eJournals Italienisch 38/76

Italienisch
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Narr Verlag Tübingen
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2016
3876 Fesenmeier Föcking Krefeld Ott

«post(tra)uma gratitudine» – Anmerkungen anlässlich der deutschen Erstübersetzung von Luigi Capuanas Giacinta

121
2016
Angela Oster
Stefanie Römer
ita38760024
24 A Ng ElA O StEr / StEfA N I E röM Er «post(tra)uma gratitudine» - Anmerkungen anlässlich der deutschen Erstübersetzung von luigi Capuanas Giacinta Zur Editionsgeschichte von Giacinta Luigi Capuana ist in der deutschsprachigen Italianistik kein gänzlich unbekannter Autor Gleichwohl ist es erstaunlich, dass ausgerechnet eines seiner Meisterwerke, Giacinta, bislang in keiner deutschsprachigen Übersetzung vorlag Übersetzt wurden in Deutschland Il marchese di Roccaverdina (Der Marchese von Roccaverdina) oder seine Fiabe italiane (Italienische Märchen) und auch ein immerhin interessanter Beitrag zu Das heutige Sizilien (bereits 1893) . 1 Insofern stellt es sich als Glücksfall heraus, dass der renommierte Verlag Manesse sich bereit erklärt hat, im Frühjahr 2017 die Erstübersetzung des Auftaktromans Giacinta von Luigi Capuana zu veröffentlichen . 2 Die Übersetzung stammt von Stefanie Römer, der Kommentar von Angela Oster - sie hat bereits im Vorfeld die Masterarbeit der Übersetzerin zum Thema betreut . 3 Die erste Fassung von Giacinta ist in zwölf mit römischen Ziffern überschriebene Kapitel untergliedert und hat im Original von 1879 einen Umfang von insgesamt 372 Seiten Die erzählte Zeit umfasst die gesamte Lebensdauer der Protagonistin Giacinta von ihrer Geburt bis zum gewaltsamen Tod, wobei im gesamten Roman keinerlei konkrete Datumsangaben zu finden sind Als die erste Fassung von Giacinta im Jahr 1879 bei Brigola in Mailand erscheint, reagiert die Kritik einhellig empört und verurteilt den Roman als unmoralisch und skandalös Doch ausgerechnet dieses Urteil weckt das Interesse der Leser, und die erste Auflage ist innerhalb von sechs Monaten vergriffen Capuana plant nach einigen geringfügigen Überarbeitungen eine zweite Auflage, die jedoch nicht in Druck gelang Erst im Jahr 1886 erscheint bei Giannotta, Catania, die zweite Auflage, die Capuana vollständig überarbeitet hat (Eine mögliche vorherige Version aus dem Jahr 1885, von der in der Literatur immer wieder gesprochen wurde, ist bis heute unauffindbar .) Schließlich folgt 1889 eine dritte und letzte Auflage, die bis auf kleinere grammatikalische und sprachliche Korrekturen die überarbeitete Version von 1886 übernimmt . 4 Der große Publikumserfolg, den die erste Ausgabe erzielen konnte, bleibt den späteren Auflagen indes verwehrt Im Jahr 1914 legen Cervieri, Mailand und Madella, Sesto San Giovanni, sowie 1930 Treves, Mailand, und 1940, Garzanti, Mailand, den Roman - jeweils in der zweiten, überarbeiteten und gekürzten Fassung - neu auf 2_IH_Italienisch_76.indd 24 23.12.16 09: 52 Angela Oster / Stefanie Römer Luigi Capuanas Giacinta 25 Nachdem der Roman längere Zeit keine verlegerische Beachtung mehr findet, nimmt sich Vallecchi, Florenz, im Jahr 1972 seiner an und veröffentlicht ihn zusammen mit anderen Erzählungen Capuanas unter dem Titel Giacinta ed altri racconti Ebenfalls 1972 erscheint der Roman unter dem gleichen Titel bei Edizione per il Club del libro, Novara Im Jahr 1980 finden sich gleichzeitig vier Neuauflagen: einmal bei Mursia, Mailand, weiterhin bei Riuniti, Rom, bei Giannotta, Catania, sowie bei Mondadori, Mailand Auf die genannte Neuauflage bei Mondadori unter dem Titel Giacinta secondo la 1a edizione del 1879 ist hier gesondert zu verweisen, da sie sich auf die erste Fassung stützt und auch eben diese Originalvorlage für die bei Manesse erscheinende Übersetzung den Ausgangstext bildet Bis heute stellt dies in Italien die letzte Auflage dar, die mehrfach nachgedruckt wurde und derzeit als einzige aktuelle Ausgabe als Taschenbuch bei Oscar Mondadori erhältlich ist . 5 Im Ausland erfährt Giacinta wenig bis gar keine Resonanz, einzig das Verlagshaus Impr de Henrich y Ca Editores, Barcelona, bringt im Jahr 1907 eine spanische Übersetzung durch Miguel Domenge Mir unter dem gleich lautenden Titel Jacinta heraus Vergleichsweise aktuell ist die Wiederentdekkung von Capuanas Roman durch den französischen Verlag Farrago, Tours (Indre-et-Loire), der die zweite Fassung des Romans von 1886 unter dem Titel Giacinta in der Übersetzung von Olivier Favier im Jahr 2006 in Frankreich veröffentlicht hat Vor dem Beginn des Übersetzungsprojektes für den Manesse-Verlag musste eine grundsätzliche Entscheidung getroffen werden: Welche der drei Auflagen von Giacinta sollte als Grundlage der deutschen Übersetzung dienen? War hier eher der verlegerischen Tradition zu folgen, die in der Vergangenheit vorwiegend die dritte oder die zweite Version präferierte? Oder sollte das ‘Wagnis’ eingegangen werden, die womöglich in den Augen der Kritik weniger ausgereifte erste Version zu wählen? Die Entscheidung fiel schließlich zu Gunsten der ersten Version aus dem Jahr 1879 aus Wenn diese Fassung auch länger ist und ihr teilweise die narrative Stringenz der späteren, überarbeiteten Versionen fehlen mag, überzeugt sie zum einen durch eine größere, ja grandiose deskriptive Fülle Gerade detaillierte Schlüsselszenen wie Beppes Annäherungsversuche an Giacinta und deren Vergewaltigung, die ja auch einen nicht unbeträchtlichen Teil zur Rezeptionsgeschichte und Kritik beigetragen haben, werden in der späteren Fassung stark gekürzt, was dem Roman die eigentliche Pointe und Luzidität genommen hat Und auch aus literaturgeschichtlicher Sicht fiel die Entscheidung zugunsten der ersten Version, markiert sie doch den Übergang von einer am Vorbild des französischen Naturalismus orientierten italienischen Literatur hin zu der eigenständigen italienischen Form des Verismus - die Capuana darüber hinaus mit einer äußerst individuellen Note versieht Diesbezüglich bezeichnende Merk- 2_IH_Italienisch_76.indd 25 23.12.16 09: 52 Luigi Capuanas Giacinta Angela Oster / Stefanie Römer 26 male der ersten Version, die unter literaturhistorischen Aspekten interessant sind, gehen in den nachfolgenden Versionen verloren, welche Capuana verfasste, als sich schon bestimmte, übergreifende Ausdrucksformen des literarischen Verismus manifestiert hatten Die Besonderheit an Capuanas erster Romanfassung hingegen, nämlich abweichend von den naturalistischen bzw veristischen Vorgaben nicht nur im Sprachgestus der impersonalità einen wissenschaftlich-analytischen Ist-Zustand darstellen zu wollen, sondern einen eigenständigen literarischen Weg zu gehen und andere Akzente zu setzen: alles dies kommt in der ersten Version sehr viel deutlicher und überzeugender als in den späteren Fassungen zum Ausdruck «la forma (coll’effe maiuscolo)» - Capuanas 'Verismus' Luigi Capuana gilt, gemeinsam mit Giovanni Verga und Federico de Roberto, als einer der wichtigsten Vertreter des Verismus, wobei in der Forschung herausgearbeitet worden ist, dass sich unter dem Rubrum des Verismus, anders als dem des Naturalismus Frankreichs, in Italien keine homogene Theorie entwickelt hat, die als Basis einer über ganz Italien hinweg einheitlichen neuen Literaturströmung gedient hätte . 6 Vielmehr weist die italienische Variante naturalistischen Erzählens eine Vielzahl von regionalspezifischen Facetten auf, was sich in Capuanas Giacinta besonders eindringlich zeigt, und was in der von Gerhard Regn an der LMU in München initiierten Giacinta-Rezeption bereits in mehreren Beiträgen mit verschiedenen Schwerpunktsetzungen analysiert worden ist . 7 Des Weiteren hat bereits Helmut Meter auf die Verbindungen des Verismus mit dem Risorgimento hingewiesen . 8 Capuana setzt sich bewusst vom ‘idealismo romantico’ ab, welcher der Fantasie und der Subjektivität in seinen Augen zu großen Freiraum lasse und fordert einen neuen kritischen Ansatz, nämlich die Suche nach den ‘wahren’ Gefühlen und gleichzeitig (! ) nach einer objektiven Beobachtung der Gesellschaft seiner Zeit In der literarischen Erzähltradition Italiens markiert Giacinta definitiv einen Wendepunkt Obschon Capuana seinen großen literarischen Vorbildern des Naturalismus - namentlich Dumas, Balzac, den Gebrüdern Goncourt und insbesondere Émile Zola, dem Capuana explizit seinen Roman Giacinta widmet - verbunden ist, stellt sein erster Roman doch einen durchaus neuen literarischen Ansatz dar, den er bereits in seiner ersten Novelle Il dottor Cymbalus erprobt hatte Wie bei Madrignani ausführlich dargelegt, erfährt Capuanas literarisch-theoretische Überzeugung ab dem Jahr 1868 eine signifikante Prägung durch die eingehende Beschäftigung mit den Ideen des Positivismus, der Hegelschen Philosophie und den Theorien De Sanctis‘ sowie durch den intensiven Austausch mit Camillo de Meis . 