z B «Music Imagery», «Auditory Imagery», «Acoustic Image» (vgl Warren Brodsky / Yoav Kessler / Bat-Sheva Rubinstein / Jane Ginsborg / Avishai Henik, «The Mental Representation of Music Notation: Notational Audition», in: Journal of Experimental Psychology: Human Perception and Performance, 34, 2 (2008), S 427 - 445; Timothy L Hubbard, «Auditory Imagery: Empirical Findings», in: Psychological Bulletin, 136, 2 (2010), S 302 - 329; Wolf [2007]) 16 Vgl v .a Dehaene (2007); vgl zur Thematik auch Caroline Féry, «Laute und leise Prosodie», in: Blühdorn et al (2005), S 164 - 181, und zur Aufmerksamkeitssteuerung Caroline Féry, «Focus as prosodic alignment», in: Natural Language and Linguistic Theory, 31, 2 (2013), S 683 - 734 17 So z B nicht in Schwarz-Friesel (2007), Kap 9, «How do I love thee» - Die Sprache der Liebenden 18 Vgl Diane Pecher / Rolf A Zwaan, Grounding Cognition, Cambridge 2005; Lawrence W Barsalou, «Grounded Cognition», in: Annual Review of Psychology, 59 (2008), S 617 - 645; Lawrence W Barsalou, «Grounded Cognition Past, Present, and Future», in: Topics in Cognitive Science 2 (2010), S 716 - 724; Anna M Borghi / Diane Pecher, «Introduction to the special topic Embodied and Grounded Cognition», in: Frontiers in Psychology, 2, Art 187 (2011); Rolf A Zwaan / Diane Pecher, «Revisiting Mental Simulation in Language Comprehension: Six Replication Attempts», in: PloS ONE 7 (2012): e51382 19 Vgl Sergio Moravia, L’Enigma della mente. Il ‹Mind-Body-Problem› nel pensiero contemporaneo, Roma - Bari 1986, S 267 - 273 20 Etwa nicht in Obermeier et al ., «Aesthetic and emotional effects» (2013) 21 Vgl zum ersten Punkt Kathrin Rothermich / Maren Schmidt-Kassow / Sonja A Kotz, «Rhythm’s gonna get you: regular meter facilitates semantic processing», in: Neuropsychologia 50 (2012), S 232 - 244; zum zweiten Punkt, genauer zur Simultaneität phonologischer und orthographischer Erkennung sowie zur phonologischen und lexikalischen Wortverarbeitung vgl Dehaene (2007) Vgl auch Ulrike Altmann / Isabel C Bohrn / Oliver Lubrich / Winfried Menninghaus / Arthur M Jacobs, «The power of emotional valence - from cognitive to affective processes in reading», in: Frontiers in Human Neuroscience 6, Art 192 (2012); Bálint Forgács / Isabel Bohrn / Jürgen Baudewig / Markus J Hofmann / Csaba Pléh / Arthur M Jacobs, «Neural correlates of combinatorial semantic processing of literal and figurative noun noun compound words», in: NeuroImage 63 (2012), S 1432 - 1442 22 Vgl zur Traktatliteratur Trattati di poetica e retorica del Cinquecento, hrsg von Bernard Weinberg Bari 1970; Margaret W Ferguson,- Trials of desire.- Renaissance 2_IH_Italienisch_72.indd 23 06.11.14 10: 27 24 Wer fühlen will, muss hören Isabella von Treskow Defenses of Poetry, New Haven - London 1983; Marc Fumaroli, L’âge de l’éloquence. Rhétorique et «res literaria» de la Renaissance au seuil de l’époque classique, Genève 1980; Rainer Stillers, Humanistische Deutung. Studien zu Kommentar und Literaturtheorie in der italienischen Renaissance, Düsseldorf 1988; Heinrich F Plett, «Gattungspoetik in der Renaissance», in: Renaissance-Poetik, hrsg von H .F Plett, Berlin - New York 1994, S 145 - 176; Poétiques de la Renaissance, hrsg von Perrine Galand-Hallyn, Genève 2001; Brigitte Kappl, Die Poetik des Aristoteles in der Dichtungstheorie des Cinquecento, Berlin - New York 2006 Vgl auch Francesco Sberlati, La ragione barocca. Politica e letteratura nell’Italia del Seicento, Milano 