Italienisch
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Narr Verlag Tübingen
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2015
3774
Fesenmeier Föcking Krefeld OttSerienmörder und Verschwörungstheorien
121
2015
Marc Föcking
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13 M ArC F ö C K i Ng Serienmörder und Verschwörungstheorien Warum Dante-Krimis so populär sind Eine Gruppe von Literaten aus Boston, die merkwürdige Parallelen zwischen grausamen Morden und dem Werk entdecken, das sie soeben übersetzen Eine an einer gigantischen Adlerstatue gekreuzigte schöne Sängerin, die einen plötzlich in die Rolle des Ermittlers gedrängten Politiker auf die Spur einer Untergrundgruppe und den Plan eines Mordanschlags auf den Papst bringt Ein berühmter Dichter und heimlicher Großmeister der Templer wird ermordet, um die Vollendung seines großen Werks zu verhindern Die Ermittler entdecken in diesem die Geheimbotschaft über den Verbleib der Bundeslade Ein Wettlauf von mordbereiten Anhängern konkurrierender Geheimgesellschaften um den verborgenen, mit weltbewegenden Prophetien ausgestatteten vierten Teil eines mittelalterlichen Textes Eine Mordserie im Venedig des Jahres 1756, in der der Ermittler Pietro Viravolta ein bekanntes Muster entdeckt, das ihn auf die Spur einer Geheimgesellschaft und eines Mordkomplotts gegen den Dogen bringt Ein fanatischer Biowissenschaftler, der die Überbevölkerung der Welt durch die Verbreitung eines Sterilitäts-Virus reduzieren will Die hier äußerst verknappt gebotenen Roman-Plots haben mindestens drei Dinge gemeinsam Erstens nehmen in allen Dante Alighieri oder sein Werk eine zentrale Rolle ein Ja, in den meisten von ihnen tauchen der Name Dantes oder seines Werkes schon im Titel auf Denn bei den sechs Romanen handelt es sich um Matthew Pearls The Dante Club (2003), um Giulio Leonis I delitti della Medusa (2000) - der erste Teil einer Tetralogie, deren weitere Bände I delitti del mosaico, (2004), I delitti della luce (2005) und La crociata delle tenebre (2007), die mit den Covertiteln «Dante Alighieri indaga» oder «Una nuova indagine di Dante Alighieri» ausgestattet sind; um Francesco 2_IH_Italienisch_74.indd 13 16.11.15 07: 55 14 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking Fioretti, Il libro segreto di Dante (2011), Patrizia Tamà, La quarta cantica (2011) und um Arnauld Delalandes Le piège de Dante (2006), deutsch 2007 veröffentlicht als Die Dante Verschwörung Und schließlich um Dan Browns Bestseller Inferno von 2013 . 1 Zweitens sind es allesamt Kriminalromane, nennen sie sich selbst auch unschuldig «novel» (Pearl, Delalande) oder aggressiver «thriller» (Fioretti, Tamà, Brown) Sie gehören damit zum seit etwa zehn Jahren anwachsenden Subgenre des «Literatur-Krimis»: Als «Literatur-Krimi» verstehe ich nicht Kriminalfälle und ihre Detektion, die im Literaturbetrieb spielen und gerne auch von deren Mitgliedern verfasst werden Landestypisch sind das in Frankreich etwa das Milieu der Proust-Experten wie in Meurtre chez Tante Léonie (1994) über Morde unter in Illiers-Combray versammelten Proust-Experten von Estelle Monbrun, ein Pseudonym der lange an der Washington University lehrenden Proust-und Yourcenar-Expertin Elyane Dezon-Jones . 2 In Deutschland ist das zwangsläufig der Goethe-Literaturbetrieb, so bei Bernd Köstering, bei dem in Goetheruh (2010), Goetheglut (2011) und Goethesturm (2012) der natürlich in Frankfurt tätige Goetheexperte Hendrik Wilmut ermittelt, oder in Gert Theiles Goethegeburtstag (2006) . 3 Derart sozialgruppenspezifische Kriminalromane kennen wir spätestens seit Georges Simenons sozialethnographisch angelegten, etwa im Flußschiffer-, Bisquit-Fabrikanten- oder Weinhändler-Milieu spielenden Romanen . 4 Um zum «Literatur-Krimi» jenseits der Beziehung zum Literarurbetrieb werden zu können, braucht es eine prominente Rolle der Literatur selbst Als «Literatur-Krimi» soll folglich eine eher rezente Ausdifferenzierung des stets in der Gefahr des repetitiven Kreisens um wohlbekannte Genremerkmale stehenden Kriminalromans verstanden werden, in dem sich Kriminal- und Detektionshandlung entweder in eine präexistente literarische Handlung eines kanonischen Werkes einschreiben (Typ 1), in die biographische Welt seiner Autoren (und mit ihnen ihrer Werke) eingelassen werden (Typ 2) oder durch die besondere Funktion eines prominenten literarischen Werks für die historisch später spielende Histoire, bisweilen aber auch für den Diskurs des Romans (Typ 3) geprägt sind Typ 1 bewegt sich in einer durch (zumeist) Höhenkamm-Romane präformierten fiktiven Welt, ergänzt diese um einen Kriminalfall oder setzt sie als solchen fort . Hier haben Klassiker wie Janes Austens Pride and Prejudice, Edgar Allan Poes Murders in the Rue Morgue, Gustave Flauberts Madame Bovary oder Charles Dickens’ The Mystery of Edwin Drood eher vereinzelt moderne Verwendung gefunden: Die jüngst verstorbene P .D . James hat in Death Comes to Pemberly (2011) eine krimispezifische Fortsetzung der Histoire von Jane Austens Pride and Prejudice geschrieben; in Philippe Doumencs Contre-Enquête sur la mort d’Emma Bovary (2007) will sich die Polizei nicht 2_IH_Italienisch_74.indd 14 16.11.15 07: 55 15 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien mit der These vom Selbstmord Emmas zufriedengeben, vernimmt das Personal von Madame Bovary als Zeugen und ermittelt eine überraschende Täterin . Beide Texte sind eher seltene Beispiele für die in eine präexistente literarische Handlung eines kanonischen Werkes eingeschriebene Kriminalhandlung des ersten Typs . Im Bereich der Populärliteratur ist dieser intrafiktionale Typ des Literaturkrimis als Fortschreibung klassischer Ermittlerfiguren wie Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes-Figur sehr viel häufiger und auch schon kurz nach dem Auftreten der imitierten Vorbilder zu beobachten: Maurice Leblanc lässt schon 1906 seinen Meisterverbrecher Arsène Lupin gegen «Herlock Sholmes» antreten und in diesem französisch-englischen Wettbewerb natürlich gewinnen . 5 Insbesondere die Figur des Sherlock Holmes, aber auch die James Bonds haben sich von ihren Autoren Conan Doyle und Ian Fleming soweit abgelöst, dass sie - zum Teil mit Genehmigung der Copyright-Besitzer - bis in die Gegenwart, sei es in historischer, sei es in moderner Einkleidung, ermitteln . 