Italienisch
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Narr Verlag Tübingen
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2014
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Fesenmeier Föcking Krefeld OttFrank-Rutger Hausmann: Die Deutsche Dante-Gesellschaft im geteilten Deutschland. Stuttgart: Verlag Hauswedell 2012, VI + 298 S., € 44,-
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2014
Thomas Brückner
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113 kurzrezensionen Frank-rutger hausmann: Die Deutsche Dante-Gesellschaft im geteilten Deutschland . stuttgart: Verlag hauswedell 2012, VI + 298 s., € 44,- Frank-Rutger Hausmann hat der Deutschen Dante-Gesellschaft zu ihrem bevorstehenden 150 Geburtstag das wertvollste Geschenk gemacht: Er hat ihre Geschichte seit dem Zweiten Weltkrieg erforscht und aufgeschrieben Literaturgesellschaften haben neben der öffentlichen Seite, die sich in Tagungen und Publikationen manifestiert, eine informelle: Sie besteht in der Arbeit des Vorstands, seinen protokollierten Zusammenkünften sowie der Korrespondenz seiner Mitglieder Die unmittelbar zugänglichen Publikationen Mitteilungsblatt und Jahrbuch sind daher zu ergänzen durch ungedruckte Quellen, die sich in Archiven befinden oder als Nachlass verwaltet werden Ein eigenes Archiv besitzt die Dante-Gesellschaft noch nicht Hausmann wertet Gedrucktes und Ungedrucktes aus, und allein die Auflistung der konsultierten Archive (S 271 - 274) verdeutlicht den ungemeinen Forschungsaufwand Das Ergebnis ist mehr als überzeugend und darf, ohne frühere Rückblicke auf die Geschichte der ältesten Dante-Gesellschaft der Welt abzuwerten, als Maßstab künftiger Darstellungen gelten Der Autor untersucht genau genommen den Zeitraum von 1945 bis 1982, umfasst bzw berührt damit die Präsidentschaften des Historikers Walter Goetz (1927 - 1949), des Romanisten Hans Rheinfelder (1949 - 1971) und des Romanisten August Buck (1972 - 1993) Da Hausmann der für die Geschichtsschreibung geltenden Regel folgt, einen Abstand von 30 Jahren zur Gegenwart einzuhalten, endet seine Darstellung 1982, heißt mit dem ersten Jahrzehnt von Bucks Präsidentschaft Aufgrund der Teilung Deutschlands kommt der Vizepräsidentschaft des Zwickauer Pfarrers Otto Riedel von 1962 bis 1983 besondere Bedeutung zu Zu diesen vier Protagonisten gesellen sich die Herausgeber des Jahrbuches, der Historiker Friedrich Schneider (tätig 1927 - 1962) 1 und die Romanistin Marcella Roddewig (tätig 1971 - 2000) . 2 Zurecht betont Hausmann angesichts der langen Amtszeiten die Beständigkeit der Gesellschaft «auch in turbulenten Zeiten» So sehr aber die genannten Personen deren Geschicke über die Jahrzehnte prägten, so sehr nahmen der verheerende Krieg und die spätere Teilung Einfluss Zur Geschichte der Gesellschaft zählt die Frage von Sitz und Tagungsort, zählt die Dante-Bibliothek, deren Aufbau schon die Statuten der DDG von 1865 vorsahen, zählen in spezifischer Weise Aktivitäten im Jubiläumsjahr 1965, dem 700 Geburtstag des Dichters Hausmann gelingt es auf überzeugende Weise, die Vielgestaltigkeit des Themas in eine lesbare Form zu bringen 2_IH_Italienisch_72.indd 113 06.11.14 10: 27 114 Kurzrezensionen Mit der Frage eines künftigen Tagungsortes nach dem Krieg, als Deutschland in vier Besatzungszonen geteilt war, deuten sich die Schwierigkeiten an, eine gesamtdeutsche Dante-Gesellschaft weiterzuführen Der Einzug des Jahresbeitrags von den Mitgliedern, ein ebenso schlichtes wie lebensnotwendiges Faktum, erwies