Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
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2010
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Einzelpreis: 15,00 EUR Die zweite Erfindung des Automobils M obilität im Wandel Infrastrukturbericht Verkehr Fahren ohne Stau? − Intelligent vernetzen! Lichtsignalanlagen Terminalbetrieb in Krisenzeiten Nr. 3 M ärz 2010 62. Jahrgang Nr. 3 M ärz 2010 62. Jahrgang Editorial 3 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Sehr geehrte Leserinnen und Leser, die wirtschaftlichen Risiken des Klimawandels und die erwartete Emissionsregulierung werden trotz der Krise in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft intensiv diskutiert. Das Ihnen vorliegende Heft widmet sich deshalb der Verantwortung des Verkehrssektors für den Klimaschutz und stellt Konzepte vor, die zum Schutz der Umwelt beitragen. Mit Spannung schaute die Weltgemeinschaft Anfang Dezember nach Kopenhagen und war ob der Ergebnisse des Klimagipfels eher enttäuscht. Hohe Erwartungen hinsichtlich konkreter Reduktionsziele und Maßnahmen trafen auf ganz unterschiedliche Zielperzeptionen und fehlende Kompromissbereit schaft der teilnehmenden Staaten. Es ist gelungen, einen der ausgewiesenen Experten und Teilnehmer der Klimakonferenz - den auf ökonomische Fragestellungen spezialisierten Klimafolgenforscher Prof. Dr. Edenhofer vom Pot sdamer Institut für Klimafolgenforschung und der TU Berlin - für einen wissenschaftlichen Beitrag zu gewinnen, in dem er die Aufgaben für die Gestaltung eines nachhaltigen Verkehrssystems für Politik und Wirt schaft beschreibt. Elektromobilität stellt für weite Teile des Verkehrssektors eine alternative Antriebsform dar, die einen wesentlich günstigeren „Carbon Footprint“ aufweist. Für den Straßenverkehr − als Haupttreiber der gestiegenen CO 2 -Emissionen - ist da s Konzept der Elektromobilität eine attraktive Form, einen wesentlichen Beitrag zum Klima schut z zu leisten. In einer breiten ressortübergreifenden Initiative von Ministerien soll Deut schland bis 2020 an die Spit ze der Elektromobilität geführt werden. Der Beitrag von Hubert Steinkemper, Ministerialdirektor des BMU, beleuchtet den Weg, den die Bundesregierung einschläg t, um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen. Prof. Dr. Richter adressiert mit seinem Beitrag die intelligentere Nut zung von Infrastruktur und den technologischen Ausbau von Net zwerken. Um für die Zukunft die Verkehrsinfra struktur stärker auf die Bedürfnisse der Nut zer zuschneiden zu können, haben Dr. Rommerskirchen und Kollegen einen Anforderungskatalog für einen Infra strukturbericht Verkehr entwickelt, den sie in diesem Heft vorstellen. Verfügbarkeit von Infra struktur und intelligente technologische Vernet zung bilden den Schwerpunkt im zweiten Teil des Heftes. Dabei wollen wir klären, welchen Beitrag technologische Innovationen und intermodale Verkehre zur optimierten Infra strukturnutzung leisten können. Der Verkehrssektor sucht intensiv nach konstruktiven wirt schaftlichen Lösungen, die nennenswerte Effizienzsteigerungen versprechen. Nach einer europaweiten Supply Chain-Studie des World Economic Forums sind in der EU Lkw nur zu 57 % ausgela stet, wa s da s O ptimierungspotenzial bestehender Systeme und Strukturen mehr als verdeutlicht. Hierzu werden künftig vermehrt kooperative und unternehmensübergreifende Modelle für die Planung, Durchführung und Steuerung sowohl des Personenals auch des Güterverkehrs in einem integrierten Verkehrssystem eine erfolgversprechende Rolle zur Reduzierung der umwelt schädlichen Emissionen übernehmen. Eine Herausforderung sehe ich aktuell in der Frage eines von allen Akteuren akzeptierten Messmodells für Emissionen in Transport und Logistik. Dieses muss mehr als nur Grünhausga semissionen bewerten und beispielsweise auch Lärm- und Feinstaubemissionen sowie Flächen- und Wa sserverbräuche erfa ssen. Auf dieser Ba sis sind ganzheitliche O ptimierungen von Verkehrsströmen und ihre integrative Verbindung mit Logistikkonzepten von Unternehmen möglich. Hoffnung macht in diesem Zusammenhang, da ss die meisten Projekte zur Reduktion von Emissionen durch Effizienzverbesserungen auch Kosten einsparen und namhafte Unternehmen O ptionen diskutieren, wie durch eine leichte Erhöhung von Transport- und Logistikkosten signifikante Emissionsreduktionen möglich werden - vor dem Hintergrund der unsicheren Preisgestaltung von Emissionshandelszertifikaten in der EU für den Bereich Transport ist dies ein richtiger Ansat z. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und freue mich auf Ihre Reaktionen. Ihr Frank St raube Impressum 4 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Vertrieb Inga Doris Langer Bezugsgebühren: Inland EUR 146,00 (inkl. Porto zzgl. 7 % MwSt.), Ausland EUR 154,00 (inkl. Porto). Mitglieder der DVWG erhalten die Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Einzelheft: EUR 15,00 (im Inland inkl. MwSt.) Bezugsbedingungen: Die Laufzeit eines Abonnements beträgt mindestens ein Jahr und kann danach mit einer Frist von sechs Wochen jeweils zum Ende einer Bezugszeit gekündigt werden. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlags oder infolge höherer Gewalt kann der Verlag nicht haftbar gemacht werden. Copyright: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags vervielfältigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fällt insbesondere auch die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-Rom. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Abbildungen übernimmt der Verlag keine Haftung. Layout und Herstellung: TZ-Verlag & Print GmbH, Roßdorf Titelbild: Coneyl Jay/ GettyImages D ruck: Knipping Druckerei und Verlag GmbH, Düsseldorf Herausgeberbeirat Internationales Verkehrswesen Fachzeitschrift für Wissenschaft und Praxis O rgan der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. ISSN 0020-9511 Gerd Aberle, Dr. rer. pol. Dr. h.c., Professor an der Universität Gießen und Ehrenmitglied des Herausgeberbeirats Michael P. Clausecker, MBA, Generaldirektor des Verbandes der europäischen Bahnindustrie UNIFE, Brüssel Florian Eck, Dr., stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums e.V., Berlin Michael Engel, Dr., Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften e. V. (BDF), Berlin O ttmar Gast, Dr., Sprecher der Geschäftsführung der Hamburg-Süd KG, Hamburg Hans-Jürgen Hahn, Dipl.-Ing., MAN Nutzfahrzeuge AG, München Heiner Hautau, Prof. Dr., ehem. Präsident der DVWG, Geschäftsführer des Instituts für Stadt- und Raumplanung Instara GmbH, Bremen Alexander Hedderich, Dr., Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Schenker Rail GmbH und Mitglied des Executive Board der Deutsche Bahn AG, Berlin Gerhard Heimerl, Prof. Dr.-Ing., Dr.-Ing. E. h., Stuttgart Wolfgang Hönemann, Dr., Geschäftsführer Intermodal der Wincanton GmbH, Mannheim Christoph Klingenberg, Dr., Bereichsleiter Information Management und Chief Information O fficer der Lufthansa Passage Airlines, Frankfurt/ Main Sebastian Kummer, Prof. Dr., wissenschaftlicher Leiter der Ö VG und Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik, Wien Claudia Langowsky, Dr., Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Köln Werner Lundt, Dipl.-Ing., Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik e. V., Hamburg Klaus M ilz, Prof. Dr., Chief Country Representative European Union bei Bombardier Transportation, Machelen Ben M öbius, Dr., Abteilungsleiter Infrastruktur, Verkehr und Telekommunikation des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Berlin Hans-Heinrich Nöll, Dr., ehemaliger Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Hamburg August Ortmeyer, Dr., Leiter der Abteilung Dienstleistungen und regionale Wirtschaftspolitik im Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Berlin Ronald Pörner, Prof. Dr., Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland e. V. (VDB), Berlin Annegret Reinhardt- Lehmann, Sprecherin des Bereichs Marketing, Vertriebsunterstützung und Gremien der Fraport AG, Frankfurt/ Main Tom Reinhold, Dr.-Ing., Leiter Konzernstrategie/ Verkehrsmarkt der Deutsche Bahn AG, Berlin Knut Ringat, Dipl.-Ing., Präsident der DVWG und Geschäftsführer der Rhein- Main-Verkehrsverbund GmbH, Hofheim am Taunus Jürgen Siegmann, Prof. Dr.-Ing. habil., Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb, TU Berlin, und Vizepräsident der DVWG Friedrich Smaxwil, Senior Vice President Division Mobility der Siemens Transportation Systems (TS), Erlangen Erich Staake, Dipl.-Kfm., Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG, Duisburg Wolfgang Stölzle, Prof. Dr., O rdinarius, Universität St. Gallen, Leiter des Lehrstuhls für Logistikmanagement, St. Gallen Josef Theurer, Dr. Techn. h. c. Ing., Linz Hans-Joachim W elsch, Dipl.-Kfm., Geschäftsführer der Rogesa Roheisengesellschaft Saar mbH und der ZKS, Zentralkokerei Saar GmbH, Dillingen, sowie Ehrenbeirat des Vereins für Europäische Binnenschiffahrt und Wasserstraßen e.V. (VBW), Duisburg Peer W itten, Prof. Dr., Vorsitzender des Aufsichtsrat der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Hamburg, und Sprecher der Logistik-Initiative Hamburg Mitglied/ Member: L e s e r u n d A b o n n e n t e n s e r v i c e Tel: (040) 2 3 7 1 4 - 2 6 0 Fax: (040) 2 3 7 1 4 - 2 4 3 Herausgeber Dr.-Ing. Frank Straube, Professor an der Technischen Universität Berlin, Institut für Technologie und Management, Straße des 17. Juni 135, D-10623 Berlin, straube@logistik.tu-berlin.de Arnfried Nagel (Herausgeberassistenz Berlin) nagel@logistik.tu-berlin.de Verlag DVV Media Group GmbH Postfach 101609, D-20010 Hamburg Nordkanalstr. 36, D-20097 Hamburg Telefon (040) 2 37 14-01 Verlagsleitung Technik & Verkehr Detlev K. Suchanek (verantw.) detlev.suchanek@dvvmedia.com Verlagsredaktion Dr. Bettina Guiot (verantw.), (Durchwahl: -241) bettina.guiot@dvvmedia.com Claudia Vespermann (Red.Ass., Durchw.: -182) claudia.vespermann@dvvmedia.com Telefax Redaktion: (040) 2 37 14-205 freie Mitarbeit: Kerstin Zapp kerstin.zapp@zapp4media.de Dr. Karin Jäntschi-Haucke (verantw. DVWG- Nachrichten) Anzeigen Silke Härtel (verantw. Leitung) (Durchw.: -227) silke.haertel@dvvmedia.com Sophie Elfendahl (Durchwahl: -220) sophie.elfendahl@dvvmedia.com Telefax Anzeigen: (040) 2 37 14-236 Gültig ist die Anzeigenpreisliste Nr. 47 vom 1. Januar 2010. Eine Publikation der DVV M edia Group Inhalt 5 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Die jüngsten Entwicklungen der Terminalbranche zeigen, dass in der Marktbearbeitung für den Kombinierten Verkehr noch einiges Potenzial steckt. Zukunftsthemen der Terminalbranche sind daher der Ausbau der Infrastruktur zur Schaffung weiterer Kapazitäten sowie die O ptimierung des Betriebs. Mehr dazu ab . . . . . . . . . . . . Seite 4 4 Inhalt Der vierte Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) in 2007 hat festgestellt, dass der Transportsektor 23 % aller energiebedingten CO 2 - Emissionen produziert; davon entstehen 74 % aller CO 2 -Emissionen im Straßenverkehr. Welche Möglichkeiten es gibt, den Klimawandel erfolgreich in Grenzen zu halten, erfahren Sie ab . . . .Seite 10 Das System Auto steht vor der größten Herausforderung seiner Geschichte. Das globale Verkehrswachstum gefährdet eine wirksame Klimapolitik. O b Elektromobilität eine Chance bieten kann, zentrale Ziele der Umweltpolitik mit einer nachhaltigen Industrie- und Verkehrspolitik sinnvoll zu verbinden, lesen Sie ab . . . . . . . . . . . . . . Seite 1 7 Rubriken Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Kurz + Kritisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Termine + Veranstaltungen . . . . . . . . . . 7 Namen + Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . 8 Stellenmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 EU-Kolumne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Leserforum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Industrie + Technik . . . . . . . . . . . . . . . 46 Standpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 D VW G- Nachrichten Leitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Veranstaltungen der Bezirksvereinigungen . . . . . . . . . . . 53 M obilitätssicherung durch intelligente Vernetzung Ensuring mobility by the use of intelligent network Kerstin Zapp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Lichtsignalanlagen - Erneuerung im W ettbewerb Traffic lights - innovation via competition Andreas Leupold / Jörg von Mörner . . 36 Güterverkehr + Logistik Schnell und sicher durch zwei Ebenen Speedy and safe turning around by two levels Sönke Reise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Breiter Gütermix reibungslos vernetzt Smooth linking of most differing goods Alexander O chs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Terminalbetrieb in Zeiten der Krise Terminal operations at times of crisis Wolfgang Müller . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Umwelt + Ressourcen M obilität im W andel Mobility in change Felix Creutzig / O ttmar Edenhofer . . . 10 W ettlauf um die zweite Erfindung des Automobils The race for the second automotive invention Hubert Steinkemper . . . . . . . . . . . . . . 17 Technologien + Informationssysteme D ie intelligente Nutzung der Straße Sensible road usage Thomas Richter / Philipp Gilka . . . . . . 20 Infrastruktur + Verkehrspolitik „Infrastrukturbericht Verkehr“ Report about Germany’s transport infrastructure Tobias Dennisen / Stephan Kritzinger / Stefan Rommerskirchen . . . . . . . . . . . . 24 Verfügbarkeits- und leistungsabhängige Vergütungsparameter Availabilityand performance-related fee parameters Ivan Cˇadež / Jochen Harding / Heribert Bodarwé . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Sie finden „ Internationales Verkehrswesen“ im Internet unter www.eurailpress.de/ iv. Dieser Ausgabe liegt eine Beilage der Karlsruher M esse- und Kongress GmbH zum 2. Internationalen Hafenkongress, Karlsruhe, bei. W ir bitten um freundliche Beachtung. (Foto: Siemens) (Foto: Siemens) Kurz + Kritisch 6 Kurz + Kritisch: Prof. Gerd Aberle zu Themen der Verkehrsbranche Sehr kritisch setzen sich die deutschen Luftverkehrsunternehmen mit der angekündigten EU-weiten Einführung des Emissionshandels in ihrem Sektor auseinander. Sie befürchten eine Benachteiligung gegenüber Fluggesellschaften, die außerhalb des EU-Raums, aber mit wettbewerbsstarken Drehkreuzen operieren, wie etwa Dubai, und verstärkt auf Strecken ziehen, die außerhalb des Emissionshandels verlaufen. Dies rechnet sich, müssen dann doch nur für die EU-Teilstrecken Emissionsrechte erworben werden. So kann der Fall eintreten, dass Routenführungen über EU-fremde Drehkreuze (Dubai, Hongkong, Singapur etc.) zu höheren Flugkilometern und damit entsprechend steigenden CO 2 -Emissionen, aber zu erheblichen Einsparungen an zu erwerbenden Emissionsrechten führen - eine umweltpolitisch absurde Situation. Aus Luftverkehrskreisen verlautet, dass der Emissionshandel Flüge nach Mallorca um 7 EUR und interkontinental um 40 bis 50 EUR verteuern wird. Dies dürfte für den Fluggast jedoch keine wesentliche Erschwerung seiner Reisemotivation bewirken; man denke nur an die zahlreichen und teilweise erheblich höheren Kerosinzuschläge der Jahre 2007/ 2008. Allerdings: diese Zuschläge wurden von allen Airlines erhoben, während nur EU-weite Emissionsbepreisungen im wettbewerbsintensiven Interkont-Verkehr zu kostenrelevanten Wettbewerbsverzerrungen führen können. Nicht übersehen werden sollten jedoch die weiteren qualitativen Entscheidungsparameter der Interkont-Kunden; bereits derzeit gibt es deutliche Preisunterschiede bei unterschiedlichen Airlines auf gleichen Interkont-Strecken. Und wenn Billig-Airlines lautstark über Emissionsrechte im Luftverkehr klagen, sollte dies bei Berücksichtigung ihrer Geschäftspraktiken mit Zuschlägen nur jeder erdenklichen Art nicht ernst genommen werden. CO 2 -Emissionshandel D er Handel mit sogenannten Verschmutzungsrechten ist im Grundsatz ein wirkungsvolles und nachhaltiges Instrument zur Förderung emissionsarmer Technologien oder sogar zum Verzicht solcher die Umwelt belastenden Aktivitäten. Die Emissionsrechte, die einem Äquivalent von CO 2 -Emissionen entsprechen, müssen verpflichtend von den Emittenten eingesetzt werden. Sind sie nicht verfügbar, müssen sie am Markt zugekauft werden, sofern die Emissionen definierte Grenzwerte überschreiten. Akteure, die aufgrund des Einsatzes emissionsarmer Technologien die Grenzwerte unterschreiten, können die nicht benötigten Emissionsrechte veräußern. Der Staat hat in diesem Angebots-Nachfrage-System die Aufgabe, bestimmte Mengen an Emissionsrechten zunächst kostenlos zur Verfügung zu stellen, etwa entsprechend der Emissionssituation eines in der Vergangenheit gewählten Bezugsjahres. Die jährliche Zuteilung der Emissionsrechte wird entsprechend den technologischen Fortschritten bei den emittierenden Antriebssystemen und unter Berücksichtigung der politischen Zielvorstellungen bezüglich der Emissionsmengen sukzessive reduziert. Daraus folgt, dass ohne Emissionsverminderung, etwa bei Verzicht auf Investitionen in emissionsärmere Anlagen, steigende Zukäufe von Rechten und damit höhere Kosten erforderlich werden. Im Verkehrsbereich wird der CO 2 -Emissionshandel verstärkt diskutiert, auch wenn derzeit nur die Bahn bei ihren mit elektrischer Energie betriebenen Zügen bereits zu Zahlungen für Emissionsrechte herangezogen wird. Konkret geht es ab 2012 um den Flugverkehr innerhalb und grenzüberschreitend des EU-Raums sowie - bislang nur sehr vage diskutiert - um den Straßenverkehr, bei dem eine Verrechnung der erforderlichen Emissionsrechte über den Fahrzeugpreis eine Möglichkeit sein könnte. In der Praxis ist dieses sinnvolle Anreizinstrument zur Emissionsreduzierung jedoch noch mit erheblichen Problemen belastet. So ist seit fast zehn Jahren der Versuch gescheitet, international eine einheitliche Messmethode für CO 2 -Emissionen zu vereinbaren mit der Folge, dass eine Tonne CO 2 in unterschiedlichen Teilen der Welt auch unterschiedlich dimensioniert ist. Umstritten ist auch, welche kostenlosen Mengen an Emissionsrechten zugeteilt und welche Reduktionen dieser jährlichen Zuteilungen erfolgen sollen. Hinzu kommt, dass der Marktpreis für eine Tonne CO 2 sehr stark schwankt. Betrug er 2008 noch knapp 30 EUR, so notierte er 2009 unter 15 EUR. In Studien zur Anlastung von CO 2 -Emissionen an die Verkehrsträger werden hingegen Werte von über 150 EUR aus „ Vorsorgegründen“ angesetzt. Weiterhin ist es unabdingbar, international verbindliche Regelungen für den Emissionshandel einzuführen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Nach dem Fehlschlag der Kopenhagen-Konferenz muss jedoch die Aussicht auf ein solches abgestimmtes und wirksames internationales Vorgehen äußerst skeptisch betrachtet werden. In der Praxis noch ein weiter Weg Theoretisch attraktiv Luftverkehr - globale Lösung zwingend INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Termine + Veranstaltungen Weit ere Veranst alt ungst erm ine f inden Sie im Int ernet unt er w w w .dvz.de, w w w .eurailpress.de und w w w .dvw g.de 1 0 .- 1 1 .3 .1 0 1 1 . Logistics Forum Duisburg (D) BVL, Tel. 0421-173840, bvl@bvl.de, www.bvl.de 1 7 .- 1 8 .3 .1 0 1 . VD I- Fachkonferenz Elektromobilität Nürtingen (D) Info: VDI Wissensforum GmbH, Tel. 0211-6214201, wissensforum@vdi.de, www.vdi-wissensforum.de 1 8 .- 1 9 .3 .1 0 Forum Bahntechnik: Nürnberg (D) 1 7 5 Jahre Eisenbahn - jung und innovativ Info: DVWG, Tel. 030-2936969, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 1 8 .- 1 9 .3 .1 0 1 3 . SRL ÖPNV- Tagung 2 0 1 0 Schwäbisch Hall (D) Info: SRL, Tel. 030-27874680, info@srl.de, www.srl.de 1 8 .- 1 9 .3 .1 0 Bahnhöfe - unsere Visitenkarte (Seminar) Berlin (D) Info: Haus der Technik, Tel. 030-39493411, h.cramer-jekosch@hdt-essen.de, www.hdt-essen.de 2 2 .3 .1 0 Finanzierungsbedarf und möglichkeiten Berlin (D) einer nachhaltigen M obilität in Städten Info: Stiftung Heureka, Tel. 030-20188333, manfred.garben@stiftung-heureka.de, www.stiftung-heureka.de 2 3 .- 2 6 .3 .1 0 Intertraffic W orld European Innovative Transport Amsterdam (NL) Technologies on Show RAI Info: Amsterdam RAI, Tel. +31-20-5492396, c.jansen@rai.nl, www.intertraffic.com 2 5 .- 2 6 .3 .1 0 Qualitätsanforderungen an Verkehrsnachfragemodelle (Symposium) Berlin (D) Info: DVWG, Tel. 030-2936969, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 3 0 .3 .1 0 Abschlusskonferenz LINK- Forum Brüssel (B) Info: ILS, Tel. 0231 9051121, patrick-hoenninger@ils-research.de, www.linkforum.eu 8 .- 1 1 .4 .1 0 AERO 2 0 1 0 Friedrichshafen (D) Info: Messe Friedrichshafen, Tel. 07541-7080, www.aero-expo.com 1 5 .- 1 6 .4 .1 0 Verkehrsdrehscheibe BeNeLux M otor Europas? ! Aachen (D) Perspektiven für grenzüberschreitenden Verkehr Info: tjm-consulting, Tel. 0221-3305030, info@tjm-consulting.de, www.tjm-consulting.de 1 5 .- 1 6 .4 .1 0 1 9 . D eutscher M aterialfluss- Kongress 2 0 1 0 München (D) Info: VDI-Wissensforum GmbH, Tel. 0211-6214201, wissensforum@vdi.de, www.vdi-wisensforum.de 1 5 .- 1 6 .4 .1 0 eCarTec Paris Paris (F) Info: MunichExpo GmbH, Tel. 089 32 29 91-0, robert.metzger@munichexpo.de, www.ecartec-paris.eu 1 9 .- 2 3 .4 .1 0 Hannover M esse Hannover (D) Info: Messe Hannover, hannovermesse@messe.de, www.hannovermesse.de 2 2 .- 2 3 .4 .1 0 2 . Internationaler Hafenkongress Karlsruhe Karlsruhe (D) Info: Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH, Tel. 0721-37205000, info@kmkg.de, www.hafenkongress.de 2 2 .- 2 3 .4 .1 0 8 . D eutscher Nahverkehrstag Ludwigshafen (D) Info: Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz, Tel. 06131-16-0, info@der-takt.de, www.deutschernahverkehrstag.de 2 8 .4 .2 0 1 0 1 7 . D VW G- Luftverkehrsforum Frankfurt/ Main Info: DVWG, Tel. 030-2936969, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 2 8 .- 3 0 .4 .1 0 3 . See- Hafen- Kongress Hamburg (D) Info: Umco Umwelt Consult GmbH, Tel. 040-41921300, umco@umco.de, www.umco@umco.de 4 .5 .1 0 4 . Salzgitter- Forum M obilität: Salzgitter (D) Elektromobilität 2 0 2 0 - Vom Hype zum M egatrend Info: O stfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Tel. 05341-87551770, s.moedeker@ostfalia.de, www.salzgitter-forum-mobilitaet.de 6 .- 7 .5 .1 0 D VW G Jahreskongress + Stuttgart (D) 8 . Europäischer Verkehrskongress Info: DVWG, Tel. 030-2936969, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 7 .5 .1 0 4 . Grazer Nutzfahrzeug W orkshop Graz (A) Info: Institut für Fahrzeugtechnik, Tel. +43-3168735251, office.ftg@tugraz.at, www.ftg.tugraz.at Dringende Bahn-Q ualitätsoffensive D ie Kunden der Deutschen Bahn im Personenverkehr leiden unter erheblichen Q ualitätsproblemen. Das Unternehmen verzeichnet, konzentriert auf den ICE- und S-Bahn-Verkehr Berlin, einen gravierenden Imageschaden. Den Kunden sind die Ursachen der Q ualitätsdefizite letztlich gleich; für die DB gilt das nicht so. Sie muss das komplexe Spannungsfeld von unterlassenen Instandhaltungen mit der Folge restriktiver Auflagen des Eisenbahnbundesamtes (EBA) bei der S-Bahn, technischen Zuverlässigkeitsproblemen bei der ICE-Flotte und einem Mangel an Reservezuggarnituren bei Zugausfällen differenziert analysieren. Aber: Die kurzbis mittelfristig realisierbaren und für den Kunden erkennbaren Maßnahmen sind begrenzt. Möglich ist die Ausweitung der Instandhaltungskapazitäten durch investive und organisatorische Aktivitäten; sehr viel schwieriger gestaltet sich die erforderliche Ersatzbeschaffung von Radsatzteilen aufgrund von Lieferengpässen der hoch spezialisierten Zulieferindustrie. Äußerst prekär sind die fehlenden Kapazitätsreserven der störungsanfälligen ICE-Flotte, die nur minimal durch Anmietungen von für das deutsche Streckennetz kompatiblen Zuggarnituren ausländischer Bahnen entschärft werden können. Neubeschaffungen sind ein Vieljahresthema. Zusätzlich hat das EBA die Abstände der Kontrolluntersuchungen drastisch verkürzt, was die Fahrzeugverfügbarkeit weiter einschränkt. An dem Dilemma ursächlich beteiligt sein dürften neben Planungsfehlern (Reserven) auch technischkonstruktive Unzulänglichkeiten. O ffensichtlich hat der ICE- Verkehr auf deutschen Mischverkehrstrassen deutlich höhere Materialbeanspruchungen als etwa der auf ausschließlichen Hochgeschwindigkeitstrassen verkehrende französische TGV. Dass die häufig als Ersatzzüge eingesetzten und oft recht abgewirtschafteten IC-Einheiten bei den Kunden Verärgerung hervorrufen, ist nachvollziehbar. Die DB steckt in einer komplexen Q ualitätsfalle, die viele positive Imageeffekte der vergangenen Jahre zu verdrängen droht. Das Unternehmen ist gefordert so zu reagieren, dass die Kunden dies positiv wahrnehmen, auch wenn dies mit erheblichen Zusatzaufwendungen verbunden ist. Daran ändert auch nichts, dass die Bahnen und hier speziell die marktstarke DB AG immer im besonderen Interesse der Medien stehen, übrigens viel mehr als der Luftverkehr, der auch sehr häufig unter erheblichen Q ualitätsmängeln leidet. Der diesjährige recht starke Winter hat die Q ualitätsprobleme insbesondere auch im ICE-Verkehr nachdrücklich betont. Nicht funktionierende Türen, Verspätungen weit außerhalb eines im Winter angesetzten höheren Toleranzbereiches oder versagende Toiletten zeigen, dass auch die konstruktiven Merkmale neuer Eisenbahnzüge nicht den Marktanforderungen genügen. Es mutet wie eine Filmkomödie an, dass am 29. Januar ein ICE auf der Fahrt von Frankfurt/ Main nach Dresden zwei Nothalte in Erfurt und Leipzig von jeweils 20 Minuten einlegen musste, weil fast alle Zugtoiletten ausgefallen waren. Die Bahnkunden haben dies aber wohl kaum als Komödie, sondern als abschreckendes Erlebnis wahrgenommen. Veranstaltungen vom 1 0 .3 .2 0 1 0 bis 7 .5 .2 0 1 0 Stand zum Redaktionsschluss am 1 9 .2 .2 0 1 0 Schwierige Rahmenbedingungen Namen + Nachrichten / Stellenmarkt 8 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 DB und DB Netz Personelle Umbesetzungen Seit Anfang Februar ist Dr. Tom Reinhold neuer Leiter Konzernstrategie/ Verkehrsmarkt der Deutsche Bahn AG, Berlin. Neuer Vorsitzender de s Vorstands der DB Netz AG ist O liver Kraft. Sein Nachfolger als Vorstandsmitglied für da s Re ssort „ Produktion“ der DB Netz AG ist seit Anfang März Ralph-Peter Hänisch, bisher Vorsitzender der Ge schäftsfeldleitung DB Service s. (cm/ zp) Bremen Nagel geht zum VDR Ralf Nagel, seit 2007 Bremer Senator für Wirtschaft und Häfen sowie für Justiz und Verfa ssung, ist seit Mitte Februar Hauptge schäftsführer de s Verbande s Deutscher Reeder (VDR), Hamburg. Hans-Heinrich Nöll verlässt auf eigenen Wunsch den Verband und will sich künftig wieder seiner anwaltlichen Tätigkeit widmen. Nachfolger von Nagel in der Bremer Lande sregierung ist Martin Günthner, bisher hafenpolitischer Sprecher der SPD im Landtag. (zp) MAN Nutzfahrzeuge Pachta-Reyhofen vorn Dr. Georg Pachta-Reyhofen ist vom Aufsichtsrat der MAN Nutzfahrzeuge AG, München, zum neuen Sprecher de s Vorstands und Arbeitsdirektor der Ge sellschaft be stellt worden. Er folgt auf Anton Weinmann und Hakan Samuelsson, die beide aufgrund der Schmiergeldaffäre zurückgetreten waren. Pachta-Reyhofen ist zugleich weiterhin Vorstandssprecher der MAN SE. Außerdem be stellte der Aufsichtsrat Karl Gade smann zum neuen Vorstand Controlling bei MAN Nutzfahrzeuge. (zp) Daimler Vorstände bleiben Der Aufsichtsrat von Daimler hatte bereits den Vertrag mit seinem Nutzfahrzeugchef Andrea s Renschler bis 2013 verlängert und hat nun auch die Vereinbarungen mit dem Vorstandsvorsitzenden, Dr. Dieter Zetsche, und Dr. Thoma s Weber, Vorstand für Konzernforschung sowie Mercede s-Benz Cars Entwicklung, bis Ende 2013 ausgedehnt. Zudem besteht der Vorstand künftig wieder aus sechs Mitgliedern. Auf die neu ge schaffene Vorstandsposition für Produktion und Einkauf Mercede s-Benz Cars sowie für da s Ge schäftsfeld Mercede s-Benz Vans berief der Aufsichtsrat Mitte Februar Dr. Wolfgang Bernhard. (zp) Volkswagen Neuer Nutzfahrzeug-Chef Wolfgang Schreiber hat zum 1. Februar 2010 als Sprecher de s Vorstands der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge die Leitung der Sparte übernommen. Er folgt auf Stephan Schaller, der nach Unternehmensangaben in gegenseitigem Einvernehmen den Konzern verlässt. Seit September 2006 war Schreiber Vorstandsmitglied für da s Re ssort Produktentwicklung von Volkswagen Nutzfahrzeuge und Ge schäftsführer bei Bugatti Engineering. (zp) Dachser Lehrstuhl gestiftet „ Sustainability in Logistics & Supply Chain Management“ ist da s Forschungsfeld eine s Lehrstuhls, den der Logistikdienstleister Dachser, Kempten, an der European Busine ss School (EBS) in Wie sbaden stiftet. Inhaberin de s Lehrstuhls ist Prof. Julia Wolf. (zp) BMVBS Haushalt vorgestellt Rund 26,4 Mrd. EUR sollen dem Bunde sministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im laufenden Jahr zur Verfügung stehen. Für Inve stitionen stehen 14,8 Mrd. EUR bereit, davon 12,6 Mrd. EUR für den ge samten Verkehrsbereich und 2,2 Mrd. EUR für Bauen und Stadtentwicklung. Im Verkehr will Bunde sverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer 4,3 Mrd. EUR in die Bunde sschienenwege stecken und rund 5,3 Mrd. EUR in die Bunde sfernstraßen sowie rund 1 Mrd. EUR in die Bunde swa sserstraßen. Zudem sind 150 Mio. EUR für den Kombinierten Verkehr vorge sehen. Ramsauer will zudem Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität machen. Allerdings soll e s keine Kaufanreize für E-Autos geben. De s Weiteren plant der Minister, die Leistungsfähigkeit der Bunde sautobahnen mit intelligenten neuen Verkehrsbeeinflussungsanlagen um bis zu 25 % steigern. