Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
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2010
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Einzelpreis: 15,00 EUR Qualität von Ausweichrouten Telematiksysteme Antidumpingregeln für den Luftverkehr Lenk- und Ruhezeiten in der Tourenplanung Online-Frachtenbörse Logistikdrehscheibe Arabische Halbinsel Nr. 11 Nov. 2010 62. Jahrgang Nr. 11 Nov. 2010 62. Jahrgang 19/ 10 10. Mai 2010 w w w.railbusines s.de IS SN 1867-2728 Der wöchentliche Branchenreport von Eurailpress und DVZ B U S I N E S S 10.5.2010 | 19/ 10 1 DB schlachtet 7000 Wagen aus Güterverkehr Gesetzesnovelle soll Zugang zu Werks- und Industriebahnen schaffen Infrastruktur In dieser Ausgabe: Foto: Richter Wenn mehr als ein Kunde daran hängt, sollen auch Industriebahnen geöffnet werden. 29/ 10 19. Juli 2010 w w w.railbusines s.de IS SN 1867-2728 Der wöchentliche Branchenreport von Eurailpress und DVZ B U S I N E S S 19.7.2010 | 29/ 10 1 Jahrbuch des Bahnwesens 1. Eisenbahnpaket: CER verzögert Recast Wettbewerb Kallas: „DB-Netz-Manager richten sich nach Interessen der Holding“ Vertragsverletzungsverfahren In dieser Ausgabe: Foto: Louvet Der EU-Verkehrskommissar: „Es gibt keine Unabhängigkeit bei der Entscheidungsfindung.“ Jetzt kennenlernen und Probeabo bestellen: www.railbusiness.de Wirtschaftsinformationen aus erster Hand Europäische Bahnen '11 Erscheinungstermin: November 2010 NEU: Alle Daten auf CD-ROM NEU: Alle privaten & staatlichen Bahnen - detaillierte Infos zu 1.100 Bahnen regulärer Preis: 127,- € (inkl. MwSt., zzgl. Versand), rabattierter Preis (für Rail.Business Abonnenten): 99,-€ (inkl. MwSt., zzgl. Versand) Details zum Buch unter www.eurailpress.de/ eb Verzeichnis der Eisenbahnverkehrs- und Infrastrukturunternehmen 4/ 10 U1_U2_Titel_EPV.indd 1 23 Rail Business, der Wirtschaftstitel für den gesamten Schienenverkehrsmarkt. ’ Wöchentlich: Ausführlicher Branchenreport mit Hintergrundberichten, Analysen und Kommentaren ’ Täglich: Aktuelle Nachrichten aus allen Bereichen des Marktes ’ Express: Eilmeldungen zu wichtigen Ereignissen und Anlässen ’ Vierteljährlich: Spezielle Management-Journale zu Topthemen Mehr als 1000 Seiten Nutzwert-Informationen im Jahr . Recherchiert und exklusiv aubereitet für Sie vom Redaktionsteam aus dem Hause von Eurailpress und DVZ. Neu! Editorial 3 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Verkehrsplaner haben ziemlich genaue Vorstellungen wie sich die Verkehrsströme der Zukunft durch die Infrastruktur bewegen sollen. Im Wesentlichen stützen sie sich dabei auf die Möglichkeiten, die ihnen interaktive Informations- und Kommunikationstechnologien bieten können. Dies nahm Prof. Dr.-Ing. Wolf-Rüdiger Runge von der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Braunschweig/ Wolfenbüttel, zum Anlass, im Rahmen einer empirischen Erhebung die heutigen Systeme auf ihre Alltagstauglichkeit hin zu untersuchen. In seinem Artikel „Qualität von Ausweichrouten“ untersuchte er die von Navigationssystemen errechneten Ausweichrouten, welche auf Grundlage der über den Traffic Message Channel zur Verfügung gestellten Daten (TMC-Daten) vom System errechnet wurden. Im Güterverkehr werden über die reine Verkehrssteuerung hinaus auch Ladungs- und Sendungsinformationen verarbeitet. In dem Artikel „Vernetzte Systeme künftig grundlegend für erfolgreiche Logistik“ von Kristina Stifter werden die Ergebnisse der von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Studie „Intelligent Cargo Systems“ mit Zukunftsszenarien für die Jahre 2020 und 2035 vorgestellt und die Potenziale der Zukunft für einen effizienten Güterverkehr aufgezeigt. Das Projekt „CODE24“ der Europäischen Union beschäftigt sich mit der Schaffung einer internetbasierten Plattform zur Koordination transnationaler Schienengüterverkehre. Prof. Dr. Stephan Zelewski, Universität Duisburg-Essen, et al. stellen in Ihrem Artikel „Online-Frachtenbörse für den transeuropäischen Schienengüterverkehr“ die Potenziale vor und stellt die Akzeptanzhürden potenzieller Nutzer dar. Neben den technologischen Weiterentwicklungen bedarf es hoch qualifizierte Fachkräfte. Das Spannungsfeld zwischen modernen Technologien und tradierten Studiengängen im Bereich der Verkehrswissenschaften beschäftigt Prof. Dr.-Ing. Fritz Busch von der Technischen Universität München. In seinem Artikel „Lehre im Umbruch“ stellt er uns die besonderen Herausforderungen in der Ausbildung, die in Zusammenhang mit dem Bologna-Prozess stehen, dar. Immer komplexer werdende intelligente Verkehrssysteme erfordern, gerade im Hinblick auf die Praxis, eine stärkere Einbindung der Verkehrstelematik in die Ausbildung sowie einen stärkeren Fokus auf Anwender- und Kundensichtweisen um eine Akzeptanz zu schaffen. Eine ganz andere Fragestellung wird von Prof. Dr. Alexander Eisenkopf, Zeppelin University Friedrichshafen, et al. thematisiert. In dem Artikel „Antidumpingregeln für Luftverkehr? “ wird ein ordnungspolitisches Thema mit möglicherweise weit in die Zukunft reichenden Folgen diskutiert. Ausgehend von einer vermuteten „Marktstörung“ im Sinne des „öffentlichen Interesses“ in Bezug auf die Preisfestsetzung für Business-Class-Flüge der Fluggesellschaft Emirates auf bestimmten Relationen wurden vom Bundesamt für Güterverkehr Geldbußen von bis zu 25 000 EUR angedroht. Die Autoren schildern anhand dieses Praxisfalles aus dem Jahr 2009 eindrucksvoll die Mechanismen und Interessenlagen im Luftverkehr und leiten über zu Anregungen, wie der Luftverkehr aus wettbewerbspolitischer Sicht in Zukunft gestaltet werden könnte. Ich freue mich, Ihnen die Zukunftsthemen des Verkehrs von morgen überreichen zu können. Viel Freude bei der Lektüre der Novemberausgabe wünscht Ihnen Frank Straube Impressum 4 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Herausgeberbeirat Internationales Verkehrswesen Fachzeitschrift für Wissenschaft und Praxis Organ der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. ISSN 0020-9511 Mitglied/ Member: L e s e r u n d A b o n n e n t e n s e r v i c e Tel: (040) 23714-260 Fax: (040) 23714-243 Eine Publikation der DVV Media Group DVV Media Group Vertrieb Inga Doris Langer Bezugsgebühren: Inland EUR 146,00 (inkl. Porto zzgl. 7 % MwSt.), Ausland EUR 154,00 (inkl. Porto). Mitglieder der DVWG erhalten die Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Einzelheft: EUR 15,00 (im Inland inkl. MwSt.) Bezugsbedingungen: Die Laufzeit eines Abonnements beträgt mindestens ein Jahr und kann danach mit einer Frist von sechs Wochen jeweils zum Ende einer Bezugszeit gekündigt werden. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlags oder infolge höherer Gewalt kann der Verlag nicht haftbar gemacht werden. Copyright: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags vervielfältigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fällt insbesondere auch die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-Rom. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Abbildungen übernimmt der Verlag keine Haftung. Layout und Herstellung: TZ-Verlag & Print GmbH, Roßdorf Titelbild: DB Schenker Singapur Druck: Knipping Druckerei und Verlag GmbH, Düsseldorf Gerd Aberle, Dr. rer. pol. Dr. h.c., Professor emer. der Universität Gießen und Ehrenmitglied des Herausgeberbeirats Stephan Anemüller, Fachstellenleiter Veranstaltungen und Veröffentlichungen des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Köln Michael P. Clausecker, MBA, Generaldirektor des Verbandes der europäischen Bahnindustrie UNIFE, Brüssel Florian Eck, Dr., stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums e.V., Berlin Michael Engel, Dr., Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften e. V. (BDF), Berlin Ottmar Gast, Dr., Sprecher der Geschäftsführung der Hamburg-Süd KG, Hamburg Hans-Jürgen Hahn, Dipl.-Ing., MAN Nutzfahrzeuge AG, München Heiner Hautau, Prof. Dr., ehem. Präsident der DVWG, Geschäftsführer des Instituts für Stadt- und Raumplanung Instara GmbH, Bremen Alexander Hedderich, Dr., Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Schenker Rail GmbH und Mitglied des Executive Board der Deutsche Bahn AG, Berlin Gerhard Heimerl, Prof. Dr.-Ing., Dr.-Ing. E. h., Stuttgart Wolfgang Hönemann, Dr., Geschäftsführer Intermodal der Wincanton GmbH, Mannheim Christoph Klingenberg, Dr., Bereichsleiter Information Management und Chief Information Officer der Lufthansa Passage Airlines, Frankfurt/ Main Sebastian Kummer, Prof. Dr., wissenschaftlicher Leiter der ÖVG und Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik, Wien Werner Lundt, Dipl.-Ing., Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik e. V., Hamburg Klaus Milz, Prof. Dr., Chief Country Representative European Union bei Bombardier Transportation, Machelen Ben Möbius, Dr., Abteilungsleiter Infrastruktur, Verkehr und Telekommunikation des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Berlin Hans-Heinrich Nöll, Dr., ehemaliger Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Hamburg August Ortmeyer, Dr., Leiter der Abteilung Dienstleistungen und regionale Wirtschaftspolitik im Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Berlin Ronald Pörner, Prof. Dr., Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland e. V. (VDB), Berlin Annegret Reinhardt-Lehmann, Sprecherin des Bereichs Marketing, Vertriebsunterstützung und Gremien der Fraport AG, Frankfurt/ Main Tom Reinhold, Dr.-Ing., Leiter Konzernstrategie/ Verkehrsmarkt der Deutsche Bahn AG, Berlin Knut Ringat, Dipl.-Ing., Präsident der DVWG und Geschäftsführer der Rhein- Main-Verkehrsverbund GmbH, Hofheim am Taunus Jürgen Siegmann, Prof. Dr.-Ing. habil., Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb, TU Berlin, und Vizepräsident der DVWG Friedrich Smaxwil, Senior Vice President Division Mobility der Siemens Transportation Systems (TS), Erlangen Erich Staake, Dipl.-Kfm., Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG, Duisburg Wolfgang Stölzle, Prof. Dr., Ordinarius, Universität St. Gallen, Leiter des Lehrstuhls für Logistikmanagement, St. Gallen Josef Theurer, Dr. Techn. h. c. Ing., Linz Hans-Joachim Welsch, Dipl.-Kfm., Geschäftsführer der Rogesa Roheisengesellschaft Saar mbH und der ZKS, Zentralkokerei Saar GmbH, Dillingen, sowie Ehrenbeirat des Vereins für Europäische Binnenschiffahrt und Wasserstraßen e.V. (VBW), Duisburg Peer Witten, Prof. Dr., Vorsitzender des Aufsichtsrat der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Hamburg, und Sprecher der Logistik-Initiative Hamburg Herausgeber Dr.-Ing. Frank Straube, Professor an der Technischen Universität Berlin, Institut für Technologie und Management, Straße des 17. Juni 135, D-10623 Berlin, straube@logistik.tu-berlin.de Herausgeberassistenz Berlin: Axel Haas haas@logistik.tu-berlin.de Verlag DVV Media Group GmbH Postfach 101609, D-20010 Hamburg Nordkanalstr. 36, D-20097 Hamburg Telefon (040) 2 37 14-01 Verlagsleitung Technik & Verkehr Detlev K. Suchanek (verantw.) detlev.suchanek@dvvmedia.com Verlagsredaktion Dr. Bettina Guiot (verantw.), (Durchwahl: -241) bettina.guiot@dvvmedia.com Claudia Vespermann (Red.Ass., Durchw.: -182) claudia.vespermann@dvvmedia.com Telefax Redaktion: (040) 2 37 14-205 freie Mitarbeit: Kerstin Zapp kerstin.zapp@zapp4media.de Dr. Karin Jäntschi-Haucke (verantw. DVWG-Nachrichten) Anzeigen Silke Härtel (verantw. Leitung) (Durchw.: -227) silke.haertel@dvvmedia.com Sophie Elfendahl (Durchwahl: -220) sophie.elfendahl@dvvmedia.com Telefax Anzeigen: (040) 2 37 14-236 Gültig ist die Anzeigenpreisliste Nr. 47 vom 1. Januar 2010. Inhalt 5 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Infos über Infos: Telematiksysteme Effzienz ist entscheidend, um im Wettbewerb bestehen zu können. Die aktuell verfügbaren Telematiksysteme und -dienste bieten viele Ansatzpunkte, um Fuhrparkeinsatz, Fahrzeugkennzahlen und Disposition zu optimieren. Worauf dabei zu achten ist, erfahren Sie ab . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 39 Qualität von Ausweichrouten Sind Stauumfahrungen immer eine gute Wahl? In der Verkehrswissenschaft gibt es zu diesem Thema nur sehr wenige aktuelle Untersuchungen und durchaus widersprüchliche Aussagen. Daher wurden in den letzten beiden Jahren empirische Erhebungen durchgeführt - die Ergebnisse finden Sie ab . . . .Seite 13 Antidumpingregeln für Luftverkehr? Im November 2009 wurde die Fluggesellschaft Emirates unter Androhung einer Geldstrafe durch das Bundesamt für Güterverkehr zu Preisaufschlägen für bestimmte Tickets verpflichtet. Ob eine Reform des geltenden Antidumpingrechts erforderlich ist, lesen Sie ab . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 18 Rubriken Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Impressum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Kurz + Kritisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Termine + Veranstaltungen . . . . . . . . . . 7 Stellenmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Namen + Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . 8 EU-Kolumne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Industrie + Technik . . . . . . . . . . . . . . . 44 Standpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 DVWG-Nachrichten Leitwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Veranstaltungen der Bezirksvereinigungen . . . . . . . . . . . 49 Infrastruktur + Verkehrspolitik Antidumpingregeln für Luftverkehr? Anti-dumping Rules for Air Transport? Alexander Eisenkopf / Andreas Knorr / Silvia Rucinska . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Vom Tabu zur Entscheidung The long way from disregard to final decision Hendrik Ammoser . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Güterverkehr + Logistik Online-Frachtenbörse für den transeuropäischen Schienengüterverkehr Trans-European freight transport with the help of an online freight exchange Adina Silvia Bruns / Nazif Günes / Stephan Zelewski. . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Arabische Halbinsel mutiert zur Logistikdrehscheibe The Arabian Peninsula becomes a logistics platform Dirk Ruppik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Veranstaltungen 5. ÖPNV-Innovationskongress Carola Dietz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Neue Horizonte im Stadtverkehr - Innovative E-Bus-Systeme für attraktive Städte Jasmin Brändli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Technologien + Informationssysteme Qualität von Ausweichrouten The Significance of Alternative Routes Wolf-Rüdiger Runge . . . . . . . . . . . . . . 13 Aus- und Weiterbildung im Verkehrswesen Teaching and further education in the transport sector Fritz Busch / Kristina Kebeck / Daniel Monninger . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Mit Vollgas in Richtung Kunde At full throttle towards the customer Romed Kelp / Sven Wandres. . . . . . . . 33 Lenk- und Ruhezeiten in der Tourenplanung Driving and off-times in route planning Asvin Goel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Vernetzte Systeme künftig grundlegend für erfolgreiche Logistik Networked systems will be essential for successful logistics Kristina Stifter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Infos zu den Infos − Was können Telematiksysteme heute? What are telematics systems able to do now? Claudia Lippmann / Tilman Schwemin . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Vielschichtiger Markt mit hohem Innovationspotenzial Multifaceted market with high innovation potential Kerstin Zapp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Sie finden „Internationales Verkehrswesen“ im Internet unter www.eurailpress.de/ iv. Kurz + Kritisch 6 Kurz + Kritisch: Prof. Gerd Aberle zu Themen der Verkehrsbranche Andererseits hat das Entflechtungsgesetz den Ländern eine Erhöhung des Umsatzsteueranteils um einen Prozentpunkt gebracht, so dass im Prinzip hier Ausgleichsmittel zur Verfügung stehen. Offen bleibt, was die Länder aber tatsächlich für den ÖSPV bereitstellen werden, konkurrieren doch viele Bedarfe um die Länderfinanzmittel. Erschwerend kommt hinzu, dass die Regionalisierungsmittel aufgrund der Haushaltsprobleme des Bundes ebenfalls nicht völlig ungefährdet sind, weniger dem Grunde als vielmehr der Höhe nach. Der vereinbarte jährliche Steigerungsfaktor von 1,5 % ist längerfristig überdies nicht ausreichend, die Kostensteigerungen annähernd aufzufangen. Andererseits ist ein jährlicher Betrag von über 7,6 Mrd. EUR schon eine beachtliche Haushaltsgröße. Es rächt sich, dass für Investitionen, die aus Investitionszuschüssen finanziert werden, wider alle ökonomische Vernunft keine Abschreibungen von den ÖV-Unternehmen verrechnet werden. Dies schönt zwar die Ergebnisse der ÖV-Unternehmen, was alle Beteiligten in Politik und Unternehmen gern mittragen, bringt jedoch das öffentliche Nahverkehrssystem in eine gefährliche Krise. Auch verschleiert diese Praxis, wie hoch tatsächlich die öffentliche Subventionierung der ÖV- Kunden ist, deren Fahrpreise auch eine angemessene Verzinsung des investierten Kapitals neben den Abschreibungen für die unabdingbaren Ersatzinvestitionen berücksichtigen müssten. Übrigens: Für die Netzinvestitionen der DB AG, überwiegend (neben Eigenmitteln des Unternehmens) auch als Investitionszuschüsse des Bundes definiert, gilt die gleiche Verfahrensweise. Nur haben hier die GVFG-Mittel eine vergleichsweise geringere Bedeutung. Durch die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) wird jedoch hier seit ÖSPV-Investitionen: Krisenszenario für Infrastrukturmaßnahmen S eit 1967 werden auf Grundlage des Gemeindeverkehrs- Finanzierungsgesetzes (GVFG) den Ländern vom Bund zweckgebundene Finanzmittel zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden zur Verfügung gestellt. Sie betragen jährlich rund 1,65 Mrd. EUR. Etwa 55 % sind für Infrastrukturmaßnahmen des öffentlichen Straßenpersonenverkehrs (ÖSPV), also für Stadt-, Straßen-, S-Bahnen und Betriebshöfe, 45 % für den kommunalen Straßenbau bestimmt. Dem ÖSPV flossen von 1967 bis 2009 rund 35,2 Mrd. EUR aus diesen Zuweisungen zu. Damit hat das GVFG entscheidend zur Ausweitung und Modernisierung des ÖSPV in Deutschland beigetragen. Das Problem war und ist jedoch, dass diese Investitionsmittel als Investitionszuschüsse gewährt werden. Sie haben damit den kurzfristig als Vorteil erscheinenden Effekt, dass sie nicht aktiviert werden und damit keine Kapitalkosten anfallen. Langfristig resultiert hieraus jedoch der gravierende Nachteil, dass notwendige Ersatzinvestitionen ebenfalls nur aus weiteren Zuweisungen finanziert werden können, da erwirtschaftete Abschreibungen fehlen. Und hier haben die ÖSPV- Unternehmen auf entsprechende öffentliche Finanzmittel gehofft. Diese Hoffnung, die immer erheblich risikobehaftet war, gerät zunehmend zu einem Albtraum. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat den aufgelaufenen Finanzierungsbedarf für Nachholinvestitionen in Fahrwege und Betriebshöfe bei U- und Straßen-/ Stadtbahnen als Erneuerungsmaßnahmen mit 2,4 Mrd. EUR beziffert. Weiterhin fehlen nach diesen Abschätzungen bis 2025 jährlich mindestens 330 Mio. EUR für Ersatzinvestitionen, 220 Mio. werden von den Unternehmen und aus Eigenmitteln der Aufgabengträger bereitgestellt. Noch nicht berücksichtigt sind dabei die erforderlichen weiteren Ausbaumaßnahmen und die Infrastrukturen der NE-Bahnen, für die bislang keine Bundesmittel zur Verfügung stehen. Damit hat, auch wenn die Erneuerungsmaßnahmen nicht wie erforderlich aus dem GVFG finanziert worden sind, diese Finanzierungsgrundlage entscheidend Quantität und Qualität des SPV in Deutschland geprägt. In geringem Umfang haben die Länder Teile der Regionalisierungsmittel auch für Infrastrukturmaßnahmen zusätzlich eingesetzt. Dieses Finanzierungsgebäude droht ab 2014 teilweise und nach 2019 vollständig einzustürzen. Der Grund liegt in der 1. Stufe der Förderalismusreform mit einer Grundgesetzänderung, nach der die rechtliche Grundlage für das GVFG entfallen ist (neu: Entflechtungsgesetz, Art. 143c GG). Bis 2019 gilt eine Übergangsregelung, nach der vom Bund zweckgebundene Finanzmittel zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden den Ländern zugewiesen werden. Es fehlt jedoch - und das ist die Sorge der ÖSPV- Unternehmen - die bisherige Quotierung zugunsten des ÖSPV. Ab 2019 wird es dann keine Mittel des Bundes mehr für die Verbesserung der Gemeindeverkehrsverhältnisse geben. INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Termine + Veranstaltungen Weitere Veranstaltungstermine finden Sie im Internet unter www.dvz.de, www.eurailpress.de und www.dvwg.de 2009 eine Lösung der Ersatzinvestitionsproblematik errreicht. Davon können die ÖSPV-Unternehmen und die Städte und Gemeinden nur träumen. In der Realität angekommen: Schienen- und Straßeninvestitionen D ie Hoffnung war weit verbreitet, dass angesichts der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur die Budgetansätze im Bundeshaushalt 2011 doch noch angehoben werden könnten. Seit Mitte September sind jedoch die neuen Vorzeichen unübersehbar und auch nicht wieder umkehrbar. In den kommenden vier Jahren werden nur jeweils 9,75 Mrd. EUR für die Bundesfernstraßen, das Schienenetz der DB AG und die Wasserstraßen zur Verfügung stehen und nicht die geforderten, erhofften und auch von der Politik weitestgehend als erforderlich anerkannten 12 Mrd. EUR. Für die Straßen werden 5,8 Mrd, für das Schienennetz 3,89 Mrd. und für die Wasserstraßen 0,88 Mrd. EUR festgeschrieben. Das bedeutet, dass für die Fernstraßen der erforderliche Ersatzinvestitionsbedarf um rd. 400 Mio. EUR p. a. unterschritten wird - eine besorgniserregende Entwicklung angesichts des bereits aufgelaufenen Schadanteils an Autobahnen und Brückenbauwerken. Beim Schienennetz sieht die Finanzierung der Ersatzinvestitionen durch die LuFV mit jährlich (nominal) 2,5 Mrd. EUR und Eigenmitteln der DB AG von 0,5 Mrd. EUR deutlich besser aus. Die verbleibenden Bundesmittel für Neu- und Ausbaumaßnahmen in Höhe von 1,9 Mrd. sind jedoch angesichts der gravierenden Kapazitätsengpässe im Netz völlig unzureichend. Laufende Großinvestitionen mit erheblichen Kostenrisiken engen die zukünftig verfügbaren Investitionsmittel zusätzlich ein. Nur die Binnenschifffahrt ist mit ihren im Vergleich zu früheren Haushaltsansätzen höheren Investitionsmitteln offensichtlich zufrieden. Es sind mittlerweile aber weitere Tatbestände politisch abgesegnet worden. So wird 2011 der bereits in der Koalitionsvereinbarung erwähnte Finanzierungskreislauf für die Bundesfernstraßen realisiert. Die Lkw-Mauteinnahmen, etwa derzeit brutto 4,45 und netto rd. 3,1 Mrd. EUR (Abzug der TollCollect- Kosten und der Ausgleichsmaßnahmen für das Lkw-Gewerbe) werden voll der Straßenfinanzierung zugeführt. Die bislang durch die Lkw-Maut finanzierten Beträge für Schiene und Wasserstraßen müssen daher durch Haushaltsmittel ausgeglichen werden, was durchaus Risiken enthält. Einen Dämpfer haben auch die Hoffnungen auf Herstellung der Kreditfähigkeit der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) erhalten. Da die Refinanzierung von kreditfinanzierten Investitionsmaßnahmen durch die VIFG teurer ist als die durch den Bund, lehnen Finanzministerium, Haushälter und der Bundesrechnungshof dies ab. Damit stellt sich dann aber auch die Frage nach der zukünftigen Existenzberechtigung der VIFG. 10.-11.11.10 7. VDI-Tagung „Innovative Fahrzeugantriebe“ Dresden (D) Info: VDI-Wissensforum, Tel. 0211-6214201, wissensforum@vdi.de, www.vdi.de/ fahrzeugantriebe 10.-12.11.10 45. Symposium Einkauf und Logistik Berlin (D) Info: Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik, Tel. 069-30838-200, jacqueline.berger@bme.de, www.bme-symposium.de 11.11.10 Kontaktmesse Verkehr 2010 Dresden (D) Info: TU Dresden, Tel. 0351-46336614, giebel@kontaktmesse-verkehr.de, www. kontaktmesse-verkehr.de 11.-12.11.10 9. List-Symposium: „Verkehr der Zukunft - Dresden (D) 60 Jahre Verkehrswissenschaften in Dresden“ Info: TU Dresden, jeannette.klotzsch@mailbox.tu-dresden.de, www.tu-dresden.de 15.11.10 Wirtschaftlicher Nutzen von Fahrgastinformationen Berlin (D) aus Sicht von Verkehrsunternehmen Info: TU Berlin, Tel. 030-31479827, mgrochowski@railways.tu-berlin.de, www.ews.tu-berlin.de 16.-17.11.10 2. ECOMOBIL - Mobilität neu denken Offenburg (D) Info: Messe Offenburg, 0781-922632, kircher@messeoffenburg.de, www.ecomobil-kongress.de 18.-19.11.10 SRL-Jahrestagung Berlin (D) Info: SRL, Tel. 030-27874680, www.srl.de 22.11.10 Herausforderungen der Zukunft der Bahnindustrie Berlin (D) Info: TU Berlin, Tel. 030-31479827, mgrochowski@railways.tu-berlin.de, www.ews.tu-berlin.de 23.11.10 7. DVWG-Nahverkehrsforum Frankfurt/ M. (D) Info: DVWG, Tel. 030-2936060, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 25.11.10 8. Hessischer Mobilitätskongress: Kassel (D) Zukunftsmarkt Elektromobilität Info: Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, www.mobil-in-hessen.de 29.11.10 Netzwerke im Containerverkehr - Berlin (D) Sinn und Nutzen von Hubs Info: TU Berlin, Tel. 030-31479827, mgrochowski@railways.tu-berlin.de, www.ews.tu-berlin.de 30.11.10 6. Deutscher Luftverkehrskongress Berlin (D) Info: BDI, Tel. 030-2028-0, www.luftverkehrs-kongress.de 30.11.-1.12.10 Neue Horizonte im Stadtverkehr - Luzern (CH) Innovative E-Bus-Systeme für attraktive Städte Info: Luzern Incoming GmbH, Tel. +41 (0)41-3184145, info@luzern-incoming.ch, www.luzern-incoming.ch 30.11.-1.12.10 4. Symposium IDMVU Berlin (D) Info: DMB Deutsche Gesellschaft für Management in der Baupraxis mbH, berlin@dmb-bau.de, www.dmb-bau.de 13.12.2010 Qualifizierte Untersuchung der Verknüpfung der Berlin (D) Berliner U-Bahnlinien U55 und U6 im Bereich des Gendarmenmarktes Info: TU Berlin, Tel. 030-31479827, mgrochowski@railways.tu-berlin.de, www.ews.tu-berlin.de 24.-25.1.11 Kraftstoffe der Zukunft 2011 - 8. Internationaler Berlin (D) Fachkongress für Biokraftstoffe des BBE und der UFOP Info: BBE, Tel. 0228-81 002-22, info@bioenergie.de, www.kraftstoffe-der-zukunft.com 26.-28.1.11 SMM Istanbul Istanbul (TUR) Info: Hamburg Messe und Congress GmbH, Tel. 040-3569-2148, info@smm-istanbul.com, www.hamburg-messe.de/ smm_istanbul 23.-24.2.11 5. Landshuter Leichtbau-Colloquium Landshut (D) Info: Hochschule Landshut, Tel. 0871-506134, leichtbaucolloquium@leichtbau-cluster.de, www.leichtbau-cluster.de 16.-17.3.11 HEUREKA Stuttgart (D) Info: Universität Stuttgart, Tel. 0711-685-66367, fovus@fovus.uni-stuttgart.de, 29.-31.3.11 Rail-Tech Europe Amersfoort (NL) Info: Europoint, Tel. +31 (0)30-6981800, www.railtech-europe.com Veranstaltungen vom 10.11.2010 bis 31.3.2011 Stand zum Redaktionsschluss am 20.10.2010 8 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Namen + Nachrichten / Stellenmarkt Niederlande / Schweden / Schweiz Drei Frauen für Verkehr In der neuen schwedischen Regierung unter Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt ist Catharina Elmsäter-Svärd neue Infrastrukturministerin. Sie ist Nachfolgerin von Åsa Torstensson. Vor ihrer Ministerberufung war Elmsäter-Svärd in der Verwaltung der Region Stockholm für die Finanzen zuständig, saß aber von 1997 bis 2008 bereits im schwedischen Reichstag. Melanie Schultz van Haegen-Maas Geesteranus ist die Verkehrsministerin im neuen niederländischen Parlament. Sie hat bereits zwischen Juli 2002 und Februar 2007 dem Verkehrsministerium in Den Haag als Staatssekretärin angehört. Zudem wird ihr Ministerium erweitert, es bekommt aus dem Umweltministerium den Bereich Raumordnung hinzu. Die bisherige Bundesrätin für Wirtschaft, Doris Leuthard, ist Nachfolgerin von Moritz Leuenberger als Leiterin des UVEK (Department für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation). Leuenberger ist Ende Oktober aus dem Amt geschieden. Nachfolger für Leuthard im Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD) ist Johann Schneider-Amman. (zp) Binnenschifffahrt Veränderungen bei EVB, BDB und BÖB Neuer Präsident des Europäischen Verbands der Binnenhäfen (EVB), Brüssel, ist der Mannheimer Hafendirektor Roland Hörner. Er war bereits seit 2006 Vizepräsident der Organisation und tauscht nun mit dem bisherigen Präsidenten Willy Robijns das Amt. Karl Michael Probst hat den Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB) als Geschäftsführer Ende September verlassen. Ein Nachfolger stand zum Redaktionsschluss noch nicht fest. Der Vorstand des Bundesverbands der Deutschen Binnenschiffahrt (BDB) hat Heinrich Kerstgens, Geschäftsführer von Contargo, zum neuen Vorsitzenden des Fachausschusses „Kombinierter Verkehr“ gewählt. Er löst Wolfgang Lepak ab und soll sich besonders der Effizienzsteigerung des Containertransports per Binnenschiff widmen. (zp) DB AG Neuer Bereich und neue Personenverkehrsstruktur Die Deutsche Bahn AG schafft zum Jahresbeginn 2011 einen neuen Aufgabenbereich für das Sicherheits- und Qualitätsmanagement. Die Leitung soll Rolf-Stefan Scheible übernehmen. Er kommt von EADS Airbus, wo er sich unter anderem um das Krisenmanagement für deutsche Bauteile bei der Endfertigung des Airbus-Großraumflugzeugs A 380 kümmerte. Die DB AG ordnet zudem ihr Personenverkehrsressort neu: Zum 1. Januar 2011 werden der nationale Personennahverkehr auf der Schiene (DB Regio AG) und auf der Straße (DB Stadtverkehr GmbH) zusammengelegt und als DB Regio AG geführt. Die bislang von der DB betriebenen Bahn- und Busgeschäfte außerhalb Deutschlands werden künftig unter dem Dach von Arriva gebündelt. Die DB Fernverkehr AG bleibt davon unberührt. Bei DB Regio wird ein weiteres Vorstandsressort Produktion und Marketing für das neu hinzukommende Busgeschäft geschaffen und mit Michael Hahn besetzt, derzeit Vorsitzender der Regionalleitung DB Regio Südost in Leipzig. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der DB Stadtverkehr GmbH, Hermann Graf von der Schulenburg, verlässt zum Jahresende auf eigenen Wunsch das Unternehmen. Wilfried Geitz, Geschäftsführer Personal von DB Stadtverkehr, wechselt Ende 2010 in den Ruhestand. (cm/ zp) DB Netz AG Finanzen neu besetzt Von Harald Stumpf hat Dr. Roland Bosch Anfang Oktober das Vorstandsressort Finanzen und Controlling der DB Netz AG übernommen. Stumpf führt diesen Bereich künftig bei der DB Dienstleistungen. Bosch kommt von der Daimler AG. (zp) V E R B A N D D E U T S C H E R E I S E N B A H N - I N G E N I E U R E E . V. Der VDEI ist der Berufsverband der Ingenieure, die im System des spurgeführten Verkehrs tätig sind. Ziel des VDEI ist, die technische, wissenschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der Bahnsysteme zu fördern und für deren verkehrspolitische Stärkung einzutreten. Der Verband hat rund 5000 Mitglieder bei Bahnen, Bahnbehörden, Unternehmen und Institutionen. Der VDEI ist politisch, gewerkschaftlich und weltanschaulich nicht gebunden. Er hat seinen Sitz und die Geschäftsstelle in Frankfurt am Main. Zum 01. März 2011 suchen wir den/ die Verbandsgeschäftsführer/ in Ihre Aufgaben: • Sie unterstützen die Verbandsführung in den laufenden Verbandsgeschäften. • Sie leiten die Geschäftsstelle des Verbandes. • Sie arbeiten eng mit dem Präsidium und den Bezirken zusammen. • Sie sind Internetverantwortlicher und Pressesprecher des Verbandes. • Sie arbeiten in keinem starren Arbeitszeitgerüst sondern nach den Erfordernissen des Verbandslebens. Ihr Proil: • Sie haben Erfahrung mit Verbänden. • Sie arbeiten innerhalb der Vorgaben und Ziele eigeninitiativ und unterstützen die Verbandsführung. • Sie verfügen über ein weites Netzwerk in dieser Branche. • Sie können mit differenzierten Meinungen ausgleichend umgehen. • Sie sind redegewandt, im Auftreten souverän und doch verbindlich. • Sie verfügen über englische Sprachkenntnisse. • Sie arbeiten selbstständig und fachübergreifend integrationsfähig. • Sie beherrschen die heute übliche Geschäfts-EDV. Wir bieten: • eine zunächst auf vier Jahre befristete Vollzeitstelle • eine anspruchsvolle, eigenverantwortliche Tätigkeit • leistungsgerechte Bezahlung und lexible Arbeitszeiten Weitere Informationen über den VDEI inden Sie unter www.vdei.de. Wir erwarten Ihre Bewerbung unter Angabe Ihres frühestmöglichen Eintrittstermins und Ihrer Gehaltsvorstellung an den Verband Deutscher Eisenbahn-Ingenieure e.V. Kaiserstraße 61 60329 Frankfurt Für eventuelle Rückfragen steht Ihnen Herr Roland Hubatschek über Mobiltelefon 01522 / 88 62 230 zur Verfügung. 