9 2_IH_Italienisch_76.indd 26 23.12.16 09: 52 Angela Oster / Stefanie Römer Luigi Capuanas Giacinta 27 Das Verhältnis Capuanas zu seinem Vorbild Zola wird mit der Zeit allerdings getrübt, da sich Capuana insbesondere nach Erscheinen von Zolas Le roman expérimental als Manifest des Naturalismus von dessen Ideen distanziert und einen eigenen Weg einschlägt Wie Romboli in seinem Aufsatz darlegt, interessiert sich Capuana, anders als Zola oder Verga, zunehmend weniger für soziale Fragen und die Mechanismen von milieu und hérédité (eredità), als für die bestimmenden Faktoren gesellschaftlicher Effekte Capuana, dies kann gar nicht zur Genüge hervorgehoben werden, interessiert sich zudem für die Form als künstlerisches Gestaltungsprinzip: «La Forma (coll’effe maiuscolo) ha più genio, è più divina di tutti i divini genii del mondo presi insieme; cresce, si sviluppa, fiorisce; […] Fidate nella divina onnipotenza della Forma (coll’effe maiuscolo) e il nuovo Boccaccio arriverà […] .» 10 Nur die ‘Form’, so weiter Capuana, führe zum ‘wahren Kunstwerk’, und alle anderen Wege leiteten in die Irre Bereits 1885 schreibt Capuana diesbezüglich in dem Essayband mit dem programmatischen Titel Per l’arte: «Se un romanzo, una novella vi fa esclamare: Questo è impossibile! Questo non è vero! State sicuri che, novantanove volte fra cento, la colpa è tutta dello scrittore I romanzi più impossibili sono quelli che accadono ogni giorno sotto i nostri occhi, attorno a noi, in alto e in basso Non ci sarà mai né un romanziere naturalista, né un romanziere verista il quale abbia tanto coraggio da inventar nulla che rassomigli, da lontano, alle continue e terribili assurdità della vita reale E se il romanziere e il novelliere rispondono alla vostra esclamazione col mettervi dinanzi i documenti, per provarvi così che essi han narrato un fatto vero, replicate che la difesa diventa peggior dell’accusa .» 11 Gerade an seinen eigenen poetologischen Ausführungen gemessen erscheint nun Giacinta allerdings manchen Interpreten als Roman, in welchem Capuana noch nicht zu seinem eigenen Stil und Konzept gefunden habe Dies scheint dem Motto des Romans zu entsprechen, in dem der Autor selbst der eigenen Skepsis freien Lauf zu lassen scheint: «Ho la coscienza di avere scritto un libro né ipocrita né immorale Così fossi egualmente sicuro di aver fatto, com’era mia intenzione, una vera opera d’arte! » 12 Der Roman reiche demnach an den Naturalismus nicht heran, und er sei erst eine Vorstufe zum ‘richtigen’ Verismus (wie ihn später der Marchese di Roccarverdina dann meisterhaft ins Wort setze) Vielleicht waren diese 2_IH_Italienisch_76.indd 27 23.12.16 09: 52 Luigi Capuanas Giacinta Angela Oster / Stefanie Römer 28 Einwände mit ein Grund dafür, dass der Roman bislang noch nicht ins Deutsche übersetzt worden ist Das überrascht aufgrund der Qualität des Textes allerdings sehr, der vielleicht lange Zeit gerade auch deshalb verkannt wurde, weil er in der Tat in manchen Teilen quer zu den naturalistischen oder veristischen Vorgaben des ausgehenden Ottocento stand und damit durch das Raster der folgenden Rezeptionen fällt Gleichwohl entfachte der Roman hingegen bei seinem Erscheinen 1879 einen wahren Skandal: Was war nun aber das eigentlich Skandalträchtige an dem Text? Eine italienische Madame Bovary? Vergewaltigung, tragik und trauma in Giacinta Die gleichnamige Protagonistin des Romans ist für den Kontext der Zeit bereits deshalb provokativ, weil sie eine auffällig selbstbewusste Frau ist und sehr viel eigenwilliger agiert als ihre europäischen Kolleginnen Emma Bovary, Effi Briest oder Anna Karenina Was das Schema des Ehebruchromans angeht, in den sich Giacinta mit den soeben genannten Namen einreiht, so ist auch hier die Geschichte sehr viel abgründiger, als bei den Pendants in Frankreich, Deutschland oder Russland Capuana erzählt die Hintergründe eines Traumas - ohne dass er sich bereits explizit auf Freud oder gar die folgenden Psychologien hätte beziehen können -, und zwar mit einem psychographischen Feingespür avant la lettre, das erstaunlich ist Giacinta ist als kleines Mädchen vergewaltigt worden, wird in der Folge für dieses Geschehnis geächtet und gesellschaftlich isoliert Sie setzt sich gegen diese Stigmatisierung auf ihre Weise zur Wehr, indem sie eine lieblose Zweckehe forciert und sich am Tag der Eheschließung einen Liebhaber nimmt - was dann aber geradewegs deshalb in die Katastrophe führt, weil Giacinta den erlittenen Schock des stupro nie verarbeitet hat und ihn zum Großteil unbewusst, teilweise aber auch reflektiert in alle neuen Lebenskonstellationen weiterträgt In der Forschung zu Giacinta wurde deshalb bislang, und dies völlig zu Recht, ein Fokus auf die Protagonistin als «caso di patologia morale» gelegt . 13 Daneben ist es evident, dass Capuana mit seinem Text Anschluss an die bereits genannte Tradition der europäischen Ehebruchsromane wie Madame Bovary oder Effi Briest sucht Dabei sind jedoch vor allem die Differenzen markant, die der Autor zu dieser Tradition setzt Anders als ihre ‘Romankolleginnen’ versucht Giacinta nicht, die Fesseln ihrer Ehe und ihres einengenden, langweiligen Lebens abzustreifen, indem sie ihr Heil im Ehebruch und in der gesellschaftlichen Extravaganz sucht Sie agiert im Vergleich zu den Vorbildern deutlich selbstbestimmter und entscheidet sich - was in dieser Prägnanz ein Novum ist - bewusst für ein außereheliches 2_IH_Italienisch_76.indd 28 23.12.16 09: 52 Angela Oster / Stefanie Römer Luigi Capuanas Giacinta 29 Verhältnis: und zwar bereits vor ihrer Eheschließung, die für sie nicht mehr als eine kühl erwogene Kalkulation ist Giacinta wählt aus einer Vielzahl von Verehrern mit Absicht den schwächlichen‚ nachgerade degenerierten Conte Giulio Grippa di San Celso («il prodotto degenerato di una magnifica razza») 14 als Ehegatten, dem sie keinerlei Gefühle entgegenbringt, der ihr aber durch seinen Adelstitel eine gesellschaftliche Aufwertung verschafft Bezeichnenderweise gibt sich Giacinta noch am Tag ihrer Hochzeit, während der Feierlichkeiten, ehebrecherisch Andrea Gerace, ihrer großen Liebe, hin und verweigert sich im Anschluss in der Hochzeitsnacht so wie auch längere Zeit danach ihrem rechtlich angetrauten Ehemann So nimmt eine jahrelange, vom Grafen und auch von der Gesellschaft geduldete ménage à trois ihren Anfang, die dann allerdings in einer Tragödie enden wird Andrea, eine der auffällig vielen männlichen Charaktere im Roman, die als schwach, egoistisch und wankelmütig beschrieben werden, wird des Liebesverhältnisses überdrüssig und zieht sich sukzessive daraus zurück Giacinta kann diesen Verlust nicht verwinden und beschließt, ihrer beiden Leben mit Hilfe des Pfeilgiftes Curare ein Ende zu setzen . 15 Sie bittet Andrea ein letztes Mal zu sich, in der Absicht, einen inszenierten gemeinsamen Liebestod zu fingieren Andrea jedoch, kleinmütig und feige, möchte einer letzten Konfrontation ausweichen und folgt ihrer Aufforderung nicht Am nächsten Tag - dies erfährt der Leser kurz und knapp, ja beinahe lapidar, aus der Perspektive Andreas - wird Giacinta tot aufgefunden, wobei ein direkter Hinweis auf einen Selbstmord im Roman fehlt . 16 Vielmehr kommt im letzten Abschnitt des Textes die Erleichterung Andreas über diesen für ihn günstigen Ausgang der Verhältnisse zur Sprache, und der Roman endet mit dem kommentierenden Satz des Erzählers: «Triste a confessarsi: vi sono anche delle infamie che vengono proprio dal cuore! » 17 Obschon dieser skandalträchtige Handlungsstrang des ‘gleichgültigen, ja niederträchtigen Herzens’ ebenfalls in den Fokus der Kritik geriet und nicht unerheblich dazu beitrug, dass der Roman bei seinem Erscheinen einen Sturm der Entrüstung hervorrief, handelt es sich hierbei doch nicht um den Kern des narrativen Diskurses Dieser kommt gerade in der Übersetzungsarbeit besonders deutlich zum Vorschein, zwingt doch die Übertragung von einem Idiom in ein anderes zur sehr genauen Reflexion der Textvorgaben In der Übersetzungswerkstatt wird der tragische Verlauf des Krankheitsbildes Giacintas, ihr in der Forschung viel beschworener «caso di patologia morale», 18 zum äußeren Symptom einer sehr viel ‘tiefer’ liegenden Ursache, nämlich dem eigentlichen Skandal des Romans: der Vergewaltigung der elfjährigen Giacinta und der daraus resultierenden gesellschaftlichen und traumatisierenden Verachtung erst des kleinen Mädchens und später der jungen Frau Die Fallgeschichte der Protagonistin Giacinta greift dabei vordergrün- 2_IH_Italienisch_76.indd 29 23.12.16 09: 52 Luigi Capuanas Giacinta Angela Oster / Stefanie Römer 30 dig sämtliche Register des zeitgenössisch reüssierenden Hysteriediskurses auf . 