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sorgt sich um die Finanzierung der Infra struktur der nichtbunde seigenen Bahnen (NE-Bahnen), hier fehle eine gleichwertige Finanzierungsgrundlage zur DB AG. Zudem müsse die Finanzierung der Ö PNV-Infra struktur verbe ssert werden. (cm/ zp) Europäische Güterbahnen Einzelwagen mit Xrail Um den grenzüberschreitenden Einzelwagenverkehr künftig kundenfreundlicher und effizienter erbringen zu können, haben Mitte Februar sieben führende europäische Güterbahnen die Allianz „ Xrail“ gegründet. Beteiligt sind CD Cargo, CFL Cargo, DB Schenker Rail, Green Cargo, Rail Cargo Austria, SBB Cargo und SNCB Logistics. Xrail soll die Verkehre pünktli- Namen + Nachrichten / Stellenmarkt 9 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 cher machen, für internationale Fahrpläne sowie Verspätungsinformationen sorgen und die Angebotserstellung be schleunigen. Der Wettbewerb zwischen den einzelnen Bahnen bleibt. (zp) Kombiverkehr 2009 eingebrochen Mit 855 553 Sendungen oder 1,711 Mio. TEU hat die Frankfurter Kombiverkehr KG im Jahr 2009 16 % weniger Sendungen transportiert als im Jahr zuvor. Seit dem Herbst ist nach Unternehmensangaben jedoch auf einzelnen Routen eine Belebung der Nachfrage zu spüren. Für 2010 wird insgesamt ein leichtes Wachstum bei den Gesamtsendungszahlen erwartet. (cm/ zp) BAG W eniger M autkilometer Im vergangenen Jahr erreichte die Fahrleistung der Lkw ab 12 t zulässigem Gesamtgewicht auf mautpflichtigen deutschen Straßen 24,4 Mrd. km und damit einen Rückgang um 11,8 % im Vergleich zum Vorjahr, wobei die erste Jahreshälfte schwächer war als die zweite (minus 15 % / minus 8 % ). Das ergab die Anfang Februar veröffentlichte Mautstatistik des Bundesamts für Güterverkehr (BAG). Die Mauteinnahmen lagen 2009 bei rund 4,41 Mrd. EUR und damit etwa 600 Mio. EUR unter den Erwartungen - unter anderem durch den Fahrleistungseinbruch, aber auch, weil der Anteil umweltfreundlicherer Lkw mit niedrigeren Mautsätzen schneller gestiegen ist als prognostiziert. Angesichts der Mauterhöhung Anfang 2009 stiegen die Einnahmen jedoch um rund 930 Mio. EUR oder 27 % . (zp) Westhäfen Kampf um Container Der Rotterdamer Hafen hat 2009 rund 387 Mio. t Seegüter umgeschlagen, 8,1 % weniger als 2008. Der Containerumschlag liegt mit 9,7 Mio. TEU um 9,6 % unter dem Niveau von 2008. Für das laufende Jahr rechnet die Hafenbehörde mit einer Stabilisierung der Situation. Antwerpen hat im Containerumschlag Hamburg überrundet und liegt nun mit 7,3 Mio. TEU (minus 15,6 % ) hinter Rotterdam in Europa auf Platz zwei. In Hamburg brach der gesamte Umschlag gegenüber 2008 um 30 Mio. t auf 110,4 Mio. t. ein, 21,4 % weniger als im Vorjahr. Während der Stückgutumschlag, zu dem auch die Container zählen, um 24,8 % auf 73,6 Mio. t. zurückging, war Massengut mit minus 13,4 % auf 36,8 Mio. t betroffen. Mit 7,01 Mio. TEU wurden in Hamburg 28 % weniger Boxen abgefertigt als 2008. Für 2010 rechnet die Hafenbehörde aufgrund der wirtschaftlichen Erholung in Fernost mit einem moderaten Wachstum von 3 bis 4 % . Ähnlich wie im Hafen Antwerpen, wo der Schweizer Kombi-O perateur Hupac im Januar ein neue s Terminal eröffnete, wollen auch die größten Hafenumschlagunternehmen in Hamburg den Hinterlandverkehr stärken. Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und der Eurogate-Konzern planen, in Deutschland gemeinsam ein eigene s Netz von Terminals für den Containerumschlag im Binnenland aufzubauen. An dem Joint Venture halten die HHLA Intermodal GmbH sowie die Eurogate Intermodal GmbH jeweils 50 % . Während bisherige Hinterlandterminals vor allem auf die Bedürfnisse der kontinentalen Verkehre ausgerichtet sind, sollen die neuen Anlagen insbe sondere für die Anforderungen de s wachsenden Aufkommens im Containerverkehr in globalen Transportketten ausgelegt sein. Mit integrierten Depots bieten die Terminals zudem Lagerkapazitäten in unmittelbarer Nähe zu den Zielmärkten. De s Weiteren plant der Hamburger Senat, die Zusammenarbeit mit Bremen und Niedersachsen zu vertiefen, um Hamburgs Wettbewerbsposition gegenüber Rotterdam zu stärken. (zp) Umwelt + Ressourcen 10 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Abb. 1: Struktur dieses Artikels Felix Creutzig / O ttmar Edenhofer Mobilität im Wandel Wie der Klimaschutz den Transportsektor vor neue Herausforderungen stellt D er Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) empfiehlt eine weltweite Reduktion der Treibhausgasemission von mindestens 50 % bis 2050, um gefährlichen Klimawandel zu vermeiden. Von einer nachhaltigen Senkung der Emissionen ist die Weltwirtschaft jedoch trotz der Finanzkrise noch weit entfernt. Derzeit steigen die Emissionen nämlich weltweit - im Transportsektor sogar schneller als in anderen Sektoren. Eine Vermeidung gefährlichen Klimawandels wird daher nur möglich sein, wenn die Emissionen im Transportsektor weit unter das heutige Niveau abgesenkt werden. D ie Autoren Dr. Felix Creutzig, felix.creutzig@tuberlin.de; Prof. Ottmar Edenhofer, ottmar.edenhofer@pik-potsdam.de; TU Berlin, ILAUP, EB 4-1, Straße des 17. Juni 145, 10623 Berlin 1 Einleitung Ungebremster Klimawandel stellt eine ernsthafte Bedrohung für große Teile der Menschheit dar. Er ist hauptsächlich durch die Verbrennung fossiler Energieträger und durch Landnutzungsänderungen verursacht [1]. Neuere Literatur verweist darauf, dass die Herausforderung noch größer ist als 2007 vom IPCC eingeschätzt. So hat etwa die Zuwachsrate an CO 2 -Emissionen im letzten Jahrzehnt bedeutend zugenommen (zu drei Vierteln sind dafür Nicht- O ECD-Länder verantwortlich, im Besonderen China) [2] und ist damit höher als von den pessimistischsten IPCC-Szenarien angenommen. Auch dürfte der Anstieg der globalen Mitteltemperatur größer sein als erwartet, weil die Erfolge bei der Verringerung der Luftverschmutzung unterschätzt wurden [3]. Eine verminderte Luftverschmutzung reduziert die Aerosole und damit wird dämpfende Wirkung auf die globale Mitteltemperatur zunehmend außer Kraft gesetzt. Darüber hinaus weisen Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Aufnahmeeffizienz von CO 2 -Senken, wie etwa den O zeanen, mittlerweile abnimmt [4]. Schließlich gibt es Hinweise, dass schon eine geringere Temperaturänderung, als sie in den IPCC-Berichten angenommen wurde, zu schwerwiegenden globalen Schäden führen kann [5]. Um gefährlichen Klimawandel zu vermeiden, sollte die Temperatur um nicht mehr als 2 °C steigen [6]. Wenn sich die CO 2 -Konzentration bei 450 ppm stabilisiert, liegt die Chance einer Erwärmung über 2 °C hinaus über 50 % [6]. Der derzeitige Entwicklungspfad geht in Richtung 730 bis 840 ppm und bedeutet eine Erwärmung von 3-7 °C [7]. Aus diesen Zahlen wird deutlich, dass eine Abschwächung des Klimawandels nur durch dramatische Emissionsminderungen erzielt werden kann und dass diese möglichst bald und weltweit realisiert werden müssen. Daher ist eine genaue Analyse der Ursachen des Emissionsanstiegs ebenso notwendig wie eine Abschätzung der Effizienz von Politikmaßnahmen. In diesem Artikel wird zunächst die Entwicklung der Treibhausgasemission, im Speziellen die des Transportsektors genauer untersucht. Ebenso werden Vermeidungsszenarien im Transportsektor aufgezeigt, die bestimmten Stabilisierungszielen entsprechen. Schließlich werden mögliche Politikinstrumente zur Steuerung dieser Emissionen diskutiert. Ein Fließdiagramm dieses Artikels ist in Abbildung 1 dargestellt. 2 Emissionen im Verkehrssektor Welche Rolle spielt nun der Transportsektor? Der vierte Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) in 2007 hat festgestellt, dass der Transportsektor 23 % aller energiebedingten CO 2 -Emissionen produziert; davon entstehen 74 % aller CO 2 -Emission im Straßenverkehr [8]. Es besteht kein Zweifel, dass Emissionen im Transportsektor in der letzten Dekade schneller als in anderen Sektoren angestiegen sind. Ö l stellt im Transportsektor mit 95 % aller Emissionen die dominierende fossile Ressource dar (Benzin: 47 % , Diesel 31 % ). Der wichtigste Grund für den Anstieg von Treibhausgasemissionen ist Wirtschaftswachstum, im Speziellen auch im Transportsektor. Der Großteil der Weltbevölkerung besitzt kein Auto. Mit steigendem Einkommen legt sich die aufstrebende Mittelschicht, beispielsweise in Asien, ein Auto zu, um sowohl steigende Mobilitätsals auch Statusbedürfnisse zu befriedigen. Der Frachtverkehr nimmt sogar schneller als individueller motorisierter Verkehr zu. Der Einbruch bei den Exporten wird zwar kurzfristig die weltweiten Emissionen senken; mit zunehmendem Außenhandel, wird der Frachtverkehr jedoch bald sein altes Niveau erreichen und weiter wachsen. Der Grund liegt vor allem in der stärkeren Umwelt + Ressourcen internationalen Vernetzung der Märkte, die z. B. eine deutliche Steigerung des Schiffsverkehrs bewirkt. Wie werden sich die Emissionen des Transportsektors in den nächsten Jahrzehnten entwickeln? Nach dem derzeitigen Trend werden die Emissionen bis 2030 um 50 % und bis 2080 um 80 % steigen [9]. In 2004 entstanden 36 % aller Emissionen in Nicht-O ECD-Ländern. Dieser Anteil steigt rapide: Für 2030 wird mit einem Anteil von über 46 % gerechnet. Diese Prognose setzt voraus, dass es zu keiner signifikanten Verminderung von Treibhausgasen kommt. Würde jedoch das 2 °C-Ziel umgesetzt, müsste der Elektrizitätssektor vollständig dekarbonisiert werden; lediglich dem Transportsektor könnten noch Emissionen in einer Größenordnung unter dem heutigen Niveau zugestanden werden. Dies macht deutlich, dass eine Dekarbonisierung des Transportsektors der O ECD Länder nicht ausreicht, sondern dass es in den Entwicklungs- und Schwellenländern zum Aufbau CO 2 -armer Infrastrukturen kommen muss. Es ist aufschlussreich, die Rolle von zwei bedeutenden Weltregionen - USA und China - genauer zu analysieren, um zu erkennen, dass die Anforderungen an den Transportsektor höchst unterschiedlicher Natur sein können. 2.1 USA: Gewicht und Leistung statt Verbrauchseffizienz Der Transportsektor spielt in den USA als Ursache für das Emissionswachstum eine größere Rolle als in anderen Weltregionen. Fast genau ein Drittel aller Treibhausgasemissionen (33,1 % ) entsteht im Verkehrsbereich [10] - in der EU (19 % ) und besonders in aufstrebenden Schwellenländern ist dieser Anteil deutlich kleiner. Mit zwei Gigatonnen jährlich sind die USA auch für etwas weniger als ein Drittel der weltweiten CO 2 -Emissionen im Transportsektor verantwortlich. Es wird erwartet, dass dieser Anteil sinkt, weil der Emissionszuwachs in Schwellenländern weitaus stärker steigt. Tatsächlich bewirkten die hohen Benzinpreise des Sommers 2008 und der Beginn der Wirtschaftskrise einen Rückgang der Emissionen des amerikanischen Verkehrssektors um 4,6 % gegenüber dem Jahr 2007 [10]. Woher kommt dieser hohe Anteil? Zum einen sind hier sicherlich geographische, historische und sogar ethische Ursachen zu nennen, die eine flächen- und entfernungsintensive Landnutzung bewirkten, die wiederum motorisierten Individualverkehr nach sich zog. Auch konzentriert sich die US-Verkehrspolitik vor allem auf den Straßenbau, während Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr nahezu vernachlässigt wurden. Die bestehende Infrastruktur macht die Umstellung in Richtung nachhaltiger Verkehrssysteme relativ schwierig. Eine Analyse dieses Lock-in- Effekts, aber auch von Lock-out-Effekten ist Teil des Forschungskonzeptes unseres Lehrstuhls. Zwischen 1990 und 2008 stiegen die Emissionen parallel mit der Transportnachfrage (Personenkilometer) an [10]. In der Tat liegt der Kraftstoffverbrauch (pro Entfernung) der USA deutlich über dem der EU, auch wenn man die Verbrauchswerte auf den gleichen Testzyklus normiert. Wie lässt sich der recht hohe Kraftstoffverbrauch in den Vereinigten Staaten begründen? Gab es keine technologischen Verbesserungen in der amerikanischen Automobilindustrie? Diese Schlussfolgerung wäre leichtfertig und vor allem voreilig. Die Kraftstoffeffizienz (Entfernung pro Einheit Treibstoff) hat sich zuletzt Ende der 70er Jahre dank der beiden Ö lpreiskrisen kräftig verbessert, und stagnierte danach beziehungsweise sank sogar leicht ab. Die Motoreneffizienz nahm jedoch weiterhin zu. Im Ergebnis stieg die Leistung der Kraftfahrzeuge um 120 % , und das Gewicht um 30 % . Demnach haben die erhöhten Leistungs- und Gewichtsanforderungen an Fahrzeuge die technische Effizienz neutralisiert. Umwelt + Ressourcen 12 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Es ist lehrreich sich die Gründe dieser Entwicklung genauer anzusehen. Der US-Senat führte in den 70er Jahren als Reaktion auf die Ö lkrise Verbrauchsstandards (CAFE) ein. Die Großen Drei aus Detroit (GM, Chrysler, Ford) sahen ihre Marktanteile schwinden, da die japanischen Autohersteller die weitaus effizienteren Fahrzeuge auf den Markt brachten. Mit konzertierter Lobbyarbeit konnte der Senat dazu gebracht werden, Pickups und andere schwere Fahrzeuge geringer zu besteuern [11]. Die amerikanischen Autohersteller investierten dann in schwere Fahrzeuge mit mehr PS; dadurch manövrierten sie sich eine Sackgasse, die mit dem vorläufigen Zusammenbruch Detroits 2008/ 2009 ihr Ende fand. Dies ist ein Beispiel dafür, wie politische Entscheidungen die Richtung des technischen Fortschritts entscheidend mitbestimmen können. Hiermit ergibt sich ein partielles Erklärungsmuster für den hohen Treibstoffverbrauch in den Vereinigten Staaten. O hne einen politischen Richtungswechsel werden die Emissionen nicht sinken. Wir werden weiter unten auf Verbrauchsstandards als Politikinstrument zurückkehren. 2.2 China: Welcher M otorisierungspfad? China ist mittlerweile der größte Treibhausgasemittent der Welt. In China waren 2006 nur 9 % der Treibhausgasemissionen auf den Verkehrssektor zurückzuführen [12], doch die absolute Emissionsmenge des Transportsektors - und zu geringerem Maße auch sein relativer Anteil - steigen weiter schnell an [9]. Gemäß publizierter Business-as-usual-Szenarien, würde China in 2050 mit 1,4 GT mehr Emissionen im Transportsektor produzieren als die Europäische Union, wohl aber weniger als die Vereinigten Staaten [8, 13]. Auch wenn China aus Gründen der Fairness (historisch akkumulierte Emissionen der O ECD- Länder) mit einiger Berechtigung verlangt, dass O ECD-Länder zuerst handeln, wird auch die Beteiligung und das Engagement Chinas zur Abwendung gefährlicher Klimaveränderungen dringend benötigt. Welche Dynamik weist der Verkehrssektor in China auf? Hier ist es instruktiv, einen genaueren Blick auf den Dreiklang wirtschaftliche Entwicklung, Urbanisierung und Motorisierung zu werfen. Während die Menschen in O ECD Ländern zu drei Vierteln in Städten wohnen, sind es in den Entwicklungs- und Schwellenländern nur 40 % . Dies ändert sich jedoch derzeit schnell. China ist schon jetzt weltweit die Nation mit den meisten Stadtbewohnern, und die Anzahl wird bis 2030 von 600 auf 900 Mio. ansteigen [14]. Die Urbanisierung wird teilweise angetrieben von einem rasch anwachsenden Wohlstand, der sich hauptsächlich in den Städten zeigt. Die räumliche Realisierung der Urbanisierung ist dabei höchst relevant: Die Städte dezentralisieren sich, breiten sich also schneller in der Fläche aus, als ihre Einwohnerzahlen wachsen [8, 15]. Das wiederum bedeutet, dass die Verkehrsnachfrage überproportional wächst - und damit einhergehend das steigende Einkommen einen starken Anstieg der Motorisierung hervorruft. Von gleicher Relevanz für die Erklärung der steigenden Nachfrage ist der Wunsch nach Status, der sich am besten durch den Kauf eines Autos erfüllen lässt [16]. Noch ist die Motorisierungsrate unter 50 Autos pro 1000 Einwohner. Die nächsten zehn Jahre werden entscheiden, ob China die Motorisierungsrate Südkoreas oder Japans mit 500 Autos pro 1000 Einwohner erreichen wird oder dem Beispiel Singapurs folgt, in der die Motorisierungsrate mit 100 Autos pro 1000 Einwohnern deutlich geringer ist. Der Nachhaltigkeitscharakter eines solchen Pfades sowie mögliche Politikinstrumente werden weiter unten besprochen. 3 Vermeidungsszenarien Welche Möglichkeiten bestehen, den Klimawandel erfolgreich in Grenzen zu halten? Der Bericht des IPCC bietet auch hier eine gute Grundlage. Wir wollen im Folgenden aktuellere Ergebnisse einer Metastudie vorstellen [7]. RECIPE (Report on Energy and Climate Policy in Europe) versucht, optimale und robuste Pfade zu einer CO 2 -armen Ö konomie aufzuzeigen, und beruft sich dabei auf strukturell unterschiedliche energiewirtschaftliche Modelle, die unter einer Reihe von Annahmen getestet werden. Die Modelle dürfen als elementare Bedingung bestimmte Zielkonzentrationen in der Atmosphäre nicht überschreiten, etwa 450 ppm, damit das 2 °C-Ziel mit 50 % Wahrscheinlichkeit erreicht werden kann [6]. In Abbildung 2 werden diese Vermeidungsspfade unter zwei verschiedenen Szenarien in den verschiedenen energiewirtschaftlichen Modellen dargestellt. Von Bedeutung in unserem Kontext: In jedem Fall trägt der Transportsektor erheblich zur Verminderung der Gesamtemissionen bei. Auf welche Art und Weise schaffen diese Modelle eine Verringerung der Emissionen? Das erste Modell, IMACLIM [17], behandelt den Transportsektor detailliert. Vermeidung wird hier erreicht durch a) Erhöhung der Energieeffizienz der Kraftfahrzeuge, b) Durchdringung von Plug-In-Hybrid-Fahrzeugen (PHF) und c) Infrastruk- Abb. 2: Drei verschiedene weltweite Energiesystemmodelle in RECIPE unter zwei alternativen Vermeidungsszenarien. Die obere schwarze Linie entspricht dem BAU-Szenario, die untere schwarze Linie dem Vermeidungspfad. In Hellrot ist der Anteil des Transportsektors angegeben. Umwelt + Ressourcen 13 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Lebenszyklusanalysen Es können zwei Arten von CO 2 -armen Transporttechnologien unterschieden werden. Zum einen solche, die direkt erneuerbare Energien nutzen, etwa Ethanol oder andere Agrartreibstoffe, zum anderen solche, die auf intermediären Speichermedien beruhen, wie Batterien oder Brennstoffzellen. Agrartreibstoffe können kostengünstiger als konventionelle Treibstoffe sein. Allerdings sind auch diese Treibstoffe im Normalfall nicht emissionsfrei. Verschiedene Prozessierungsschritte sorgen für relevante Lebenszyklusemissionen pro MJ gelieferter Energie, die zunächst aber als etwas niedriger als die des Benzins abgeschätzt wurden [19]. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass die Emissionen, die durch Landnutzungsänderungen hervorgerufen werden, von hoher Relevanz sein können, vor allem dann, wenn durch indirekte Effekte des globalen Lebensmittelmarkts etwa Regenwald abgeholzt wird [20]. Auch wenn diese Studien die indirekten Landnutzungseffekte überschätzt haben mögen, reicht doch auch schon ein relativ kleiner indirekter Effekt aus, um zumindest im Fall des US-amerikanischen Maisethanols die Lebenszyklusemission über die des Benzins ansteigen zu lassen [21]. Auch die Emissionen von höchst treibhausgasrelevanten Stickstoffoxiden können die Bilanz verschlechtern und die Unsicherheit über die genauen Zahlen entscheidend erhöhen. Schließlich stehen Agrartreibstoffe der ersten, zum Teil aber auch der zweiten Generation, in direkter Konkurrenz mit dem Nahrungsmittelanbau und können mittels einer Preiserhöhung von zum Beispiel Mais zu einer mangelhaften Nahrungsmittelsicherheit beitragen [22, 23]. Diese höchst relevanten Erkenntnisse sind bisher noch nicht Teil der globalen energieökonomischen Modelle. Allerdings bemühen sich einige Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, genau dieses Problem mit der Verbindung von REMIND und MagPie, einem Landnutzungsmodell, anzugehen. Für die Lebenszyklusbilanz der Speichertechnologien ist unter anderem die Effizienz der Energieumwandlung von der Primärenergie bis zum Fahrzeugantrieb relevant. Dabei schneidet die Batterie besser ab als die wasserstoffgetriebene Brennstoffzelle oder exotischere Varianten wie ein Druckluftspeicher, der das Fahrzeug mit komprimierter Luft antreibt [24, 25]. Ein zweiter wesentlicher Bestandteil einer Lebenszyklusbilanz sind die Infrastrukturkosten. Eine Infrastruktur stellt eine Vorleistung für Mobilitätsdienstleistungen dar; erst wenn sie bereitgestellt ist, können Technologien durch Learning-by-doing billiger werden. Dadurch besteht aber auch die Gefahr von einem technologischen Lock-in. Dieser Lock-in ist nachteilig, wenn man sich für eine suboptimale Technologie entschieden hat. So gibt es Warnungen, dass der großflächige Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur (zu Kosten von etwa 200 - 500 Mrd. $ für die USA) zu einem solchen technologischen Lock-in führen könnte [26, 27, 28]. Lebenszyklusanalyse CO 2 -armer Transporttechnologien jeden Faktor gleichzeitig ansprechen. Innerhalb jedes Faktors gibt es verschiedene Möglichkeiten der Emissionsreduktion, und nicht jede Möglichkeit lässt sich gleichermaßen gut über ein Preissignal erreichen. Deshalb sind an einigen Stellen speziellere Instrumente angebracht, die den einzelnen Faktoren zugeordnet werden können und oft spezifischer wirken. Eine Übersicht ist in Abbildung 3 dargestellt. Transportnachfragepolitik und Effizienzstandards für Fahrzeuge sind in der Wissenschaft wohlbekannt. Wir fokussieren für den Moment auf neuartige Instrumente, die versuchen, die CO 2 -Intensität von Treibstoffen zu regulieren. Wir beschreiben investiert, später substantielle wirtschaftliche Vorteile genießen wird. 4 Politikinstrumente Mit welchen Instrumenten können ehrgeizige Klimaschutzziele erreicht werden? Einen formalen Rahmen, eine Kategorisierung der Instrumente, wollen wir hier erläutern. Die CO 2 -Emissionen im Transportsektor können in a) CO 2 -Intensität der Energie, b) Energieintensität der zurückgelegten Distanz und c) Gesamtstrecke faktorisiert werden (siehe Abbildung 3). Es gibt marktwirtschaftliche Instrumente, wie eine CO 2 -Steuer oder den Emissionshandel, die auf die Gesamtemission wirken, und damit turmaßnahmen, als Ergänzung zu einem Preis auf Treibhausgasmissionen, welche die Transportintensität der Ö konomie verringern. Durch PHF ergibt sich die Möglichkeit, Fahrzeuge mit erneuerbarer Energie, wie etwa Wind und Sonne, anzutreiben. Im zweiten Modell, REMIND [18], wird die Mitigation in erster Linie über Agrartreibstoffe und CCS (Carbon Capture and Storage) erreicht. Biomasse wird sowohl als Treibstoff als auch zur Produktion von Wasserstoff benutzt. Wasserstoff wird hier auch über Kohle (mit CCS) gewonnen. Die Modelle sind also bezüglich der verwendeten Technologien sehr unterschiedlich, was an den detaillierten Annahmen über Effizienz und Kosten der verwendeten Energieträger liegt. Diese Annahmen sind prinzipiell unsicher, weil die Technologien überwiegend noch nicht im großen Stil erprobt sind. Da diese Annahmen von Bedeutung sind, diskutieren wir diese etwas ausführlicher unter dem Stichwort Lebenszyklusanalyse (vgl. Kasten). Die Modelle weisen jedoch auch gewichtige Gemeinsamkeiten auf. So zeigen die Modelle deutlich, dass die Kosten eines ehrgeizigen Stabilisierungsziels von 450 ppm tragbar sind und nicht mehr als 0,1 - 1,4 % des Bruttonationalproduktes betragen. Die Kostenabschätzung liegt unter der des Sternreports [29]. Sollte Europa sich zu einer ambitionierten Klimapolitik verpflichten, auch dann, wenn sich die USA und China noch nicht zu verbindlichen Zielen bereit erklärt haben? Nach RECIPE ist eine solche Vorreiterrolle sinnvoll, da durch die Änderung der Investitionsstruktur die erste Weltregion, die massiv in eine CO 2 -arme Wirtschaftsweise Abb. 3: Überblick über Emissionsfaktoren und Politikinstrumente (adaptiert von [30]) Umwelt + Ressourcen 14 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Gravierender ist der Einwand, dass Intensitäts-Standards unerwünschte Nebenwirkungen zeitigen, etwa wenn die Produktion von CO 2 -armen Treibstoffen gesteigert wird, ohne die Produktion CO 2 -reicher Treibstoffe zu senken. 4.3 Absolute Emissionsobergrenze und Emissionshandel Ein absolute Grenze auf die Emissionen (Cap) und ein Handel mit Emissionsrechten verhindern solche perversen Anreize. Treibstoffanbieter müssten entsprechend der CO 2 -Intensität der Treibstoffe Zertifikate erwerben und hätten damit einen Anreiz, möglichst CO 2 -arme Treibstoffe anzubieten. Ein sektorübergreifendes Cap bindet auch automatisch und mit relativ wenig Transaktionskosten Elektromobilität mit ein. Eine sektorenübergreifende O bergrenze bedeutet also gleiche, faire Startbedingungen für alle Technologien und Treibstoffe. Gleichzeitig setzt der Emissionshandel im Transportsektor eine detaillierte Lebenszyklusanalyse der Treibstoffe voraus und baut hiermit auf der CO 2 -Intensitätsnorm auf [35]. In gewisser Hinsicht können wir hier also von einer Evolution der Politikinstrumente für die Regulierung der CO 2 - Intensität im Transportsektor sprechen. Wir haben hier ein sektorübergreifendes Emissionshandelssystem aus einer Bottomup-Perspektive begründet. Seine ganze Kraft entfaltet ein Emissionshandelsystem erst, wenn alle Sektoren der Gesamtwirtschaft miteinbezogen werden. Ein sektorübergreifender Emissionshandel stellt eine gesamtwirtschaftlich effiziente Lösung dar. Wenn etwa die Reduktionsverpflichtungen auf möglichst viele Sektoren aufgeteilt werden, dann sinken die Emissionsreduktionskosten mit jedem weiteren Sektor, selbst dann, wenn ein Sektor nur relativ kostspielige Mitigationsmöglichkeiten bietet (Abbildung 4a). O der: Eine alle Sektoren übergreifende Cap führt im Durchschnitt zu geringeren Vermeidungskosten, als wenn verschiedene Sektoren ihre jeweils eigenen Caps hätten (Abbildung 4b). Die Frage ist nun, ob absolute Emissionsgrenzen und generelle Instrumente wie CO 2 -Steuer oder Emissionshandel ausreichend sind, um eine effiziente Klimapolitik zu verwirklichen. In einer statischen Welt wäre dies vermutlich richtig, aber die realen Marktbedingungen machen die Lage etwas komplizierter. Zum einen könnten langfristig optimale, kosteneffiziente Lösungen nicht realisiert werden, weil die dafür nötigen Vorleistungen (wie etwa Forschung und Entwicklung) nicht unbedingt von privaten Firmen erbracht werden; denn jede dieser Investitionen begünstigt auch die anderen Marktteilnehmer. Hier können Mindestanforderungen, etwa im Bereich der CO 2 -armen Treibstoffe, eine sinnvolle Ergänzung sein. Zum anderen handeln Konsumenten nicht unbedingt im engeren ökonomischen Sinne rational. Das lässt sich gut am Beispiel der Verbrauchseffizienz von Fahrzeugen nachweisen. Anbetracht der Lebenszyklusbilanzen können Beimischungsregelungen also nicht nur ineffektiv, sondern sogar kontraproduktiv sein. Ziel muss es vielmehr sein, solche Agrartreibstoffe zu fördern, die eine geringere CO 2 -Intensität aufweisen. 