9 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 LOEWE-Schwerpunkt Dynamo PLV - Dynamische und nahtlose Integration von Produktion, Logistik und Verkehr Am Institut für Verkehr im Fachbereich Bauingenieurwesen und Geodäsie der Technischen Universität Darmstadt ist an der Schnittstelle zwischen Verkehr und Logistik zum 1. Januar 2011 eine Juniorprofessur Wirtschaftsverkehr (W1) (Kenn-Nr.: 371) zu besetzen. Themenschwerpunkt der Juniorprofessur ist die Nachfragemodellierung im Güterverkehr. Als Grundlage hierfür dienen Prozessanalysen an den Schnittstellen des Bereichs Verkehr mit der Produktion und Logistik. Die Auswirkungen von Produktions- und Logistikkonzepten auf den Verkehr und die Auswirkungen von Maßnahmen im Verkehrsbereich auf Produktion und Logistik sind zu analysieren. Die Juniorprofessur leistet sowohl verkehrsmittelspezifische Beiträge als auch eine verkehrsmittelübergreifende Zusammenführung. Die Nachfragemodellierung hat zum Ziel, den Akteuren in Produktion, Logistik und Verkehr eine bessere Entscheidungsunterstützung mit dem Ziel einer integrierten Optimierung zur Verfügung zu stellen. Die Juniorprofessur Wirtschaftsverkehr fokussiert dabei auf die Entscheidungen der öffentlichen Hand bei der Gestaltung der Verkehrssysteme. Ergänzend zum Güterverkehr soll auch der Personenwirtschaftsverkehr mit behandelt werden. Die Juniorprofessur Wirtschaftsverkehr ist in den ersten drei Jahren mit einer Lehrverpflichtung in Höhe von vier Semesterwochenstunden verbunden und wird durch eine Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters unterstützt. Wir wünschen uns, dass das neue Teammitglied unsere Arbeit durch engagierte Mitarbeit in unserem interdisziplinären Forschungsteam bereichert. Pädagogische Eignung, ein überdurchschnittlicher Studienabschluss mit Vertiefung im Verkehrswesen oder ein vergleichbarer Studienabschluss sowie eine herausragende Promotion im Verkehrsbereich werden erwartet. Die Einstellung erfolgt in einem Beamten- oder Angestelltenverhältnis auf Zeit nach W1 BBesG. Das Beschäftigungsverhältnis ist zunächst auf 3 Jahre befristet. Nach erfolgter Zwischenevaluation über die Bewährung als Hochschullehrer kann es um weitere drei Jahre verlängert werden. Die Promotionszeit und die Beschäftigungsphase als Wissenschaftliche/ r Mitarbeiterin/ Mitarbeiter soll insgesamt sechs Jahre nicht überschreiten. Die Technische Universität Darmstadt strebt eine Erhöhung des Anteils der Frauen am Personal an und fordert deshalb besonders Frauen auf, sich zu bewerben. Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt. Im Zusammenhang mit der Juniorprofessur sind zwei weitere Wissenschaftliche Mitarbeiter/ innen Stellen ausgeschrieben. Nähere Informationen hierzu finden Sie unter: www.intern.tu-darmstadt.de/ dez_vii/ stellen/ Interesse geweckt? Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung! Diese ist mit den üblichen Unterlagen, unter Angabe der Kennnummer, an das Dekanat des Fachbereichs Bauingenieurwesen und Geodäsie, Technische Universität Darmstadt, Petersenstraße 12, 64287 Darmstadt zu senden. Wir übernehmen bei Bewerbungsgesprächen keine Vorstellungskosten. Bewerbungsfrist: 10.12.2010 Namen + Nachrichten / Stellenmarkt DB Schenker Rail Deutschland Schulz führt Intermodal Andreas Schulz ist neuer Bereichsleiter Intermodal bei DB Schenker Rail Deutschland. Er übernimmt damit Aufgaben von Karsten Sachsenröder, der diese Position seit Jahresanfang zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Vorstand Vertrieb von DB Schenker Rail in Personalunion bekleidet hatte. Schulz war zuvor Vertriebsleiter im Bereich Intermodal. (zp) Fret SNCF Nadal geht zu Gefco Der bisherige Direktor von Fret SNCF und stellvertretender Generaldirektor von SNCF Geodis, Luc Nadal, leitet seit Anfang Oktober die Transport- und Industrielogistik von Gefco. Er löst Michel Saywell ab, der zum Generalsekretär der Gruppe ernannt wurde. (zp) DHL Pearson für Europa John Pearson soll als neuer Chief Executive Officer (CEO) von DHL Express Europa das grenzüberschreitende europäische Expressgeschäft weiter ausbauen. Er leitet zudem weiterhin das Customer Service Executive Committee in der Geschäftsleitung von DHL Express Global. Zuletzt war er als CEO DHL Express Asia Pacific, Eastern Europe, Middle East, & Africa (APEM) tätig. Sein Nachfolger wird hier Roger Crook, der derzeitige CEO DHL Express Americas. (zp) Grammer Pretscher im Vorstand Der Vorstand der Grammer AG setzt sich neu zusammen: Manfred Pretscher steuert als Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektor künftig die Zentralbereiche Einkauf/ Supply Chain Management, operatives Geschäft und Personalwesen. Hartmut Müller ist neuer Vorstandsvorsitzender und für strategische Produktplanung, internes Kontrollwesen, Forschung und Entwicklung, Recht sowie IT zuständig. Der bisherige Finanzvorstand Alois Ponnath lenkt weiterhin die kaufmännischen Zentralbereiche. (zp) Hapag-Lloyd Mann von Maersk Jesper Praestensgaard wird zum 1. Januar 2011 Vorstand des Bereichs Marketing/ Sales der Hapag-Lloyd AG. Er war zuletzt bei Maersk Line für die Linienschifffahrt in Südostasien sowie Australien/ Neuseeland verantwortlich und ersetzt Roland Kirch, der das Unternehmen bereits Mitte 2010 verlassen hat. (jpn/ zp) Lufthansa Cargo Garnadt für Spohr, Spohr für Franz Carsten Spohr übernimmt Anfang 2011 die Leitung des Lufthansa- Kerngeschäfts Passage, seinen Job als Vorstandschef von Lufthansa Cargo übernimmt Karl Ulrich Garnadt. Spohr löst Christoph Franz ab, der an die Konzernspitze für Wolfgang Mayrhuber wechselt. Garnadt kommt aus der Passage und ist noch verantwortlich für Netzplanung und Abläufe an den Flughäfen Frankfurt und München. (zp) SAS Gustafson Chef Die skandinavische teilstaatliche Fluggesellschaft SAS hat einen neuen Geschäftsführer: Rickard Gustafson, bisher Vorstandsvorsitzender des Versicherungskonzerns Codan/ Trygg-Hansa, löste Mats Jansson zum 1. Oktober ab. (zp) Kühne-Stiftung Hauptgeschäftsführer benannt Zum 1. Januar 2011 wird Marc Gottschald Hauptgeschäftsführer der Kühne-Stiftung. Gottschald war bisher Geschäftsführer der Nordmetall-Stiftung in Hamburg. Die Kühne Logistics University, 10 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Steria Mummert / St. Gallen Vergleichbare CO 2 -Bilanzen Eine neutrale Plattform zur einheitlichen CO 2 -Erfassung, -Berechnung, -Analyse und -Bilanzierung wollen die Unternehmensberatung Steria Mummert Consulting und der Lehrstuhl für Logistikmanagement der Universität St. Gallen entwickeln. Dabei arbeiten sie mit einem Konsortium aus namhaften Unternehmen der Logistikdienstleistungsbranche zusammen. Bisher fehlt es an Standards und damit an Vergleichsmöglichkeiten für die Kunden. Das Projekt namens „GreenCart“ startet Anfang 2011, für Mitte nächsten Jahres ist der Testbetrieb einer IT-gestützten CO 2 -Plattform geplant. Sobald die Datenbasis ausreichend detailliert ist, sollen die erfassten CO 2 -Emmissionen bis hin zum so genannten Product Carbon Footprint pro transportiertem Artikel aufgeschlüsselt werden können. (zp) EU Sicherheit von Lieferketten Die Europäische Union (EU) hat unter dem Namen „Logsec“ eine internationale Feldstudie gestartet, in der die Sicherheit der Lieferketten in Europa untersucht wird. Das Projekt ist auf ein Jahr angelegt und soll als Ergebnis ein Modell liefern, wie der Gütertransport in Zukunft vor allem gegen Kriminalität und Terrorangriffe besser geschützt werden kann. Logsec will sowohl die Anforderungen an Regierungen und Verwaltungen als auch an Spediteure, Industrie und Endkunden berücksichtigen. Als Vertreter der Transportwirtschaft nehmen die Verbände European Organisation for Forwarding and Logistics (Clecat) und European Shippers’ Council (ESC) an dem Projekt teil. Die Eidgenössische Zollverwaltung und die Cross-Border Research Association aus der Schweiz, das polnische Finanzministerium sowie die Transporttechnologiedienstleister Innovative Compliance Europe aus Großbritannien und Atos Origin aus Spanien sind die übrigen Partner. Das gut 800 000 EUR teure Projekt ist Teil des 7. Rahmenprogramms für EU-Forschung, in dem die EU innovative Modelle und Strategien für die nahe Zukunft entwickelt. (zp) UIRR Längere und schwerere Güterzüge Die EU-Kommission soll so schnell wie möglich einen paneuropäischen Aktionsplan ausarbeiten, um die Länge und das Gewicht von Güterzügen zu erhöhen. Das forderte die europäische Kombi-Vereinigung UIRR kürzlich in einem Positionspapier zum Schienengüterverkehr in Europa, das insgesamt 15 Punkte umfasst. Die Vereinigung würde es unter anderem begrüßen, wenn die Kommission die EU- Gesetzgebung präziser fasse, um Auslegungsspielräume der Mitgliedstaaten zu und Transportwesen, Vertiefung Bahnbetrieb und Infrastruktur, ihre Abschlusszeugnisse. Die Ausbildung dauerte vier Jahre, wobei die Studierenden nach zwei Jahren Studium und Berufsausbildung ihren IHK- Abschluss zum Eisenbahner im Betriebsdienst, Fachrichtung Fahrweg, und nach weiteren zwei Jahren den akademischen Abschluss Bachelor of Engineering erhalten. Die Fachhochschule Erfurt arbeitet hier mit der DB Netz AG und der Fachschule Gotha zusammen. Der Studiengang Eisenbahnwesen ist seit 2009 akkreditiert. Weitere Infos: www.studium-eisenbahnwesen.de (zp) DVV Media Group Top 100 der Logistik An der Spitze der umsatzstärksten Logistikunternehmen in Deutschland hat es einen Wechsel gegeben: Die Deutsche Post DHL liegt auf Platz 1 mit etwa 6,42 Mrd. EUR und hat damit DB Mobility Logistics (5,85 Mrd. EUR) überholt. Das geht aus der aktuellen Ausgabe der „Top 100 der Logistik 2010/ 2011“ hervor, die Ende Oktober im Verlag DVV Media Group GmbH erschienen ist. Rang 3 geht an die Kühne + Nagel (AG & Co) KG. Es folgen die Dachser GmbH & Co. KG und die Rhenus AG & Co. KG. (zp) eine Gesellschaft der Stiftung, nahm Ende September den Studienbetrieb mit 28 Studenten aus 14 Ländern auf. (zp) HIWL Zwei neue Lehrstühle An der neu gegründeten privaten Hochschule für Internationale Wirtschaft und Logistik (HIWL) auf dem BVL-Campus in Bremen gibt es zwei neue Lehrstühle: Die Schweizer Kühne-Stiftung unterstützt den „Kühne-Stiftungslehrstuhl für Systeme und Prozesse der Logistik“. Lehrstuhlinhaber ist Prof. Josef Decker, der zudem als Studienleiter für den Aufbau des Studiengangs „Logistik“ verantwortlich zeichnet. Die Bremer Kieserling-Stiftung unterstützt den zweiten Studienbereich und fördert im Fachbereich „Internationale Wirtschaft“ den „Kieserling-Stiftungslehrstuhl für Internationale Unternehmensführung“. Lehrstuhlinhaber ist Michael Krähe, der seit Anfang Mai 2010 als Studienleiter den zweiten Studiengang der HIWL aufbaut. (zp) Fachhochschule Erfurt / DB Netz AG Erste duale Abschlüsse Anfang Oktober 2010 erhielten erstmals Studierende des dualen Studiums Verkehrs- Namen + Nachrichten / Stellenmarkt 3rd edition of World Rail Market Study Now available! World Rail Market Study 2010 Based on a survey conducted in the 50 largest rail markets worldwide, the study provides an update on the installed base and market volumes. Unique market growth predictions are displayed for the short-term and 2020 time horizon per product segment and regions. On top of that, the UNIFE Rail Market Study elaborates strategic conclusions for the industry and relects on market developments taking into account the impact of the economic downturn and several possible political and economic scenarios. A study conducted by UNIFE, the European rail industry in co-operation with Boston Consulting Group (BCG) published by Eurailpress It is the largest study of its kind and a major reference for the rail community. www.eurailpress.de l www.railwaygazette.com Contact: DVV Media Group GmbH l Eurailpress Namen + Nachrichten 12 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 denken gab. Dafür werden die Kontrollen innerhalb der EU vereinheitlicht und die Daten aller Überprüfungen EU-weit von der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs in Lissabon zusammengeführt. Bedenkliche Schiffe sollen zudem künftig häufiger kontrolliert werden als andere. Im Luftverkehr existiert eine solche Liste bereits. (zp) Europäischer Seeverkehr Weniger Bürokratie Ohne aufwändige Zoll- und Grenzabfertigung sollen Waren künftig wie auf der Straße auch im Seeverkehr zwischen EU- Häfen befördert werden können. Das haben die europäischen Verkehrsminister im September beschlossen. Die Federführung der Initiative soll die Europäische Agentur für Seesicherheit (Emsa) übernehmen. Für die Transportüberwachung zwischen den Häfen will die EU auf das Safe Sea Net System zurückgreifen und zunächst 200 Schiffe mit der nötigen Technik ausrüsten. (zp) Icao Klimaschutzvorgaben Nach langen Verhandlungen hat die internationale Luftfahrtorganisation Icao ein Klimaschutzkonzept verabschiedet, das bis ins Jahr 2050 reicht. Obwohl die Icao schon 1997 auf der Klimaschutzkonferenz von Kyoto zum Handeln aufgefordert worden war, gilt das Konzept erst von 2020 an. Die Unterhändler vereinbarten, dass die Treibstoffeffizienz des weltweiten Luftverkehrs bis 2050 jährlich um 2 % gesteigert werden soll. Zudem sollen alternative Treibstoffe geprüft werden und der Kohlendioxidausstoß nicht über das Maß des Jahres 2013 hinausgehen. Bislang war der Wert jedes Jahr gestiegen. Die EU will einseitig schärfer vorgehen und von den Fluggesellschaften Emissionsabgaben fordern. (zp) Iata Höherer Gewinn erwartet Trotz Aschewolke hat der internationale Luftfahrtverband Iata seine Gewinnprognose für 2010 auf 8,9 Mrd. USD erhöht und damit gegenüber einer Aussage aus Juni verdreifacht. Für 2011 erwartet der Verband einen Gewinn von 5,3 Mrd. USD. (zp) DVV Media Group Filmpreis gewonnen In Cannes wurden kürzlich die Corporate Media & TV Awards verliehen. Die DVV Media Group hat mit Produzent Gregory Roth mit ihrem LEO-Film 2009 Silber gewonnen. Zudem ist das Werk für den vom Bundeswirtschaftsministerium ausgeschriebenen Deutschen Wirtschaftsfilmpreis 2010 in der Kategorie „Filme aus der Wirtschaft“ nominiert. Wer gern einmal selbst den logistischen Jahresrückblick sehen möchte: www.dvz.de/ veranstaltungen/ leo/ video.html (zp) verkehr und 0,44 Mio. EUR für Wasserstraßen ausgegeben worden. Es handelt sich allerdings vor allem um eine Umschichtung im Haushalt: Durch die zusätzlichen Mautbeträge für die Straße würden an anderen Stellen Gelder frei, die dann für die Verkehrsträger Schiene und Wasser ausgegeben werden könnten. Anlässlich der Innotrans im September betonte Ramsauer, dass stärker in die Schiene investiert werden müsse und diese größtenteils den weiter erwarteten Zuwachs im Güterverkehr auffangen solle. Ein Kernpunkt: die Verbesserung der Seehafenhinterlandverbindungen. Weder für Lkw noch für Pkw wollen die Niederlande eine Maut einführen, hat die neue niederländische Regierung beschlossen. Stattdessen sollen die Wegekosten vor allem durch die Mineralölsteuer gedeckt werden. (zp) Mittellandkanal Ausbau gestartet Für 56 Mio. EUR wird der Mittellandkanal nördlich von Magdeburg vertieft und verbreitert sowie eine neue Kanalbrücke über die Bahnlinie Magdeburg - Stendal gebaut. Das Vorhaben ist Teil des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 17, das den Ausbau von Wasserstraßen zwischen Westdeutschland und Berlin vorsieht, um großen Güterschiffen die Fahrt auf den Kanälen zu ermöglichen. (zp) EU Schwarze Liste für Schiffe Welche Reedereien bei regelmäßigen Überprüfungen in Häfen schlecht abschneiden, soll von 2011 an auf einer Internetliste bekannt gegeben werden. Das hat die EU-Kommission im September beschlossen. Die EU erwartet, mit dieser Aufstellung Umweltkatastrophen und Havarien vorbeugen zu können. Auf die Liste kommen Fracht- und Passagierbeförderer, bei denen es europaweit mindestens drei Monate lang bei Kontrollen Sicherheitsbebegrenzen. So setzt sich die Vereinigung dafür ein, dass die EU eine stärkere Trennung zwischen Netz und Betrieb gewährleistet und die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden sicherstellt. Ein effizientes und transparentes Management des Bahnverkehrs solle durch eine europäische Definition von Zugkategorien und deren Hierarchie unterstützt werden. (cd/ zp) Eurovignette Einbezug von Lärm und Schmutz Die Eurovignetten-Richtlinie wird es nach dem Willen der EU-Verkehrsminister ermöglichen, die Faktoren Lärmbelästigung und Umweltschäden bei der Höhe der Maut zu berücksichtigen. Kosten für Staus werden nicht generell berücksichtigt. Allerdings soll auf bestimmten Streckenabschnitten in Stoßzeiten und während einer Höchstdauer von bis zu fünf Stunden eine um 175 % höhere Maut als zu Normalzeiten möglich sein. Euro-5-Lkw sind von der Maut für Umweltschäden bis Ende 2013 ausgenommen, Euro-6-Lkw bis Ende 2017. Wenn es Veränderungen in der Höhe der Maut gibt, müssen die Mitgliedsstaaten dem zustimmen. Eine Festlegung darauf, dass die Mautgebühren für Projekte der Straßeninfrastruktur verwendet werden müssen, lehnten die Verkehrsminister ab. Den Mitgliedsstaaten soll es selbst überlassen bleiben, diese neuen Möglichkeiten der Mautberechnung anzuwenden oder nicht. Deutschland stimmte für den Kompromiss. Nun folgen die abschließenden Verhandlungen mit dem EU- Parlament über den endgültigen Wortlaut der so genannten Eurovignetten-Richtlinie. Deutschland will im kommenden Jahr die kompletten Einnahmen aus der Lkw- Maut in den Straßenbau investieren, gab Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer Anfang Oktober bekannt. 2009 waren aus der Maut 2,1 Mrd. EUR für Straßenbauprojekte, 1,1 Mrd. EUR für den Schienen- Gotthard-Basistunnel Nach elf Jahren war es Mitte Oktober soweit: Die Ausbrucharbeiten im Gotthard- Basistunnel - mit 57 km künftig längster Eisenbahntunnel der Welt und zentraler Bestandteil der Schweizer Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) - sind beendet. Unter dem Piz Vatgira nahe Sedrun schaffte die Tunnelbohrmaschine „Sissi“ die letzen 1,8 m Fels in der Oströhre. Der Tunnel soll 2017 eröffnet werden und die Fahrzeit zwischen Erstfeld und Bodio von über einer Stunde auf 17 Minuten reduzieren. Auch für den Güterverkehr ergeben sich aufgrund der wegfallenden Steigung der alten Gotthardstrecke deutliche Vorteile. (cm/ zp) Durchschlag geschafft Die Tunnelbrust brach am 15. Oktober kurz nach 14 Uhr ein. Foto: Alptransit Gotthard AG Technologien + Informationssyteme 13 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Wolf-Rüdiger Runge Qualität von Ausweichrouten „Die Route wird unter Berücksichtigung von Verkehrsmeldungen neu berechnet“ - so oder so ähnlich klingt es häufig aus dem Navigationsgerät, sofern dieses entsprechende Meldungen empfangen und auswerten kann. Aber sind diese sogenannten Stauumfahrungen auch wirklich immer eine gute Wahl? In der Verkehrswissenschaft existieren zu diesem Themenkomplex nur sehr wenige aktuelle Untersuchungen und durchaus widersprüchliche Aussagen. Daher wurden in den letzten beiden Jahren empirische Erhebungen durchgeführt - mit durchaus interessanten Ergebnissen. Der Autor Prof. Dr.-Ing. Wolf-Rüdiger Runge, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften − Fachhochschule Braunschweig/ Wolfenbüttel − „Karl-Scharfenberg-Fakultät Salzgitter“, Institut für Verkehrsmanagement (IfVM), Karl- Scharfenberg-Str. 55/ 57, 38229 Salzgitter, wr.runge@ostfalia.de 1 Motivation zu den Erhebungen Seit einigen Jahren beklagen verschiedene öffentliche Institutionen wie Verkehrsbehörden und Verkehrspolizei, dass offensichtlich schon bei kleinsten Störungen auf dem Autobahnnetz ein erheblicher Anteil von Fahrzeugen in das untergeordnete Straßennetz ausweicht. Es liegt der Verdacht nahe, dass dieses Verhalten durch die zunehmende Nutzung von Navigations-Verkehrsdiensten begründet ist. Problematisch ist diese Zunahme von Verkehr abseits der (bzw. parallel zu den) großen Hauptrouten aus verschiedenen Gründen: ̇ Das untergeordnete Straßennetz führt in der Regel durch bebaute bzw. sensiblere Bereiche, wodurch eine zusätzliche Belastung für Anwohner, Umwelt und Umfeld erwächst. ̇ Das untergeordnete Straßennetz ist bezüglich der Straßenquerschnitte und -abmessungen, des Oberbaus, der Linienführung usw. für hohe Verkehrsstärken wenig geeignet. Insbesondere Landes- und Kreisstraßen sowie das nicht klassifizierte innerörtliche Netz sind nur in wenigen Ausnahmefällen für diese stauumfahrenden Verkehrsströme eingerichtet bzw. optimiert, so dass es sehr schnell zu Rückstaus z. B. an Knotenpunkten und damit zu überproportionalen Belastungen sowie zu deutlich verlängerten Fahrzeiten kommen kann. Da die aktuelle Verkehrslage auf diesen Routen jedoch nur selten detektiert wird, werden diese Störungen über Verkehrsmeldungen kaum bekannt. Die vermeintliche Stauumfahrung führt dann häufig auch für den umgeleiteten Verkehrsteilnehmer zu längeren Fahrzeiten als beim Verbleib im Stau auf der Hauptroute. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass grundsätzlich widersprüchliche Interessen zwischen den Verkehrsbehörden (stellvertretend für die Gesellschaft in Summe) und den Verkehrsteilnehmern (Individuen der Gesellschaft) bestehen. Die zuständigen Behörden wollen den Verkehr auf den dafür geeigneten Hauptrouten halten; die einzelnen Autofahrer wollen ihre Fahrbzw. Reisezeiten minimieren, auch wenn sie hierzu ins untergeordnete Verkehrsnetz ausweichen müssen. Primärziel der Arbeiten war es daher, zunächst bessere Kenntnisse über die tatsächlichen Einflüsse der Nutzung individueller Navigationssysteme auf die Abläufe im Straßenverkehrsgeschehen zu erlangen, um daraus geeignete Handlungsempfehlungen für die Verkehrslenkung sowie für die Aufbereitung und Weitergabe von Verkehrsinformationen abzuleiten. Im Sinne aller Beteiligten sollten zumindest solche Ausweichempfehlungen identifiziert und möglichst eliminiert werden, bei denen weder für die Gesellschaft noch für die einzelnen Verkehrsteilnehmer Nutzeffekte entstehen. 2 Vorbereitung und Durchführung der Erhebungen Da die Thematik „Stauumfahrungen“ inklusive der brisanten offenen Fragen in der Fachwelt sehr geläufig ist, konnten für die Idee, hierzu empirische Erhebungen durchzuführen, schnell geeignete Partner gewonnen werden. In Abstimmung mit dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (MW), der Landesmeldestelle und Verkehrsmanagementzentrale (VMZ) Niedersachsen, der Landesmeldestelle und Verkehrsmanagementzentrale Bremen, der Region Hannover und dem ADAC wurde der folgende empirische Ansatz gewählt: Die Verkehrsteilnehmer sollten zu ihren Erfahrungen über das Internet befragt und die Befragungsergebnisse anschließend mit den seitens der Landesmeldestellen ausgehenden TMC-Meldungen abgeglichen werden, um auch die Zweckmäßigkeit einer vom Navigationssystem gegebenen Alternativroutenempfehlung bewerten zu können. Die Befragung erfolgte im Spätsommer/ Herbst 2009 über einen internetbasierten Fragebogen, der in wenigen Minuten ausgefüllt werden konnte. Die insgesamt 14 Fragen bezogen sich dabei primär auf: ̇ die zeitliche und räumliche Zuordnung der Ausweichroute ̇ den Grund für die Umleitung ̇ die subjektiven Einschätzungen der Eignung dieser Umleitung ̇ den Fahrtanlass und ̇ die Differenzierung nach Pkw und Lkw. Da der Abgleich der Empfehlungen mit den Daten der Landesmeldestellen Niedersachsen und Bremen erfolgte und sich daher die im Fragebogen vorbereiteten Antworten nur auf diese beiden Bundesländer beziehen ließen, konnten nur die Verkehrsteilnehmer an der Befragung teilnehmen, die in diesem Untersuchungsraum umgeleitet worden waren. Dabei erfolgte hier außerdem eine Beschränkung auf das Netz der Bundesautobahnen, das heißt, es wurden nur solche Alternativrouten betrachtet, die als Basisroute Autobahnen genutzt haben. Um ein möglichst umfangreiches Ergebnis zu erzielen, musste die Befragungsaktion erst einmal bekannt und daher ent- Abb. 1: Bewerbung der Befragungsaktion Technologien + Informationssyteme 14 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 sprechend beworben werden. Da es nicht gelungen war, im Hörfunk auf die Aktion aufmerksam zu machen, basierte die Bewerbung primär auf Printmedien. Es wurde wie folgt vorgegangen: ̇ Erstellung von Informationsmaterial für die Straßenverkehrsteilnehmer und für Multiplikatoren (Flyer, Plakate, Infotexte für Printmedien usw.). Abbildung 1 zeigt das „Deckblatt“ des Flyers; ̇ Produktion des Informationsmaterials; ̇ Verbreitung des Informationsmaterials (über ADAC-Service-Center, niedersächsische Verkehrsbehörden, Autohöfe usw. (auf elektronischem Weg z. B. an ITS- Netzwerke usw.) Um eine einprägsame Internet-Homepage für die Aktion nutzen zu können, wurde die noch freie Domain navitester.de gesichert. Es erfolgte die Einrichtung der Webseite mit Informationen zum Projekt, Ergebnissen zu einer Pilotumfrage aus dem Sommer 2008 sowie dem Link zum aktuellen Fragebogen (siehe www.navitester.de). Mit diesem Vorgehen sollte ein breiter Bekanntheitsgrad der Aktion erzielt werden. 3 Wesentliche Ergebnisse der Befragungsaktion Die Resonanz auf die Aktion war trotz des relativ hohen Bewerbungsaufwands eher bescheiden, denn bis zum Ende des Aktionszeitraums waren nur 74 auswertbare Fragebögen in der Datenbank verfügbar. Die Ergebnisse sind dennoch durchaus interessant. Um trotz der relativ kleinen Stichprobe zu prüfen, wie repräsentativ die Ergebnisse - zumindest im Trend - sind, wurde jeweils ein Abgleich mit den Ergebnissen aus einer Pilotbefragung vom Sommer 2008 durchgeführt. Hier die wichtigsten Resultate: Zunächst kann festgestellt werden, dass die Aktion im Spätsommer/ Herbst 2009 einen ähnlichen Stichprobenumfang erreicht hatte wie die Probeerhebung im Jahr 2008 (2008: 85 Fragebögen). Damit lag eine Vergleichserhebung vor, die zur Plausibilitätskontrolle herangezogen werden konnte. Es konnte überprüft werden, in welchen Bandbreiten sich die Ergebnisse bewegen; zufällige extreme Bewertungen konnten so relativ sicher erkannt und bei Bedarf aus der Auswertung eliminiert werden. Die Frage nach der Verkehrssituation auf der Umleitungsstrecke behandelt eines der zentralen Problemfelder, die Gegenstand des Projektes waren. Wie Abbildung 2 zeigt, führte rund jede vierte Alternativroute in den Stau, und deutlich weniger als die Hälfte der Umleitungen wurde als stau- und störungsfrei eingestuft. Bei der vom Navigationssystem angegebenen Ursache für die Umleitungsempfehlung wurde unterschieden, ob es sich um einen Unfall, eine Baustelle oder eine sonstige Störung mit Staufolge handelte. Mit rund zwei Drittel aller Fragebögen wurde hier auffallend häufig die Rubrik „Stau/ kein Grund“ angekreuzt. Das lässt darauf schließen, dass hierfür die spezifischen Berechnungsmethoden des Navigationssystems ursächlich verantwortlich sind, denn gerade bei diesen Umleitungsfällen ließen sich nur selten zugehörige TMC-Meldungen einer Landesmeldestelle finden. Neben der Frage nach der konkreten verkehrlichen Situation auf der Umleitungsstrecke wurde auch die grundsätzliche Eignung der auf der Alternativroute genutzten Straßen - also der Verkehrsinfrastruktur - hinterfragt. Bei der Befragungsaktion 2009 wurde rund jede fünfte Alternativroute als ungeeignet eingestuft. Auffallend ist dabei, dass sich die negativen Beurteilungen bezüglich Streckenführung und -breite bis auf eine Ausnahme auf Alternativrouten beziehen, die nicht als „U-Strecken“ ausgewiesen waren. Als infrastrukturmäßig völlig ungeeignet wurde nur in einem Fall eine Umleitung eingeordnet, wobei diese Kombination von einem Lkw-Fahrer angegeben wurde. Bezüglich der Nutzung von „U- Strecken“ muss allerdings kritisch angemerkt werden, dass nicht unbedingt alle Befragungsteilnehmer die entsprechenden Verkehrszeichen wahrgenommen haben (nur ca. 20 % der Alternativrouten führten gemäß der Fragebögen durchgehend auf „U-Strecken“). Andererseits haben diese ausgeschilderten Umleitungsstrecken in den Routingalgorithmen der Navigationssysteme keine besondere Priorität, so dass es sich hier um kein Plausibilitätsproblem handelt. Die subjektive Zufriedenheit mit der Umleitung ist an der Bewertung mit Schulnoten abzulesen (siehe Abbildung 3 ). Bei der Gesamtbeurteilung der Alternativroutenempfehlung mit Schulnoten ergeben sich keine eindeutigen Verteilungen. Auch bei Berücksichtigung einiger Unterschiede bei den Ergebnissen 2008 und 2009 kann tendenziell festgehalten werden, dass mindestens jede vierte Alternativroutenempfehlung faktisch als ungeeignet empfunden wird. Beim Abgleich mit den originären Verkehrsmeldungen der Landesmeldestellen konnte bei der Aktion 2009 festgestellt werden, dass die eingegangenen Fragebögen häufig keinen im System bekannten Störungen zugeordnet werden konnten. In nur wenigen Einzelfällen war seitens der Verkehrsbehörden eine Umleitung empfohlen worden. Weitere Ergebnisse der Aktion 2009: Nur 7 % der Befragungsteilnehmer waren Lkw-Fahrer/ innen, alle anderen nutzten einen Pkw. Diese - relativ kleine und daher nicht unbedingt repräsentative - Stichprobe beurteilt die Umleitungsempfehlungen mit einer Durchschnittsnote von 5,2, wobei auch nur einmal ein ausreichend und je zweimal die Noten 5 und 6 vergeben wurden. Dabei ist zu vermuten, dass keine spezifischen Navigationssysteme (bzw. spezifische Software) für den Lkw, sondern Standardgeräte genutzt wurden. Alle Lkw- Fahrer/ innen hatten mobile Navigationsgeräte in ihren Fahrzeugen. 39 % der Befragungsteilnehmer waren dienstlich unterwegs. Diese Gruppe Abb. 3: Gesamtbewertung der Umleitungsstrecken Abb. 2: Bewertung der Verkehrsqualität auf der Umleitungsstrecke Technologien + Informationssyteme 15 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 beurteilte die genutzte Umleitung mit der Durchschnittsnote von 3,9 deutlich schlechter als die Personen, die privat unterwegs waren. Dieses Ergebnis ist plausibel, denn bei Dienstfahrten werden zeitliche Verzögerungen, Umwege und Verkehrsstörungen allgemein kritischer wahrgenommen als bei Privatfahrten. Zusammenfassend kann festgehalten werden: ̇ Nur ein sehr kleiner Teil von Alternativrouten der Navigationssysteme basiert auf Umleitungsempfehlungen der Landesmeldestelle (weniger als 10 %). ̇ Ein relativ großer Teil von Alternativrouten der Navigationssysteme erfolgt völlig unabhängig von Störungsmeldungen der Landesmeldestelle (hier ca. 35 %). ̇ Viele Alternativrouten der Navigationssysteme sind weder für die Allgemeinheit noch für den nutzenden Verkehrsteilnehmer wirklich vorteilhaft. Parallel zu den empirischen Erhebungen wurde auch eine Reihe Tests mit Navigationsgeräten verschiedener Hersteller durchgeführt. Dabei fiel auf, dass bei gleichen Vorgaben - z. B. Wahl „schnellste Route“ - selbst ohne Vorhandensein von Verkehrsstörungen starke Differenzen bei der voraussichtlichen Fahrtdauer und bei der Streckenlänge zu verzeichnen waren. Keines von sechs getesteten Geräten verschiedener Hersteller hat eine über Wochen dauernde Sperrung einer Autobahnausfahrt berücksichtigt, sondern es erfolgte die Aufforderung, rechts abzufahren. 