2006 23 So in Hugo Friedrichs Epochen der italienischen Lyrik, Frankfurt a M 1964, S 568, aber auch in Bernard Weinbergs «Nota filologica» (zu B Daniellos Della Poetica), in: ders (Hrsg .), Trattati (S 611 - 618), S 611, in Ulrich Schulz-Buschhaus’ Das Madrigal. Zur Stilgeschichte der italienischen Lyrik zwischen Renaissance und Barock, Bad Homburg 1969 Abwertend äußert sich auch Thomas Leinkauf, «Der Begriff des Schönen im 15 und 16 Jahrhundert Seine philosophische Bedeutung und Hinweise auf sein Verhältnis zur Theorie von Poesie und Kunst», in: Plett (Hrsg .) (1994), S 53 - 74 Was Jori (1998) angeht, ist die Lage etwas anders, da er sich wesentlich auf die Theorien des 15 und 16 Jahrhunderts bezieht, in denen die Funktionen des Bildlichen, z B im Ikonischen, im Emblem und Symbolen, die anderen Funktionen überlagern 24 Stillers (1988), S 278 25 Vgl Giovan Giorgio Trissino, La Poetica (I-IV) [Vicenza 1529], in: Trattati di poetica e retorica del Cinquecento, hrsg von Bernard Weinberg, Bari 1970, Bd 1, S 21 - 158 Zu Trissinos Poetica vgl auch Stillers (1988), S 312 ff 26 Vgl hierzu auch die Ausführungen von Stillers (1988), S 317 27 Stillers (1988), S 318 28 Giovanni Berardino Fuscano, Della oratoria e poetica facoltà [Roma 1531], in: Weinberg (Hrsg .), Trattati, Bd 1, S 187 - 195, hier S 190: «E perché non intendo avilupparmi in simil materia, sol mi doglio che la penuria d’eruditi scrittori conduca a morte li atti immortali e che da qui proceda che si da uno incolto e rozzo stilo li virtuosi pregi de l’invitti animi sono divulgati, le castigate orecchi da rochi strepiti e le diserte lingue da le spinose carte velocemente fuggir son costrette .» 29 Fuscano, Della oratoria, S 190 30 Ebd 31 Ebd 32 Fuscano, Della oratoria, S 191 («Nie hat sich ein schnelles Pferd, von Sporen getrieben oder Zügeln gelenkt, so rasch bewegt wie sie nach ihrer Maßgabe die Affekte erheitert oder traurige Gefühle aus unseren Seelen vertreibt .» - Freie Übersetzung v Verf .) 33 Daniello, Della Poetica, S 317; dieser Vorzug zeigt sich besonders bei gesungenem Vortrag: «La qual cosa potrete per voi medesimo vedere ciascuna volta che voi farete a qual si voglia eccellente musico, la voce insieme col suono sciogliendo et accordando, una delle canzone d’Orazio prima et dopo una di quelle del Petrarca cantare .» (ebd .) 34 Vgl Daniello, Della Poetica, S 317: «Conciò sia cosa che vie più (senz’alcun dubbio) di soave armonia empierà ciascun giudicioso orecchio questa seconda [d h eine Canzone von Petrarca], che fatto non avrà la prima [d h Dichtung von Horaz] E ciò solamente averrà per la rima, la quale tanto più s’accorderà col suono e più renderà di dolcezza, quanto meno sarà dall’altra sua compagna rima lontana .» Hier wird auch der im Vergleich zum Neuhochdeutschen geringere normative Zwang zum Reim im Italienischen sichtbar 2_IH_Italienisch_72.indd 24 06.11.14 10: 27 25 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören 35 Vgl zu Giraldi die Ausführungen von Stillers (1988), besonders S 300 ff 36 Giovambattista Giraldi Cinzio, Discorso intorno al comporre dei romanzi [Venezia 1554], hrsg von Laura Benedetti, Bologna 1999, S 134 f 37 Giovambattista Giraldi Cinzio, Discorso dei romanzi, hrsg v Laura Benedetti / Giuseppe Monorchio / Enrico Musacchio, Bologna 1999, S 149: «Peroché lo ingegno dello scrittore tiene in guisa sospeso l’animo di chi legge che volentieri si lascia portan, oltra il numero degli otto versi, ad udire il fine della sentenza cominciata nell’altra stanza .» 