19 Daneben erweist sich Capuana jedoch vor allem als Tiefenpsychologe und Genderspezialist Aus übersetzerischer Sicht wird dies besonders deutlich, denn die medizinische (Fach)Sprache, derer Capuana sich bedient, wird ergänzt durch eine ingeniöse Empathie des männlichen Autors mit der weiblichen Psyche des Vergewaltigungsopfers Der Spagat zwischen wissenschaftlicher Sprachfindung und poetischer Spracherfindung Capuanas ist zusätzlich eine der Hauptherausforderungen, der sich die aktuelle deutsche Übersetzung des Romans Giacinta zu stellen hatte Capuana erprobt die Rekonstruktion der Vergangenheit eines Vergewaltigungstraumas, das ausführlich in einer über drei Kapitel reichenden Analepse im Text vorgeführt wird In eine bürgerliche Familie hineingeboren, in der insbesondere die Mutter, Signora Marulli, nach ökonomischem und gesellschaftlichem Aufstieg strebt, ist Giacinta bereits bei der Geburt unerwünscht und wird bis zu ihrem fünften Lebensjahr zu einer Amme aufs Land gegeben Von der Amme wie von ihrer Mutter vernachlässigt und sich selbst überlassen, erfährt das Kind bereits in diesen prägenden ersten Jahren keinerlei emotionale Zuwendung Hieran ändert sich auch nichts, nachdem sie in den Schoß der Familie zurückgeholt wird Ihre Mutter, entgegen den zeitgenössischen Gender-Normen in Bankgeschäften aktiv und vor allem am gesellschaftlichen Aufstieg interessiert, verhält sich Giacinta gegenüber äußerst lieblos, empfindet sie als Last, und auch der schwache und antriebslose Vater weiß nichts mit dem Mädchen anzufangen, die somit innerhalb des familiären Umfelds ein einsames Leben ohne Bezugspersonen fristet Bereits diese Vereinsamung des Kindes Giacinta, das - modern formuliert - in seinen Spielen eindeutig zu autistischem Verhalten neigt, weist Elemente des Tragischen auf Giacintas Schicksal wendet sich vermeintlich zum Guten, als der 14jährige Hausbursche Beppe eingestellt wird, der sich in kürzester Zeit zu ihrem Spielkameraden und Vertrauten entwickelt Doch bald schon erweist sich Beppe als ein von Natur aus verdorbener Charakter, dessen sexuelle Begierden schließlich im Missbrauch der gerade einmal elfjährigen Giacinta münden Die Mutter, in deren Augen die Vermeidung eines gesellschaftlichen Skandals Vorrang vor der Fürsorge der lädierten Psyche der Tochter hat, schickt diese für drei Jahre in ein Mädchenpensionat In dieser Zeit versucht Giacinta, die traumatischen Geschehnisse zu verarbeiten und beginnt die Vergangenheit dahingehend zu verklären, dass sie Beppes Handeln aus einer vermeintlichen ‘Liebe’ zu ihr vor sich selbst und ihrer schamhaft empfundenen Erniedrigung zu rechtfertigen sucht Mit 17 Jahren kehrt Giacinta nach Hause zurück und wird in die Gesellschaft eingeführt Hier allerdings zeigt sich schnell, dass ihr weiterhin 2_IH_Italienisch_76.indd 30 23.12.16 09: 52 Angela Oster / Stefanie Römer Luigi Capuanas Giacinta 31 der Makel des sich bereits vor Jahren rasend als Klatschsujet verbreiteten stupro anhaftet, und es sind schließlich diese gesellschaftliche Verachtung (und das unverarbeitete Trauma der Vergewaltigung selbst) und damit ein erneuter - und lebenslang als solcher anhaltender - Entzug von Anerkennung und Zuwendung, die Giacinta zu ihrem weiteren Verhalten geradezu - so die eindringliche und luzide Schilderung Capuanas - zwingen Ihr Verhältnis mit Andrea und die Selbstverleugnung ihrer Gefühle bei der Eheschließung mit dem Grafen, sind letztendlich nichts anderes als ihr trotziger, ja verzweifelter Selbstbehauptungsversuch einem sozialen Umfeld gegenüber, durch dessen Verhalten sie dauerhaft und tiefgreifend traumatisiert wird Aus heutiger psychoanalytischer Sicht scheint es kaum mehr verwunderlich, dass Giacinta aufgrund dieser Prädisposition psychisch zerbricht Aus der Sicht einer sich im 21 Jahrhundert derzeit rapide wandelnden oder sich erweiternden Methodik der Psychoanalyse sind allerdings nicht mehr so sehr die präfreudianischen Merkmale des Romans Capuanas beeindruckend (die gleichfalls weiterhin anachronistisch bahnbrechend waren) oder seine (ebenfalls fulminante! ) Rezeption der Pathologien Lombrosos (Atavismus Beppes u .ä .), 20 sondern seine ‘spirituale Behandlung’ der menschlichen Seele . 21 Capuanas metaphorische Anspielungen und lexikalische Elemente bergen über den positivistischen Diskurs hinaus weitere Deutungsmöglichkeiten, die es bei der für den Manesse-Verlag angefertigten Übersetzung zu erfassen und zu beachten galt Dies gilt u .a für den Mythos vom verlorenen Paradies, der durch ausgewählte metaphorische Elemente evoziert wird: Da ist zum einen der abgelegene Teil des Gartens («un recinto»), der in seiner paradiesischen Schönheit und sinnlichen Üppigkeit geschildert wird Beppe dient diese vermeintliche ‘Einfriedung’ als Rückzugsort, an den er sich nach seinem erotisch aufgeladenen Spiel mit Giacinta zurückzieht und dabei, während er sich auf einem Stuhl räkelt, seinen sündigen, «krankhaften Gedanken» nachhängt, «die sich gleich einem Nest voller Vipern, in das man versehentlich getreten ist, in seiner Brust regten .» Im Original ist von einem «groviglio di vipere» die Rede . 22 Wenn auch im Deutschen der idiomatische Ausdruck «Schlangennest» im ersten Moment treffender erscheinen mag, hat sich die Übersetzung für die Beibehaltung der wörtlichen Translation (und damit für die verfremdende Methode) entschieden Zum einen liegt die Symbolik der Schlange auch der Viper implizit zugrunde; außerdem konnotiert die Viper die eklatante Bösartigkeit, Gefährlichkeit und Giftigkeit der Gedanken, die Beppes Organismus förmlich infiltrieren - eine spezifische Bedeutungsebene, die in der Übertragung erhalten bleiben muss Wenige Zeilen später im Text findet sich das Symbol der Erbsünde - die Schlange - geradezu plakativ wieder, als die «serpicina» beschrieben 2_IH_Italienisch_76.indd 31 23.12.16 09: 52 Luigi Capuanas Giacinta Angela Oster / Stefanie Römer 32 wird, die sich auf einem Stein sonnt . 23 Regn zufolge wendet sich Capuana mit diesem Rekurs auf den Mythos von der rein positivistischen Deutungshoheit ab, die aus seiner Sicht als Erklärungsmodell allein nicht ausreicht . 24 An diese Beobachtung schließen die folgenden Ausführungen an Ganz subtil schafft nämlich Capuana über die parallele Verwendung des Verbs «sdraiarsi» eine unmittelbare Verbindung zwischen der Schlange und Beppe Anders als in der biblischen Geschichte ist es hier in einer bemerkenswerten Gender-Pointe Capuanas nicht mehr die Frau, die der Versuchung des Bösen erliegt und den Mann als Verführerin zur Sünde anstiftet Hier gestaltet sich der Fall vielmehr genau entgegengesetzt: In einer gleichsam gespiegelten Bewegung wird Beppe mit der Schlange, der Verführerin, gleichgesetzt, wenn es heißt «Beppe andò a sdraiarsi sur un sedile del ricinto» und gleich darauf die Schlange sich analog verhält: «Una serpicina si sdraiava al sole» Die biblischen Gender-Verhältnisse von Gut und Böse kehren sich mithin um, indem nicht mehr die Frau die Urheberin der Erbsünde ist, sondern der Mann als der Verführer ihr die Unschuld nimmt und sie so ins Verderben stürzt . Es dürfte hinlänglich deutlich geworden sein, dass die Sexualität in Capuanas Giacinta zentrale Steuerungsfunktionen übernimmt Nun mögen zwar, mit Foucault gesprochen, bereits die freudianischen Diskursformen zur Sexualität in der Episteme des Secondo Ottocento virulent gewesen sein, gleichwohl gibt es zur Sexualität nur Schreibformen, die wenig explizit sind, derer Capuana sich vorbildhaft hätte bedienen können Dass seine aus der heutigen Sicht durchaus dezenten Formulierungen hingegen zeitgenössisch bereits einen Skandal entfachten, zeigt, in welchen Schwierigkeiten sich Capuana mit dem, was er vermitteln wollte, sprachlich befunden hatte Und so sympathisch der die Forschung viel beschäftigende Doktor Follini im Roman auch geschildert wird: Er befindet sich, daran lässt Capuana keinen Zweifel, letztendlich auf dem ‘Holzweg’, wenn er glaubt, den Problemen seiner Patientin dadurch beikommen zu können, dass er sie medizinisch ‘studiert’ und ‘observiert’ Es dürfte tatsächlich eine nicht zu unterschätzende Ironie anzeigen, wenn der Erzähler über Follini schreibt: «Vedeva il fondo delle cose e non si lasciava illudere dalla superficie» . 