6 Texte des Typs 2, die in die Biographien historischer Autoren eingelassen sind, lassen sich einerseits als Ausdifferenzierung des historischen Kriminalromans seit den 1970/ 80er Jahren - etwa Ellis Peters (i .e Edith Pargeter) The Cadfael Chronicles (1977-1994) oder Ecos Il nome della rosa im Mittelalter-Ambiente - lesen 7 , wobei Eco William von Baskerville eng und signalhaft an die Holmes-Figur anlehnt und so Elemente des intrafiktionalen Typs 1 verwendet Wenn Giulio Leoni in der Delitti-Serie Dante Alighieri in seinem Priorats-Jahr 1300 zum Ermittler macht, bedient er sich des Typs 2, ebenso wie Francesco Fioretti in Il libro segreto di Dante, dessen Histoire im Moment von Dantes Tod einsetzt Da sich in Matthew Pearls The Dante Club über die Mord-Ermittlungen der Gruppe um den ersten amerikanischen Dante-Übersetzer Henry Wadsworth Longfellow kurz nach dem amerikanischen Sezessionskrieg Dantes Divina Commedia als Plan entpuppt, durch den die Morde zusammenhängen, bedient er den libresken Typ 3 der Klassifizierung der Literaturkrimis, nicht anders als Arnauld Delalandes venezianisches Mordkomplott zur Zeit Goldonis in Le Piège de Dante Aber auch Tamàs La Quarta Cantica und Dan Browns Inferno gehören als Gegenwartsthriller, in denen die Commedia als Buch eine Rolle spielt, zum dritten Typ Mischungen dieser Typen lassen sich bei ambitionierteren Literaturkrimis immer wieder beobachten Matthew Pearls The Poe Shadow (2006) bedient sich einer Kombination aller drei Typen, denn hier soll Poes Archi- Detektiv Dupin aus The Murders in the Rue Morgue die Hintergründe von Poes Tod aufklären Ähnlich haben schon 1989 Carlo Fruttero und Franco Lucentini in La verità sul caso D. (1989) Charles Dickens’ unvollendeten (Archi-Kriminal-)Roman The Mystery of Edwin Drood (1870) aufgegriffen: 2_IH_Italienisch_74.indd 15 16.11.15 07: 55 16 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking Hier spüren auf einem Kongress zu «Completion of Unfinished or Fragmentary Works in Music and Literature» in Rom - ein Element des Literatur-/ Wissenschaftsmilieu-Romans - prominente Detektive der Weltliteratur (Poirot, Father Brown, Sherlock Holmes…) dem Geheimnis des unvollendeten Texts nach Die Welt der Detektivromane Conan Doyles, Chestertons und Agatha Christies wird als kontinuierliches intrafiktionales Universum betrachtet, in dem das reale Manuskripts von Dickens zum Anlass der Investigation wird und so mit der Konventionalität und Repetitivität des Genres fiktionsironisch gespielt wird . 8 Aber es gibt noch eine dritte Gemeinsamkeit: Allen Romanen liegt entweder ein Serienmörder-Plot zugrunde, der ein bestimmtes literarisches Muster aufruft, und zwar die Strafarten des Dante’schen «Inferno»: So in Pearls The Dante Club, in dem ein traumatisierter Bürgerkriegsveteran ihm missliebige unentschiedene Richter, gekaufte Geistliche, zuletzt auch die ihn verfolgenden Dante-Übersetzer mit den aus Dantes «Inferno» bekannten Strafen ermordet (oder zu ermorden versucht) Oder es sind Geheimorganisationen, die aus politischem Kalkül, in verschwörerischer Absicht oder zur Erlangung ominöser Manuskripte oder Botschaften zumeist serienmäßig morden: so in Leonis Romanen, in denen die Geheimgesellschaft der Fedeli d’Amore Papst Bonifaz VIII in die Luft zu sprengen versucht (Leoni, I delitti della Medusa), in Delalandes Le piège de Dante - hier soll der Doge Francesco Loredano von der satanischen Sekte der Starygen ermordet werden - oder in Tamàs La quarta canticia, in dem sich Altnazi- und Dervisch-Geheimsekten und ein nach dem Stein der Weisen suchender amerikanischer Literaturprofessor Dantes Vierten Gesang mit seinen unerhörten, weltentscheidenden Geheimnissen abzujagen versuchen So bizarr (und bisweilen abgeschmackt) bei Tamà und Brown diese Mischung aus Divina Commedia, Indiana Jones und Harry Potter auch wirkt, sie basiert auf dem vielen Dante-Romanen vertrauten Grundmuster der Verschwörungstheorie Dan Brown baut sie nach dem in The Da Vinci Code erprobten Muster als letzter der langen Reihe von Dante- Adepten am konsequentesten und kalkuliertesten aus Denn der Plot von Inferno ist wohlbekannt: Die Freisetzung von Vektorviren zur Sterilisierung eines Drittels der Weltbevölkerung durch den fanatischen Biotechnologen Zobrist ist die kaum abgewandelte Umsetzung einer 2011 kursierenden Verschwörungstheorie in den USA: Audrey Tomason aus dem Geheimdienststab Barack Obamas habe angeblich in ihrer Master-Arbeit einen gezielten Genozid empfohlen, um die «Population Apocalypse Equation» - steigende Weltbevölkerung bei stagnierenden Nahrungsressourcen - in den Griff zu bekommen . 9 Wenn unter den Literaturkrimis die Dante-Krimis die bei Weitem stärkste Gruppe ausmachen - die sechs (bzw neun) oben genannten Titel sind nur 2_IH_Italienisch_74.indd 16 16.11.15 07: 55 17 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien eine kleine, aber durchaus repräsentative Auswahl 10 - und alle diese Texte auf einem Serienmörderund/ oder Verschwörungstheorien-Plot basieren, dann lässt sich vermuten, dass das nicht (nur) an den Erfordernissen des Krimi- Genres oder des Buchmarktes liegt, sondern am Autor Dante und seinem Text selbst, dessen Inhalt und Struktur die ideale Folie für die Gattungserwartungen eines bestimmten Typs von Kriminalroman bieten Warum also Dante als Pate des Literatur-Krimis - und nicht Dickens, Flaubert oder E .A Poe? Für Dante spricht die Äquidistanz zwischen überragender kultureller Fama einerseits und weitgehender Unbekanntheit des Autors und seines Werks andererseits Dass Dantes Konterfei die italienische Zwei-Euro-Münze oder eine günstige Olivenölmarke ziert, Fußballspieler, amerikanische Politikersöhne oder fiktive Filmmafiosi in The Sopranos «Dante» heißen, die Divina Commedia in den diversen Listen der «Hundert besten Bücher» (wie die des Norwegischen Buchklubs) einen vorderen Platz einnimmt 11 und die Liste der Höllenkreise des «Inferno» neben der der von James Bond gefahrenen Autos oder der Personen auf dem Plattencover von Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band selbstverständlich im postmodernen Klassiker Schotts Sammelsurium fungiert 12 , heißt nicht, dass sich die Divina