sich in den vier Besatzungszonen plötzlich als kompliziertes Verfahren, das nur improvisierend zu bewerkstelligen war Geschäftsstelle wurde Gräfelfing bei München, wohin Goetz nach seiner Emeritierung 1933 von Leipzig verzogen war Auch andere Vorstandsmitglieder lebten dort oder in der Umgebung 1921 war Weimar Sitz der Gesellschaft geworden, bald darauf auch regelmäßiger Tagungsort Während Schneider sich für Weimar als fortgesetzten Tagungsort stark machte, plädierte Goetz für Krefeld, das in der Person des dortigen Bibliotheksdirektors Friedrich Schlüter seine Gastfreundschaft anbot Der in München lehrende Rheinfelder, der 1949 den 82jährigen Walter Goetz ablöste, bekundete demonstrativ Sympathie für Weimar, aber die Rahmenbedingungen führten zu immer häufigeren Treffen am Rhein Die Auflistung der Jahrestagungen von 1947 bis 1982 (S 169 - 170) weist nur noch dreimal Weimar (1950, 1953, 1954), dagegen 17 Mal Krefeld (erstmals 1947) auf, im übrigen weitere Orte in Westdeutschland, der Schweiz und Österreich Die immer größer werdenden Schwierigkeiten der Gesellschaft im deutschen Ost-West-Konflikt riefen Präsident und Vizepräsident auf den Plan: «Besonders verdient Pfarrer Otto Riedel aus Zwickau herausgehoben zu werden, der im Verein mit Rheinfelder den Kampf mit der ihm und der DDG ablehnend gesonnenen DDR-Bürokratie aufnahm und dem es durch seine Zähigkeit gelang, die definitive Spaltung der DDG in eine westliche und eine östliche Gesellschaft zu verhindern Der Preis, den er dafür zahlen mußte, war hoch: Marginalisierung und Schikane» (S 153) Otto Riedel organisierte in der DDR Dante-Lesungen und Tagungen und bewies in jahrelangen Auseinandersetzungen mit dem Ministerium für Kultur bewundernswerten Mut Die Lektüre interner Schreiben auf Regierungsseite lässt noch aus zeitlichem Abstand den Atem stocken, eine Johanna Rudolph (Ps .) wurde Riedels «heftigste Gegnerin» Zu Riedels kleinen und großen Siegen zählte eine Dante-Briefmarke zu Dantes 700 Geburtstag, während in Westdeutschland erst 1971 zum 650 Todestag des Dichters eine Briefmarke herauskam Das Jubiläum 1965 verstand die Führung in Ost-Berlin als Konkurrenzveranstaltung zur Bundesrepublik und Gelegenheit, die Beziehungen zu Italien zu verbessern (S 135 - 144) Die Federführung der Organisation oblag der 2_IH_Italienisch_72.indd 114 06.11.14 10: 27 115 Kurzrezensionen Ostberliner Romanistin Rita Schober, es gab eine Einladung nach Italien und eine Gegeneinladung Eine internationale Dante-Tagung in Ost-Berlin im Mai 1965 wurde ergänzt durch eine Rundreise nach Potsdam, Sachsen und Thüringen Auf den Tagungen in Italien hielten allerdings nur westdeutsche Dantisten (Rheinfelder, Buck, Ostermann) Vorträge Otto Riedel war vom italienischen Kulturminister nach Italien eingeladen worden, erhielt aber keine Reiseerlaubnis Rheinfelder, in der DDR durchaus angesehen, machte aus seiner diesbezüglichen Empörung vor der DDR-Delegation in Italien keinen Hehl In Westdeutschland fand im Mai 1965 eine Internationale Münchner Dante-Woche statt, ergänzt durch eine Tagung im Oktober in Krefeld, auf der ein Dante-Denkmal des Bildhauers Giannino Castiglioni enthüllt wurde Das Dante-Jahrbuch wurde seit Ende der 20er Jahre vom Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger in Weimar gedruckt Den Verlag hatte der aus Österreich stammende Rechtswissenschaftler Karl Rauch 1924 in der Weltwirtschaftskrise gekauft und gründete nach dem Krieg in Graz einen neuen Böhlau Verlag (dessen Sitz später Wien wurde) 1951 kam