38 Vgl Giraldi, Discorso dei romanzi, S 166 39 Giraldi, Discorso dei romanzi, 1999, S 134 («[…] denn das Ohr, das jenen letzten Gleichklang erwartet, der ihm harmonisch den Gedankenabschluss [den Sinn] liefert, bleibt, statt sich zu erfreuen, jenseits jeder Erwartung enttäuscht, wenn der Klang leer [bzw sinnlos] und der Sache nicht angemessen ist; nicht nur das Ohr, auch der Verstand, der erwartete, mit dem Reim zur Ruhe zu kommen, […] bleibt allein ohne dieses Ende, das er vernünftigerweise für den Schluss der Sentenz erwarte .» (Übers u Kommentare v Verf .) Hier wird auch die Nähe der Lyriksprache zur Musik hervorgehoben (vgl dazu Dante Alighieri, der in De vulgari eloquentia schreibt, Fiktion sei aus Musik und Rhetorik gemacht) 40 Zur Gefühlsübertragung im Bereich der bildenden Kunst vgl Joseph Imorde, Affektübertragung, Berlin 2004 Zu Minturnos dichtungstheoretischen Schriften vgl Stillers (1988), S 323 ff 41 Vgl Antonio Minturno, L’Arte poetica, 1563 (Reprint München 1971), S 175; vgl hierzu Gerhard Regn, «Mimesis und autoreferentieller Diskurs Zur Interferenz von Poetik und Rhetorik in der Lyriktheorie der italienischen Spätrenaissance», in: Die Pluralität der Welten. Aspekte der Renaissance in der Romania, hrsg von Wolf-Dieter Stempel / Karlheinz Stierle, München 1987, S 387 - 414, S 391 42 Minturno, L’Arte poetica, S 53 ff Die Gedanken stehen im Kontext der Aristoteles- Rezeption und der Idee der elf Affekte (Begierde, Zorn, Furcht, Mut, Neid, Freude, Liebe, Hass, Sehnsucht, Eifersucht, Mitleid) 43 Vgl hierzu auch die Aufzählungen in Minturno, L’Arte poetica, S 381 ff Vgl entsprechend Gioseffo Zarlino, Le Istitutioni harmoniche, 1558, II, cap 8 (s Rolf Dammann, Der Musikbegriff im deutschen Barock, Köln 1967, S 225) Vgl auch Biagio Marini, Affetti musicali. Opera Prima, hrsg von Franco Piperno, Milano 1990, und Barbara Strozzis Sacri musicali affetti (Venezia 1655) 44 Minturno, L’Arte poetica, S 326: «Io so, che non mi dimandate delle consonanze delle rime, che nell’ultime voci sono proprie nostre: dell quali à bastanza s’è ragionato col S Berardino: ma di quella Musica concordanza, che dalle medesime lettere, ò syllabe nascendo, non pur dolcemente lusinga gli orecchi; ma reca talhora la cosa innanzi à gli occhi Laonde è molto da ridere il precetto di colore, che commandano doversi lo scontro delle medesime lettere ò syllabe fuggire Fassi questo bellissimo concento, ò nel principio delle voci, ò nel mezzo, ò pur nel fine, ò quando il fine dell’antecedente particella al principio dell seguente s’accorda: ò pur al mezzo; overo quando il mezzo dell’una al principio, & alla fine dell’altra State adunque ad urie, come concordevolmente dalle medesime lettere due, ò piû voci continovatamente cominciano: Anima assai, Ad albergar, La bella bocca, In un bel bosco […]», usw (Hervor v Verf .) 45 Minturno, L’Arte poetica, S 381 46 Minturno, L’Arte poetica, S 331 47 Minturno, L’Arte poetica, S 394 48 Minturno, L’Arte poetica, S 329 2_IH_Italienisch_72.indd 25 06.11.14 10: 27 26 Wer fühlen will, muss hören Isabella von Treskow 49 Ebd 50 Minturno, L’Arte poetica, S 388 51 Ebd .: «Ma propriamente, e particolarmente figura di sentenza si dice, quando dalla semplice e pura forma di parlare si rimuove Qual cosa è tanto semplice, e tanto comune, quanto è il dimandare? » […] «Ma prende nuova forma per hauer piû forza, quando si dimanda, non già per