Commedia tatsächlich einer großen Leserschaft erfreut Anlässlich der Publikation des Ego-Shooter-Computerspiels Dante’s Inferno 2010 hieß es zwar in Die Welt vom 2 .2 .2010 «In Kulturkreisen ist schon von einem Dante-Boom die Rede», aber die Zeit hatte schon wenig vorher (28 .1 .2010) geschrieben: «Mit Dantes Hölle ist es wie mit New York: Man kennt sich aus, aber nur irgendwie so Jeder weiß so ganz grob, daß es im Inferno mehrere Kreise gibt, in denen die Sünder nach einem ausgeklügelten System gemartert werden - je weiter innen, desto schlimmer […] Das ist das Praktische an den großen, schweren Stoffen der Kulturgeschichte: Die Details bröckeln mit den Jahrhunderten weg, aber die Rudimente bleiben im kollektiven Gedächtnis stehen, und für Günther-Jauch-Fragen reicht das im Zweifel sogar .» Heute sind wir nicht viel weiter: Am 21 .5 .2015 beschreib F .C Delius in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung seinen 40jährigen Kampf mit der Lektüre der Commedia ganz ähnlich: «Ungelesen, angelesen, achtel- oder halbgelesen, wahrscheinlich gibt es kein Buch in den Regalen der Literaturfreunde in aller Welt, das so selten komplett gelesen wurde wie Dantes Göttliche Komödie .» 2_IH_Italienisch_74.indd 17 16.11.15 07: 55 18 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking Für den Kriminalroman - wie für jede populäre Form von Narrativik - ist diese Äquidistanz von Fama und Ignoranz ideal, und zwar nicht nur, weil die großen historischen Lücken in der Biographie Dantes oder die Commedia- Kenntnislücken eines größeren Publikums ideale Voraussetzungen für ihre Auffüllung durch Fiktion bieten, sondern weil Trivialliteratur auf dem Grundprinzip der Variation von (irgendwie) Bekanntem basiert: «Il romanzo popolare […] giocherà su caratteri prefabbricati, tanto più accettabili e graditi quanto più noti […] Quanto allo stile, si gioverà di soluzioni precostituiti, atte a procurare al lettore la gioia del riconoscimento del già noto .» 13 So Umberto Eco in Il superuomo di massa über die Funktionsweise des Populärromans, zu dem der Krimi prominent gehört: Dante Alighieri als Detektiv oder Grundmuster der Divina Commedia in Krimi-Plots vorzufinden, spendet die Lust des Wiedererkennens, wobei die Texte selbst zunächst in möglicherweise berechtigter Leser-Einschätzung in die Grundlagen der Commedia einführen Brown bewerkstelligt das etwa mit einer Analepse einer Vorlesung des geisteswissenschaftlichen Tausendsassas Robert Langdon 14 , in der jede Anspielung aus Angst, sie könnte unbemerkt bleiben, sogleich erläutert wird: «‹Meine Damen und Herren›, Langdon began [seine Vorlesung über Dantes ‹Inferno›], his voice booming over the loudspeakers ‹Willkommen, bienvenue, welcome› The famous line from Cabaret drew appreciative laughter from the crowd .» 15 Wenn der Roman mit dem Satz «The sky had become a glistening tapestry of stars» 16 schließt, dann kann das ein einigermaßen kenntnisreicher Leser als Echo auf den Schluss der ebenfalls auf «stelle» endenden Commedia («L’amore che move il sole e le altre stelle», Par XXXIII, 145) erkennen, möglicherweise auch als kokett-prätentiösen Gruß von Brown zu Dante Aber auch als Zeichen dafür, dass am Ende von Inferno nicht das «Inferno», sondern das «Paradiso» steht, aus dem Dan Brown aber auch noch den letzten Rest von Metaphysik getilgt hat, weil die Sterne nur noch den Intellekt Langdons bescheinen: «Dante’s poem, Langdon was now reminded, was not so much about the misery of hell as it was about the power of the human spirit to endure any challenge, no matter how daunting .» 17 Ganz andere Effekte des Wiedererkennens verfolgt der Italiener Giulio Leoni, der mit einer intimeren Kenntnis der Commedia rechnen kann als der Amerikaner Dan Brown, einer Kenntnis, der der Überdruss der Schullektüre 2_IH_Italienisch_74.indd 18 16.11.15 07: 55 19 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien italienischer Muttersprachler anhaftet Daher darf man bei Giulio Leoni das denigrierende Vergnügen veranschlagen, den zum Vates verklärten «Jenseitswanderer» und Nationaldichter Dante ganz irdisch in einem Bordell namens «Paradiso», im Bett der Prostituierten Monna Pietra 18 und als Ermittler in einer Spelunke namens «La Mala Bolgia» 19 zu sehen, die sich mit diebischer Freude als höchst irdische Gegenstücke zu Dantes Werken erkennen lassen Das Vergnügen des Wiedererkennens - auch in seiner mythenstürzenden Form - ist aber nicht hinreichend für die Prominenz Dantes und der Commedia im Populärroman, denn ähnliches hätte (und hat) man ja auch mit den Figuren Flauberts oder Jane Austens anstellen können - wenn auch nur vereinzelt Der naheliegende Reiz Dantes liegt vor allem darin, dass er sich mit der Commedia als Kenner von Verbrechen aller Arten und Strafen erweist und er vor allem im «Inferno» einen langen Zug von Dieben, Räubern, Ehebrechern, Mördern, Verrätern, geschmierten Politikern und Kirchenmännern präsentiert und einen phantasievollen Katalog der jeweiligen Strafen aufblättert, aus denen sich etwa Giulio Leoni, Arnauld Delalande, Matthew Pearl und Dan Brown großzügig bedienen Krimispezifisch wird die Commedia so zwangsläufig auf deren erste Cantica, das «Inferno», reduziert Edgar Allan Poes Werk aber hätte ähnliches leisten können - hat es aber nicht: Denn was Poes Tales of Mystery and Imagination fehlt, ist nicht nur Dantes Systematik der Strafen, sondern vor allem die semiotischen Möglichkeiten, die diese Strafen für den Krimi eröffnen Zu den bereits früh, wenn auch nicht in der ersten Generation des Krimis (Poe, Gaboriau, Leblanc) entwickelten Spielarten des aufzuklärenden Falls gehört, dass die Morde zu Bedeutungsträgern werden Im Archegeten des Genres, in Poes Murders in the Rue Morgue, wird der Mord an Mutter und Tochter L’Esplanaye wegen seiner offensichtlichen physikalischen Unmöglichkeit - der Tatort ist von innen verschlossen - gattungskonstituierend zum «mystery», zum «riddle» 20 , das der Detektiv durch Zeichenlesen und das Wechselspiel von Induktion und Deduktion löst Der tote Körper der Opfer aber ist im Pierce’schen Sinne nichts als ein «token» 21 , eine kausale Folge einer Gewalttat, so wie Rauch die Folge eines Feuers ist: Der tote Körper transportiert darüber hinaus keinen Sinn, er spricht keine Sprache, und wenn er dies tut, dann um die Ermittlungsarbeit in eine falsche Richtung zu lenken Poe, dessen «Mörder» ja ein - unzurechnungsfähiger - Gorilla ist, treibt ganz zu Beginn der Gattungsgeschichte diese «Sinn- und Motivlosigkeit» bereits bis ins Extrem, um den «Mystery»-Charakter des Falls zu stärken Andere Autoren des 19 Jahrhunderts wie Émile Gaboriau in L’Affaire Lerouge (1863) bemühen sich ebenso auffällig, dem toten Körper der Witwe Lerouge jede Zeichenhaftigkeit, die auf ein Motiv deuten könnte, zu nehmen . 