25 Follini lässt sich zwar nicht von der Oberfläche täuschen, hingegen aber: von der Tiefe Er taucht nämlich mit männlichem Blick zum Teil auch in die falsche Tiefen der weiblichen Psyche ein, was die Wahl des Terminus «illudere» indiziert Capuana wählt hier gerade nicht den gängigeren Terminus illusionare, sondern die etymologische ‘Tiefe’ dieses Begriffs in der Variante des illudere, was hinter der ersten ‘Tiefe’ noch weitere tiefe Abgründe anzeigt Der Terminus illudere verdankt sich der Zusammensetzung des Verbs ludere für ‘spielen’ mit der lokalen Präposition ‘in’ Die Bedeutungsskala dieses Begriffs ist schillernd, 2_IH_Italienisch_76.indd 32 23.12.16 09: 52 Angela Oster / Stefanie Römer Luigi Capuanas Giacinta 3 3 und reicht von ‘spielend hinwerfen’, oder ‘ins Spiel werfen’ über ‘verspotten’ und ‘verhöhnen’ bis hin zu ‘täuschen’ und ‘betrügen’ Dass der männliche medizinische Blick hinsichtlich des Dramas Giacintas limitiert ist, wird im Verlauf des Romans kontinuierlich weiter durchgespielt bis hin zum unrühmlichen Ende der Protagonistin, die den klugen Doktor am Schluss des Romans als tatsächlich gescheiterten Mediziner vorführt Zum eigentlichen «caso di patologia» werden in Capuanas Text damit letztlich die Giacinta umgebenden Männer, die allesamt in ihrem jeweils spezifischen Narzissmus befangen sind, angefangen vom debilen Ehemann über den eitlen Geliebten Andrea bis hin zum netten Doktor Follini, der zwar sensibel ist, aber ebenfalls letzten Endes nur zum Teil versteht, wer und was Giacinta eigentlich ist Giacinta, die in ihrer Trauma(Nicht)bewältigung der follia zwischen konvulsiven und kataleptischen Zuständen haltlos schwankt, wird in der männlichen Figurensicht des Romans als Hysterikerin interpretiert Die Hysterie erschien und erscheint noch heute gerne als typisch weibliche Krankheit, weil sie neben dem zentralen Nervensystem an die weibliche Sexualität gekoppelt sei Capuana stellt nun auch dieses Stereotyp gründlich auf den Kopf Dabei ist es keineswegs schlichtweg so, dass nur ein Rollentausch vorhanden wäre Dies trifft zwar ohne Zweifel zu: Giacinta und auch ihre Mutter tragen virile Züge, während die Männer von einer ‚unmännlichen‘ Schwächlichkeit gekennzeichnet sind Die ‘legge dell’eredità naturale’ spielt eine tragende Rolle im Roman, doch Capuana interessiert gerade bei seiner Protagonistin - die alle anderen Charaktere im Roman wie ein Leuchtturm an Vielschichtigkeit überragt - nicht in erster Linie eine ‘patologia’, sondern ihn faszinieren die Energien, welche Giacinta trotz der unentwegten Attacken ihrer Umwelt lange Zeit unerschütterlich mobilisieren kann, weil sie ihre Wesensart jenseits aller Biologismen kennzeichnen: «Quella lunga malattia aveva abbattuto il suo corpo, ma nella sua coscienza si erano invece sviluppate energie che non sapeva di avere .» 26 Hier geht es nicht einfach um Abhärtungen, die Giacinta entwickelt, um sich gegen üble Unterstellungen zur Wehr zu setzen (die Isotopie des Kalten, Glazialen, Abgehärteten, Edelsteinhaften zieht sich allerdings in der Tat als roter Faden durch den gesamten Romantext) Denn genau dies würde die Giacinta umgebende Gesellschaft ja gerade noch in ihrer Bigotterie akzeptieren, nämlich dass das Kataleptische sich durchsetzen würde und die als bedrohlich empfundene, hochattraktive Giacinta damit buchstäblich ‘kalt gestellt’ würde Dass aber genau das Gegenteil eintritt, nämlich dass Giacinta aus allen Kalamitäten zunächst gestärkt, ja mit Energie erfüllt und immer wieder voll ungebrochener «fierezza» («stolz») hervortritt: «i suoi gesti, la sua parola avevano ora un che di nervoso, di brusco, di secco, d’imperioso, come se il carattere si 2_IH_Italienisch_76.indd 33 23.12.16 09: 52 Luigi Capuanas Giacinta Angela Oster / Stefanie Römer 3 4 fosse temperato in un bagno ristoratore e avesse prese qualcosa della natura di acciaio .» 27 Genau das wird gesellschaftlich als unerträglich empfunden, und der Hass, der sich nun gegen Giacinta wendet, kennt keine Grenzen mehr und zielt auf die pure Vernichtung der jungen Frau, was sich im Roman zunächst langsam, dann aber unaufhaltsam Bahn bricht Denn Giacintas Kräfte, sich gegen die Perfiditäten zu wehren, lassen langsam nach Dass Capuana Giacintas Transformation zur ‘Dame aus Edelstahl’ in einem, anachronistisch formuliert, gender-kritischen Fokus sieht, dafür ist gerade die Skandalgeschichte der Vergewaltigung das schlagendste Beispiel In der späteren Erinnerung des Mädchens Giacinta scheint es nämlich eine salvierende Annäherung an Beppe zu geben, ja nahezu eine Dekulpation des Vergewaltigers Jedenfalls wird dies in der Forschung in der Regel so gelesen: Giacinta - so scheint der Text schwarz auf weiß zu vermitteln - hat ihren Peiniger durch aufreizendes Gebaren unbewusst provoziert, und dessen gewaltsame Entjungferung des Mädchens werde von dieser als das identifiziert, was sie doch womöglich tatsächlich war: ein zwar unbeholfener oder gar brutaler Ausdruck der Passion des Vergewaltigers, aber eben ein Ausdruck von Liebe Diese Lesart ist nicht einfach nur (‘männlich’) unsensibel; sie ist (in der Logik des Textes) schlichtweg grundfalsch Denn der weibliche stream of consciousness, der durch den impliziten Erzähler hier vermittelt wird, ist tatsächlich als eine enorme Brechung in verschiedenste Facetten dargestellt Nur um das erlittene Trauma irgendwie überleben zu können, ist die Psyche Giacintas auf nahezu perverse Weise gezwungen, der Erinnerung an ihre Vergewaltigung irgendetwas nicht gänzlich Grauenhaftes abzugewinnen «La Giacinta provava solo ora, dopo più di tre anni, il vero fascino di quegli occhi verdastri ombreggiati .» 28 Dass Vergewaltigungsopfer ihren grauenhaft erlittenen Verbrechen irgendwie doch etwas Angenehmes abgewönnen oder die Tat gar provoziert hätten - die kleine Giacinta spielt ja gerne mit dem Kameraden Beppe -, ist schlicht und ergreifend nichts anderes als das, was Theweleit eine gewaltbereite «Männerphantasie» genannt hat . 29 Das Mädchen - der Text ist hier hinlänglich deutlich - hatte die erlittene Vergewaltigung sicherlich auch nicht im Ansatz goutiert Schließlich wird sie direkt im Anschluss an die Vergewaltigung tränenüberströmt und im Schockzustand vom Hauspersonal aufgelesen Auch wenn Capuana selbstredend mit Theweleits Buch zum virilen Faschismus keine Berührungen hatte, so bietet sein Roman gleichwohl ein beeindruckendes Panorama an neurotischen, von Capuana als solchen klug entlarvten Männerphantasien Deshalb sei die soeben zitierte Textpassage noch einmal genauer analysiert: So könnte man «solo ora» übersetzen mit «erst jetzt» - was auch die der deutschen Sprache adäquateste Übertragung darstellt Gleichwohl gilt es in der Interpretation, die Konnotationen des Begriffs und damit weitere 2_IH_Italienisch_76.indd 34 23.12.16 09: 52 Angela Oster / Stefanie Römer Luigi Capuanas Giacinta 35 Pointen der Sprache Capuanas zu berücksichtigen ‘Solo ora’ kann nämlich auch bedeuten: ‘nur jetzt’ Und zwar als sozusagen instantane Strategie der Protagonistin, das ansonsten für sie Unerträgliche irgendwie erträglich zu empfinden Und: Das «solo ora» wird in der besagten Textpassage insofern hervorgehoben, als es mehrfach und damit insistierend wiederholt und durch weitere Vokabeln der Suggestion und Quasi-Überredung ‘in der Psyche’ des Mädchens verstärkt wird: «ecco», «infine» Der «potentissimo effetto», den die Vergewaltigung bei der kleinen Giacinta hinterlässt, ist in seiner ‘Potenz’ ganz und gar nichts Erfreuliches - auch wenn der Text diese Fährte der Deutung durchaus auslegt und damit nichts anderes vollzieht, als Giacintas authentischen Ekel kunstvoll - aber eben auch ‘künstlich’- mit der auch im Roman gesellschaftlich dominanten, männlichen Manipulation zu überblenden Und Letztere wird es schließlich sein, die sich perfide durchsetzen und Giacinta vernichten wird Wenn es im Text heißt: «tornavano a vibrarle nettissime entro l’orecchio molte parole» 30 dann ist dies nicht Giacintas Stimme, die sich hier zu Wort meldet, sondern es ist das phallische Vibrieren der erlittenen Gewalt, welche zunächst mit Beppe und in der Folge mit Giacintas gesamtem Milieu - inklusive der die Männerphantasien ihrerseits bekräftigenden, scheinheiligen Frauenwelt - die Heranwachsende zwingt, das Erlittene zu leugnen und zu verdrängen Und dass Vergewaltigungsopfer sich einreden oder vielmehr ihnen eingeredet wird, dass der Vergewaltiger sie ja tatsächlich liebe und die Gesellschaft in ihrer Leugnung der Geschehnisse immer Recht habe, ist ein in der modernen Psychologie bestens bekanntes Muster, das hier nicht näher ausgeführt zu werden braucht Gesellschaftlich hat dieses Muster, dies ist ebenfalls bekannt, lange Zeit gegriffen Um so bemerkenswerter ist es, dass Giacinta bei Capuana sich diesem Muster - eine Vergewaltigung hat stattgefunden, aber die Umwelt zielt geschlossen darauf, dass dies unter den Teppich gekehrt wird - widersetzt Sie widersetzt sich damit nichts Geringerem als der weiter andauernden sozialen Vergewaltigung, die als gesellschaftlicher Konsens darauf zielt, dass das Opfer sich mundtot für das Erlittene schämen soll Allerdings geben auch Giacintas Bewältigungsstrategien ihrerseits die erlittenen Perversitäten weiter und setzen diese damit personenübergreifend fort Sie rächt sich für das Erlittene, indem auch sie das illudere aufgreift und mit den Männern spielt: «E questo le ispirava un sentimento di postuma gratitudine .» 