eJournals Italienisch 38/76

Italienisch
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Narr Verlag Tübingen
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2016
3876 Fesenmeier Föcking Krefeld Ott

XXXI. Romanistisches Kolloquium 2016 in Mannheim: «Geschichte des Fremdsprachenstudiums in der Romania»

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2016
Sarah Kristin Völkel
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Mitteilungen 161 XXXI. romanistisches Kolloquium 2016 in Mannheim: «geschichte des fremdsprachenstudiums in der romania» «Der Blick zurück nach vorn» - so könnte das inoffizielle Motto des XXXI Romanistischen Kolloquiums geheißen haben, das vom 26 bis 28 Mai an der Universität Mannheim stattfand und sich mit der Geschichte des Fremdsprachenstudiums in der Romania beschäftigte Im Mittelpunkt standen dabei sowohl die Betrachtung signifikanter Entwicklungsprozesse des Fremdsprachenstudiums in europäischen romanischen Ländern als auch der Unterricht der romanischen Sprachen als Fremdsprachen, die aus einer diachronen Perspektive betrachtet wurden Der Schauplatz des traditionsträchtigen Mannheimer Barockschlosses hätte dabei nicht passender gewählt sein können, um durch den Rückgriff auf historische Entwicklungen den Blick für neue Perspektiven des Fremdsprachenstudiums zu schärfen In diesem Sinne eröffnete Elton Prifti (Mannheim) als Gastgeber die 31 Edition des Romanistischen Kolloquiums mit einer thematischen Einleitung Im Anschluss daran zeichnete Mitorganisator Wolfgang Dahmen (Jena) zunächst die 30jährige Tradition des Kolloquiums nach, um schließlich mit der Staffelholzübergabe an Elton Prifti den seit zwei Jahren begonnenen personellen Umbruch der traditionsreichen Kongressreihe als Möglichkeit zum Austausch zwischen Romanistinnen und Romanisten voranzutreiben Das Kolloquium war damit auch ein Aufeinandertreffen des bisherigen Organisatorenteams bestehend aus den Gründungsmitgliedern Wolfgang Dahmen, Günter Holtus, Johannes Kramer, Michael Metzeltin, Otto Winkelmann und Wolfgang Schweickard mit ihren jeweiligen Nachfolgern Elton Prifti, Anja Overbeck, Lidia Becker, Julia Kuhn, Christina Ossenkop sowie Claudia Polzin-Haumann Eine Neuerung des diesjährigen Kolloquiums, die besonderer Erwähnung bedarf, stellte die starke Anbindung der Studierenden an das Kolloquium dar, die sich unter der Leitung von Elton Prifti mit dem Thema der Sprachnorm(en) und der Didaktik romanischer Sprachen aus diachroner Perspektive beschäftigt hatten Unter dem Titel «Les mots voyant autant que les hommes» eröffnete Sylvia Thiele (Mainz) die Vortragsreihe des Kolloquiums, indem sie die Potentiale der Mehrsprachigkeitsdidaktik in dia- und synchroner Perspektive beleuchtete Während sie anhand einer kontrastiven Gegenüberstellung von Lehrwerken von Giovanni bis hin zu Fabro ab dem 16 Jahrhundert eine Variation der Struktur und Motivation der Zielgruppe herausstellen konnte, bildeten sich Parallelen im Hinblick auf methodische Herangehensweisen in Form eines deskriptiv-vergleichenden Zugangs zu grammatikalischen und lexikalischen Elementen heraus In Bezug auf die aktuelle Mehrsprachigkeitsdidaktik betonte die Vortragende zudem das große und zu oft ungenutzte Potential der mehrsprachigen Fremdsprachenlerner für den Fremdsprachenunterricht 2_IH_Italienisch_76.indd 161 23.12.16 09: 52 Mitteilungen 162 Maria Selig (Regensburg) betitelte ihren Vortrag «Fremde Sprachen/ Fremdsprachen als Forschungsgegenstand der historisch-philologischen Sprachwissenschaft des 19 Jahrhunderts» Hierbei skizzierte sie die zu der Zeit der Einrichtung der Romanistik als universitäre Disziplin vorherrschende Betrachtung des Französischen, Italienischen und Spanischen als fremde Sprachen, die deren Funktion als Kommunikationsinstrumente unberücksichtigt lasse Die Wandlung weg vom Interesse an der Konstitution der romanischen Sprachen als Gegenstand der Forschung