ein Verlagszweig in Köln (Böhlau-West) hinzu «Hermann Böhlaus Nachfolger» genoss somit als ‹internationaler› Verlag in der DDR gewisse Freiheiten, was die Fortsetzung von Schneiders Herausgebertätigkeit ermöglichte und erleichterte Die Währungsreform im Juni 1948 brachte durch die Einführung einer DM-West und DM-Ost für das Jahrbuch Finanzierungsschwierigkeiten verschiedener Art mit sich, über die Jahre unterschiedlich gelöst Als die DDR 1967 per Gesetz gesamtdeutsche Gesellschaften mit Sitz in Westdeutschland nicht mehr als gesamtdeutsch anerkannte, kündigte Böhlau-Ost den Vertrag mit der DDG Finanzielle Engpässe wurden als vorgeschobener Grund angegeben Inhaltlich verbinden sich mit dem Jahrbuch Fragen der wissenschaftlichen Ausrichtung und Qualität, auch der Abgrenzung zum Mitteilungsblatt, von den Herausgebern und Präsidenten tendenziell verschieden gesehen und gehandhabt Bewegend sind Friedrich Schneiders Worte im ersten Jahrbuch nach dem Krieg, das 1946 erschien: «Die Kulturwelt soll durch die erneute Nennung des Namens Dante in Deutschland erfahren, daß wir nach der furchtbarsten Katastrophe der deutschen Geschichte, Verbrechen und qualvolle körperliche und seelische Leiden und Schmerzen sühnend und überwindend, durch eigene Läuterung einer menschlicheren Zukunft entgegenschreiten wollen» (S 26) Einen der Sache angemessen dienenden Wissenschaftsbegriff dagegen stellte Marcella Roddewig bei ihrer Übernahme der Herausgeberschaft 1972 heraus: Das «vielfältig verflochtene und weit über den Nährboden seiner Zeit hinaus- 2_IH_Italienisch_72.indd 115 06.11.14 10: 27 116 Kurzrezensionen reichende Werk des florentinischen Weltbürgers und exul immeritus» müsse perspektivenreich erforscht werden und in zunehmendem Maße internationale Forschung im Blick haben, «frei von unwissenschaftlicher Überschätzung der Wissenschaft» (S 69) Ein in der Forschung ambitionierter Herausgeber war zuvor der Rheinfelder-Schüler Alfred Noyer-Weidner gewesen, der aber am redaktionellen Tagesgeschäft rasch die Lust verlor Seiner Ansicht, Aufsätze zu Dantes Werk ließen sich auch in anderen Zeitschriften veröffentlichen, das Dante-Jahrbuch sei somit eigentlich überflüssig, widersprachen Rheinfelder und Roddewig vehement Nur angedeutet sei Hausmanns aufwendige Spurensuche zur Dante- Bibliothek (S 76-94), die im Lauf der Jahrzehnte wiederholt mit der Bibliothek des Dante-Forschers Philalethes, König Johann von Sachsen (1801 - 1873), verwechselt wurde Ein erster Bestand von 261 Bänden wurde Ende des 19 Jahrhunderts «in höherem Auftrag» in die Leipziger Universitätsbibliothek eingegliedert, ohne dass eine spätere Rückgabe erfolgte Eine seit den 30er Jahren neu aufgebaute Büchersammlung, die sich in der Thüringischen Landesbibliothek befand, wurde 1941 in Schloss Moritzburg «neben der Dante- Bibliothek König Johanns» aufgestellt Die Bücher wurden im Zuge der Kriegs- und Nachkriegswirren zerstört, verstreut oder verschleppt Auf Rheinfelders Initiative entstand eine dritte Dante-Bibliothek, die bis heute in der Münchener Stadtbibliothek untergebracht ist Etwa zu einem Drittel besteht Hausmanns Buch aus Anmerkungen, die immer wieder Zitate aus der umfangreichen Korrespondenz in Nachlässen und Archiven enthalten Sie erlauben dem Leser, «sich ein eigenes, vielleicht sogar abweichendes Bild zu machen, wenn sie mit den unmittelbaren Äußerungen der Protagonisten und ihren ganz unterschiedlichen Temperamenten und Erfahrungen konfrontiert werden» (S 12) Dass Goetz, Schneider, Rheinfelder, Riedel, Buck