31 Die «postuma gratitudine» ist hingegen eine «post(tra)uma gratitudine», eine post-traumatische Genugtuung - und als solche hochgradig labil In einem bemerkenswerten Aufbegehren erhält sich Giacinta dabei jene «sensualità della donna», die bereits Beppe als Legitimation missbrauchte, um die Begehrte zu vergewaltigen Und Beppes ‘brutale istinto’, den Capuana auf der medizinischen Folie Cesare Lombrosos zunächst als individuellen Primitivismus schildert, 2_IH_Italienisch_76.indd 35 23.12.16 09: 52 Luigi Capuanas Giacinta Angela Oster / Stefanie Römer 36 wächst sich im Verlauf des Romans in einen Atavismus des kollektiven Hasses aus - in dem im Übrigen, wie bereits erwähnt, die die Männersicht adaptierenden Frauen Giacinta genauso übel mitspielen wie die Männer selbst . 32 Der Text bleibt also in Hinblick auf die Genese des eigentlichen Vergewaltigungs-Traumas weniger stumm, als die Forschung es bislang sehen wollte Denn auch wenn die eigentliche Vergewaltigung im Text gemäß der Konventionen der Zeit nicht geschildert werden kann, scheint sie doch indirekt im Text auf und ist kein ‘blinder Fleck’ Die Schlange, die sich im paradiesischen, biblisch konnotierten Garten der Vergewaltigungsszene räkelt («sdraiava al sole»), wird nämlich Beppe zugeschoben, der analog zur Schlange in einem phallisch konnotierten Akt «allungava le gambe» . 33 Nicht die Frau ist die Eva-Verführerin; es ist der Mann, der sein Begehren mit Gewalt durchsetzt fallbeispiele aus der Übersetzung von Giacinta Für konkrete Übersetzungsentscheidungen sind nicht zuletzt Beobachtungen auf der mikrostilistischen Ebene von Bedeutung, die auch die soeben angeführten Interpretationen und Analysen anlässlich der Erstübersetzung von Giacinta maßgeblich beeinflusst haben Hier sind zum einen die jeweiligen Phänomene adäquat in ihrer Denotation zu erfassen, zum anderen ist in einem zweiten Schritt jeweils eine Entscheidung zu treffen, welcher in der Übersetzungswissenschaft grundlegenden Invarianzforderungen im Einzelfall Vorrang gegeben werden soll, um eine wirkungsäquivalente Lösung zu erzielen Wie im Folgenden deutlich werden wird, stehen die jeweiligen Invarianzforderungen teilweise auch im Widerstreit mit der letztendlich höchsten Invarianzforderung, die hier als Primat der praxisorientierten Pragmatik bezeichnet wird: So sehr eine originalgetreue, alle formalen und inhaltlichen Bestandteile berücksichtigende Übertragung im Bestreben einer Übersetzung auch liegen muss, so ist schließlich doch ein Text zu erstellen, der den Ansprüchen und Zielen des Auftraggebers entspricht Somit steht über allen Einzelentscheidungen stets die Forderung nach einem gut lesbaren, flüssigen, den Normen der deutschen Sprache entsprechenden Text: einem Text in einem ‘guten Stil’ Oftmals ist diese Forderung mit anderen Forderungen kompatibel, manchmal muss eine Kompromisslösung gefunden werden Was dies im Einzelnen bedeutet, soll abschließend an einer Auswahl von Beispielen aus der Übersetzerwerkstatt von Giacinta demonstriert werden: 2_IH_Italienisch_76.indd 36 23.12.16 09: 52 Angela Oster / Stefanie Römer Luigi Capuanas Giacinta 37 A) Motto Wie bereits erwähnt, widmet Capuana seinen ersten Roman Giacinta dem großen Vertreter des französischen Naturalismus, «A Emilio Zola» - «Für Émile Zola», um dann sogleich auf der darauffolgenden Seite eine persönliche, an den Leser gerichtete Stellungnahme abzugeben, in der sowohl (kalkulierte) Rechtfertigung als auch die (fingierte) Bescheidenheit des Künstlers anklingen, und die auf seinen literarischen Ansatz verweist, indem er erklärt, ein ‘wahres’ Kunstwerk schaffen zu wollen: «Ho la coscienza di avere scritto un libro né ipocrita né immorale Così fossi egualmente sicuro di aver fatto, com’era mia intenzione, una vera opera d’arte! » 34 Diese prägnante Stelle des Romans kann nun verschiedentlich übersetzt werden: (1) Ich bin mir gewiss, ein Buch geschrieben zu haben, das weder scheinheilig noch unmoralisch ist Wäre ich doch ebenso sicher, wie es in meiner Absicht stand, ein wahres Kunstwerk geschaffen zu haben! (2) Ich bin mir gewiss, ein Buch geschrieben zu haben, das weder scheinheilig noch unmoralisch ist Wäre ich doch ebenso sicher, geschaffen zu haben, was in meiner Absicht stand, ein wahres Kunstwerk! (3) Ich bin mir gewiss, ein Buch geschrieben zu haben, das weder scheinheilig noch unmoralisch ist Wäre ich doch ebenso sicher, ein wahres Kunstwerk geschaffen zu haben, wie es in meiner Absicht stand Bereits bei diesem kurzen Passus stehen mehrere Entscheidungen in Hinblick auf eine Übersetzung an Wie soll nun die Übersetzung verfahren, um diesen Text wirkungsäquivalent zu transponieren? Aufgrund der Endstellung von «una vera opera d’arte» wird die Bedeutung dieses Begriffes im Original intensiviert und ist als Schlüsselbegriff zu werten Gleichzeitig ist die parallele syntaktische Struktur von «di avere scritto un libro» und «di aver fatto […] una vera opera d’arte» in Betracht zu ziehen, die die Verbindung zwischen dem Roman, dem «libro» und seiner Einordnung als «opera d’arte» betont (vgl dazu unsere vorangegangenen Ausführungen zur poetologisch bedeutsamen «forma» bei Capuana) Weiterhin stellt sich eine lexikalisch- 2_IH_Italienisch_76.indd 37 23.12.16 09: 52 Luigi Capuanas Giacinta Angela Oster / Stefanie Römer 3 8 semantische Schwierigkeit bezüglich der Begriffe «coscienza» und «intenzione», die sich ebenfalls gegenseitig bedingen Für die Übersetzung wurde in diesem Fall die Version (2) gewählt, da so anhand der Endstellung des Schlüsselbegriffes eine besondere Hervorhebung erfolgt Hierfür wurde eine geringfügige semantische Modifikation in Kauf genommen Der Bezug von «Buch» und «Kunstwerk» bleibt - auch im Rhythmus und in der Intonation - in der gewählten Version ebenfalls erhalten In der ersten Version vermindert hingegen die Stellung des eingeschobenen Nebensatzes den Textfluss, gleichzeitig wird, auch durch Intonation, die «Absicht» hervorgehoben Eine Betonung von «opera d’arte» durch die Endstellung kann durch die Verbstellung im Deutschen hier nicht erzielt werden Die dritte Version entspricht wiederum zwar grundsätzlich den o .g Anforderungen, allerdings ist hier die Hervorhebung des Schlüsselbegriffes nicht besonders ausgeprägt B) Die Erzählerinstanz Die Erzählerinstanz in Giacinta ist diejenige des heterodiegetischen Erzählers, der den narrativen Diskurs lenkt Der extradiegetische Erzähler ist nicht Teil der Geschichte, sondern außenstehender Beobachter Entgegen der Forderung nach veristischer impersonalità tritt der Erzähler jedoch immer wieder - teils wertend oder kommentierend - mit einem auktorialen Gestus in den Vordergrund Die auktoriale Präsenz spielt zudem eine Rolle in Hinblick auf den Zeitpunkt der Narration und dessen Einordnung durch den Leser: Wann genau der Akt des Erzählens von Giacinta stattfindet, ist nicht genauer spezifiziert und letztendlich auch unbedeutend Durch die Wahl verschiedener Tempusformen der Vergangenheit lässt sich jedoch implizit ableiten, dass es sich um eine rückblickende Erzählung handelt Gerade an den Stellen hingegen, an denen der Erzähler unmittelbar in Erscheinung tritt, findet auch eine Verwendung des Präsens statt, wodurch sich die zeitliche Distanz zum Leser verringert Stellvertretend sei hier auf eine Stelle aus Kapitel I verwiesen: «Era, credo, la ventesima volta che Andrea Gerace lanciava a traverso il leggìo della musica le sue occhiate di fuoco .» 35 Die Übersetzung hat darauf zu achten, dass die in der Tempuswahl verankerten impliziten Informationen auch in der Übertragung gleichwertig zum Ausdruck kommen So wurde beispielsweise der Erzählereinschub «credo» als Verb übernommen und am Original nachgebildet: «Wohl zum zwanzigsten Mal, glaube ich, schleuderte Andrea seine flammenden Blicke über das Notenpult hinweg […] .» 