intendere cosa alcuna, ma per far ’istanza […]» Es folgt ein Auszug aus einem Sonett von Francesco Petrarca (Canzoniere, Teil I, L) 52 Minturno, L’Arte poetica, S 388 53 Minturno, L’Arte poetica, S 417 54 Vgl hierzu Thieme, Affektenlehre (1984); Michel Foucault, Les mots et les choses. Une archéologie des sciences humaines, Paris 1966; zur hohen Bedeutung des Sprechens und Hörens für Produktion und Rezeption vgl auch Minturno, L’Arte poetica, Libro secondo 55 Vgl z B Minturno, L’Arte poetica, S 327, S 383 56 Vgl hierzu mit anschaulichen Beispielen Jori (1998), S 152 ff ., vgl S 153: «La mimesi, realistica e affettiva, cattura il cuore, lo avvolge nell’evento evocato .» 57 Dabei ist sich die Musikwissenschaft der ‹musikalischen›, sonoren Seite der Sprechsprache offenbar gar nicht immer bewusst Vgl etwa Ernst Kubitschek, «Die Bezeichung ‹affetto› in der frühbarocken Instrumentalmusik», in: Cappella antiqua. Festschrift zum 25jährigen Bestehen, hrsg von Thomas Drescher, Tutzing 1988 S 203 - 212 (z B am Schluss, S 212) 58 Man denke hier an die Kontroverse zwischen Giovanni Artusi und Claudio Monteverdi 59 Vgl Gabriello Fiamma, Rime spirituali, Venezia 1573 60 Tasso, Discorsi dell’arte poetica, III, S 45: «La composizione, che è la terza parte de lo stile, avrà del magnifico, se saranno lunghi i periodi, e lunghi i membri, de’ quali il periodo è composto E per questo la stanza è piú capace di questo eroico, che ’l terzetto S’accresce la magnificenza con l’asprezza, la quale nasce dal concorso di vocali, da rompimenti diversi, da pienezza di consonanti ne le rime, da lo accrescere Il numero nel fine del verso, o con parole sensibili per vigore d’accenti, o per pienezza di consonanti Accresce medesimamente la frequenza de le copule, che come nervi corrobori l’orazione Il trasportare alcuna volta i verbi contro l’uso comune, benché di rado, porta nobiltà a l’orazione .» 61 Tasso, Discorsi dell’arte poetica, III, S 40 («das Wunderbare entsteht nur aus den erhabenen und großartigen Dingen») Auf den Evidenz-Gedanken Tassos kann hier nicht eingegangen werden; zur Beziehung Grillo-Tasso vgl Jori (1998), S 150 ff 62 Gabriello Fiamma wertet 1573 im Kommentar zu seinen Rime spirituali die weltliche meraviglia-Dichtung mit dem Argument ab, sie beruhe nur auf «subtiler Kunstfertigkeit», während christliche Stilverfahren der Sache, der materia, «der christlichen Materie inhärent» seien (vgl Föcking [1994], S 138) Die evozierten «Bilder» gelten dabei als wesentlich der Dichtung zu verdanken 63 Grillo hat seit den 1990er Jahren nach langer Zeit eigene Würdigung erfahren An erster Stelle ist die Untersuchung von Marc Föcking, Rime sacre und die Genese des barocken Stils. Untersuchungen zur Stilgeschichte geistlicher Lyrik in Italien 1536 - 1614, Stuttgart 1994, zu nennen, der die hier vorliegende Untersuchung viel verdankt Vgl auch Giulia Raboni, «Il madrigalista genovese Livio Celiano e il benedittino Angelo Grillo», in: Studi secenteschi XXXII (1991), S 137 - 188; Amedeo Quondam, «Note sulla tradizione della poesia spirituale e religiosa (parte prima)», in: Studi (e testi) italiani, 16 (2005), S 127 - 211, S 213 - 282; Chiarla (2008), darin speziell auch zum «inneren Gebet» 2_IH_Italienisch_72.indd 26 06.11.14 10: 27 27 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören 64 [Angelo Grillo,] Poesie sacre del molto R. P. abbate D. Angelo Grillo, comprese sotto questi capi: Pietosi affetti, Lagrime del Penitente, I