22 2_IH_Italienisch_74.indd 19 16.11.15 07: 55 20 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking Genau das aber ändert sich in vielen Kriminalerzählungen ab dem späten 19 Jahrhundert: Die Toten beginnen zu reden, wenn auch in einer Sprache, deren Code der Detektiv erst auffinden muss, um ihn zu entschlüsseln: In Arthur Conan Doyles Erzählung «The Five Orange Pips» (1891) erhalten die Mordopfer einen Brief mit fünf Orangenkernen, und um diese Botschaft als vom Klu Klux Clan ausgesprochene Warnung und als Todesurteil zu erkennen, muss Sherlock Holmes nicht nur sein botanisches, sondern auch sein Wissen um US-amerikanische Geheimgesellschaften aufbieten . 23 Damit werden das Opfer, die Art und Begleitumstände seines Todes selbst durch gezieltes Arrangement zu einem Zeichen, zum - wieder im Pierce’schen Sinne - «symbol», dessen arbiträre Bedeutung sich aus einem durch das Arrangement des Toten aufgerufenen Code ableiten lässt: Die Leiche wird zum Mittel nonverbaler Kommunikation, und aus mehreren Leichen lassen sich ganze Sätze formulieren So bleibt der zum Serienkiller erweiterte Mörder mit seinem Gegenüber im Gespräch, während der Detektiv oder die Polizei das Gespräch nur aufrecht erhalten, um es so schnell wie möglich beenden und den Killer dingfest machen zu können Dieses Modell des kommunikativen toten Körpers gehört bis in die Gegenwart zu den erfolgreichsten Schemata des Kriminalromans Wir finden es in Agatha Cristies And than there were none (1939), dem meist verkauften Kriminalroman aller Zeiten, in dem die Morde bekanntlich nach dem Abzählreim der «Zehn kleinen Negerlein» geschehen: Das Gedicht hängt gerahmt in jedem Zimmer der Pension auf «Nigger Island», deren Gäste der Reihe nach und entsprechend der Todesarten der «Negerlein» im Gedicht zu Tode kommen . 24 Wir finden es abgewandelt in Agatha Christies The ABC-Murders (1936), in dem der Mörder neben den Mordopfern einen ABC-Zugfahrplan zurücklässt Im Filmklassiker Theatre of Blood (1973) mit Vincent Price, Diana Rigg und Thomas Morley, in dem der von seinen Kritikern missachtete Schauspieler Edward Lionhead diese nach Mordvorbildern aus Shakespeares Tragödien umbringt Oder in Umberto Ecos Il nome della rosa (1981), in dem die Morde nach dem Muster der Apokalypse des Johannes arrangiert zu sein scheinen, oder in Boris Starlings Messiah (1999), in dem die Mordopfer allesamt mit herausgeschnittener Zunge und einem Silberlöffel im Mund aufgefunden werden Mit wem der oder die Mörder mittels ihrer Taten kommunizieren, ist dabei unterschiedlich: Meist mit den Opfern und ihrer Umgebung, wenn sie ein Urteil und den Mord als Strafe mitteilen wollen - das ist der Fall in Zehn kleine Negerlein, in denen alle Mordopfer eines von der Justiz ungesühnten Verbrechens schuldig sind Oder in Theatre of Blood, hier sind die Opfer allesamt Theaterkritiker, von denen sich der mordende Shakespeare-Schauspieler herabgesetzt fühlt und denen (bzw ihrer Umwelt) er durch die spezifi- 2_IH_Italienisch_74.indd 20 16.11.15 07: 55 21 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien schen Mord-Arrangements à la Othello, Cymbeline oder Der Kaufmann von Venedig sein Motiv offenbart Oder aber mit dem Detektiv selbst: Mordserien können als Herausforderung in einem Spiel zwischen manichäisch angelegten intellektuellen Ausnahmeerscheinungen funktionieren - so etwa in Ansätzen schon zwischen Sherlock Holmes und Professor Moriarty 25 , auf raffinierte Weise abgewandelt in Agatha Christies The ABC Murders, in denen Hercule Poirot auf vorab an ihn verschickte Hinweise des Mörders reagieren muss Damit das Spiel funktioniert, muss der Detektiv nicht nur durch eine Kette von Morden immer wieder neu herausgefordert werden, sondern diese Morde selbst müssen zeichenhaft so arrangiert werden, dass der Detektiv auf die (nicht immer richtige) Spur gebracht wird und er das Spiel weiterspielt Diese Spielleidenschaft treibt den Detektiv meist ebenso an wie die bedauernswerte Pflicht, weitere Morde durch die Aufdeckung des Schemas und dann des Täters zu verhindern . 26 Dass Dantes Divina Commedia - und genauer: das «Inferno» - den idealen Code für eine mörderische Kommunikation abgibt, ist unmittelbar ersichtlich Das «Inferno» ist allen anderen in Kriminalromanen verwendeten Codes überlegen, dem Kinderlied «Zehn kleine Negerlein», dem englischen Kursbuch, dem Sprichwort «born with a silver spoon in the mouth», der Apokalypse, selbst den Tragödien Shakespeares, und zwar durch die Perspektivierung der vielfältigen Todesarten auf die spezifischen Ursachen der Schuld und die dieser entsprechenden Strafe, ihre semiotische Ausgestaltung nach dem Schema des Contrappasso und ihre Einbindung in ein hierarchisiertes Schema von Höllenkreisen und Sündenkategorien . 27 Mit dieser Sprache kommuniziert der Serienmörder in Matthew Pearls The Dante Club, wenn er den Bostoner Geistlichen Elisha Talbot, der sich für einen Artikel gegen die Dante-Übersetzer Longfellow und Oliver Wendel Holmes bezahlen ließ, in einem unterirdischen Friedhof kopfüber eingräbt und dessen Füße verkohlt Was der Polizei nur bizarr erscheint, erkennt Wendel Holmes als Dantes Höllenstrafe für Simonisten aus «Inferno» XIX, 1-30: «Holmes stopped in the middle of the street and envisioned the preacher kicking his flaming feet in the air, while the flames moved… ‹‘Dai calcagni a le punte‘› Holmes whispered aloud: From heir heels to their toes - that’s where the corrupt clerics, the Simoniacs, burn forever in their craggy ditches His heart sank ‹Dante! It’s Dante! ›» 28 Auch für die privilegierte, kompetitive Kommunikation zwischen Serienmörder und Detektiv bieten die Strafen des «Inferno» den idealen Code, wenn 2_IH_Italienisch_74.indd 21 16.11.15 07: 55 