2_IH_Italienisch_76.indd 38 23.12.16 09: 52 Angela Oster / Stefanie Römer Luigi Capuanas Giacinta 39 Die Übersetzungsstrategie der Transposition, wie z .B «meiner Meinung nach», wäre dagegen in diesem Fall aus den eben genannten Gründen nicht akzeptabel Wer sieht? Wer spricht? - Diese beiden einfachen und doch elementaren Fragen sind es insbesondere, die während des gesamten Translationsprozesses von Giacinta stets im Auge zu behalten waren, um eventuell vorhandene Polyphonien zu erkennen und adäquat zu übersetzen Indem z .B der Erzähler oft hinter seinen Figuren verschwindet und die Handlung sich aus deren Innensicht heraus weiter entspinnt, fokussiert Capuana insbesondere im ersten Kapitel eine geringe Leserdistanz Durch den Einsatz von direkter Figurenrede (mit flankierender Inquit-Formel) sowie autonomer Figurenrede dominiert eine starke szenische Darstellung Ebenso finden sich Stellen mit erlebter Rede, wobei allerdings die später für den Verismus bezeichnenden Passagen im discorso indiretto libero eher wenig vertreten sind . 36 Unmittelbar mit dem Incipit zieht der Autor den Leser durch die direkte Figurenrede als direkten Zuschauer in medias res, da er im Einstieg auf jegliche Erzählerinstanz sowie auf nähere situative oder lokale Einordnung verzichtet, und er lässt stattdessen direkt die Protagonistin mit der prägnanten Anrede «Colonnello! » zu Wort kommen Bei dem sich in der Folge entwickelnden lebhaften Dialog zwischen ihr und Oberst Ranzelli sowie dem umfangreichen Dialog zwischen Giacinta und Andrea im zweiten Teil des ersten Kapitels nimmt der Leser, einer Theaterszene gleich, ohne vermittelnde Erzählerinstanz an der Handlung direkt aus der Sicht der Akteure teil Anders als in der späteren dritten Fassung von Giacinta, die dem veristischen Objektivitätsprinzip folgend weitaus mehr direkte Figurenrede enthält als die erste Version des Romans, finden sich im Originaltext von 1879 im Wechsel mit der szenischen Darstellung und ihrer geringen Leserdistanz längere narrative Passagen, in denen eine allwissende, auktoriale Instanz eingeschaltet wird, die annähernd die Funktion eines Regisseurs übernimmt Neben genauen objektiven Schilderungen des Ambientes und der äußeren Gegebenheiten werden hier insbesondere Gesten, Verhaltensweisen, der individuelle Habitus und Charaktereigenschaften der anwesenden Akteure ausführlich und minuziös geschildert Durch die ausgedehnten beschreibenden Passagen entsteht Schritt für Schritt eine immer plastischere und farbigere Szenerie vor den Augen des Lesers, der gegen Ende des Kapitels wie ein Zuschauer ein Bühnenbild vor Augen hat, in dessen Rahmen sich die Handlung vollzieht, die über die Figurenrede vermittelt wird Bemerkenswert ist dabei gerade in Hinblick auf die programmatische Forderung der impersonalità, dass in Giacinta oftmals ein fließender Perspektivenwechsel von der Innensicht einzelner Figuren, in der Gedanken und Gefühle wieder- 2_IH_Italienisch_76.indd 39 23.12.16 09: 52 Luigi Capuanas Giacinta Angela Oster / Stefanie Römer 4 0 gegeben werden, hin zum auktorial-kommentierenden bzw wertenden Erzähler stattfindet So finden sich im Text auch ironische oder sarkastische Personenbeschreibungen oder direkte Meinungsäußerungen des Erzählers Gekonnt baut Capuana im ersten Kapitel insbesondere über die Dialoge einen Spannungsbogen auf, in dessen Verlauf die einzelnen Protagonisten immer mehr an Substanz gewinnen und der Diskurs andeutungsweise sowohl auf zukünftige als auch auf vorherige Ereignisse verweist, ohne diese genauer zu bestimmen Der Leser wird so bewusst sowohl für die kommende Katastrophe sensibilisiert, als auch in der Spannung des zu Erwartenden belassen, und er kann nur erahnen, dass unter der Oberfläche dieser auf den ersten Blick harmlosen, gutbürgerlichen und konventionellen Gesellschaft, die sich im Salon der Signora Marulli zusammengefunden hat, etwas Unausgesprochenes, Unheilvolles schwelt C) Syntax, rhythmus, rhetorik, lexik Auf syntaktischer Ebene kennzeichnend für Giacinta ist der häufig parataktische, stark rhythmisierte, gewissermaßen ‘impressionistische’ Satzbau mit seinen Reihungen und adjektivischen wie nominalen Aufzählungen, wie ihn Caliri bereits für Profili di Donne als charakteristisch für Capuanas Schreibweise herausgearbeitet hat . 37 Inwieweit dieser ‘stile spezzato’ mit der ihm eigenen Satzmelodie und Rhythmus sowie andere (morpho-) syntaktischen Strukturen wie Partizipial- und Gerundialkonstruktionen als Invarianten in der Übersetzung erhalten bleiben sollen, war eine weitere gewichtige Grundsatzentscheidung in der Übersetzung des italienischen Romans Der kompakte und knappe parataktische Satzbau von Giacinta erzeugt einen schnellen, rhythmischen Textfluss, dem in der Übersetzung Rechnung zu tragen ist Immer wieder erhöht Capuana über kurze, prägnante, teilweise elliptische Sätze das Erzähltempo oder bringt gezielt durch syntaktische Konstruktionen Gemütsstimmungen zum Ausdruck, was in dem vorher analysierten Trauma der Vergewaltigung besonders eindringlich zum Ausdruck kommt Capuana bedient sich bevorzugt verschiedener Positionsfiguren auf syntaktischer Ebene, deren Übertragung meist kein allzu großes Problem darstellt Neben relativ kurzer Syntax finden sich gerade im narrativen Teil auch (teilweise über mehrere Zeilen) lange asyndetische Konstruktionen (oft adjektivischen Reihungen), für deren Beibehaltung die Übersetzung sich im Regelfall entschieden hat In der Übersetzung sind weiterhin parallele Strukturen gleichermaßen auf ihre rhetorische als auch ihre rhythmische Funktion hin zu betrachten Neben den parallelen Strukturen findet sich wiederum die Tendenz zu langen Satzperioden durch Reihungen und Aufzählungen, wozu auch die Interpunktion beiträgt, so das von Capuana im Original häufig verwendete Semikolon Im deutschen Text wird den Gepflogenheiten der 2_IH_Italienisch_76.indd 40 23.12.16 09: 52 Angela Oster / Stefanie Römer Luigi Capuanas Giacinta 41 deutschen Zeichensetzung folgend das Semikolon sparsamer eingesetzt und stattdessen beispielsweise ein Doppelpunkt gesetzt, welcher signalisiert, dass eine genauere Spezifizierung folgt An anderen Stellen wurden sehr umfangreiche, durch Semikolon verbundene Perioden auch in einzelnen Sätze getrennt Bei der Frage nach dem Umgang mit Realienbezeichnungen und der Onomastik hat sich die Manesse-Übersetzung im Sinne der «kulturell verfremdenden Übersetzung», 38 soweit möglich, für den Erhalt des ausgangssprachlichen Lexems (Entlehnung) entschieden, andernfalls für die wörtliche (denotative) Übersetzung und somit das Primat der Bezeichnung Insbesondere im ersten Kapitel von Giacinta kommt den verschiedenen Kulturspezifika eine wichtige Bedeutung als Indikatoren für Milieu, gesellschaftliches Umfeld und Figurencharakterisierung zu (und gibt dem heutigen Leser auch Aufschluss über historisch bedingte Inhalte) . 39 Indem den Mitgliedern der Salongesellschaft im Verlauf des Romans detailliert gehobene (berufliche) Funktionen («procuratore del re», «ricevitore del registro», «colonnello», «avvocato») sowie Titel und Rangkennzeichnungen («conte», «commendatore») zugeschrieben werden, entsteht vor den Augen des Lesers ein klar umrissenes Gesellschaftsporträt des italienischen Ottocento Es ist die Welt der Borghesia, deren Gastgeberin (Giacintas Mutter) sich wohl auch ein wenig mit fremden Federn zu schmücken versucht, indem sie sich mit den Honoratioren der Stadt umgibt Diese Informationen werden zudem subtil über die Erwähnung von bestimmten Gegenständen der Saloneinrichtung, über Gepflogenheiten, Aussehen oder Verhaltensweisen verstärkt Ebenso wurden Lexeme wie Tresette und Briscola im ersten Kapitel wegen des Lokal- und Milieukolorits in ihrer ursprünglichen Form ohne erklärenden Zusätze übernommen, da aus dem Kontext klar hervorgeht, dass es sich hierbei um Kartenspiele handelt Eine genauere Spezifizierung der Begriffe findet sich, den Gepflogenheiten von Manesse folgend, in dem erläuternden Anhang Im Fall des Commendatore (ebenfalls Kap 1) gestaltet sich die Lage etwas schwieriger, da der italienische Begriff dem deutschsprachigen Leser nicht unmittelbar geläufig sein dürfte Die inhaltlich entscheidende, konnotative Information allerdings kann der Rezipient auch der italienischen Form entnehmen: Es handelt sich um eine (ehrenvolle) Bezeichnung, um einen ‚Titel‘ Die Alternative einer wörtlichen Übersetzung als «Komtur» wäre (im Sinne von «geistlicher Ordensritter») nicht überzeugend gewesen Dem italienischen Leser damals wie heute dürfte der Begriff als Ehrentitel für den Träger eines Ordens hingegen geläufig sein Es dürfte sich im Falle des hier betitelten Commendatore Savani um einen Verdienstorden 3 Grades, das Kommandeurskreuz handeln, das als Ordine della Corona d’Italia (Ver- 2_IH_Italienisch_76.indd 41 23.12.16 09: 52 Luigi Capuanas Giacinta Angela Oster / Stefanie Römer 42 dienstorden der Krone Italiens) ab 1868 verliehen wurde . 