vollziehe sich schließlich erst gegen Ende des 19 Jahrhunderts als entscheidende historische Wende in der Geschichte der Romanistik Den ersten Vortragstag beschloss Esme Winter-Froemel (Trier) mit ihrem Beitrag «‘Por esto dicen que más ven cuatro ojos que dos‘: Kontrastive Ansätze in der Geschichte der Fremdsprachendidaktik des Spanischen in Italien» Im Zuge des Vergleiches der beiden Spanischlehrwerke Gramática de la lengua castellana von Nebrija (1492) und dem Diálogo de la lengua von Valdés (1535) konnte die Referentin vor allem in Bezug auf letztgenanntes die Aktualität des gewählten didaktischen Zuganges herausstellen: so gelten die nuancierte, sprecherbezogene Berücksichtigung kontrastiver Perspektiven, die Ausrichtung auf den Lerner durch die Dialogform und die explizite Thematisierung von Erwerbsschwierigkeiten als Aspekte, die ihre Bedeutung auch in der heutigen Fremdsprachendidaktik keinesfalls eingebüßt hätten Der zweite Tag des Kolloquiums begann mit Sabine Erharts (Luxemburg) Plädoyer für eine Vielfalt der Zugänge zur französischen Sprache Unter dem Motto «Romania diversa» berichtete die Referentin über ihre Forschungserfahrungen in unterschiedlichen sprachökologischen Kontexten in Luxemburg, Rumänien, Neukaledonien, den frankophonen Gebieten des Indischen Ozeans sowie in Teilen von Sibirien und hob dabei besonders das Tandemmodells als erfolgreichen nicht-institutionellen Zugang zum Fremdspracherwerb hervor Im Anschluss daran präsentierte Nadine Rentel (Zwickau) ihre Analyse der didaktischen Konzeption deutschsprachiger Italienischlehrwerke von 1930 bis zur Gegenwart Dass Methoden aus früheren Zeiten nicht notwendigerweise als überholt gelten müssen, konnte Rentel hierbei eindrucksvoll unterstreichen: schon die weit vor der kommunikativen Wende in der Fremdsprachendidaktik in den 1970er Jahren veröffentlichten Lehrwerke des 20 Jahrhunderts wie beispielsweise die Kleine Italienische Sprachlehre (Sauer, 1924) zeigten erste pragmalinguistische Ansätze, auch wenn sich das Konkurrenzverhältnis zwischen sprachlicher Korrektheit und kommunikativer Kompetenz erst in den 90er Jahren in Richtung der kommunikativen Adäquatheit verschiebe Das Thema der Fremdsprachendidaktik aufgreifend, widmete sich Daniel Reimann (Duisburg-Essen) der Untersuchung der Geschichte der 2_IH_Italienisch_76.indd 162 23.12.16 09: 52 Mitteilungen 16 3 Didaktik der romanischen Sprachen in Deutschland als Teildisziplin der Romanischen Philologie Er konnte ein weitgehendes Fehlen der Fremdsprachenforschung im engeren Sinne im 19 Jahrhundert konstatieren, verwies aber gleichzeitig auf die Herausbildung einer Fremdsprachendidaktik ante litteram ab 1840 begünstigt durch die Ausweitung des Fremdsprachenunterrichts und der Institutionalisierung der Lehrerbildung Mit Blick auf die Zukunft hob Reimann schließlich die positive Entwicklung der romanistischen Fremdsprachendidaktik hervor, die in den 1960er/ 70er Jahren an den Hochschulen eingeführt wurde und zunehmend mit Ansätzen der empirisch orientierten Sprachlehrforschung gekoppelt werde Danach wandte sich Johanna Wolf (Salzburg) der Frage «Muss der Sprachunterricht umkehren? Und wenn ja, wohin? » zu und untersuchte dabei (alte) methodische Debatten im Licht neuerer Erkenntnisse aus Psycho- und Neurolinguistik in Bezug auf ihre Relevanz für den Fremdsprachenunterricht romanischer Sprachen Das Dominanzverhältnis der mündlichen Sprachkompetenz unterzog die Vortragende einer kritischen Betrachtung und warnte vor einer zu starken Fokussierung auf den Aspekt der Mündlichkeit, der zu einer Vernachlässigung des gesicherten Grammatikerwerbs führen und damit das Erreichen von muttersprachlicher Strukturen verhindern könne Abschließend erinnerte sie daran, dass das Sprichwort «Übung macht den Meister» nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt habe und plädierte folglich für eine größere Berücksichtigung von