flagelli di Christo, et l’Essequie sue, celebrate da Maria Vergine [ . . .], Venezia 1608, S 37 Die Pietosi affetti datieren aus dem Jahr 1594 65 Jori (1998), S 151 66 Vgl hierzu Föcking (1994), S 185 - 189 Auf die teatro-Metaphorik als Teil der kosmologischen Vorstellungen der Zeit kann hier nicht eingegangen werden Zum Zusammenschluss von «senso sonoro a quello verbale» in Grillos Madrigalen im Zeichen einer neuen Präsenz-Ästhetik s Jori (1998), S 152 67 Zu G Bruno und zu Gli eroici furori vgl Giorgio Barberi-Squarotti, «Per una descrizione e interpretazione della poetica di Giordano Bruno», in: Studi secenteschi 1 (1960), S 39 - 59; Willi Hirdt: «Das Ethos der Eroici furori», in: Kantstudien. Ergänzungshefte 82 (1961), S 90 - 110; Heinz-Ulrich Schmidt, Zum Problem des Heros bei Giordano Bruno, Bonn 1968; Ferdinand Fellmann, «Mythos und Moral bei Giordano Bruno», in: Terror und Spiel. Probleme der Mythenrezeption, hrsg von Manfred Fuhrmann, München 1971, S 241 - 256; Ferdinand Fellmann, «Giordano Bruno und die Anfänge des modernen Denkens», in: Romanistisches Kolloquium 4 (1987), S 449 - 489; Anne Eusterschulte, Analogia entis seu mentis. Analogie als erkenntnistheoretisches Prinzip in der Philosophie Giordano Brunos, Würzburg 1997; Patrizia Farinelli, Il furioso nel labirinto. Studio su De gli eroici furori di Giordano Bruno, Bari 2000; Thomas S Hoffmann, Giordano Bruno, Bonn 2000; Stephan Otto, «Die Augen und das Herz Der philosophische Gedanke und seine sprachliche Darstellung in Brunos Heroischen Leidenschaften», in: La Filosofia di Giordano Bruno. Problemi ermeneutici e storiografici, hrsg von Eugenio Canone, Firenze 2003, S 17-45; Barbara Kuhn, «Dal corpo ‹come carcere› alla ‹legge della carne› La corporeità dell’uomo negli Eroici furori di Giordano Bruno», in: Wolfenbütteler Renaissance-Mitteilungen 28 (2004), S 25 - 39 68 Zum Aktaion-Mythos in Gli eroici furori vgl Karl Albert, «Giordano Bruno und der Mythos vom Tod des Aktaion», in: ders ., Vom Kult zum Logos. Studien zur Philosophie der Religion, Hamburg 1982, S 72 - 83; Werner Beierwaltes, «Actaeon Zu einem mythologischen Symbol Giordano Brunos», in: Zeitschrift für philosophische Forschung 32 (1978), S 345 - 354; Michele Ciliberto, L’occhio di Atteone. Novi studi su Giordano Bruno, Roma 2002 69 Opere di Giordano Bruno e di Tommaso Campanella, hrsg von Augusto Guzzo / Romano Amerio, Milano - Napoli 1995, S 569 - 657, S 605 Vgl Giordano Bruno, Heroische Leidenschaften und individuelles Leben. Auswahl und Interpretationen, hrsg von Ernesto Grassi, Hamburg 1957, S 72: «Zum Hochwald hetzt Aktaion seine Meute, / Der Doggen Schar reißt ungestüm ihn mit / Und lenkt den kühnen, unbedachten Schritt / Auf Wildes Fährte führt ihn ihr Geleite, / / Bis wo im Waldsee, tief im Schilfgereute, / Ein göttlich Antlitz hemmt den leichten Tritt, / Ein Bild von Alabaster, Gold, Perlmutt - / Da ward der große Jäger selbst zur Beute / / Auf neuen Pfad leichtfüßig fortgehetzt, / In dicht’res Buschwerk zielt umsonst sein Streben, / Die eig’nen Hunde rauben ihm das Leben / / So spanne ich hoch die Gedanken jetzt / Zum Ziel Allein sie wenden sich zurücke / Und reißen mich mit scharfem Biß in Stücke .» In dieser Übersetzung wird nicht deutlich, dass aus dem Wasser «Büste und Antlitz» gewissermaßen steigen, das heißt jedenfalls zu sehen sind Die Verbindung zwischen Sehen und Hören stellte auch der Aktaion-Mythos her, denn Aktaion beneidete lebenslänglich Pan, der