40 Die Übersetzung hat sich also für die Option der Entlehnung mit einer ergänzenden Erklärung entschieden, nicht zuletzt auch, um auf der Hand liegenden Assoziationen des deutschsprachigen Lesers mit dem «Komtur» aus Mozarts Don Giovanni aus dem Weg zu gehen Ein letztes Beispiel sei abschließend angeführt Wie schon weiter oben erwähnt, tritt in Giacinta immer wieder eine auktoriale Erzählerstimme auf, die kommentierende oder auch wertende Akzente setzt Dies geschieht zum einen über affektiv gefärbte Adjektive wie «la povera bimba», 41 gerne benutzt Capuana aber auch Diminutive oder Pejorative, die den beschriebenen Sachverhalten eine subjektiv-emotionale Färbung verleihen und den Text darüber hinaus literaturwissenschaftlich mit besonderen Akzenten versehen Dies ist etwa der Fall bei der kleinen Giacinta, die völlig sich selbst überlassen aufwächst, Tag für Tag über das Land streift und völlig verwildert Gerade zu Beginn von Giacinta finden sich leitmotivische Metaphern aus dem Bereich ‘Wildheit’, ‘Natur’ sowie ‘Flora und Fauna’ Die Übersetzung ist angehalten, diese hintergründigen metaphorischen Verweise auch im zielsprachlichen Text zu erhalten Im vorliegenden Fall gerät die Übersetzung durch die Polysemie des Begriffes orso in einen Konflikt zwischen zwei Extremen: einer möglichst dem Wortlaut entsprechenden Version und einer sinnerhaltenden Adaptation In einem ersten Schritt evoziert Capuana durch die metaphorische Ersetzung von «Giacinta» durch «orsacchina» (= Bärenjunges) die Symbolik der wilden, ungezähmten Natur und beschreibt Giacintas Verhalten (eine Mischung aus Trotz, Scheu und Angst) beim sporadischen Pflichtbesuch der Mutter als abweisend und verstockt Das Lexem orsacchina, das in gängigen Lexika nicht zu finden ist, 42 offenbart zudem ein Problem auf diachroner Ebene, da es sich um einen veralteten bzw ungebräuchlichen Begriff handelt Kurz darauf bedient sich Signora Marulli einer alltagssprachlich verankerten metaphorischen Redewendung, als ihr wenig schmeichelhaft der Ausruf «Ma è un orsa! » entfährt, 43 mit dem sie Giacinta als ‘bockig’ charakterisiert, und der ihre nicht allzu mütterlichen Gefühle verrät Den schroffen Aussagecharakter dieser feststehenden Redewendung (im Sinne von ‘Eigenbrötler’, ‘komischer Kauz’, ‘sturer Bock’) versucht die Mutter direkt im Anschluss durch das Diminutiv «un’orsacchina» zu relativieren, 44 das hier nun eben, anders als weiter oben, einen anderen konnotativen Charakter erhält, indem durch die Verniedlichung der erfolgte Fauxpas ausgeglichen und in eine scheinbar herzliche Äußerung umgewandelt werden soll . Als Strategien der Übersetzung stehen hier nun zwei mögliche Verfahren zur Auswahl: Version 1 stellt den Versuch einer möglichst eng am Original orientierten Übertragung durch den Erhalt der Denotation (orso=Bär) 2_IH_Italienisch_76.indd 42 23.12.16 09: 52 Angela Oster / Stefanie Römer Luigi Capuanas Giacinta 4 3 dar, die sich durch den im Deutschen verankerten Begriff des ‘Brummbären’ auch auf idiomatischer Ebene durchführen lässt Allerdings stellt sich hier ein Problem: Während das Bild des Bären im Original als Metapher für Wildheit, Ungezähmtheit sowie abwehrendes Verhalten versteht, überlagern in der deutschen Version andere Konnotationen das Bild des Bären (kuschelig, tapsig, niedlich, selbst ‘Brummbär’ wird tendenziell positiv konnotiert) und sind so in der Übersetzung kontraproduktiv Auch auf morphologischer Ebene ist die Lösung nicht zufriedenstellend, da hier die weibliche Genusmarkierung nicht nur verloren geht, sondern im Falle des ‘Brummbären’ sogar durch eine im Grunde inhaltlich nicht angebrachte Maskulinform ersetzt werden muss Als Lösung hat sich die Übersetzung deshalb für eine zweite, andere Version entschieden Diese Variante nutzt die Übersetzungsstrategie der inhaltlichen Perspektivenverschiebung (Adaptation), indem eine andere Tiermetapher gewählt wird, die im kulturellen Raum der Zielsprache die intendierten Konnotationen repräsentiert Auch wenn keine vollständige semantische Übereinstimmung gefunden werden konnte, sieht die Übersetzung in dem Bild der Wildkatze eine wirkungsäquivalente Lösung Die der Wildkatze zugeschriebenen Eigenschaften wie ‘nichtdomestiziert’, ‘eigensinnig’, ‘scheu’, aber auch das Bild der fauchenden Katze, die ihre Krallen zeigt, kommen dem Original in der deutschen Übertragung deutlich näher als die Bärenmetapher Die intendierte Verniedlichung von «un’orsacchina addirrittura» wird im Deutschen subtil durch eine leichte Bedeutungsverschiebung erzielt: im «wilden Kätzchen» schwingt eben nicht nur die ‘Wildkatze’ mit, sondern die Konnotation ‘junges (Haus-)Kätzchen, verspielt und niedlich’ Zudem birgt diese Lösung im Gegensatz zur ersten Version auf morphologischer Ebene den Vorteil, dass die Genusmarkierung durchweg analog beibehalten werden kann Und dass Giacinta kein harmloses (männliches) ‘Bärchen’ in Capuanas Text vorstellt, sondern eine spezifisch weibliche Figur, deren Wildheit und Stolz im Text eine tragende Funktion übernehmen, ist im Vorangegangenen detailliert analysiert worden In diesem Beispiel fusionieren Übersetzung und Interpretation auf das Engste miteinander und machen Giacinta nicht zuletzt aus diesem Grund zu einem Roman, der im 21 Jahrhundert dem nicht des Italienischen mächtigen Lesepublikum in deutschsprachigen Ländern nicht länger verschlossen bleiben sollte Die Erstausgabe der deutschen Übersetzung im Manesse-Verlag verschafft hier künftig Abhilfe Abstract. Sebbene le opere più mature di Luigi Capuana come Il marchese di Roccaverdina o le sue Fiabe italiane siano disponibili in una traduzione tedesca, il pubblico tedesco finora ha dovuto rinunciare al suo primo romanzo Giacinta In primavera del 2017 però, la casa editrice Manesse, 2_IH_Italienisch_76.indd 43 23.12.16 09: 52 Luigi Capuanas Giacinta Angela Oster / Stefanie Römer 4 4 Monaco, pubblicherà questa «vera opera d’arte» dimenticata in una traduzione di Stefanie Römer, postfazione di Angela Oster Il saggio presente ricapitolerà alcuni degli aspetti, ragionamenti e risultati scientifici più interessanti, che hanno accompagnato e influenzato il processo della traduzione Contrariamente alla tradizione editoriale italiana, la traduzione tedesca si fonda sulla prima edizione del 1879, la cui pubblicazione provocò uno scandalo letterario E infatti il Capuana, che dichiarò «di aver scritto un libro né ipocrita né immorale», scelse un soggetto allora tutto nuovo, un ‘vero’ «caso di patologia morale» (discorso narrativo, che è rimasto fino ad oggi nel focus del interesse scientifico) Benché la prima Giacinta non mostri ancora chiaro e tondo tutte le tipiche caratteristiche «veriste» come la impersonalità, il romanzo rivela già le idee artistiche del Capuana, ed è ricco di una lucidità nonché di sfumature ed effetti, che si perderanno nelle future edizioni rivedute dall’autore del 1886 e del 1889 Pur essendo in fondo un grande sostenitore del naturalismo francese, Capuana comincia ben presto a sviluppare una sua teoria dell’arte concentrandosi sulla «forma» e sul «vero» (comprese tutte le faccette emozionali, per non dire psicologiche dei sui personaggi), che lo allontanerà sempre di più dal suo idolo Zola (cioè dal concetto di milieu e hérédité) e lo renderà uno dei più importanti rappresentanti del verismo con un suo stile individuale Capuana, abile giocatore di parole, dà a tutto quello un significato affatto nuovo e sorprendente, e fa capire al lettore attento che ci sono anche delle verità scritte tra le righe Fu proprio questa politonalità su diversi livelli linguistici, semantici e simbolici una delle grandi sfide per la traduzione, che perciò scelse un approccio ermeneutico per soddisfare le esigenze dell’originale anche nella versione tedesca, di cui alcuni processi e decisioni verranno discussi nel presente saggio Anmerkungen 1 Vgl . zu diesem Text: Oster 2016 2 Luigi Capuana, Giacinta, übers . von Stefanie Römer, Nachwort von Angela Oster, München: Manesse 2017 3 Der vorliegende Aufsatz verdankt sich einer äußerst produktiven Kooperation beider Autorinnen und fusioniert viele gemeinsame Gespräche und Notizen zum Thema, sowie die von Angela Oster betreute Masterarbeit von Stefanie Römer im Rahmen des Studiengangs «Literarisches Übersetzen» an der LMU München («Luigi Capuana: Giacinta Erstübersetzung und Kommentar») sowie die beiden Vorträge der Autorinnen an der Universität Hamburg/ Italienisches Kulturinstitut am 3 . Juli 2015 zum Thema: «Eine italienische Madame Bovary? Zum Übersetzungsprojekt Giacinta» (im Rahmen der Tagung «Luigi Capuana . Zwischen Realismus und Spiritismus») . Die Anmerkungen zur literaturwissenschaftlichen Interpretation stammen hauptsächlich von Angela Oster 2_IH_Italienisch_76.indd 44 23.12.16 09: 52 Angela Oster / Stefanie Römer Luigi Capuanas Giacinta 4 5 (und greifen in diesem Aufsatz Passagen aus dem Manesse-Nachwort auf; vgl . Anm . 