4 Fazit und Ausblick Navigationsgeräte routen die Verkehrsteilnehmer unabhängig von Empfehlungen der Verkehrsbehörden. Es werden tendenziell viel zu schnell Empfehlungen für Ausweichstellen generiert, um tatsächliche oder auch vermeintliche Störungsabschnitte zu umfahren. Die empfohlenen Umleitungsstrecken sind in vielen Fällen weder grundsätzlich gut geeignet noch leistungsfähig genug, den zusätzlichen Umleitungsverkehr problemlos aufzunehmen. Die Folge: Die Staus auf den Ausweichrouten führen zu vergleichbaren oder sogar längeren Fahrzeiten als die Verlustzeiten beim Verbleib im Autobahnstau. Dieses zentrale Ergebnis der Erhebungen wird inzwischen auch von anderen Experten bestätigt. So rät auch der bekannte Stauforscher Prof. Michael Schreckenberg: „Durchhalten statt rausfahren“, und zur Frage, ob es sich lohne, von der Autobahn abzufahren: „Nein, denn wenn nur 10 % der Autofahrer das Gleiche tun, sind die Bundes- und Landesstraßen meist hoffnungslos überlastet.“ 1 Auch in anderer Hinsicht gibt es bei der Nutzung entsprechender Navigationsdienste noch große Verbesserungspotenziale. Baustellenbedingte Sperrungen z. B. von Autobahn-Anschlussstellen werden in der Regel nicht erkannt und damit auch nicht berücksichtigt. Die hoheitlichen Kenntnisse z. B. zur Aufhebung einer kurzzeitigen Vollsperrung wegen eines Rettungshubschraubereinsatzes - und damit zum voraussichtlich schnellen Abbau eines Staus - werden in Navigationsgeräten typischerweise nicht genutzt; ebenso wenig werden Sondersituationen zu Großveranstaltungen oder die Einrichtung von temporären Einbahnstraßen zu den Großmessen in Hannover/ Laatzen richtig umgesetzt. Die neuen Zusatzdienste zum klassischen TMC, die von einigen Navigationsherstellern angeboten werden, basieren auf der anonymisierten Zellortung von Mobiltelefonen und versprechen „genaueste Informationen zu Verzögerungszeiten, Reisedauer und Ankunftszeit sowie Vorschläge zu Alternativrouten.“ 2 Diese Verfahren bringen auf den Autobahnen offensichtlich detailliertere Informationen, sind aber im untergeordneten Netz sehr unpräzise. Auf Basis der hier beschriebenen Ergebnisse sollen in geeigneten Folgeprojekten konkrete Verbesserungsmöglichkeiten getestet werden. Geplant ist daher, Navigationsdiensten für ihr situationsspezifisches Routing relevante Zusatzinformationen aus den Verkehrsmanagementzentralen auf technischem Wege zur Verfügung zu stellen, um unnötige Umleitungsempfehlungen zu vermeiden. Literaturquellen: 1 PR-Online, 16.07.2010 2 http: / / www.tomtom.com/ services/ service.php? id=2 Summary The Significance of Alternative Routes „The use of a chosen route is re-assessed in line with up-to-date traffic situation notifications“. Messages of this nature can often be heard from a navigational instrument provided it can handle their reception and evaluation. Are the routes chosen to avoid traffic jams always a suitable choice? Transportation science holds rather limited up-to-date records about this subject matter, and they seem to be rather controversial. To remedy this situation, empirical studies have been undertaken over the last couple of years. Branchentreff für Professionellen Mobilfunk und Leitstellen www.PMRExpo.com Exhibition & Marketing Wehrstedt GmbH Hagenbreite 9 · 06463 Ermsleben · Email: PMR@Wehrstedt.org BOS - Digitalfunk Digitalfunk (Betriebs- und Bündelfunk) für ÖPNV, Versorgungsunternehmen, Industrie, Logistik und Fachhandel Leitstellen Alarmierung Tetra, DMR, Paging PMR, PAMR 23.- 25. November 2010 im CongressCentrum Ost, Koelnmesse Fachmesse 23.-25.11.2010 Kolloquium 23.11.2010 Leitstellenkongress 24.11.2010 Kolloquium 25.11.2010 Neu: Application Forum 23.-25.11.2010 Ihr Treffpunkt mit mehr als 2.600 Fachteilnehmern und über 160 Ausstellern. Wir sind für Sie da! Technologien + Informationssysteme 16 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Fritz Busch / Kristina Kebeck / Daniel Monninger Aus- und Weiterbildung im Verkehrswesen Anforderungen auf dem Gebiet der intelligenten Verkehrssysteme Intelligente Verkehrssysteme spielen im Verkehrssektor heutzutage eine zentrale Rolle. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Effizienzsteigerung vorhandener Infrastruktur, ermöglichen die Erhöhung der Verkehrssicherheit, stellen Verkehrsinformation in Echtzeit bereit und vieles mehr. Die rasante Weiterentwicklung in diesem Bereich und die Forderung nach geeignetem Fachpersonal führen dazu, dass die Anforderungen an die Ausbildung stetig steigen. Gleichzeitig erhöht sich der Bedarf an qualifizierter Weiterbildung. Der Beitrag fasst die wichtigsten Ergebnisse einer Studie in Europa zusammen und formuliert künftige Anforderungen. Die Autoren Prof. Dr.-Ing. Fritz Busch, Dipl.-Geogr. Kristina Kebeck, Dipl.-Ing. Daniel Monninger, Technische Universität München, Fakultät für Bauingenieur- und Vermessungswesen, Lehrstuhl für Verkehrstechnik, Arcisstr. 21, 80333 München, Fritz.Busch@vt.bv.tum.de D as Thema der Harmonisierung von Ausbildung in Europa wird in den kommenden Monaten mit dem Abschluss des Bologna-Prozesses stark im öffentlichen Interesse stehen. Die Umsetzung der im Bologna-Prozess vorgeschlagenen Maßnahmen, wie die Einführung eines Systems gut nachvollziehbarer und vergleichbarer Hochschulabschlüsse, die Förderung und Anrechenbarkeit der Mobilität von Studierenden, Lehrkräften und Wissenschaftlern, die Sicherung der Qualität der Bildung, die Berücksichtigung der europäischen Dimension in der Hochschulbildung und die Förderung des lebenslangen Lernens 1 , hat zu einem europaweiten Umbruch der bisherigen Lehrsituation geführt. Die Überprüfung der Maßnahmen nach Abschluss des Bologna-Prozesses in 2010 wird für neue Diskussionen über eine zukünftige Gestaltung von Aus- und Weiterbildung führen. Vor diesem Hintergrund soll die Aus- und Weiterbildungssituation im Verkehrsbereich, genauer im Bereich der sogenannten intelligenten Verkehrssysteme (IVS, englisch: ITS = Intelligent Transport Systems and Services), vertieft betrachtet werden. Hier gab es in den vergangenen Jahren eine durch technischen Fortschritt bedingte besondere Entwicklungsdynamik. Intelligente Verkehrssysteme wurden rasant weiterentwickelt und verbessert. Inzwischen ist hier eine neue Berufssparte herangewachsen. Diese Sparte durch neue Ausbildungsprogramme hinreichend zu bedienen, ist eine notwendige und verantwortungsvolle Aufgabe. Es ist für die europäischen Hochschulen von zentraler Bedeutung, hier den Anschluss nicht zu verlieren. Die Überprüfung des Bildungskonzepts und die Entwicklung von Maßnahmen zur Wissensvermittlung im Bereich ITS sind notwendig, um die Chancen dieser neuen Verkehrstechnologien sinnvoll nutzen zu können und dabei den hohen Anforderungen, die eine moderne Gesellschaft an effiziente und zugleich umweltbewusste Mobilität stellt, jetzt und in Zukunft gerecht zu werden. Stand der Aus- und Weiterbildung in ITS Intelligente Verkehrssysteme spielen im Verkehrsbereich heutzutage eine zentrale Rolle. Die Vorteile der Verkehrstelematik (der hinter ITS stehenden Verkehrstechnologie) sind vielfältig - besonders hervorzuheben sind die Steigerung der Effizienz der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur, die Minimierung von Staus, die Verringerung der Umweltbelastung durch gezielte Verkehrssteuerung sowie die Erhöhung der Verkehrssicherheit. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Professionalisierungstendenzen im Berufsfeld der intelligenten Verkehrssysteme“, gefördert durch das österreichische Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT), wurden umfangreiche Untersuchungen zum Berufsfeld ITS durchgeführt. 2 Als ein Forschungsbereich wurde die europäische Aus- und Weiterbildungssituation untersucht. Das Berufsfeld von Verkehrsfachleuten mit Schwerpunkt ITS ist relativ jung und im besonderen Maße durch schnelle und stetige Weiterentwicklung geprägt. Verschiedene Faktoren generieren für dieses Berufsfeld die Notwendigkeit einer Anpassung der bisherigen Bildungskonzepte: ̇ Die Ausbildung für das Berufsfeld der intelligenten Verkehrssysteme geht bislang nicht tief genug, um ein umfassendes Verständnis zu vermitteln. ̇ Das Themenfeld ITS ist im besonderen Maße durch einen schnell wechselnden Stand der Technik und eine sich stetig weiterentwickelnde Praxis gekennzeichnet. ̇ Insgesamt ist in der betroffenen Fachwelt noch relativ wenig Bewusstsein für die Möglichkeiten dieser oft nach außen hin unsichtbaren Technik vorhanden. ̇ Intelligente Verkehrssysteme gelangen jedoch zunehmend in die Anwendung. ITS ist daher nicht mehr ein Thema, das sich auf Expertengruppen beschränkt. ̇ Durch die Aufstellung eines Aktionsplans und die Verabschiedung der europäischen Richtlinie zur Einführung von intelligenten Verkehrssystemen im Juni 2010 ist europaweit Handlungsbedarf für die zuständigen Verwaltungen entstanden. Generell ist in verschiedenen Ländern Europas eine deutliche Tendenz zu erkennen, dass sich der ITS-Bereich technisch in einem viel schnelleren Tempo weiterentwickelt als die betreffenden Ausbildungsprogramme. Hierdurch entsteht eine Wissenslücke, die geschlossen werden muss. Ausbildung von zukünftigen Praktikern im Bereich ITS erfolgt in Europa momentan in der Regel in den ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen der Hochschulen. Schwächen in der Ausbildung von Verkehrsfachleuten sind ersichtlich, die u. a. darauf beruhen, dass häufig Grundlagenwissen in ITS vermittelt wird, Spezialwissen in ITS jedoch in der Regel nicht Bestandteil der Ausbildung ist. Insbesondere fehlt es häufig an der Darstellung aktueller Bezüge und Vermittlung des neuesten Stands der Technik. Das Fehlen geeigneter Ausbilder, Dozenten sowie Best-Practice- Beispiele zur Veranschaulichung der Inhalte der Verkehrstelematik verstärken in einigen Ländern die unzureichende Ausbildungssituation. Bezüglich der Weiterbildung im Bereich der Verkehrstelematik wird deutlich, dass es nicht genügend Angebote gibt, die unabhängig sind und wertfreies Wissen vermitteln. Die meisten diesbezüglichen Offerten sind kommerzi- Technologien + Informationssysteme 17 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 ell angelegt, werden von der Industrie gehalten oder sind inhaltlich stark durch sie geprägt. Des Weiteren zeigt sich, dass ein großer Bedarf an Informationen besteht und eine Vielzahl an ITS-Themen aus Individualverkehr, öffentlichem Personennahverkehr sowie aus dem Bereich der Logistik nachgefragt wird. Zukünftige Gestaltung von Aus- und Weiterbildung im Bereich ITS Eine fundierte Ausbildung wird als das wichtigste Instrument identifiziert, um Wissen im Bereich der intelligenten Verkehrssysteme zu generieren, sei es als Vertiefung während des Studiums oder als Weiterbildungskurs. Zur Verbesserung und Verstetigung des Wissens sollten die Ausbildung sowie die Weiterbildung von Verkehrsfachleuten grundlegend überdacht und den Anforderungen des Marktes entsprechend reformiert werden. Dazu sollte es zu einer neuen Gestaltung bestehender Studiengänge mit Anknüpfungspunkten zur Verkehrstelematik kommen, um das Defizit zwischen der Ausbildung von Fachleuten und den Anforderungen des Marktes unmittelbar zu schließen. Deutlicher als bisher sollte die Ausbildung berücksichtigen, dass die Anwender- und Kundensichtweisen heutzutage von entscheidender Bedeutung für den Erfolg von ITS-Lösungen sind. Zur spezifischen Gestaltung der Ausbildung in ITS sollten Fachleute aus der Praxis mit in die Ausbildung einbezogen werden. Neben Vorträgen oder Seminaren von ITS- Anwendern an Hochschulen sind Praktika und Diplomarbeiten bei Unternehmen gute und notwendige Ausbildungsmöglichkeiten. Eine stärkere Integration von ITS-Themen in die Ausbildung wird gefordert. Entsprechendes Grundlagenwissen in Verkehrstechnik und Verkehrsplanung bleibt dabei jedoch immer die wichtigste Voraussetzung; eine zu starke Spezialisierung der Studieninhalte allein auf ITS wird allgemein nicht als zwingend notwendig erachtet. Für angehende Verkehrsfachleute ist eine solide Grundausbildung in einer der Disziplinen, die in ITS zur Anwendung kommen, von entscheidender Bedeutung. Auf dieser Basis sollte eine berufsbegleitende, dauerhafte Weiterbildung in Themen der Verkehrstelematik umgesetzt werden. Gefordert wird auch ein größeres Angebot an ein- und mehrtägigen Weiterbildungen im Bereich der Verkehrstelematik, um der schnellen Entwicklung in diesem Aufgabenfeld Rechnung zu tragen. Das Ziel von eintägigen Veranstaltungen sollte es sein, einen Überblick über Möglichkeiten und Chancen von intelligenten Verkehrssystemen zu geben sowie aktuelle Projekte vorzustellen. Zielgruppe dieser kurzen und inhaltlich nicht zu stark in die Tiefe gehenden Veranstaltungen sollten Personen sein, die in ihrer Arbeit mittelbar mit intelligenten Verkehrssystemen arbeiten und Entscheidungen treffen müssen. Des Weiteren sollte es zweibis dreitägige Weiterbildungskurse geben, in denen detailliert und intensiv verschiedene Themen von ITS abgehandelt werden. Neben einem kurzen Überblick sollten hier der aktuelle Stand der Technik sowie anhand verschiedener Praxisbeispiele auch Zukunftsideen bzw. -tendenzen vorgestellt werden. Derartige Kurse können auch die Abhandlung sehr spezifischer Themen zum Inhalt haben. Zielgruppe dieser Weiterbildungskurse wären professionelle Anwender von ITS. Nachgefragt werden Themen aus allen Bereichen der Verkehrstelematik, insbesondere ̇ Verkehrsinformations- und Navigationssysteme ̇ intelligente Mautsysteme ̇ rechnergestützte Betriebsleitsysteme (Intermodal Transport Control Systems) im ÖPNV ̇ Fahrzeugflottenmanagement ̇ intelligentes Verkehrsmanagement (innerorts und außerorts) ̇ ITS im intermodalen Stadtverkehr ̇ kooperative Systeme (Vehicle-to-X- Communication) ̇ ITS zur Steigerung der Verkehrssicherheit. Weiterbildungsangebote in einem vergleichbaren Format sind derzeit nicht vorhanden. Es sollte angestrebt werden, ein jährliches Kursprogramm aufzulegen, in dem nach Möglichkeit alle wichtigen ITS- Themen abgedeckt sind. Ein Ausbau von Weiterbildungskursen hin zu einem modularen System und einem qualifizierenden Abschluss wird für die Zukunft als weitere Möglichkeit gesehen, eine stärkere Professionalisierung in diesem Berufsfeld zu erlangen. Die Konzeption, Organisation und Durchführung von solchen Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich ITS sollten durch eine unabhängige Einrichtung durchgeführt werden, um eine objektive Wissensvermittlung zu ermöglichen. Hierfür bietet sich das Bildungsnetzwerk ITS- EduNet e.V. als geeignete Institution an. Diese gemeinnützige und neutrale Organisation wurde aus der notwendigen Einsicht heraus gegründet, die Aus- und Weiterbildung auf dem ITS-Sektor zu verbessern. Namhafte europäische Hochschulen sowie ITS-Verbände haben sich in diesem Netzwerk zusammengeschlossen (aktueller Mitgliederstand siehe Tabelle ). ITS- EduNet hat zum Ziel, das Ausbildungsniveau im Bereich der Intelligenten Verkehrssysteme auf internationaler Ebene zu verbessern und den Wissensstand zu vernetzen und zu harmonisieren. Zudem soll auf politischer Ebene ein Bewusstsein für die Bedeutung und Notwendigkeit einer guten Ausbildung geschaffen werden. Sowohl im Bereich der Ausbildung von zukünftigen Verkehrsfachleuten wie auch im Bereich der berufsbegleitenden Weiterbildung von Verkehrstelematikern besteht ein großer Bedarf, die Professionalisierung voranzutreiben. Eine fundierte Ausbildung, zugleich aber auch eine andauernde Weiterbildung von Verkehrsfachleuten sind notwendig, um den hohen Anforderungen, die eine moderne Mobilität stellt, jetzt und in Zukunft gerecht zu werden. 1 http: / / europa.eu/ legislation_summaries/ education_ training_youth/ general_framework/ c11088_de.htm 2 Das Projekt wurde durchgeführt von der Fachhochschule Technikum Wien (Federführung), der Unternehmensberatung 3s sowie dem Lehrstuhl für Verkehrstechnik der TU München im Auftrag von ITS EduNet e.V.; Projektlaufzeit Februar 2009 bis Januar 2010. Detaillierte Ergebnisse der Studie sind unter www.its-edunet.org allgemein zugänglich. Die Autoren danken Herrn Dr. Günter Essl für seine Anregungen bei der Erstellung dieses Beitrags. Mitglieder des Netzwerks ITS-EduNet (Stand August 2010) Institution Land Technische Universität München, Lehrstuhl für Verkehrstechnik Deutschland University of Southampton, Transportation Research Group Vereinigtes Königreich Czech Technical University Tschechien Fachhochschule Technikum Wien Österreich Kungliga Tekniska Högskolan, Department of Infrastructure Schweden University of Ljubljana, Traffic Technical Institute Slowenien Technische Universität Graz Österreich Linköping University Schweden Politecnico di Torino Italien ITS Bretagne Frankreich ITS Norway Norwegen Infrastruktur + Verkehrspolitik 18 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Umgerüstete A310-300F Foto: Emirates Alexander Eisenkopf / Andreas Knorr / Silvia Rucinska Antidumpingregeln für Luftverkehr? Der Fall Emirates Im November 2009 wurde die Fluggesellschaft Emirates unter Androhung einer erheblichen Geldbuße von bis zu 25 000 EUR durch das Deutsche Bundesamt für Güterverkehr (BAG), welches dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung unterstellt ist, zu Preisaufschlägen für bestimmte Tickets verpflichtet. Das BAG moniert in seinem Schreiben eine „Marktstörung“. Im Sinne des „öffentlichen Verkehrsinteresses“ habe das Amt zudem die Aufgabe, stichprobenweise die Preisführerschaft im Luftverkehr zu untersuchen. Die Autoren Prof. Dr. Alexander Eisenkopf, Zeppelin University Friedrichshafen, Prof. Dr. Andreas Knorr, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und PhD Silvia Rucinska, Pavol Josef Šafárik University Košice; alexander.eisenkopf@zeppelin-university.de, knorr@dhv-speyer.de, silvia.rucinska@upjs.sk M an berief sich bei diesem Vorgang auf eine besondere Regelung, die (in einem geheimen Protokoll) in vielen älteren bilateralen Luftverkehrsabkommen (ASA) enthalten ist, welche zwischen Deutschland und den meisten Nicht- EU-Staaten verhandelt wurden. Diese Regelung untersagt Nicht-EU-Fluggesellschaften, eine Preisführerschaftsstrategie zu verfolgen, um sie am „Missbrauch“ ihrer Verkehrsrechte der 6. Freiheit zu hindern. Weil Flugdienste nicht durch Antidumpingregeln der Welthandelsorganisation (WTO) abgedeckt werden, die als Ergänzungsteil des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) nur auf den Warenhandel und ohnehin nicht auf den Handel mit Dienstleistungen zutreffen, greifen die oben genannten ASA-Bestimmungen als Substitute. Vor diesem Hintergrund diskutiert der vorliegende Beitrag die Vor- und Nachteile der bestehenden Antidumpingregeln zu Luftverkehrsdienstleistungen aus rechtlicher und ökonomischer Perspektive. Im ersten Teil wird nach einer kurzen Beschreibung der fortlaufenden Debatte zwischen der deutschen Regierung und der Fluggesellschaft Emirates ein Überblick der im WTO-Rahmen und speziell im „Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen“ (GATS) geltenden luftverkehrsspezifischen Vorschriften gegeben. Einer vergleichenden Beurteilung der Antidumpingregeln der WTO und der Wettbewerbsrichtlinien der EU im Hinblick auf das Problem der ruinösen Preisunterbietung widmet sich der zweite Teil dieses Beitrags. Anschließend werden sowohl die Antidumpingregeln als auch die Wettbewerbsrichtlinien der EU auf den Emirates- Fall angewendet. Das Papier kommt zu der Schlussfolgerung, dass die jeweiligen rechtlichen und ökonomischen Ergebnisse erheblich differieren. Während unter Antidumpingvorschriften lokal etablierte Betreiber hervorragende Möglichkeiten besitzen, Sanktionen gegen ihre ausländische Konkurrenten zu bewirken, wären dieselben Preissetzungsstrategien - d. h. konkret die preisliche Unterbietung lokaler Rivalen - unter den Wettbewerbsregeln der EU in den allermeisten Fällen rechtlich zulässig. Infrastruktur + Verkehrspolitik 19 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Preisdumping bei Emirates? Ein Fallüberblick Die meisten derzeit gültigen bilateralen Luftverkehrsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten der EU und Drittländern beinhalten eine - geheime - Regelung, welche es nicht in der EU domizilierenden Luftfahrtunternehmen verbietet, die Tarife von EU-Airlines als Teil einer Preisführerschaftsstrategie zu unterbieten. Demnach soll etwa die Preishoheit auf internationalen Relationen ex Deutschland primär den designierten Luftfahrtunternehmen und Wettbewerbern aus EU-Mitgliedstaaten vorbehalten sein. Von dieser Regelung wurde allerdings bis zu dem genannten Zeitpunkt im November 2009, als das Bundesamt für Güterverkehr die Fluggesellschaft Emirates verpflichtete, ihre Ticketpreise um bis zu 20 % zu erhöhen, noch nie von einem EU- Mitgliedstaat Gebrauch gemacht. Der Fall betraf Business Class Tickets von Emirates auf den Strecken Frankfurt - Johannesburg, Hamburg - Singapur und Berlin - Singapur, deren Preise unterhalb der Konditionen von Lufthansa und anderen EU-Carriern lagen. Im Falle der Nichtbeachtung wurde Emirates eine Geldstrafe von bis zu 25 000 EUR angedroht. Alternativ hatte Emirates den Ticketverkauf zu den durch die Behörde beanstandeten Preisen vollständig einzustellen. Emirates gab seinerzeit der Anordnung des Bundesamtes nach, reichte aber umgehend eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission ein; eine Entscheidung der Kommission über diese Beschwerde steht derzeit noch aus. Nicht erwiesenen Marktgerüchten zufolge - obwohl eindringlich von der Airline abgewiesen -, wurde die Maßnahme der Behörde durch die Deutsche Lufthansa AG angestoßen. Die Gerüchte werden aber durch die Tatsache unterstützt, dass Lufthansa eine lange Geschichte erfolgreicher Lobbyarbeit gegen den Markteintritt arabischer Fluggesellschaften in den deutschen Markt aufweist. Beispielsweise überzeugte die Airline vor wenigen Jahren das Bundesverkehrsministerium, Luftfahrtunternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten keinen Zugang zu weiteren als den gegenwärtig zugänglichen vier deutschen Flughäfen (Frankfurt, München, Düsseldorf, Hamburg) zu gewähren, nachdem Emirates zusätzliche Verkehrsrechte anfragte, um Berlin und Stuttgart zu bedienen. Infolgedessen bleiben Emirates (ebenso wie ETIHAD aus Abu Dhabi) diese beiden Ziele bis mindestens 2011 (Berlin) bzw. 2016 (Stuttgart) verwehrt. Erstaunlich ist dabei, dass eine der vom BAG monierten Strecken einen deutschen Flughafen betraf, den Emirates mangels Verkehrsrechten derzeit noch gar nicht bedienen darf: Berlin. Schließlich wurden die Tarife der Lufthansa in dem von der Behörde betrachteten Zeitraum nicht nur von Emirates, sondern auch von einer Reihe anderer Carrier - einschließlich einiger nicht in der EU ansässiger Star Alliance- und sonstiger Kooperationspartner der Lufthansa - regelmäßig unterboten. Insgesamt ist offensichtlich, dass insbesondere Lufthansa und ihre Kooperationspartner, die auf den beanstandeten Relationen Non-Stop-Verbindungen anbieten, vom Markteingriff des BAG profitieren. Die WTO und Luftfahrt Mit 153 Mitgliedstaaten ist die Welthandelsorganisation die mit Abstand wichtigste internationale Institution, welche die Liberalisierung des grenzüberschreitenden Handels fördert und vereinfacht, indem sie ein Forum zur Entwicklung international anerkannter Handelsregeln bietet und gleichzeitig (potenziell) unfaire Handelsmethoden durch ihr Streitbeilegungsverfahren sanktioniert. Die WTO ist die Dachorganisation der Verträge GATT, GATS (Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) und TRIPS (Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum). Im Bereich des Warenhandels wird das GATT durch einige weitere spezielle Abkommen ergänzt, die eine Vielzahl an Sachverhalten der Handelspolitik (Subventionen, Dumping, technische Normen, etc.) oder branchenspezifische Themen adressieren (z. B. Landwirtschaft, Textilien und Bekleidung). Abgesehen von den sogenannten multilateralen Übereinkommen über den Handel mit Zivilflugzeugen ist die Anwendung der WTO-Regeln auf Dienstleistungen der Luftfahrt jedoch derzeit äußerst begrenzt. Bisher wurden nur drei Arten zusätzlicher Serviceleistungen durch die GATS-Regeln in einem speziellen Annex abgedeckt: Reparatur- und Wartungsdienste, der Verkauf und das Marketing von Luftverkehrsdienstleistungen und die Computerreservierungssysteme. Hinsichtlich des Verkaufs von Luftverkehrsdienstleistungen wird die Preisbildung allerdings explizit vom GATS ausgenommen. Auch das Thema der Verkehrsrechte und sogar die Bodenverkehrsdienste bleiben in vollem Umfang ausgeschlossen. Damit ist zwar klar, dass die WTO-Antidumpingregeln zunächst nicht für Luftverkehrsdienstleistungen gelten, weil die Preisbildung für Luftverkehrsdienste nicht Gegenstand des GATS ist. Da allerdings viele bilaterale Luftverkehrsabkommen Bestimmungen enthalten, die den WTO- Antidumpingvorschriften weitgehend entsprechen, wird im Folgenden stellvertretend anhand der WTO-Antidumpingvorschriften und -Verfahrensregeln argumentiert. Der ursprüngliche Dumpingbegriff und seine Erweiterungen In seiner klassischen Abhandlung aus dem Jahre 1923 definierte Viner Dumping als „Price-discrimination between national markets“. 1 Seither spricht man immer dann von ‚normalem‘ Dumping, wenn der Verkaufspreis der Ware in ihrem Ursprungsland über dem Verkaufspreis im Importland liegt. Zudem hat es sich eingebürgert, die Schädlichkeit des ‚normalen‘ Dumpings anhand seiner Dauer oder anhand der ihm zugrunde liegenden Motive zu beurteilen. Die Auswirkungen der Dauer des Dumping für das Importland werden in der wissenschaftlichen Diskussion jedoch nicht einheitlich beurteilt. 2 Anders verhält es sich bei der zweiten Kategorie. Als sanktionswürdig gilt hier nur das ‚räuberische‘, beziehungsweise ‚Predatory‘ Dumping. Es liegt vor, wenn ein ausländischer Anbieter durch Kampfpreise versucht, seine inländischen Konkurrenten zu schädigen oder sogar zu verdrängen, um im Importland eine Monopolstellung zu erlangen. Ökonomisch ist dies jedoch unerwünscht, da im Gegensatz zu normalen wettbewerblichen Selektionsprozessen beim Verdrängungswettbewerb nicht der leistungsfähigste Anbieter, sondern ein eigentlich leistungsschwächerer Anbieter überlebt, allein weil er über eine gewisse Marktmacht verfügt. 3 Entscheidend ist beim ‚räuberischen‘ Dumping also nicht die Tatsache der Preisdifferenzierung als solche, sondern die wegen ihrer wohlfahrtsmindernden Folgen verwerfliche Absicht, die der Dumper verfolgt. Der Anwendungsbereich des Antidumpingrechts wurde Ende der 1970er Jahre mit der Einführung des Kostendumpings als zusätzlichem Tatbestand wesentlich ausgedehnt; hiergegen richtet sich inzwischen die überwiegende Mehrzahl aller Antidumpingklagen. Von Kostendumping spricht man, wenn der Exportpreis eines Gutes unter den Durchschnitts- oder Grenzkosten der Produktion liegt. Beide Dumpingkriterien sind durchaus kompatibel, so dass ein Unternehmen gleichzeitig Kostendumping und internationale Preisdiskriminierung betreiben kann. 4 Kostendumping ist allerdings weder im Artikel VI des GATT noch im ergänzenden GATT-Antidumpingübereinkommen 5 explizit erwähnt. Zustande kam diese Ausweitung des Dumpingtatbestands durch ein Gentlemen’s Agreement der USA, der EG, Kanadas und Australiens, das während der Tokio-Runde kurz vor der Abstimmung über den neugefassten GATT-Antidumpingkodex getroffen wurde. Darin vereinbarten die beteiligten Staaten, die Antidumpingregeln künftig auch auf Importwaren anzuwenden, deren Verkaufspreis unter ihren auf Vollkostenbasis ermittelten Herstellkosten liegt. Diese Rechtsauffassung wurde bislang von keinem GATT- Panel in Frage gestellt. Antidumpingregeln und Wettbewerbsregeln im Vergleich Die gemeinsamen Wurzeln von Wettbewerbs- und Antidumpingregeln Antidumpingregeln wurden ursprünglich eingeführt, um auch ausländische Anbieter an wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen hindern zu können, sofern diese sich auf inländische Märkte auswirkten oder auszuwirken drohten. Im Laufe der Zeit entfernte sich das Antidumpingrecht jedoch nicht nur von seinen anfänglichen Zielsetzungen, sondern auch erheblich von den in der Wettbewerbspolitik und im Wettbewerbsrecht üblichen Normen und Standards. Anders als diese, welche sich Infrastruktur + Verkehrspolitik 20 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 dem wettbewerbstheoretischen und industrieökonomischen Erkenntnisfortschritt gemäß kontinuierlich weiterentwickelten und dadurch beträchtlich an Leistungsfähigkeit gewannen, behielt das Antidumpingrecht zudem bis heute unverändert seine ursprüngliche rein preistheoretische Basis bei. 6 Wettbewerbsregeln ̇ Schutzobjekt und Zielsetzung. Aufgabe der Wettbewerbspolitik ist es, individuelle oder kollektive Wettbewerbsbeschränkungen zu unterbinden, um so den Wettbewerb als Institution zu schützen. Ihr ausschließliches Ziel ist es also, wettbewerbliche Marktprozesse (wieder) in Gang zu setzen und auf Dauer zu sichern, damit diese ihre hinlänglich bekannten gesamtwirtschaftlich vorteilhaften Funktionen erfüllen können. Mit dieser Zielsetzung per se unvereinbar ist insbesondere jede staatliche Bestandsgarantie für nicht (mehr) wettbewerbsfähige Unternehmen. ̇ Verfahrensschritte bei ‚Predatory pricing‘-Verdacht. Die ökonomische Rationalität preislicher Verdrängungsstrategien wird in der jüngeren wettbewerbstheoretischen und industrieökonomischen Literatur derzeit wieder sehr kontrovers debattiert. 7 Als wichtigstes Zwischenergebnis dieser Diskussion kann festgehalten werden, dass die Erfolgsaussichten einer ‚Predatory pricing‘-Strategie oder deren glaubwürdige Androhung, um Wettbewerber zu disziplinieren, nach herrschender Meinung nur unter bestimmten marktstrukturellen Voraussetzungen günstig sind. In der wettbewerbspolitischen Praxis prüfen die Kartellämter einen ‚Predatory pricing‘-Verdacht deshalb in einem mehrstufigen Verfahren: 8 - Schritt 1: Abgrenzung des relevanten Marktes mit dem Ziel, möglichst alle aktuellen und potenziellen Anbieter eines Gutes oder etwaiger Substitute zu identifizieren - Schritt 2: Prüfung der Marktbeherrschung - Schritt 3 (falls sich eine marktbeherrschende Stellung nachweisen lässt): Liegt Missbrauch in Form von ‚Predatory pricing’ vor? Antidumpingregeln ̇ Schutzobjekt und allgemeine Zielsetzung. Dumping ist laut GATT nicht generell verboten. Gleichwohl ist es der davon betroffenen Vertragspartei gestattet, Abwehrmaßnahmen zu ergreifen. Voraussetzung ist allerdings, dass besagtes Dumping nachweislich “einer bei einem Vertragspartner bestehenden Produktion erheblichen Schaden verursacht oder zu verursachen droht oder wenn es die Schaffung einer inländischen Produktion empfindlich verzögert“ (Art. VI Abs. 1); die Beweislast liegt dabei beim Kläger. Das Schutzobjekt des Antidumpingrechts ist somit, anders als beim Wettbewerbsrecht, nicht volkswirtschaftlicher, sondern einzelwirtschaftlicher Natur. Es dient nicht dem Schutz des Wettbewerbs als Institution, sondern dem Schutz inländischer Anbieter vor (angeblich) ‚unfairer‘ ausländischer Konkurrenz. ̇ Verfahrensschritte bei Dumping-Verdacht. Verfahrenstechnisch unterscheidet sich das Antidumpingrecht erheblich von den Usancen der Missbrauchsaufsicht. Das ebenfalls mehrstufige Verfahren läuft folgendermaßen ab: - Schritt 1: Berechnung des Normalwerts als Maßstab dafür, ob eine positive Dumpingspanne vorliegt. - Schritt 2 (falls sich eine Dumpingspanne nachweisen lässt): Analyse, ob der klageführende inländische Industriezweig ursächlich durch das Dumping bedeutend geschädigt wird, mittels vier Teilprüfungen: - Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes - Prüfung, welche Anbieter dem inländischen Wirtschaftszweig angehören - Untersuchung, ob eine bedeutende Schädigung des inländischen Wirtschaftszweigs vorliegt - Analyse, ob diese ursächlich auf das Dumping zurückzuführen ist. Kritische Würdigung des Antidumpingrechts aus wettbewerbspolitischer Sicht ̇ Verfehlte theoretische Basis. Die im Antidumpingrecht ganz pauschal vorgenommene Bewertung jeglicher räumlicher Preisdifferenzierung als ‚unfaire Praxis“ beziehungsweise als Missbrauch von Marktmacht ist wettbewerbstheoretisch nur zu rechtfertigen, wenn man das Leitbild der vollständigen Konkurrenz als wirklichkeitsgetreuen Maßstab für ‚fairen‘ Wettbewerb ansieht. Die Wettbewerbspolitik folgt dieser Konzeption jedoch wegen der äußerst unrealistischen Modellannahmen und der daraus resultierenden extremen Anfälligkeit für Fehler erster Ordnung schon lange nicht mehr. Kurz gesagt führt dieses Leitbild also sehr oft dazu, dass normale, also wettbewerbspolitisch völlig unbedenkliche beziehungsweise ‚faire‘ unternehmerische Verhaltensweisen fälschlicherweise als wettbewerbsbeschränkende, ‚unfaire‘ Praktiken fehlgedeutet und untersagt werden. Wettbewerbsprozesse werden somit vielfach unterbunden statt gefördert. 