22 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking auch die wenigsten Autoren erwarten, dass auch die Leser diesen kennen Arnauld Delalandes Le piège de Dante (Die Dante Verschwörung) bietet in wahrscheinlich zutreffender Unterschätzung der Leser und erheblich didaktischer als Matthew Pearl eine Strukturierung nach «Gesängen» mit «Inferno»bezogenen Untertiteln («Zerberus», «Die Schlemmer», etc .) und nach «Höllenkreisen», und auch eine Histoire-intern eingepasste tabellarische Aufstellung der Höllenkreise und der entsprechenden Sündenstrafen als Gedächtnisstütze für Leser und den «Detektiv» Pietro Viravolta Der merkt so erst viel später als der Leser, dass alle Morde nach dem «Inferno»-Schema funktionieren Mehr noch: Dass der Drahtzieher der Morde, das ominöse Oberhaupt einer Geheimsekte mit dem Alias «il diavolo», mit ihm das Inferno-Spiel spielt: «Indem Il diavolo oder die Chimäre ihm diesen Schlüssel verriet, forderte er ihn dazu auf, den nächsten Tableaus zuvorzukommen Es war ein Duell, das sich an sie alle richtete […] Die Dante’sche Hölle zählte neun Kreise Pietro fluchte Es ist ein Spiel, ein Bilderrätsel Er teilt die Morde so auf, wie Minos die Verdammten zur Sühne für ihre Vergehen den Höllenkreisen zuteilt Er möchte mich führen… wie Vergil den Dichter führt, von einem Kreis zum nächsten - bis er sein Meisterwerk vollendet hat .» 29 Der Verbrecher als Kopf einer Geheimgesellschaft, als inkarniertes Böses, der nicht aus kleinlich-materiellen Interessen, sondern aus großen, wenn auch abgrundtief bösen Motiven (Verschwörung, Weltherrschaft, Weltrettung) massenhaft mordet - Delalandes wie auch Dan Browns Dante-Romane greifen hier weit zurück auf die Melodram- und Feuilleton-Literatur des französischen 19 Jahrhunderts: Auf den - wie Umberto Eco ihn genannt hat - «superuomo di massa» 30 , jenen strahlend guten wie abgrundtief bösen «starken Mann», der frei von den bürgerlichen Zwängen der Hegel’schen «prosaischen Zustände» des bürgerlichen Zeitalters und seines Rechtssystems 31 die Lösung aller großen Probleme kennt und selbst in die Hand nimmt: Auf Gestalten wie Dumas pères Graf von Monte Christo, auf Eugène Sues Rudolph von Gerolstein (Les mystères de Paris) oder - auf der dunklen Seite - Rocambole, Fantômas oder ein Jahrhundert später auf Ian Flemings Goldfinger, die im Guten wie im Bösen auf das Titanenhafte der Tat zielen So auch Goldfinger: «Man has climbed Everest and he has scraped the depth of the oceans He has fired rockets into outer space and split the atom […] I said in every realm, but there is one that has been neglected, Mr Bond That one is the human activity loosely known as crime 2_IH_Italienisch_74.indd 22 16.11.15 07: 55 23 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien […] And yet […] opportunity for the greatest crime in history is waiting .» 32 Dieses bis in die Kriminalliteratur der Gegenwart aktuelle Modell des abstrakten Archi-Bösen transportiert die Frage aus der Frühzeit der Kriminalliteratur, unter welchen Bedingungen Verbrechen überhaupt ästhetiktauglich sein können, in unsere Moderne: Der Hegel-Schüler Karl Rosenkranz hielt 1853 «alle diejenigen Verbrechen [für] unvermögend, ästhetische Objekte zu sein, die wegen ihrer Alltäglichkeit und Geringfügigkeit und wegen des geringen Aufwandes an Intelligenz und Wille, den ihr Begehren erfordert, in die Kategorie der Gemeinheit und Gewöhnlichkeit fallen .» 33 Alle hier besprochenen Dante-Krimis einigt, dass in ihnen nicht nur herausragende Verbrecher mit großem «Aufwand an Intelligenz und Willen» morden und so etwa bei Delalande zu mit Dantes Luzifer explizit identifizierten Inkarnationen des «Bösen» werden, sondern dies durch den gleichzeitig kompetitiven wie kommunikativ bedeutsamen Dante-Bezug gedoppelt und unterstrichen wird Dante und die unter seinem Signum begangenen Morde sind schlechterdings das Gegenteil von «Gemeinheit und Gewöhnlichkeit» In engem Zusammenhang mit dem Amalgam von «Inferno»-Bezügen und dem «superuomo di massa» steht die Thematik der Geheimgesellschaften, die in vielen der hier präsentierten Dante-Krimis von Belang ist In seiner Analyse von Ideologie und Topik des Populärromans hat Umberto Eco die «società segreta» als «incarnazione collettiva del superuomo» 34 , als kollektiven Willen einer nur durch interne Gesetze und unerschütterliche Gewissheit um das Richtige geregelten Gemeinschaft gekennzeichnet Auch für die zentrale Rolle von Geheimgesellschaften ist der frühe Feuilleton-Roman verantwortlich - so die Prominenz des Jesuitenordens, die für Eugène Sue in Le juif errant im Geheimen nach der Weltherrschaft strebt, englischer Untergrundgesellschaften in Paul Févals Les mystères de Londres (1843) oder französischer in Balzacs L’histoire des Treize (1833-39) Sie ziehen sich über Conan Doyles «The Red-Headed League» (1891) oder «Five Orange Pips» (über den Klu Klux Klan) bis hin zu Agatha Christies frühem Roman The Secret Adversary (1922), politisieren sich ab dem zweiten Weltkrieg zunehmend und werden im Nachkriegs-Krimi und Thriller gerne zu kommunistischen Untergrundorganisationen und Verlängerungen des KGB - so in den Romanen Ian Flemings, in denen die KGB-Geheimorganisation SMERSH oder die dem Weltkommunismus zuarbeitende Verbrecherorganisation S .P .E .C .T .R .E Gegner Bonds und des Westens sind . 35 2_IH_Italienisch_74.indd 23 16.11.15 07: 55 24 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking Was aber haben Dante und seine Commedia mit Geheimgesellschaften zu tun? Sehr viel, wenn man sich an die esoterischen Deutungen Gabriele Rossettis im 19 ., Luigi Vallis im frühen 20 Jahrhundert oder die hält, die Dante für einen Krypto-Großmeister der Templer halten Gabriele Rossetti, der 1824 vor den Bourbonen aus Neapel ins englische Exil floh, sah in seinen Kommentaren zum «Inferno» Dante als Carbonaro avant la lettre und Dantes Texte insgesamt als ghibellinische Geheimbotschaften: Der Vergil der Commedia, so führt er in seinem Commento analitico von 1826 aus, stehe für den weisen Ghibellinen, der Dante vor dem papsthörigen Guelfentum bewahrt, die Höllenstadt Dite sei die «figura di Firenze Guelfa», das «Inferno» insgesamt stehe für die Guelfenherrschaft, Luzifer für den Papst . 