2); diejenigen zur Übersetzung des Romans weitgehend von Stefanie Römer 4 Vgl . Madrignani 1970, S . 288 5 Für das Manesse-Projekt wurde eines der wenigen noch existierenden Exemplare der ersten Auflage von 1879 in der Bayerischen Staatsbibliothek München (Heyse-Archiv) konsultiert; im vorliegenden Aufsatz wird aus praktischen Gründen die Ausgabe von Mondadori (im Folgenden als Sigle: Capuana 14 1980) herangezogen: Luigi Capuana, Giacinta secondo la 1a edizione del 1879, a cura di Marina Paglieri (1 . ed ., 5 . rist . ed .), Milano: Mondadori 1980 . Um die Verlässlichkeit der Mondadori-Ausgabe zu garantieren, wurde ein stichprobenartiger Vergleich mit dem Original vorgenommen, der folgende Schlüsse zulässt: Die Mondadori-Ausgabe hält sich bis auf wenige, minimale Abweichungen (Beispiele für Modifikationen: Präposition sur ➝ sul, Akzente perchè ➝ perché) akribisch an das Original aus dem Jahr 1879 6 Vgl . dazu Meter 1986, S . 2 7 Regn hat seine Überlegungen zusammengefasst in: Regn 2011 . Daran anschließend vgl . die Beiträge von Nelting 2008 sowie Scholler 2014 8 Vgl . Meter: 1986, S . 4 . Vgl . ähnlich Romboli: 2007, dort S . 86 9 Vgl . Madrignani, passim . Die Bewunderung für seine intellektuellen ‚Ziehväter‘ findet ihren Niederschlag auch in Capuanas Giacinta, wo in der zweiten Hälfte des Romans die Figur des Doktor Follini in ihrer wissenschaftlichen Orientierung in Hinblick auf die genannten prominenten Namen charakterisiert wird (vgl . Capuana: 14 1980, S . 160 f .) 10 Capuana 1994, S . 47 f 11 Ebd ., S . 36 12 Capuana 14 1980, S . 2 13 Capuana 14 1980, S . 161 . So ordnet Regn Giacinta dem Dekadenzdiskurs (des französischen Naturalismus) im Sinne eines wissenschaftlichen Begriffes zu, der den Verfall und den «biologischen Niedergang» (Regn 2011, S . 217) umfasst . Dieser «medizinanthropologische Diskurs» (ebd .) stößt nicht nur in wissenschaftlichen Kreisen auf reges Interesse, sondern findet auch beim Laienpublikum im Ottocento großen Anklang und wird von den zeitgenössischen literarischen Strömungen aufgegriffen . Neue Entdeckungen und Ideen wie Darwins Evolutionstheorie, die medizinischen Ansätze eines Claude Bernard, Jean-Martin Charcots neurologische Studien oder Cesare Lombrosos atavistische Gedankenkonstrukte, um nur einige zu nennen, bringen gesellschaftliche und anthropologische Diskussionen in Gang, die ihren Niederschlag auch in der Literatur finden 14 Capuana 14 1980, S . 49 15 Vgl . hierzu Nelting 2009, S . 254, demzufolge Curare im narrative Kontext als Indiz für den zentralgestellten positivistisch-szientistischen Bezug als «Darstellungsgegenstand der Narration» steht 16 Dass Capuana ohne Zweifel einen Selbstmord im Sinn hatte, ist seinem Vorwort zur dritten Fassung explizit zu entnehmen, wo er schreibt: «E quando Giacinta, visto crollato ogni suo sogno di felicità, si punse disperatamente con lo spillo intinto nel curare, e Andrea esalò il suo egoismo d’amante in un triste respiro di sollievo […] .» (Luigi Capuana, Giacinta . 3a edizione riveduta con prefazione dell’ autore, Catania: Giannotta 1889, S . XII) . - Allerdings kommt Giacintas Todeskampf in Capuanas ‚scrittura‘ indirekt meisterhaft zur Sprache, nämlich im parallel stattfindenden Abendspaziergang Andreas, dessen Weg von einer Isotopie des Agonalen, Sterbenden, Funebren begleitet wird: «Quando si trovò innanzi […] come qualcosa di funebre»; «i scarsi fanali agonizzavano», «lanterna così smorta»; «come qualcosa di funebre»; «Era inzuppato di umido»; «già cominciava a piovigginare» (Capuana 14 1980, S . 211 f .) 2_IH_Italienisch_76.indd 45 23.12.16 09: 52 Luigi Capuanas Giacinta Angela Oster / Stefanie Römer 4 6 17 Capuana 14 1980, S . 211 18 Capuana 14 1980, S . 157 19 Vgl . dazu Regn 2011, S . 222 f 20 Vgl . hierzu Regn 2011, S . 229 f 21 Vgl . zum ‚Spiritismus‘ Capuanas den Beitrag von Ornella Fendt in diesem Heft 22 Vgl . im Originaltext Capuana 14 1980, S . 32 23 Capuana 14 1980, S . 32 24 Vgl . die überzeugenden Ausführungen bei: Regn 2011, S . 235 ff 25 Capuana 14 1980, S . 171 26 Capuana 14 1980, S . 52 27 Capuana 14 1980, S . 58 28 Capuana 14 1980, S . 39 29 Vgl . Theweleit 2000, passim 30 Capuana 14 1980, S . 39 31 Capuana 14 1980, S . 40 32 Deshalb sind ‘Mann’ und ‘Frau’ im Sinne der modernen Gender-Theorien hier auch nicht als moralisierende, sondern ideologisierende Kategorien zu verstehen, d .h . in Capuanas Romanwelt gibt es keine ‘bösen’ Männer, denen ‘unschuldige’ Frauen gegenüberstünden, sondern es handelt sich um soziale Mechanismen von Macht und Ohnmacht 33 Capuana 14 1980, S . 32 34 Capuana 14 1980, S . 2 35 Capuana 14 1980, S . 6 36 Capuana 14 1980, S . 48 . Ein Beispiel hierfür findet sich auch in Kapitel III, wo sich Capuana des discorso indiretto libero bedient, als er Camillas ununterbrochenen Redefluss darstellt 37 Vgl . Caliri 1980, S . 17, 19 38 Vgl . Schreiber 1993, S . 183 39 Weiterführende Informationen zu den gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Gegebenheiten Ende des Ottocento sind zu finden in: Ferraboschi 2003 und Bruni 2011 40 Vgl . Cartone 1984, S . 47 41 Capuana 14 1980, S . 27, 33 42 Vgl . Zingarelli 11 1986, S . 1293): «orso (fig .) persona burbera e poco socievole: è un orso e non esce quasi mai di casa; non fare l’orso e cerca d’essere un po’ gentile! » 43 Capuana 14 1980, S . 20 44 Ebd Bibliographie Capuana, Luigi: Giacinta, übers . von Stefanie Römer, Nachwort von Angela Oster, München: Manesse 2017 Capuana, Luigi: Per l’arte, Napoli u .a .: Ed . Scientifiche Italiane 1994 Capuana, Luigi: Giacinta . 3a edizione riveduta con prefazione dell’ autore, Catania: Giannotta 1889 Capuana, Luigi: Giacinta secondo la 1a edizione del 1879, a cura di Marina Paglieri (1 . ed ., 5 . rist . ed .), Milano: Mondadori 1980 Bruni, Emanuela: La donna in Italia 1848-1914, Milano: Silvana 2011 2_IH_Italienisch_76.indd 46 23.12.16 09: 52 Angela Oster / Stefanie Römer Luigi Capuanas Giacinta 47 Caliri, Francesco: Il primo Capuana . La prosa narrativa: aspetti e problemi linguistici, Roma: Editrice Herder 1980 Cartone, Massimo: Ordini Cavallereschi del regno d’Italia, Milano: Federico Motta 1984 Ferraboschi, Alberto: Borghesia e potere civico a Reggio Emilia nella seconda metà dell’Ottocento 1859 - 1889, Soveria Mannelli (Catanzaro): Rubbettino 2003 Gadebusch Bondio, Mariacarla: «La vita oltre la morte: spiritismo, ipnotismo ed esperienze metapsichiche nei romanzi e nelle novelle di Capuana», in: Italienisch Nr . 38/ November 1997, S . 38-50 Madrignani, Carlo A .: Capuana e il naturalismo, Bari: Laterza 1970 Meter, Helmut: Figur und Erzählauffassung im veristischen Roman . Studien zu Verga, De Roberto und Capuana vor dem Hintergrund der französischen Realisten und Naturalisten, Frankfurt am Main: Klostermann 1986 Nelting, David: «Positivismus und Poetik . Überlegungen zur doppelten Wirklichkeitsmodellierung in Germinie Lacerteux und Giacinta», in: Romanistisches Jahrbuch 59 (2008), S . 238-261 Oster, Angela: «Novecento nord/ sud . Verità e punti cardinali nello specchio d’Europa (Luigi Capuana, Leopoldo Franchetti e Sidney Sonnino)», in: Localisations de l‘EuropeSémiotiques culturelles des points cardinaux (=Babel . Littératures plurielles 32/ 2016), hrsg . von Sebastian Neumeister und Stefanie Wodianka; abrufbar unter: http: / / babel .revues .org/ 4314 Regn, Gerhard: «Genealogie der Dekadenz: Moralpathologie und Mythos in Capuanas Giacinta», in: Romanistisches Jahrbuch 62 (2011), S . 215-239 Romboli, Floriano: «L’arte ‘impersonale’ e l’opera romanzesca di Luigi Capuana», in: Il verismo italiano fra naturalismo francese e cultura europea, a cura di Luperini, Romano, San Cesario di Lecce: Manni 2007, S . 83-118 Scholler, Dietrich: «Verismus und Diskurskritik . Anmerkungen zu Luigi Capuanas Giacinta», in: Anfänge vom Ende . 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