9 Genau dies trifft ohne jede Einschränkung auch für das Antidumpingrecht zu. Bei weitem nicht jede als Dumping klassifizierte Preispolitik eines ausländischen Anbieters ist folglich per se wettbewerbspolitisch bedenklich. So lassen sich nach dem Kenntnisstand der heute allgemein akzeptierten dynamisch-evolutorischen Markt- und Wettbewerbstheorie und der marktdynamischen Erklärungsansätze des Außenhandels 10 vielschichtige Motive und Ursachen für das im Antidumpingrecht völlig undifferenziert unter dem Sammelbegriff ‚unfaires‘ Dumping subsumierte Preissetzungsverhalten ausländischer Anbieter identifizieren: 11 - Gewinnmaximierung durch räumliche Preisdifferenzierung aufgrund unterschiedlicher Preiselastizitäten der Nachfrage im Import- und im Ursprungsland der Ware. Der ausländische Anbieter muss seine Preise also an das im Vergleich zu seinem Heimatmarkt niedrigere Niveau im Importland anpassen, um dort wettbewerbsfähig zu bleiben; - zeitlich befristete Einführungspreise (‚Penetration pricing‘); - Verlustminimierung: Die infolge einer Überschätzung der Nachfrage ungeplant angefallenen Lagerbestände sollen durch sehr niedrige Preise abgebaut werden; - ausgeprägte Economies of scale, Lernkurven- oder Netzeffekte, die eine Mischkalkulation über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg notwendig machen, um das Ziel der Gewinnmaximierung zu erreichen; - Verdrängungswettbewerb durch nicht kostendeckende Absatzpreise (‚Predatory dumping‘). Wettbewerbspolitisch problematisch und somit als ‚unfaires‘ Verhalten zu unterbinden ist nur Letzteres, aber auch nur dann, wenn der ausländische Anbieter wegen seiner Marktmacht in der Tat missbräuchlich agieren könnte. Alle anderen Dumpingmotive sind dagegen unbedenklich, weil sie wettbewerbskonforme Preissetzungsstrategien darstellen. 12 Nicht übersehen werden sollte hierbei auch, dass der Marktzutritt preisaggressiver ausländischer Anbieter im Importland den Wettbewerb insbesondere dann spürbar (wieder) beleben kann, wenn sich das fragliche Produkt dort bereits in einer späteren Marktphase befindet, die heimischen Anbieter sich also schon der zwischen ihnen bestehenden Aktions-Reaktions-Verbundenheit bewusst sind und der Wettbewerbsprozess deshalb gleichsam ‚eingeschlafen’ ist. 13 ̇ Gravierende Verfahrensmängel. Dass die Regularien von Antidumpingverfahren dem Inland zahlreiche Möglichkeiten zur systematischen Benachteiligung der beklagten ausländischen Anbieter bieten, wurde in der Literatur bereits sehr umfassend und überzeugend dokumentiert. Gleiches gilt für die Feststellung, dass die Auswirkungen des Dumping auf das Importland lediglich partialanalytisch erfasst werden. Positive Wirkungen auf die Konsumenten infolge niedrigerer Endverbraucherpreise und auf die Wettbewerbsfähigkeit derjenigen inländischen Unternehmen, welche die gedumpten ausländischen Erzeugnisse als Vorleistungen nutzen, bleiben bei der Ermittlung der Schädigung durch „Predatory damping“ zum Beispiel völlig unberücksichtigt. Auf eine Diskussion auch dieser Aspekte soll jedoch an dieser Stelle verzichtet werden. 14 Bislang weitgehend unbeachtet blieb dagegen das ungleich größere Diskriminierungspotenzial, das daraus resultiert, Infrastruktur + Verkehrspolitik Antidumpingklagen wegen eines zu geringen Marktanteils der ausländischen Anbieter bereits an dieser Hürde scheitern. 15 ̇ Perverse Anreize: Antidumpingregeln als Ursache von Wettbewerbsbeschränkungen. Das Antidumpingrecht stellt zweifelsohne einen Fremdkörper im GATT-System dar. Es erlaubt den Mitgliedstaaten, sich relativ mühelos zwei fundamentalen Grundprinzipien des GATT - der Nichtdiskriminierung und der Zollbindung - zu entziehen. Dies gilt insbesondere im Vergleich zu den wesentlich strengeren Kriterien, die sie erfüllen müssten, um auf der Grundlage der spezifischen Schutzklausel des Art. XIX von ihren Pflichten freigestellt zu werden. Diese Vorschrift, die den Mitgliedstaaten temporäre Schutzmaßnahmen zur Abwehr „ernstlicher“ Schädigungen inländischer Produzenten „infolge einer unvorhergesehenen Entwicklung der Umstände oder infolge (ihrer GATT-)Verpflichtungen“ erlaubt, wurde faktisch jedoch fast vollständig durch die Antidumpingregeln des Art. VI ersetzt. Erklären lässt sich dieser Substitutionsprozess mit der außergewöhnlichen Leichtigkeit, mit der sich interessierte Kreise im Inund(! ) Ausland des Antidumpingrechts bedienen können, um GATT-konform den Wettbewerb zu ihren Gunsten zu beschränken: dass die Verfahrensregeln des Antidumpingrechts von denen der Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen in einigen zentralen Punkten signifikant abweichen. So folgen die zuständigen (inländischen) Behörden bei der Überprüfung von Antidumpingklagen zunächst in aller Regel der sachlichen Marktabgrenzung der Antragsteller ohne eigene Untersuchungen anzustellen; die Marktabgrenzung bleibt somit faktisch dem klageführenden inländischen Wirtschaftszweig beziehungsweise dem stellvertretend als Kläger auftretenden Branchenverband überlassen. Mangels einschlägiger rechtlicher Vorgaben gilt als räumlich relevanter Markt - und zwar ebenfalls ohne dass dies näher überprüft würde - fast immer nur das Importland selbst. Besonders gravierend ist jedoch, dass der bei der Missbrauchsaufsicht zwingend vorgeschriebene Nachweis, dass das beklagte Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung auf dem relevanten Markt besitzt - ohne den wohlgemerkt grundsätzlich keine entsprechenden wettbewerbsrechtlichen Sanktionen verhängt werden dürfen -, in Antidumpingverfahren generell nicht erbracht werden muss. Bestünde diese Nachweispflicht dagegen auch im Antidumpingrecht, würde einschlägigen empirischen Untersuchungen zufolge ein Großteil aller - Der Vorteil für die inländische Regierung besteht darin, dass ihr das Antidumpingrecht anders als die spezifische Schutzklausel erlaubt, inländischen Protektionismus- und damit letztlich Rent-seeking-Interessen gezielter und ‚kostengünstiger‘ nachzugeben. Nicht nur gestattet das Antidumpingrecht selektive Schutzmaßnahmen; bei Schutzmaßnahmen gemäß Art. XIX darf dagegen, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht gegen das Prinzip der Nichtdiskriminierung verstoßen werden. Auf die im unmittelbaren Vergleich niedrigere Eingriffsschwelle - Voraussetzung ist nur der Nachweis einer ‚erheblichen‘ (Art. VI) anstatt einer ‚ernstlichen‘ Schädigung (Art. XIX) - wurde bereits hingewiesen. - Den inländischen Anbietern bietet das geltende Antidumpingrecht nicht nur die Möglichkeit zu einer Strategie des „Raising rivals‘ costs“ - die erfolgreich ist, wenn in der Tat ein Antidumpingzoll erhoben wird. Zudem kann bereits die glaubwürdige Androhung einer Antidumpingklage angesichts der aus Sicht der Kläger sehr guten Erfolgsaussichten die davon mutmaßlich betroffenen ausländischen Anbieter dazu veranlassen, ihre Verkaufspreise ‚freiwillig‘ auf das Niveau im Importland zu erhöhen, eine Kartellabsprache mit den inländischen Anbietern zu treffen Neben gro ß en P ro j ekten wie dem Neu- und A usbau der BahnverbindungM ü nchen − Ber l inmitdenNeubaustrecken Ebensfe l d − Erfurt und Erfurt − Ha ll e − L eipzig werden im ganzen L and tausende Einze l ma ß nahmen rea l isiert − vom Ersatz von ü ber hundert jä hrigen Br ü cken und T unne l n bis zur Modernisierung von Bahnh ö fen oder Bahn ü berg ä ngen. Einen Einb l ick in die Vie l fa l t der P ro j ekte des J ahres 20 1 0 und der damit verbundenen Herausforderungen gibt dieses Buch mit seinen zah l reichen Fachbeitr ä gen von Ingenieuren aus Bauwirtschaft und Ingenieurb ü ros. Infrastrukturprojekte 2010 B auen bei der D eutschen B ahn K ontakt: DVV Media Group GmbH l Eurai l press · T e l efon : +49 4 0 / 2 37 14 - 44 0 Fa x: +49 4 0 / 2 37 14 - 4 50 · E-Mai l: buch @ dvvmedia.com Hrsg.: DB Projektbau GmbH Technische Daten: ISBN 978 - 3 - 7771 -0 414 -0 16 0 Seiten, Format : A4 Preis: € 4 2,00 ( ink l . MwSt, zzg l . Versand ) NEU Weitere Informationen finden Sie unter: www.eurail p ress.de / infrastruktur Infrastruktur + Verkehrspolitik 22 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 15 Vgl. Messerlin (1990). 16 Vgl. Reuter (1996). 17 Es gibt täglich nur sieben Flüge zwischen den vier Städten in Deutschland und Dubai (in beide Richtungen). Zusätzlich ist Emirates in seinem Wachstum durch die zuvor genannten Beschränkungen des bilateralen Luftverkehrsabkommens zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten eingeschränkt. 18 Vgl. Finger (1993). Literatur Bolton, P.; Brodley, J.; Riordan, M. (2000): Predatory Pricing: Strategic Theory and Legal Policy, Georgetown Law Journal 88, S. 2239 - 2330. Carlton, D. W.; Perloff, J. M. (2005): Modern Industrial Organization, 4 th ed. Boston et. Al. Finger, J. M. (1993): Antidumping. How It Works and Who Gets Hurt, Ann Arbour. Grossmann, H. (1998): Integration der Märkte und wettbewerbspolitischer Handlungsbedarf, HWWA Diskussionspapier 65, HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung Hamburg. IATA (1999): Liberalisation of Air Transport and the GATS. IATA Discussion Paper, Montréal, October 1999. Knieps. G. (2008): Wettbewerbsökonomie. Regulierungstheorie, Industrieökonomie, Wettbewerbspolitik, 3. Aufl., Berlin, Heidelberg. Lux, M. (1992): Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Antidumpingrecht. Teil 2, Recht der internationalen Wirtschaft (RIW) 38, S. 34 - 43. Messerlin, P. (1990): Antidumping, J. Schott (Hrsg.): Completing the Uruguay Round: A Results-Oriented Approach to the GATT Trade Negotiations, Washington, S. 108 - 129. Niels, G., Ten Kate, A. (1997): Trusting Antitrust to Dump Antidumping - Abolishing Antidumping in Free Trade Agreements Without Replacing it with Competition Law, Journal of World Trade, 31/ 6, S. 29 - 43. Oberender, P. (1988): Marktdynamik und internationaler Handel, Tübingen. Oberender, P.; Väth, A. (1986): Markttransparenz und Verhaltensweise, Das Wirtschaftsstudium 15, S. 191 - 196. Ordower, J. A.; Sykes, A. O.; Willig, R. D. (1982): Unfair International Trade Practices, Journal of International Law and Politics, Vol. 15/ 1, S. 323 - 337. Peters, E.-M. (1996): Antidumping-Politik - eine theoretische und empirische Analyse am Beispiel der EG, Baden-Baden. Reuter, R. (1996): Dumping aus marktökonomischer Sicht, Wiesbaden. Schmidt, I. (2005): Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, 8. Aufl., Stuttgart. Stegemann, K. (1990): EC Anti-Dumping Policy: Are Price Undertakings a Legal Substitute for Illegal Price Fixing? , Weltwirtschaftliches Archiv 126, S. 268 - 297. Viner, J. (1923): Dumping: A Problem in International Trade, Chicago. WTO (1994): Agreement on Implementation of Article VI of the General Agreement on Tariffs and Trade, Internetdokument: http: / / www.wto.org/ english/ docs_e/ legal_e/ 19adp.pdf, (22.03.2010). WTO (2010): WTO legal texts, Internetdokument: http: / / www.wto.org/ english/ docs_e/ legal_e/ legal_e.htm, (22.06.2010). Yarrow, G. (1987): “Economic Aspects of AD Policies”, Oxford Review of Economic Policy 3, pp. 66 - 79. lateralen Luftverkehrsabkommen - welche festlegen, dass keine Nicht-EU-Carrier die lokal etablierten Betreiber unterbietet - einwandfrei ist, wirft dieser Umstand die Frage auf, ob die Deutsche Lufthansa ihre (vermutlich) dominante (und sehr profitable) Stellung in vielen Luftverkehrsmärkten in Deutschland und Asien zu überhöhten Preisen im Sinne des Ausbeutungsmissbrauchs ausnutzt. Diese Frage kann jedoch im Rahmen dieser Analyse nicht weiter verfolgt werden. Fazit „Antidumping, as practiced today, is a witches‘ brew of the worst of policy making: power politics, bad economics, and shameful public administration.“ 18 Eine grundlegende Reform des geltenden Antidumpingrechts ist, wie die vorstehende Analyse gezeigt hat, mithin zwingend erforderlich. Deswegen kann nicht empfohlen werden, den Anwendungsbereich des Antidumpingrechts auf neue Bereiche wie Transportdienstleistungen im Luftverkehr auszuweiten. Empfehlenswert ist stattdessen, künftig auch bei Antidumpingverfahren uneingeschränkt die Zielsetzungen und Verfahrensregeln der Wettbewerbspolitik und des Wettbewerbsrechts zu beachten. Am besten sollte das Antidumpingrecht jedoch vollständig durch Wettbewerbsregeln ersetzt werden. Reichlich Anschauungsmaterial für die Vorzüge dieser ordnungspolitisch ‚saubersten‘ Lösung bietet bekanntlich der EU-Binnenmarkt. 1 Viner (1923). 2 Vgl. Yarrow (1987). 3 Vgl. Ordower; Sykes; Willig (1982). 4 Vgl. Grossmann (1998). 5 Vgl. WTO (1994). 6 Vgl. Reuter (1996). 7 Vgl. Carlton; Perloff (2005). 8 Vgl. Bolton; Brodley; Riordan (2000). 9 Dieses Umdenken ist insbesondere dem Einfluss der so genannten Chicago School auf die Wettbewerbspolitik zu verdanken; vgl. Schmidt (2005). 10 Vgl. Oberender (1988). 11 Vgl. Reuter (1996). 12 In der Wettbewerbsökonomie hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Preisdifferenzierung generell oftmals wohlfahrtsfördernde Wirkungen für alle Beteiligten hat; vgl. Knieps (2008). 13 Vgl. Oberender; Väth (1986). 14 Vgl. hierzu Lux (1992). oder auch sich im Extremfall völlig aus dem fraglichen Land zurückzuziehen. Schließlich erzwingt die im Antidumpingrecht vorgeschriebene gemeinsame Antragstellung den Austausch vertraulicher unternehmensinterner Daten, was die Wahrscheinlichkeit wettbewerbsbeschränkender Absprachen beträchtlich erhöht. - Selbst ausländischen Anbietern bietet das geltende Antidumpingrecht indirekt die Chance, den Wettbewerb zu ihren Gunsten zu beschränken. Da inzwischen die Mehrzahl aller erfolgreichen Antidumpingklagen nicht mit der Erhebung eines Antidumpingzolls, sondern mit einer Preisverpflichtung abgeschlossen wird, 16 bestehen für ausländische Anbieter Anreize, absichtlich gegen das Antidumpingrecht zu verstoßen, um sich zum Abschluss einer solchen Absprache mit den klageführenden inländischen Anbietern ‚verurteilen‘ zu lassen. Das Antidumpingrecht - hier selbst der Auslöser von Dumping! - begünstigt damit auch die Bildung länderübergreifender Kartelle. Anwendung auf den Fall Emirates Wenn die Behörden nachweisen könnten, dass die beanstandeten (Business Class) Tarife von Emirates unter den anzusetzenden Kosten lagen, wäre auf Basis der bisherigen Analyse festzustellen, dass die Preissetzungsstrategie dieser Fluggesellschaft höchstwahrscheinlich die bestehenden Antidumpingregeln verletzt (falls diese auf Luftverkehrsdienstleistungen überhaupt anwendbar sind). Aus wettbewerbspolitischer Sicht bleibt es dennoch äußerst fraglich, ob eine solche Analyse der (vermeintlich) wettbewerbswidrigen Wirkungen der Preissetzungsstrategie von Emirates seitens des Bundesamtes für Güterverkehr durch die nationalen Wettbewerbsbehörden oder die Europäische Kommission akzeptiert werden würde. Hierfür lassen sich mehrere Argumente anführen. Zum einen besitzt Emirates eindeutig nicht einen Marktanteil, der groß genug ist, um die Fluggesellschaft unter deutschen oder europäischen Wettbewerbsregeln als dominanten Akteur auf dem Deutschland- Asien-Markt zu qualifizieren. 17 In der Tat ist der Marktanteil dieser Airline auf allen von ihr bedienten europäischen Flughäfen aufgrund der erheblichen Anzahl der konkurrierenden Nonstop-Flüge und der Verkehrrechte der 6. Freiheit in der Regel typischerweise beträchtlich geringer als 5 %. Demzufolge wäre es ferner rechtlich unmöglich, Emirates auf der Basis einer Marktbeherrschungsvermutung unzulässigen Verdrängungswettbewerb zuzuschreiben. Interessanterweise sind die Tarife von Lufthansa auf den betreffenden Strecken wesentlich höher, nicht nur im Vergleich zu Emirates, sondern auch im Hinblick auf die Preise, die von den meisten ihrer Konkurrenten in der EU verlangt werden. Während dies gemäß der bestehenden bi- Summary Anti-dumping Rules for Air Transport? - The Emirates Case In November 2009, under the threat of a substantial financial penalty of up to 25 000 EUR, Germany’s Bundesamt für Güterverkehr (Federal Office for Freight Transport) imposed the obligation on Emirates Airlines to increase its tariffs for selected routes. This measure is based on a ruling that forms part of earlier bilateral air transport agreements (ASA) concluded between Germany and most non-EU states, whereby anti-dumping laws are taken into account. It is against this background that our report reviews the advantages or disadvantages of current anti-dumping rules - with due consideration for the law and the economy - in the case of services offered by the air transport sector. Special attention is given to the way the basic economic facts of this case have been judged from the aspect of the commonly accepted law of competition. The final outcome is that Emirates Airlines’ way of fixing its tariffs is in no way a contravention of the rules of competition. A recommendation is put forward not to extend the application of the anti-dumping law to new areas such as the services offered by the air transport sector. Infrastruktur + Verkehrspolitik 23 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Hendrik Ammoser Vom Tabu zur Entscheidung Perspektiven der Mauterhebung in Deutschlands Metropolen und Ballungsräumen Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Maut und Nutzerfinanzierung ist mit einigen politischen Risiken verbunden. Entscheider auf politischer Ebene sind häufig nicht einmal in der Lage, das Potenzial dieses Instruments eingehend zu untersuchen und seine Chancen und Risiken ausgewogen zu bewerten, ohne dass solche Aktivitäten missgedeutet werden könnten. Die nähere Betrachtung der Maut in einem kommunalpolitischen Kontext soll helfen, den Wert und Nutzen zu verdeutlichen und ein neues Verständnis für die Nutzerfinanzierung zu schaffen. Der Autor Dipl.-Ing. Hendrik Ammoser, Verkehrsingenieur, Sachverständiger und Berater für Verkehrstelematik und Intelligente Mobilität bei der TÜV Rheinland in Köln; hendrik.ammoser@de.tuv.com Zwischen Investitionsbedarf und Mittelknappheit Hinsichtlich der Erhaltung und Erweiterung von Infrastrukturen ist die Lage in vielen Metropolen und Ballungsräumen ähnlich: Der verfügbare Raum ist beschränkt und das bisher Mögliche im finanziellen Rahmen wurde bereits getan. Wenn eine Metropole ihre Attraktivität steigern will, muss sehr viel an den bestehenden Infrastrukturen gearbeitet werden - und zwar sowohl hinsichtlich deren Erhaltung als auch in Bezug auf den möglicherweise notwendigen Aus- und Neubau von Verkehrsinfrastruktur. Eine solche Verbesserung ist mit massiven Investitionen in die Infrastruktur verbunden, wenngleich dafür die erforderlichen öffentlichen Mittel zumindest in absehbarer Zeit fehlen. Diese Ausgaben sind jedoch gleichzeitig erforderliche Investitionen in die Zukunft. Demgegenüber verschärft sich die Finanzsituation aller Kommunen: Steigende Verantwortung, steigende Ausgaben und sinkende Einnahmen und Budgets - hier insbesondere im Verkehrsbereich - sind die widersprüchlichen Rahmenbedingungen, in denen Entscheider der Kommunalpolitik agieren müssen. Alternative Wege müssen gefunden werden, um diese Investitionen zu finanzieren. Neben der klassischen öffentlichen Haushaltsfinanzierung gibt es weitere Möglichkeiten, wie z. B. öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) oder die Nutzerfinanzierung. Welches dieser Instrumente in einer bestimmten Situation zweckmäßig ist, hängt insbesondere von der politischen Gesamtstrategie ab. Mauterhebung ist immer eine Option, aber nie allein auf der Agenda In der öffentlichen Debatte und auch in Fachdiskussionen wird das Thema Mauterhebung schnell in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt. Diese Sichtweise reduziert den Sachverhalt jedoch in unzulässiger Weise: Ein Mautsystem ist lediglich eines von vielen Instrumenten in einem umfassenden Maßnahmenpaket. Welchen Zwecken ein Mautsystem innerhalb eines solchen Maßnahmenpaketes dienen soll, insbesondere wofür die erhobene Maut eingesetzt werden soll, ist Gegenstand von übergeordneten politischen Entscheidungen. Urbane Mautsysteme sollten immer als Bestandteil einer umfassenden Gesamtstrategie und des damit verbundenen Finanzierungs- und Investitionsprogramms verstanden werden. Mautfinanzierte urbane Verkehrssysteme dienen der Erreichung definierter finanz-, umwelt-, verkehrs- und strukturpolitischer Ziele und kommen auch nur dann zum Zuge, wenn die Zielerreichung bei Einsatz des Instruments „urbane Maut“ mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Gleichzeitig muss ein mautfinanziertes Verkehrssystem politisch kommunizierbar sein und nachweislich positive Wirkungen auf den urbanen Lebens- und Geschäftsraum haben. Konkret heißt dies, dass die Maut gemeinsam mit weiteren Maßnahmen möglichst sichtbare und spürbare positive Effekte für Wohnen und Leben, Handel, Gewerbe und Umwelt sowie für Verkehrsqualität und Verkehrseffizienz (Reisezeit, Straßenzustand, Verkehrssicherheit) zu leisten hat. Das umfasst die Verbesserung öffentlicher Verkehrssysteme, die Erhaltung und Erweiterung der städtischen Straßennetze oder die Steuerung des Verkehrs mittels Parkraummanagement, Verkehrsleitsystem und urbanem Mobilitätsmanagement. Möglicherweise schafft man es, die gewünschten Ziele mit den oben aufgelisteten Instrumenten zu verwirklichen, aber ohne das Instrument „Maut“. Die Finanzierung kann wie bisher indirekt durch Abgaben aus dem öffentlichen Haushalt stammen. Bei der ergebnisoffenen Ermittlung einer optimalen Strategie sollte dies nicht ausgeschlossen sein. Aber dies bedeutet eben auch, dass das Instruments der Mauterhebung bei jeder globalen Planung und Strategiefindung öffentlich wahrnehmbar erwogen werden sollte, ohne den Einsatz dieses Instruments zu erzwingen. Diesen unverkrampften Umgang mit dem bisherigen Tabu scheinen Öffentlichkeit und kommunale Entscheidungsträger noch lernen zu müssen, um Lösungsvorschläge sachlich zu beurteilen und akzeptable Entscheidungen zu treffen. Akzeptanz schaffen, Durchsetzbarkeit beachten, politische Risiken minimieren Bei der Gestaltung von urbanen Mautsystemen als Bestandteil eines umfassenden Mobilitätsprogramms sollten Instrumente der demokratischen Mitbestimmung frühzeitig berücksichtigt werden. Wie das Beispiel der Stadt Stockholm zeigt, kann ein Entscheid über die dauerhafte Einführung eines Mautsystems die endgültige Legitimation der Maßnahme bewirken, gleichwohl man sich der Risiken dieses Weges bewusst sein sollte. An diesen politischen Anforderungen muss jede Maßnahme im Paket gemessen werden - auch das zugehörige Mautsystem. Um im Bild zu bleiben: Dann ist das Eisen zwar immer noch heiß, aber der Umgang damit wird berechenbarer. Entsprechend muss auch das Mautsystem konzipiert werden: Es muss einfach handhabbar, bürgernah und akzeptabel sein (auch wenn man es nicht allen recht machen kann) - also mehrheitsfähig. Gerade weil hier die größten Auseinandersetzungen zu erwarten sind, muss diesbezüglich besonderes Augenmaß gewahrt werden. Erfahrungen aus anderen Ländern mit Straßenbenutzungssystemen zeigen zudem, dass es ratsam ist, eine Abstimmung erst dann durchzuführen, wenn das Mautsystem im Rahmen eines Pilotversuchs getestet und dieses Vorhaben abgeschlossen und ausgewertet wurde. Doch unabhängig von der Entscheidung für oder gegen eine Abstimmung: Ein Pilotbetrieb sollte aus praktischen Gründen eingeplant werden, um das Mautsystem ohne Imageschaden testen und kalibrieren zu können, Vorurteile bei den Mautpflichtigen abzubauen und den bis dahin zweifellos entstehenden politischen Druck zu kanalisieren oder abzubauen. Das Pilotprojekt muss nach streng wissenschaftlichen Prinzipien transparent, neutral, objektiv und ergebnisoffen durchgeführt werden. So kann Vertrauen unter allen Beteiligten geschaffen werden. Insbesondere kann es akzeptanz- und vertrauensfördernd sein, wenn die Einwände und Bedenken der Gegner und Geschädigten im Rahmen der Versuche objektiv Infrastruktur + Verkehrspolitik 24 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 untersucht werden. Übertreibungen und Vorurteile können an Fakten gemessen werden und sind somit nicht mehr politisch instrumentalisierbar. Vergleichsdaten des heutigen Zustandes müssen gesammelt werden, ebenso wie Daten des Pilotbetriebs. Ein solches Vorgehen verhindert unkontrollierte Entwicklungen und minimiert politische Risiken. Kommunen entscheiden als Mauterheber vor Ort Mauterheber sind im Kontext der „großen“ nationalen und internationalen Mautsysteme diejenigen Akteure, die das Recht haben, für die Benutzung eines Objekts (Straße, Brücke, Tunnel, Fähre) eine Maut zu erheben. Mauterheber sind im Regelfall die Eigentümer dieser Infrastrukturen oder haben sie (vor-)finanziert. Ihnen obliegt eine verantwortungsvolle Aufgabe, denn einerseits besteht das selbstbezogene Interesse, den Aufwand für das Objekt zu reduzieren und die Einnahmen zu maximieren. Andererseits wirkt die Maut über das eigene System hinaus. Schließlich sollte sich der Mauterheber darüber im Klaren sein, welche Ziele mit der Erhebung der Maut verfolgt werden sollen - und ob die Maut dafür wirklich das geeignete Instrument wäre. Bezogen auf die Kommunalpolitik in Deutschland bedeutet dies, dass die kommunalen Gebietskörperschaften ein neues Selbstverständnis als Mauterheber entwickeln und öffentlich sichtbar machen sollten. Sie haben das Recht, struktur-, verkehrs-, finanz- und umweltpolitische Ziele zu definieren und können frühzeitig feststellen, ob die Mautfinanzierung ein geeignetes Instrument ist, um diese Ziele zu erreichen. Dabei sind in der Vorbereitungsphase verschiedene Aspekte zu beleuchten und mit der politischen Zielstellung abzuwägen, um die Frage zu beantworten, welche alternativen Instrumente für die lokalen Bedürfnisse besonders gut geeignet sind. Dies umfasst im heutigen Entwicklungsstadium u. a. ̇ Anpassung der Beziehungen zwischen Bund, Ländern, Kommunen hinsichtlich Abgabenerhebung und -verteilung sowie Zuordnung der Baulastträgerschaft ̇ Aufgaben und Zweck des Mautsystems innerhalb der Gesamtstrategie sowie innerhalb des Investitionsprogramms ̇ Bilanzierung von Chancen und Risiken sowie Aufwand und Nutzen der Nutzerfinanzierung urbaner Mobilität im konkreten Falle ̇ Kommunikation und Prozesssteuerung („offensiv und transparent“) auf dem Weg zu öffentlicher Akzeptanz und politischer Durchsetzbarkeit der Nutzerfinanzierung ̇ Schaffung/ Anpassung rechtlicher und verwaltungstechnischer Rahmenbedingungen ̇ Definition der eigenen Rolle im Planungs- und Beschaffungsprozess von Systemen der Nutzerfinanzierung ̇ Vorgehensweisen sowie organisatorische und technische Voraussetzungen für die Einführung von kommunalen Systemen der Nutzerfinanzierung (Projektentwicklung) ̇ Berücksichtigung von Harmonisierung und Standardisierung in Europa. Kommunen können mit dem Selbstverständnis eines Mauterhebers offensiv dem Thema Nutzerfinanzierung entgegentreten. Verschiedene Varianten einer Mobilitätsstrategie können entwickelt, alle Optionen berücksichtigt und die im jeweiligen Falle optimale Lösung gemeinsam mit der Öffentlichkeit gefunden werden - ob mautfinanziert oder steuerfinanziert. Konzepte der Nutzerfinanzierung werden dann nicht prinzipiell ausgeschlossen, weil man sie nicht kennt oder weil man nicht mutig genug ist, das Instrument öffentlich sichtbar zu untersuchen und einem politischen Entscheidungsprozess zuzuführen. Kommunen nutzen die Vorteile des gemeinsamen Vorgehens Die räumliche Ausdehnung und Interaktion der Verkehrssysteme in Deutschlands Metropolen und Ballungsräumen lassen ein gemeinsames Vorgehen in Bezug auf die Verkehrsfinanzierung ratsam erscheinen. Somit kann ein einheitliches Mautgebiet auf Basis gemeinsamer Standards und Schnittstellen geschaffen werden. Berücksichtigt man zudem, dass die Mauterhebung insbesondere in Verkehrsnetzen mit hohem Verkehrsaufkommen zweckmäßig ist, kann die Betrachtung der Metropolen und Ballungsräume in Deutschland (siehe Abbildung ) auch ein Lösungsansatz für eine allgemeine Kfz-Maut in Deutschland sein [2]. Es ist daher naheliegend, dass die Metropolen und Ballungsräume in Deutschland das Thema Mauterhebung nicht isoliert betrachten, sondern in ihrem neuen Selbstverständnis als Mauterheber bereits frühzeitig in einen Dialog treten, insbesondere bezüglich folgender Themen: ̇ Kommunalstruktur in Deutschland und ihr Einfluss auf eine gemeinsame kommunale Verkehrsfinanzpolitik der Metropolen und ländlichen Räume ̇ Spielräume und Spielregeln: Nutzerfinanzierung im Kontext des kommunalen Wettbewerbs in Deutschland sowie Definition gemeinsamer Standards und Schnittstellen ̇ Gemeinsames Vorgehen - individueller Nutzen und Kostensenkung, insbesondere durch die gemeinsame Erprobung und Beschaffung von Mautsystemen. Wenn diese überregionalen Aspekte bereits frühzeitig berücksichtigt werden, können sich völlig neue Entwicklungsperspektiven ergeben. Insbesondere hinsichtlich Beschaffung und Betrieb von Mautsystemen - und der damit verbundenen Kosten - können Synergieeffekte genutzt werden. Es steckt für die Kommunen großes Potenzial in diesem Thema: Sollten sich alle deutschen Metropolen und Ballungsräume einig sein, kann eine gemeinsam eingeführte urbane Maut gleichbedeutend mit einer allgemeinen Maut in Deutschland sein. Völlig neue Perspektiven in der politischen Auseinandersetzung mit den Ländern und dem Bund in Bezug auf Kompetenz- und Budgetverteilung könnten sich eröffnen. Es zeigt aber auch die große Verantwortung, bei diesem Thema die richtigen Entscheidungen zu treffen. Weiterlesen [1] Ammoser, H.: City-Maut in Deutschland? In: Straßenverkehrstechnik 4/ 2008 [2] Ammoser, H.: Mobilitätsmanagement mittels Regio- Maut. In: Straßenverkehrstechnik 4/ 2010 Metropolen und Ballungsräume in Deutschland sowie ihre Einzugsgebiete Güterverkehr + Logistik 25 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Adina Silvia Bruns / Nazif Günes / Stephan Zelewski Online-Frachtenbörse für den transeuropäischen Schienengüterverkehr Der Zukunftstrend Green Logistics bietet erhebliches Marktpotenzial für den Schienengüterverkehr. Im EU-Verbundprojekt CODE24 werden vielfältige Initiativen ergriffen, um den Schienengüterverkehr entlang der Nord-Süd-Transversale Rotterdam/ Genua nachhaltig zu stärken. Ein Teilprojekt befasst sich mit der Entwicklung und der Markteinführung einer Online-Frachtenbörse für die internetbasierte Abstimmung zwischen Nachfrage nach und Angebot von Gütertransporten im Schienengüterverkehr. Die Autoren Univ.-Prof. Dr. Stephan Zelewski, Dipl.-Kfm. Nazif Günes, Dipl.-Kff. Adina Silvia Bruns, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Institut für Produktion und Industrielles Informationsmanagement, Schützenbahn 70, 45127 Essen; stephan.zelewski@pim.unidue.de; nazif.guenes@pim.uni-due.de; adina.bruns@pim.uni-due.de Green Logistics als Zukunftstrend Zahlreiche Untersuchungen der letzten Jahre lassen erkennen, dass Initiativen zur Realisierung des Konzepts Green Logistics einen der wesentlichen Zukunftstrends im Bereich der Güterverkehrslogistik darstellen. 