4.2 CO 2 -Intensitätsnormen Instrumente, die dieses Ziel angehen, sind der kalifornische Low Carbon Fuel Standard (LCFS) und vergleichbar die europäische Fuel Q uality Directive CO M- 2007-18 [31, 32]. Diese CO 2 -Intenstitätsnormen zielen eine 10 % Reduktion der CO 2 -Intenstität der Treibstoffe an, und sind weitgehend technologieneutral: Ausschließlich der CO 2 -Inhalt ist entscheidend. Damit ist es nun Aufgabe der Treibstoffanbieter, diejenigen Treibstoffe zu fördern, die eine klimafreundliche Bilanz aufweisen - was durchaus über den Weg von Elektroautos geschehen kann. Zentraler Punkt dieser Art von Regulierung sind präzise Lebenszyklusanalysen. Die Schwierigkeiten solcher Analysen sowie die inhärente Unsicherheit ist mittlerweile im Fokus der politischen Diskussion über den kalifornischen LCFS und in diese Richtung tendierende auch nationale Regelungen in den Vereinigten Staaten. Unabhängig davon sind die kalifornische und die europäische Intensitätsnorm erfolgreich, da der Anreiz steigt, verstärkt auf CO 2 -arme Agrartreibstoffe zurückzugreifen [33, 34]. Auch der LCFS ist nicht ohne Probleme. So werden die Emissionen elektrischer Autos entweder inakkurat oder nur über aufwendige Berechnungen mit einbezogen. zunächst die Evolution und die Rationalität dieser Politikinstrumente, dann den übergreifenden Charakter des Emissionshandels. Schließlich fassen wir kurz zusammen, welche Instrumente für unsere oben genannten Beispiele, die Vereinigten Staaten und China, angemessen sein könnten. 4.1 Beimischungsregelungen Agrartreibstoffe werden politisch weltweit gefördert. Hauptinstrument sind Q uoten- oder Beimischungsregelungen mit verpflichtendem Charakter etwa in der EU, den Vereinigten Staaten, Brasilien und Indien. Ziel der Beimischung ist a) Reduktion der Abhängigkeit von Ö limporten und b) Reduktion der CO 2 -Intensität des Gesamtkraftstoffs. Dabei ist zunächst implizit angenommen worden, dass Agrartreibstoffe CO 2 -neutral sind, weil die bei der Verbrennung entstehenden Emissionen beim Pflanzenanbau gerade gebunden wurden. Diese Annahme ist falsch, wie wir oben gesehen haben - verschiedene Verarbeitungs- und Landnutzungseffekte eingeschlossen, kann die Lebenszyklusemission einiger Agrartreibstoffe sogar über die konventioneller fossiler Treibstoffe hinausgehen. Im Speziellen gilt dies für den flächenintensiven amerikanischen Maisanbau, während die Bilanz des brasilianischen Zuckerrohrs weitaus besser aussieht. Im Jahr 2022 sollen 36 Mrd. Gallonen Agrartreibstoffe in den USA beigemischt werden, also in etwa ein Viertel des derzeitigen Verbrauchs. Über zehn Mrd. Gallonen sollen dabei von konventionellen Agrarprodukten, sprich Mais, kommen. In Abb. 4: a) Eine hypothetische Ausweitung des Emissionshandels etwa von dem Elektrizitäts- und Bausektor auf den Verkehrssektor würde den Preis der Zertifikate von P auf P* senken, und die M enge der zu vermeidenden Emissionen von A E auf A* E und von A B auf A* B senken. b) Ein Zusammenschluss des Emissionshandels verschiedener Sektoren führt zu einer Preiserhöhung in den Sektoren, die relativ kostengünstige Vermeidungsmaßnahmen ergreifen können (von P* auf P; hier etwa Elektrizitätssektor und Bausektor), während die Kosten des hochpreisigen Sektors fallen (von P’ auf P; z. B. Transport). Insgesamt sinken jedoch die durchschnittlichen Vermeidungskosten - die gesamtwirtschaftliche Effizienz wird erhöht. Umwelt + Ressourcen 15 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Abb. 5: Die sozialen Kosten des motorisierten Straßenverkehrs in Beijing gehen weit über den Klimawandel hinaus und sind überwiegend lokaler Natur [40]. fentlichen Nahverkehr. Doch durch den raschen Einkommenszuwachs und die Urbanisierung explodiert die Anzahl der Autos in den Städten. Im Falle von Beijing führt das zu externen Kosten des Autoverkehrs: permanenter Stau und hohe Luftverschmutzung und damit Gesundheitsgefährdung. Eine Monetarisierung der verschiedenen Effekte ist in Abbildung 5 zusammengefasst [40]. Daraus ergibt sich, dass sich die Verkehrspolitik in chinesischen Städten nicht allein an Klimaschutzzielen orientieren sollte, sondern vor allem an einer kohärenten Nachhaltigkeitsstrategie. Für Beijing Instrument klimafreundlicher Transportpolitik in den Vereinigten Staaten [38]. 4.5 Transportnachfrage und Infrastrukturpolitik Zuletzt wollen wir kurz auf die Situation in China eingehen. Hier ist die Verbrauchswertregulierung recht fortschrittlich und bislang ambitionierter als die der Vereinigten Staaten [39]. Die Herausforderung ist vielmehr eine zu schnelle Motorisierung zu verlangsamen. Die traditionell dichten chinesischen Städte haben durchmischte Landnutzung und sind ideale Kandidaten für nicht-motorisierten Verkehr und öf- 4.4 Energieeffizienzregulierung von Fahrzeugen Konsumenten beziehen die operativen Kosten des Fahrzeuges in ihre Kaufentscheidung höchstens peripher mit ein [36]. Ein relativ energieeffizientes Auto wird oft auch dann nicht gekauft, wenn sich die zusätzlichen Investitionskosten in zwei oder drei Jahren amortisieren. Dieses Phänomen lässt sich am ehesten durch einen Uncertainty-Loss-Aversion-Bias erklären [37]. Schon vorhandene Preissignale würden bei einem homo oeconomicus bereits dazu führen, dass er ein energieeffizienteres Fahrzeug kauft. Es gibt also Hinweise darauf, dass auch ein Preissignal über den Emissionshandel nicht ausreichend ist. In der Transportpolitik ist dies eine wohlbekannte Tatsache, die auch als Erklärung für die Stagnation der Verbrauchswerte in den Vereinigsten Staaten gilt (siehe oben). In Anerkennung dessen hat die U.S. Regierung die CAFE-Standards in 2009 merklich angehoben und eine Verbesserung der durchschnittlichen Verbrauchswerte von 25 mpg (miles per gallon ) auf 35,5 mpg im Jahr 2016 festgeschrieben. Allein dieses Instrument wird bis 2016 0,9 GT CO 2 - Emissionen einsparen. Eine kosteneffiziente Anhebung der Verbrauchswerte ist auch darüber hinaus möglich. Eine solche Regulierung ist das einfachste und wirksamste „Wir führen unsere Marke schon seit Jahrzehnten, es kommt zunehmend zu Verwechslungen, sowohl im ÖPNV wie im Mietbusgeschäft“, sagt AO-Geschäftsführer Nico Schoenecker auf Rückfrage von „ÖPNV aktuell“. Er bedauere es sehr, dass man trotz vieler Bemühungen mit dem Partner Regionalverkehr Oberbayern (RVO) keine einvernehmliche Lösung erzielen konnte. „Jetzt ziehen wir die Grundsatzfrage vor das Landgericht München.“ Auch RVO und DB Stadtverkehr wollen die Grundsatzklärung, halten den Ball jedoch ebenfalls flach. „Gute Beziehungen zu Autobus Oberbayern, generell zum Mittelstand sind uns unverändert wichtig“, betont Alexander Möller, in der Frankfurter Zentrale für Markt und Verkehr verantwortlich. Er sieht ebenso wenig wie RVO-Marketingchef Nicolaj Eberlein eine wirkliche Konkurrenz der beiden Bezeichnungen. „Wir sehen keine Verwechslungsgefahr, weder in der Touristik, wo wir nur sehr wenig aktiv sind, noch im Linienverkehr“, so Eberlein. Im ÖPNV gebe es eine klare Markenarchitektur: In München fahre AO im blauen Kleid der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), im Umland dominiere der Markenauftritt des Münchner Verkehrsverbundes, und weiter draußen „sind wir klar Marktführer“. AO hat seine alte Wort- und Bildmarke 1999 auslaufen lassen. Seinen neuen Auftritt, der farblich an den ICE erinnert, hat der Mittelständler im April 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldet. Bis heute ist er jedoch nicht als Marke eingetragen. Im Juni 2008 stellte der DB-Konzern seine Markenarchitektur für die Busgesellschaften vor, darunter „Oberbayernbus“. Für Markenrecht sind Kammern für Handelssachen zuständig, in denen auch ehrenamtliche Richter aus der Wirtschaft mitentscheiden. AO und RVO arbeiten eng zusammen: Nach der wettbewerbsbedingten Auflösung ihrer Münchner Niederlassung stellt die DB-Tochter Fahrzeuge bei AO ab, die AO-Filiale Bad Wiessee (ex Sareiter) ist am Tegernsee RVO-Subunternehmer. Die beiden AO-Eigentümerfamilien stellen mit Nico Schoenecker und Alexander Holzmair je einen Geschäftsführer. Die 180 Omnibusse von AO sind im ÖPNV unterwegs (wo man mit 50 Fahrzeugen größter Partner der MVG ist), auf dem Airportbus München Hbf. - München Flughafen, auf der Fernlinie München - Pilsen - Prag, im Mietbus-, Stadtrundfahrten-, Ausflugs- und Incominggeschäft Limousinenservice, Incentive- und Gruppenreisen und Werk t Leistungspalette ab. Beteiligung MVG) DVV Media Group Gern unterbreite ich Ihnen ein Angebot für Ihre Stellenanzeige: Sophie Elfendahl · Tel. 040 / 237 14 - 220 E-Mail: sophie.elfendahl@dvvmedia.com ÖPNV aktuell erscheint dienstags und freitags per E-Mail als geschütztes PDF. Der Informationsdienst bietet Entscheidern, Führungskräften und allen interessierten Akteuren der Nahverkehrsbranche regelmäßige Orientierung in einem Umfeld mit wachsender Marktdynamik. Verschenken Sie keine Zeit! Inserieren Sie im Stellenmarkt in ÖPNV aktuell. Gute Mitarbeiter nden Sie mit ÖPNV aktuell! Erfolg baut auf gute Mitarbeiter! Kostenlose Leseproben und alle Informationen erhalten Sie unter www.oepnvaktuell.de Umwelt + Ressourcen 16 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 [29] Stern, N. (2006): The Economics of Climate Change. The Stern Review, Cambridge University Press, New York. [30] Creutzig, F. (2010): Reaping benefits: National and Urban Low-Carbon Land Transportation Roadmaps, Report prepared for the GTZ. [31] Farrell, A. E.; Sperling, D. (2007): A low carbon fuel standard for California, Part I: Technical Analysis. Institute of Transportation Studies, University of California, Davis, Research Report UCD-ITS-RR-07-07. [32] EC, 2009: DIRECTIVE 2009/ 30/ EC, 23. April 2009. [33] Sperling, D.; Yeh, S. (2009): Low Carbon Fuel Standards. Issues in Science and Technology 2: 57-66. [34] Arnold, K. (2009): Ambitionierte Vorgaben für den Kraftstoffsektor: die „ Fuel Q uality Directive“ der EU zielt auf die Lebenszyklusemissionen. 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Die Investitionen könnten dabei einerseits in einer zersiedelten Landnutzung und der Konstruktion von Stadtautobahnen enden (dominierende Politik Beijings im letzten Jahrzehnt) oder andererseits in eine relativ dichte Bauweise mit einfachem Zugang zu einem gut ausgebauten öffentlichem Nahverkehr münden (etwa Guangzhou, dramatischer Ö PNV-Ausbau ist jetzt auch im Fokus der Politik Beijings). Die Instrumente einer nachhaltigen Transport- und Landnutzungspolitik sind prinzipiell bekannt [41]. Die Implementierungsbarrieren in chinesischen Städten sind in erster Linie politischer Natur [16]. Die analytische Beschreibung dieser Infrastrukturentscheidungen aus der Klimaperspektive ist ebenfalls ein Forschungsziel unseres Forschungsbereichs an der TU Berlin. 5 Zusammenfassung Zusammengefasst stellt eine ambitionierte Klimapolitik den Transportsektor vor große Herausforderungen. Mit einer sektorenübergreifenden Emissionsobergrenze und nach Weltregionen, aber auch Städten differenzierten Maßnahmen besteht jedoch die Möglichkeit dieser Herausforderung gerecht zu werden und einen Umbau des Transportsystems durchzusetzen. Gerade weil das Automobil die Emission im Landtransport dominiert, besteht eine wirksame Klimaschutzpolitik auch darin, den nicht-motorisierten Verkehrsmitteln, Fußgängern und Fahrradfahrern, vermehrte Aufmerksamkeit zu schenken, Diese Refokussierung geht schließlich Hand in Hand mit Investitionen in effiziente öffentliche Verkehrssysteme und eine nachhaltigen Landnutzungspolitk. Wir danken Herrn Linus Mattauch für die hilfreiche Kommentierung des Manuskripts. Literatur [1] IPCC, 2007; Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Solomon, S., D. Q in, M. Manning, Z. Chen, M. Marquis, K.B. Averyt, M. Tignor and H.L. 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In this article, we summarize findings on the emissions within the transport sector, highlighting underlying factors of two important world regions, the U.S. and China. We then take a closer look at energy system models, and predictions of how the transport sector can decarbonize cost-effectively. A more detailed excursion focuses on the importance of accurate life-cycle analysis of novel fuels. In the last part, we explore a number of policy instruments, specifically those geared to the carbon content of fuels. We suggest a possible evolution of renewable fuel standards, to low carbon fuel standards and finally to an economic-wide cap and trade system. We close by describing two policies, fuel efficiency standards and infrastructure investments, that are of particular importance to our previous case studies, the U.S. and China. Umwelt + Ressourcen 17 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Hubert Steinkemper Wettlauf um die zweite Erfindung des Automobils Elektromobilität als Baustein einer nachhaltigen Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik D as System Auto steht vor der größten Herausforderung seiner Geschichte: Das globale Verkehrswachstum verstärkt den Verteilungskampf um das Erdöl und gefährdet aufgrund rapide ansteigender Emissionen eine wirksame Klimapolitik. Elektrische Antriebe sind hocheffizient - dem Kampf gegen den Klimawandel dienen sie aber nur, wenn sie erneuerbar tanken. Richtig eingesetzt bietet Elektromobilität die Chance, zentrale Ziele der Umweltpolitik mit einer nachhaltigen Industrie- und Verkehrspolitik sinnvoll zu verbinden. D er Autor MinDir Hubert Steinkemper, BMU, Robert-Schuman-Platz 3, 53175 Bonn, hubert.steinkemper@bmu.bund.de S eit mehr als 100 Jahren ist das Auto ein steter Begleiter. Wie selbstverständlich entwickelte es sich dabei zu mehr als einem bloßen Fahrzeug. Nicht wenige verbinden mit dem eigenen Pkw die erste Auslandsreise, den spontanen Besuch alter Freunde oder gar das erste Rendezvous. Auch das eigene Haus am Stadtrand rückte für viele erst durch die Massenmotorisierung der 1960er Jahre in greifbare Nähe. Kaum ein anderer Gegenstand ist auf diese Weise mehr zum Symbol der Moderne geworden als das Auto. Der Alltag unserer (postmodernen) Zeit sieht hingegen oft anders aus. Die tägliche Fahrt zur Arbeit, zum Einkaufen oder zur Kita ist nicht selten mit Stillstand, Stau und Stress verbunden. Nicht zu vergessen die anderen Verkehrsteilnehmer, die Lärm, Abgase und Gefährdungen hinnehmen. Allfällige Reparaturen und der Blick auf die Tankquittung tun ihr Übriges, um mit dem Auto statt „ Freiheit“ vor allem einen Kosten- und Zeitfaktor zu assoziieren. Vergrößern wir den Blickwinkel noch ein wenig und verlassen die individuelle Perspektive. Bis 2030 - so zeigen Prognosen - wird sich die globale Pkw-Flotte verdoppeln. 1 Vor allem in Schwellenländern wie China, Indien, Brasilien u. a. steigt der Bedarf an individueller und wirtschaftsbedingter Mobilität. Waren in Peking im Jahr 1997 noch eine Million Pkw zugelassen, wurde Ende 2009 die Vier-Millionen-Grenze überschritten. 2 Ölknappheit und Klimawandel erfordern einen Paradigmenwechsel Zwei bedeutsame Entwicklungen flankieren diesen Trend. Zum einen lässt die Motorisierung den Durst nach Erdöl und seinen Derivaten kräftig ansteigen. So rechnet selbst die als eher moderat bekannte Internationale Energie-Agentur IEA, deren viel beachteter World Energy O utlook 2009 gerade erschienen ist, damit, dass das Fördermaximum - der sogenannte Peak O il - bereits um 2020 zu erwarten ist. 3 Vor diesem Hintergrund ist etwa China derzeit bestrebt, sich den Zugang zu Reserven im südlichen Amerika und Afrika zu sichern. Denn das Wirtschaftswachstum ist hier wie dort bislang stark an einen zuverlässig fließenden Verkehr geknüpft. Und dieser basiert, vor allem auf der Straße, fast vollständig auf flüssigen Kohlenwasserstoffen. Solche Verbindungen bietet nicht nur Erdöl, auch Kohle kann als Ausgangsstoff dienen. Und da die Wirtschaft stets so sensibel auf den Ö lpreis reagiert hat, schickt sich China, das Land mit den zweitgrößten Reserven an Steinkohle weltweit, an, sein Wachstum künftig zur Not auch mit CtL- Kraftstoff (Coal-to-Liquid) zu befeuern. Die Energieeffizienz eines solchen Verfahrens ist verheerend, was uns zum zweiten Punkt führt. Der Verkehrssektor ist in westlichen Regionen wie der EU der Bereich, in dem die CO 2 -Emissionen weiter ansteigen. Die Effizienzgewinne bei den Fahrzeugen reichen bisher nicht aus, um das Mengenwachstum zu kompensieren. Bedenken wir, dass der Anstieg der Verkehrsleistung fernab von Europa noch weitaus drastischer ausfällt, wird schnell deutlich, dass sich der Verkehrssektor als Sorgenkind des Klimaschutzes darstellt. Im Hinblick auf das in Kopenhagen noch einmal bekräftigte Ziel, die Erderwärmung auf maximal 2 °C über dem vorindustriellen Level zu begrenzen, heißt das: Wir müssen rasch handeln. Denn je später das Sinken der globalen Treibhausgasemissionen einsetzt, desto schwieriger und vor allem teurer wird es. Kommen wir auf Deutschland zurück: Eine CO 2 -Reduktion um 40 % bis 2020 ist festes Ziel der Bundesregierung. Energiewirtschaft und Industrie sind auf gutem Wege, ihren Teil beizutragen. Auch im Bereich der Gebäude (dies schließt Privathaushalte ein) tut sich viel, und zwar mit Nutzen für Klima und Bewohner. Denn energetische Sanierung drückt sich unmittelbar in einer niedrigeren Heizkostenrechnung aus. Die Emissionen des Verkehrs hingegen sind seit 1990 nicht gesunken. Mehr als 95 % davon gehen auf das Konto des Straßenverkehrs. Was liegt daher näher, als Effizienzziele auch im Verkehr zu verankern? Mit der CO 2 -Verordnung der EU - den sogenannten Flottengrenzwerten für Neuwagen - ist ein erster Schritt getan. Um diese Vorgaben zu erreichen, können wir vor allem an zwei Stellschrauben drehen: der Effizienz herkömmlicher Antriebe oder der Entwicklung neuer Antriebe. Vor dem Hintergrund von Ölproblematik und Klimawandel, aber Abb. 1: Indexierte Entwicklung der Treibhausgasemissionen in der EU-27, Index 1990 = 100 Datenquelle: World Resources Institute 2010 (CAIT) Umwelt + Ressourcen 18 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 auch von Umweltinnovation und Wachstum ist die Bundesregierung der Überzeugung, dass wir beides brauchen werden. Sie hat daher im August 2009 den Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität (NEP-E) verabschiedet. Ergänzend zu den verkehrspolitischen Zielen der Verkehrsvermeidung und -verlagerung unterstützt er eine ressourcenschonende Realisierung von Verkehrsbedürfnissen als Säule der integrierten Umwelt- und Verkehrspolitik. Standortstärkung durch innovative Umwelttechnologien Ziel des von BMU, BMWi, BMVBS und BMBF in gemeinsamer Federführung formulierten NEP-E ist es, die Forschung und Entwicklung, die Marktvorbereitung und die Markteinführung von batterieelektrisch betriebenen Fahrzeugen in Deutschland voranzubringen. Die Entwicklung des Marktes bis 2020 soll in drei Phasen erfolgen: Phase der Marktvorbereitung bis 2011, Phase des Markthochlaufs (bis 2016) und Phase des Volumenmarktes ab 2017. Bis 2020 sollen eine Million Elektrofahrzeuge auf dem deutschen Markt sein und Deutschland zum Leitmarkt der Elektromobilität entwickelt werden. 4 Diese Leitmarke ist keinesfalls ein Selbstzweck. Sie definiert vielmehr einen Rahmen für das Kernziel der Bundesregierung: Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie als Leitbranche zu erhalten und zu stärken sowie zugleich den energie- und klimapolitischen Herausforderungen angemessen - das heißt ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltig - zu begegnen. Wie kann dies gelingen? Der Schlüssel zum Erfolg im „ Wettlauf um die zweite Erfindung des Automobils“ - wie Daimler-Chef Zetsche kürzlich formulierte - liegt im Aufbau von Kompetenzen. Nur im Zusammenspiel von Industrie, Wissenschaft und Forschung entstehen marktfähige Innovationen. Im Fall der Elektromobilität treffen dabei Akteure aufeinander, die bisher nur wenig miteinander zu tun hatten. Denn neben den klassischen Automobilherstellern spielen die Energieversorger eine wichtige Rolle. Sie können dafür sorgen, dass Elektroautos intelligent ins Netz eingebunden und mit CO 2 -armem Strom betankt werden. Beides ist von großer Bedeutung für den Klimaschutzeffekt. Denn nur ein E-Mobil, das mit Strom aus erneuerbaren Q uellen fährt, ist nicht nur lokal emissionsfrei, sondern whell-towheel - also von der Energiequelle bis zum Rad - fast ein Nullemissionsfahrzeug. In Abbildung 2 werden zwei Gesichtspunkte deutlich. Zum einen ist die Neuwagenflotte Deutschlands derzeit noch weit vom Flottengrenzwert von 120 g CO 2 / km (bezogen auf den Fahrzeugbetrieb) entfernt, der bis 2015 schrittweise eingeführt wird, Zum anderen bieten Elektroautos, deren Batterien mit dem deutschen Durchschnittsstrom geladen werden, klimatechnisch kaum Vorzüge gegenüber hocheffizienten, künftigen Dieselfahrzeugen. Erst die Betankung mit erneuerbarem Strom macht aus Elektrofahrzeugen eine Innovation, die zum Klimaschutz und zur Technologieführerschaft der deutschen Automobil- und Energiewirtschaft beiträgt. Erneuerbare Energien und Elektromobilität beflügeln sich gegenseitig Unter Netzintegration verstehen wir weitaus mehr als das bloße Betanken mit grünem Strom. Denn mit dem Zuwachs an erneuerbaren Energiequellen nimmt das Angebot an zeitlich fluktuierender Energie zu. Bislang werden diese Schwankungen durch flexibel steuerbare konventionelle Kraftwerke aufgefangen. Jedoch ist die Bereitstellung dieser Regelenergie kostenintensiv und senkt die Effizienz der Großkraftwerke. Darüber hinaus ist etwa das Angebot von Windstrom zu bestimmten Zeiten schon jetzt so groß, dass ein Teil der Leistung ungenutzt abgeregelt werden muss. In der Nacht auf den 26.12.2009 war dies zum Beispiel im gesamten ostdeutschen Netzbereich der Fall: Starker Wind ließ die Windräder Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns so kräftig Strom produzieren, dass selbst das Herunterregeln der Kohlekraftwerke und Hochfahren der Pumpspeicher in Sachsen und Thüringen nicht ausreichten, um den Strom einspeisen zu können. In einem intelligenten Netz könnten künftig Elektroautos genau dann laden, wenn EE-Strom im Überfluss vorhanden ist. Für die Nutzer hätte dies einen netten Nebeneffekt: Zu solchen Überflusszeiten wird Strom an der Leipziger EEX zu negativen Preisen angeboten, das heißt, für die Produzenten ist es billiger, den Strom zu subventionieren als Kraftwerke zu drosseln. Die Versorger hätten somit die Möglichkeit, sehr günstige flexible Tarife anzubieten. Dieses System des gesteuerten Ladens erprobt das BMU derzeit in Feldversuchen im Rahmen des Förderprogramms der Bundesregierung. Dieser Ansatz birgt weitergedacht noch weitere Vorteile: Die Batterie als Herzstück des Elektroautos wäre in der Lage, Strom ans Netz zurückzuliefern, wenn die Nachfrage besonders groß ist. So könnten nicht nur Nachfragedellen ausgeglichen, sondern auch Nachfragespitzen mit zusätzlichem, in der Batterie zwischengespeichertem Grünstrom ausgeglichen werden, für die sonst CO 2 -intensive fossile Kraftwerke einspringen müssten. Eine große Flotte von E-Mobilen käme dabei auf beachtliche Summen an zusätzlicher Regelenergie. Neue Geschäftsmodelle stärken M arkt und Nutzerakzeptanz Die Gedankenspiele zur Netzintegration verdeutlichen, welchen Wert Elektroautos für die Energiewirtschaft haben können. Mehr als im zusätzlichen Stromabsatz liegt der Nutzen im Nachfrage- und Speichermanagement. Das Beispiel der Negativpreise an der EEX zeigt, dass hier bares Geld verborgen liegt, was dereinst clevere Geschäftsmodelle hervorbringen wird. Denkbar wäre etwa, dass der Käufer eines Elektroautos die - bislang sehr teure - Batterie nicht mitkauft, sondern vom Energieversorger zu einem geringen Preis least. Letzterer würde die Batterie in sein intelligentes Netz einbeziehen und ein vorab mit dem Nutzer vereinbartes Lade- und Rückspeisungskontingent ausschöpfen. Weitere Komponenten wie Fahrzeugleasing, Garantieleistungen, stationäre Batterienutzung nach dem mobilen Einsatz und so weiter können ein Komplettpaket bilden, bei dem noch nicht klar ist, wer es letztlich anbietet: Der Stromversorger, der Autohersteller, der Batterieproduzent oder ein externer Mobilitätsdienstleister? Von der endlichen Ressource Öl war bereits die Rede. Ein zu langes Warten hat sich Abb. 2: CO 2 -Ausstoß verschiedener Energiepfade Q uelle: BMU, 2009. Daten nach KBA, eucar/ concawe5. Verbrauch 4 l Diesel bzw. 18 kWh/ 100 km Abb. 3: Schema Windkraftüberschuss im Stromnetz Umwelt + Ressourcen 19 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 in der Vergangenheit bereits mehrfach als nachteilig erwiesen - denken wir an die Ölkrisen der 70er Jahre oder die jüngste Hausse der Jahre 2006 bis 2008. Mit erneuerbaren Energien wird auch der Verkehr unabhängig von importierten fossilen Q uellen. Auf der anderen Seite rücken mit Elektroautos neue Ressourcenaspekte ins Blickfeld. Lithium und Kobalt, wichtige Bestandteile moderner Akkumulatoren, und sogenannte Seltenerden als Rohstoff für die Magnete in Elektromotoren sind endliche Rohstoffe. Eine ganzheitliche Ressourcenstrategie muss daher schon jetzt berücksichtigen, dass möglichst viele Komponenten von vornherein auf Wiederverwertbarkeit ausgelegt sind. Für wen bieten sich Elektroautos als Alternative an? Kommen wir zum Schluss auf die Ebene des einzelnen Nutzers zurück. Zu Recht stellen sich für viele Autofahrer Fragen der Reichweite, der Kosten und des Betankens mit Strom. Die Batterie eines rein elektrischen Fahrzeugs reicht derzeit für etwa 150 km. Die Ergebnisse der jüngsten MiD-Erhebung 6 zeigen, dass der durchschnittliche Deutsche pro Tag eine Entfernung von 40 km zurücklegt, also nur etwa ein Viertel des Batteriepotenzials ausnutzt - und auch das nur dann, wenn alle Wege mit dem Pkw zurückgelegt werden. An im Schnitt zwei von fünf Tagen steht das Auto jedes Halters jedoch still. Was bedeutet das für die Nutzung von Elektroautos? Erstens: Sie decken nicht alle Wege ab. Zweitens: Sie decken die meisten Wege spielend ab. Drittens: Es kann viel günstiger (und komfortabler) sein, bei langen Wegen auf Bahn oder Mietwagen umzusteigen als für zwei Urlaubs- und drei Dienstfahrten im Jahr ein großes Auto zu unterhalten. Intermodalität ist hier das Stichwort. Denken wir an die Vielzahl von Fahrten im Wirtschaftsverkehr - etwa Lieferdienste der Post - so ist schon heute jedes E-Mobil völlig ausreichend. Dabei gilt: Je häufiger die Nutzung, desto geringer die Mehrkosten der Batterie. Denn jede Tankfüllung ist im Vergleich zum Benziner um mehr als die Hälfte billiger. 