ebenfalls Artemis ‹auflauerte›, dafür, dass er, verwandelt in Melodie, in Töne, in Klang, in die «vibrierende Luft» überging, die sich beim 2_IH_Italienisch_72.indd 27 06.11.14 10: 27 28 Wer fühlen will, muss hören Isabella von Treskow Baden um Artemis «verströmte» Der Gegenwart des Klangs kann sich, in dieser Version des Mythos, auch Artemis nicht entziehen (vgl hierzu Friedrich A Kittler, «Der Gott der Ohren», in: Das Schwinden der Sinne, hrsg von Dietmar Kamper / Christopf Wulf, Frankfurt a M 1984, S 140 - 155) 70 Opere di Giordano Bruno e di Tommaso Campanella, S 605 71 Das ist überraschenderweise nicht selbstverständlich Stephan Otto z B übersieht die Einbettung in den Affektkontext und urteilt daher falsch über die entsprechenden Aussagen von Bruno Seiner Ansicht nach sind die Aussagen zum Herz, aus dem Funken stieben, und den Augen, aus denen «Wasser tropfen», Zeichen für «sichtendes Erkennen» (vgl Otto [2003], S 21) Andere Interpreten beziehen den historisch-kulturellen Kontext gar nicht ein 72 Ferdinand Fellmann, «Einleitung Heroische Leidenschaften und die Entstehung der philosophischen Anthropologie», in: Giordano Bruno, Von den heroischen Leidenschaften, Hamburg 1989, VII - XL, S XXIX Dazu, dass Erkennen keine gerichtete Aktivität, sondern ein Vorgang ist, in dem man aufnahmefähig ist, vgl ebd ., S XXXI 73 Jauß (1991), S 128 bibliographie Primärliteratur Opere di Giordano Bruno e di Tommaso Campanella, hrsg . von Augusto Guzzo / Romano Amerio . Milano - Napoli 1995 [Angelo Grillo: ] Poesie sacre del molto R. P. abbate D. Angelo Grillo, comprese sotto questi capi: Pietosi affetti, Lagrime del Penitente, I flagelli di Christo, et l’Essequie sue, celebrate da Maria Vergine [ . . .] . Venezia 1608 Fiamma, Gabriello: Rime spirituali . Venezia 1573 Fuscano, Giovanni Berardino: Della oratoria e poetica facoltà . [Roma 1531], in: Weinberg (Hrsg .), Trattati, Bd . 1, S . 187 - 195 Giraldi Cinzio, Giovambattista: Discorso dei romanzi . Hrsg . von Laura Benedetti / Giuseppe Monorchio / Enrico Musacchio . Bologna 1999 Giraldi Cinzio, Giovambattista: Discorso intorno al comporre dei romanzi . [Venezia 1554] . Hrsg . von Laura Benedetti . Bologna 1999 Marini, Biagio: Affetti musicali . Opera Prima, hrsg . von Franco Piperno . Milano 1990 Minturno, Antonio: L’Arte poetica . 1563 (Reprint München 1971) Tasso, Torquato: Discorsi dell’arte poetica e del poema eroico . Venezia 1587 . 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Studien zur Philosophie der Religion, Hamburg 1982, S . 72 - 83 2_IH_Italienisch_72.indd 28 06.11.14 10: 27 29 Isabella von Treskow Wer fühlen will, muss hören Allopenna, Paul D . / Magnuson, James S . / Tanenhaus, Michael K .: «Tracking the Time Course of Spoken Word Recognition Using Eye Movements: Evidence for Continuous Mapping Models», in: Journal of Memory and Language 38 (1998), S . 419 - 439 Altmann, Ulrike / Bohrn, Isabel C . / Lubrich, Oliver / Menninghaus, Winfried / Jacobs, Arthur M .: «The power of emotional valence - from cognitive to affective processes in reading», in: Frontiers in Human Neuroscience 6, Art . 192 (2012) Barberi-Squarotti, Giorgio: «Per una descrizione e interpretazione della poetica di Giordano Bruno», in: Studi secenteschi 1 (1960), S . 39 - 59 Barsalou, Lawrence W .: «Grounded Cognition», in: Annual Review of Psychology, 59 (2008), S . 617 - 645 Barsalou, Lawrence W .: «Grounded Cognition . 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