1 Dieser Trend wird unter vielfachen Bezeichnungen und mit unterschiedlicher Reichweite thematisiert. Beispielsweise wird vor allem im Kontext des Supply Chain Managements oftmals eine größere ökologische Verantwortlichkeit für die umfassende Gestaltung von Liefer- oder Transportketten eingefordert. Aus einer wesentlich weiter gespannten Perspektive wird das Konzept Product Stewardship propagiert, mit dem eine ganzheitliche Verantwortlichkeit von Unternehmen für ihre Produkte angestrebt wird, und zwar nicht nur in Bezug auf die logistischen Hauptleistungen des Transports und der Lagerung von Produkten, sondern auch im Hinblick auf ihre Herstellung, ihre Nutzung sowie ihre Entsorgung. Schließlich erfährt in jüngster Zeit das Konzept Corporate Social Responsibility nicht nur in politischen und sozial-politischen, sondern auch in wirtschaftlichen Diskussionen an Bedeutung, wie etwa im Rahmen des „Global Compact“ der Vereinten Nationen. Dieses inhaltlich sehr weit gefasste Konzept adressiert neben allgemeinen Prinzipien der sozialen, der ökologischen und der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit u. a. auch das spezielle Prinzip der Supply Chain Sustainability 2 , das vielfältige Übereinstimmungen mit dem eingangs genannten Konzept Green Logistics erkennen lässt. 3 Im Folgenden werden diese ebenso vielfältigen wie facettenreichen Argumentations- und Handlungsfelder in vereinfachender Weise nur noch als „Green Logistics“ angesprochen, weil sich diese Bezeichnung für den hier interessierenden transeuropäischen Güterverkehr als besonders prägnant erweist. Die besondere wirtschaftliche Relevanz von Green Logistics wurde jüngst durch eine empirische Studie eindrucksvoll unterstrichen. Diese Studie wurde vom Institut für Logistik- und Dienstleistungsmanagement (ild) der Essener Hochschule für Oekonomie und Management (FOM) durchgeführt. 4 Sie beruht auf einer Erhebung vom November 2009 unter Young Professionals, die ihr berufsbegleitendes Weiterbildungsstudium an der FOM mit dem Schwerpunkt „Logistik und Supply Chain Management“ in den Jahren 2007 bis 2009 erfolgreich abgeschlossen hatten und eine berufliche Tätigkeit vornehmlich im Logistikbereich der gewerblichen Wirtschaft ausübten: zu 40 % unmittelbar im Sektor „Logistikdienstleister“ sowie zu 31,4 % und 28,4 % in logistikaffinen Bereichen der Sektoren „Industrie“ bzw. „Handel“. Auf einer Ranking-Skala mit Werten zwischen 1 für die höchste und 10 für die niedrigste Bedeutung hypothetischer Zukunftstrends nahm das Thema „umweltfreundliche Logistik/ Sustainability“, das mit Green Logistics inhaltlich weitgehend gleichgesetzt werden kann, aufgrund einer durchschnittlichen Rankingposition von 3,00 den Spitzenplatz mit der höchsten Bedeutung unter insgesamt zehn zur Beurteilung vorgelegten Trends in der Logistik ein; siehe Abbildung 1 . Auch in einer aktuellen Delphi-Studie 5 , die zurzeit von der Universität Duisburg-Essen, Zentrum für Logistik und Verkehr, mit Beteiligung namhafter Logistikexperten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik unter Federführung des Instituts für Produktion und Industrielles Informationsmanagement durchgeführt wird, belegt Green Logistics einen unter den zehn maßgeblichen Zukunftstrends der Logistik. Zwar erweisen sich die ersten Ergebnisse dieser Delphi- Abb. 1: Trends in der Logistik Güterverkehr + Logistik 26 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Studie aufgrund der großen Vielfalt von potenziellen Logistiktrends, die in der ersten - explorativen - Analysestufe als wahrscheinlichste Entwicklungsfelder der Logistik in der Dekade 2010 bis 2020 benannt wurden (immerhin ca. 90 Entwicklungsfelder), nicht so eindeutig wie in der zuvor angesprochenen Young-Professional-Studie der FOM. Insbesondere adressierten die befragten Logistikexperten Green Logistics mit zahlreichen unterschiedlichen technischen oder organisatorisch-konzeptionellen Wortfeldern, weil ihnen auf der explorativen Analysestufe bewusst keine hypothetischen Zukunftstrends als Antwortoptionen fest vorgegeben waren. Aber eine vorläufige inhaltliche Auswertung der identifizierten Entwicklungsfelder der Logistik zeigt, dass verschiedene Aspekte von Green Logistics seitens der Logistikexperten insgesamt als ein wichtiger logistischer Zukunftstrend für die kommende Dekade empfunden werden. Der SGV als Instrument zur Realisierung von Green Logistics Ein wesentliches Instrument zur Realisierung von Green Logistics wird darin gesehen, Güterverkehre zunehmend von der Straße und aus der Luft auf die Verkehrsträger Schiene und Wasserstraße zu verlagern. Denn es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die spezifischen Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase - dazu zählen vor allem Kohlendioxid (CO 2 ) und Stickoxide (NOx) - je transportierter Gütereinheit bei Gütertransporten mit Eisenbahnen oder (Binnen-)Schiffen deutlich geringer ausfallen als bei Gütertransporten mit Lastkraftwagen oder Flugzeugen. 6 Trotz dieser unbestreitbaren „Öko-Vorteile“ des Verkehrsträgers Schiene (auf den Verkehrsträger Wasserstraße wird im Folgenden nicht weiter eingegangen) und trotz der zunehmenden Beachtung von Green Logistics bei Produzenten (Verladern), Logistikdienstleistern (z. B. Spediteuren) sowie sogar auf der Seite des Handels muss als empirisches Faktum zur Kenntnis genommen werden, dass der Anteil des Verkehrsträgers Schiene am gesamten Güterverkehrsaufkommen als Modal Split im langfristigen Trend deutlich gesunken ist, nach einer zwischenzeitlichen Erholung seit dem Jahr 2000 sogar jüngst wiederum eingebrochen ist. 7 Dieser prima facie überraschende Befund zeigt sich nicht nur in Deutschland, sondern - in unterschiedlicher Deutlichkeit - sogar im gesamten europäischen Wirtschaftsraum. Erklärungen dieses Befunds sind in der Logistikbranche seit Langem bekannt. Daher werden sie hier nicht detailliert behandelt, sondern nur kurz und exemplarisch gestreift. Beispielsweise wird Eisenbahnverkehrsunternehmen eine - aus Kundensicht - zu geringe Flexibilität im Vergleich zu Transporten mit Lastkraftwagen vorgehalten. Hinzu kommt, dass in der jüngsten Wirtschaftskrise Eisenbahnverkehrsunternehmen aufgrund ihres vergleichsweise erheblich größeren Fixkostenblocks weitaus weniger in der Lage waren, ihre Transportpreise analog zu Transporten mit Lastkraftwagen auf „Grenzkostenniveau“ abzusenken, ohne ihr wirtschaftliches Überleben zu riskieren. Schließlich besitzt der Verkehrsträger Schiene gegenüber dem Verkehrsträger Straße auch einen strukturellen Kostennachteil in Bezug auf kleine Transportvolumina oder -gewichte (Stückgutverkehr) sowie im Hinblick auf kurze Transportstrecken, die unterhalb von ca. 300 km liegen. Vor diesem Hintergrund sollten Eisenbahnverkehrsunternehmen grundsätzlich in der Lage sein, die „Öko-Vorteile“ des Verkehrsträgers Schiene als Wettbewerbsvorteile vor allem gegenüber dem Verkehrsträger Straße zu nutzen und in entsprechend steigende Marktanteile umzusetzen, wenn zumindest zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens müssen zahlreiche Eisenbahnverkehrsunternehmen „marktaktiver“ auftreten, also vor allem lernen, flexibler auf Kundenwünsche einzugehen. 8 Zweitens sollten Transportaufträge vorliegen, die einerseits jeweils ausreichen, um wenigstens einzelne Güterwagen zu füllen (Einzelwagenverkehre), besser noch um Güterwagengruppen bis hin zu Ganzzügen auszulasten, und die andererseits jeweils Transportentfernungen über große Distanzen von etwa 300 km und mehr betreffen. Selbst dann, wenn „an sich“ günstige Auftragsstrukturen für Einzelwagen- oder Wagengruppenverkehre über die vorgenannten großen Distanzen vorliegen, zeigt sich immer wieder, dass Eisenbahnverkehrsunternehmen ihr Marktpotenzial bei Weitem nicht ausschöpfen. Deshalb kommt es nicht zu der ökologisch erwünschten Güterverkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene. Nur bei Transportaufträgen, die Ganzzugverkehre ermöglichen, wie z. B. bei Massengütertransporten, können Eisenbahnverkehrsunternehmen ihre „natürlichen“ Wettbewerbsvorteile gegenüber Frachtführern mit Lastkraftwagen in entsprechend hohe Marktanteile umsetzen. Schon seit geraumer Zeit herrscht jedoch in Abb. 2: Nord-Süd-Transversale des EU- Verbundprojekts CODE24 Grafik: ETH Zürich, Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung 2009 Güterverkehr + Logistik 27 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 der Logistikbranche ein Auftragsstruktureffekt, der zu immer kleinteiligeren Transportaufträgen mit höheren Lieferfrequenzen führt, z. B. aufgrund von Just-in-time-Beschaffungsstrategien der Produzenten und auch des Handels. Dieser Trend wird voraussichtlich andauern, sich unter Umständen sogar noch verstärken. Daher ist von Ganzzugverkehren aus der Perspektive von Green Logistics kaum zu erwarten, dass sie in Zukunft zu höheren Marktanteilen des Verkehrsträgers Schiene führen werden. Zur Realisierung des Zukunftstrends Green Logistics, der nicht nur in der Logistikbranche weithin erwartet, sondern auch von politischen Meinungsführern sowie zahlreichen Konsumenten befürwortet wird, ist es daher neben den für Eisenbahnverkehrsunternehmen ohnehin attraktiven Ganzzugverkehren vor allem erforderlich, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Eisenbahnverkehrsunternehmen das Marktpotenzial für Einzelwagen- oder Wagengruppenverkehre über große Distanzen in weitaus höherem Ausmaß auszuschöpfen vermögen, als es bislang der Fall gewesen ist. Hierfür bieten sich insbesondere „transeuropäische“ Gütertransporte an, die seit der Liberalisierung der Transportmärkte deutlich angestiegen sind und wegen ihres Überschreitens von Ländergrenzen in der Regel die erforderlichen großen Transportdistanzen aufweisen. Das EU-Verbundprojekt CODE24 Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen des INTERREG-IV-B-Programms der Europäischen Union zu Beginn des Jahres 2010 das multi-nationale Verbundprojekt CODE24 (das Akronym steht für „Corridor Development 24“) ins Leben gerufen. 9 Es verfolgt das Ziel, die Attraktivität des Schienengüterverkehrs für Gütertransporte in Europa nachhaltig zu steigern. Dabei fokussieren sich die Projektarbeiten auf die Nord- Süd-Transversale zwischen Rotterdam und Genua, die verkehrstechnisch auch als „corridor 24“ oder intuitiv eingängiger als „Alpentransversale“ bezeichnet wird; vgl. Abbildung 2 . Zum Projektkonsortium gehören neben dem Verband Region Rhein-Neckar (VRRN) als Lead Partner die Aktionsgemeinschaft TechnologieRegion Karlsruhe (TRK), der Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/ Rhein-Main, der Regionalverband Ruhr (RVR), die Stadt Mannheim, die Häfen Amsterdam und Genua, die logistikaffinen Unternehmen PTV AG Deutschland, TransCare AG und Uniontrasporti, das Turiner Institut SiTI sowie als Hochschulpartner die ETH Zürich, die Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl, die Universität Duisburg-Essen und die Universität Utrecht. Das Verbundprojekt CODE24 zeichnet sich durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Projektpartner aus, die ein breites Spektrum von ingenieur- und verkehrstechnischen, kommunal-, regional- und verkehrspolitischen sowie betriebswirtschaftlichen Kompetenzen einbringen. Zur Steigerung der Attraktivität des Verkehrsträgers Schiene dient eine große Vielfalt von Initiativen, von denen im Folgenden nur einige Schwerpunkte stichpunktartig genannt werden. So beschäftigen sich beispielsweise Teilprojekte aus vornehmlich technischer Perspektive mit der Aufgabe, die Akzeptanz eines verstärkten Schienengüterverkehrs entlang der Nord-Süd-Transversale, die zahlreiche regionale Ballungsräume durchquert, dadurch zu fördern, dass die Belästigung der Anwohner von Eisenbahntrassen durch den Lärmpegel von Güterzügen nachhaltig reduziert wird. Andere Teilprojekte befassen sich mit der Frage, in welchem Ausmaß die wirtschaftliche Entwicklung einer Region durch die Ansiedlung von Logistikdienstleistern stimuliert werden kann, die den Schienengüterverkehr entlang Nord-Süd-Transversale unterstützen. Dazu gehören nicht nur Eisenbahnverkehrsunternehmen, die Güterverkehre auf der Nord-Süd-Transversale abwickeln möchten, sondern beispielsweise auch Speditionen, die mit Lastkraftwagen den Vor- und den Nachlauf solcher Schienengüterverkehre auf der „ersten“ bzw. „letzten Meile“ im Rahmen des Kombinierten Verkehrs realisieren. Ebenso wird untersucht, wie die Anbindung von Seehäfen wie Rotterdam, Genua und Amsterdam an ihr Hinterland durch leistungsfähige Schienengüterverkehre auf der Nord-Süd-Transversale verbessert werden kann. Eine Online-Frachtenbörse für den transeuropäischen SGV Speziell aus betriebswirtschaftlicher Sicht steht die Entwicklung einer Online-Frachtenbörse für den transeuropäischen Schienengüterverkehr im Fokus des EU-Verbundprojekts CODE24. Ausgangspunkt dieser Entwicklung ist der empirische Befund, dass das ökonomisch und ökologisch nutzbare Marktpotenzial für Gütertransporte entlang der Nord-Süd-Transversale zwischen Rotterdam und Genua (und darüber hinaus) bei Weitem nicht ausgeschöpft wird. Dies liegt im Wesentlichen an zwei Problemen: Einerseits nutzen die Güterzüge das höchstzulässige Transportgewicht und die höchstzulässige Zuglänge oftmals nicht vollständig aus. Sie verfügen also über zusätzliche, freie Ladungskapazitäten sowohl im Hinblick auf nicht voll ausgelastete Güterwagen als auch hinsichtlich der Möglichkeit, zusätzliche Güterwagen anzukoppeln. Den Eisenbahnverkehrsunternehmen gelingt es jedoch oftmals nicht, diese freien Ladungskapazitäten an potenzielle Verlader zu kommunizieren. Dieses Kommunikationsproblem der Eisenbahnverkehrsunternehmen beruht zumeist darauf, dass sie sich - wie oben bereits angedeutet - noch nicht hinreichend darauf eingestellt haben, „marktaktiv“ auf ihre Kunden zuzugehen und vor allem die kundenseitig erwartete Flexibilität hinsichtlich Transportmengen und vor allem Transportterminen aufzubringen. Andererseits wären Verlader von Gütern oftmals bereit, Gütertransporte über den Verkehrsträger Schiene abzuwickeln, die sie bislang „mangels Alternative“ mittels Lastkraftwagen durchführen lassen. Diese grundsätzliche Aufgeschlossenheit für den Verkehrsträger Schiene beruht nicht nur auf Kostenvorteilen für die o. a. längeren Distanzen. Vielmehr veranlassen ökologische Erwägungen - vor allem im Hinblick auf den eingangs thematisierten Zukunftstrend Green Logistics - in jüngster Zeit immer mehr Verlader, über Verlagerungen ihrer Gütertransporte von der Straße auf die Schiene nachzudenken. Trotzdem wissen zahlreiche Verlader oftmals nicht, wie sie Eisenbahnverkehrsunternehmen für die Transporte ihrer relativ geringen Gütertransportmengen gewinnen können, sofern diese Gütertransportmengen nur einzelne Güterwagen (oder sogar nur Teile davon) füllen würden. Insbesondere haben diese Verlader keine Kenntnisse über die Zuladungsmöglichkeiten zu bereits existierenden Güterzügen der Eisenbahnverkehrsunternehmen. Es besteht also ein Wissensdefizit der kleinen und mittelgroßen Verlader hinsichtlich noch freier Transportkapazitäten von Eisenbahnverkehrsunternehmen. Zurzeit gibt es einige wenige und nur rudimentäre Ansätze, das Kommunikationsproblem der Eisenbahnverkehrsunternehmen und das Wissensdefizit der kleinen und mittelgroßen Verlader durch die Einrichtung von Internet-Portalen zu überwinden, in denen Eisenbahnverkehrsunternehmen und Verlader über ihre Unternehmen und ihre grundsätzlichen Transportkapazitäten bzw. Transportbedarfe informieren können. Solche Internet-Portale haben bislang keinen durchschlagenden wirtschaftlichen Erfolg errungen. Zuweilen ist es sogar bei „Investitionsruinen“ geblieben. Der grundsätzliche Defekt dieser Internet-Portale besteht darin, dass sie nur statische Informationen über die Anbieter und Nachfrager von schienengebundenen Gütertransporten umfassen, wie z. B. die Anschriften, die Kommunikationsadressen und - auf der Anbieterseite - das grundsätzliche verfügbare Transportequipment. Diese Informationen geben keine dynamischen Auskünfte über aktuell verfügbare Zuladungsmöglichkeiten zu Güterzügen bzw. über aktuell benötigte Transportkapazitäten im Bereich des Einzelwagen- oder Wagengruppenverkehrs (oder sogar in der Größenordnung von Anteilen an einzelnen Güterwagen). Daher überrascht es nicht, dass die bisher entwickelten Internet-Portale keine signifikante Nutzung im betrieblichen Alltag von Eisenbahnverkehrsunternehmen und Verladern gefunden haben. An dieser Problemfront ist das Teilprojekt „Online-Frachtenbörse für den Eisenbahngüterverkehr“ (OFEG) angesiedelt, das im Rahmen des EU-Verbundprojekts CODE24 vom Institut für Produktion und Industrielles Informationsmanagement (PIM) der Universität Duisburg-Essen, Zentrum für Logistik und Verkehr, initiiert wurde. Die konzeptionelle Innovation des Teilprojekts OFEG beruht darauf, eine „dynamische“ Frachtenbörse zu entwickeln, an der Informationen über aktuell verfügbare Zuladungsmöglichkeiten zu Güterzügen sowie über aktuell benötigte Transportkapazitäten zwischen Eisenbahnverkehrsunternehmen und Verladern mithilfe moderner Kommunikationsdienste des Internets in benutzerfreundlicher Weise ausgetauscht werden Güterverkehr + Logistik 28 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 nen, wurde in der FOM-Studie auch erkundet, welche Qualitätsmerkmale eine Online-Frachtenbörse für den Schienengüterverkehr aus Sicht der betrieblichen Praxis aufweisen muss, um auf ein reges Nutzungsinteresse zu stoßen. Abbildung 3 zeigt, welche Qualitätsmerkmale von den befragten Young Professionals auf einer Rankingskala mit Werten zwischen 1 für die höchste und 10 für die niedrigste Bedeutung als besonders wichtig beurteilt wurden. Die Spitzengruppe der Qualitätsmerkmale besteht aus den Anforderungen Vertrauenswürdigkeit, niedrige Transaktionskosten für die Börsennutzung sowie Neutralität des Börsenbetreibers. Als bemerkenswert erweist sich die Vorrangstellung der Vertrauenswürdigkeit von Geschäftsprozessen, die über eine Online- Frachtenbörse abgewickelt werden. Hier manifestieren sich erhebliche Akzeptanzhürden gegenüber der Nutzung des Internets als Medium für die Abwicklung von Geschäftsprozessen, die in anderen Branchen weitaus weniger ausgeprägt sind. Die Forderung nach niedrigen Transaktionskosten erscheint aus betriebswirtschaftlicher Sicht selbstverständlich, gewinnt aber dadurch an Brisanz, dass die offenbarte Zahlungsbereitschaft für die Nutzung der Vermittlungsdienste einer Online-Frachtenbörse äußerst gering ist. So äußerten 49 % der Young Professionals, sie wären überhaupt nicht bereit, für solche Dienstleistungen eine Nutzungsgebühr zu zahlen. Die ebenso populäre wie betriebswirtschaftlich falsche Einstellung, Internet-Dienste seien „kostenlos“, scheint auch unter den befragten Young Professionals weit verbreitet zu sein. Die geforderte Neutralität des Börsenbetreibers stellt eine weitere Herausforderung dar. Zwar lässt sie sich leicht erfüllen, solange eine Online-Frachtenbörse von einer Institution ohne eigene kommerzielle Interessen, wie z. B. einer Hochschule, betrieben wird. Es gehört jedoch nicht zum üblichen Aufgabenspektrum einer Hochschule, Online-Börsen für Logistikdienstleistungen zu betreiben. Sobald ein privatwirtschaftliches Unternehmen als Börsenbetreiber auftritt, müssen erhebliche Anstrengungen des Betreibers erfolgen, um als neutraler Mittler zwischen Nachfragern nach und Anbietern von Gütertransporten im Schienengüterverkehr akzeptiert zu werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Zukunftstrend Green Logistics ein beachtliches Marktpotenzial für den Schienengüterverkehr bietet, sofern die Struktur von Transportaufträgen die oben diskutierten Volumen- und Distanzanforderungen erfüllt. Wenn es den Eisenbahnverkehrsunternehmen gelingt, dieses Marktpotenzial in deutlich wachsende Anteile am Modal Split umzusetzen, ergeben sich attraktive Marktchancen für Online-Frachtenbörsen zur Abstimmung von Nachfrage und Angebot im Schienengüterverkehr. Allerdings sind zur Nutzung dieser Marktchancen erhebliche Akzeptanzprobleme auf der Seite der potenziellen Nutzer solcher Online-Frachtenbörsen zu überwinden. Diese Akzeptanzprobleme stellen nicht zu unterschätzende und Verfeinerung des Software-Prototyps ist beabsichtigt, den Prototyp unter der Federführung der TransCare AG - oder auch durch andere interessierte Unternehmen - zu einem kommerziellen Software-Produkt weiterzuentwickeln, das allen Nachfragern (Verladern) und Anbietern von Transportdienstleistungen (insbesondere Speditionen) entlang der Nord-Süd-Transversale zur Verfügung stehen wird. Ausblick auf Chancen und Risiken In der bereits einleitend angesprochenen FOM-Studie unter Young Professionals im Logistikbereich wurde speziell untersucht, wie diese Young Professionals die Marktchancen einer Online-Frachtenbörse für den Schienengüterverkehr einschätzen. 12 Die Befragung erfolgte vor dem Hintergrund, dass angesichts der steigenden Bedeutung nachhaltiger Logistikkonzepte, wie dem hier thematisierten Zukunftstrend Green Logistics, ein deutliches Anwachsen des Anteils des Schienengüterverkehrs am Modal Split zu erwarten ist. Eines der bemerkenswerten Ergebnisse der Befragung bestand darin, dass nur 10 % der Young Professionals ein großes Interesse an der Nutzung einer solchen Online-Frachtenbörse äußerten und jeweils 40 % entweder nur ein geringes oder gar kein Interesse daran bekundeten. 13 Diese deutliche Skepsis überrascht insofern nicht, als ausführliche Experteninterviews, die zur Erhebung von Benutzeranforderungen an eine solche Online-Frachtenbörse vom Institut für Produktion und Industrielles Informationsmanagement durchgeführt wurden, mehrfach die Einschätzung von erfahrenen Logistikprofis widerspiegelten, dass speziell im Schienengüterverkehr deutliche Vorbehalte gegenüber der Markttransparenz von Frachtenbörsen und auch gegenüber der Nutzung von Internet- Techniken bestehen. 14 Allerdings hätte von Young Professionals im Logistikbereich eine höhere Aufgeschlossenheit gegenüber Online-Frachtenbörsen im Schienengüterverkehr erwartet werden können. Um dem Risiko solcher deutlich feststellbaren Akzeptanzprobleme zu begegkönnen. Solche Online-Frachtenbörsen exstieren zwar schon für Gütertransporte mit Lastkraftwagen, sind aber für schienengebundene Gütertransporte, insbesondere im Hinblick auf transnationale europäische Güterverkehre, bisher noch nicht wirtschaftlich erfolgreich implementiert worden. Die Anforderungen, die potenzielle Nutzer an eine solche Online-Frachtenbörse stellen, wurden mithilfe von Techniken des „Requirements Engineering“ bereits systematisch erhoben. 10 Zurzeit wird ein Prototyp der Online-Frachtenbörse konzipiert und softwaretechnisch mit einem modernen, auf internetbasierte Software zugeschnittenen und quelloffenen „Web Application Framework“ (Ruby on Rails) implementiert. Er zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass die Online-Frachtenbörse nicht auf einen Verkehrsträger, hier also die Schiene, limitiert ist. Stattdessen steht von vornherein die Unterstützung des Kombinierten Güterverkehrs im Vordergrund. Es wird davon ausgegangen, dass Güterverkehre im Hauptlauf auf der Nord-Süd-Transversale von Eisenbahnverkehrsunternehmen abgewickelt werden, während Vor- und Nachläufe, beispielsweise im Rahmen von City- Logistics-Konzepten, zumeist mithilfe von Lastkraftwagen durchgeführt werden. 11 Die Online-Frachtenbörse des Teilprojekts OFEG zielt daher nicht auf eine Alternative Schienenversus Straßengüterverkehr ab, sondern verfolgt vielmehr das Ziel, beide Verkehrsträger ökonomisch und ökologisch sinnvoll miteinander zu kombinieren. Der Software-Prototyp soll in einem Rapid-Prototyping-Verfahren vor allem dazu dienen, dass potenzielle Nutzer die Erfüllung ihrer ursprünglich artikulierten Anforderungen in einer frühen Entwicklungsphase der Online-Frachtenbörse experimentell überprüfen und ihre eigenen Anforderungen inhaltlich fortentwickeln können. Partner dieser Entwicklungsarbeiten sind der Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/ Rhein-Main, der Regionalverband Ruhr, die Aktionsgemeinschaft TechnologieRegion Karlsruhe sowie die TransCare AG. Anschließend an die Entwicklung, Evaluation Abb. 3: Anforderungen an eine Online- Frachtenbörse für den Schienengüterverkehr Güterverkehr + Logistik Environmental Methodology and Data, Update 2008. Heidelberg 2008. Klippert, S. R.; Kowalski, M.; Bruns, A. S. : Anforderungsanalyse für eine Online-Frachtenbörse im Eisenbahngüterverkehr - Entwicklung einer Anforderungsspezifikation aus betriebswirtschaftlicher Perspektive. CODE24-Projektbericht Nr. 2, Institut für Produktion und Industrielles Informationsmanagement, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen. Essen 2010. Klumpp, M. : Logistiktrends und Logistikausbildung 2020. ild Schriftenreihe Logistikforschung, Band 6. Institut für Logistik- und Dienstleistungsmanagement, Hochschule für Oekonomie und Management. Essen 2009. Keuschen, T.; Klumpp, M. : Grüne Logistik auf dem Vormarsch. In: Newsletter Verkehr der Industrie- und Handelskammer für Essen, Mülheim an der Ruhr Oberhausen zu Essen, Ausgabe 03/ 2010, S. 89 - 95. Klaus, P. : Logistics research: a 50 years´ march of ideas. In: Logistics Research, Vol. 1 (2009), No. 1, S. 53 - 65. Klumpp, M.; Bioly, S.; Saur, A.; Zelewski, S. : Green Supply Chain Event Management. In: Lencse, Gábor; Muka, László (Hrsg.): ICS’2010 - Industrial Simulation Conference 2010, 07. - 09.06.2010 in Budapest. Ostende 2010, S. 195 - 200. Middendorf, K. : Logistik im Spannungsfeld zwischen Globalisierung und Nachhaltigkeit. In: Baumgarten, Helmut (Hrsg.): Das Beste der Logistik - Innovationen, Strategien, Umsetzungen. Berlin-Heidelberg 2008, S. 405 - 413. Saalbach, J.; Ertel, T. : CODE24 - Corridor Development 24, Updated project idea, 17-02-2009. Project idea for INTER- REG IVB project application in NWE. Mannheim-Esslingen 2009. Seuring, S.; Müller, M. : From a literature review to a conceptual framework for sustainable supply chain management. In: Journal of Cleaner Production, Vol. 16 (2008), No. 15, S. 1699 - 1710. Sisco, C.; Chorn, B.; Pruzan-Jorgensen, P. M. : Supply Chain Sustainability - A Practical Guide for Continuous Improvement. Report des UN Global Compact Office and des Business for Social Responsibility (BSR). O.O. 2010. zen. Dabei erscheint jedoch fragwürdig, was diese Young Professionals unter einer Online-Frachtenbörse konkret verstehen, weil solche Börsen für den Schienengüterverkehr praktisch noch nicht zur Verfügung stehen. 14 Vgl. Klippert/ Kowalski/ Bruns (2010), passim. Literatur Allianz pro Schiene: Personenverkehr: Straße schrumpft, Schiene wächst - Beim Güterverkehr muss die Politik gegensteuern. Pressemitteilung vom 18.02.2010, Online-Dokument im Internet unter „http: / / www.allianz-pro-schiene. de/ presse/ pressemitteilungen/ 2010/ 9-personenverkehrschiene-waechst/ “; Zugriff am 01.10. 2010. Bruns, A. S.; Zelewski, S.; Klumpp, M. : 0 Trends in der Güterverkehrslogistik - eine Expertenbefragung unter besonderer Berücksichtigung von Schienengüterverkehren. CODE24-Projektbericht Nr. 1, Institut für Produktion und Industrielles Informationsmanagement, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen. Essen 2010. Carter, C.; Rogers, D. : A framework of sustainable supply chain management: moving toward new theory. In: International Journal of Physical Distribution & Logistics Management, Vol. 38 (2008), No. 5, S. 360 - 387. Darnall, N.; Jolley, J.; Handfield, R. : Environmental Management Systems and Green Supply Chain Management: Complements for Sustainability? In: Business Strategy and the Environment, Vol. 17 (2008), No. 1, S. 30 - 45. Hertrampf, S.; Zelewski, S. : Rückkehr zur Schiene - Uni Duisburg-Essen optimiert im Projekt Maekas Bedienfahrten. In: DVZ - Deutsche Logistik-Zeitung, o.Jg. (2008), Nr. 135, Ausgabe vom 08.11.2008, S. 4. Hussain, S. : The Ethics of ‚Going Green‘: The Corporate Social Responsibility Debate. In: Business Strategy and the Environment, Vol. 8 (1999), No. 4, S. 203 - 210. ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH: EcoTransIT: Ecological Transport Information Tool - Risiken für die betriebswirtschaftlich erfolgreiche Implementierung von Online-Frachtenbörsen im Schienengüterverkehr dar. 1 Vgl. Hussain (1999), S. 203 ff.; Middendorf (2008), S. 407 ff.; Darnall/ Jolley/ Handfield (2008), S. 33 f.; Klaus (2009), S. 57; Klumpp (2009), S. 3 u. 5; Keuschen/ Klumpp (2010), S. 89 ff.; Bruns/ Zelewski/ Klumpp (2010), S. 10. 2 Vgl. Carter/ Rogers (2008), S. 361 f. u. 364 ff., insbesondere S. 368 ff.; Seuring/ Müller (2008), S. 1699 ff., insbesondere S. 1703 ff.; Sisco/ Chorn/ Pruzan-Jorgensen (2010), S. 5 ff. 3 Vgl. zur inhaltlichen Verknüpfung von Green Logistics und Supply Chain Sustainability auch das Konzept Green Supply Chain Event Management in Klumpp/ Bioly/ Saur/ Zelewski (2010), S. 198 f.; Keuschen/ Klumpp (2010), S. 92 f. 4 Zum inhaltlichen und methodischen Design dieser Studie sowie zu ihren Ergebnissen vgl. Bruns/ Zelewski/ Klumpp (2010), S. 3 ff. 5 Hier kann über die Delphi-Studie nur im Sinne eines „Work-in-Progress“ berichtet werden, weil die vollständige Durchführung der mehrstufigen Delphi-Studie voraussichtlich noch bis Ende des Jahres 2010 andauern wird. Entsprechende Publikationen der Studienergebnisse werden voraussichtlich ab Frühjahr 2011 auf der Website „http: / / www.logfor.wiwi.uni-due.de/ “ des Verbundprojekts LOGFOR veröffentlicht werden. 6 Vgl. ifeu (2008), Tabelle 22 auf S. 38. 7 Vgl. z. B. die Trendentwicklung des „Modal Split“ auf der Website „http: / / www.bgl-ev.de/ web/ daten/ verkehr_modalsplittkm.htm“ des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V.; vgl. ebenso zum jüngsten Rückgang des Anteils des Verkehrsträgers Schiene am „Modal Split“ Allianz pro Schiene (2010), insbesondere die abschließende Grafik „Wirtschaftskrise trifft Güterbahnen hart“. 8 Dieser Aspekt wird hier nicht vertieft, sondern in einem anderen Verbundprojekt behandelt, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) innerhalb des Rahmenkonzepts “Intelligente Logistik im Güter- und Wirtschaftsverkehr” gefördert wird. Vgl. Hertrampf/ Zelewski (2008) als einen Überblick über dieses Verbundprojekt MAEKAS. 9 Zu ausführlicheren Informationen über das Verbundprojekt CODE24 vgl. die Website „http: / / www. code-24.eu“ und Saalbach/ Ertel (2009). 10 Vgl. Klippert/ Kowalski/ Bruns (2010). 11 Ein weiteres Projektvorhaben (E-Route), das im Jahr 2011 starten soll, wird sich speziell mit dem Aspekt befassen, wie sich Konzepte der City Logistics unter Einsatz von Kleintransportern mit Elektroantrieb betriebswirtschaftlich vorteilhaft implementieren lassen, um so das Rahmenkonzept Green Logistics im Bereich lokaler Verteilerverkehre noch „nachhaltiger“ umzusetzen. Das Projektvorhaben E-Route wird unabhängig vom Verbundprojekt CODE24 von den beiden o. a. Partnern FOM und PIM als Beitrag zum Programm „NRW Exzellenzcluster - Cluster Logistik.NRW“ vorbereitet. 