7 Auch das Thema Ladeinfrastruktur wird für die Vielzahl früher Nutzer kein Thema sein. Benötigt wird eine Steckdose daheim und in seltenen Fällen eine weitere am Arbeitsort. Dazu beobachten wir, dass die Energieversorger bisher aus eigener Initiative Ladesäulen im öffentlichen Raum errichten. Wem dennoch viel an spontanen weiten Fahrten gelegen ist, wird vielleicht einen Zweitwagen behalten oder auf ein Fahrzeug mit Reichweitenverlängerer (range extender) umsteigen, der die Batterie mit Hilfe eines kleinen Verbrennungsmotors bei Bedarf nachlädt. Auf diese Weise lassen sich vergleichbare Reichweiten erzielen wie mit herkömmlichen Autos. W er das Elektroauto bremst, überlässt den W ettbewerbern das Feld Blicken wir in die Zukunft. Japan hat sich beim Thema Hybrid an die Spitze gesetzt, in den USA und China gehen ambitionierte Newcomer mit Elektrofahrzeugen an den Start und Frankreich stützt mit einem umfassenden Programm die nationalen Champions. Hieran wird erneut deutlich: Elektromobilität ist unerlässlich für Umwelt und Klima, aber ebenso geht es um die Stärkung des Standorts Deutschland. Die Bundesrepublik setzt weltweit Maßstäbe in der Automobiltechnik und im Bereich Umwelt- und Klimatechnologien. Wenn es uns gelingt, diese Stärken zu vereinen und einen neuen Entwicklungspfad Schritt für Schritt zu etablieren, werden am Ende alle profitieren - die Umwelt, die Wirtschaft, die Auto- und die Nicht-Autofahrer. Gemeinsam mit der Bundesregierung verfolgt das Bundesumweltministerium dieses Ziel und unterstützt mit seinem Förderprogramm bis 2011 Anwendungs- und Forschungsprojekte mit 100 Mio. EUR. Sobald ab 2011 die ersten deutschen Hersteller elektrische Serienfahrzeuge auf den Markt bringen, ist aus Sicht des Bundesumweltministeriums auch ein Marktanreizprogramm für die ersten, noch preisintensiven Elektroautos zu befürworten. 1 O ECD (2008): Environmental O utlook 2030, Paris. 2 w w w. ch in a d a ily. co m . cn / ch in a / 2 0 0 9 - 1 2 / 1 5 / co n tent_9183351.htm 3 www.e co n o mist .co m / b u sin e ssfin a n ce / displa yst o ry. cfm? story_id=15065719 4 www.bmu.de/ verkehr/ elektromobilita et/ nationaler_ entwicklungsplan/ doc/ 45042.php 5 http: / / ies.jrc.ec.europa.eu/ WTW bzw. http: / / www. kba.de/ cln_015/ nn_124584/ DE/ Statistik/ Fahrzeuge/ fahrzeuge__node.html? __nnn=true 6 www.mobilitaet-in-deutschland.de/ 02_MiD2008 7 Verbrauch von 20 kWh bzw. 6 l/ 100 km, entsprechend Anfang 2010 4 EUR bzw. 8,50 EUR. Abb. 4: Vergleich primärenergetischer Wirkungsgrade Benzin versus EE-Strom Q uelle: BMU nach Kendall, Gary (2008): Plugged in. Brüssel Primärenergetisch ist ein Antrieb auf elektrischer Basis dem konventionellen Verbrennungsmotor weit überlegen. Dies gilt besonders für batterieelektrische Fahrzeuge, die selbst bei Ladung mit Kohlestrom (Wirkungsgrad Deutschland circa 38 % ) noch effizienter als Benziner sind. Brennstoffzellenfahrzeuge hingegen, die mit Wasserstoff auf Kohlestrombasis fahren, schneiden in diesem Fall deutlich schlechter ab und erreichen mit 10 % Gesamtwirkungsgrad nur die Hälfte desjenigen eines herkömmlichen Pkw. Summary The race for the second automotive invention After more than hundred years of combustion engines we note a compelling shift to advanced powertrains. A main driver is the global transport growth which exacerbates oil dependency and impedes tackling climate change properly. Electric drives are highly efficient - they only contribute to CO 2 mitigation though if they run on renewable energy. The potential of smart grid integration is tremendous: Demand side management and vehicle to grid systems help to cope with increasing supply of wind and solar energy. Moreover they enable utilities to provide flexible rates which facilitate new business models for batteries, still being very expensive at present. The Federal Government of Germany is convinced that electric mobility - appropriately implemented - can prove highly beneficial to both environment and economy. Technologien + Informationssysteme 20 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Thomas Richter / Philipp Gilka Die intelligente Nutzung der Straße Reifen quietschen, W arnblinker leuchten - so sieht es aus, wenn Autofahrer plötzlich auf das Ende eines Staus treffen. Bis die Meldung in den Verkehrsnachrichten gesendet wird, wächst der Stau schnell auf viele Kilometer an. Runter von der Autobahn und den Stau oder Unfall umfahren - dafür ist es für viele dann bereits zu spät. Sie sitzen fest. Welcher Autofahrer wünschte sich in einer solchen Situation dann nicht auf die Fahrtroute und Verkehrslage maßgeschneiderte Verkehrsinformationen? D ie Autoren Univ.-Prof. Dr.-Ing. Thomas Richter, Dipl.-Ing. Philipp Gilka, Technische Universität Berlin, Institut für Land- und Seeverkehr, Fachgebiet Straßenplanung und -betrieb, Gustav-Meyer-Allee 25, 13355 Berlin, Philipp.gilka@tu-berlin.de I m Straßenverkehr von morgen werden solche Informationen zum Alltag gehören. Dann wird es heißen: „ Zähfließender Verkehr in 2000 m aufgrund einer Baustelle, reduzieren Sie die Geschwindigkeit auf 60 km/ h und ordnen Sie sich in 500 m links ein. Ihre Fahrtzeit wird sich voraussichtlich um zwei Minuten verzögern.“ Das Ziel dieser Vision ist es, durch bessere und präzisiere Informationen den Fahrer vor Gefahrensituationen zu warnen und ihn über die zeitlichen Auswirkungen der aktuellen Verkehrssituation zu unterrichten. Bei der künftigen Gestaltung des Straßenverkehrs könnten so bei wachsender Verkehrsbelastung und gleicher Anzahl von Straßen, mehr Fahrzeuge sicher aufgenommen werden. Der kontinuierliche Austausch von Informationen zwischen den Fahrzeugen und dem Straßenbetreiber stellt in Zukunft ein wesentliches Element der Verkehrssteuerung und dar. Einführung Damit es nicht bei der Vision bleibt, entwickeln 37 Partner aus 15 EU-Staaten unter der Leitung der österreichischen „ AustriaTech“ ein System, das Autofahrer schnell, zuverlässig und lückenlos über Unfälle, Staus oder andere Hindernisse auf der Strecke informieren soll. „ CO O PERS“ (Co-operative systems for intelligent road safety - Kooperative Systeme für intelligente Straßenverkehrssicherheit) heißt das Projekt, das von der EU-Kommission (DG Information Society and Media) mit etwa 9,5 Mio. EUR gefördert wird und innerhalb einer Projektlaufzeit von vier Jahren die technische Machbarkeit nachweisen und erste Aussagen zu den potenziellen Wirkungen auf die Sicherheit und die Verkehrsqualität liefern soll. Für die Datenkommunikation zwischen den Fahrzeugen und der Infrastruktur werden auf vier Verkehrskorridoren unterschiedliche Medien verwendet. Dabei spielen sowohl Punkt-zu-Punkt-Verbindungen wie GSM (Global System for Mobile Communications) für größere Distanzen als auch Infrarot für Kurzstreckenkommunikation eine wesentliche Rolle. Ferner wird das in Deutschland fast flächendeckend vorhandene DAB (Digital Audio Broadcast) auf den Strecken in Berlin und München eingesetzt. Kooperative Systeme Die zunehmende Belastung des europäischen Straßennetzes und die Pflicht der Infrastrukturbetreiber, die Verkehrsqualität weiter zu verbessern, stehen in einem offensichtlichen Gegensatz zueinander. Darüber hinaus wird im Weißbuch der Europäischen Kommission das Ziel formuliert, die Unfalltoten und Verletzten zwischen 2000 und 2010 zu halbieren. In diesem Zusammenhang hat der Bericht der eSafety-Initiative (Co-operative Systems for Road Transport; Juni 2004) wesentlich den Beitrag kooperativer Systeme zur effizienteren, sicheren und umweltverträglicheren Gestaltung des Straßenverkehrs hervorgehoben. Deutlich gemacht wurde dabei, dass kooperative Systeme, wie Fahrzeug-zu-Infrastruktur (I-2-V) und Fahrzeug-zu-Fahrzeug (V-2-V) gegenüber „ Stand-alone“ -Systemen große Vorteile besitzen. Die in den letzten Jahren gestiegenen Nutzeranforderungen an die Sicherheit der Fahrzeuge führten dazu, dass die „ Intelligenz“ der Fahrzeuge kontinuierlich wesentliche Fortschritte erfahren hat. Die Innovationen der Automobilindustrie reichen von Entwicklungen wie Airbag, ABS, ASS oder ASP, bis hin zu Navigations-, Spurerkennungs- und Nachtsichtsystemen. Die nächsten Schritte der Entwicklung werden sogenannte „ Advanced Driver Assistance Systems” (ADAS) sowie Fahrzeug-zu- Fahrzeug-Kommunikationslösungen, die auf Ad-hoc-Netzwerken basieren, sein. Auf der anderen Seite stehen die Telematik-Anwendungen der Straßenbetreiber. Sie beschränken sich auf Wechselverkehrszeichen und verschiedene Sensoren, die Verkehrsdaten erfassen. Erst in den letzten Jahren werden Verkehrsdatenerfassung und Verkehrsmanagement miteinander verknüpft, womit der Weg zu mehr Verkehrsinformationen mit weiteren Funktionen, wie RDS-TMC oder GSM-basierte Informationsdienste, freigemacht wurde. Berücksichtigt man die getätigten Investitionen in Höhe von 750 Mio. EUR in den Jahren 2001 bis 2006, die innerhalb der sieben euroregionalen Projekte durch das TEN-MIP Programm der Europäischen Kommission angestoßen wurden, so floss nur ein geringer Teil in Telematik-Anwendungen. Schaut man sich die Wirkungen dieser Investitionen hinsichtlich steigender Verkehrssicherheit und verbesserter Möglichkeiten der Verkehrssteuerung in Echtzeit an, so sind die erzielten Ergebnisse verhältnismäßig gering. O bwohl Straßeninfrastruktur und Fahrzeuge das System Straßenverkehr bilden, entwickeln sich beide Teile unabhängig voneinander, indem die Wechselverkehrszeichen das einzige „ kooperative“ Element, neben der Straßenoberfläche sind. Diese Lücke zwischen Infrastruktur-Telematik und Fahrzeug-Telematik basiert zum größten Teil auf der unterschiedlichen ökonomischen und organisatorischen Situation. Die Fahrzeugindustrie ist im größtmöglichen Maß im Wettbewerb, um die Kundenanforderungen hinsichtlich bezahlbarer und innovativer Technologie zu befriedigen. Dagegen ist die Infrastruktur, auch wenn privatisiert, gebunden an die öffentliche Hand und an festgelegten Zielen und Prioritäten sowie an vorhandene Gesetze. Unter diesen Randbedingungen muss eine EU-weite Problemdefinition mit eindeutigen Zielstellungen und Anforderungen formuliert werden. Diese müssen auf der Grundlage der eSafety-Initiative der Europäischen Kommission basieren und spezifische Lösungen und Funktionen, die durch I-2-V-Systeme realisiert werden können, berücksichtigen. Dabei sind neben der technischen Innovation und der einheitlichen Definition der Kommunikationsschnittstellen vor allem die institutionellen und organisatorischen Innovationen zu berücksichtigen, denn hierdurch wird eine gemeinsame Basis für das Rollenverständnis der involvierten Partner gelegt. Es gibt keinen Zweifel daran, dass sich kooperative Systeme fruchtbar mit den autonom arbeitenden Systemen der Fahrzeuge und V-2- V-Systemen ergänzen. Dazu müssen mittelfristig die einzelnen Systeme kompatibel sein. Nur so lassen sich die Ziele: Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit im Verkehr realisieren. Idee und Ziele von COOPERS CO O PERS basiert auf der Idee der aus der Datenverarbeitung bekannten konver- Technologien + Informationssysteme 21 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 genten Netzwerke zur Kommunikation zwischen dem Fahrzeug und der Straßeninfrastruktur. Das heißt, Daten vom Fahrzeug, die sogenannten CAN-Daten, werden an den Straßeninfrastrukturbetreiber übermittelt. Die Daten der einzelnen Fahrzeuge werden zentral mit den vorhandenen straßenseitigen Sensor-Daten aggregiert und anschließend als Verkehrsinformation mit Handlungsempfehlungen an den Fahrer übermittelt. Dieser Austausch von Daten und Informationen zwischen Fahrzeug und Infrastruktur findet bidirektional auf unterschiedlichen Kommunikationsmedien statt. Sicherheitsrelevante Dienste dienen zur Warnung vor kritischen Situationen und informieren über Handlungsmöglichkeiten. Ihr Ziel ist die Erhöhung der Sicherheit und die O ptimierung des Verkehrsflusses. Dabei fungiert das Fahrzeug als mobiler Sensor, von dem der momentane Standort bekannt ist. Durch das Fahrzeug erfasst werden kontinuierliche Parameter wie Geschwindigkeit und Position sowie eventbasierte Parameter wie ESP-Status, ABS-Status, Scheibenwischer-Aktivität, Warnblinklicht, Bremsstatus, Kollisionswarnung. Diese zusätzlichen und umfangreicheren Daten vom Fahrzeug dienen dem Infrastrukturbetreiber zur Verifizierung der vorhandenen Sensor-Daten der statischen Messstellen. Gegenüber statischen Sensoren erlauben die „ fliegenden“ Daten die Bereitstellung von Verkehrsinformationen sowohl auf der taktischen als auch auf der strategischen Ebene. Auf der taktischen Ebene ist es dann möglich, die lokale Verkehrssituation in Echtzeit zum Fahrzeug zu übertragen. Der Fahrer erhält sicherheitsrelevante Informationen, wie beispielsweise zu Wetterbedingungen, zum Straßenzustand, zur Verkehrsdichte oder zur Geschwindigkeitsbeschränkung. Darüber hinaus sind plötzlich auftretende kritische Situationen, wie Unfälle, durch Indikatoren wie das Auslösen des Airbags frühzeitig zu erkennen. So kann über die Sichtweite des Fahrers hinaus das Verkehrsgeschehen beobachtet werden. Mit diesem Überblick über die Verkehrssituation soll der Fahrer deutlich besser auf plötzliche Veränderungen im System reagieren können. Als Resultat sollen Unfälle reduziert und der Straßenverkehr insgesamt effizienter abgewickelt werden. Zur gleichen Zeit werden die taktischen Verkehrsinformationen vom Infrastrukturbetreiber über verschiedene Links abgegriffen, um aus diesen Daten bessere Vorhersagen für größere Streckenabschnitte, bis hin zum gesamten Netz, generieren zu können (strategisches Verkehrsbild). Daraus werden wieder Empfehlungen des Verkehrsmanagements für den Fahrer abgeleitet (via taktisches Verkehrsbild). Mit Hilfe statisch installierter Sensoren an Baken (Schilderbrücken) und in die Straße eingelassener Induktionsschleifen sowie durch zusätzliche Daten der Fahrzeuge kann die Informationslage zur lokalen Situation verbessert werden. Der größte Vorteil des Systems besteht in verkehrsbelasteten Streckenabschnitten mit hohem Unfall- und Staurisiko. Analyse der Nutzerebene Neben der technischen Evaluation, speziell dem Vergleich der Kommunikationsmedien, besteht der methodische Ansatz in der Untersuchung von Nutzerverhalten und -akzeptanz. Basierend auf einer umfangreichen Befragung, in der Anforderungen und Erwartungen der unterschiedlichen Nutzergruppen ermittelt wurden, wurde bereits im zweiten Projektjahr eine erste Studie im Fahrsimulator durchgeführt. Etwa 50 Versuchsteilnehmer wurden in das schwedische Linköping eingeladen, um in einer etwa zweistündigen Versuchsfahrt festgelegte Szenarien unter identischen Verkehrszuständen zu absolvieren. Dabei wurden sicherheitsrelevante Dienste auf der in CO O PERS entwickelten Navigationssoftware dargestellt. Die Ergebnisse der Fahrverhaltensanalyse zeigen dabei deutlich, dass die Probanden mit einem solchen Dienst deutlich früher die Bremse betätigen und mit reduzierter Geschwindigkeit auf eine kritische Situation zufahren, als Teilnehmer ohne entsprechenden Dienst. Zudem hat die Auswertung der Akzeptanz bei den Probanden gezeigt, dass die Informationen und Empfehlungen als sehr hilfreich und unterstützend angesehen wurden, was auch dazu geführt hat, dass die Geschwindigkeit der jeweiligen Verkehrssituation angepasst wurde. Insgesamt wurde das System als Sicherheitsgewinn für den Straßenverkehr betrachtet. Abb. 1: COOPERS: System und Komponenten Abb. 2: M essfahrzeug der TU Berlin Technologien + Informationssysteme 22 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Neben der Simulation werden in den vier europäischen Testregionen umfangreiche Versuchsprogramme mit insgesamt 300 Teilnehmern durchgeführt, bei denen die Wirkungen des entwickelten Verkehrsinformationssystems mit seinen Diensten auf den Fahrer untersucht werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Wirkung von Verkehrsinformationssystemen sehr von der Akzeptanz durch den Fahrers abhängig ist, was eine kontinuierlich hohe Q ualität der Dienste voraussetzt. Dazu werden detaillierte Fahrverhaltensanalysen durch die TU Berlin durchgeführt. Ein speziell ausgestattetes Fahrzeug verwendet die im Projekt entwickelten Fahrzeugkomponenten (Automotive PC und Communication Gateway), die einen bidirektionalen Informationsaustausch von Diensten mit der Infrastruktur erlauben. Die so gewonnen Informationen werden im Fahrzeug durch eine intelligente Software nach Priorität und Relevanz gefiltert, um sie dem Fahrer zu präsentieren. Zusätzlich wurde das Fahrzeug von der TU Berlin mit einem Mono-Kamera-/ Lidar-System ausgerüstet, das den Blick sowohl nach vorne als auch nach hinten richtet, um die Verkehrssituation vor O rt abzubilden. Dadurch können die relative Geschwindigkeit des vorausfahrenden und nachfolgenden Fahrzeugs sowie die dazugehörigen Abstände gemessen werden. Die Fahraktivitäten des Versuchsteilnehmers werden darüber hinaus durch die fahrzeugeigenen Messgrößen (CAN-Daten) erfasst, die unterstützt durch die Frontkamera das Spurverhalten des eigenen Fahrzeugs abbilden. Zusätzlich finden Fahrverhaltensbeobachtungen entsprechend eines standardisierten Protokolls statt. Physiologische Messungen, wie EKG und die Aufzeichnung der Blickbewegung, werden dabei ebenfalls in den Versuchen durchgeführt. Zur persönlichen Einschätzung des Teilnehmers dient zusätzlich eine Befragung. Nach Abschluss der Messfahrten und der Auswertung des Datenmaterials findet eine umfangreiche Analyse der Fahrten statt, die Aufschluss über das Fahrverhalten und die Akzeptanz durch den Fahrer gibt. Analyse der technischen Ebene Neben der Analyse der Nutzerebene ist das Ziel von CO O PERS die Evaluation der unterschiedlichen Kommunikationsmedien zur Übertragung zwischen Infrastruktur und Fahrzeug. Für die Kommunikation zwischen den Fahrzeugen und der Infrastruktur werden unterschiedliche Übertragungsmedien verwendet. Die Analyse der Eigenschaften aller grundsätzlich in Frage kommenden Medien, wie: IR-MR CEN DSRC CALM IR Bluetooth GSM/ GPRS UMTS DAB/ DMB Wireless LAN WiMAX hat gezeigt, dass nur wenige Medien die notwendigen Voraussetzungen erfüllen, um in diesem Bereich eingesetzt werden zu können. Die Definition der Anforderungen ergibt sich aus dem Ziel eines kooperativen Verkehrsmanagements, das von CO O PERS verfolgt wird. Die wesentlichen Parameter für eine Übertragung von sicherheitsrelevanten Informationen sind: Zuverlässigkeit, Übertragungsgeschwindigkeit, örtliche und inhaltliche Präzession Standardisierung und Sprachunabhängigkeit. Die Übertragungsmedien Infrarot (IR-MR) und Mikrowelle (CEN DSRC (µW)) wurden speziell für den Fahrzeugeinsatz entworfen und werden vor allem bei der elektronischen Maut benutzt. Ihre Spezifikationen bieten genug Raum für weitere IST-Anwendungen. Aufgrund der begrenzten Übertragungsreichweite gilt CEN DSRC (µW) als Medium für die Kurzstreckenkommunikation, während IR-MR für mittlere Distanzen eingesetzt werden kann. Aufgrund dieser Eigenschaften ist daher die Datenmenge bei der Übertragung im mobilen Bereich eingeschränkt. Der CALM-Standard (Continuous Airinterface, Long and Medium range) gehört durch seine Architektur, gemeinsame Protokollen und die Schnittstellendefinition zur Familie der Funknetze der 2. und 3. Generation. Neben IR, 5 GHz werden künftig weitere Schnittstellen zur Verfügung gestellt werden. Der CALM-Standard wurde speziell für die Übermittlung von Protokollen und Parametern im ITS-Sektor entwickelt und wird daher in CO O PERS, im Gegensatz zu IR-MR und CEN DSCR, auch Anwendung finden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Zum einen ermöglicht CALM einen schnellen Verbindungsaufbau und erzielt zum anderen einen hohen Datendurchsatz trotz hoher Fahrgeschwindigkeiten. Das Risiko von Interferenzen mit bestehenden Radiofrequenzen, wie sie beispielsweise bei CEN DSRC auftreten können, ist bei Infrarot deutlich geringer. Darüber hinaus sind für CALM IR keine Lizenzen zu erwerben, was für einen kostengünstigen Einsatz spricht und für eine größere Verbreitung sorgt. Der weltweit verbreitete und durch das internationale Roaming zwischen den verschiedenen Netzanbietern kontinuierlich verfügbare GSM-Standard (Global System for Mobile Communications) erlaubt eine fast durchgängige Kommunikation. Darüber hinaus besitzt GSM/ GPRS auch technisch gesehen ein Potenzial. Es bietet bei hohen Geschwindigkeiten gute Übertragungsqualität und hohe Übertragungsraten in Punkt-zu-Punkt- und Punkt-zu- Multipunkt-Verbindungen. Lediglich auf der Kostenseite bestehen Nachteile für den Endnutzer, wenn Daten Abb. 3: Kommunikationsmedien und ihre Einsatzfähigkeit Technologien + Informationssysteme 23 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Abb. 4: COOPERS: Display onen in die Sicherheit. Wenn man berücksichtigt, dass Informationen beispielsweise zur Reisezeit ausschließlich informativen Charakter besitzen, müssen hingegen sicherheitsrelevante Informationen, wie beispielsweise „ Störungswarnung“ , eine hohe Verlässlichkeit aufweisen. O hne hohen Q ualitätsstandard des gesamten Übertragungssystems werden die Straßeninfrastrukturbetreiber ihre geplanten Investitionen weiterhin in infrastrukturbasierte Systeme investieren. Darüber hinaus ist es aus Sicht der Infrastrukturbetreiber von entscheidender Bedeutung, Daten über die Befolgungsrate durch den Fahrer zu erhalten. Bei der Analyse der Befolgungsrate eines CO O PERS- Systems, ist es entscheidend, welche sinnvollen und gültigen Informationen der Fahrer erhalten hat bzw. welche Fehlmeldungen aufgetreten sind. Aus früheren Studien zur Akzeptanz von Wechselverkehrszeichen in einem Vorher- Nachher-Vergleich ist bekannt, dass sich die Unfallrate kurz nach der Inbetriebnahme deutlich reduziert, nach einem längeren Beobachtungszeitraum jedoch eine leicht ansteigende Tendenz zu erkennen ist. Letztlich zeigen Untersuchungen, dass eine Verstetigung bei den Unfallzahlen von etwa 25 % unter dem Niveau vor Inbetriebnahme festgestellt werden kann. Das Projekt CO O PERS wird im Sommer 2010 enden, und die Frage wird zu beantworten sein, ob die Demonstration gegenüber den gesetzten Zielen erfolgreich war. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem die erreichten Ergebnisse und deren Bewertung hinsichtlich ihrer einzelnen Elemente: Straßeninfrastruktur I2V-Schnittsstellen Netzwerk-Komponenten im Fahrzeug Nutzerverhalten und HMI-design Gesetzgebung und Sicherheit. Aufbauend auf den Ergebnissen wird eine wesentliche Aufgabe des Projekts darin bestehen, einen Businessplan zu entwickeln, um die gewonnenen Ergebnisse nachhaltig zu nutzen. Dieser soll sowohl die Anforderungen der Endnutzer, als auch der Zwischennutzer einbeziehen. 1 http: / / www.car-2-car.org/ 2 http: / / www.network-on-wheels.de Audio Broadcast) im Berliner und Münchener Raum eingesetzt, zum anderen werden Punkt-zu-Punkt-Verbindungen wie GSM für größere Distanzen sowie CALM IR für die Kurz- und Mittelstreckenkommunikation auf den Versuchsstrecken auf der Brenner- und Inntalautobahn hergestellt. Ausblick Die Infrastrukturbetreiber haben die Phase der Integration der einzelnen Elemente abgeschlossen und die Demonstrationen werden gerade durchgeführt. Die einzelnen Elemente bestehen aus der Roadsite Unit (RSU), dem Fahrzeug-Equipment Communication Gateway (CGW) und den Automotive PC (APC). Auf der Infrastrukturseite mussten die Servicecenter angepasst und mit dem TPEG en/ decoder versehen werden. Bei der Evaluation der Demonstrationsergebnisse dienen die umfangreich erhobenen Datenbestände dazu, die Wirkungen auf das Fahrverhalten und das Design der HMI abzuschätzen. Während der Einführungsphase sind Abschätzungen zu Risiken notwendig. Darüber hinaus führen die technischen Untersuchungen zu einer Fülle von Daten, aus denen Aussagen zu den einzelnen Komponenten und zum Gesamtsystem getroffen werden können. Dazu zählen vor allem die Ausfallsicherheit der Übertragungstechnik und des Datendurchsatzes sowie Fehlermeldungen in der Kommunikationskette. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind für den Infrastrukturbetreiber von grundlegender Bedeutung. Das Wissen um die Möglichkeiten und Grenzen eines solchen Systems dient im Anschluss den Infrastrukturbetreibern bei der Bestimmung zukünftiger Investitivom Fahrzeug an den Infrastrukturbetreiber gesandt werden. Ferner entstehen auch Kosten für den Infrastrukturbetreiber in umgekehrte Richtung. Diese Kosten sind bei GPRS abhängig von Datenumfang und Verbindungszeit. Darüber hinaus zeigt das digitale Radio (DAB − Digital Audio Broadcast) aufgrund seiner Verfügbarkeit in vielen Ländern und seiner mobilen Einsatzfähigkeit grundsätzliches Potenzial für die Verwendung in CO O PERS. Als Nachfolger des FM Radio wurde DAB bereits von Anfang an mit den notwendigen Spezifizierungen versehen, die einen vollständigen Ersatz des analogen Rundfunks erlauben. Durch die hohe Datenrate von DAB und die Möglichkeit eine Vielzahl von Protokollen zu versenden, würde es den Infrastrukturbetreibern erlauben, nur einen Teil der Kapazität in Anspruch zu nehmen, wodurch die Übertragungskosten deutlich gesenkt werden könnten. Der WLAN-Standard (Wireless Local Area Network) ist, wie der Name schon verrät, ein kabelloses lokales Netzwerk der Breitbandtechnologie und gehört zu der Familie der IEEE 802-Spezifizierung. O bwohl es diverse Aktivitäten gibt, WLAN für mobile Dienste zur Verfügung zu stellen, sind die derzeitigen Versionen nicht für den Einsatz in sich schnell bewegenden Fahrzeugen geeignet. Ansätze und Versuche existieren beispielsweise in den Forschungsprojekten Car2Car 1 oder Network on Wheels 2 , da diese Technologie bei den Fahrzeugherstellern auf großes Interesse stößt. Ebenfalls wurde der WiMAX-Standard (Worldwide Interoperability for Microwave Access) in die Medienanalyse einbezogen. WiMAX gehört aufgrund seiner technischen Spezifikation zu der IEEE 802-Familie − der kabellosen Breitbandtechnologie. Derzeitig existieren zwei relevante Versionen: ‘WiMAX fixed’ und ‘WiMAX mobile’. Für CO O PERS ist einzig die mobile Version von Interesse. Es wurde speziell für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt und ermöglicht einen problemlosen Datentransfer. Lediglich die Frequenzvergabe/ -nutzung ist problematisch, da diese an Provider vergeben sind, die eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen, die noch nicht mit den Anforderungen eines kooperativen Verkehrsmanagements übereinstimmen. Die Tabelle der Kommunikationsmedien (vgl. Abbildung 3) zeigt die Analyse anhand der Leistungsindikatoren hinsichtlich der Einsatzfähigkeit im Zusammenhang mit den verschiedenen Diensten. Während die grün markierten Felder theoretisch einen problemlosen Einsatz versprechen, sind die orange markierten Medien nur begrenzt einsetzbar. Im nächsten Schritt werden die ausgewählten Medien den Praxistest auf den verschiedenen Demonstrationsstrecken durchlaufen, um zu prüfen, ob selbst bei einer hohen Verkehrsstärke und hohen Geschwindigkeiten eine sichere und stabile Verbindung hergestellt werden kann. Für die Versuche wird zum einen das flächendeckend verfügbare und in Deutschland vorhandene DAB (Digital Summary Sensible road usage The negative impact of road traffic across Europe, showing growth rates of up to 50 per cent based on the 2005 results, is apparently in conflict with the EU white paper that proposes a halving of the number of fatalities by 2010. The general intention is for road traffic to evolve securely and efficiently, with due consideration for the environment, making use of the existing road network, while innovative technological features and methods are being devised. Cooperative systems are deemed best to cope with traffic growth in a secure and efficient way since they are based on the close linkage between road infrastructure facilities and vehicles. The intention is to make better use of the existing road infrastructure and possibly not proceed with new road building projects. The Europe-oriented research project CO O PERS is aimed at the development of innovative ways for, together with the integrating of, the application of telematics in order to close the existing gap between the choice in the support offered to drivers by the car manufacturing industry and the currently applicable management strategies in relation to road transport infrastructure. Infrastruktur + Verkehrspolitik 24 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Abb. 1: Entwicklung des M odernitätsgrads der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland 1980 -2007: bis 1990: nur alte Bundesländer; * Eisenbahn, S-Bahn: Verkehrswege und Umschlagsanlagen; ab 2005 ohne nichtbundeseigene Bahnen Q uelle: Bundesminister für Verkehr (Hrsg.): Verkehr in Zahlen 1991, S. 47; Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.): Verkehr in Zahlen 2008/ 2009, Seite 34f. sowie eigene Berechnungen Tobias Dennisen / Stephan Kritzinger / Stefan Rommerskirchen „ Infrastrukturbericht Verkehr“ Anforderungen und Konzept Als hochentwickelte Volkswirtschaft mit einer bedeutenden Außenwirtschaft ist Deutschland ganz besonders auf eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur angewiesen. Im Güterverkehr begünstigt die Bereitstellung von hochwertiger Verkehrsinfrastruktur den Warenaustausch, erweitert die Arbeitsteilung beziehungsweise Spezialisierung, ermöglicht die Erschließung neuer Märkte und führt zu einer verbesserten Güterverteilung. Ein modernes, leistungsfähiges und tendenziell immer sichereres Verkehrssystem gewährleistet der Bevölkerung eine große Mobilität, die sowohl Wohlstand sichert als auch selbst Ausdruck eines hohen Wohlstandes ist. D ie Autoren Tobias D ennisen, Wirtschaftsgeograph M.A., Dipl.