Italienisch
ita
0171-4996
2941-0800
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2015
3774
Fesenmeier Föcking Krefeld Ott«Wozu Literatur (-wissenschaft)?» – Kolloquium in Bonn
121
2015
Cora Rok
ita37740157
157 Mitteilungen Mitteilungen «Wozu Literatur (-wissenschaft)? » - Kolloquium in Bonn Anlässlich ihres «200 Geburtstags» luden Paul Geyer (Bonn), Willi Jung (Bonn) und Winfried Wehle (Eichstätt) am 16 und 17 Juli 2015 zu einem internationalen Kolloquium zum Thema «Wozu Literatur (-wissenschaft)? » ein Romanisten aus Deutschland, Frankreich, Italien und Polen sowie Vertreter der Anglistik, Germanistik, Kunstgeschichte, Philosophie und Musikwissenschaften sind der Einladung nach Bonn gefolgt, und haben in insgesamt 23 Vorträgen unter anderem über die Funktionen von Literatur und ihre Vermittlung und Deutung referiert Johannes Lehmann (Bonn) zeigte auf, wie Rousseaus Emile durch das «Rettungsnarrativ» seiner einzigen Lektüre, den Robinson Crusoe, zwischen nützlichem und unnützem Wissen zu unterscheiden lernt, um zu überleben, und Henryk Chudak resümierte als wesentliche Funktionen der Literatur Wissenserweiterung, Vermittlung von Empathie, moralische Stabilisierung und schlicht die Befriedigung Durch eine «therapeutische Lektüre» könne Literatur und Poesie auch zur Trostspenderin werden, vor allem in Kriegszeiten, ergänzte Dieter Janik (Mainz), und Patricia Oster-Stierle (Saarbrücken) erinnerte an die Möglichkeit, durch das Lesen von historischen Romanen, in denen Ereignisse auf bislang unbekannte Weise verknüpft werden, die Geschichte zu befragen und neue Blickwinkel zu gewinnen Verglich Karlheinz Stierle (Konstanz) den Literaturwissenschaftler mit einem «Kanalarbeiter», der für den «Fluss des Sinns» sorgt, verwies Helmut Meter (Klagenfurt) auf dessen Fähigkeit, nationalspezifische Traditionslinien und Identitätsentwürfe in Texten der sich bildenden Nationalstaaten aufzudecken Aber auch gesellschaftliche Paradigmenwechsel lese er in literarischen Texten ab: So griff Wolfgang Matzat (Tübingen) die Theorie des «sozial Imaginären» von Charles Taylor auf, nach der im Laufe der Frühen Neuzeit ein kollektiver Wandel durch die Vorstellung ökonomisch definierter gesellschaftlicher Beziehungen eintrat, und veranschaulichte sie am Don Quixote, in dem Cervantes zum ersten Mal ein Milieu beschrieb, das sich weder dem aristokratischen noch bukolischen zuordnen lässt Nach Marion Gymnich (Bonn) kann der Literaturwissenschaftler das gewaltige Zitaten-Palimpsest besonders in der Pop- Kultur, aufschlüsseln, die zwar einerseits dem Kanon ihren Tribut zolle, andererseits komplexe Inhalte zu stilisierten Phrasen verkümmern lasse Wie aber, fragte Roland Ißler (Bonn), soll die Spurensuche vonstattengehen, wenn im heutigen Studienplan für angehende Lehrer das Lesen eines literarischen Volltextes gar nicht mehr vorgesehen ist? Und auch Patrizio Collini (Florenz) bemerkte melancholisch, als er zu einer Reise in die Welt der kauzigen Anti- 2_IH_Italienisch_74.indd 157 16.11.15 07: 55 15 8 Mitteilungen quare und labyrinthischen Buchhandlungen einlud, in die sich einst der Bibliophile auf der Suche nach einem seltenen Buch verlor, dass diese Welt durch den Siegeszug des Internets und ohne Subventionen in ihrer Existenz bedroht wird . Die Literatursowie die Geisteswissenschaften im Allgemeinen kommen im Zuge der Ökonomisierung und der damit einhergehenden Rationalisierungen der Universitäten immer häufiger in Rechtfertigungsdruck Die Frage «Wozu Literatur (-wissenschaft)? » ist darum von hoher Aktualität Das Profil der betroffenen Disziplinen, so ist die Hoffnung, schärft sich nach jedem turn, durch jede Krise Die Vorträge der Tagung lieferten einen wichtigen Beitrag zu einer (Neu-)Besinnung auf die Aufgaben und Ziele der Literaturwissenschaft Eine Publikation der Vorträge in einem Tagungsband ist vorgesehen Cora Rok Deutscher Leopardi-tag 25.-27.6.2015 in Potsdam Am Donnerstag, den 25 .6 .2015 eröffnete der Botschafter der Republik Italien, Seine Exzellenz Pietro Benassi, den Deutschen Leopardi-Tag 2015, der in diesem Jahr an der Universität Potsdam stattfand Weitere Grußworte sprachen der Forschungsdekan der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam, Prof Dr Johannes Haag, der Präsident der Deutschen Leopardi-Gesellschaft, Prof Dr Sebastian Neumeister (Freie Universität Berlin) sowie die Direktorin des Instituts für Romanistik der Universität Potsdam, Prof Dr Cornelia Klettke Den Festvortrag hielt Prof Dr Winfried Wehle (Universität Eichstätt/ Bonn) Er trug den Titel: «Iconomachia Über Leopardis Modernität wider Willen» Giacomo Leopardi (1798-1837) ist nicht nur ein Zeitgenosse Schopenhauers, zu dem er Gemeinsamkeiten im Denken aufweist, sondern darüber hinaus ein Pionier der Moderne Mit seinem nihilistischen Kulturpessimismus und seiner Zivilisationskritik ist der italienische Dichterphilosoph bereits in den 1820er und 1830er Jahren seiner Zeit weit voraus und gibt Impulse, die bis in die heutige Ökokritik ausstrahlen Von diesen Prämissen ausgehend, stand der Potsdamer Leopardi-Tag unter dem Thema «Giacomo Leopardi - Dichtung als inszenierte Selbsttäuschung in der Krise des Bewusstseins» Anliegen der Tagung war es, einen neuen Zugang zu der Gedankenwelt Leopardis zu erarbeiten und aufgrund von Indizien die These zu erhärten, dass Dichtung bei Leopardi als eine Inszenierung widersprüchlicher Gedanken betrachtet werden kann, eine Widersprüchlichkeit, die einer Bewusstseinskrise avant la lettre entspringt Dichtung bewegt sich bei Leopardi auf dem schmalen Grad zwischen Illusion und 2_IH_Italienisch_74.indd 158 16.11.15 07: 55