36 Rossetti eröffnet damit die Jagd nach Geheimbotschaften in Dantes Texten, nach Buchstaben- und Zahlencodes, wenn er selbst auch eher wenig subtile Beispiele für seine arbiträren Trouvaillen liefert: In den Versen 115-117 aus dem letzten Gesang des «Paradiso» «Nella profonda e chiara sussistenza Dell’alto Lume parvemi tre giri Di tre colori e d’una continenza» isoliert er die Silben «en», «ri» und «co» und kommt so auf den Namen Heinrichs VII, des Sohnes Friedrichs II . 37 Im zweiten Band seines Commento enthüllt Rossetti, dass Dante zu einer Ghibellinischen Geheimgesellschaft gehört habe, deren Ziel die Vereinigung der Christenheit unter der Herrschaft des Kaisers in Rom gewesen sei und der praktisch alle Dichter des italienischen Mittelalters angehört hätten, von der Scuola Siciliana bis zu den «Fedeli d’amore» des Florentiner Dolce Stil Nuovo Deren Texte seien nichts weniger als codierte politische Botschaften gewesen, in denen «amor» eigentlich «Roma», «donna» die kaiserliche Herrschaft oder «salute» der Kaiser bedeutet hätten . 38 Luigi Valli hat 1928 nach Giovanni Pascoli Rossettis Spur weiterverfolgt und in den «Fedeli d’amore» eine kompakte ghibellinische Untergrundorganisation mit einer eigenen Geheimsprache gesehen . 39 Andere esoterische Auslegungen sehen Dante als Krypto-Templer und sein Werk entsprechend als verschlüsselte Templer-Philosophie: Setze man die «Zugehörigkeit Alighieris zum Orden der Tempelherren» an, dann habe man «in der Tat den Schlüssel zu Dantes gesamtem literarischen Schaffen, vor allem zur Göttlichen Komödie», so R .L John 1946, der diese These «bis zur Unbestreitbarkeit» bewiesen haben will . 40 Was alle diese Deutungen gemein haben, ist die Annahme von mittelalterlichen Geheimorganisationen, die sich vor allem gegen die Macht der Kirche richteten, weiter die der Zugehörigkeit Dantes und schließlich die Gewiss- 2_IH_Italienisch_74.indd 24 16.11.15 07: 55 25 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien heit, mit dieser Präsupposition alle Unklarheiten, Rätsel und Zweifelsfälle der Dante-Philologie mit einem Streich zu beseitigen - «bis zur Unbestreitbarkeit» (John) Und schließlich: Dass diese Unbestreitbarkeiten dennoch nicht von der «offiziellen» Dante-Philologie akzeptiert worden sind, liege an einer «congiura del silenzio», wie es auf einer Netzseite zur kryptologischen Auslegung Rossettis oder Vallis heißt . 41 Diese esoterischen Deutungen basieren so nicht nur auf der Annahme der Commedia und anderer Werke als Geheimbotschaften einer antipäpstlichen Verschwörung oder der Templer, sie nutzen zur Immunisierung selbst das Vorgehen von Verschwörungstheorien Und so kursieren bis in die Gegenwart vor allem im Freimaurer-, Rosenkreuzer- oder Esoterikkontext in gedruckten Texten wie im jede Art obskurer Theorien ungefiltert aufnehmenden WWW 42 die Rückstände der esoterischen Lektüren Rossettis, Vallis oder Johns, die Dante als Krypto-Großmeister der Templer, Geheimniswahrer weltrettender Botschaften, Freimaurer avant la lettre 43 oder anti-päpstlichen Untergrund-Propagandisten präsentieren Oder gar als aktiven Verschwörer gegen Papst Johannes XXII In einem mit «Dante - magie e congiure contro Giovanni XXII» betitelten Artikel im Corriere della Sera vom 7 Juli 2001 konnte man von einem Voodoo-artigen Mordanschlag Cangrande della Scalas und Galeazzo Viscontis gegen Papst Johannes XXII lesen: Auf deren Auftrag hin hätten im Januar 1320 Antonio Pelacana, der Leibarzt der Mailänder Visconti, und Pietro da Marano, Zauberer und Ratgeber Cangrandes, über 72 Tage hinweg eine kleine, mit «papa Johannes» beschriftete Figur mit Giften bestrichen und mit Zaubersprüchen belegt Ein Spitzel informierte den Papst in Avignon, und in seinen Berichten wird auch das Vorhaben Galeazzo Viscontis, «magistrum Dantem Aleguiro de Florencia» zur Beschwörung hinzuzuziehen, erwähnt Der Mediävist und Fachmann für mittelalterlichen Magieglauben Francesco Cardini hält das zwar eher für einen geschickten Versuch der Kurie, Dante als Schwarzmagier zu diskreditieren, 44 aber so oder so ist der Stoff aus Magie und antipäpstlicher Verschwörung bereits an sich perfekt für einen «giallo storico» Den Dante-«gialli» der Gegenwart liefert die kryptologische Tradition die ideale Plausibilisierung für die mit Dante oder der Commedia verknüpften Anschlags- und Verschwörungsplots, mit denen etwa die Romane Giulio Leonis aufwarten: In Il delitto della Medusa ist es zwar nicht Dante selbst, aber doch Guido Cavalcanti und die «Fedeli d’amore», die den Mord an der schönen Sängerin Vana del Moggio und ihrem Geliebten Casella nur begehen, um in ihrem Grab in Santa Croce eine Sprengstoffladung unterbringen zu können, mit der Papst Bonifaz VIII getötet werden soll Vergeblich, denn Bonifaz VIII wird Florenz nicht besuchen, wie Dante zornig dem Doppelmörder und Verschwörer Guido Cavalcanti entgegenschleudert: 2_IH_Italienisch_74.indd 25 16.11.15 07: 55 26 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking «‹Ma è stato tutto inutile, Guido Bonifacio non verrà in Firenze›, riprese, la voce inasprita dalla rabbia ‹Né lui né i suoi vescovi si assideranno nel coro di Santa Croce La morte di Vana è stata inutile, e Dio protegge i suoi ministri .›» 45 Luigi Valli hätte sich über diesen Roman sicher gefreut, so wie R .L John über den von Francesco Fioretti: Il libro segreto di Dante kreist um die Vermutung, Dante sei keines natürlichen Todes gestorben, sondern zur Vertuschung des Templercodes in den letzten Gesängen des «Paradiso» ermordet worden Und selbst Dan Browns Inferno von 2013 beutet die für Dante-Krimis mittlerweile topische Verschwörungs-Thematik aus und schickt seinen Serienhelden Robert Langdon auf die mit Dante-Texten und -Memorabilien ausstaffierte Schnitzeljagd in die amerikanischen Europatouristen wie James Bond- und Indiana Jones-Fans gleichermaßen vertrauten Kulturstätten Florenz, Venedig und Istanbul, um der Freisetzung der Unfruchtbarkeitsviren des Biowissenschaftlers Zobrist zuvorzukommen Die von Rossetti, Valli und anderen Dante-Esoterikern initiierten und durch den modernen Dante-Krimi verstärkten Verschwörungsmythen um die Divina Commedia finden sich so eingespeist in die gerade in unserer Moderne hysterisch gesteigerte Bereitwilligkeit, die Komplexität unserer Vergangenheit und