-Geograph Stephan Kritzinger, Dr. rer. pol. Stefan Rommerskirchen, ProgTrans AG, Gerbergasse 4, CH-4001 Basel Zentrale Probleme der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland Die öffentliche Hand hat in der Vergangenheit hohe Aufwendungen für Ausbau und Unterhalt der Verkehrsinfrastruktur getätigt. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) betrug das reale Netto-Anlagevermögen 1 der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland im Jahre 2007 (zu Preisen des Jahres 2000) insgesamt rund 507 Mrd. EUR. Hiervon entfiel auf die Straßen (inklusive Brücken) ein Nettoanlagevermögen von ca. 316 Mrd. EUR, auf die Schienenwege (ohne NE-Bahnen) rund 87 Mrd. EUR. Die öffentlichen Verknüpfungsinfrastrukturen (Häfen, Flughäfen, Bahnhöfe und Bahnterminals) wiesen ein Nettoanlagevermögen von ca. 46 Mrd. EUR auf. 2 Zur Substanzerhaltung und zum Ausbau der gesamten Verkehrsinfrastruktur auf allen föderalen Ebenen wurden seit der Wiedervereinigung jährlich etwa 20 Mrd. EUR (in Preisen von 2000) eingesetzt, was jedoch den zeit- und nutzungsbedingten Wertverlust der Verkehrsinfrastruktur nicht ausgleichen konnte. 3 Die unzureichenden Investitionen in die Verkehrsinfrastrukturen spiegeln sich im Modernitätsgrad - als Verhältnis von Nettozu Bruttoanlagevermögen - wider, der insgesamt seit 1980 bis zum Jahr 2007 von 78 auf 67 Punkte gesunken ist (vgl. Abbildung 1). Hinter diesem Rückgang stehen zum Teil gegenläufige Entwicklungen: Während der Modernitätsgrad der Eisenbahnen (Verkehrswege und Umschlagsanlagen zusammen) bis 1991 um vier Punkte zurückging und danach bis 2007 um acht Punkte anstieg (1980: 62; 1991: 58; 2007: 66), sank der Wert für die Straßen kontinuierlich von 82 im Jahr 1980 um 15 Punkte auf 67 im Jahr 2007. Der abnehmende Modernitätsgrad für die Gesamtheit aller Verkehrwege und Umschlagsanlagen ist ein Alarmsignal. Gegenläufig zum abnehmenden Modernitätsgrad hat die Nachfrage nach Verkehrsleistungen in der Vergangenheit kontinuierlich zugenommen: So stieg die Personenverkehrsleistung von 1991 bis 2007 von 875 Mrd. Personenkilometer (Pkm) auf 1105 Mrd. Pkm, was einer Zunahme um gut ein Viertel beziehungsweise um jahresdurchschnittlich 1,5 % entspricht. Circa 80 % der Personenverkehrsleistung wird im motorisierten Individualverkehr erbracht, obwohl der Bahnverkehr von 1991 bis 2007 mit 2,1 % pro Jahr überdurchschnittlich zugenommen hat. Sehr viel stärker noch als die Personenverkehrsleistung wuchs die Verkehrsleistung im Güterverkehr; sie stieg in Summe aller Landverkehrsträger von 400 Mrd. Tonnenkilometer (tkm) im Jahr 1991 auf 663 Mrd. tkm im Jahr 2007, womit im Jahresdurchschnitt Wachstumsraten in Höhe von 3,2 % zu verzeichnen waren. O der anders ausgedrückt: Die Güterverkehrsleistung hat sich innerhalb von gut 15 Jahren um nahezu zwei Drittel des Ausgangswertes erhöht. Ein Großteil der Zunahme ist auch hier auf der Straße abgewickelt worden; sie bewältigt heute 70 % aller Güterverkehrsleistungen auf deutschen Verkehrswegen. Eine Folge der zunehmenden Verkehrsnachfrage bei mangelnden Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sind Kapazitätsengpässe, die sich im Straßennetz in Form von Staus niederschlagen. Für das Schweizer Autobahnnetz werden die Staumeldungen regelmäßig ausgewertet und in einer Staukarte dokumentiert (vgl. Abbildung 2); für Deutschland fehlen entsprechende Darstellungen. Infrastruktur + Verkehrspolitik 25 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Q ualität, aber kein Bericht über Planungen; einheitlicher Berichts- und Bewertungsrahmen; Informationen zum aktuellen Zustand und zu Veränderungen gegenüber den Vorjahren; angemessene räumliche Differenzierungen; regelmäßiger (zweijähriger) Berichtturnus; federführende Verantwortung beim Bund. Genereller Aufbau eines „Infrastrukturberichts Verkehr“ Für den „ Infrastrukturbericht Verkehr“ wird eine vierteilige Berichtsgliederung vorgeschlagen (vgl. Abbildung 3): Am Anfang finden sich die zentralen Informationen zum Infrastrukturinventar sowie zur Nutzung der Verkehrsinfrastruktur. Es handelt sich um eine Darstellung aktueller Bestandsgrössen, untergliedert nach den wichtigsten Merkmalen. dass die Infrastrukturberichterstattung eher ein Zufallsmosaik ist und nicht die Anforderungen eines nach einheitlichen Kriterien erarbeiteten Infrastrukturinventars erfüllt. Schwäche 4: Unterschiedliche Erscheinungstermine Viele Informationen sind zu wenig „ berechenbar“ , weil es keine geregelten Erscheinungstermine gibt. Sie sind auch zu wenig verbindlich, weil es letztlich keine koordinierende Gesamtverantwortung mit klarem „ Leistungsauftrag“ für einen Infrastrukturbericht gibt. Schwäche 5: Zu wenig Benutzerfreundlichkeit Viele Daten zur Verkehrsinfrastruktur sind zwar vorhanden, sind jedoch nicht aus einer Q uelle abrufbar. Wer sich als In der Sorge darum, dass sich die Q ualität der Infrastruktur insgesamt weiter verschlechtert und dies nicht hinreichend transparent und deswegen auch nicht angemessen gehandelt wird, haben Vertreter der Transport- und Verladenden Wirtschaft die Initiative ergriffen und im Sommer 2009 einen Diskussionsvorschlag für einen Infrastrukturbericht Verkehr erarbeiten lassen. 4 Hauptanliegen war, den maßgeblichen politischen Entscheidungsträgern in Deutschland, insbesondere auf den Gebieten der Verkehrs-, Wirtschafts- und Finanzpolitik, eine angemessene Grundlage für ihre Entscheidung zu geben. Der Infrastrukturbericht Verkehr braucht keine neuen Erhebungswellen auszulösen, da viele der benötigten Informationen heute bereits gesammelt werden. Aber ihre zielgerichtete Aufbereitung, um vom inputorientierten Zusammenzählen von Fakten zu einem output-orientierten Verdichten qualitätsorientierter Informationen zu gelangen und diese aus einer Hand benutzerfreundlich bereitzustellen, fehlt bislang. Hier gilt es also, einen guten Kompromiss zwischen überschaubarem Aufwand zur Datenerhebung, konzentrierter Informationsverdichtung und hohem Informationswert zu finden. Schwachstellen der bisherigen Verkehrsinfrastrukturberichterstattung Die bisherige Praxis der Verkehrsinfrastrukturberichterstattung hat - neben zahlreichen Stärken - auch einige Schwächen: Schwäche 1: Sektorale Berichterstattung Wir verfügen in Deutschland nicht über ein integrales Gesamtbild der Verkehrsinfrastrukturen. Mit integral ist hier vor allem gemeint: verkehrsträgerübergreifend - also für Schiene und Straße, Binnenwasserstraße und Luftverkehrswege; und unter Einbeziehung der Binnen-, See- und Flughäfen sowie der intermodalen Verknüpfungspunkte im Güterverkehr; baulastträgerübergreifend - womit die unterschiedlichen Verantwortungsebenen für Planung, Realisierung, Betrieb und Unterhalt von Verkehrsinfrastrukturen angesprochen sind. Schwäche 2: Inputanstelle von Output-Orientierung In heutigen Infrastrukturberichten sind keine oder zu wenig differenzierte Informationen zur Q ualität und zum Erhaltungszustand der dort behandelten Infrastrukturen zu finden. Im Vordergrund stehen Ausgaben, also „ Inputgrößen“ . Viel wichtiger sind Informationen, die Auskunft über den Wert bzw. Wertverlust der Verkehrsinfrastruktur als Vermögen des Staates geben. Schwäche 3: M angelnde Vergleichbarkeit und Systematik Es herrscht viel zu wenig Vergleichbarkeit und Systematik in der Berichterstattung über die Verkehrsinfrastruktur. Ein Eindruck ist, Politiker, als Vertreter der Verladenden Wirtschaft oder der Transportwirtschaft ein fundiertes Bild vom Zustand der Verkehrsinfrastrukturen verschaffen will, muss hierzu umfangreiche Recherche- und Auswertungsarbeiten vornehmen. Schwäche 6: Unterschiedliche oder fehlende Bewertungen Neben der Zustandserfassung enthalten die heute verfügbaren Publikationen teilweise auch Bewertungen zur Verkehrsinfrastruktur. Die derzeitige Schwäche besteht darin, dass Ansätze teilweise nur eingeschränkt nachvollziehbar sind und in den wenigsten Fällen verkehrsträgerübergreifend eingesetzt werden können. Anforderungen an einen „Infrastrukturbericht Verkehr“ Die Forderung nach einer systematischen und regelmäßigen Berichterstattung zur Verkehrsinfrastruktur in Deutschland entspringt der Sorge, dass der Verkehrsinfrastruktur nicht die Unterhalts-, Ersatz- und Ausbauinvestitionen zukommen, die - gemessen an ihrer Bedeutung für das Land und mit dem Ziel einer dauerhaften Substanzerhaltung - eigentlich erforderlich wären. Um diesen Bedarf belegen zu können, ist eine umfassende und verlässliche Inventarisierung aller existierenden Verkehrsinfrastrukturen mit vergleichbaren Bewertungen ihrer Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit erforderlich. Die aktuelle Form der Berichterstattung leistet dies allenfalls sektoral. Die Anforderungen an einen Infrastrukturbericht Verkehr ergeben sich aus den oben skizzierten Schwächen: integrale Berichterstattung über alle Verkehrsträger und Verknüpfungspunkte; Fakten zum Zustand, zur Nutzung und zu den Ausgaben; Bewertungen der Abb. 2: Staukarte 2007 für die Schweiz 26 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Infrastruktur + Verkehrspolitik Im zweiten Teil werden zu den letzten jahresbezogenen Angaben Zeitreiheninformationen hinzugefügt, damit längerfristige Trends sichtbar werden. Im dritten Teil werden für jede Verkehrsinfrastruktur Indikatoren zusammengestellt, aus denen sich die theoretische Leistungsfähigkeit, die Verfügbarkeit und die Nutzung ablesen lässt. Sofern der Berichterstattung Indikatoren zu Grunde gelegt werden, die für alle Verkehrsträger anwendbar sind, sind Bewertungen für jeden Verkehrsträger selbst, aber auch untereinander möglich. Den Abschluss bildet ein Erläuterungsteil künftiger Handlungsfelder der Verkehrspolitik sowie konkreter verkehrsinfrastruktureller Maßnahmen unter Einbeziehung der absehbaren Tendenzen bei der Verkehrsnachfrage. Diese Angaben stammen aus offiziellen Prognosen, die der Bund hat erstellen lassen. Berichtsumfang und -inhalte 1. Berichtsumfang bezüglich Verkehrsträgerinformationen Die Infrastrukturberichterstattung soll sich auf die in Deutschland vorhandenen Verkehrsinfrastruktureinrichtungen beziehen: 1.1 Verkehrsnetze Straßen des überörtlichen Verkehrs (einschließlich O rtsdurchfahrten) Schienenwege Schienenstrecken des öffentlichen Personennahverkehrs (z. B. U-Bahnen, Straßenbahnen, Hochbahnen) Binnenwasserstraßen 1.2 Verknüpfungsinfrastrukturen Verkehrsflughäfen Seehäfen Ö ffentliche/ öffentlich zugängliche Binnenhäfen Nicht enthalten sind folglich: Anlagen für den ruhenden Straßenverkehr Fuß- und Radwege Suprastruktur: Gebäude und Umschlagsanlagen (z. B. Kräne, Terminals in Häfen; Bahnhofsanlagen) Verkehrsnetze und -anlagen für rein private Nutzung (z. B. Werksbahnen, Anschlussgleise, private (Werks-)Binnenhäfen) oder innerhalb von Verkehrsanlagen (z. B. People Mover in Flughäfen) ausschließlich militärisch genutzte Verkehrsnetze und -anlagen Verkehrsmittel 2. Berichtsumfang bezüglich Baulastträger- und Infrastrukturbetreiberinformationen 2.1 Verkehrsnetze Bund mit nachgeordneten Verwaltungen (z. B. Straßenbauverwaltungen der Länder, Wasserschifffahrtsämter) Länder DB (Netz) und die NE-Bahnnetze mit Hafenbahnnetzen Nahverkehrsunternehmen mit Schienennetzen 2.2 Verknüpfungsinfrastrukturen Betreiber von Verkehrsflughäfen Betreiber von Binnenhäfen Betreiber von Seehäfen Nicht berichtspflichtig sind somit: Kommunen oder kommunale Verwaltungsverbände 3. Inventarisierungsinformationen 3.1 Verkehrsnetze Länge nach Infrastrukturmerkmalen/ Ausstattung (Beispiele: Länge des Straßennetzes nach Anzahl der Fahrstreifen, Länge des Eisenbahnnetzes nach Anzahl der Gleise, Elektrifizierung, Haupt-/ Nebenbahn) Anzahl und Ausstattung von einzelnen Netzelementen (Beispiele: Anzahl und Ausstattung von Brücken, Tunnels; Anzahl der Weichen, Rangierbahnhöfe; Anzahl und Merkmale von Schleusen; Einrichtungen der Flugsicherung) 3.2 Verknüpfungsinfrastrukturen Anzahl der Anlagen/ Einrichtungen nach Leistungs-/ Ausstattungsmerkmalen (Beispiele: Anzahl der Verkehrsflughäfen nach infrastrukturellen Eigenschaften; Anzahl der Häfen, Seehäfen, Bahnhöfe; Tarifpunkte nach geeigneten Merkmalen) 4. Nutzungsinformationen (= Verkehrsnachfrage) Zur Beurteilung der tatsächlichen Inanspruchnahme der Infrastruktur soll der Infrastrukturbericht Verkehr wesentliche Daten zur Entwicklung der Verkehrsnachfrage (insbesondere Verkehrsaufkommen, Verkehrsleistungen, Fahrbzw. Betriebsleistungen sowie Umschlagsmengen) dokumentieren, auch wenn diese Daten an anderen Stellen publiziert werden (z. B. in „ Verkehr in Zahlen“ ). Der Bericht soll prognostische Aussagen nur aufnehmen, wenn sie Grundlage für Investitionsentscheidungen der Verkehrsinfrastrukturbetreiber sind und somit einen „ offiziellen Charakter“ haben. Aufgabe der Erstellung des Infrastrukturberichts Verkehr ist es nicht, vorhandene Prognosen zu aktualisieren oder neue zu erstellen. Die wichtigsten Kenngrößen der Nachfrage sind: Verkehrsmengen in Verknüpfungsinfrastrukturen - im Personenverkehr: Anzahl der Passagiere an Flughäfen und in Seehäfen, Anzahl der Reisenden in Bahnhöfen; - im Güterverkehr: Ladungsgewicht der umgeschlagenen Güter in Tonnen bzw. TEU (Containerverkehr) als Umschlag in Binnen- und Seehäfen; in Tonnen als Umschlag in Flughäfen (Luftfracht). Verkehrsleistungsdaten zu Verkehrsnetzen - im Personenverkehr: Pkm; - im Güterverkehr: tkm. Fahrzeuge: Anzahl Kraftfahrzeuge; Anzahl Züge; Anzahl Schiffe; Anzahl Flugzeuge Fahr- und Betriebsleistungsdaten der Fahrzeuge - im Personenverkehr: Pkw-km; Buskm; Zug-km; öffentlicher Nahverkehr (z. B. U-Bahn-km); Flugzeug-km; - im Güterverkehr: Lkw-km; Zug-km; Schiffs-km. M aßstäblichkeit Zur Maßstäblichkeit der Merkmalserfassung und -darstellung im Infrastrukturbericht Verkehr sind zwei Ebenen zu unterscheiden: Bundesgebietsebene: aggregierte Inventarisierung und Zustandsbeschreibungen, die auf Bundesebene Indikatoren für die politische Zielsetzung und Steuerung bereitstellen; Beispiele: Länge des Straßennetzes (Inventar); Nettoanlagevermögen der Eisenbahnen; Leistungsfähigkeit aller Seehäfen; O bjekt-/ Anlageebene: zur Verdeutlichung räumlicher Engpässe mit Auswir- Abb. 3: Gliederungsvorschlag zum Infrastrukturbericht Verkehr Staufreies Hessen 2015 Strategien in Bewegung 22. April 2010 in Frankfurt am Main Einladung zum internationalen Forum für intelligente Mobilitätstechnologien Anmelden unter: www.staufreieshessen2015.de Hessisches Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen Unsere Kompetenz Ihre Mobilität Infrastruktur + Verkehrspolitik 28 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 frastruktur in Deutschland teilweise nur unzureichende oder schwer zugängliche Informationen bereit, um den aktuellen Zustand und den daraus resultierenden Unterhalt, Ersatz und Ausbau der deutschen Verkehrsinfrastrukturen vergleichend darzustellen. Dies ist in einer stark arbeitsteiligen Volkswirtschaft mit einer sehr mobilen Bevölkerung aber unverzichtbar. Der vorgestellte Diskussionsvorschlag soll, wie dies aus dem Titel ersichtlich wird, ein erstes Konzept einer bedarfsgerechten und aussagekräftigen Infrastrukturberichterstattung aufzeigen. Das letztliche Ziel eines solchen Berichts - mit dieser Intention ist der Diskussionsvorschlag erarbeitet worden - besteht darin, die Q ualität der deutschen Verkehrsinfrastruktur, dem integralen Ansatz folgend, mindestens zu sichern und nach Möglichkeit zu stärken. 1 Das Netto-Anlagevermögen ergibt sich aus dem Brutto-Anlagevermögen durch Abzug der Abschreibungen. Während das Brutto-Anlagevermögen den Wiederbeschaffungswert der Infrastruktur quantifiziert, bringt das Netto-Anlagevermögen den Zeitwert zum Ausdruck. 2 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Verkehr in Zahlen 2008/ 2009; Berlin 2008, S. 35. 3 Vgl. ebenda, S. 33. 4 Vgl. ProgTrans: Diskussionsvorschlag: Infrastrukturbericht Verkehr; Untersuchung im Auftrag des BDI e.V., von Pro Mobilität e.V., des BBS e.V., der Deutschen Bauindustrie, des VDA e.V., des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland e.V., des ADV e.V., des BÖ B e.V., des ZDS und des VDV e.V.; Basel, September 2009. gerübergreifende Vergleiche angestellt werden. Baulicher Zustand (Erhaltungszustand): Unabhängig vom Modernitätsgrad und dem Alter einer Verkehrsinfrastruktur lässt sich auch der bauliche Zustand erfassen und bewerten. Allerdings setzt dies eine periodische Überprüfung der Verkehrsinfrastrukturen voraus, was erfahrungsgemäß recht aufwändig sein kann. Indikator 3: Betriebseinschränkungen: effektive Verfügbarkeit Der dritte Indikator setzt bei der technischen Leistungsfähigkeit der Verkehrsinfrastruktur an und bringt die Ausfallzeiten in Abzug. Hieraus ergibt sich die tatsächliche Verfügbarkeit bzw. effektive Kapazität. Der Umfang von Ausfallzeiten oder der Verfügbarkeit ist ein Indiz für die Leistungseinschränkungen unabhängig von der Nachfrage. Ausfallzeiten ergeben sich aus Nicht- Verfügbarkeiten, z. B. infolge von Bau- oder Unterhaltsarbeiten und damit verbundenen zeitweisen Streckensperrungen, Betriebsverboten (Nachtflugverbot, Lkw-Fahrverbot an Wochenenden) oder wetterbedingten Einschränkungen wie Schnee, Hoch- oder Niedrigwasser bei der Schifffahrt oder Sturm. Indikator 4: Nutzungsintensität/ Nutzungsgrad Der vierte Indikator bezieht sich auf die verfügbare Infrastruktur (Indikator 3) und setzt sie ins Verhältnis zur tatsächlichen Nachfrage. Mit diesem Vergleich können Aussagen zur tatsächlichen Inanspruchnahme der Verkehrsinfrastruktur getroffen werden mit entsprechenden Hinweisen auf Kapazitätsreserven oder Überlastungen (z. B. Informationen zu Anzahl und Länge von Staus). Nutzungsintensitäten sollten zweckmäßigerweise auf O bjekt-/ Anlageebene oder Teilstrecken ausgewiesen werden. Periodizität und Verbreitung Der Infrastrukturbericht sollte in regelmäßigen Abständen von zwei Jahren erscheinen. Im Vergleich zum Bundesverkehrswegeplan, zu Wegekostenberechnungen oder anderen Publikationen würden somit die bisherigen Aktualisierungszeiträume deutlich verkürzt. Ein nicht zu vernachlässigender Anspruch einer Infrastrukturberichterstattung sollte ihre Zugänglichkeit für eine breite Ö ffentlichkeit sein. Um dies zu gewährleisten, ist es sinnvoll, diesen Bericht oder die resultierenden Informationen im Internet frei verfügbar zu machen. Vorstellbar wäre es zudem, die Informationen in frei wählbarer Dichte anzubieten. Das heißt, dass der Interessent innerhalb einer Menüoberfläche die Auswahl zwischen z. B. Verkehrsträger, Netzstufe, Indikator und Messgröße treffen kann und sich nur die für ihn interessanten Informationen zusammenstellt. Resümee Wie gezeigt werden konnte, hält das derzeitige Berichtswesen zur Verkehrsinkungen auf das Gesamtnetz (z. B. Straßen nach Streckenabschnitten; einzelne Häfen; Eisenbahnstrecken, Streckenabschnitte; Flughäfen). Bewertung des Infrastrukturzustands Um den Zustand der Verkehrsinfrastruktur bewerten zu können, werden insgesamt vier Indikatoren vorgeschlagen. Die Indikatoren bauen auf einander auf und eignen sich grundsätzlich für eine Zeitreihenbetrachtung des jeweiligen Verkehrsträgers sowie eine verkehrsträgerübergreifende Bewertung. Alle Indikatoren werden bereits verwendet, jedoch bislang nicht auf alle Verkehrsinfrastrukturelemente angewendet. Indikator 1: Theoretische Kapazität/ Leistungsfähigkeit Die theoretische Kapazität bzw. Leistungsfähigkeit wird mit den wesentlichen Ausstattungsmerkmalen der betrachteten Infrastruktur beschrieben. Dies sind Längen- und Mengenangaben, verknüpft mit Größen- und Leistungsmerkmalen. Die ser Indikator b e schreibt in rein statisch er Form die „ Ne nnleistung“ (also die „ Brutto-Ang e botsme ng e “ ) d er Verke hrsinfra struktur. Da s führt zu ein er Art Inve ntar (wie z. B. d a s Infra strukturkata ster d er De utsch e n Ba hn AG), a b er noch ohn e Be zug zur tatsächlich e n In a n spruchn a hme . Indikator 2: Baulicher Zustand: technische Verfügbarkeit Der zweite Indikator befasst sich mit dem aktuellen Erhaltungszustand der Verkehrsinfrastruktur aufgrund ihrer (Ab)Nutzung, aus dem sich erste Rückschlüsse auf die tatsächliche (effektive) Leistungsfähigkeit ziehen lassen. Es handelt sich dabei um eine Mischung von Fakten (z. B. Abnutzung eines Gleises in Millimeter oder Anzahl von Straßendeckenlöchern je Q uadratmeter) und Bewertungen (indem die Frage beantwortet wird, was die Fakten für die Q ualität der Nutzung, den „ level of service“ , bedeuten). Für die Beurteilung der technischen Verfügbarkeit (Leistungsfähigkeit) aufgrund des Erhaltungszustands bieten sich grundsätzlich drei Möglichkeiten an: Modernitätsgrad (Vermögenswert): Der Modernitätsgrad ist der Q uotient aus dem Nettoanlagevermögen (Zeitwert) der betrachteten Verkehrsinfrastruktur und der Summe der getätigten Bruttoinvestitionen (Bruttoanlagevermögen). Sind diese Informationen zu jeweiligen („ laufenden“ ) Preisen angegeben, handelt es sich um Anschaffungswerte; sind sie um Preisänderungen bereinigt (also zu „ konstanten Preisen“ ausgewiesen), handelt es sich um Wiederbeschaffungswerte des Jahres, für den der Preisstand gilt. Alter: Das über alle Komponenten gemittelte Alter der Verkehrsinfrastruktur beschreibt deren durchschnittliche Einsatzzeit. Mit Altersangaben können Zeitreihenbetrachtungen und verkehrsträ- Summary Report about Germany’s transport infrastructure O ur future transport policy is facing one of its great challenges in the form of transport infrastructure project financing. This relates not only to large scale expansion projects - presumably ever fewer in number - but also to the maintenance of existing facilities. In order to optimize the proper use of the limited resources at hand, it is essential to have a comprehensive and purposeful overview of the present-day transport infrastructure facilities and especially of the effectiveness of the current state they are in. This is to be achieved with the help of a report focused on Germany’s transport infrastructure, whose usefulness will be proven in this article together with a presentation of inherent benefits. Aus der Europäischen Union 29 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer ist kein Phrasendrescher. Das stellte er eindrucksvoll beim informellen Verkehrsministerrat in La Coruña unter Beweis. O hne lange Umschweife sagte er dem frischgebackenen Verkehrskommissar Siim Kallas, was Deutschland von der EU-Verkehrspolitik erwartet oder besser gesagt nicht erwartet. Im Bereich der Seesicherheit bestehe für die Europäische Union keine Notwendigkeit, neue Gesetzesinitiativen zu unterbreiten. „ Neue Initiativen müssen unbedingt von Kosten-Nutzen-Analysen abhängig gemacht werden, um den Mehrwert sicherzustellen“ , erklärte Ramsauer. Deutschland will vor allem Maßnahmen verhindern, die den bürokratischen Aufwand erhöhen und Mehrkosten verursachen. Das waren klare Worte. Ramsauer war aber nicht gut beraten, diese Worte Kallas bei einer ersten gemeinsamen Konferenz zu präsentieren. Diplomatie sieht anders aus. Kallas’ Umfeld reagierte in jedem Fall mit Unverständnis. Der forsche Auftritt könne das Verhältnis zwischen dem Kommissar und Deutschland nachhaltig stören, hieß es inoffiziell. Kallas selbst nahm es − zumindest nach außen − gelassen. Der Este weiß, dass sich spätestens bei neuen Vorfällen wie dem Untergang des Tankers „ Erika“ die Blicke nach Brüssel richten. Und dafür will er gewappnet sein. Daran dürfte auch Ramsauers Auftritt nichts ändern. Derweil lässt der neue Bundesverkehrsminister aus Bayern auf europäischer Ebene keine Gelegenheit aus, sich gegen einen Bürokratieaufbau aus Brüssel auszusprechen. Ramsauers Schlagwort heißt Subsidiarität. Ein weiteres Beispiel ist der in La Coruña diskutierte EU-Aktionsplan zum Stadtverkehr. Für Deutschland kündigte Ramsauer an, dass im Rahmen von Umweltzonen erlassene Fahrverbote gelockert werden sollen, wenn die Einschränkungen in keinem vernünftigen Verhältnis zur erzielten Feinstaubreduzierung stehen. „ Die vielen einzelnen Regelungen in Deutschland werden harmonisiert und Ausnahmeregelungen bundesweit vereinheitlicht“ , erklärte Ramsauer. Eine City-Maut und generelle innerstädtische Fahrverbote lehne Deutschland ab, so Ramsauer. Die Kosten für eine Mauterhebung wären enorm und ökonomisch nicht zu rechtfertigen. Ramsauer bricht eine Lanze für Subsidiarität in der EU Aus dem EU-Aktionsplan zum Stadtverkehr dürfen keine legislativen Anforderungen entstehen „ Um unsere Wirtschaft vor Benachteiligungen im internationalen Wettbewerb zu schützen, wollen wir keine nationalen Alleingänge“ , unterstrich Ramsauer. Die Regeln in Europa müssten als Rahmen einheitlich sein. Die Ausgestaltung sei jedoch nationale Kompetenz, betonte er. Bei der Einrichtung von Umweltzonen müsse auf die Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit geachtet werden. Aus dem geplanten EU- Aktionsplan „ Urbane Mobilität“ könnten die Mitgliedstaaten sicherlich positive Inhalte für die eigenen nationalen Entscheidungen ableiten, so Ramsauer. Die kommunale Struktur sei jedoch zu unterschiedlich in Europa. Deshalb lehnt Ramsauer legislative Initiativen seitens der Europäischen Union ab. „ Urbane Mobilität muss in nationaler Verantwortung bleiben“ , erklärte Ramsauer. Aus dem EU-Aktionsplan dürften keine legislativen Anforderungen an die Mitgliedstaaten entstehen. Dieser könne schließlich nur ein Empfehlungsrahmen sein. Die Rechnung Ramsauers kann aber nur aufgehen, wenn die lokalen, regionalen und nationalen Entscheidungsträger auch wirklich über koordinierte Initiativen die Verkehrsprobleme wie Lärm, Luftverschmutzung oder Staus in den Städten und Ballungsgebieten in den Griff bekommen - und zwar ohne dass es zu einer Diskriminierung und Wettbewerbsverzerrungen zu ungunsten ausländischer Transportunternehmen kommt. Ansonsten hätte die von Ramsauer beschworene Subsidiarität versagt, und die viel gescholtene Europäische Union wäre als ordnende und koordinierende Instanz förmlich auf den Plan gerufen. Christian Dahm, EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Logistik- Zeitung in Brüssel Neue EU- Kommissare EU-Verkehrskommissar Siim Kallas kann nun die Arbeit aufnehmen. Das Europäische Parlament sprach der neuen EU- Kommission unter Präsident José Manuel Barroso mit 488 gegen 137 Stimmen bei 72 Enthaltungen das Vertrauen aus. So wird Kallas in Fragen der Seeschifffahrt künftig eng mit der Griechin Maria Damanaki zusammenarbeiten, die für Maritime Angelegenheiten und Fischerei zuständig ist. Aufgewertet wurde das Umweltressort innerhalb der EU-Behörde durch die Ernennung der Dänin Connie Hedegard als eigenständige Kommissarin für Klimaschutz. Zuständig für Staatsbeihilfen im Transport ist künftig nicht mehr der Verkehrs-, sondern der Wettbewerbskommissar. Für dieses Amt wurde der Spanier Joaquin Almunia bestimmt. Die Postliberalisierung fällt in den Aufgabenbereich von Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Kallas’ Vorgänger Antonio Tajani übernimmt das Ressort Industriepolitik und ist damit insbesondere für die Eurostandards von Lkw verantwortlich. Außerdem behält der Italiener die Kompetenz über das europäische Satellitennavigationssystem Galileo. Neuer Umweltkommissar ist der Slowene Janez Potocnik, der sich unter anderem um die CO 2 - Grenzwerte von Kraftfahrzeugen kümmert. Der Litauer Algirdas Semeta übernimmt das Ressort für Steuern und Zollunion. Der ehemalige Ministerpräsident Baden-Württembergs, Günther O ettinger, ist für Energie zuständig. Die Amtszeit der neuen Kommission beträgt fünf Jahre. Europäisches Parlament hat neue EU-Kommission bestätigt Infrastruktur + Verkehrspolitik 30 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Ivan Cˇadež / Jochen Harding / Heribert Bodarwé Verfügbarkeits- und leistungsabhängige Vergütungsparameter Kategorisierung der Vergütungsparameter und Empfehlungen zu deren Ausgestaltung Im Folgenden wird die Bandbreite der Vergütungsparameter in Konzessionsverträgen bei internationalen PPP-Straßen-Verfügbarkeitsprojekten systematisch dargestellt. 