Erkenntnissen über die Rolle des Gedächtnisses oder Automatisierungsprozesse qua Imitation und Frequenz in fremdsprachlichen Lehrwerken Am Nachmittag nahm Aline Willems (Köln) die Kolloquiumsteilnehmer mit auf eine Reise auf die Balearen: in ihrem Vortrag zu der Entwicklung der fremdsprachlichen Studien auf den Balearen zeichnete sie die Geschichte der erst 1978 gegründeten Universitat de les Illes Balears und deren Vorgängerinstitut, dem Estudio General nach, das im späten Mittelalter zur Christianisierung und Ausbildung von Klerikern sowie zur Verbreitung der Lehren von Ramon Llull ins Leben gerufen wurde Neben der Hervorhebung der besonderen Rolle der Grammatikschulen als Vorbereitung für das Universitätsstudium in der Vergangenheit nahm Willems schließlich auch Bezug auf das heutige Fremdsprachenangebot der UIB in Zeiten der Erasmusmobilität Zum Abschluss des zweiten Vortragstages referierte Bàrbara Roviró (Bremen) über die Entwicklung der Katalanistik als akademische Disziplin im Rahmen der romanistischen Forschung und Lehre mit besonderer Betonung auf der langen Tradition des Katalanischunterrichts, dessen Anfänge auf universitärer Ebene bereits im 16 Jahrhundert zu verzeichnen sind Zusätzlich erinnerte Roviró an die besondere Situation der Lehrsprache 2_IH_Italienisch_76.indd 163 23.12.16 09: 52 Mitteilungen 16 4 Katalanisch, die häufig kein selbständiges Fach, sondern lediglich eine Zweigstelle der Hispanistik darstelle und unter der mangelnden Wahrnehmung in Gesellschaft und Politik leide Die Notwendigkeit, Katalanisch als eigene Sprache sichtbar zu machen hervorhebend, plädierte sie für die wünschenswerte Erweiterung der Funktionalität des Katalanischen innerhalb der akademischen Welt Den Beginn des letzten Kolloquiumstages markierte der Vortrag von Alexander M Kalkhoff (Regensburg) rund um die Geschichte des Universitätsfaches der Romanischen Philologie seit seiner Entstehung an deutschen Universitäten zwischen 1820 und 1890 Neben der Betonung der institutionellen Faktoren, die die Herausbildung des neuphilologischen Seminars an deutschen Universitäten begünstigten, skizzierte Kalkhoff auf detaillierte Art und Weise die Veränderung des Sprachlehrertypus hin zu der Figur des Neuphilologen, wobei er betonte, dass die Entwicklungen, die die Philologie in Deutschland an den Lehrerberuf binden, im Kontrast stehen zu den Entwicklungen des restlichen Europas Lukas Eibensteiner (Mannheim) arbeitete im Rahmen des letzten Vortrags des Kolloquiums mit seiner Betrachtung der Aspekte des Fremdsprachenstudiums des Französischen in Spanien zwischen dem 16 und dem 19 Jahrhundert die methodische Aktualität älterer Lehrwerke heraus Besonders anhand der Ende des 18 Jahrhundert veröffentlichten Grammatik El arte de hablar bien francés o Gramatica completa von Chantreau konnte er aufzeigen, dass die dort verwendeten sprachvergleichenden Ansätze, die Betonung der Bedeutung der L1 für den Spracherwerb genauso wie der positive Transfer als Lernstrategie auch für die heutige Fachdidaktik von großem Nutzen seien Die Erkenntnis, dass die Herausbildung von neuen Perspektiven im Hinblick auf das Fremdsprachenstudium in der Romania und das Studium der romanischen Sprachen als Fremdsprachen besonders durch den Blick in die Vergangenheit begünstigt wird, wurde damit abschließend erneut unterstrichen Im Rahmen des Kongressdinners trat der studentische Romanistenchor des Romanischen Seminars der Universität Mannheim auf und trug unter anderem aromunische, okzitanische und portugiesische Lieder vor Zum Abschluss des XXXI Romanistischen Kolloquiums richteten Elton Prifti und Wolfgang Dahmen herzliche Dankes- und Abschiedsworte an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer Lidia Becker (Hannover) kündigte das XXXII Romanistische Kolloquium an, welches im kommenden Jahr in Hannover stattfinden wird Sarah Kristin Völkel 2_IH_Italienisch_76.indd 164 23.12.16 09: 52