und Roddewig, alle mit Foto abgebildet und biographischer Skizze versehen, ausgemachte Persönlichkeiten waren, versteht sich Geschickt, wortgewandt, selbstbewusst war jeder auf seine Weise, herausragend vielleicht Rheinfelders Integrität und Menschlichkeit Eine handfeste Auseinandersetzung zwischen Walter Goetz und Friedrich Schneider über Zuständigkeit und Ausrichtung des Jahrbuches (S 55 - 59) zählt ebenso zur «inneren» Geschichte der Gesellschaft wie das schwierige Verhältnis zwischen Marcella Roddewig, die sich als Schülerin Rheinfelders verstand, und August Buck: «Erst gegen Ende seiner Amtszeit näherten sich beide an» (S 147) Hausmann formuliert seine Erkenntnisse mit Bedacht und bescheinigt der Dante-Gesellschaft, sowohl die NS-Zeit als auch die Zeit der nationalen Spaltung «untadelig» und «höchst ehrenhaft» durchgestanden zu haben 2_IH_Italienisch_72.indd 116 06.11.14 10: 27 117 Kurzrezensionen Die schwierige Aufgabe, aus der Fülle an Material das Wesentliche herauszukristallisieren, um einen Tatbestand, eine bestimmte Person zu kennzeichnen, löst Hausmann mit Bravour Die vielen Textzitate in seinem Buch sind in Wirklichkeit wenige Das umfangreiche Namenregister (S 287 - 298) führt das Verwobensein der Dante-Gesellschaft mit ihrer Zeit eindrucksvoll vor Augen Durchgehend spürbar ist der Erkenntnisdrang des Verfassers, dessen abgewogenes und zurückhaltendes Urteil der Darstellung maßgeblich ihren hohen Wert und ihre schöne Lesbarkeit verleiht Thomas Brückner anmerkungen 1 Schneider hatte 1927 die erste Vollversammlung der durch Hugo Daffner 1914 neu gegründeten Dante-Gesellschaft miterlebt und zusammen mit dem Weimarer Bürgermeister Erich Kloss Walter Goetz als neuen Präsidenten vorgeschlagen Von 1949 an war Schneider auch stellvertretender Vorsitzender der DDG 2 Der Vollständigkeit halber hinzuzufügen ist Alfred Noyer-Weidners Herausgeberschaft des DDJ von 1964 - 1970 Chiara Cretella: Architetture effimere. Camillo Boito tra arte e letteratura . Camerano: dakota Press 2013, pp. 334, € 17,− Nel 2014 ricorre il centenario della morte di Camillo Boito, architetto, critico d’arte e teorico del restauro fra i più attivi del secondo Ottocento italiano, ma pure narratore part time, autore di diciassette novelle ancora oggi poco note, apparse per la maggior parte in rivista e poi confluite in due volumi per l’editore Treves (1876 e 1883) Al riguardo, una diffusa inadeguatezza delle indagini viene denunciata più volte da Chiara Cretella nella Premessa della sua recente monografia, la prima mai pubblicata su Boito narratore Già in passato comunque la studiosa si era occupata di questo autore, curando le edizioni critiche delle due raccolte di novelle: Senso. Nuove storielle vane (Allori, 2005) e Storielle vane (Pendragon, 2007) Proponendo già nel titolo un bipolarismo d’indagine critica che caratterizzerà ogni capitolo del volume, la studiosa sintetizza un fenomeno di massimo interesse: la capacità di Boito di far dialogare arte e letteratura nelle novelle Si tratta di una peculiarità nota agli studiosi, se è vero che il più recente convegno sull’autore delle Storielle si intitolava non a caso ‹Il corpo e l’anima dell’arte›: l’opera letteraria di Camillo Boito in dialogo con le arti (Villa Vigoni, 17 - 19 giugno 2014) Tuttavia questo lavoro vorrebbe rappresentare «una prima, compiuta indagine delle influenze artistiche sulla prosa di Camillo Boito» (p 12), ed in ultima analisi si rivela certamente tale 2_IH_Italienisch_72.indd 117 06.11.14 10: 27