Gegenwart durch Verschwörungstheorien auf einfache Gut-Böse-Schemata zu reduzieren Egal, ob es sich um die Phantomzeit-Theorie handelt, nach der die Ereignisse der 300 Jahre zwischen dem 7 und dem Beginn des 10 Jahrhunderts eine Fälschung mittelalterlicher Chronisten sein sollen; ob die Chemtrails - die Kondensstreifen der Düsenflugzeuge am Himmel - von interessierten Regierungen versprühte Chemikalien auf Kosten der Weltgesundheit sind 46 ; oder ob der «Überwachungsstaat» mittels «big data» jeden seiner Bürger zur gläsernen Marionette macht: Verschwörungstheorien erschaffen Fiktionen, in deren Licht die Wirklichkeit ganz einfach wird, deren vielfältige Bedrohungen einem klar identifizierbaren Agenten zugeschrieben werden können und durch die sich ihre Erfinder in der Exklusivität ihres Wissens und guten Gewissens sonnen können Solange diese Lust an Verschwörungstheorien anhält, solange braucht man sich um den Erfolg weiterer Dante-Thriller im Stile Leonis, Fiorettis, Tamàs oder Dan Browns keine Sorgen zu machen Abstract. La popolarità di Dante Alighieri e della Divina Commedia nel giallo contemporaneo da Giulio Leoni a Dan Brown non è dovuta tanto alla conoscenza della Commedia come opera della letteratura mondiale (spesso le conoscenze generali si rivelano come molto vaghe), quanto alla struttura stessa della 2_IH_Italienisch_74.indd 26 16.11.15 07: 55 27 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien Commedia: Gli autori si riferiscono per lo più all‘Inferno e usano le possibilità semiotiche che il sistema dantesco nel rapporto delitto e castigo del ,contrappasso‘ offre In questo modo i delitti sono referenziali ad uno specifico codice prestato dall‘Inferno, con il quale i delinquenti - sopratutto quelli seriali - comunicano con l‘investigatore Tramite questo riferimento all‘Inferno i delitti acquistano un prestigio del Male, che, inoltre, in molti romanzi è collegato a società segrete o cospirazioni mondiali Le interpretazioni esoteriche delle opere dantesche sin dal primo Ottocento volevano vedere nella Commedia messaggi codificati di leghe segrete antipapali, ordini templari oppure membri della rosacroce I gialli danteschi moderni, con le loro tematiche cospirazionali, continuano questa tradizione interpretativa Anmerkungen 1 Matthew Pearl, The Dante Club, New York 2003; Giulio Leoni, I delitti della Medusa, Milano 2000, I delitti del mosaico, Milano 2004, I delitti della luce, Milano 2005, und La crociata delle tenebre, Milano 2007; Francesco Fioretti, Il libro segreto di Dante, Roma 2011; Patrizia Tamà, La quarta cantica, Milano 2011; Arnauld Delalande, Le piège de Dante, Paris 2006 (dt . Die Dante Verschwörung, Bergisch-Gladbach 2007; Dan Brown, Inferno, New York 2013 2 Estelle Monbrun, Meurtre chez Tante Léonie, Mayenne 1994 . Es folgten Meurtre à petite plaisance (1998), das im Milieu der Yourcenar-Forscher spielt, Meurtre chez Colette (2001) und Meurtre à Isla Negra (2006) (unter Pablo Neruda-Forschern) 3 Köstering selbst bezeichnet seine Romane als «Literaturkrimi», siehe seine Homepage im Internet (http: / / literaturkrimi .de/ ), eingesehen am 14 .9 .2015 . In aktuellen Nachschlagewerken erscheint das Subgenre «Literaturkrimi» nicht, siehe etwa Rosemary Herbert, The Oxford Companion to Crime and Mystery Writing, Oxford 2000 . Das gilt auch für moderne Sammelbände wie The Millennial Detective: Essays on Trends in Crime Fiction, Film and Television, 1990-2010, hrsg . von Malcah Effron, Jefferson 2011 4 Siehe etwa Georges Simenon, Le charretier de la ‹Providence› (1931), Maigret et les témoins récalcitrants (1958), Maigret et les marchands du vin (1969) 5 Maurice Leblanc, Arsène Lupin contre Herlock Sholmes, Paris 1963 6 Es existieren etwa nicht von Conan Doyle stammende Sherlock-Holmes-Erzählungen, in denen der Detektiv dem Geheimnis des unvollendeten Dickens-Roman The Mystery of Edwin Drood nachspürt, siehe dazu Robert F . Fleissner, «Sherlock Holmes Confronts Edwin Drood», in: The Baker Street Journal 35/ 4 (1985), S .199-202 . Moderne Fortschreibungen in historischen Settings findet man etwa bei Anthony Horwitz, The House of Silk, London, 2011, mit «The New Sherlock Holmes Novel» auf dem Cover . Zu den größten englischen Serienerfolgen ab 2011 gehören die im heutigen England spielenden Sherlock-Filme mit Benedict Cumberbatch und Martin Freeman . Als Fortschreibung der James Bond-Figur (abgesehen von den Bond-Filmen) siehe etwa Jeffrey Deaver, Carte Blanche, London 2011 7 Dazu siehe Ray B . Browne und Lawrence A . Kreiser Jr . (Hrsg .), The Detective as Historian. History and Art in Historical Crime Fiction, Wisconsin 2000 8 Dazu siehe Gabriele Vickermann, Der andere Kriminalroman, Heidelberg 1998, S .301-311 2_IH_Italienisch_74.indd 27 16.11.15 07: 55 28 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking 9 Siehe Die Zeit Online Wissen, 26 .7 .2013 (http: / / www .zeit .de/ wissen/ 2013-07/ danbrown-inferno-ueberbevoelkerung-transhumanisten) eingesehen am 14 .9 .2015 . Dan Brown, Inferno (Anm . 1), S .101-105 10 Zu weiteren Dante-Krimis siehe die Sammelrezensionen von Karl-Christian Kretzschmar in: Il Novo Giorno . Mitteilungsblatt der Deutschen Dante-Gesellschaft 2008, S . 31-33, und 2011, S . 24-31 11 http: / / www .nicholaswhyte .info/ 100books/ nwgbooks .htm, eingesehen am 14 .9 .2015 12 Siehe Ben Schott, Schotts Sammelsurium, Berlin 2002, S . 107 13 Umberto Eco, Il superuomo di massa. Retorica e ideologia nel romanzo popolare (1976), Milano 2001, S .11 f 14 Dan Brown, Inferno (Anm . 1), S . 81-84 15 Ebenda, S . 81 16 Ebenda, S . 463 17 Ebenda 18 Leoni, I delitti della Medusa (Anm . 1), S . 121-129 19 Ebenda, S . 86 20 Edgar Allan Poe, Tales of Mystery and Imagination, hrsg . von Pádraic Colum, London 1981, S . 392 . Zum klassischen ‹pointierten Rätselroman› Ulrich Schulz-Buschhaus, Formen und Ideologien des Kriminalromans. Ein Gattungsgeschichtlicher Essay, Frankfurt/ Main 1975, S . 100 21 Siehe Jürgen Trabant, Zeichen des Menschen. Elemente der Semiotik, Frankfurt/ M . 1989, S . 35 22 Émile Gaboriau, Der Fall Lerouge, hrsg . von Karl Heinz Berger, Berlin 1988, S . 13: «Trotz aller weiteren sorgfältigen Untersuchungen des Hauses ergab sich kein Hinweis auf den Mörder oder sein Motiv . Kein Brief, nicht einmal ein Zettel fand sich» 23 Sir Arthur Conan Doyle, The Adventures of Sherlock Holmes, London 1992, S . 