12 Vgl. zu den Studienergebnissen hinsichtlich dieses speziellen Frachtenbörsenaspekts Bruns/ Zelewski/ Klumpp (2010), S. 11 ff. 13 Die restlichen 10 % gaben an, bereits eine Online- Frachtenbörse für den Schienengüterverkehr zu nut- Summary Trans-European freight transport with the help of an online freight exchange An essential part of implementing the future “Green Logistics” plan will be the accomplishment of moving freight transport from road to rail. It is noted that the share of freight traffic by rail, as part of the modal split system, has witnessed a very notable long term decrease that continues at present. It is against this background that the EU has launched the multi-national joint research project CODE24 in order to render freight transport by rail more attractive, on a long term basis, along Europe’s north-south transversal route linking Rotterdam and Genoa. Viewed from the aspect of economic management, the development of an online auction-based freight exchange for trans- European freight transport by rail is the focal point for the project-related work ahead. Also highlighted are the inherent opportunities and risks, which may have to be faced in connection with such an online freight exchange, notably so in regard to the wishedfor intensification of trans-European freight transport by rail. Dieses Spezia l enth äl t eine Ü bersicht ü ber die aktue ll en Gro ß pro j ekte der Ö BB-Infrastruktur A G in Ö sterreich. Die A utoren der Beitr ä ge sind die j ewei l igen P ro j ektverantwort l ichen der Ö BB A G. Ihr A n l iegen ist es dabei, ein besonderes A ugenmerk auf den Baufortschritt der P ro j ekte zu l egen und dar ü ber hinaus wesent l iche A spekte der Sicherheitstechnik sowie des P ro j ektmanagements im Bahnbau darzuste ll en. A bgerundet wird das Buch mit einem B l ick in die n ä here Z ukunft. B estellen Sie Ihr p ers ö nliches Ex em p lar dieser ein z igartigen Z usammenstellung von B ahninfrastruktur p rojekten in Ö sterreich . D etails z um B uch unter: www.eurail p ress.de / oebbinfra ETR Austria Spezial G ro ßp rojekte der ÖBB - ein aktueller Ü berblick NEU H erausgeber: Ö BB Infrastruktur A G, T U W ien - Inst. f ü r Verkehrswissenschaften T echnische D aten: ISSN : 00 13 -2 84 5, 1 2 4 Seiten, Format : A4 P reis: € 34 ,00 ( ink l . MwSt, zzg l . Versand ) K ontakt Aus der Europäischen Union 30 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 In Brüssel sind die großen nationalen Bahngesellschaften bemüht, ja keine Zweifel aufkommen zu lassen, dass sie voll und ganz hinter der Marktöffnung in der EU stehen. Mehr noch: Ehemalige Liberalisierungsbremser wie die französische SNCF wollen die Chancen des Wettbewerbs für sich erkannt haben. Statt nur über Liberalisierung zu reden, entwickeln auf einmal nicht nur die DB, sondern auch andere Nationalbahnen internationale Strategien. Da will offensichtlich auch die italienische Staatsbahn FS nicht zurückstehen. So machen in jüngster Zeit Gerüchte die Runde, dass die Tochtergesellschaft Trenitalia darüber nachdenkt, die vollständige Kontrolle über das Eisenbahnverkehrsunternehmen TX Logistik zu übernehmen. Derzeit hält Trenitalia bereits 51 % der Anteile. Dieser Schritt ist umso bemerkenswerter, da TX trotz der Kapitalmehrheit eines Staatsunternehmens auf dem europäischen Markt wie ein Privatunternehmen auftritt. Ziel und Anspruch ist es, ein europäisches Netz zu entwickeln. Doch während die FS beginnt, über den eigenen Tellerrand zu schauen, geht der Schienengüterverkehr in Italien einer ungewissen Zukunft entgegen. Denn unter privaten Eisenbahn- und Logistikunternehmen steigt der Unmut über immer wieder neue Schikanen der FS, die in Italien offenbar ihr eigenes Süppchen kocht. Aufgrund katastrophaler Zustände haben die drei italienischen Transportverbände Asstra, Assoferr und FerCargo nun die Alarmglocken geläutet. „Die nationale Eisenbahnpolitik wird von der FS bestimmt. Der Transportminister hat keine Ahnung“, lautet das vernichtende Urteil von FerCargo-Präsident Giacomo Di Patrizi. Während in Europa der Schienengüterverkehr wieder anziehe, gehe dieser in Italien unaufhaltsam zurück, stellte Di Patrizi fest. 2009 sei ein Rückgang um 36 % zu verzeichnen gewesen. Für das laufende Jahr würden noch einmal 6 bis 8 % erwartet, so Di Patrizi. „Derzeit gibt es viel zu viele Hindernisse, um in Italien als Eisenbahnoperateur erfolgreich sein zu können“, beklagt Mauro Pessano von Crossrail Italia. So plane die FS ohne vorherige Konsultation massiv Terminals zu schließen: Von über 400 sollen ganze 71 in Betrieb bleiben. Zudem werde der Einzelwagenverkehr immer weiter eingestellt. Die Suppe versalzen könnte der FS jedoch die European Rail Freight Association Erfa, die an die EU-Kommission bereits mehrere Beschwerden gerichtet hat. „Weitere Beschwerden werden folgen“, kündigte Erfa-Generalsekretärin Monika Heiming an. Denn angesichts der desaströsen Bahnpolitik in Italien häufen sich bei der Erfa die Beschwerden der FS-Wettbewerber. Bei der Kommission hat sich der Verband der Privatbahnen daher bereits dafür eingesetzt, dass der Einzelwagenverkehr für alle Wettbewerber geöffnet wird. Die Kommission kann der FS natürlich nicht ihre bahnpolitischen Entscheidungen vorschreiben. Doch zieht sich ein Bahnunternehmen aus einem Segment zurück, wo es de facto über ein Monopol verfügt, muss es den Schienengüterverkehr in Italien kurz vor dem Kollaps? Italienische Staatsbahn Ferrovie dello Stato kocht zum Unmut privater Bahn- und Logistikunternehmen ihr eigenes Süppchen Platz für Wettbewerber frei machen, betont Monika Heiming. In jedem Fall dürfe in diesem Marktsegment keine verbrannte Erde zurückgelassen werden. Deshalb soll die Kommission sicherstellen, dass insbesondere alle FS-Terminals für die Nutzung durch Dritte komplett und diskriminierungsfrei zugänglich gemacht werden. Auch gegen die massive Schließung der Terminals sollen die EU-Wettbewerbshüter vorgehen. In der Kritik steht ebenfalls die geplante Verpflichtung für private Eisenbahnunternehmen, für den Fall einer technischen Zugpanne mindestens über eine Reservelok zu verfügen. Die Verbände sind sich einig, dass der italienische Markt dringend grundlegend liberalisiert werden muss, um einen Kollaps in Italien mangels Alternativen zum staatlichen Monopolisten FS zu verhindern. Ganz oben auf der Liste der Maßnahmen stehen der freie Zugang zur Infrastruktur und zu Gleisanschlüssen sowie die Unabhängigkeit des Infrastrukturbetreibers RFI. Zudem sollen die garantierten Serviceleistungen von RFI für Bahnunternehmen neu definiert werden. Des Weiteren wird eine Neudefinition des Dienstleistungsvertrags zwischen dem italienischen Verkehrsministerium und Trenitalia zur Durchführung des Einzelwagenverkehrs gefordert. Für Maria Francesca Ricchiuto, verantwortlich für den Schienenverkehr bei der Asstra, „ist es höchste Zeit, dass die Regierung mit den Wettbewerbern der Trenitalia einen Dialog aufnimmt“. Zugleich setzt Ricchiuto große Hoffnungen in die Zusammenarbeit mit der Erfa, um sich notfalls über Brüssel in Italien Gehör zu verschaffen. Christian Dahm, EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Logistik- Zeitung in Brüssel Die italienische Staatsbahn Ferrovie dello Stato macht ihren Wettbewerbern das Leben schwer. Foto: Trenitalia Güterverkehr + Logistik 31 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Dirk Ruppik Arabische Halbinsel mutiert zur Logistikdrehscheibe Die Aussichten für den Logistikbereich auf der arabischen Halbinsel sind vielversprechend. Fast in allen Ländern werden neue Häfen und Flughäfen gebaut und entwickelt. Durch das saudische Landbrückenprojekt entsteht das erste weitreichende Schienennetzwerk. Neue Glanzmetropolen verkörpern den Reichtum und das Selbstbewusstsein der Scheichtümer und Emirate. Der Autor Dirk Ruppik, Asien-Korrespondent mit Sitz in Thailand, SL2SL@web.de I n einer Schätzung der Khaleej Times mit Sitz in Dubai, VAE vom November 2009, soll die Logistikindustrie des Nahen Ostens um 10 % jährlich auf 27 Mrd. US-$ (rund 20,5 Mrd. EUR) bis 2012 wachsen. „Es gibt eine zunehmende und einflussreiche Konsumentenbasis, die das Wachstum antreibt“, sagte Brian McHale, Geschäftsführer der Wared Logistics auf der ersten International Week of Transport and Logistics (SITL) in Dubai in 2009. „Der Transportbereich wird wahrscheinlich um 7 % wachsen und damit leicht über dem Wachstum des Bruttoinlandprodukts liegen. Doch die Logistikdienste werden Zuwachsraten von 10 % und mehr zeigen“, schätzt Fadj Majdalani, Partner der Agentur Booz & Company in Beirut. „Der Frachtspeditionsbereich, der komplexere Dienstleistungen erfordert, erreicht normalerweise 8 bis 12 % im Nahen Osten und Nordafrika“, fügte er an. Bei solch guten Aussichten ist es verständlich, dass die Länder der arabischen Halbinsel auf den Ausbau des Transportnetzwerkes und der Logistikdienste setzen. Logistik dient als Schlüsselbereich zum Aufbau der Wirtschaften und zur Diversifizierung weg von den knapper werdenden Öl- und Gasreserven im Nahen Osten. Nicht zuletzt geht es natürlich auch um das Prestige der einzelnen Scheichtümer. Der bisher führende Logistikstandort Dubai gerät bei der Vielzahl der geplanten Projekte unter Druck. Allen voran will das Nachbaremirat Abu Dhabi dem Dubai World Center (DWC) mit seinem Hafen Jebel Ali und dem neuen zweiten gigantischen Flughafen Al-Maktoum International Konkurrenz machen. Mit 11,8 Mio. TEU liegt Jebel Ali auf Platz sechs der Weltrangliste 2009 von Cargo Systems und soll bis 2030 55 Mio. TEU abfertigen. In der 1985 gegründeten Freihandelszone sind heute über 6000 führende globale Unternehmen ansässig. Al-Maktoum wird künftig sechs 4500 m lange Start- und Landebahnen besitzen und soll 120 Mio. Passagiere und 12 Mio. t Luftfracht in 2030 abfertigen. Es wird erwartet, dass der neue Hafen Khalifa in Abu Dhabi bis 2028 22 Mio. TEU und 35 Mio. t Fracht pro Jahr umschlägt. Er soll in fünf Phasen entwickelt werden. Mit den ersten Grabungen wurde im Februar 2010 begonnen. In 2012 wird die erste Phase gebaut sein. Der Hafen wird dann den vorhandenen Hafen Mina Zayed ersetzen. Die angrenzende Industriezone in Taweelah soll eine weite Bandbreite von Industrieunternehmen von Schwermaschinenbau über IT bis zur Logistik anziehen. Das erste Gebiet A soll im zweiten Halbjahr 2012 fertiggestellt werden. Es gibt kritische Stimmen aus der Industrie, die den Erfolg des Projektes aufgrund der großen Nähe zum DWC anzweifeln. Im Oman hat sich der Bau des Hafens Salalah (Beginn 1998) schon als Erfolgsmodell erwiesen. Die gute strategische Lage am Golf von Hormus hat sich ausgezahlt und insbesondere den Containerhafen florieren lassen. Große Containerschiffe können für den Golf oder Ostafrika bestimmte Container auf der Überfahrt durch den Suez-Kanal nach Singapur in Salalah löschen. Der Oman will nun ebenso durch die Einrichtung von Freihandelszonen an den Häfen Salalah und Sohar von den Handelsströmen profitieren. Langfristig sollen hier Logistikhubs entstehen. „Der Oman ist geographisch ideal als Transporthub für die arabische Halbinsel positioniert“, sagt der Geschäftsführer des Hafens Sohar, Jan Meijer. „In den kommenden Jahren werden viele neue Erweiterungen entstehen. Dazu gehören u. a. das geplante Agro-Ter- Abb. 1: Arabische Halbinsel Güterverkehr + Logistik 32 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Abb. 2: Dubai Logistics City (DLC) minal und das Terminal für flüssige Güter.“ Ebenso steht der weitere Ausbau des Containerterminals auf dem Programm. Das Verkehrsministerium des Landes will bis 2050 den internationalen Flughafen in Muscat von fünf auf 48 Mio. Passagiere jährliche Kapazität 2050 ausbauen. Die Erweiterung soll rund 9,1 Mrd. EUR kosten. Derweil wird in Saudi-Arabien an einer neuen Dimension gefeilt. Eine komplette Retortenstadt - die King Abdullah Economic City (KAEC) - soll bis 2025 am Roten Meer enstehen und ein neues diversifiziertes Zeitalter für den Wüstenstaat einläuten. Die KAEC ist nur eine von fünf Wirtschaftsmetropolen, die im langfristigen Wirtschaftsplan durch die Regierung vorgesehen sind. Geplant sind sechs Schlüsselkomponenten: Ein Seehafen, eine Industriezone, der zentrale Geschäftsbezirk, Resorts, eine Ausbildungszone und Wohnstadtbereiche. Der Seehafen soll künftig unter den fünf größten Industriehäfen der Welt zu finden sein und mehr als 10 Mio. TEU umschlagen. Seine Funktion wird durch die strategische Lage, einen guten Straßen- und Schienenanschluss und durch die Ansiedlung von Leicht- und Logistikindustrie unterstützt werden. Voraussichtlich wird die KAEC rund 114 Mrd. EUR zum BIP beitragen und rund 5 Mio. Einwohnern ein Zuhause bieten. Laut James Reeve, Wirtschaftsanalyst bei der Samba Group in Riyadh, „macht die KAEC Sinn, da sie Saudi- Arabiens Hauptressourcen mit einbindet: billige Energie und riesige Kapitalreserven. Zudem liegt sie an bedeutenden Hauptschifffahrtsstraßen.“ Die Retortenstadt soll ebenso die westliche Provinz fördern, die bisher von den Investitionsströmen vernachlässigt wurde. Ob das Projekt allerdings so umgesetzt werden kann, muss erst noch bewiesen werden, da seit der Finanzkrise Gelder aus der privaten Hand nicht mehr so üppig fließen. Im Rahmen des Landbrückenprojektes soll die arabische Halbinsel mit einem strategisch wichtigen Eisenbahnnetzwerk von den saudi-arabischen Industriestandorten am Golf zur Hafenstadt Djiddah am Roten Meer überzogen werden. Die denkbare Schließung der Straße von Hormus im Konfliktfall mit dem Iran und die von Somalia ausgehende Piraterie sind hier entscheidende Faktoren für die Forcierung. Weiterhin ist sie für den Bergbau und den Pilgertransport von Bedeutung. In Katar wird der Ausbau des Hafens Doha vorangetrieben, da der Emir von Katar dem Land einen strategischen Entwicklungsplan verordnet hat. Dadurch stößt der alte Hafen Doha an seine Grenzen und muss in den neuen Hafen Doha nördlich von Mesaieed verlagert werden. Die erste Phase mit 2 Mio. TEU Kapazität soll bis 2014 in Betrieb gehen. Durch zwei weitere Phasen wird der neue Hafen die geplante Kapazität von 12 Mio. TEU erreichen. Die erste und zweite Phase des neuen Flughafens Doha International mit einer Kapazität von 24 Mio. PAX und 1,4 Mio. t Fracht werden voraussichtlich in 2011 eröffnet. In 2015 wird er dann 50 Mio. PAX umschlagen können. Bahrain hat im Dezember 2009 den neuen Hafen Khalifa bin Salman mit 1,1 Mio. TEU eröffnet. Eine Logistikzone für Re-Export und wertschöpfende Dienstleistungen wurde schon in 2008 eröffnet. Sie grenzt an den neuen Hafen an und liegt nahe an der Schnellstraße zu Saudi-Arabien sowie in der Nähe zum internationalen Flughafen. Der Generaldirektor der General Organisation of Sea ports Hassan AliAl Majed bringt das Selbstbewusstsein Bahrains zum Ausdruck, indem er die Regeln diktiert: „Die Bahrain Logistikzone ist schon vielfach ausgebucht. Wir sind sehr bemüht, die richtigen Mieter für uns zu finden. Diese müssen einen hohen Nutzen im Bereich Auslandsinvestitionen, Wissenstransfer und Stellenaufbau mitbringen.“ Kuwait bastelt am neuen Hafen auf den Bubiyan Islands. Das Projekt ist allerdings mehrere Jahre im Verzug und sollte in 2010 eröffnet werden. Im Rahmen eines Regierungsplans sollen nun bis 2013 rund 8,2 Mrd. EUR für den Hafen und weitere Infrastrukturprojekte ausgegeben werden. Das Prestigeobjekt „Silk City“ mit dem 1001 m hohen Wolkenkratzer Mubarak Al- Kabir und dem neuen Flughafen wird geschätzte 72 Mrd. EUR verschlingen. Abb.3: Hafen Jebel Ali (Satellitenaufnahme) Technologien + Informationssysteme 33 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Romed Kelp / Sven Wandres Mit Vollgas in Richtung Kunde Nach dramatischen Einbrüchen bei Absatz und Auftragseingang im Zusammenhang mit dem Konjunkturloch zeigen sich nun Anzeichen der Erholung in der Nutzfahrzeugindustrie. Wollen die Hersteller aber vom bevorstehenden Aufschwung nachhaltig profitieren, müssen sie individuelle Lösungen anbieten, die auf die Bedürfnisse der einzelnen Kundengruppen zugeschnitten sind und regionale Anforderungen berücksichtigen. Die Autoren Romed Kelp, Nutzfahrzeugexperte und Partner, Sven Wandres, Automobilexperte und Partner, Oliver Wyman, München; romed.kelp@oliverwyman.com, sven.wandres@oliverwyman.com E ines scheint klar: Insgesamt müssen die OEMs (Original Equipment Manufacturer) der Nutzfahrzeugindustrie in puncto Lösungsangebote deutlich besser werden. Nur so können sie sich differenzieren und ihren jeweiligen Kunden langfristig an sich binden. Dies ergibt die Studie „European Truck Customer 2010“ der Managementberatung Oliver Wyman, des Servicedienstleisters Europe Net und des Kommunikationsspezialisten Ketchum Pleon, die die Kundenbedürfnisse und -zufriedenheit in Gesamteuropa untersucht hat. Mehr als 2300 Kunden in 15 Ländern wurden zwischen Februar und Mai 2010 befragt. Die Ergebnisse präsentierten die drei Unternehmen auf der IAA Nutzfahrzeuge 2010 im September in Hannover. Deutschland Service bieten Bei deutschen Kunden stehen servicerelevante Themen deutlich höher im Kurs als bei allen anderen Kunden in West- und Osteuropa, geht aus der Untersuchung hervor. Hier sind etwa die Werkstattangebote der Hersteller heute von noch größerer Bedeutung als im Jahr 2008. Vor zwei Jahren führte der Kraftstoffverbrauch die Top Ten der wichtigsten Kriterien für die Kaufentscheidung an. Heute rangiert in Deutschland das Thema Fahrzeugzuverlässigkeit auf Platz eins, gefolgt von Garantieleistung/ Kulanz und Servicequalität, die 2008 beide nicht unter den fünf wichtigsten Kundenanforderungen waren. Platz vier nimmt die Verfügbarkeit von Ersatzteilen ein (2008: Rang 5). Dahinter erst folgt aufgrund der gesunkenen Ölpreise der Kraftstoffverbrauch. Verändert hat sich auch der Stellenwert von Kostenaspekten. Vermehrt legen Kunden ihr Augenmerk auf die „total cost of ownership“ (TCO), die sich aus Anschaffungspreis, Restwert und laufenden Kosten zusammensetzen. Der Kunde wünscht demnach ein jederzeit einsatzbereites Fahrzeug zu klar kalkulierbaren Kosten. Bei allen Kriterien aber erfüllen die Hersteller nicht die Erwartungen der Kunden, bringt die Befragung zutage. Eine der größten Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft insbesondere in Deutschland beim Thema Garantieleistung/ Kulanz. Hier haben die Kunden eine hohe Erwartungshaltung, die jedoch aus ihrer Sicht nicht befriedigt wird. Deutliche Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der TCO. Dagegen schneiden die für die Kunden wichtigen Werkstattangebote vergleichsweise gut ab. Tatsächlich hat sich die Zufriedenheit der Kunden mit den OEMs (Original Equipment Manufacturer) in einzelnen Aspekten in den vergangenen Jahren verbessert. Deutlich zeigt sich das beim Servicenetz und bei der Qualität der Servicestandorte. Die Mahnungen der Kunden sind hier erhört worden. In Lösungen denken Produktbezogene Themen erfüllen die Hersteller gut, ob Kabinenkomfort oder Motoren. Allerdings rücken zunehmend andere Kriterien in den Vordergrund, die eine Kaufentscheidung beeinflussen. Für die OEMs stellt sich damit die Herausforderung, sich über individuelle Lösungsangebote zu differenzieren und so den Kunden langfristig an sich zu binden. Ein Beispiel für ein Lösungsangebot zur Erhöhung der Verfügbarkeit sind Mobilitätsdienstleistungspakete. Die Verfügbarkeit der Fahrzeuge wird zunehmend wichtiger, Störungen im Fahrbetrieb sind kostspielig. Um die Zufriedenheit ihrer Kunden zu verbessern, haben die Hersteller nicht nur die Zuverlässigkeit ihrer Fahrzeuge zu erhöhen, In der Bedeutung der Einzelkriterien sind regionale Unterschiede klar zu erkennen. Technologien + Informationssysteme 34 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 sondern zugleich dafür zu sorgen, dass im Fall einer Panne die Reparatur schnell und gut erfolgt, damit die Ausfallzeit gering bleibt. Dazu gilt es, ein dichtes Servicenetz zu knüpfen - gegebenenfalls via Kooperationen mit anderen Herstellern oder unabhängigen Spezialisten, um kurze Standzeiten und somit eine optimale Fahrzeugverfügbarkeit zu gewährleisten. Auf diese Weise könnten sich die Hersteller auch im Wettbewerb mit freien Anbietern behaupten, der an Intensität jüngst deutlich zugenommen hat. Nach Kundenangaben werden derzeit immerhin rund 40% aller Mobilitätsdienstleistungen von unabhängigen Anbietern bezogen. Ins Bewusstsein vorrücken Bislang aber können die Hersteller mit hochwertigen Zusatzdienstleistungen weder in Deutschland noch in West- oder Osteuropa punkten. Dazu zählen sowohl Mobilitätsgarantien, die den Geschäftsbetrieb der Kunden absichern könnten, als auch Ersatzfahrer, Kurzzeitvermietung, Flottenmanagement oder Versicherungen. Diese Angebote der OEMs werden von den Kunden als Mehrwert bisher nicht ausreichend wahrgenommen. Hier müssen die Hersteller ebenso deutlich an ihrer Kommunikation arbeiten wie bei der übersichtlichen Gestaltung ihrer Preisstrukturen und deren Anpassung an unterschiedliche Kundensegmente. Ein Denken in Lösungen wäre notwendig. Nur wenn alle Einzelbereiche vom Fahrzeugverkauf über Werkstattangebote bis hin zu Zusatzdienstleistungen intelligent und kundenorientiert zusammenspielen, lässt sich der Kundenwert optimieren. Regionale Bedürfnisse berücksichtigen Bei der Ausrichtung des Angebots auf die unterschiedlichen Kundensegmente dürfen die regionalen Besonderheiten in Europa nicht unbeachtet bleiben. Zwar ähneln die für die Kaufentscheidung wichtigsten Kriterien in Deutschland jenen in West- und Osteuropa. In beiden Regionen aber sind auf den vorderen Plätzen der Top Ten mehr fahrzeugrelevante als werkstattbezogene Themen zu finden. In Osteuropa hat vor allem der Kaufpreis mit Platz drei einen hohen Stellenwert, in Deutschland dagegen rangiert er als Einzelkriterium nicht mehr unter den Top Ten. Gerade die osteuropäischen Kundenbedürfnisse besser zu bedienen, wird für die westeuropäischen OEMs zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor. Denn während sie sich in einem strukturell mittlerweile weitgehend gesättigten westeuropäischen Markt über die Jahre ihre Positionen gesichert haben, bietet der stark wachsende Markt in Osteuropa Raum zur Expansion. Die Anteile sind noch nicht so fest verteilt wie in Westeuropa, keiner der westeuropäischen Player dominiert bislang den Markt, der Wettbewerb untereinander sowie mit osteuropäischen und asiatischen Herstellern ist in vollem Gang. Und hier können ausgereifte Servicelösungen Vorteile bringen, besonders aber ein tiefes Verständnis der jeweiligen Kundenbedürfnisse helfen, maßgeschneiderte Lösungspakete zu schnüren. Daten zur Studie Die Befragung der Lkw-Käufer fand zu den Themen Image und Markenerfahrung statt. Sie liefert ein umfassendes Bild der Bedürfnisse und Zufriedenheit von Nutzfahrzeugkunden in den Bereichen Produkt, Preis und Kosten, Verkaufsprozess, Werkstattservice sowie Zusatzdienstleistungen. Oliver Wyman führte im Jahr 2006 in Deutschland erstmals die Befragung „Truck Customer“ durch, um die Bedürfnisse von Lkw-Kunden systematisch zu erheben, dann wieder 2008 und nun 2010. In diesem Jahr wird erstmalig ein gesamteuropäisches Meinungsspektrum abgebildet, aus dem sich fünf übergreifende sowie herstellerspezifische Handlungsfelder für europäische Nutzfahrzeughersteller ergeben: 1. überlegenes Kundenverständnis schaffen durch zielgruppenspezifische Erfassung nach Region und Abnehmerbranche 2. wertschöpfungskettenübergreifende und leicht verständliche sowie zielgruppenspezifische Leistungsangebote entwickeln aus Bausteinen der Bereiche Fahrzeug, Service, Dienstleistungen oder Mobilität 3. Preise attraktiv gestalten 4. Kommunikation optimieren 5. Kundenorientierung organisatorisch abbilden. In der Kooperation ist Oliver Wyman für die Studieninhalte und Methodik verantwortlich, Europe Net brachte seinen Kundenzugang ein und Pleon unterstützte die Kommunikation. Erstmals gesamteuropäisches Bild Branchenzahlen 2009 Im Jahr 2009 hat die Nutzfahrzeugbranche ihre bislang schwerste Krise erlebt. Nach zuvor jahrelang boomenden Märkten in West- und Osteuropa sowie in Asien setzte im Herbst 2008 im Lkw-Segment ein in Schnelligkeit und Ausmaß noch nie da gewesener Abschwung ein. In der Folge gingen im vergangenen Jahr die Absatzzahlen in Nordamerika um 36 % und in Südamerika um 16 % zurück. Nur in Asien konnte ein leichtes Wachstum von 6 % erreicht werden. Am dramatischsten stellte sich die Situation in Osteuropa mit einem Rückgang um 65 % dar. Kaum besser erging es Westeuropa mit einem Minus von 43 %. Insgesamt führte dies zu einem weltweiten Absatzrückgang um 18 %. Waren 2008 noch 2,2 Mio. Lkw rund um den Globus verkauft worden, fanden 2009 nur etwa 1,8 Mio. Nutzfahrzeuge einen Käufer. In vielen Fällen wurden lediglich die Auftragsbestände abgearbeitet, jedoch kaum nennenswerte Auftragseingänge verbucht. Ausgehend von diesem sehr niedrigen Niveau verzeichnete die Nutzfahrzeugindustrie im ersten Halbjahr 2010 in Deutschland nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) gegenüber dem schwachen ersten Halbjahr 2009 zweistellige Steigerungen bei Auftragseingängen, Produktion, Absatz und Export. Doch nach Meinung von Branchenexperten wird es noch einige Zeit dauern, bis das Vorkrisenniveau wieder erreicht wird. Kräftig abgerutscht Gerade haben die Verteilerfahrzeuge Mercedes-Benz Atego und der in Serie gegangene Atego BlueTec Hybrid die Auszeichnung „Truck of the Year 2011“ auf der IAA in Hannover erhalten. Sie zeichnen sich durch Variantenreichtum und hochwertige Ausstattung einerseits und als Wegbereiter für alternative Antriebe andererseits aus. Doch das allein reicht nicht, um Kunden zum Kauf zu bewegen. Gleichzeitig müssen die Serviceleistungen stimmen. Im vergangenen Jahr hat der chinesische Lkw-Hersteller Beiqi Foton mehr Lkw, Transporter und Busse verkauft als die Daimler AG und damit die Stuttgarter von der Weltspitze verdrängt. Vier der fünf größten Hersteller kommen aus Asien. Und in den großen Schwellenländern der Welt steckt mittlerweile auch das größte Absatzpotenzial. Foto: Daimler AG Technologien + Informationssysteme 35 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Asvin Goel Lenk- und Ruhezeiten in der Tourenplanung Fahrer sind eine wichtige Ressource für Transportunternehmen. Sie sorgen für einen sicheren Gütertransport und schaffen damit die Grundlage für eine zunehmend geographisch verteilte Wertschöpfung. Mitunter sind Fahrer die einzigen Mitarbeiter von Transportunternehmen, die persönlichen Kontakt zu den Auftraggebern haben. Gutes Fahrpersonal ist in der Lage, je nach Verkehrssituation die beste Route zu finden, und ist mit Werksgeländen und speziellen kundenspezifischen Prozessen bei Be- und Entladung vertraut. Daher ist es nicht außergewöhnlich, dass manche Auftraggeber bestimmte Fahrer bevorzugen und dies bei Auftragsvergabe entsprechend artikulieren. Der Autor Dr. Asvin Goel, Adjunct Professor of Supply Chain Management, Zaragoza Logistics Center, Zaragoza (Spanien); Professur für Angewandte Telematik/ e-Business, Institut für Informatik, Universität Leipzig, Klostergasse 3, D-4109 Leipzig; asvin.goel@telematique.eu T rotz ihrer besonderen Rolle sehen sich viele Fahrer mit einem hohen Leistungsdruck und unrealistischen Zeitplänen konfrontiert. Einer Studie des Insurance Institute for Highway Safety zufolge verletzen Fahrer, die sich öfter mit unrealistischen Zeitplänen konfrontiert sehen, dreimal häufiger Lenk- und Ruhezeitenregelungen, als Fahrer, die sich nur selten oder nie mit solchen unrealistischen Anforderungen konfrontiert sehen. Geschwindigkeitsüberschreitungen und Überschreitungen der zulässigen Lenkzeiten führen zu einer Minderung der Sicherheit im Straßenverkehr. Es wird geschätzt, dass Übermüdung bei jedem fünften Unfall im kommerziellen Straßentransport eine Rolle spielt. In ihren Bemühungen, die Anzahl von Verkehrstoten zu reduzieren, wurden 2006 in der Europäischen Union neue Regelungen zu Lenk- und Ruhezeiten verabschiedet. Seit Inkrafttreten der neuen Lenk- und Ruhezeitenverordnung in Europa können Transportunternehmen für Verstöße seitens der Fahrer haftbar gemacht werden. Hohe Bußgelder drohen daher sowohl Fahrern als auch Unternehmen bei Lenkzeitüberschreitungen. Eine Vernachlässigung der Lenk- und Ruhezeitenverordnung bei der Tourenplanung führt zu unrealistischen Zeitplänen, wodurch es zu einem Konflikt zwischen Einhaltung der Lenk- und Ruhezeitenverordnung und Termintreue kommt. Die Fahrer müssen somit entscheiden, ob sie zu Gunsten einer hohen Termintreue gesetzliche Bestimmungen übertreten oder zu Lasten der Kundenzufriedenheit gesetzliche Bestimmungen einhalten. Die negativen Folgen unrealistischer Zeitpläne reichen somit von einer geringen Kundenzufriedenheit über ein erhöhtes Unfallrisiko und hohe Bußgelder zu einem Verlust der Mitarbeiter, die aufgrund steter unrealistischer Anforderungen das Unternehmen mitsamt ihrem Know-how und ihren Kundenbeziehungen verlassen. Gesetzlich vorgeschriebene Pausen und Ruhezeiten können bei der Transportplanung implizit durch verringerte Durchschnittsgeschwindigkeiten und großzügig berechnete Be- und Entladezeiten berücksichtigt werden. Eine solche Planungsweise ist jedoch aufgrund enger Zeitfenstervorgaben seitens der Auftraggeber oft nicht möglich. Insbesondere wegen der zunehmenden Anwendung Fahrer sind häufig die einzigen Mitarbeiter von Transportunternehmen mit persönlichem Kontakt zu den Auftraggebern. Foto: Scania Technologien + Informationssysteme 36 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 von Just-in-time-Ansätzen sind unzuverlässige Ankunftszeiten häufig nicht vertretbar. Eine explizite Berücksichtigung von Arbeitszeitenregelungen ist in der Optimierung des Luftverkehrs seit vielen Jahren gängige Praxis. Interessanterweise wurden entsprechende Regelungen im Straßengütertransport in der computergestützten Optimierung bisher nur sehr oberflächlich betrachtet. Gründe hierfür sind sowohl eine bisher wenig strikte Durchsetzung bestehender Verordnungen als auch die hohe Komplexität der entstehenden Optimierungsprobleme (vgl. Abbildung 1 ). Bisher wurde sogar vermutet, dass entsprechende Planungsprobleme unter realitätsnahen Bedingungen „NP-schwer“ (Non-deterministic Polynomial-time hard) sind, d. h. dass sie zu der Klasse von Problemen gehören, die nicht effizient gelöst werden können. In einer Kollaboration der Universität Leipzig mit dem MIT-Zaragoza International Logistics Program ist es nun gelungen, innovative Verfahren zu entwickeln, die Lenk- und Ruhezeitenverordnungen explizit bei der Planung berücksichtigen. Erstmalig kann somit effizient berechnet werden, ob eine Fahrzeugtour in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen durchgeführt werden kann. Die Einsatzmöglichkeiten der automatischen Planung von Lenk- und Ruhezeiten reichen von einer rückwirkenden Überprüfung bereits absolvierter Touren über eine Entscheidungsunterstützung bei der Fahrereinsatzplanung bis hin zur automatisierten oder interaktiven Optimierung von Tourenplänen (vgl. Abbildung 2 ). Logistikdienstleister können somit ihrer vom Gesetzgeber geforderten Verantwortung hinsichtlich der Einhaltung von Sozialvorschriften nachkommen. Die Berücksichtigung von Lenk- und Ruhezeiten erhöht die Kundenzufriedenheit, da Verspätungen aufgrund von nicht eingeplanten Pausenzeiten entfallen. Des Weiteren kann unnötiger Arbeitsdruck aufgrund von unrealistischen Zeitplänen vermieden werden. Eine Planung von Lenk- und Ruhezeiten fördert daher sowohl die Gesundheit der Fahrer als auch die Sicherheit im Straßenverkehr. Durch Nutzung von Optimierungsalgorithmen können gleichzeitig die Kosten für die Transportdienstleistungen minimiert werden. Die Einsparpotenziale leistungsfähiger Tourenplanungssoftware werden oft im zweistelligen Prozentbereich eingeschätzt. Es konnte gezeigt werden, dass bei Berücksichtigung von Lenk- und Ruhezeiten, die Effizienz automatisch erstellter Tourenpläne stark von der Qualität der zugrunde liegenden Methoden zur Planung der Lenk- und Ruhezeiten abhängt. So kann eine leistungsfähige Methodik zur Planung der Lenk- und Ruhezeiten innerhalb desselben Optimierungsalgorithmus zu einer weiteren Reduktion der Transportkosten um 10 % führen. Diese signifikanten Einsparungen können zu einer schnellen Amortisation der Kosten für die Inbetriebnahme solcher Planungssysteme beitragen. Geplant ist, die entwickelten Methoden so zu erweitern, dass zusätzliche nationale Bestimmungen oder vertragliche Vereinbarungen einfach integriert werden können. Mit den entwickelten Methoden ist eine simultane Optimierung der Kundenzufriedenheit und der Kosten sowie die Erfüllung der sozialen und gesellschaftlichen Verpflichtungen möglich. Die marktwirtschaftlichen