1 Diese werden in verfügbarkeitsabhängige und leistungsabhängige Vergütungsparameter unterteilt 2 und anschließend anhand eines Vergleichs von sechs internationalen PPP-Straßenprojekten analysiert. Weiterhin werden Empfehlungen zur wirtschaftlichen und betrieblich sinnvollen Ausgestaltung der Vergütungsparameter unterbreitet. D ie Autoren Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Ivan Cˇadež, Lehrstuhl Immobilienwirtschaft und Bauorganisation, TU Dortmund, August-Schmidt-Str. 8, 44227 Dortmund, ivan.cadez@tu-dortmund.de; Dr.-Ing. Jochen Harding, TÜV Rheinland Inter- Traffic GmbH, Am Grauen Stein, 51105 Köln, jochen.harding@de.tuv.com; Dr.-Ing. Heribert Bodarwé, HO CHTIEF PPP Solutions GmbH, Alfredstr. 236, 45133 Essen, heribert.bodarwe@hochtief.de F ür den deutschen PPP-Markt ist dieses Thema von besonderer Bedeutung, da die öffentliche Hand als Konzessionsgeber beispielsweise das A-Modell A9 in Thüringen zuletzt als Verfügbarkeitsmodell ausgeschrieben hat und dieser Ansatz aktuell auch bei Bundesfernsowie bei Kommunal- und Landstraßen diskutiert wird. 3 Der Konzessionsgeber legt die Ausschreibungsbedingungen und das Vergabeverfahren fest und ist unter anderem für die wirtschaftliche Projektdurchführung, Risikoverteilung und die Erfüllung der politischen und ökologischen Ziele bei der Durchführung der PPP-Straßenprojekte verantwortlich. Der Konzessionsnehmer muss die Vorgaben umsetzen, in dem er diese analysiert, in Prozesse umwandelt, modelliert, kalkuliert und die Chancen und Risiken bewertet. Die Besonderheit bei den in Deutschland und auch auf dem internationalen PPP-Infrastrukturmarkt angewandten Verfügbarkeitsmodellen ist, dass der Konzessionsgeber das Verkehrserlösrisiko im Wesentlichen übernimmt und stattdessen den Konzessionsnehmer in Abhängigkeit vom erreichten Betriebsstandard (Service Level) bezüglich der Verfügbarkeit der Fahrbahn nach bestimmten im Konzessionsvertrag festgelegten Kriterien abzüglich Strafzahlungen (Malus) 4 vergütet. Die Höhe der Gesamtvergütung des Konzessionsnehmers hängt entweder vollständig oder teilweise von der Erfüllung der verfügbarkeitsabhängigen und leistungsabhängigen Vergütungsparameter ab. Weiterhin können beispielsweise auch das Sicherheitsniveau der Konzessionsstrecke, Erreichung von vertraglich definierten Verkehrskapazitäten 5 oderHöhe und Art desVerkehrsaufkommens bezüglich Erhaltungsarbeiten eine Rolle spielen. Die Höhe der Gesamtvergütung wird vom Konzessionsgeber häufig in komplexen Gleichungen festgelegt. Im Folgenden werden die verfügbarkeitsabhängigen und leistungsabhängigen Vergütungsparameter systematisch aufgezeigt und analysiert. M erkmale verfügbarkeitsabhängiger Vergütungsparameter Bei den verfügbarkeitsabhängigen Vergütungsparametern spielen insbesondere die Abzüge für nicht vorhandene, beziehungsweise die nicht vertragsgerechte Bereitstellung der Verfügbarkeit der Konzessionsstrecke die entscheidende Rolle. Zu unterscheiden ist dabei in folgende drei Vergütungsgrößen, die in der Praxis sowohl als Variation und/ oder als Kombination auftreten: Länge und Lage der Verfügbarkeitseinschränkung; Bei der Bewertung lassen sich die zwei Grundkonzepte „ Reallängenkonzept“ und „ Abschnittskonzept“ unterscheiden. Beim Reallängenkonzept werden die Abzüge für Nichtverfügbarkeit proportional zu der aufgetretenen Länge der Verfügbarkeitseinschränkung bestimmt. Dies ist meistens unabhängig von der spezifischen Lage der Verfügbarkeitseinschränkung. Beim Abschnittskonzept wird die Existenz einer Verfügbarkeitseinschränkung auf einem vertraglich bestimmten Abschnitt der Konzessionsstrecke bewertet. Die tatsächliche Länge der Verfügbarkeitseinschränkung ist dabei nicht von Bedeutung. Die Unterteilung der Konzessionsstrecke in Abschnitte orientiert sich zumeist an Anschlussstellen oder Ingenieurbauwerken (beispielsweise Tunnel oder Brücken). Jedem dieser Abschnitte wird ein Gewichtungsfaktor zugewiesen, der sich an der Länge des Abschnittes bezogen auf die Gesamtlänge der Konzessionsstrecke oder der besonderen Bedeutung des Abschnittes für das Verkehrsnetz beziehungsweise die Konzessionsstrecke richtet. So können beispielsweise besonders wichtigen und verkehrsreichen Abschnitten höhere Gewichtungsfaktoren zugeordnet werden als Streckenabschnitten mit geringerem Verkehrsaufkommen (Lage). Ein we sentliche s Merkmal beim Abschnittskonzept ist, da ss für die Beurteilung der Verfügbarkeit eine s Abschnitte s nur die Engpa ssstelle mit der höchsten Verfügbarkeitseinschränkung herangezogen wird. Die se Bewertung ist somit unabhängig von der Länge der jeweiligen Verfügbarkeitseinschränkung und auch von der Anzahl der Verfügbarkeitseinschränkungen in einem Abschnitt der Konze ssionsstrecke. Dauer und Zeitpunkt der Verfügbarkeitseinschränkung; Die Dauer von Verfügbarkeitseinschränkungen während der Konzessionszeit wird über Zeitintervalle bestimmt. Diese Zeitintervalle haben je nach Projekt eine konstante Dauer von beispielsweise 15 Minuten, einer Stunde oder auch einem Tag. Die Dauer der Verfügbarkeitseinschränkung wird über die Anzahl der betroffenen Zeitintervalle bestimmt. Der Zeitpunkt einer Verfügbarkeitseinschränkung wird mit Hilfe eines Zeitwertfaktors bewertet. Die Bewertung des Zeitwertfaktors folgt dabei meist der Ganglinie des Verkehrsaufkommens. Dies bedeutet, dass Zeitintervalle mit hohem Verkehrsaufkommen hohe Zeitwertfaktoren und Zeitintervalle mit niedrigem Verkehrsaufkommen niedrige Zeitwertfaktoren erhalten. Dadurch wird ein Anreiz beim Konzessionsnehmer geschaffen, die Verfügbarkeitseinschränkungen zu bestimmten Zeiten am Tag, an festgelegten Wochentagen, in bestimmten Wochen oder Monaten im Jahr niedrig zu halten. Die Verteilung der Zeitwertfaktoren kann auch für die Abschnitte der Konzessionsstrecke unterschiedlich festgelegt werden. Infrastruktur + Verkehrspolitik 31 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Betroffener Q uerschnitt bei der Verfügbarkeitseinschränkung; Als dritte Vergütungsgröße ist das Maß der Verfügbarkeitseinschränkung bezogen auf den Q uerschnitt zu berücksichtigen. Der Konzessionsgeber definiert bereits in der Angebotsphase eines PPP-Straßenprojektes einen Katalog von Verfügbarkeitseinschränkungen, die eine Reduzierung des Straßenquerschnittes und eine damit einhergehende Bewertung bzw. Reduzierung der Vergütung bewirken. Dabei haben die Verfügbarkeitseinschränkungen für jeden Fahrstreifen und die Richtungsfahrbahn entweder dieselbe oder eine unterschiedliche Bewertung (beispielsweise wird der linke Fahrstreifen höher bewertet als der rechte). Die drei vorgestellten Vergütungsgrößen Länge und Lage der Verfügbarkeitseinschränkung, Dauer und Zeitpunkt der Verfügbarkeitseinschränkung sowie betroffener Q uerschnitt bei der Verfügbarkeitseinschränkung fließen in eine Gleichung zur Ermittlung der vertraglichen Vergütung des Konzessionsnehmers ein; dabei sind zwei Methoden zu unterscheiden. Bei der „ Absolutwertmethode“ wird den Verfügbarkeitseinschränkungen ein definierter Punktewert oder Betrag in einer Währungseinheit zugeordnet. Dieser Betrag ist als eine in Erlösen bewertete Minderleistung oder als eine Strafzahlung zu betrachten und wird üblicherweise von der anstehenden Verfügbarkeitsvergütung an den Konzessionsnehmer abgezogen. Die Sperrung eines Fahrstreifens einer zweistreifigen Richtungsfahrbahn kann beispielsweise mit 1500 Strafpunkten oder 5000 EUR bewertet werden. Dem gegenüber steht die „ Relativwertmethode“ , bei der die Verfügbarkeitseinschränkung im Verhältnis zur Gesamtverfügbarkeit des betroffenen Abschnitts (in Prozent) angegeben wird. Die Sperrung eines Fahrstreifens einer zweistreifigen Richtungsfahrbahn wird in diesem Fall beispielsweise mit dem Faktor 0,5 bewertet, was einer Verfügbarkeit von 50 % des Q uerschnittes entspricht. Die daraus resultierende verringerte Vergütung wird im Verhältnis zu der jeweils projektspezifisch festgelegten Gesamt-Verfügbarkeitszahlung für den betroffenen Abschnitt in der betroffenen Zeit ermittelt. M erkmale leistungsabhängiger Vergütungsparameter Neben den verfügbarkeitsabhängigen sind auch die leistungsabhängigen Vergütungsparameter zu berücksichtigen. Bei PPP-Straßenprojekten wird ein vertraglicher Mindeststandard („ Service Level“ ) für die vereinbarten Leistungsbereiche definiert. Wird dieser Mindeststandard vom Konzessionsnehmer nicht erreicht, wird die Vergütung um den jeweils definierten Betrag (Strafzahlung oder Malus) reduziert. Ein Bonus im Fall einer Übererfüllung der Anforderungen ist in den betrachteten Beispielprojekten nicht vorgesehen. Mindeststandards sind für folgende Bereiche definiert: Reguläre Betriebsdienstleistungen (z. B. Winterdienst oder Sofortmaßnahmen am Straßenkörper); Technische Verfügbarkeit (z. B. Fahrbahnbeschaffenheit, Funktionalität technischer Systeme wie Maut- und Verkehrsleitsysteme oder Tunnellüftung und -beleuchtung); Q M-Anforderungen (z. B. Kontrolle/ Überwachung der Konzessionsstrecke („ Monitoring“ ) und Berichtswesen). Die Strafzahlung aufgrund des Unterschreitens des Mindeststandards ist entweder einmalig für das Auftreten oder pro Zeiteinheit für die Dauer einer Minderleistung zu berücksichtigen. Hervorzuheben ist, dass die Leistungsanforderungen, an die diese Straf- oder Maluszahlungen gekoppelt sind, an Fristen zur Arbeitsaufnahme, zur Fertigstellung beziehungsweise Behebung eines Vorgangs (Störung) oder sowohl an den Beginn als auch an die Beendigung des Vorgangs gebunden sein können. Ist die Frist lediglich an den Beginn eines Vorgangs gebunden, so wird dem Konzessionsnehmer zumeist eine Reaktionszeit („ reaction time“ ) eingeräumt. In dem Fall kommt es nur zu einer Strafzahlung, wenn diese Reaktionszeit nicht eingehalten wird. Meist wird die Leistungsanforderung jedoch ergebnisorientiert (output-orientiert) angegeben. Dann entspricht die vertraglich vorgesehene Behebungszeit der Frist („ rectification time“ ), die dem Konzessionär eingeräumt wird, die entsprechende Leistung zu erbringen, bevor die Strafzahlung anfällt. Je nach Leistungsanforderung kann die eingeräumte Behebungszeit auch Null sein. Dies gilt insbesondere für Q M-Anforderungen (beispielsweise für die Einreichung des Monatsberichts). Eine Nichteinhaltung der Behebungszeit führt dann zu den im Vertrag vorgesehenen Strafzahlungen. Da die Leistungsanforderungen und Fristen bereits innerhalb eines Projektes sehr unterschiedlich sind, wird der leistungsabhängige Teil der Vergütung im Allgemeinen nicht in Form einer Gleichung, sondern als Leistungskatalog mit zugehörigen Strafzahlungen dargestellt. Nach der Beschreibung der verfügbarkeitsabhängigen und leistungsabhängigen Vergütungsparameter wird im Folgenden anhand von aktuellen Beispielen die Bandbreite der Vergütungsparameter erläutert. Beschreibung der untersuchten Projekte und Bandbreiten der Vergütungsparameter Die im Rahmen dieses Beitrages untersuchten Projekte sind zusammenfassend in Tabelle 1 dargestellt. Dabei werden sechs internationale PPP-Straßenprojekte aus unterschiedlichen Ländern analysiert, die in den letzten vier Jahren ausgeschrieben oder vergeben wurden. Die Länge der Konzessionsstrecke variiert zwischen 2,4 und 78,2 km. Die vier auf dem Abschnittskonzept basierenden Projekte sind in fünf bis 30 Teilabschnitte mit Abschnittslängen zwischen 0,9 und 11,3 km unterteilt. 6 Darstellung wesentlicher Ergebnisse Aus den sechs Ausschreibungen sind im Folgenden die wesentlichen vertraglichen Anforderungen an die Vergütungsparameter zusammengetragen. In Tabelle 2 ist die Bandbreite der Ergebnisse für die verfügbarkeitsabhängigen Vergütungsparameter dargestellt. 7 Bei vier von sechs Projekten wird das Abschnittskonzept und bei den beiden anderen Projekten das Reallängenkonzept gewählt. Die Dauer der Verfügbarkeitseinschränkung in den sechs Projekten beträgt 1 x 0,25 Std., 3 x 1,0 Std., 1 x 2,0 Std. und 1 x 24,0 Std. Die Zeitwertfaktoren sind in fünf der sechs Projekte jeweils für die drei Klassen Spitzen-, Normal- und Nachtstunden definiert. Dabei werden die Zeitwertfaktoren der Spitzenstunden 5bis 15-mal höher als die der Nachtstunden, die der Normalstunden 2,5bis 5-mal höher als die der Nachtstunden und die der Spitzenstunden 1,67bis 3-mal höher als die der Normalstunden bewertet. Bei einem Projekt ist keine Unterteilung der Tageszeit vorgesehen. Die Absolutwert- und Relativwertmethode wird bei jeweils drei Projekten angewendet. Unabhängig von der Wahl der Absolutwert- und Relativwertmethode existiert bei drei Projekten eine kurze Auflistung mit zwei bis sieben Verfügbarkeitseinschränkungen. Dagegen wird bei den anderen drei Projekten eine ausführliche Auflistung mit 18 bis 32 Tab. 1: Darstellung der wesentlichen Parameter PPP- Projekt Vertraglicher Status Länge Anzahl Teilabschnitte Länge der Teilabschnitte P1 D1, Slowakei BAFO 2009 30,1 km 8 5,4 - 11,3 km P2 Ypsilon (Wien), Ö sterreich FC 2006 51,0 km 30 0,9 - 6,9 km P3 Senite, Litauen ITT 2009 24,6 km - - P4 M6 Phase II, Ungarn FC 2007 78,2 km - - P5 Golden Ears Bridge, Kanada FC 2006* 13,3 km 5 Nicht bekannt P6 O rlowski Tunnel, Russland ITT 2008 2,4 km 8 Nicht bekannt BAFO = Best And Final O ffer FC = Financial Close (Abschluss der Finanzierungsverträge) ITT = Invitation To Tender (Ausschreibungsunterlagen) * Basis für die Analyse in diesem Beitrag ist der Entwurf des Konzessionsvertrages. Infrastruktur + Verkehrspolitik 32 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Verfügbarkeitseinschränkungen mit zusätzlichen Parametern für eine detaillierte Fallunterscheidung vorgegeben. Das verfügbare Zeitfenster außerhalb der Nacht- und Spitzenstunden für die Durchführung geplanter Betriebs- und Erhaltungsmaßnahmen ist bei vier der sechs Projekte kürzer als acht Stunden (ein Arbeitstag). Bei vier der sechs Projekte sind die Zeitwertfaktoren für jeden Wochentag, unabhängig von der Fahrrichtung und der Lage des Streckenabschnitts fest vereinbart; Änderungen sind im Konzessionsvertrag nicht vorgesehen. Bei zwei Projekten sind Änderungen und Anpassungen über die Konzessionslaufzeit vorgesehen. Zur Bandbreite der wesentlichen leistungsabhängigen Vergütungsparameter ist Folgendes anzumerken: In fünf der sechs Projekte sind die Leistungsanforderungen ausschließlich ergebnisorientiert (output-orientiert) mit projektspezifisch festgelegten Behebungszeiten definiert. Demgegenüber steht ein Projekt, bei dem beispielsweise die Leistungsanforderung für technische Tunnelsysteme an die Arbeitsaufnahme des Vorgangs gebunden ist. Bei vier der sechs Projekte werden die Strafzahlungen (Malus) direkt über die Dauer einer Minderleistung ermittelt. Bei den beiden anderen Projekten wurde eine Kombination von Strafzahlungen in Abhängigkeit der Dauer und von Abzügen für das Auftreten einer Minderleistung gewählt. Bei drei der sechs Projekte sind Toleranzbereiche als „ Puffer“ eingeführt, bevor die Minderleistungen zu Abzügen bei der Vergütung des Konzessionsnehmers führen. Empfehlungen zur Ausgestaltung der Vergütungsparameter Die Festlegung der verfügbarkeits- und leistungsabhängigen Vergütungsparameter obliegt dem Konzessionsgeber und ist ein mächtiges Instrument des Konzessionsgebers insbesondere in der Betriebsphase. Dabei ist vom Konzessionsgeber zu berücksichtigen, dass die Definition von umfangreichen Mindeststandards und komplexen Vergütungsparametern auch bezüglich des Betriebscontrollings der Vertragserfüllung hohe Anforderungen und Kosten mit sich bringt. Der Konzessionsgeber setzt in der Ausschreibung die Mindeststandards, Vergütungsparameter und sonstigen Vertragsbedingungen bezüglich der Strafzahlungen fest. Der Konzessionsnehmer muss diese erkennen und die damit einhergehenden Chancen und Risiken über die Konzessionslaufzeit einschätzen und bewerten. Beim aktuellen Wettbewerb auf den Märkten werden diese komplexen Risiken in der Praxis aufgrund der knappen Zeit während der Angebotsbearbeitung häufig entweder nicht oder unzureichend erkannt und können zu erheblichen wirtschaftlichen Folgen für den Konzessionsnehmer in der Betriebsphase führen. Beispielhaft sind drei Fragestellungen aus der Praxis aufgeführt, die sich aus der Analyse der Ausschreibungsbedingungen bei den sechs PPP-Straßenprojekten ergeben haben: Soll die Sperrung des Seitenstreifens für beispielsweise vertraglich geforderte Mäharbeiten zu etwa 360 bis 750 EUR/ h Strafzahlungen führen, wenn die Kosten für diese Teilleistung bei etwa 50 bis 150 EUR/ h liegen? Sollen die Strafzahlungen für nicht vorhanden Verfügbarkeit der Fahrbahn bei der Erneuerung der Deck- und Binderschicht etwa 25 bis 50 % der Baukosten für die erbrachte Bauleistung ausmachen? Sollen die Abschleppzeiten von stehengebliebenen Fahrzeugen bei 20 Minuten liegen und mit beachtlichen Strafzahlungen bei Nichterfüllung des Betriebsstandards belegt werden, wenn dadurch unter Umständen eine aus Gesamtsicht betrachtete unwirtschaftliche Anzahl von Abschleppfahrzeugen erforderlich wird? 8 Schon diese drei Beispiele zeigen, dass dieses Thema äußerst komplex ist und weitere Analysen und Betrachtungen auf diesem Gebiet erforderlich sind, damit sowohl die poltischen und ökologischen Ziele der öffentlichen Hand als auch eine optimale Wirtschaftlichkeit bezüglich der Betriebsprozesse mit einer ausgewogenen Chancen- und Risikoverteilung erreicht wird. Nur so wird beim PPP-Straßenprojekt ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis erreicht, das letztlich den Nutzern, Steuerzahlern und beiden Vertragsparteien zu Gute kommt. Daraus sowie aus praxisrelevanten Erwägungen ergeben sich folgende Empfehlungen zur Ausgestaltung der verfügbarkeits- und leistungsabhängigen Vergütungsparameter: Unterteilung in Teilabschnitte mit projektspezifisch betrieblich sinnvollen Längen Festlegung von Zeitintervallen mit Verfügbarkeitseinschränkungen von mindestens einer Stunde Wahl von maximal drei Klassen (Spitzen-, Normal- und Nachtstunden) bei der Bestimmung der Zeitwertfaktoren Berücksichtigung eines Zeitfensters von mindestens acht Stunden für die Durchführung des Betriebsdienstes Wahl der Relativwertmethode, da diese für beide Vertragsparteien einfacher und leichter verständlich ist Anpassung der Zeitwertfaktoren und der Anzahl der Normalstunden an die jeweils aktuellen Rahmenbedingungen während der Konzessionslaufzeit - insbesondere bei Greenfield-PPP-Straßenprojekten 9 ist das Verkehrsaufkommen besonders hohen Schwankungen unterworfen Vermeidung von doppelten Strafzahlungen, da in einigen Fällen der Konzessionsnehmer sowohl für die Verfügbarkeitseinschränkung als auch die Minderleistung (beispielsweise wenn die technische Verfügbarkeit bei der Tunnelbeleuchtung nicht gegeben ist) verantwortlich gemacht wird Einführung eines projektspezifisch definierten Puffers, bevor Strafzahlungen anfallen (wirtschaftlichere Risikoverteilung) Grundsätzlich ist aus betrieblicher Sicht anzumerken, dass beispielsweise die Anzahl der Teilabschnitte, Zeitfenster, Verfügbarkeitseinschränkungen, Fristen zur Arbeitsaufnahme, Fertigstellung oder Behebung von Vorgängen (Mängeln), Betriebsprozesse sowie das Risiko mit den damit einhergehenden Kosten für den Betrieb des Konzessionsnehmers erhöhen. 10 Für den Konzessionsnehmer ergeben sich durch die vom Konzessionsgeber in den Ausschreibungsbedingungen vorgegebenen Vergütungsparameter zusätzliche Anforderungen in der Angebots-, Inbetriebnahme- und Betriebsphase. Neben einem ausgeprägten Verständnis bezüglich der Prozesse im Betrieb sowie bei der Instandsetzung und Erneuerung von Verkehrsflächen ist vor allem ausreichend Zeit für die Erstellung eines Kalkulationsmodells zur Einschätzung der Kosten, Chancen und Risiken über die Konzessionslaufzeit erforderlich. 11 Darüber hinaus sind neben der Kalkulation der Betriebs- und Erneuerungskosten sowie der Kenntnis der Betriebsprozesse und Kapazitäten auch zusätzliche Kenntnisse über den lokalen Nachunternehmermarkt und die geplanten Erneuerungszeitpunkte zu berücksichtigen. Aus betrieblicher Sicht sind in Abhängigkeit vom geforderten Service Level und den vertraglichen Rahmenbedingungen beispielsweise verkürzte Arbeitszeiten, häufigere Fahrten, zusätzliche Einarbeitungs-, Arbeitsbeginn- und Arbeitsbeendigungsarbeiten erforderlich. Eventuell Tab. 2: Verfügbarkeitsabhängige Vergütungsparameter Länge VE D auer VE Zeitwertfaktoren* Querschnitt/ Anzahl VE D auer NStd. ZW F Änderung P1 AK 1 Std. 1 : 15 RWM/ 18 6 - 7 Ja P2 AK 1 Std. 1 : 10 RWM/ 6 0 - 13 Ja P3 RLK 2 Std. 1 : 5 AWM/ 7 8 - 10 Nein P4 RLK 24 Std. - RWM/ 32 - Nein P5 AK 1 Std. 1 : 10 AWM/ 28 5 Nein P6 AK 0,25 Std. 1 : 5 AWM/ 2 6 Nein AK = Abschnittskonzept RLK = Reallängenkonzept VE = Verfügbarkeitseinschränkung AWM = Absolutwertmethode RWM = Relativwertmethode NStd. = Normalstunden (nicht Spitzen- und Nachtstunden) ZWF = Zeitwertfaktoren * Spreizung zwischen Nacht- und Spitzenstunden. Infrastruktur + Verkehrspolitik 7 Für weitere Details zur empirischen Auswertung der Vergütungsparameter der Projekte wird auf Harding, J.; Bodarwé, H.; Cadez, I., Evaluation of availability and service performance based payment mechanisms for PPP road traffic infrastructure projects, in: TRB, 89 th Annual Meeting Compendium of Papers, CD-RO M, Transportation Research Board of the National Academies, Washington D.C., 2010, Paper #10-2114 verwiesen. 8 Etwa 80 bis 140 TEuro sind je nach Ausstattung und Land für die Anschaffung von Pkw-Abschleppfahrzeugen erforderlich. Wesentlich höhere Beträge fallen für spezielle Lkw-Abschleppfahrzeuge an. Zusätzlich sind die Personal- und Bereitschaftskosten zu berücksichtigen. 9 Greenfield-Projekte sind in diesem Zusammenhang als neue Projekte mit neuer Linienführung ohne Kenntnis bezüglich eines bestehenden Verkehrsaufkommens zu definieren. Kennzeichnend ist, dass das Verkehrsaufkommen von den Fachleuten besonders schwierig abzuschätzen und über die Konzessionslaufzeit zu prognostizieren ist. Das Verkehrsaufkommen kann insbesondere in der Anfangsphase sehr großen Verkehrsschwankungen unterliegen. Das Gegenteil von Greenfield-Projekten sind Brownfield-Projekte, die bereits bestehende Projekte sind, die beispielweise wie bei den A-Modellen in Deutschland ausgebaut werden oder im Rahmen von PPP-Straßenprojekten zur Bemautung von neu definierten Infrastrukturpaketen herangezogen werden. Brownfield-Projekte haben ein wesentlich niedrigeres Risiko bei der Bestimmung des Verkehrsaufkommens, da bereits gesicherte Daten aus der Vergangenheit vorliegen. 10 Diese Risiken und Kosten in der Betriebsphase müssen vom Konzessionsgeber bei der Betrachtung der Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit von PPP-Straßenprojekten berücksichtigt werden. 11 Komplexe Zusammenhänge im Betrieb und bei der Erneuerung, die über beispielsweise 30 Jahre Konzessionslaufzeit laufen und großen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit haben, sollten vor Angebotsabgabe mit einer Monte-Carlo-Simulation als Hilfsmittel zur Entscheidungsfindung des Konzessionsnehmers bezüglich der Chancen und Risiken untersucht werden. Vgl. Cadez, I.; Streuer, U., Stochastische Risikoanalyse bei Public Private Partnership-Infrastrukturprojekten, in: Kapellmann/ Vygen: Jahrbuch Baurecht 2006, 9. Jg., Werner Verlag. Weitere detaillierte Analysen und Bewertungen der Vergütungsparameter aus betrieblicher und volkswirtschaftlicher Sicht sind in Vorbereitung. Im Vordergrund muss dabei eine ausgewogene wirtschaftliche Risikoverteilung bei gleichzeitiger Erfüllung der politischen und ökologischen Ziele des Konzessionsgebers stehen. 1 Verfügbarkeitsmodelle bei PPP-Straßenprojekten wurden erstmals in Großbritannien im Zusammenhang mit der Privatisierungsinitiative der Regierung im Jahr 1997 eingeführt, vgl. Abdel, A./ Ahmed, B., Analysis of Usage-Based Payments for Contractors‘ Compensation in PPP Projects, in: TRB, 86 th Annual Meeting Compendium of Papers, CD-RO M, Transportation Research Board of the National Academies, Washington D.C., 2007, Paper #07-2572. 2 Bei der Ermittlung der Vergütung des Konzessionsnehmers werden in der Praxis die verfügbarkeits- und leistungsabhängigen Vergütungsparameter meist miteinander kombiniert. 3 Vgl. Böger, T.: PPP-Ansätze im Bereich der Bundesfernstraßen und bei Kommunal- und Landesstraßen, in: Workshop „ Verfügbarkeitsmodelle im Straßenbau/ Privatwirtschaftliche Lösungen jenseits der Pkw- Maut“ am 22. Mai 2007 in Berlin, Hrsg.: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V., S. 88 - 93. 4 Je nach Intention des Konzessionsgebers sind auch Bonus-Zahlungen in Abhängigkeit der Definition der Betriebsstandards bei deren Übererfüllung möglich. 5 Die Erreichung von vertraglich definierten Verkehrskapazitäten als Vergütungsparameter (beispielsweise Verkehrsmengen pro Fahrzeugklasse oder Geschwindigkeiten) wird in Großbritannien als „ Active Management Payment Mechanism“ bezeichnet. 