175-185 24 Siehe Agatha Christie, Zehn kleine Negerlein . Neu übersetzt von Sabine Deitmer, Bern/ München/ Wien 2001, S . 31 25 Siehe A . Conan Doyle, «The Adventure of the Final Problem», in: Conan Doyle, The Adventures of Sherlock Holmes (Anm . 23), S . 437 f . («silent contest», «every move of our game») . Ausgeführt wird ein solches Spiel dann in der Serie Sherlock, besonders in der dritten Episode der ersten Staffel («The Great Game», 2011) 26 Zu v .a . US-amerikanischen Serienmörder-Kriminalromanen mit historischem Setting siehe Ina Bergmann, «Jack the Ripper’s American Cousins . Representations of Good and Evil in Historical Crime Fiction», in: Representations of Evil in Fiction and Film, hrsg . von Jochen Achilles und Ina Bergmann, Trier 2009, S . 137-156, und dies ., «The New Historical Fiction: Between Tradition and Innovation», in: Narrative is the Essence of History: Essays on the Historical Novel, hrsg . von John Cameron, Cambridge 2012, S . 139-148, hier S . 146 27 Siehe die klassische Studie von Hugo Friedrich, Die Rechtsmetaphysik der Göttlichen Komödie, Frankfurt 1940; Anthony Kimber Cassell, Dante’s Fearful Art of Justice, Toronto 1984; Andreas Kablitz, «Die Zeichen des Alltags und die Zeichen der Hölle: Dantes Inferno und der mittelalterliche ‹Realismus›», in: Sprachlicher Alltag. Linguistik - Rhetorik - Literaturwissenschaft, hrsg . von Annette Sabban und Christian Schmitt, Tübingen 1994, S . 145-199; Patrick Boyd, Human Vices and Human Worth in Dante’s Comedy, Cambridge 2000, oder Raymond Angelo Bellotti, Dante’s Deadly Sins. Moral Philosophy in Hell, London 2011 2_IH_Italienisch_74.indd 28 16.11.15 07: 55 29 Marc Föcking Serienmörder und Verschwörungstheorien 28 Matthew Pearl, The Dante Club (Anm . 1), S . 96 . Zu Pearls-Roman siehe demnächst Ina Bergmann, «Rezeption als Literarische Figur: Matthew Pearls The Dante Club», in: Dante intermedial. Die Divina Comedia in Literatur und Medien, Würzburg 2015 29 Delalande, Die Dante Verschwörung (Anm . 1), S . 188 f 30 Eco, Il superuomo di massa (Anm . 13) 31 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Ästhetik, hrsg . von Friedrich Bassenge, Berlin (Ost) 1984, S .185 . Zum guten wie bösen Helden in der Populärliteratur als den bürgerlichen «prosaischen Zuständen» entgegengestellte Figuren eines aktualisierten Heroenzeitalters im Sinne Hegels siehe Marc Föcking/ Astrid Böger, «Vorwort», in: dies . (Hrsg .), James Bond - Anatomie eines Mythos, Heidelberg 2012, S . 7-12 32 Ian Fleming, Goldfinger, London 1961, S . 158 . Dazu und zur Märchenhaftigkeit dieser Figuren siehe Marc Föcking, «James Bond - Superuomo di massa? Umberto Ecos Fleming- Lektüre und ihre postmoderne (Selbst-) Revision», in: Föcking/ Böger (Hrsg .), James Bond (Anm . 31), S . 79-103, hier S . 98-100 33 Karl Rosenkranz, Ästhetik des Hässlichen, Leipzig 1990, S . 263 34 Eco, Il superuomo di massa (Anm . 13), S . 87 35 Zu Geheimgesellschaften im 19 . Jahrhundert siehe Deutsche Geheimgesellschaften: Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, hrsg . von Jost Hermand und Sabine Mödersheim, Köln 2013, Gisela Graichen, Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand, Reinbek bei Hamburg 2013, zur französischen Populärliteratur Yves-Olivier Martin, Histoire du roman populaire en France de 1840 à 1980, Paris 1980, S . 27-148, zur Rolle von Geheimgesellschaften S . 96, 120 . Für die Reflexe des Kalten Krieges in der Thrillerliteratur des späten 20 . Jahrhunderts siehe Hans Peter Schwarz, Phantastische Wirklichkeit. Das 20. Jahrhundert im Spiegel des Polit-Thrillers, Frankfurt/ M . 2006, zu Ian Fleming ebenda S . 132-155, und Anette Pankratz, «Casino Globale: Wie Bond mit der Welt spielt», in: Föcking/ Böger (Hrsg .), James Bond (Anm . 31), S . 146-150 36 G . Rossetti, La Divina Commedia di Dante Alighieri con commento analitico di G. Rossetti, 6 Bde ., Bd . I, London 1826, S . 337, 379 ff . Zu Rossettis Dante-Lektüre siehe insgesamt Maria Sticco, Gli studi danteschi di G. Rossetti, Milano 1940 37 Rossetti, La Divina Commedia (Anm . 36), Bd .V, cap . XII (und weitere Belege) 38 Ebenda, Bd . II, S . 516 39 Luigi Valli, Il linguaggio segreto di Dante e dei Fedeli d’Amore (1928), Milano 1994, siehe dazu kritisch-amüsiert Hugo Friedrich, Epochen der italienischen Lyrik, Frankfurt/ M . 1964, S . 80-83 40 R .L . John, Dante, Wien 1946, S . 5 41 http: / / ilfilosofoincognito .altervista .org/ congiura-silenzio-segreto-amore-dante-incomprensione-determinazione/ (eingesehen am 17 .9 .2015) 42 Siehe etwa Domenico Lancesi, Dante e i Fedeli d’Amore, Cenacolo Pitagorico Adytum, 2012; unter dem alle kryptologischen Tendenzen verschmelzenden Titel «Dante templare, massone, rosacrociano, eretico, anticattolico ed incompreso» siehe http: / / paolofranceschetti .blogspot .de/ 2010/ 01/ dante-templare-massone-rosacrociano .html (eingesehen am 17 .9 .2015) 43 Die Freimaurer-These wurde schon vor Rossetti im späten 18 . und frühen 19 . Jahrhundert (Lenoir, Reghellini) vertreten, siehe Sticco, Gli studi Danteschi di G. Rossetti (Anm . 36), S . 3 f 44 http: / / archiviostorico corriere it/ 2001/ luglio/ 07/ DANTE_Congiure_magie_contro_Giovanni_ co_0_0107072348 .shtml (eingesehen am 17 .9 .2015) 2_IH_Italienisch_74.indd 29 16.11.15 07: 55 30 Serienmörder und Verschwörungstheorien Marc Föcking 45 Leoni, I delitti della Medusa (Anm . 1), S . 205 46 So Heribert Illig, Wer hat an der Uhr gedreht? Wie 300 Jahre Mittelalter erfunden wurden, München 2001; Jörg Lorenz, Das Chemtrailhandbuch. Was sich wirklich über unseren Köpfen abspielt . Mit einem Vorwort von Jörg Kachelmann, Hannover 2013 . Zu modernen Verschwörungstheorien und ihren Mechanismen siehe: Conspiracy Theories in: American History, hrsg . von Peter Knight, Santa Barbara/ Denver/ Oxford 2003; Robert Anton Wilson, Das Lexikon der Verschwörungstheorien: Verschwörungen, Intrigen, Geheimbünde, München 2004; Das Glühbirnenkomplott: die spektakulärsten Verschwörungstheorien - und was an ihnen dran ist, hrsg . von Christian Rickens, Köln 2014; Karl Hepfer, Verschwörungstheorien: eine philosophische Kritik der Unvernunft, Bielefeld 2015 . 2_IH_Italienisch_74.indd 30 16.11.15 07: 55