Anforderungen können daher erfüllt werden, ohne mit der Corporate Responsibility in Konflikt zu geraten. Es ist also insbesondere auch aus unternehmerischer Sicht von Interesse, an die Fahrer zu denken. Literatur Goel, A.: Truck Driver Scheduling in the European Union. Transportation Science, published online before print August 19, 2010 Goel, A.: Vehicle Scheduling and Routing with Drivers’ Working Hours. Transportation Science, 43(1): 17 - 26, 2009 Europäische Union. Verordnung (EG) Nr. 561/ 2006 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/ 85 und (EG) Nr. 2135/ 98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/ 85 des Rates. Amtsblatt der Europäischen Union L 102, 11.04.2006, 2006. Weitere Informationen http: / / www.telematique.eu/ research/ truck_driver_scheduling Abb. 2: In dem abgebildeten Prototyp können Disponenten und der Computer simultan den Tourenplan optimieren. Leistungsfähige Algorithmen arbeiten im Hintergrund und generieren automatisiert Verbesserungsvorschläge. Abb. 1: Die explizite Berücksichtigung von Lenk- und Ruhezeitenregelungen stellt hohe Anforderungen an die Lösungsmethodik. In der computergestützten Optimierung müssen viele verschiedene Planungsvarianten berechnet und evaluiert werden. Die daraus resultierende Komplexität erfordert eine effiziente Berechnung von Lenk- und Ruhezeiten. Technologien + Informationssysteme 37 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Container sind heute bereits mit diversen Systemen ausgerüstet, die den Informationsfluss gewährleisten. Quelle: PTV Kristina Stifter Vernetzte Systeme künftig grundlegend für erfolgreiche Logistik Wie sieht der intelligente Güterverkehr von morgen aus? Welchen Einfluss wird die ständige Weiterentwicklung von Informations- und Kommunikationssystemen auf die Logistik der Zukunft nehmen? Einige Antworten lieferte das von der PTV AG veranstaltete Symposium auf der IAA Nutzfahrzeuge Ende September 2010 in Hannover. Die Autorin Kristina Stifter, Vice President Corporate Communications, PTV AG, 76131 Karlsruhe; kristina.stifter@ptv.de G rüne Logistik ist in aller Munde, Effizienzsteigerungen zur Verbesserung der Umweltwirkung des Güterverkehrs und zur Eindämmung der Energiekosten sind notwendig. Bisher lagen die Ansätze besonders in Fahrzeugtechnologie, Fahrerschulungen und intermodaler Transportplanung. Künftig werden auch die Optimierung auf Unternehmensebene sowie der verstärkte Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zur Planung und Steuerung von verkehrsträgerübergreifenden Transporten notwendig sein, um die erwarteten globalen Güterströme zu bewältigen. Die erstmals vorgestellten Ergebnisse der Studie „Intelligent Cargo Systems“, die im Auftrag der EU-Kommission von PTV durchgeführt wurde, bieten zwei Szenarien: Eines für 2020, das realistisch skizziert, welche Veränderungen durch neue Technologien auf die Transportlogistik zukommen. Das zweite eher visionär für 2035, das beschreibt, welche weiteren Entwicklungen auf Basis der neuen Technologien voraussichtlich folgen werden. Ausgangslage Durch zunehmende Konsolidierung von Ladung - unterstützt durch IT - können heute Güterverkehre umweltschonender und effizienter abgewickelt werden als bisher. Bezogen auf die Optimierung von Transportprozessen erreichen diese Systeme jedoch nur eine geringe Vernetzung über die Supply Chain und sind in der Regel isolierte Applikationen. Eine Reaktion auf dynamische Veränderungen findet in der Regel über manuelles Eingreifen der Disponenten und Planer statt. Automatisierung und Selbststeuerung von Transport- und Logistikprozessen sind bisher Vision. Erste Ansätze werden derzeit in der Steuerung von In House-Prozessen intensiv getestet: das „Internet der Dinge“. Die Verbreitung von IKT-Technologien in der Logistik nimmt jedoch stetig Fahrt auf. Im globalen Containerverkehr gibt es bereits vielseitige Anwendungen. Dazu gehört beispielsweise die lückenlose Transportverfolgung mit Hilfe von Sensortechnologie. Einige Beispiele: das Container-ID-Tag zur Identifikation, für die Sicherheit das CSD-Tag (Container Security Device), das elektronische Zollsiegel E-Seal, das Informationen über die Ware vorhält, oder auch E-Tags für die Ausführung von logistischen Anwendungen. Unternehmen setzen zudem zunehmend auf die RFID-Technologie (radio-frequency identification) und moderne IT-Plattformen, um Transporte, Lager- und Umschlagprozesse zu überwachen und zu steuern. Der Trend geht dabei eindeutig zu vernetzten Systemen. Erste Anwendungen gibt es heute bei der Verkehrslenkung auf Basis von aktuellen Verkehrsinformationen, Verkehrsmanagementzentralen entwickeln erste kooperative Systeme, die Tourenoptimierung kann unter Berücksichtigung von Verkehrsinformationen erfolgen, im städtischen Bereich gibt es innovative Anwendungen, mit denen sich etwa Ladebuchten vorreservieren lassen. Die Erkenntnis, „der Güterverkehr wird intelligenter werden“, ist weit verbreitet. Doch was heißt „intelligenter“ Güterverkehr konkret? Das PTV-Forschungsteam hat für diese Intelligenz folgende Charakteristika herausgearbeitet: ̇ papierlose Transportdokumente - als digitale Informationen begleiten sie die Ware über alle Verkehrsträger hinweg ̇ Ladeeinheiten können autonom Entscheidungen treffen - zur optimalen Abwicklung von Transporten ̇ Formate und Schnittstellen zur Transportverfolgung sind weitgehend standardisiert, Planungs- und Steuerungssysteme sind großflächig im Einsatz ̇ dynamische Datenquellen, auch Echtzeitinformationen, werden verwendet. Meinungen Im Frühjahr 2009 haben die Forscher 15 Experten aus Logistik, Industrie, IT, Beratung und Forschung nach ihren Prognosen für die Zukunft des Güterverkehrs gefragt. Die Interviewpartner sind unter anderem der Meinung, dass ̇ die Einführung papierloser Dokumente realistisch und eine notwendige Voraussetzung für „intelligenten” Güterverkehr ist. Zur Umsetzung müssten international harmonisierte gesetzliche Rahmenbedingungen und Standards geschaffen werden. ̇ autonome Systeme für einzelne Anwendungen möglich oder bereits implementiert sind. Jedoch könne die großflächige Einführung eines „intelligenten Güterverkehrssystems” kurzfristig nicht erreicht werden und bleibe Vision. ̇ entsprechende Geschäftsmodelle wesentliche Grundlage für Grad und Ausmaß der Einführung „intelligenter” Güterverkehre sind Technologien + Informationssysteme 38 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 ̇ Echtzeitinformationen vor allem auf „globalen” Routen notwendig sind ̇ mögliche Effizienzgewinne von deutlich über 10 % (Kapazitätsauslastung, Leerfahrtenvermeidung, Fehlerreduzierung, etc.) erreicht werden können ̇ die Entwicklung zu dezentraler Datenhaltung vielversprechend ist. Dies setze jedoch neue IT-Architekturen und Prozessabläufe voraus, welche derzeit noch nicht existieren. Zukunftsszenario 2020 Das erste Szenario beschreibt den intelligenten Güterverkehr, wie ihn die Befragten unter realistischen Bedingungen in 2020 erwarten: Eine abgestimmte Business-Logik für die gesamte Transportkette ist vorhanden, Standardformate und -Schnittstellen liegen vor, 2D-Barcode ist als Standard für die Identifikation eingeführt, Transporte werden papierlos dokumentiert, zentrale Backend-Systeme zur Datenverarbeitung, Transportplanung/ steuerung und Entscheidungsfindung regeln Transportprozesse, die autonome Entscheidungsfindung für erste Branchen wie Wertgüter oder Gefahrgut ist realisiert. Die Umsetzung wird von den Experten als realistisch eingestuft, da der Weg der technologischen Entwicklung mit dynamischen Routing- und Planungsverfahren, Eventmanagementsystemen und vernetzten Systemen bereits vorgezeichnet ist. Zukunftsszenario 2035 Dieses Szenario baut auf den voraussichtlichen technologischen Errungenschaften von 2020 auf. Jedoch beginnt hier ab dem Warenausgang ein neuer Prozess. Die Ladung selbst wird zur „intelligenten“ Sendung, die selbstständig entscheidet - abgestimmt mit den Plänen aus dem Materialfluss und der Transportsteuerung, wie sie mit welchem Transportdienst ausgeliefert wird. Es wird damit zu einen Paradigmenwechsel kommen von der zentralen zur dezentralen Planung: Die einzelne Ware oder Ladung bestimmt den optimalen Weg durch das vorhandene Transportnetzwerk, nicht mehr eine zentrale Planungsstelle. Materialfluss- und Transportsteuerung werden durch intelligente Sendungen verknüpft. Daten zur Transportsteuerung und Sendungsinformationen liegen jederzeit in Echtzeit vor entlang der kompletten Supply Chain. Voraussetzung für die Umsetzung ist, dass die technologische Entwicklung, wie im realistischen Szenario skizziert, stattgefunden hat. Zudem ist durch den Paradigmenwechsel eine grundlegende Änderung der Geschäfts- und Abwicklungsprozesse notwendig. Verkehrliche Wirkung Die Studie hat auch die Auswirkung auf den Güterverkehr untersucht. Die Umsetzung der Szenarien hat eine bedeutende verkehrliche Wirkung. Ökonomische Vorteile durch Treibstoffeinsparung - erzeugt durch effizientere Transportorganisation - bieten entsprechende ökologische Verbesserungen durch die damit einher gehenden sinkenden Schadstoffemissionen. Zudem gehen die Forscher davon aus, dass es durch ausgereifte Sicherungs- und Identifikationssysteme zu weniger Ladungsdiebstählen kommen kann, weniger Übergriffe auf Fahrer erfolgen, weniger Verwechslungen durch eine bessere Identifikation der Waren vorkommen und die Versicherungskosten sinken. Darüber hinaus rechnen sie damit, dass weniger Unfälle passieren, so dass auch die Zahl der Verletzten und Toten im Verkehrssektor sinkt. Europäische Ansätze Auftraggeber der Studie war die Europäische Kommission, Generaldirektion Informationsgesellschaft und Medien IKT für den Verkehr. Für die EU-Kommission war es wichtig zu erfahren, wie weit die europäische Logistikwelt beim Einsatz von IKT fortgeschritten ist und welche Maßnahmen erforderlich sind, um die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit dieser Industrie zu stärken. Von besonderem Interesse waren über den Status Quo hinaus die Effekte, die der IKT-Einsatz im Hinblick auf die Effizienz und Nachhaltigkeit des Güterverkehrs haben wird. Wie werden Schutz und Sicherheit sowohl der Güterverkehrsinfrastrukturen als auch der beteiligten Objekte (Fahrzeuge, Transportbehälter, Güter) sichergestellt? Wie soll sich der Übergang hin zum intelligente(re)n Güterverkehr gestalten? Wolfgang Hoefs, Projektleiter bei der EU-Kommission, stellte bei der Präsentation der Studienergebnisse heraus, dass eine europäische Verkehrspolitik betrieben werden muss, die für mehr Sicherheit und Effizienz sorgt sowie gesellschaftliche und nationale Interessen integriert. Für ihn zeichnet sich ein intelligentes Gut dadurch aus, dass es sich selbst identifizieren kann, Informationen mit anderen Beteiligten austauscht und über den eigenen Betriebszustand Kenntnis hat. Erreicht werde dies durch eingebettete Mikroelektronik-Module und Sensoren, die herkömmliche Waren zu intelligenten Elementen machten: Das „Internet der Dinge“ erlaube somit neuartige Informationsdienste und einen kooperativen Wissensaustausch. Für den Güterverkehr sind Komplexität, die hohe Fragmentierung des Marktes, der notwendige Investitionsbedarf und die globale Dimension die größten Herausforderungen, die zu meistern sind. Hier will die EU-Kommission die notwendige Koordinierungsarbeit vorantreiben. Zahlreiche Arbeitsprogramme sind und werden dafür aufgesetzt. Aktuell werden Unternehmen animiert, ihre Ideen für nachhaltige Mobilitäts- und Logistikkonzepte einzureichen, siehe IKT-Aufruf-7 im 7. Rahmenprogramm im September. Für 2011 ist ein Budget von 50 Mio. EUR zur Förderung der Umsetzung dieser Ideen eingestellt. In 2012 stehen im Aufruf-8 weitere 40 Mio. EUR für nachhaltige kooperative Systeme zur Verfügung. Programme wie der EU-Logistikaktionsplan oder der deutsche „Masterplan Güterverkehr und Logistik“ beschreiben die politischen Rahmenbedingungen zur Weiterentwicklung intelligenter Konzepte für den Güterverkehr, die sicherstellen werden, dass wir bei steigendem Mobilitätsbedarf auch morgen noch effiziente und umweltfreundliche Transportsysteme betreiben können. Der „Smart Truck“ von DHL nutzt RFID und eine neuartige Tourenplanungssoftware, die die Express-Fahrzeuge unter anderem an innerstädtischen Staus vorbeinavigiert. In einem Pilotprojekt sind seit Ende März 2009 zwei dieser Fahrzeuge auf Berlins Straßen im Einsatz. Grundlage der intelligenten Tourenplanung sind satellitengestützte Geo- und Telematikdaten, um das Fahrzeug zu orten und die Verkehrslage zu analysieren. Die Daten werden direkt an die dynamische Tourenplanung übermittelt, die die Touren - je nach Auftragslage und Verkehrsaufkommen - flexibel umplant. Für den reibungslosen Datenaustausch hat das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz die entsprechende IT-Architektur entwickelt. Fotos: DHL Technologien + Informationssysteme 39 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Claudia Lippmann / Tilman Schwemin Infos zu den Infos Was können Telematiksysteme heute? Effzienz ist entscheidend , um im Wettbewerb bestehen zu können. Die aktuell verfügbaren Telematiksysteme und -dienste bieten viele Ansatzpunkte, um Fuhrparkeinsatz, Fahrzeugkennzahlen und Disposition zu optimieren. Worauf ist zu achten? Die Autoren Claudia Lippmann, Key Account Managerin, Telekom Deutschland, und Tilman Schwemin, Projektmanager Systems Integration, Automotive & Manufacturing Industries, T-Systems International; Tilman.Schwemin@t-systems.com. Der Beitrag ist bereits im Juni in der „DVZ - Deutsche Logistik-Zeitung“ erschienen. T elematikdienste beschränken sich längst nicht mehr auf Navigation oder Kommunikation, sondern vereinen viele Anwendungen wie das digitale Fahrtenbuch, Auftragsmanagement, Fahrzeugeinsatzanalyse oder Fuhrpark- und Wartungsmanagement in einer Lösung. Hersteller wie MAN versprechen, dass sich durch intelligente Telematiklösungen die Kosten für Kraftstoff um bis zu 20 % senken lassen. Zusätzlich sorgt ein verbessertes Auftragsmanagement dafür, dass Lkw besser ausgelastet werden und sich die Standzeiten verringern. Außerdem können so die Kilometerleistungen optimiert werden. Doch auch die Zahl der Telematikanbieter ist sprunghaft gestiegen: Mittlerweile sind viele verschiedene Systeme auf dem Markt. Nutzer müssen sich daher genau mit den unterschiedlichen Funktionalitäten auseinandersetzen und entscheiden, was sie jeweils wirklich brauchen. Kommunikation Herzstück eines Telematiksystems ist das GSM-Modul (Global System for Mobile Communications). Es sendet die gesammelten Daten an die Zentrale und bekommt von dort neue Informationen. Machine-to-Machine (M2M) nennt sich diese Art der Mobilfunkkommunikation. Der entscheidende Vorteil ist, dass sich Daten exakt ermitteln sowie automatisiert, verschlüsselt und bei geringem Aufwand und niedrigen Kosten versenden lassen - und das rund um die Uhr. Anhand des vom Lkw gesendeten Signals verfolgt der Disponent auf einer digitalen Karte die genaue Route des Fahrers am Monitor. Eine Grundbedingung bei Telematiksystemen ist, dass die Disponenten Nachrichten sowohl an einzelne Fahrer als auch an die gesamte Flotte absetzen können. Damit lassen sich auch kurzfristig Aufträge umdisponieren. Ein wichtiges Zusatzelement dabei ist, dass die Adresse vorab vom System auf ihre Richtigkeit hin geprüft wird. Dadurch lassen sich Umwege und Zeitverluste durch Suchfahrten vermeiden. Die Kommunikation zwischen Fahrer und Zentrale spielt auch für das Kundenmanagement eine wichtige Rolle. Steckt zum Beispiel ein Fahrer im Stau fest, kann der Disponent den Empfänger oder Versender rechtzeitig über die Verspätung informieren. Wählt der Fahrer in dieser Situation eine Ausweichroute, sollte das System anzeigen, ob der Fahrer auf der neuen Route seine Restlenkzeit überschreitet. Flatrate und Datensicherheit Ähnlich wie bei einem privaten Mobilfunkvertrag müssen die Kosten der Kommunikation permanent geprüft werden. Gerade für Speditionen, die im internationalen Fernverkehr tätig sind, ist es empfehlenswert, beim Kauf einer Telematiklösung darauf zu achten, dass in dem Vertrag eine Datenflatrate für ganz Europa enthalten ist. Ansonsten kann der Einspareffekt einer Telematiklösung schnell durch die Kosten des Nachrichtenaustauschs mit dem Lkw im Ausland aufgefressen werden. Damit die Disponenten die Telematiksoftware nutzen können, benötigen sie in der Regel einen Internetzugang. Bei den meisten Diensten liegt die gesamte Software mitsamt den Daten sicher auf einem Server des Anbieters. Der Zugriff sollte idealerweise abgesichert sein - entweder durch ein SSL-Zertifikat oder ein virtuelles privates Netzwerk (VPN). Auswertung von Fahrzeugdaten Ein unverzichtbarer Baustein von Telematiklösungen ist die Fahrzeugeinsatzanalyse. Diese liefert umfangreiche Daten wie beispielsweise Kraftstoffverbrauch, Durchschnittsgeschwindigkeit, Achsengewicht oder Drehzahl. Diese Informationen helfen Fahrern, ihre Fahrweise zu optimieren und so den Spritverbrauch zu senken. Zudem schont eine umsichtige Fahrweise Material und Motor. Speditionen können für den spritsparendsten Fahrer Prämien ausloben oder Kollegen, die durch eine weniger materialschonende Fahrweise auffallen, gezielt schulen. Dies macht sich schnell bezahlt: So lässt sich der Kraftstoffverbrauch pro Fahrzeug um bis zu 1,5 l auf 100 km senken. Damit Speditionen mit gemischten Fahrzeugflotten nicht für jedes Fabrikat ein anderes Telematiksystem benötigen, sollten Spediteure darauf achten, dass ihr System dem FMS-Standard (Flotten-Management-Schnittstelle) entspricht. Die sieben großen europäischen Lkw-Hersteller haben sich auf diesen Standard geeinigt, damit auch Fuhrparks, die mit mehreren Marken unterwegs sind, einheitliche Telematiklösungen einsetzen können. Bei manchen Herstellern erstellt die Fahrzeugeinsatzanalyse auch einen Bericht über den Status verschleißabhängiger Teile wie Motoröl oder Bremsbeläge. Bei MAN fließen diese Daten sogar in ein Wartungsdatenportal, das neben den Speditionen auch die Vertragswerkstätten einsehen können. Damit sind die Werkstätten in der Lage, den optimalen Zeitpunkt für anstehende Inspektionen zu errechnen und einen Termin zu reservieren. Dies reduziert Standzeiten und verlängert die Lebensdauer der Fahrzeuge. Dank des Wartungsdatenportals haben die Speditionen außerdem eine bessere Übersicht, welche Lkw für einen Werkstatttermin vorgesehen sind. Das ermöglicht es ihnen, die Auslastung ihrer Fahrzeugflotte langfristig zu steuern und Lkw effizienter einzusetzen. Auch für den Fahrer bietet ein Telematiksystem Vorteile: Er muss sich nicht mehr um die Organisation von Routen oder Werkstattterminen kümmern, hat weniger Stress mit der Kommunikation und kann sich voll und ganz auf den Verkehr konzentrieren. Checkliste für die Anschaffung eines Telematiksystems 1. Bietet das System eine Flotten-Management-Schnittstelle (FMS)? 2. Ist eine europaweite Daten-Flatrate verfügbar? 3. Werden Schulungen angeboten? 4. Wie hoch sind die monatlichen Kosten für den Dienst? 5. Wird ein webbasierter Zugang für Disponenten angeboten? 6. Welche Module umfasst die Software (Fuhrparkverwaltung, Fahrzeugeinsatzanalyse, digitales Fahrtenbuch, Wartungsdatenportal)? 7. Gibt es offene Schnittstellen für die Anbindung an andere Systeme und kann die Software angepasst werden? 8. Wird für die Lösung Hilfe in Form einer Hotline angeboten? Fragen kosten nichts, Fehler schon Technologien + Informationssysteme 40 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Kerstin Zapp Vielschichtiger Markt mit hohem Innovationspotenzial Gerade im kostensensiblen Güterkraftverkehr gewinnt die Telematik weiter an Bedeutung als Werkzeug, um vorhandene Kostensenkungspotenziale auszuschöpfen. Gleichzeitig wird sich der wachsende Güterverkehr ohne Telematikanwendungen auf der vorhandenen Infrastruktur kaum bewältigen lassen. J etzt gab es erstmals einen Preis: Im Rahmen der IAA Nutzfahrzeuge 2010 Ende September verlieh die Fachzeitschrift „Telematik-Markt.de“ zusammen mit dem Verband der Automobilindustrie (VDA) und dem Niedersächsischen Wirtschaftsminister Jörg Bode als Schirmherr den Telematik Award. Mehr als 90 Unternehmen hatten sich in zehn Kategorien beworben, 32 waren letztlich für die Preise sowie die Sonderehrung „Anwenderpreis“ nominiert. Die Kategorien umfassten auch Bereiche wie „digitale Begleiter“, „Objektsicherung“, „Bau-„ sowie „Entsorgungswirtschaft“ und „Human-Telematik“, waren also nicht alle rein logistikorientiert. Sie machten das weite Feld dieser Technik deutlich. Große Hoffnungen In seiner Eröffnungsrede stellte Bode heraus, dass Telematik unerlässlich sei, um das Transportmengenwachstum logistisch und bezogen auf die vorhandene Infrastruktur zu bewältigen. Er sieht Telematik als Mittel zur Vernetzung. Klaus Bräunig, Geschäftsführer des VDA, wies darauf hin, dass ein auf Telematik basierendes Fuhrparkmanagement den Dieselverbrauch um 2 l pro 100 km senken kann. Bisher seien rund 20 % der Lkw mit Telematiksystemen ausgestattet, so dass pro Jahr aufgrund des geringeren Treibstoffverbrauchs etwa 800 000 t CO 2 weniger erzeugt würden. Doch für Bräunig ist der Nutzungsgrad der Telematik noch zu gering. Dies führt er darauf zurück, dass es bisher selten standardisierte Produktlösungen gäbe und zudem die Krise noch gegenwärtig sei, so dass die Branche (noch) kein Geld in neue Technik investiere. Trotzdem seien auf der IAA mehr als 100 Aussteller aus zehn Ländern mit telematikbasierten Lösungen vertreten. Das zeige das Potenzial der Branche sowie die Wichtigkeit der Themen Ökologie und Effizienz. Insgesamt sind nach Angaben von „Telematik-Markt.de“ 453 Unternehmen aktuell als Hersteller und/ oder Anbieter von Telematiksystemen und -dienstleistungen aller Art gelistet. Für Dr. Hans Hubschneider, Vorsitzender des Vorstands der PTV Planung Transport Verkehr AG, geht der Trend zu kooperativen Systemen, die aufeinander abgestimmt werden und entsprechend Synergien bringen. Er erwartet, dass künftig mehr Standards geschaffen werden und die Vernetzung der Anbieter zunimmt. Prof. Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), wies in der Diskussion darauf hin, dass die Telematik noch immer eine Inselwelt ohne viele Verbindungen sei. Für ihn ist diese Technologie als Mittel zur Auslastungsoptimierung sowie zur Verbesserung der Rampenlogistik besonders wichtig. In der Kategorie „Objektsicherung“ trug die Wabco Fahrzeugsysteme GmbH mit ihrer „TrailerGUARD Telematik“ den Award davon. Bei „Fahrzeugortung“ konnte die GPSoverIP GmbH den Wettbewerb für sich entscheiden. Tom Tom Work schnitt bei „Portale“ und damit der Frage „Wie anwenderfreundlich ist der Web-Auftritt? “ mit dem System „Webfleet“ am besten ab. Den Preis im Segment „Ladungstelematik“ erhielt die Fahrzeugwerk Bernhard Krone GmbH mit „TControl“ zur Trailerüberwachung. Das Thema „Applikation“ und damit die Wegepunktanalyse hat die Arealcontrol GmbH mit „Fleetwork“ gewonnen. Im Bereich „Fuhrparkmanagement“ sicherte sich die Mobile Objects AG mit der Internet- Flottensteuerungssoftware „mobileService- Manager“ die Trophäe. Und den Anwenderpreis bekam die Funkwerk Eurotelematik GmbH für ihr System „easyfleet Guide“ mit FB 6000, welches neben Navigation, Fahrzeugortung und Auftragsmanagement auch die Freisprechanlage umfasst. Leider wurden die Kriterien der Jury während der Feierstunde ebenso wenig genannt wie die preiswürdigen Eigenschaften der Produkte. Künftig soll die Auszeichnung jährlich im Rahmen der IAA verliehen werden. IAA-Neuheiten Personal-, Verbrauchs-, Reparatur- und Wartungskosten machen zusammen mehr als 70 % der Gesamtkosten für Lkw-Transporte aus. Kein Wunder, dass Telematikanbieter hier ein großes Potenzial sehen, um mit modernen Flottenmanagementsystemen die Kosten zu reduzieren. Einige auf der IAA vorgestellte Neuheiten wollen wir Ihnen nicht vorenthalten. Mix Telematics aus Südafrika bietet mit „Mix DriveTime“ beispielsweise herstellerunabhängig eine Erweiterung auf Flottenmanagement mit dem existierenden Gerät an. Das Unternehmen verfügt über eine eigene Plattform sowie ein eigenes Hosting und Datenmanagement. Punch Telematics - mittlerweile unter dem Dach von Trimble angesiedelt und künftig unter Trimble Transport and Logistics firmierend - hat mit „Fleet Cockpit“ ein System auf der Messe vorgestellt, welches neben der aktuellen Situation und verschiedenen Karten auch Nachrichten und Alarme sowie eine historische Betrachtung der Daten möglich macht. Der Navigationsgerätehersteller Garmin hat mit seinem neuen Partner Arealcontrol GmbH eine gemeinsame Flottenmanagementlösung namens „Connected Navigation“ präsentiert, die besonders für kleine und mittelständische Flotten geeignet sein soll. Partner ist nun auch die Enaikoon GmbH und sorgt für Telematikfunktionen wie Nachrichten- und Auftragsübertragung. Unter anderem Telematikansätze für die Tourenplanung von Elektrofahrzeugen zeigt die Soloplan GmbH. Die Robert Bosch Car Multimedia GmbH präsentierte ein neues System für verbrauchsoptimiertes Fahren. Hier liegt der Fokus auf einer optimierten Motor- und Getriebesteuerung auf Basis erweiterter Navigationsdaten wie Steigungen oder Kurvenradien. Qualkomm Enterprise Services Europe BV stellte seine neue Lösung mit erweiterten Leistungsindikatoren zum Einsparen von Kraftstoff und CO 2 -Emissionen vor. Außerdem ist nun ein Fernzugriff auf Tachografendaten möglich. Ein neues Telemetrie-Modul zur Ergänzung von Ein Navigationssystem, das auf die Bedürfnisse von Lkw abgestimmt ist, eine Nachrichten- und Auftragsübertragung in Echtzeit: drei Elemente, die ein Telematiksystem auszeichnen können. Quelle: Garmin Technologien + Informationssysteme 41 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 „Opheo Mobile“ hatte die Initions AG im Gepäck: Es überträgt Fahrerdaten aus dem digitalen Tachografen sowie die CAN-Bus- Informationen der FMS-Schnittstelle. Datenübertragung direkt aus dem Fahrzeug ist auch das Thema bei der E.Novation BTC GmbH. Eine Online-Version gibt es jetzt von „ZA,ARC ® Geo“ von sz&p Softwarebüro Zauner & Partner. Als All in One-System bezeichnet die Schweizer Brabender Software AG ihr neues Mitglied der Cockpit-Series. „R2. Compact“ organisiert, navigiert, ortet, kommuniziert, informiert und verfügt über diverse Schnittstellen. Die PTV AG präsentierte ein ganzes Paket von Neuerungen für die Planung von Touren und Transporten sowie speziell für die Lkw-Navigation. Zudem hat das Unternehmen ein neues Partnerprogramm für Systemintegratoren und IT-Dienstleister aufgesetzt. Transportmanagement und Telematik kombiniert die Dr. Malek Software GmbH unter dem Namen „M3 All-In-One“. Für Einsteiger und Endkunden mit reinem Ortungswunsch hat die Mobile Objects AG den „mobileLocationManager V5“ entwickelt, der auch mit Europa-Flatrate zu haben ist. Ebenfalls neu sind das FMS-Modul für die Auswertung diverser Daten der gesamten Flotte unterschiedlicher Lkw-Hersteller und ein Modul zur Lenk- und Ruhezeitenüberwachung zur Erleichterung der Tourenplanung. Erweiterungen ihrer Software „Komalog“ präsentierte die Transdata Soft- und Hardware GmbH auf der IAA. Hierbei handelt es sich vor allem um eine neue Funktion zur Geokodierung von Adressen. Bei der Daimler Fleetboard GmbH gibt es ebenfalls Neues: Das „FleetBoard Transportmanagement“ ermöglicht es Disponenten, Aufträge flexibel zu planen. Das Angebot für das Fahrerhaus wird um den „DispoPilot.guide“ erweitert. Interessantes für „Disponentplus“ und „Disponentgo“ lüftete die Weber Data Service IT GmbH. Dazu gehörten auch die Funktionserweiterungen über Apps. Die Speditionssoftware „best4log-x“ für SAP verfügt nun über die Möglichkeit der grafischen Disposition auf der digitalen Karte mit Anbindung der Webservices von Navteq. Navteq selbst, Anbieter digitaler Kartendaten und Verkehrsinfos zur Fahrzeugnavigation, bietet mit „Natural Guidance“ ein Routingsystem, welches statt „Nach 50 Metern rechts abbiegen.“ künftig zum Beispiel sagt: „Biegen Sie nach dem gelben Geschäft rechts ab.“ Studien sollen belegen, dass sich Verbraucher intuitivere und praxisorientiertere Fahrhinweise wünschen, um ihnen während der Fahrt einfacher folgen zu können. Neu im Telematikgeschäft ist die ZF Friedrichshafen AG. Zusammen mit der Funkwerk Eurotelematik GmbH hat das Unternehmen „eLog“ entwickelt, das in Verbindung mit der offenen Systemplattform Openmatics die Erfassung aller für eine Fahrt relevanten Daten als elektronischer Fahrtenschreiber ermöglicht. Zudem gibt es das Auftragsverfolgungssystem „mOrderFulfilment“. Ebenfalls neu: die Antlogic GmbH. Mit ihrem Telematik- und Flottensteuerungssystem auf Basis von Blackberry-Smartphones hat es das Unternehmen zu einer Nominierung für den Deutschen Gründerpreis 2010 als erfolgreiches Start Up gebracht. Einen zusätzlichen Ansatz hat der britische Telematikkonzern Cybit für sich entdeckt: Beratung, und zwar zum Thema Nachhaltigkeit. Bis vor wenigen Jahren hatten allein die Nutzfahrzeughersteller Zugriff auf die Betriebsdaten der Lkw. Erst 2002 haben sich einige auf eine gemeinsame Schnittstelle für das Flottenmanagement geeinigt, die FMS-Schittstelle. Sie ist die einzige Möglichkeit für externe Nutzer, an Fahrzeugdaten zu gelangen. Ein direkter Anschluss an den CAN- Bus der Fahrzeuge ist weiterhin verboten. Die Hersteller haben in einer gemeinsamen Erklärung festgehalten, dass sonst sämtliche Garantieansprüche für ein Fahrzeug erlöschen. Sie senden daher nur ausgewählte Daten über die Schnittstelle. Der Umsatz mit Telematiksystemen lag im Jahr 2008 bei rund 54 Mio. EUR. Im Jahr 2015 sollen es nach einer Frost & Sullivan-Studie 470 Mio. EUR sein. Quelle: Bosch Frachtenbörsen Auf der diesjährigen IAA hat die PTV AG, Karlsruhe, mit „Map & Guide Professional 2010“ den nach eigenen Angaben ersten Lkw-Routenplaner mit TÜV-zertifizierter Emissionsberechnung und Anbindung an eine Frachtenbörse vorgestellt. Disponenten oder Fahrer, die noch Platz für zusätzliche Fracht haben, können direkt aus der Software auf die Daten von Teleroute zugreifen. Teleroute selbst hatte zur Messe eine mobile Frachtenbörsenanwendung für Smartphones im Gepäck. Sie soll sich durch hohe Datensicherheit auszeichnen, besonders für kleine und mittelständische Unternehmen geeignet sein und kann kostenlos von allen Kunden genutzt werden, die die Online-Produkte „Teleroute Pro“ oder „Teleroute Go“ nutzen. „Teleroute Plus“ ermöglicht von unterwegs aus per GSM-Mobilfunk den Zugriff auf alle Frachtangebote des Unternehmens nach verschiedenen Auswahlkriterien. Ebenfalls auf die Hosentasche konzentriert sich die Timocom Soft- und Hardware GmbH aus Düsseldorf: Das Timocom-Transportmarktbarometer gibt es jetzt als Handy-App. Nutzer können nun jederzeit und überall die aktuelle Marktlage im europäischen Straßentransportsektor abrufen und etwa für Vertragsverhandlungen nutzen. bis zu 230 000 Fracht- und Laderaumangebote von mehr als 75 000 Nutzern täglich werden nach angaben des Unternehmens für das Transportbarometer ausgewertet und nahezu in Echtzeit auf das Smartphone- Handy übertragen. Als nächstes ist eine Statistikfunktion geplant, die die Entwicklung der Angebot-Nachfrage-Verhältnisse von Fracht- und Laderaumkapazitäten des vergangenen und des aktuellen Jahres als Zeitstrahl darstellt. Zudem hat Timocom mit „TC-eBid ® “ eine Plattform für europaweite Transportausschreibungen, speziell für das langfristige Kontraktgeschäft, präsentiert. Sie soll die Sportmarktplattform „TC Truck&Cargo ® “ ergänzen. Verknüpfungen möglich Veranstaltungen 42 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Carola Dietz Diskussion um Umweltschutz und neue Modelle der Mobilität 5. ÖPNV-Innovationskongress in Freiburg Zum Treffpunkt der Nahverkehrsbranche wird Anfang 2011 erneut das Kongresszentrum Konzerthaus Freiburg: Vom 22. bis 24. Februar findet dort bereits der 5. ÖPNV-Innovationskongress statt. Veranstaltet vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Baden-Württemberg, versteht sich die dreitägige Tagung als Forum für neue Ideen und innovative Konzepte für Bus und Bahn. Die Autorin: Carola Dietz, freie Fachjournalistin; dietz@cp-compartner.de N ach der erfolgreichen Erstauflage im Jahr 2003 ist der dreitägige ÖPNV- Innovationskongress längst eine feste Größe im Terminkalender der Branche - und das weit über die Landesgrenzen hinaus. Mobilitätsexperten aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus den Nachbarländern Schweiz und Österreich reisen im zweijährigen Turnus nach Freiburg, um neuste Entwicklungen und Trends im öffentlichen Verkehr zu diskutieren. Vertreter von Verkehrsunternehmen und Verbünden suchen den Meinungsaustausch mit Referenten aus Politik und Wissenschaft, um Anregungen für ihre Arbeit zu gewinnen. Das verbindende Ziel dabei ist klar definiert: Der öffentliche Personennahverkehr soll als vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr gefördert und weiterentwickelt werden. Umweltverbund im Fokus Inhaltlich konzentriert sich der 5. ÖPNV- Innovationskongress auf aktuelle Fragestellungen, die die Branche bewegen. Das Kongressprogramm steht in diesem Jahr unter dem Titel „Neue Modelle der Mobilität“. Einen besonderen Stellenwert nimmt die Diskussion um Umweltschutz und nachhaltige Mobilität ein. Dafür wurde eigens der neue Themenbereich „Umweltverbund“ konzipiert. Insgesamt vier Vorträge widmen sich einer neuen Mobilitätskultur, in der das Auto an Bedeutung verliert und eine umweltverträgliche Verkehrsmittelwahl in den Fokus rückt. Mit welchen Strategien kann sich der ÖPNV als klimaverträgliche Alternative zum Individualverkehr behaupten? Wie kann er sich die gesellschaftlichen Trends zu einem umweltbewussten Verkehrsverhalten zu Nutze machen? Mit welchen Wettbewerbssituationen sieht er sich künftig konfrontiert? Diese Fragen sollen in Freiburg den Takt vorgeben und sich auch in den bekannten Themenbereichen Kundenorientierung, Betrieb, Technologie und Marketing/ Tarif widerspiegeln. In einem Leitvortrag wird Dr. Barbara Lenz, Leiterin des Instituts Verkehrsforschung Personenverkehr beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin, den aktuellen Veränderungsprozess im Mobilitätsverhalten und in der traditionellen Verkehrsmittelwahl thematisieren. Neben den demografischen und gesellschaftlichen Trends der Reurbanisierung blickt die Wissenschaftlerin auch auf die Umwälzungen, die der elektronische Antrieb und weitere zukunftsgerichtete Technologien mit sich bringen werden. Die Vortragsreihe „Technologie“ greift dementsprechend die neusten Entwicklungen bei der Elektromobilität und bei Hybridbussen sowie neue Getriebetechnologien und Innovationen im Schienenverkehr auf. Hier referieren unter anderem Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts in Stuttgart, Entwickler aus der Fahrzeugherstellung von Bombardier und Praktiker der Stuttgarter Straßenbahnen. Verknüpfung von Reisemitteln und ÖPNV Die Vorträge in den Themenbereichen „Betrieb“ und „Umweltverbund“ legen einen Schwerpunkt auf die bessere Verknüpfung des Systems ÖPNV intern - und extern mit etwa dem Radverkehr. Die intermodale Anschlusssicherung, spezielle Bedienkonzepte im ländlichen Raum oder elektronisches Ticketing sind dabei ebenso systemrelevant wie die Integration öffentlicher Fahrradverleihsysteme in den ÖPNV. Die Redner zum Thema „Kundenorientierung“ werden beispielsweise Qualitätssicherungsinstrumente beim Stadtverkehr Bielefeld vorstellen und technische Entwicklungen wie die mobile Kundeninformation auf ihre Praxistauglichkeit hin analysieren. In der Vortragsreihe zum Themenbereich „Marketing/ Tarife“ geht es schließlich um die Vermarkung von Ticketangeboten, neue Wege bei der Einnahmenaufteilung sowie flexible Tarife und ihre Anwendungsmöglichkeiten. Damit decken die Vorträge beim 5. ÖPNV- Innovationskongress erneut ein breites Spektrum an Themen ab und geben den Teilnehmern zahlreiche Anregungen für die Praxis, wie sich die Attraktivität von Bus und Bahn weiter steigern lässt. Wie bei den Veranstaltungen zuvor wird das Kongressprogramm durch eine Fachausstellung begleitet, während der Fahrzeughersteller, Verkehrsverbünde und -unternehmen über neuste Produkte und Lösungen informieren. Weitere Informationen zum 5. ÖPNV-Innovationskongress unter www.innovationskongress-bw.de Ein umfangreiches und interessantes Vortragsangebot soll auch im kommenden Jahr die Teilnehmer begeistern. Veranstaltungen 43 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Round table und Podiumsgespräch Am Runden Tisch diskutieren renommierte Fachleute aus der Branche die Jasmin Brändli Neue Horizonte im Stadtverkehr Innovative E-Bus-Systeme für attraktive Städte Ein vielseitiges Programm mit einem repräsentativen Querschnitt der aktuellen Innovationen aus allen Bereichen des öffentlichen Stadtverkehrs wartet auf die Besucher der zweiten internationalen Konferenz „Neue Horizonte im Stadtverkehr - Innovative E-Bus- Systeme für attraktive Städte“. Am 30. November und 1. Dezember 2010 trifft sich die Branche im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern. Die Autorin Jasmin Brändli, technische Redaktion, Kummler+Matter AG, CH-8026 Zürich; jasmin.braendli@kuma.ch S pannende Fachthemen, hochkarätig besetzte Podiumsdiskussionen und ein interessantes Rahmenprogramm: Die Veranstaltung der Interessengruppe TrolleyMotion, einer Non-Profit-Organisation, die sich die Förderung elektrischer Stadtbussysteme zum Ziel gesetzt hat, bietet umfassende Information. Ein wesentliches Ziel der Organisation ist, die Wettbewerbsposition des öffentlichen Verkehrs und die Lebensqualität in städtischen Räumen nachweisbar zu verbessern. Namhafte Vertreter von diversen Verkehrsbetrieben, Verbänden, Herstellern, Planem und Beratern des Verkehrssektors versammeln sich am 30. November und 1. Dezember, um ihre Lösungen für innovative E-Bussysteme sowie den derzeitigen Stand zum Einsatz von Busverkehrssystemen mit elektrischem Antrieb zu diskutieren. Für eine engagierte Moderation wird gesorgt durch Markus Maibach von INFRAS - Forschung und Beratung für wirtschaftliche und ökologische Zukunftslösungen. Maibach ist vielen Teilnehmern bereits von Fachtagungen und öV-Foren des VöV ein Begriff. neuesten technologischen, wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Entwicklungen, wie sich der öffentliche Stadtverkehr in Zukunft innovativ und nachhaltig weiterentwickeln lässt. Zudem werden Referenten aus unterschiedlichen europäischen Regionen aus ihrem großen Erfahrungsschatz berichten. Es müssen wirkungsvollere Wege gefunden werden, um den öffentlichen Personennahverkehr zu stärken, damit wir die Zukunft funktionsfähiger Städte gewährleisten können. Dafür brauchen wir vor allem innovative Lösungen im Rahmen integrierter Mobilitätskonzepte, zu denen die langfristige komplette Umstellung des städtischen Nahverkehrs auf den elektrischen Antrieb gehört. Darüber hinaus ist die Konferenz ein Forum für den Erfahrungsaustausch der Nutzer/ innen des öffentlichen Verkehrs untereinander sowie mit den Vertreter/ innen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie. Die Podiumsgespräche am ersten und zweiten Tag werden sich den großen Konferenzthemen in komprimierter Form widmen. Das Podiumsgespräch will die Teilnehmenden in alle Fragen aktiv einbeziehen, ausgerichtet an den praktischen Problemen des Stadtverkehrs. Wie immer werden eine Ausstellung, ein Besichtigungsprogramm, Testfahrten und eine gemeinsame Abendveranstaltung die Konferenz einrahmen. Weitere Informationen finden Sie unter: www.trolleymotion.org Abb. 1: Die Stadt Luzern mit ihren erfolgreichen elektrischen Stadtverkehrssystemen ist ein idealer Veranstaltungsort. Foto: TrolleyMotion Abb. 2: Doppelgelenk-Trolleybus Foto: HESS Industrie + Technik 44 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Mosolf Nachrüstung von E-Antrieben Als Nachrüstbausätze entwickelte Elektroantriebe für leichte Nutzfahrzeuge montiert künftig der Automobillogistiker Mosolf aus Kirchheim. Auf der IAA präsentierte sich das Unternehmen als Partner von Edag, Fulda, einem unabhängigen Automobilentwickler. Der EDpowerdrive soll den Einsatzradius von Elektrofahrzeugen deutlich erhöhen: Der Dieselmotor verbleibt im Fahrzeug, lediglich ein kleinerer Tank wird eingebaut. Der Elektroantrieb arbeitet entkoppelt vom konventionellen frontbetriebenen Antriebssystem. Die Batterie wird im Laderaum integriert und überträgt die erforderliche Energie über eine eigene Antriebseinheit auf die Hinterachse. Die Reichweite des Elektromotors wird mit 100 km im Stadtverteilerbetrieb angegeben. (zp) DLR Innovative Versuchsanlagen für Zugaerodynamik Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Göttingen hat zwei Aerodynamik-Forschungsanlagen fertig gestellt. Für mehr als 3 Mio. EUR wurden die weltweit erste Tunnelsimulations- und die erste Seitenwindversuchsanlage gebaut. Damit kann das Verhalten von Zugmodellen bei bis zu 400 km/ h oder beispielsweise der Einfahrt in einen Tunnel untersucht werden. Die Modelle in der Tunnelsimulationsanlage im Maßstab 1: 20 bis 1: 100 werden durch ein Katapult beschleunigt. Die Untersuchungen sind Teil des DLR-Forschungsvorhabens „Next Generation Train“, an dem acht DLR-Institute mitwirken. (cm/ zp) Vossloh Geschäfte mit China und Russland In China baut Vossloh ein neues Gemeinschaftsunternehmen zur Produktion von Weichen auf. Das Joint Venture mit dem chinesischen Konzern Huaxing und der China Railway Material Group (CRMG) will auf einem Gelände von Huaxing in Wuhu (nahe Nanjing, Provinz Anhui) bis Ende 2011 eine Fertigungsstätte für jährlich 2600 Weichen errichten. Vossloh wird an dem Joint Venture die Hälfte der Anteile halten. Das geplante Investitionsvolumen für das Gemeinschaftsprojekt liegt bei umgerechnet 30 Mio. EUR im Jahr 2011. Vossloh Fastening Systems (China) Co. Ltd. hat über das chinesische Eisenbahnministerium vorbehaltlich möglicher Einsprüche den Zuschlag für einen Großauftrag für Schienenbefestigungssysteme auf der HGV- Strecke Lanzhou - Urumqi im Nordwesten Chinas erhalten. Die Lieferungen für rund 140 Mio. EUR sollen im Wesentlichen im Jahr 2011 erfolgen. In Russland hat Vossloh mit der staatlichen russischen Bahngesellschaft RZD einen Vertrag über die Lieferung von Schienenbefestigungssystemen des Typs W30 geschlossen. Diese neuartige und extra für den russischen Markt entwickelte Lösung ist seit September 2010 zugelassen. Der Gesamtauftragswert liegt bei knapp 10 Mio. EUR und umfasst eine erste Gleismodernisierung auf einer Länge von 200 km noch in diesem Jahr. (cm/ zp) Knorr-Bremse Australier übernommen Die zum Knorr-Bremse-Konzern gehörende Gesellschaft Knorr-Bremse Asia Pacific (Holding) Ltd. hat Ende September den australischen Spezialisten für Klimasysteme, Sigma Coachair Group (SCG), gekauft. Die Systeme von SCG kommen weltweit vornehmlich in Zügen, aber auch in der Industrie zum Einsatz. Während die Knorr- Bremse-Tochter Merak mit Klimasystemen bisher vor allem in China, Europa und Amerika Akzente setzte, ermöglicht die Übernahme der SCG insbesondere den Zugang zu den Märkten im südostasiatischen Raum, in Indien sowie Australien. Knorr- Bremse ist durch die Übernahme nun einer der weltweit führenden Hersteller von Klimasystemen für Züge. (cm/ zp) Fraunhofer IDMT Eye-Tracker warnt vor Sekundenschlaf Forscher vom Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT in Ilmenau haben ein Assistenzsystem entwickelt, das die Augenbewegungen des Fahrers beobachtet und ihn rechtzeitig vor dem Einnicken warnt. Der „Eye-Tracker“ lässt sich mühelos in jedes Automodell einbauen, die Kameras müssen nicht umständlich kalibriert werden. Die Berechnung der Blickrichtung findet direkt in der Kamera statt. Der Eye-Tracker verfügt über mindestens zwei Kameras, die stereoskopisch, also dreidimensional, aufzeichnen. So erkennt das System die räumliche Lage der Pupille und die Blickrichtung. Die Informationen liegen an einer Standard-Schnittstelle vor (USB, CAN), das System lässt sich direkt an den Bordcomputer anschließen. Stellen die Kameramodule fest, dass das Auge etwa länger als eine Sekunde geschlossen ist - die Zeit lässt sich variabel einstellen - wird ein Alarm ausgelöst. (zp) Mobileye Fußgängerschutz Nachrüstbar ist das Assistenzsystem „Mobileye C2-270“ mit Fußgängerschutz von Mobileye Products, Schorndorf. Es warnt optisch und akustisch vor Zusammenstößen mit Fußgängern, Fahrrädern, Fahrzeugen oder Verkehrsschildern. Die Kamera überwacht die Straße vor dem Fahrzeug und ist mit einem Display im Sichtfeld des Fahrers verbunden. Das Unternehmen hat seine Neuentwicklung auf der IAA vorgestellt. (zp) Wabco AEBS für Lkw Voraussichtlich ab November 2013 ist die Ausstattung neuer schwerer Nutzfahrzeuge mit einem vorausschauenden Not- Gifas Electric Um Fahrgäste und Passanten auf einfahrende Züge aufmerksam zu machen, hat die österreichische Gifas-Electric GmbH LED-Markierungsleuchten mit Lauflicht für die Bahnsteigkante entwickelt. Die Bodenleuchten sind ebenerdig ins Pflaster eingelassen. (cm/ zp) Warnen vor Gefahren: Bodenleuchten Foto: Gifas Beleuchtete Bahnsteigkante Max Bögl Fast komplett eingebettet in den Beton ist die neue Feste Fahrbahn der Max Bögl Bauservice GmbH und Co. KG, Neumarkt. Die Besonderheit von „Future Line“ ist ein innovatives Schienenprofil, das Bögl auch bei Bahnübergängen verwendet. (cm/ zp) Das System wurde im September auf der Innotrans vorgestellt. Foto: C. Müller FF Future Line Industrie + Technik 45 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 ländischen Hersteller Daf-Bus, Jonckheere, Bova, Berkhof und Kusters vereint. (zp) Euro Engineering Wechselhybridmodul Für Stadtbusse hat die Euro Engineering AG, Neu-Ulm, ein Wechselhybridmodul auf Basis eines seriellen Hybrids entwickelt und im September auf der IAA einen Prototypen vorgestellt. Innerhalb von einer Minute kann das Modul beispielsweise auf Betriebshöfen getauscht werden, da das System in einen Rahmen gesetzt ist (2,5 m 3 ) mit Schnellverschlüssen gesichert wird und eine Aufnahmemöglichkeit für Gabelstapler besitzt. Die Entwicklung zur Serienreife hängt von der Partnersuche ab, erste Prototypen gehen 2011 an den Start. (zp) biets sind zwei Dieselgeneratoren an Bord, die die Akkus auch wieder aufladen. (zp) VDL Preis für Citea „International Bus of the Year 2011“ ist der Citea Low Floor des niederländischen Herstellers VDL. Auf der IAA erhielt der Nahverkehrsbus die Auszeichnung für besonders guten Fahrgastkomfort und sichere Fahreigenschaften. Zudem zeichnet sich der Citea durch ein Leichtbaukonzept mit einem Dach in Sandwichbauweise und eine reparaturfreundliche Konstruktion aus. Im kommenden Jahr soll eine Gelenkbusvariante die Citea-Familie erweitern. Der Antrieb stammt von Daf. Unter dem Dach des VDL-Konzerns sind seit 2003 die Produktreihen der niederbremssystem (advanced emergency braking system - AEBS) in Europa Pflicht. Entsprechend hat die Wabco Fahrzeugsysteme GmbH, Hannover, „OnGuardPlus“ entwickelt. Das System verwendet einen einzelnen Radarsensor und leitet bei Gefahr eine autonome Notbremsung ein. Die Technik reagiert auch auf stehende Fahrzeuge beispielsweise an Stauenden und soll von 2012 an weltweit zur Verfügung stehen. (zp) Fraunhofer IPMS Funkchip mit Sensor Bisher liefern Funkchips im Wesentlichen Daten zur Identifikation von Produkten. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme IPMS in Dresden haben jetzt einen Transponder entwickelt, der auch Temperatur, Druck und Feuchtigkeit misst. Der Chip mit Sensorfunktion registriert und meldet zum Beispiel Temperaturschwankungen bei Kühltransporten. Diese erweiterte RFID-Technologie basiert auf UHF-Transpondern, Sensoren und einem Mikro-Controller auf den Modulen, der dafür sorgt, dass die vom Sensor gemessenen Daten komprimiert und teilweise verarbeitet werden. Auf diese Weise wird die Datenmenge, die der Transponder an den Reader sendet, kleiner - der Energieverbrauch sinkt. Zudem kann der Reader den Befehl zur Steuerung der Sensoren senden. So sind diese nicht im Dauerbetrieb. Damit haben die Forscher das Energieversorgungsproblem für ein einwandfreies Arbeiten der einzelnen Komponenten gelöst. (zp) ISL Container-Scanning lückenlos möglich? Das Forschungsprojekt Ecsit (Erhöhung der Containersicherheit durch berührungslose Inspektion im Hafenterminal) soll klären, ob ein lückenloses Scanning aller Exportcontainer für die USA überhaupt möglich ist. Neben der Simulierung eines hundertprozentigen Scannens sollen Wege zur Optimierung der bisherigen Kontrollverfahren aufgezeigt werden. Koordinator des Projekts ist das Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL). Partner sind unter anderem Umschlagunternehmen, Berater, Fraunhofern Institute, die Uni Bremen und die Hochschule Bremerhaven. Ecsit wird mit 6 Mio. EUR aus dem Sicherheitsforschungsprogramm des Bundes gefördert. (zp) Mokum Mariteam Elektroschiff für Citylogistik 85 m 3 Fracht kann die „City Supplier“ von Mokum Mariteam laden und in Amsterdam über die Grachten verteilen. Ab Kaikante geht es dann zum Beispiel mit elektrischen Handkarren weiter. Das Binnenschiff wird mit Batterien angetrieben, auch der Schiffskran funktioniert elektrisch. Für Fahrten außerhalb des Stadtge- MAN Ein echter Hingucker auf der diesjährigen IAA war die Designstudie MAN Concept S. Minus 25 % CO 2 -Ausstoß und einen entsprechend reduzierten Dieselverbrauch dank ausgefeilter Aerodynamik verspricht der Hersteller in Verbindung mit einem entsprechend modifizierten Trailer. Weg vom kubisch geformten Lkw heutiger Bauart hat MAN Nutzfahrzeuge die Sattelzugmaschine im Windkanal konsequent auf einen extrem niedrigen Luftwiderstand getrimmt, der dem einer modernen Pkw-Limousine entspricht. Um die Effizienzpotenziale tatsächlich heben zu können, müssen Zugmaschine und Auflieger gestreckt werden, um das gewohnte Innenraum- und Ladevolumen zu erreichen. Änderungen an der Straßeninfrastruktur sind dafür jedoch nicht erforderlich. (zp) In den seitlichen Auslegern befinden sich Kameras statt Rückspiegel. Foto: MAN Group Design für Auge und Umwelt Bode Es ist so weit: Die Gebr. Bode GmbH & Co. KG, Kassel, Mitglied der Schaltbau-Gruppe, hat ihr neues Produkt „Compact Allround Drive System (CADS)“ serienreif. Erste Busse mit dem komplett in die Drehsäule integrierten, rein elektrischen Türantriebssystem wurden im September auf der IAA Nutzfahrzeuge präsentiert. Nun beginnt zunächst die Produktion für Stadtbusse mit Innenschwenktüren. Im kommenden Jahr steht das neue System laut Hersteller auch für alle anderen Bustypen zur Verfügung. Das System wiegt 8 kg weniger als herkömmliche Schwenktüren und ist - da keine Druckluft benötigt wird - energieeffizienter. Das CADS kommt bei der Türsicherung mit einer horizontalen Bewegung aus. Zur zusätzlichen Sicherheit trägt der Einbau von Drehfallen-Verriegelungen bei. Zudem passen sich die selbstlernenden Türen durch integrierte Positionsgeber automatisch an die sich ändernden Endlagenpositionen an. In der Praxis getestet haben die Prototypen bereits die Kasseler Verkehrs-AG und der Busbetrieb Länstrafiken im mittelschwedischen Örebro. (zp) Neues Türantriebssystem Außenschwingtür für einen Überlandbus Quelle: Bode Standpunkt 50 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Dr. Michael Engel, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften e.V. (BDF), Berlin Neues zur Kostenwahrheit im Verkehr Luftverkehr finanziert Luftverkehr - das Prinzip der reinen Nutzerfinanzierung wird in Diskussionen über Steuer- und Abgabenbelastungen des Luftverkehrs oftmals negiert oder verkannt. Jetzt haben sich INFRAS Zürich und das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung erstmals mit einem umfassenden wissenschaftlichen Vergleich von Effizienz-, Umwelt- und Wirtschaftlichkeitsaspekten der Verkehrsträger Schiene, Straße und Luftverkehr befasst. Die Studie „Verkehrsträgeranalyse“ der beiden Institute liefert Ergebnisse, die manch einen erstaunen mögen, jedoch nichts anderes sind, als eine Bestätigung der Aussagen, die der Luftverkehr seit Jahren kommuniziert. Bei der Gesamtkostendeckung erreicht der Luftverkehr einen Kostendeckungsgrad von 95 % und liegt damit vor Straße (80 - 83 %) und Schiene (78 %). Die Studie belegt damit, dass der Luftverkehr seine Gesamtkosten nahezu vollständig selber trägt und nicht auf Kosten des Steuerzahlers finanziert wird. Auch zum Wettbewerbsverhältnis von Luftverkehr zu Schiene und Straße liefert die Arbeit wichtige Aussagen: Der Luftverkehr weist ab einer Reisedistanz von 400 km gesamtwirtschaftliche Kostenvorteile gegenüber den anderen Verkehrsträgern auf und ist bei Interkontinentalverbindungen nahezu konkurrenzlos. Die externen Umweltkosten liegen dabei mit 0,7 Cent pro Personenkilometer deutlich unter denen von Straße (1,6 Cent) und Schiene (1,1 Cent). Die Gründe für das gute Abschneiden des Luftverkehrs sind insbesondere die im Vergleich zu Straße und Schiene höhere Auslastung der Flugzeuge und die größere Reisedistanz pro Flug. Bereits heute deckt der Luftverkehr zu einem Großteil seine Umweltkosten. Dieses Ergebnis der Untersuchung ist für aktuelle und zukünftige Diskussionen über die Besteuerung des Luftverkehrs wichtig. Gewürdigt werden in der Studie auch die erheblichen Anstrengungen, welche die Luft verkehrswirtschaft seit jeher zur Steigerung der Effizienz und Senkung der Kosten unternimmt. Die Verbesserungen fallen - so die Studie - deutlich stärker aus als bei Straße und Schiene. Erstmals wird in der wissenschaftlichen Studie auch widerlegt, was öffentlich immer wieder behauptet wird: Der Luftverkehr erhalte Subventionsleistungen in Milliardenhöhe. Die Verkehrsträgeranalyse beweist nun, dass dieser Vorwurf jeglicher Grundlage entbehrt. Sie zeigt vielmehr, dass der Luftverkehr von allen Verkehrsträgern die niedrigsten Subventionen bezieht. Betrachtet man alle in Deutschland gewährten Subventionen an die Verkehrsträger Straße, Schiene (inkl. ÖPNV) und Luftverkehr, so erhält der Luftverkehr gerade einmal 4 % dieser Netto-Subventionen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Ergebnisse zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen werden und der Luftverkehr im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern nicht weiter an den Pranger gestellt wird. Der Luftverkehr ist für den Wirtschafts- und Tourismusstandort Deutschland eine unverzichtbare Größe. Flughäfen und Fluggesellschaften werden in den kommenden Jahren annähernd 40 Mrd. EUR in ihre Standorte und Flotten investieren - für eine nachhaltige Stärkung ihrer Wettbewerbsposition. Nationale Alleingänge, wie die Einführung der Luftverkehrssteuer, sind für diese Ziele kontraproduktiv und - die Studie zeigt es - ökologisch und aus Kostensicht nicht begründbar. Und gerade weil die Studie einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion leisten will und die Notwendigkeit zur Stärkung der Intermodalität der Verkehrsträger zum Nutzen der Kunden betont, sind die Kritik und die Zweifel, die von manchen Seiten an der Unabhängigkeit der Studie geäußert wurden, nicht zielführend. Es mutet befremdlich an, wenn die Autoren der Studie öffentlich beschuldigt werden, windige Rechentricks angewandt und unseriöse Rechnungen aufgestellt zu haben. Angesichts des hohen Renommees, das INFRAS und Fraunhofer in der Forschungswelt genießen und in Anbetracht der Tatsache, dass sie Forschungsaufträge gerade wegen ihrer hohen Unabhängigkeit für private wie öffentliche Auftraggeber und für alle Verkehrsträger durchführen, sollte der Studie die Anerkennung zukommen, dass man sich mit ihren Ergebnissen gewissenhaft und sachlich auseinandersetzt und sie nicht mit lauten Lobbying-Parolen zu diskreditieren versucht. Weitere Informationen finden Sie in Kürze unter www.eurailpress.de! Der Bahnmarkt in Europa befindet sich in ständigem Wandel. Das Redaktionsteam von Europäische Bahnen ’11 hat erneut eine genaue Untersuchung der Marktstrukturen vorgenommen und bietet mit dem Datenbestand der vierten Auflage des Werkes eine erweiterte Übersicht. Neben allen privaten Bahngesellschaften finden sich auf rund 750 Seiten nun auch alle staatlichen Eisenbahninfrastrukturunternehme (EIU) alle staatlichen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) für Personen- und Güterverkehr sowie ausgewählte Holdingunternehmen der (ehemaligen) Staatsbahnen Diese Datenfülle mit ihrem hohen Qualitätsstandard ist einzigartig in Europa: rund 1.100 Unternehmen mit Kontaktdaten, Gesellschaftern, Management, Historie, Verkehren und Fahrzeugen, ein Personenindex sowie mehr als 12.500 Triebfahrzeuge der privaten Bahngesellschaften mit ihren Herstellerdaten. Mit der Ausgabe 2011 erhalten Sie erstmals neben dem gedruckten Nachschlagewerk eine CD-ROM . Diese CD- ROM enthält detaillierte Fahrzeuglisten der privaten bzw. kommunalen Bahngesellschaften sowie alle Inhalte des Buches und bietet eine Volltextsuche nach Begriffen, Personen und Verkehren. Das Verzeichnis der Eisenbahnverkehrs - und Infrastrukturunternehmen Technische Daten: ISBN 978-3-7771-0413-3 Format 148 x 215mm regulärer Preis: EUR 127,- (inkl. MwSt., zzgl. Versand) rabattierter Preis (für Rail.Business Abonnenten): EUR 99,- (inkl. MwSt., zzgl. Versand) Kontakt: DVV Media Group GmbH l Eurailpress Telefon: +49/ 40/ 2 37 14-440 · Fax +49/ 40/ 2 37 14-450 E-Mail: buch@dvvmedia.com Neuauflage Bestellen Sie Ihr Exemplar unter www.eurailpress.de/ eb Hier finden Sie auch eine Leseprobe. Europäische Bahnen ´11 Jetzt mit CD! Verbandspräsident Wolfang Meyer hat sich mit seiner Pressemitteilung vom 19. März ein vorläufiges Redeverbot eingehandelt. Auf Antrag eines Gutachters der DB Regio sei es ihm und dem Verband derzeit nicht mehr möglich, einige Behauptungen von damals zu wiederholen oder zu verbreiten, sagte er zu „ÖPNV aktuell“. In der letzten Woche sei ihm eine entsprechende einstweilige Verfügung zugestellt worden. Mofair werde diese Beschränkung jedoch juristisch überprüfen lassen: „Es geht uns dabei nicht um Polemik, sondern um den Sachverhalt“, betont Meyer: „Wurde im konkreten Fall ein fairer Wettbewerb verhindert? “ Konkreter wurde er mit Verweis auf die einstweilige Verfügung nicht. In der ursprünglichen Pressemitteilung vom 19. März steht unter der Überschrift „Verkehrsvertrag DB Regio und VRR: Vertrag zur Selbstbedienung aus der Landeskasse NRW“ folgende Passage: DB Regio habe „zur Verschleierung unrechtmäßiger Beihilfen ein Gutachten in Auftrag gegeben. In der Auftragsbeschreibung wird eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von der DB Regio angewiesen, die Zahlungen, die der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) im Rahmen des Änderungsvertrages leistet, so mit Kosten- und Ertragsdaten zu unterlegen, dass keine Überkompensation nachzuweisen ist. ‚Der Änderungsvertrag mit DB Regio ist ein abgekartetes Spiel und der Auftrag zur Bescheinigung der Angemessenheit der Zahlungen des VRR dient der Täuschung‘, sagte Mofair-Präsident Meyer heute in Düsseldorf.“ Diese Passage fehlt in der neuen Version der Pressemitteilung, wie sie jetzt von Mofair veröffentlicht wird. Andere Aussagen der Pressemitteilung vom 19. März werden von Mofair dagegen weiterhin aufrechterhalten. So heißt es unter anderem: Dokumente für die Vergabekammer belegten, dass DB Regio im Zusammenwirken mit der Politik einen Vertrag erhalten habe, der einer Selbstbedienung aus der Landeskasse gleichkomme. Weiter wird erklärt: „Der VRR selbst ist der Auffassung, dass DB Regio bereits aufgrund des ursprünglichen Vertrages ... bis jetzt ... jährlich 45 Mio. EUR zu viel erhalten hat. Dieser Betrag erhöht sich durch den neuen Vertrag auf jährlich rd. 70 Mio. EUR.“ VRR und DB Regio hätten zudem vereinbart, „den rechtwidrigen Vertrag gemeinsam und miteinander abgestimmt gegen Angriffe von Mitbewerbern der DB Regio zu verteidigen“. www.oepnvaktuell.de Spezial ISSN 2190-4820 € 15,- / Juni 2010 Öffentlicher Personenverkehr in der Fläche OEPNV-Spezial_Titel_2652.indd 1 28.06.2010 13 Alle zwei Jahre findet der Branchentreffpunkt statt. Diesmal hatten das Rheinland-Pfalz, Deutsche Bahn (DB), Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und Bundesarbeitsgemeinschaft SPNV-Aufgabenträger (BAG-SPNV) in den Ludwigshafener Pfalzbau eingeladen. Um gelebte ÖPNV-Praxis ging es vor allem an den Messeständen, die Vorträge und Diskussionsforen befassten sich vor allem mit den politischen, ökonomischen und juristischen Rahmenbedingungen. Auf die Frage von Thomas Geyer (SPNV Rheinland- Pfalz Nord) „Direktvergabe oder weiterhin Wettbewerb? “ bekundeten Thomas Schaffer (DB Regio) und Wolfgang Meyer (Mofair) naturgemäß gegensätzliche Positionen. Schaffer setzt sich dafür ein, dass die gesamte Bandbreite der bestehenden rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft wird, Meyer fordert transparente und faire Marktchancen für alle Marktteilnehmer ein. Für Volker Wente vom VDV ist die EU-Verordnung 1370/ 07 eine überaus brauchbare Richtschnur, auch für die Nahverkehrsfinanzierung. Er warnte davor, das neue Recht mit Wettbewerb „aufzuladen“. Meist genügten kleine Anpassungen an den Finanzierungsinstrumenten, um sie europatauglich zu gestalten. Eine Investitionsförderung, die an Vorbesitz anknüpfe und damit Marktneulinge diskriminiere, sei wohl nicht mehr möglich. Wichtig ist Wente vor allem, den Finanzstrom zu sichern, möglichst noch auszubauen. Lothar Kaufmann vom Landesverkehrsministerium erschien dies zu optimistisch. In den anstehenden Verhandlungen um die Zukunft der Regionalisierungsmittel, des GVFG und der Haushaltsmittel des Bundes zum Schieneninfrastrukturausbau sieht er vielmehr die Gefahr „heftiger Einschnitte“. Um sie so weit wie möglich zu abzumildern, sei die Branche gemeinsam gefordert. Ist mehr Staat die Lösung der Finanzprobleme? BAG-SPNV-Präsident Bernhard Wewers sieht, zumindest in der Wirtschaftskrise deutliche Anzeichen dafür, dass der Staat auch im Nahverkehr wieder mehr gefordert ist. Insbesondere habe der Markt derzeit Probleme bei der Fahrzeugfinanzierung und rufe dort nach Hilfen der Besteller. Vielleicht waren die Finanzierungskonditionen vor der Krise ja zu positiv, das heutige Niveau nach der Finanzkrise daher angemessen, mutmaßte Kay Mitusch (Uni Karlsruhe). Weil sich die öffentliche Hand viel günstiger als ein Privater Fremdkapital beschaffen könne, sei es für Besteller durchaus überlegenswert, sich hier stärker zu engagieren, meinte Christoph Schaaffkamp (KCW) anhand von Modellrechnungen. Eine Wiedereinsetzungsgarantie könne ebenso eine Option sein wie zum DVV Media Group GmbH | Nordkanalstr. 36 | 20097 Hamburg | Tel. +49 40/ 237 14-292 | vera.hermanns@dvvmedia.com Sichern Sie sich jetzt Ihr Probeabo: www.oepnvaktuell.de Heute schon wissen, worüber Ihre Branche morgen spricht! ÖPNV aktuell, der neue, unabhängige Wirtschaftstitel für den gesamten Markt des ö entlichen Personenverkehrs. ’ Zweimal wöchentlich: Ausführlicher Branchenreport mit Nachrichten, Hintergrundberichten, Analysen und Kommentaren ’ Express: Eilmeldungen zu wichtigen Ereignissen und Anlässen ’ Vierteljährlich: Spezielle Management-Journale zu Topthemen ’ Kostenloser Zugang zum Online-Archiv von ÖPNV aktuell mit Volltextsuche in allen bisher erschienenen Ausgaben Mehr als 900 Seiten Nutzwert-Informationen im Jahr. Recherchiert und exklusiv aubereitet für Sie vom Branchenexperten Markus Schmidt-Auerbach. Verlegt bei DVV Media Group, dem Verlag der DVZ und Eurailpress. Das neue Informationsportal für den ö entlichen Personenverkehr aktuelle Branchennews wichtige Termine Buchtipps inkl. Leseproben das ÖPNV aktuell Archiv exklusiv für Abonnenten