6 Weitere Informationen zu den Projekten 2, 5 und 6 sind auf den jeweiligen Internetseiten (www.bonaventura.co.at, www.orlovtunnel.ru, www.goldenearsbridge.ca) zu finden. müssen zusätzliche Geräte gekauft oder gemietet werden, Geräte- und Personalkapazitäten können weniger wirtschaftlich genutzt werden, Eigen- und Fremdleistungen werden in einem anderen Umfang benötigt, vertraglich geforderte Reaktionszeiten der Nachunternehmer oder des eigenen Personals können zu höheren Kosten führen. Weiterhin müssen zusätzliche Werkzeuge (Software) beispielsweise für die Planung, Kontrolle und Dokumentation beim Konzessionsgeber und -nehmer zur Verfügung stehen. Die Managementanforderungen für beide Vertragsparteien steigen. Fazit und Schlussfolgerungen Mit dieser empirischen Analyse wird ein Überblick über die Bandbreite der verfügbarkeits- und leistungsabhängigen Vergütungsparameter von Verfügbarkeitsprojekten bei internationalen PPP-Straßenprojekten gegeben. Mit den Ergebnissen der Analyse wurde aufgezeigt, dass es keine einheitlichen Vergütungsparameter gibt und dass Verbesserungspotenziale vorhanden sind. Die ersten Empfehlungen zur Ausgestaltung der Vergütungsparameter sollen dazu beitragen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis in der Ausschreibungs- und in der späteren Betriebsphase verbessert wird und die Wirtschaftlichkeit der PPP-Straßenprojekte aus Sicht des Konzessionsgebers und Konzessionsnehmers erhöht wird. Infrastruktur + Verkehrspolitik 34 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Dieter Posch, seit 2009 erneut hessischer M inister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung. Seine erste Amtszeit ging von 1999 bis 2003. Q uelle: HSVV Kerstin Zapp Mobilitätssicherung durch intelligente Vernetzung D ie Vision vom Fahren ohne Stau ist geprägt von zukunftsweisenden Technologien für eine optimierte Nutzung der Infrastruktur durch Kooperation und Vernetzung der Verkehrsträger. Die Initiative „ Staufreies Hessen 2015“ gilt auch über Hessen hinaus als wegweisend. Die Redaktion sprach mit dem hessischen Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, Dieter Posch, über die bisherigen Ergebnisse und die weiteren Planungen. D ie Autorin Kerstin Zapp, freie Fachjournalistin Logistik - Mobilität - Energie, Hamburg; kerstin.zapp@zapp4media.de Ist Hessen im Jahr 2015 staufrei? Das ist unser Ziel. Wir arbeiten täglich daran, und wir werden ihm sehr nahe kommen. Wer etwas erreichen will, muss sich ehrgeizige Ziele setzen - auch wenn wir wissen, dass in absehbarer Zukunft auf hessischen Straßen der Verkehr nicht immer reibungslos fließen wird. Aber wir haben schon eine Menge erreicht: Heute verbringen Verkehrsteilnehmer in Hessen bis zu 80 % weniger Zeit in Staus als noch zu Beginn der Initiative. Wie haben Sie das geschafft? Zum Beispiel hat Hessen durch die zeitweise Freigabe der Autobahnseitenstreifen die Straßenkapazität um bis zu 25 % auf diesen Streckenabschnitten steigern können. Viele andere Aktivitäten helfen uns, umfassende Verkehrsdaten zu sammeln und auszuwerten, um Verkehrsströme besser planen und lenken zu können. Sie werden als einer der Väter des Projekts „Staufreies Hessen 2015“ bezeichnet. Warum? Die temporäre Freigabe von Autobahnseitenstreifen - eines der Top-Projekte der Initiative - habe ich zwischen 1999 und 2003 als Verkehrsminister vorangetrieben. Fachleute hatten damals noch Bedenken hinsichtlich der Verkehrssicherheit. Wie steht es denn um die Sicherheit seit der Einführung 2001? Mit der Seitenstreifenfreigabe ist es uns gelungen, Staus und damit staubedingte Unfälle zu reduzieren. Derzeit sind im Rhein-Main-Gebiet 65 km Seitenstreifen zeitweise freigegeben. Ist eine Ausweitung auf weitere Seitenstreifen geplant? Wo immer dies möglich und sinnvoll ist, ja. Der Masterplan der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung (HSVV) sieht eine Nutzung der Seitenstreifen auf einer Länge von rund 350 km vor. Gibt es weitere Potenziale zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit von Autobahnen? Die dynamischen Informationstafeln, von denen es mittlerweile 14 in Hessen gibt, helfen Autofahrern ebenfalls weiter. Diese können sich dank der Informationen auf den Tafeln rechtzeitig umorientieren. Auf einigen werden auch die zu erwartenden Fahrtzeiten bis zum Ziel angegeben - darauf können sich die Fahrer dann einrichten. Was hilft das alles, wenn auf der Autobahn eine Baustelle eingerichtet ist? Grundsätzlich hilft jede Baustelle, unsere Verkehrswege intakt und leistungsfähig zu halten. Temporär sind sie mit Einschränkungen verbunden. Darüber informieren wir mit Tafeln und schlagen Umleitungen vor. Darüber hinaus hat Hessen ein bundesweit einmaliges Baustellenmanagement entwickelt, das ebenfalls zum Konzept „ Staufreies Hessen 2015“ gehört. Die Auswertung der an Baustellen erhobenen Verkehrsdaten ermöglicht es uns, Zeitfenster für Baustellen im Vorfeld festzulegen und Reisezeitverzögerungen damit so gering wie möglich zu halten. Abgesehen von dynamischen Informationstafeln: Das Projekt sieht den Einsatz hochmoderner Informationstechnologien vor. Worum geht es genau und wie weit sind Sie hier bisher gekommen? Wir kooperieren seit mehreren Jahren mit Partnern aus Automobil-, Zuliefer- und Telekommunikationsindustrie sowie mit Forschungsinstituten bei der Entwicklung neuer Technologien, bei denen es insbesondere um die Kommunikation von Fahrzeugen untereinander sowie zwischen Fahrzeugen und Infrastruktureinrichtungen geht. Hessen testet derzeit etwa im Projekt SIM-TD diese Technologien im bundesweit größten Feldversuch in der Region Frankfurt/ Rhein-Main. Geht die Initiative auch über Hessens Landesgrenzen hinaus? Ja, zum Beispiel im Rahmen unseres Korridormanagements: Hier stimmen wir großräumig Umleitungsempfehlungen auf bestimmten Routen mit anderen Bundesländern ab. Auch Ö sterreich sowie die Schweiz sind hier eingebunden, um den methodischen Ansatz zu übernehmen. Oft wird vor allem über den Personenverkehr geredet. Gibt es konkrete M aßnahmen für den Güterverkehr? Alle Schritte helfen auch dem Güterverkehr. Doch konkret möchte ich vor allem auf unsere Initiative zum Thema Lkw- Parken entlang der Autobahnen in Hessen hinweisen. Bis zum Jahr 2015 werden wir 2000 neue Parkplätze schaffen sowie ein Informationssystem für Fahrer installieren, das auf belegte und freie Parkmöglichkeiten hinweist. Ende vergangenen Jahres haben wir das deutschlandweit erste Parkleitsystem in Betrieb genommen. An der A5 können die Lkw-Fahrer erkennen, ob hier ein Rast- und Ruheplatz für sie frei ist. Sie müssen dazu nicht mehr mit ihrem Lkw den Parkplatz abfahren und suchen. Das erleichtert es ihnen, die vorgeschriebenen Ruhezeiten einzuhalten und erhöht die Verkehrssicherheit. Wie steht es um den Ausbau des Schienenverkehrs und eine deutliche Verlagerung von mehr Gütertransporten auf die Schiene? Man muss Realist bleiben und die Grenzen von Verkehrsverlagerungen sehen. Doch eines meiner zentralen Anliegen ist die Stärkung des Schienenknotenpunkts Frankfurt - Stichwort „ Rhein-Main-Plus“ , was nicht zuletzt einen Ausbau des Personennahverkehrs nach sich zöge. Ich denke dabei an die Regionaltangente West und Infrastruktur + Verkehrspolitik 35 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 M ehr als 53 M io. Passagiere pro Jahr am Frankfurter Flughafen und 655 M io. Fahrgäste im ÖPNV des Rhein-M ain-Verkehrsverbunds, täglich 350 000 Reisende am Frankfurter Hauptbahnhof und 335 000 Fahrzeuge am Frankfurter Autobahnkreuz, dazu mit Rhein und M ain Verbindungen per Binnenschiff zwischen Nordsee und Schwarzem M eer: Hessen ist eine der wichtigsten Verkehrsdrehscheiben in Europa. Im Bild: dynamische Informationstafel Q uelle: HSVV andere Großprojekte. Die Ertüchtigung von Autobahnen durch moderne Technologien schließt die Stärkung von Bussen und Bahnen ja nicht aus. Bis 2015 soll das Verkehrsaufkommen auf der Straße im Personenverkehr um weitere 20 % und im Güterverkehr um 60 % zunehmen, proportional und absolut stärker als auf der Schiene. Laufen Sie bei dem Versuch, Hessen staufrei zu machen, einer Utopie hinterher? Die Zunahme des Verkehrs ist eine Realität, die wir bewältigen müssen. Die Initiative „ Staufreies Hessen“ ist unsere Antwort auf diese Herausforderung, und die Erfolge, von denen ich gesprochen habe, geben uns dabei recht. Wir rechnen tatsächlich mit noch mehr Verkehr, vor allem im Gütertransport. Deshalb beschränken wir unsere Anstrengungen nicht auf die Maßnahmen des Projekts, sondern sanieren unter anderem die Landstraßen. Vielfach spricht man heute von einer Weiterentwicklung der Verkehrspolitik zur Mobilitätspolitik. Dieser Begriff impliziert, dass alle Verkehrsmittel ihren abgestimmten Beitrag leisten, die Bürger sicher, schnell und bequem an ihr Ziel zu bringen. Das Hauptziel der Initiative ist, den vorhandenen Verkehrsraum optimal zu nutzen. Hessen ist das wichtigste Transitland in Deutschland, die Verkehrsdichte auf den Autobahnen höher als anderswo in der Republik. Die Verkehrsflut ist nur zu meistern, wenn wir die Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Verkehrsträgers erhöhen. Und dann? Dann gibt es exakte Verkehrsprognosen, die alle Verkehrsträger umfassen und Echtzeitinformationen mit einbeziehen. Vor Beginn einer Reise - ob als Person oder Gut - kann eine Art „ intermodaler Slot“ abgefragt werden, der die für das Zeitfenster der vorgesehenen Fahrt unter Einbeziehung aller Verkehrsträger günstigste Transportkette abbildet in Hinblick auf den Zeitaufwand, die Emissionen, Komfort und Sicherheit. Initiative „Staufreies Hessen 2 0 1 5 “ Unter der Federführung des Hessischen Landesamts für Straßen- und Verkehrswesen wird im Rahmen der im Jahr 2003 gestarteten Initiative „ Staufreies Hessen 2015“ intensiv daran gearbeitet, die Mobilität zu sichern. Die Maßnahmen gliedern sich in drei Themenfelder: Zukunftstechnologien, Verkehrsmanagement und Mobilitätsdienste. Zukunftstechnologien: funkbasierte Fahrzeug-Infrastruktur- Kommunikation DIAMANT - Dynamische Informationen und Anwendungen zur Mobilitätssicherung mit Adaptiven Netzwerken und Telematikinfrastruktur AKTIV - Adaptive und Kooperative Technologien für den Intelligenten Verkehr SIM-TD - Sichere Intelligente Mobilität - Testfeld Deutschland CVIS - cooperative vehicle infrastructure system. Verkehrsmanagement: temporäre Seitenstreifenfreigabe und ein entsprechender Masterplan dWiSta - dynamische Wechselwegweiser mit integrierten Stauinformationen Baustellenmanagement DO RA - dynamische O rtung von Arbeitsstellen DIVA - dynamische integrierte Verkehrslage auf Außerortsstraßen Strategiemanagement Bewertung und O ptimierung von Umleitungsempfehlungen LDC - Long Distance Corridors VO DAMS - Validierung, O ptimierung und Definition von Ad-hoc-Maßnahmen und Strategien. M obilitätsdienste: dIRA - dynamische Informationstafeln zur Reisezeitanzeige Lkw-Parken entlang der Autobahnen in Hessen DIANA - Dynamic Information and Navigation Assistance Park and Ride (P+R) Hessen Verkehrsportal Hessen Störfallmanagement Easyway innovative Systeme im Ö PNV - Handy- Ticketing Erhöhung der subjektiven Sicherheit im Ö PNV Ankunftssicherung im Ö PNV optimierte Fahrzeugkonzeption im Ö PNV. Nähere Informationen zu den einzelnen Projekten: www.staufreieshessen2015.de Welche Projekte werden verfolgt? Die Stauzeiten sind bis 2008 um knapp 80 % zurückgegangen. Q uelle: HSVV Infrastruktur + Verkehrspolitik 36 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (60) 3/ 2010 Andreas Leupold / Jörg von Mörner Lichtsignalanlagen - Erneuerung im Wettbewerb W ie alt sind die Ampeln in Deutschland und Europa? Wer hat sie errichtet und wer wartet sie? Wie ist es um die Wettbewerbssituation in diesen Segmenten bestellt? Antworten auf diese Fragen liefert eine Untersuchung der Fachhochschule Erfurt und der Bauhaus-Universität Weimar. D ie Autoren Andreas Leupold, Fakultät Bauingenieurwesen der Bauhaus-Universität Weimar, Professur Betriebswirtschaftslehre im Bauwesen, andreas.leupold@uni-weimar.de, und Prof. Dr. Jörg von M örner, Fakultät Wirtschaft-Logistik-Verkehr an der Fachhochschule Erfurt, Professur Verkehrsplanung und Verkehrssteuerung, von.moerner@fh-erfurt.de D ie auch heute noch stetig steigende Verkehrsmenge in den Städten kann zumeist nur durch moderne Verkehrsmanagementsysteme gehandhabt werden. Solche Systeme bestehen aus mehreren Elementen. Die beiden wichtigsten sind die zentralen Steuerungseinheiten (Verkehrsrechner) und die Lichtsignalanlagen im Straßenraum. Für die Verkehrsteilnehmer sind dabei die Lichtsignalanlagen mit den jeweiligen Signalgebern das sichtbarste Element. Die von Signalgebern angezeigten Signalisierungszustände stellen für die Verkehrsteilnehmer verbindliche Weisungen dar. Aus diesem Grund existieren hohe Sicherheitsanforderungen an Errichtung, Betrieb sowie Wartung und Instandhaltung der Anlagen. Für Betrieb und Wartung fallen daher jährlich größere Ausgaben in den Kommunen an. Darüber hinaus müssen die Kommunen in die Jahre gekommene Anlagen ersetzen. In diesem Kontext wurden im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsvorhabens an der Fachhochschule Erfurt und der Bauhaus-Universität Weimar, welches durch die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „ O tto von Guericke“ e.V. (AiF), Köln, über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert wurde, zwei Städtebefragungen sowohl in Deutschland als auch in Europa durchgeführt. Die Befragung der deutschen Städte wurde bereits in 2006 abgeschlossen. Hieran beteiligten sich insgesamt 22 Städte. Die zweite Befragung fand 2008/ 2009 statt. Hieran beteiligten sich insgesamt 40 Städte aus 13 Staaten. Aus diesen beiden Befragungen sollen die wesentlichen Erkenntnisse aus den Bereichen Altersstruktur, Herstellermischung und Wahrnehmung von Wartungs- und Instandhaltungsleistungen im Folgenden aufgezeigt werden. Die hier dargestellten Ergebnisse und Erkenntnisse beruhen ausschließlich auf den Angaben der Städte, die an der Befragung teilgenommen haben, und waren nicht in jedem Fall vollständig in jedem Bereich auswertbar. Die hier dargestellten Ergebnisse zeigen somit lediglich eine Tendenz und sind nicht auf jede andere Stadt gleichermaßen übertrag- und anwendbar. Eine detaillierte Auswertung der umfangreichen Städtebefragung in Deutschland ist kürzlich erschienen. 1 Altersstruktur zeigt Investitionsbedarf Die Altersstruktur von Lichtsignalanlagen kann als ein Indiz dafür genommen werden, in welchem Umfang in den kommenden Jahren Investitionen in den Ersatz von Anlagen notwendig werden. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass mit Ausnahme der Zeitspanne, die ein Alter von maximal bis fünf Jahren beinhaltet, die Altersstrukturen in deutschen Städten mit denen in anderen europäischen Städten vergleichbar sind. Dabei wurde als Referenzelement das jeweilige Steuergerät verwendet. In den befragten Städten ist etwa die Hälfte der Lichtsignalanlagen jünger als zehn Jahre. In Deutschland ist dieser Anteil etwas geringer und somit das Durchschnittsalter etwas höher. Lediglich durchschnittlich 25 % der Anlagen weisen ein Alter über 15 Jahre auf. In Deutschland ist ein Unterschied zwischen ostdeutschen und westdeutschen Städten festzustellen, welcher hauptsächlich auf die in den Jahren nach der Wiedervereinigung massiv unternommenen Investitionen in den ostdeutschen Städten zurückzuführen ist. Dadurch weisen ostdeutsche Städte tendenziell eine eher jüngere und komprimiertere Altersstruktur auf (Mörner/ Leupold/ Vesper, 2009). Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) gibt entsprechend der Ablösungsbeträge-Berechnungsverordnung als Anlage zur HVA B-Stb 2007 eine theoretische Lebensdauer für Steuergeräte von 15 Jahren an. Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Köln, verweist hier in ihrem Merkblatt (1988) auf lediglich zehn Jahre. Werden diese theoretischen Nutzungsdauern angewandt, bedeutet dies, dass etwa 25 % (15 Jahre) oder nahezu 50 % (zehn Jahre) der Lichtsignalanlagen in den Kommunen entweder sofort oder zumindest in den kommenden Jahren zu ersetzen sind, um den Anforderungen an Sicherheit und Funktionsfähigkeit gerecht werden zu können. Das Alter der Anlagen ist aber auch ein Indiz dafür, welche Leuchtmittel zum Einsatz kommen. In den vergangenen Jahren wurden viele Anlagen auf moderne LED- Leuchtmittel umgerüstet. Die hierfür erforderlichen Investitionen können dabei über einen Zeitraum von mehreren Jahren durch die zu erwartenden Einsparungen bei Energie- und Wartungskosten gedeckt werden. Dies haben die verschiedenen Hersteller von Lichtsignalanlagen schon seit einigen Jahren erkannt und bieten daher entsprechende Contracting-Modelle an. M onopolartige Zustände Immer wieder finden sich in der Presse Meldungen mit den Schlagworten „ Ampelmonopol“ oder „ Wettbewerbsverzerrungen“ . Im Rahmen der Befragung wurden daher die Städte gebeten, Angaben zur Anzahl der Anlagen des jeweiligen Herstellers zu machen. Auf Basis dieser Angaben konnten drei wesentliche Fragestellungen untersucht werden. Hierzu zählten a) die Anzahl der verschiedenen Lichtsignalanlagenhersteller in der jeweiligen Stadt Die Swarco-Gruppe ist einer der führenden Hersteller von Ampelsystemen. Foto: Signalbau Huber Infrastruktur + Verkehrspolitik 37 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (60) 3/ 2010 b)der Marktanteil des jeweils dominierenden Lichtsignalanlagenherstellers in der jeweiligen Stadt und c) der generelle Marktanteil des jeweiligen Herstellers. In der Auswertung nach dem jeweiligen Hersteller wurde - soweit hierfür Informationen vorlagen - die Zuordnung beziehungsweise Zugehörigkeit verschiedener Hersteller zu einer Unternehmensgruppe oder einem Konzern berücksichtigt. Dies bedeutet, dass etwa im Fall der Swarco- Gruppe neben dem Hersteller Swarco auch die beiden Firmen Signalbau Huber und Dambach Werke der Swarco-Gruppe zugeordnet und als ein Hersteller gewertet wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass in zwei Drittel der befragten Kommunen in Deutschland Anlagen von lediglich zwei oder einem Lichtsignalanlagenhersteller in ihren Systemen zum Einsatz kommen. In den anderen befragten europäischen Städten beträgt dieser Anteil knapp 50 % . Auch hier lassen sich zum Teil deutliche Unterschiede zwischen Städten in Deutschland und in anderen europäischen Ländern erkennen. Während etwa in England die befragten Städte ihre Anlagen mindestens von zwei verschiedenen Herstellern beziehen, gaben die befragten deutschen Städte an, dass mehr als ein Viertel von ihnen lediglich Anlagen eines Herstellers in ihren Systemen eingesetzt haben. Um die Frage beantworten zu können, ob in den befragten Städten eine Monopolstellung eines Herstellers vorzufinden ist oder ob Wettbewerb im Rahmen der Ausschreibung von Errichtungsleistungen an Lichtsignalanlagen gegeben sein könnte, wurden die Angaben dahingehend ausgewertet, wie hoch der Marktanteil des jeweils dominierenden Lichtsignalanlagenherstellers in der jeweiligen Stadt ist. Die Ergebnisse zeigen auch hier ein klares Bild und deutliche Unterschiede zwischen deutschen Städten und anderen Städten in Europa. In den befragten deutschen Städten ist der Anteil der Städte, in denen der dominierende Hersteller einen Marktanteil von mindestens 80 % hat, größer als 75 % . In Bezug auf Europa ist dieser Anteil geringer als 50 % und in England sogar nur 25 % . Ein Wettbewerb ist somit in deutschen Städten nur selten wirklich gegeben. Bisher fehlt meist eine einheitliche Schnittstelle Ein Grund für diese Entwicklung - nicht nur in Deutschland - wird oft im Fehlen einer einheitlichen Schnittstelle zum Anschluss von Anlagen verschiedener Hersteller an einen Verkehrsrechner gesehen. Die Kommunen gehen jedoch zunehmend in ihren Ausschreibungen für Errichtung oder Umbau von Anlagen dazu über, den Einsatz einer einheitlichen Schnittstelle, wie etwa O CIT ®2 , zu fordern. Eine Norm oder Richtlinie, die die Verwendung einheitlicher Schnittstellen in einer Kommune fordert, gibt es in Deutschland bislang nicht. Eine vergleichende Auswertung des Grads der Herstellermischung und des Anteils an Anlagen, die an Verkehrsrechner angeschlossen sind, führte zu keinem einheitlichen Bild. Tendenziell ist jedoch eher zu beobachten, dass der Anteil von Anlagen, die an einen Verkehrsrechner angeschlossen sind, mit steigendem Marktanteil des dominierenden Herstellers in einer Stadt zunimmt. Umgekehrt zeigen die Ergebnisse somit auch, dass tendenziell weniger Anlagen an einen Verkehrsrechner angeschlossen sind, wenn ein großes Maß an Herstellermischung in der Stadt vorliegt. Ausnahmen gibt es aber auch hier. Die O rganisation der Leistungserbringung im Bereich der Wartung/ Instandhaltung kann ein weiterer Grund für den Grad der Herstellermischung sein. Aus diesem Grund wurden die Städte gebeten, Auskunft darüber zu geben, ob Wartung/ Instandhaltung durch ein privates Unternehmen oder durch eine der öffentlichen Hand (der jeweiligen Stadt) zugeordnete Einheit durchgeführt wird. Die Ergebnisse zeigen, dass ein Großteil der Leistungen im Bereich Wartung/ Instandhaltung durch private Unternehmen erbracht wird. In Deutschland beträgt dieser Anteil für die befragten Städte fast 50 % und weitere 20 % werden gemeinsam sowohl durch die öffentliche Hand als auch durch private Unternehmen erbracht. In den restlichen befragten Städten erfolgt Wartung/ Instandhaltung der Lichtsignalanlagen durch städtisches Personal. In den befragten europäischen Städten ist der Anteil der Leistungserbringung durch private Unternehmen mit fast 70 % deutlich höher. In England wird die Wartung/ Instandhaltung fast ausschließlich durch private Unternehmen in den befragten Städten durchgeführt. Für ganz Europa gilt, dass es sich bei den privaten Unternehmen in großem Maß eher um den jeweiligen Lichtsignalanla- Abb. 2: Ein Lichtsignalanlagenhersteller dominiert den M arkt in Europa. Abb. 1: Altersstruktur von Lichtsignalanlagen in Deutschland und Europa Infrastruktur + Verkehrspolitik 38 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (60) 3/ 2010 Abb. 4: Siemens hält einen M arktanteil von mehr als 50 % in Europa. Abständen die Leistungen neu im Wettbewerb ausgeschrieben werden. An diesen Ausschreibungen können sich dann sowohl der Lichtsignalanlagenhersteller als auch andere qualifizierte Unternehmen beteiligen. Letztere müssen jedoch im Rahmen der Ausschreibung nachweisen, dass sie regelmäßig durch den jeweiligen Lichtsignalanlagenhersteller an den entsprechenden Steuergerätetypen geschult werden, um die Wartung durchführen zu können. In Bezug auf die Herstellermischung war im Rahmen der Befragung festzustellen, dass die Wartung durch städtisches Personal eher in den Städten durchgeführt wird, die Anlagen von einem bzw. maximal zwei Herstellern in ihren Systemen haben. Für die Kommunen ist dies durchaus sinnvoll, da damit Einsparung in der Wartung erwartet werden. Dies ist zurückzuführen u. a. auf einen geringeren Aufwand für die Vorhaltung von Ersatzteilen und einem geringeren Schulungsaufwand des eigenen Personals. Verteilung der M arktanteile Abschließend sollen auf Basis der Daten der beiden Befragungen die Marktanteile des jeweiligen Lichtsignalanlagenherstellers in Europa dargestellt werden. Von Land zu Land sind zum Teil deutliche Unterschiede feststellbar. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass neben den bekannten, europaweit agierenden Unternehmen auch in gewissem Maß Unternehmen vorzufinden sind, die sich auf den Markt in dem jeweiligen Land beschränken. Siemens ITS hat mit mehr als 50 % den größten Marktanteil weit vor der Swarco-Gruppe mit 17 % . Auf den Rängen drei und vier folgen die Unternehmensgruppen um Peek und Vialis. Die hier dargestellten Marktanteile sind sicher nicht vollständig auf ganz Europa anwendbar, zeigen aber dennoch eine deutliche Tendenz. In Deutschland etwa ist der Anteil von Siemens ITS bezogen auf die befragten Städte noch etwas höher, gleiches gilt für die Swarco-Gruppe, so dass hier insgesamt 90 % des Marktes durch diese beiden Unternehmens(gruppen) abgedeckt sind. In England zeigt sich ein ganz ähnliches Bild: Siemens ITS hat einen vergleichbaren Marktanteil, während die Unternehmensgruppen um Peek und Telent sich den restlichen Markt teilen. Es bleibt abzuwarten, ob durch den zunehmenden Einsatz einer einheitlichen Schnittstelle sich die dargestellten Marktanteile deutlich verschieben werden und wenn „ ja“ , in welche Richtung. 1 M örner/ Leupold/ Vesper (2009): Befragung zum Betrieb von Lichtsignalanlagen und deren Steuerung in innerstädtischen Straßennetzen; Shaker-Verlag, Aachen, 2009, ISBN: 978-3-8322-8680-4 2 O CIT ® - O pen Communication Interface for Traffic Control Systems; O CIT ® ist eine registrierte Marke der Firmen Dambach, Siemens, Signalbau Huber, Stoye und Stührenberg. werden. Der Leistungsumfang, den die Unternehmen dann erbringen, kann hierbei jedoch stark schwanken. Dies ist oft auf den Grad der Herstellermischung zurückzuführen. Beispielsweise werden in Städten mit einer großen Herstellermischung die sicherheitsrelevanten Prüfungen an den Steuergeräten durch den jeweiligen Lichtsignalanlagenhersteller - die Leistungen werden in diesem Fall mit der Errichtung ausgeschrieben - und die Wartung der restlichen Anlagenkomponenten durch ein anderes Unternehmen erbracht. In herstellerreinen Systemen ist es aber auch möglich, dass alle Anlagenkomponenten durch ein qualifiziertes Unternehmen gewartet werden. Die Laufzeit dieser Verträge ist häufig deutlich kürzer als die zuvor beschriebenen zehn Jahre, so dass hier in kürzeren genhersteller handelt als um andere Unternehmen, welche qualifiziert/ zertifiziert sind, Wartung/ Instandhaltung durchzuführen. W artungsverträge sehr unterschiedlich Die Leistungen der Wartungen werden überwiegend gleichzeitig mit der Errichtung der Anlagen ausgeschrieben. Die anschließenden Wartungsverträge haben oft eine Laufzeit von zehn Jahren und verlängern sich anschließend um jeweils ein Jahr, wenn sie nicht rechtzeitig durch eine der beiden Vertragsparteien gekündigt werden. Einige Kommunen sind aber auch dazu übergegangen, die Wartung getrennt von der Errichtung auszuschreiben. In solchen Fällen können die Leistungen auch durch andere qualifizierte Unternehmen erbracht Abb. 3: In Deutschland ist die dominierende Stellung eines Herstellers noch deutlicher als in Europa. 1 7 5 Jahre Eisenbahn in D eutschland 39 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Sachsen, oder aber, getragen durch die in der gleichen Zeit wachsenden Gedanken eines einheitlichen Reiches, auf ganz Deutschland. Die Wegbereitung des deutschen Eisenbahnwesens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist vor allem verbunden mit drei Namen: Baader, Harkort und List. Der bayerische O berstbergrat Joseph Ritter von Baader hatte bereits seit 1807 175 Jahre Friedrich Lists „Über Eisenbahnen und das deutsche Eisenbahnsystem“ Ein Geleitwort zur Faksimile-Beilage in diesem Heft M it der Fahrt der legendären Lokomotive „Adler“ am 7. Dezember 1835 von Nürnberg nach Fürth und der damit eröffneten Bayerischen Ludwigsbahn begann nach allgemeiner Auffassung das Zeitalter des Eisenbahnverkehrs in Deutschland. Dieses 175jährige Jubiläum wird uns sicherlich das ganze Jahr über in vielen Facetten begleiten und präsent sein. Auch und gerade in den einschlägigen Eisenbahn-Medien. D ie ersten Eisenbahnen in Deutschland verdanken ihre Entstehung einer Vielzahl von Motiven: kaufmännische Gewinnerwartungen, verkehrstechnische Vorteile oder gewerbe- und wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten. Zugleich aber taucht in der Argumentation derjenigen, die sich entschieden für die Eisenbahn einsetzten, immer auch eine „ patriotische“ Komponente auf. Sei es beispielsweise bezogen auf die damaligen, selbstständigen Königreiche Bayern oder mit der Begründung für die Eisenbahn geworben, dass sie ein wirkungsvolles Mittel zur Stärkung der Wirtschaftskraft des Staates sei. Im Jahr 1825 veröffentlichte dann Friedrich Harkort, einer der großen Industriepioniere des Ruhrgebietes, in einer westfälischen Zeitschrift ein entschiedenes Plädoyer für den Bau von Eisenbahnen, die einen wirtschaftlichen Aufschwung verhießen. Und Friedrich List schließlich prophezeite im Jahre 1833 einen Aufschwung der Nationalproduktion von mindestens zehn Prozent für den Fall, dass ein allgemeines Eisenbahnsystem im Königreich Sachsen und darüber hinaus gebaut würde. Dargelegt in seiner Schrift „ Über ein sächsisches Eisenbahnsystem als Grundlage eines allgemeinen deutschen Eisenbahn-Systems und insbesondere über die Anlegung einer Eisenbahn von Leipzig nach Dresden“ . Was Friedrich List und seine Rolle als Vordenker eines Eisenbahnwesens in Deutschland besonders nachhaltig befördert hat, ist der Umstand, dass seine Gedanken zum Thema Eisenbahn über die engen Grenzen der Experten und Fachleute hinaus in die allgemeine Ö ffentlichkeit getragen wurden und damit auch sicherlich eine förderliche Diskussion um das Eisenbahnwesen. Am 7. März 1835, also monatsgenau vor 175 Jahren und neun Monate vor dem realen Start des deutschen Eisenbahnverkehrs im Dezember, erschien in der Zeitschrift „ Das Pfennig-Magazin“ sein Aufsatz „ Über Eisenbahnen und das deutsche Eisenbahnsystem“ . Angereichert mit mehreren Abbildungen von Eisenbahnen und aufgemacht mit dem inzwischen vielfach reproduzierten, 15 x 17,2 cm großen Holzstich eines künftigen deutschen Streckennetzes. Mit dem „ Pfennig-Magazin“ , der ersten deutschen Illustrierten, die J. J. Weber mithilfe des neuen Holzstichverfahrens produzieren ließ, war es möglich geworden, bebilderte Zeitschriften in hohen Auflagen in die breitere Ö ffentlichkeit zu tragen - und dies bei erheblichen Zeit- und Kosteneinsparungen. Als besonderes Bonbon im Jubiläumsjahr der Eisenbahn in Deutschland hat Eurailpress für Sie einen Faksimiledruck der O riginalausgabe des Pfennig-Magazins vom 7. März 1835 mit dem Aufsatz von Friedrich List erstellen lassen und dieser Heftausgabe als Beilage beigefügt. Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre.(dks) Porträt von Friedrich List, Bleistiftzeichnung von Albert Walch 1844 Titelseite der ersten Ausgabe des Pfennig-M agazins vom 7. M ärz 1835 Güterverkehr + Logistik 40 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Abb. 1: Lkw-Abfertigung am CTA in Hamburg in den dafür vorgesehenen Spuren Foto: HHLA Sönke Reise Schnell und sicher durch zwei Ebenen Landseitige Abfertigung an RMG-Containerterminals Neben den ECT- Terminals Delta und Euromax in Rotterdam und dem Containerterminal Altenwerder (CTA) in Hamburg befindet sich am Hamburger Burchardkai derzeit das vierte Lager in Europa mit schienengebundenen Stapelkranen (Rail Mounted Gantry Cranes, RMG) im Bau. Welche O ptimierungsmöglichkeiten bietet ein solches Terminal? D er Autor Prof. Dr. Sönke Reise, Hochschule Wismar, University of Applied Sciences, Technology, Business and Design, Faculty of Engineering, Department of Maritime Studies, Richard-Wagner-Straße 31, 18119 Rostock-Warnemünde; soenke.reise@hs-wismar.de Grundlagen Gemeinsames Kennzeichen von automatischen Lagerblöcken ist, dass im Standardfall an der dem Wasser zugewandten Seite jedes Lagerblocks die Einstapelungen von Importcontainern und Ausstapelungen von Exportcontainern und an der gegenüberliegenden Seite die landseitigen Hinterlandverkehre abgewickelt werden. An der Landseite des Lagerblocks finden einerseits Lkw-Be- und Entladungen statt sowie andererseits die horizontalen Containertransporte von und zur Bahn. Je nach System werden hier Bahncontainer für Van Carrier (VC) bereitgestellt oder auf Chassis gesetzt respektive aufgenommen. Auf der Verkehrsfläche zwischen Bahngleisen und RMG-Lager finden Verkehre mit terminalinternen Geräten (Van Carrier, Zugmaschine/ Chassis) und terminalexternen Geräten (Lkw) statt (vgl. Abb. 1). Herausforderungen an der Landseite Aus der gemeinsamen Nutzung der Verkehrsfläche durch den Terminalbetreiber selbst und externe Lkw-Fahrer ergeben sich Interessenkonflikte und Risiken für die Verkehrssicherheit. Die Bedeutung einzelner Herausforderungen ist praktisch abhängig vom jeweiligen Verkehrsaufkommen. Ist das Verkehrsaufkommen wie derzeit niedrig, so erscheinen im Folgenden manch genannte Herausforderungen keine Bedeutung zu haben. Wenn jedoch die Umschlagzahlen wieder steigen, wird auch dieses Thema (erneut) an Bedeutung gewinnen. I. Steuerung der Verkehre Terminalinterne Verkehre, also Fahrten zwischen Bahngleisen und Lagerblöcken, werden durch eine optimierende Steuerungssoftware gesteuert. Mit ihr werden optimale, gegebenenfalls kürzeste Wege bei geringem Geräteeinsatz bestimmt mit dem Ziel, den Aufwand des Terminalbetreibers zu minimieren. Durch die gemeinsame Nutzung der Fläche mit Lkw kann es zu Störungen und Verzögerungen kommen. - Insbesondere dann, wenn für wartende Lkw oder Chassis keine oder nicht ausreichende Parkpositionen vorhanden sind und diese auf die Straße ausweichen müssen. Die Terminalsteuerungssoftware kann dann ihre Ziele nicht erreichen. II. Verkehrssicherheit Bedingt durch eine hohe Verkehrsdichte, kreuzende Verkehre, die Vielzahl an Fahrern aus verschiedenen Ländern und die Erfordernis, den Trailer rückwärts am Block in einer Übergabespur bereitzustellen, besteht auf der Verkehrsfläche zudem eine erhöhte Unfallgefahr. Diese steigt noch, wenn für die terminalinternen Verkehre Van Carrier zum Einsatz kommen, da Lkw- Fahrer zwar Abmessungen und Geschwindigkeiten von Zugmaschinen beurteilen können, nur schwer jedoch die der Van Carrier. III. Übergabekapazitäten An der Landseite eines Automatiklagerblocks steht jeweils ein begrenzter Raum für Übergabespuren zur Verfügung. Die Anzahl der realisierbaren Übergabespuren hängt von der Breite des Kranportals und der Art der Fahrzeuge/ Geräte ab, welche die Automatiklagerblöcke an der Landseite bedienen. Bei hoher landseitiger La st, die aus einer großen Anzahl gleichzeitig zu bedienender Züge und einem hohen Lkw-Verkehrsaufkommen re sultiert, können die se begrenzten Übergabekapazitäten - auch bei Berücksichtigung der Möglichkeit der individuellen Priorisierung einzelner Blöcke - ein Engpa ss sein. Falls ein RMG einen Auslagerer nicht auslagern kann oder ein Einlagerer nicht im Übergabebereich abge stellt werden kann, entstehen Verzögerungen, welche sich im günstigsten Fall negativ auf die Terminalperformance auswirken und im schlechte sten Fall zu einer Nichtverladung auf die Bahn führen können. IV. Terminalsicherheit Im Zusammenhang mit den Sicherheitsmaßnahmen des ISPS-Codes muss sich jede Person, die das Terminalgelände betritt, identifizieren. Hieraus folgt, dass auch eine Identifikation jedes Lkw-Fahrers erforderlich ist mit entsprechendem Aufwand für den Terminalbetreiber. In Hamburg wurde hierzu von Eurogate und der HHLA gemeinsam 2005 die mit einem Transponder ausgestattete „ TruckerCard“ eingeführt. Diese vereinfacht die Kontrolle an den Gates und beschleunigt die Abfertigung - allerdings ausschließlich für Containertransporte. Bei allen anderen greift das individuelle Sicherheitskonzept des jeweiligen Terminals. Abfertigung über zwei Ebenen Eine O ption, die helfen kann, den vorgenannten Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, liegt in der räumlichen Trennung von terminalinternen und terminalexternen Verkehren an der Landseite eines RMG-Lagers. Dabei ist eine Lösung anzustreben, welche eine Abwicklung über zwei Ebenen, ähnlich einem Parkdeck, beinhaltet. Es erscheint zweckmäßig, auf der unteren Ebene die terminalinternen Verkehre und auf der oberen Ebene die terminalexternen Verkehre abzuwickeln. Das obere Deck ist dabei nach hinten versetzt, so dass über die volle Blockbreite sowohl Güterverkehr + Logistik 41 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 unten als auch oben Übergabespuren bereitstehen. Erkennbare Vorteile einer derartigen Konstruktion und Verkehrsführung liegen in folgenden Punkten: Erhöhung der Anzahl der Übergabe spuren für terminalinterne und terminalexterne Verkehre. Damit geht ein geringerer Flächenbedarf für Warte- und Staupositionen vor den Blöcken einher. Bei entsprechender Abzäunung befinden sich die Lkw und ihre Fahrer stets außerhalb des Terminalgeländes. Ein Passieren des ISPS-Zauns und die damit verbundenen Identifikationen und Formalitäten entfallen. Unfallgefahr sinkt durch Trennung der terminalinternen und terminalexternen Verkehre. Das Layout ermöglicht auch an der Landseite eine Automatisierung der Horizontaltransporte, etwa den Einsatz von Automated Guided Vehicles (AGV) für den Containertransport zwischen Lager und Bahnvorstau. Mehr Puffer für Bahnverkehre bei entsprechender Anzahl an Chassis entsteht, da die gesamte untere Ebene ausschließlich für die Bahnverkehre genutzt werden kann. Bei Einsatz unterschiedlich großer RMG ist eine zeitgleiche Bedienung von Lkw (großer Kran) und Chassis (kleiner Kran) möglich, sofern das Chassis mit Last durch den großen Kran überfahren werden darf. Eventuell nachteilig können sich diese Punkte auswirken: Betriebskosten: Bei der Bedienung der Lkw hat der Kran etwas längere Wege zurückzulegen (verglichen mit bisherigen Konstruktionen). Baukosten: Die Kranschienen müssen länger sein, um beide Ebenen bedienen zu können. Längere Rangierwege für Chassis, da diese in die für die oben befindliche Lkw-Übergabe verlängerten Kranschienen rückwärts einparken müssen. Die zusätzliche Länge entspricht etwa einer Lkw-Länge. Es ist aber zu bedenken, dass Terminaltraktorfahrer gegenüber Lkw-Fahrern als geübter gelten und das rückwärts Einparken keine besondere Hürde darstellt. Beim Einsatz von Traktoren mit drehbarer Kabine erübrigt sich zudem das Rückwärtsfahren und damit die Nachteilhaftigkeit dieses Punkts. In Abbildung 2 ist der Lösungsvorschlag in einer nicht maßstabgetreuen Draufsicht skizziert. Um das Prinzip zu verdeutlichen, sind nur drei Lagerblöcke dargestellt. Die dunkelgraue Fläche visualisiert die obere Ebene, die für die Lkw-Verkehrsfläche vorgesehen ist. Hinsichtlich der konkreten Anzahl an Übergabeplätzen je Block sind die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Die Abbildung 3 zeigt den prinzipiellen Aufbau der Lösung in der Seitenansicht. Die Höhenabmessungen der Konstruktion können überschlagsweise wie folgt angenommen werden: Höhe Chassis 1,3 m + Höhe Highcube-Container 2,90 m = 4,20 m (alternativ AGV: Höhe 1,5 m). Eine lichte Höhe unter der Plattform von 4,7 m erscheint ausreichend. Bei einer Konstruktionsstärke der Plattform von 2 m errechnet sich die Höhe der oberen Fahrbahn von etwa 7 m. Aufgrund entsprechender Beladevorgaben muss der RMG in der Lage sein, einen beladenen Trailer mit Container am Spreader überfahren zu können. Bei einer Trailerhöhe von 1 m, Höhe Highcube-Container 2,90 m und 3 m Raum zum Überfahren ergibt sich eine erforderliche Mindesthubhöhe des RMG von 14 m. Zum Vergleich: Der kleine RMG am Hamburger CTA besitzt bereits eine Hubhöhe von 15,5 m. Für einen landseitigen VC-Betrieb ist dieser Lösungsvorschlag aufgrund der Höhe der VC nicht geeignet. Lediglich „ 1-hoch“ -VC („ Sprinter“ , Stapelfaktor 1) wären aufgrund ihrer geringen Höhe vorstellbar. Fazit Der skizzierte Lösungsansatz kann bei künftigen Containerterminalprojekten eine bauliche O ption zur Bewältigung der Herausforderungen an der Landseite eines Automatiklagers sein, bei der die räumliche Trennung der terminalexternen Lkw-Verkehre von den terminalinternen Verkehren zwischen Bahnabfertigung und Lager im Vordergrund steht. Hinsichtlich einer möglichen Realisierung sind detailliertere Studien zu den Kapazitäten und der technischen Machbarkeit durchzuführen. Der Inhalt dieses Artikels erhebt keinen Anspruch auf eine vollständige Studie, sondern verfolgt das Ziel, einen Input für künftige Diskussionen zu geben. Abb. 2: Schematische Draufsicht einer Zwei-Ebenen- Lösung Q uelle: eigene Darstellung Abb. 3: Schematische Seitenansicht einer Zwei-Ebenen-Lösung Q uelle: eigene Darstellung Güterverkehr + Logistik 42 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Alexander O chs Breiter Gütermix reibungslos vernetzt Trimodale Hafenstandorte als Bausteine für nachhaltige Transport- und Verkehrskonzepte Trotz allgemeiner W irtschaftskrise untermauern die Standorte der Bayernhafen Gruppe - Aschaffenburg, Bamberg, Nürnberg, Roth, Regensburg und Passau - ihre Rolle als marktaktive Logistikcluster. Bezahlt machen sich dabei die Investitionen in die trimodale Infrastruktur. D er Autor Alexander Ochs, Prokurist und Verantwortlicher für den Kombinierten Verkehr bei der Bayernhafen Gruppe, Regensburg; a.ochs@bayernhafen.de V om klassischen Binnenhafen zur modernen Logistikdrehscheibe: Mit hoher Effizienz werden an den Standorten der Bayernhafen GmbH & Co. KG, Regensburg, neben Massengütern zunehmend auch Container und andere Ladeeinheiten umgeschlagen. Nur mit Investitionen in den Ausbau der trimodalen Infrastruktur und einer klaren Intermodalstrategie lassen sich auch künftig Wertschöpfungspotenziale sichern. Diese Entwicklung treibt die Gruppe seit Jahren voran - auch in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise. Um die Infrastruktur ihrer Standorte zu stärken, wurde das Investitionsvolumen 2009 mit rund 14 Mio. EUR sogar noch um zwei Mio. EUR gegenüber dem Vorjahr aufgestockt. Investiert wird in Infrastrukturprojekte, die die Prozesse an den Standorten verbessern sowie eine hohe Effizienz für die Hafennutzer bieten. Im vergangenen Jahr kam der überwiegende Teil der Mittel dem Hafen Nürnberg zugute. Geld floss unter anderem in den weiteren Ausbau und die Elektrifizierung der Hafenbahnanlagen. Damit macht sich der Nürnberger Standort fit für da s zu erwartende Wachstum de s Güterverkehrs auf der Schiene nach dem Ende der Krise. Dazu beitragen wird auch da s zweite Modul der Umschlaganlage für den Kombinierten Verkehr, da s im Dezember 2009 seinen Betrieb aufgenommen hat. 32 Mio. EUR hat sich die DB Netz AG den Bau de s neuen Terminals kosten la ssen, da s die im Jahr 2006 fertig ge stellte trimodale KV-Anlage de s Bayernhafens Nürnberg ergänzt. Auf die se Weise verdoppelt sich die jährliche Umschlagkapazität von 155 000 auf 330 000 Ladeeinheiten pro Jahr. Die Ge samtanlage be steht nun aus vier Hochleistungskränen und einem Reachstacker, die jeweils Ladeeinheiten von bis zu 41 t heben können. Die schienenfahrbaren Containerportale überspannen zehn 700 m lange Umschlaggleise, zwei Lade- und Fahrspuren für Lkw und sechs Abstellspuren für Ladeeinheiten. Mit der Inbetriebnahme dieses zweiten Moduls rückt die Anlage in die Champions League der europäischen Binnenterminals auf. Betreiber ist die TriCon Container-Terminal Nürnberg GmbH, an der die Bayernhafen Gruppe über die Hafen Nürnberg- Roth GmbH (Anteil Bayernhafen: 80 % ) mit 25 % beteiligt ist. Die Anlage soll eine zentrale Rolle für den Umschlag im nationalen und internationalen Gütertransport spielen und gewährleisten, dass die Verkehrsträger Straße, Wasser und Schiene reibungslos vernetzt sind. Hier können Gütervolumen für Kombinierte Verkehre gebündelt und neu generiert werden. Kurze Wege am Standort und beim Umschlag der Waren garantieren geringe Kosten, eine hohe Q ualität und sind letztlich die Basis für die Verlagerung auf alternative Verkehrsträger. Nicht nur KV als Trumpf Schon heute ist der Bayernhafen Nürnberg Süddeutschlands größte Logistik- und KV-Drehscheibe: Einer Studie der Deutschen GVZ-Gesellschaft zufolge belegt Nürnberg Platz drei im Ranking der europäischen Güterverkehrszentren. Auch die Häfen Aschaffenburg, Bamberg, Roth, Regensburg und Passau haben ihre Position als natürliche Logistikcluster mit Investitionen in trimodale Infrastrukturen weiter gestärkt. In den sechs Häfen wird eine breite Palette von Gütern umgeschlagen, die von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen über Eisen und Stahl bis hin zu Fahrzeugen reicht. Durch diesen breiten Mix an Industrieprodukten steht die Gruppe in der Wirtschaftskrise vergleichsweise gut da - wenngleich die Auswirkungen auch an ihren Standorten spürbar sind. So sank der Güterumschlag im ersten Halbjahr 2009 um insgesamt 8,8 % auf 12,42 Mio. t. Während jedoch das Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung im ersten Halbjahr 2009 für alle bayerischen Häfen ein Minus von 18,3 % beim Schiffsgüterumschlag verzeichnete, ging dieser an den sechs Bayernhafen- Standorten im Schnitt nur um 11,1 % auf 1,761 Mio. t zurück. Unterde ssen hat die Gruppe auch in den kla ssischen Umschlag kontinuierlich inve stiert und an ihren Standorten unter anderem die Kapazitäten für da s Handling von Schwergut ausgebaut. Die se könnten schon im laufenden Jahr verstärkt wieder in Anspruch genommen werden, weil sich ein Ende der Talfahrt im Ma schinenbau abzeichnet. So rechnet der Verband deutscher Ma schinen- und Anlagenbauer für 2010 mit einem leichten Wachstum der Produktion - wenn auch auf niedrigem Niveau. 200 Windkraftrotorenblätter von Pa ssau nach Bulgarien, rie sige Gär- und Lagertanks von Regensburg nach We stafrika, ein mehr als 400 t schwerer Transformator von Nürnberg nach Taiwan: Die se Beispiele aus jüngster Zeit belegen, da ss Binnenhäfen mit einer effizienten Infra struktur für den Umschlag schwe- Umschlag Wasser/ Schiene in Aschaffenburg Foto: Bayernhafen Gruppe Güterverkehr + Logistik 43 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 rer Güter ein Standortvorteil für die Maschinen- und Anlagenbauunternehmen sind, ohne den die se Unternehmen sonst nicht im Binnenland produzieren könnten. Neben den Verlademöglichkeiten auf da s Binnenschiff schätzen sie zudem da s Know-how und die Flexibilität der Hafenstandorte für den Transport ihrer Module und Großanlagen. Von dort aus können sie jeden ihrer weltweiten Abnehmer erreichen. Netz geknüpft Neben ausreichenden Flächen und leistungsstarkem Umschlaggerät kommt es der verladenden Industrie auf eine gute Anbindung an die Seehäfen und andere logistische Knotenpunkte an. Die Bayernhäfen haben in den vergangenen Jahren ein dichtes Netz intermodaler Relationen in Europa geknüpft, das von den Seehäfen in Deutschland und in Benelux bis nach Bulgarien reicht. Diese Netzwerkstrategie ist neben der trimodalen Ausrichtung für ein nachhaltiges Wachstum der Hafenstandorte von entscheidender Bedeutung. Aktuellstes Beispiel ist die noch engere Schienenanbindung Bambergs an die deutschen Seehäfen. Der O perateur TFG Transfracht hat im Dezember 2009 die Zahl der wöchentlichen Abfahrten von drei auf fünf erhöht. Seitdem das bimodale KV-Terminal in Bamberg zum Fahrplanwechsel 2008/ 2009 den Betrieb aufgenommen hat, ist die Nachfrage kontinuierlich gestiegen. Im AlbatrosExpress-Zugsystem von TFG Transfracht, das 20 Terminals in allen wichtigen Wirtschaftsregionen in Deutschland, Ö sterreich und der Schweiz verknüpft, fungiert der Bayernhafen Bamberg als wichtiges Bindeglied. 3,5 Mio. EUR wurden in das Terminal investiert, das über zwei Ladegleise mit einer Länge von jeweils 360 m und eine Umschlagkapazität von bis zu 80 000 TEU verfügt. Betreibergesellschaft ist die Baymodal Bamberg GmbH, an der die Bayernhafen GmbH & Co. KG mit 74,9 % und TFG Transfracht mit 25,1 % beteiligt sind. Zweitgrößtes bayerisches Bahnnetz Durch den gezielten Ausbau ihrer Terminal- und Schieneninfra struktur verfügt die Bayernhafen Gruppe über da s zweitgrößte Bahnnetz in Bayern. Über die Schiene werden neben den deutschen Seehäfen Hamburg und Bremerhaven beispielsweise auch Ziele in Italien wie Trento und Verona ange steuert. Anbindungen an Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen sowie Vidin/ Bulgarien gibt e s zudem über den Rhein-Main-Donau-Wa sserweg. Auch die im Herbst 2009 vereinbarte Kooperation mit Interporto Bologna, dem wichtigsten Güterverkehrszentrum in Norditalien, spielt eine große Rolle. Ziel ist, künftig vor allem die intermodalen Verkehre zwischen Italien und Süddeutschland weiter auszubauen. Ziel ist auch, voneinander zu lernen und entsprechenden Know-how- Transfer zu leisten, um so künftig Benchmarks für intermodale Verkehre setzen zu können. Schon jetzt dürfte klar sein, da ss die Kooperation zwischen der Bayernhafen Gruppe und Interporto Bologna sowie die Suche nach gemeinsamen Lösungen die Marktposition beider Partner stärken wird. Die se s Beispiel zeigt nicht nur, da ss sich alle an einer Logistikkette Beteiligten durch engere Zusammenarbeit zusätzliche Potenziale erschließen können, sondern auch, da ss sich die Bayernhafen Gruppe nicht nur als Anbieter und Betreiber von logistischer Infra struktur versteht. Vielmehr ist da s Hafenmanagement stark kundenorientiert und sieht sich dabei als Moderator, der neue Güterpotenziale identifiziert. In enger Zusammenarbeit mit den Kunden werden dann neue Relationen ins Leben gerufen, praktische Hilfestellungen bei der operativen Umsetzung gegeben sowie bisherige Abläufe hinterfragt: Warum müssen Leercontainer auf der Straße transportiert werden? Ist nicht auch eine Lösung per Binnenschiff denkbar? Warum gibt e s keine Lösung, die nicht kranbaren Sattelaufliegern effizient und wirtschaftlich den Umstieg auf die Schiene ermöglicht? Neutralität zählt Ein derartiges Hafenmanagement ist gleichzeitig immer ein aktives Clustermanagement und übernimmt die Rolle eines Standortarchitekten: Ein solcher entwickelt unternehmensübergreifende Strategien, investiert in hochflexible Infrastruktur und erschließt in Kooperation mit den Hafenansiedlern neue Wertschöpfungspotenziale. Für alle Partner gilt: Jedem Nutzer steht die Verkehrsinfrastruktur der Bayernhafen Gruppe offen, die dabei neutraler Betreiber und Dienstleister ist. Bayernhafen GmbH & Co. KG Zur Bayernhafen Gruppe, Regensburg, gehören die sechs Standorte Aschaffenburg, Bamberg, Nürnberg, Roth, Regensburg und Passau. Die Lage an wirtschaftsgeografisch bedeutenden Knotenpunkten, kombiniert mit einer effizienten Verknüpfung der Verkehrswege Wasser, Schiene und Straße, zeichnet die Standorte aus. In 2008 wurden insgesamt 28,087 Mio. t Güter umgeschlagen, davon 4,640 Mio. t per Schiff, 5,576 Mio. t per Bahn und 17,871 Mio. t per Lkw. 800 ha Gesamthafenfläche und rund 500 ansässige Unternehmen mit mehr als 12 000 Beschäftigten machen die Gruppe zu einem der leistungsstärksten Logistiknetzwerke in ganz Europa. Hintergrundzahlen Güterverkehr + Logistik 44 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Wolfgang Müller Terminalbetrieb in Zeiten der Krise D ie D eutsche Umschlaggesellschaft Schiene - Straße mbH (DUSS) hat ein Jahr voller Herausforderungen hinter sich, dennoch wird der Markt für den Kombinierten Verkehr (KV) langfristig weiter wachsen. Zukunftsthemen der Terminalbranche sind daher der Ausbau der Infrastruktur zur Schaffung weiterer Kapazitäten sowie die O ptimierung des Betriebs. D er Autor W olfgang M üller, Vorsitzender der Geschäftsführung der DUSS mbH, Am Kümmerling 24-26, 55294 Bodenheim U m den Folgen der Wirtschaftskrise entgegenzuwirken und Arbeitsplätze zu sichern, hat die Bundesregierung Konjunkturprogramme aufgelegt. Ausgelegt auf einen zeitlichen Horizont bis 2011, stehen dabei allein rund 1,3 Mrd. EUR für die Schieneninfrastruktur zur Verfügung, die nicht zuletzt auch den Umschlagterminals zu Gute kommen. Trotz der Konjunkturprogramme sorgten verringerte Außenhandelsaktivitäten insbesondere in der Transport- und Logistikwirtschaft dafür, dass Containerschiffe nicht mehr voll ausgelastet wurden, die Häfen nach Jahren des Booms an Beschäftigung einbüßen mussten und somit auch Deutschland und das europäische Hinterland nicht mehr im bisherigen Umfang am Seehafenhinterlandverkehr partizipierten. Auch die DUSS blieb 2009 nicht vollständig von den Folgen der Wirtschafts- und Transportkrise verschont. Mit ihren 24 bundesweiten Schiene-Straße-Terminals stellt sie einen Großteil der Terminals und Umschlagkapazitäten im Kombinierten Verkehr (KV) in Deutschland zur Verfügung. Umso schwerwiegender war für die DUSS der Umstand, dass zunächst nicht nur der Seehafenhinterlandverkehr, sondern auch die oft zwischen verschiedenen DUSS-Terminals laufenden Verkehre von den schwierigen Entwicklungen auf dem KV-Markt betroffen waren. Durch Zusammenlegung von Relationen und eine enge monatliche Abstimmung der Programme, insbesondere mit den Hauptkunden Kombiverkehr und DB Schenker Rail Deutschland, gelang es jedoch, die bestehenden Netzwerkverbindungen im Jahresverlauf zu stabilisieren. Ungeachtet des 2009 zu verzeichnenden Rückgangs der Umschlagmenge um rund 13 % , hat sich das System „ Kombinierter Verkehr“ in den Zeiten der Krise bewährt. Gerade diese Güterverkehrssparte hat in den vergangenen Jahren in hervorragender Weise dazu beigetragen, dass Güter- und Warenströme sowohl aus wirtschaftlicher als auch umweltpolitischer Sicht sinnvoll unter Einbindung der Schiene verlagert wurden. Die Akzeptanz des KV ist weiterhin hoch, wozu auch verbesserte Wettbewerbsbedingungen beigetragen haben. Der Aufwärtstrend der vergangenen zehn Jahre ist zudem die notwendige Folge der globalen Vernetzung von Güter- und Verkehrsströmen, in denen intermodale Ladeeinheiten wie Container und Wechselbehälter immer stärkere Verbreitung finden. Bedarfsgerechter Kapazitätsausbau bleibt Hauptthema Trotz aktueller Wirtschafts- und Transportkrise sieht sich die europäische Bahninfrastruktur - insbesondere im Transitland Deutschland - nach bestehenden Prognosen mittel- und langfristig einer erheblich steigenden Nachfrage nach Verkehrsleistungen gegenüber. Daher wurde schon in den zurückliegenden Jahren damit begonnen, die Voraussetzungen für ein leistungsfähiges Schienennetz zu schaffen, das die erwarteten Zuwächse kapazitiv an den richtigen Stellen aufnehmen kann. Gerade die großen Terminals waren bereits im Jahr 2007 und insbesondere 2008 sehr stark ausgelastet. Deshalb hat die DUSS die Chance genutzt, in diesen Anlagen bei laufendem Betrieb mit Ausbaumaßnahmen zu beginnen. So wurde in Kornwestheim - einer Anlage mit drei Portalkränen - neben der Kranbahnverlängerung des zweiten Kranbahnmoduls auf 650 m Länge zusätzlich noch ein vierter Portalkran installiert. Dieser konnte Mitte Dezember 2009 seiner Bestimmung übergeben werden. Die Kranbahnverlängerung, zu der auch zwei Abstellspuren gehören, sowie der zusätzliche Kran erhöhen die Kapazität am Standort von rund 100 000 auf 150 000 Ladeeinheiten pro Jahr. Die Investition von etwa 7 Mio. EUR ist langfristig gut angelegt. Ferner wurde der schon lange geplante Ausbau im Terminal München-Riem in Angriff genommen. Im September rollten die ersten Bagger an, um der wichtigsten KV-Drehscheibe für den europäischen Güterverkehr im Südosten Deutschlands noch ein drittes Kranbahnmodul mit zusätzlich zwei Portalkränen, vier Umschlaggleisen und verbesserten Abstellmöglichkeiten hinzuzufügen. Seit Jahren operiert das Terminal mit mehr als 250 000 Ladeeinheiten pro Jahr an seiner Kapazitätsgrenze. Bis Ende 2010 soll der rund 16,5 Mio. EUR teure Ausbau abgeschlossen sein und eine betriebsprogrammabhängige Gesamtkapazität von rund 350 000 bis 400 000 Ladeeinheiten p. a. zur Verfügung stehen. Weitere Ausbauten und Kleinmaßnahmen werden bis Ende 2010 realisiert, darunter auch der Umbau und die Erweiterung des Terminals in Regensburg mit einem Kapazitätszuwachs von 100 000 auf 120 000 Ladeeinheiten pro Jahr für rund 6,5 Mio. EUR. Dank der finanziellen Mittel, die über die beiden Konjunkturpakete der Bundesregierung für den Infrastrukturausbau freigegeben wurden, werden bis Ende 2011 in Köln Eifeltor und Hamburg-Billwerder die Erweiterungen der Anlagen um jeweils ein drittes Kranbahnmodul vorangetrieben. Mit Investitionen von rund 32 Mio. EUR für Köln und 16 Mio. EUR für Hamburg wird die betriebsprogrammabhängige Leistungsfähigkeit der Umschlaganlagen pro Jahr jeweils von rund 300 000 auf rund 350 000 Ladeeinheiten in Köln sowie von 250 000 auf 340 000 Ladeeinheiten in Hamburg gesteigert. Beide Anlagen sind wichtige Drehscheiben für nationale und internationale Verkehre und konnten die Zuwächse der vergangenen Jahre kaum noch ohne Ausbau bewältigen. Auch die Investitionsgroßprojekte „ MegaHub Hannover-Lehrte“ und „ KV-Hub Rhein-Ruhr“ in Duisburg werden weiter verfolgt. Für diese Projekte prüft der Bund die Finanzierungen noch. Mit den derzeit laufenden Investitionen verschafft sich die DUSS die Kapazitäten, Abb. 1: Terminalkarte DUSS mit Rollout- Stand BLU Q uelle: DUSS Güterverkehr + Logistik 45 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 die nach Überwindung der Transportrezession auf Basis der langfristigen Prognosen zur Entwicklung im Güterverkehr erforderlich sein werden. Terminaloptimierung durch Vernetzung der Informationen und Prozesssteuerung Bei der Terminaloptimierung setzt die DUSS weiterhin auf die Vernetzung der Informationsflüsse. Das flächendeckende Rollout des Betriebsleitsystems für Umschlagterminals (BLU) kommt voran. Inzwischen sind zwölf Terminals am Netz (siehe Abb. 1). Im vergangenen Jahr stellten Wuppertal, Regensburg und Karlsruhe auf BLU-Betrieb um. Ende Februar 2010 wird Duisburg Ruhrort Hafen folgen. Dass das BLU die umfangreichen Informationsprozesse und das Auftragsmanagement in den Terminals zwischen den Beteiligten hervorragend unterstützt, zeigt ein Blick auf die Statistik. Mehr als 5 Mio. Auftragsdatensätze, rund 20 Mio. Statusinformationen und noch einmal so viele Vormeldedaten hat das System in den vergangenen fünf Jahren verarbeitet. Täglich werden über die Datenschnittstellen durchschnittlich rund 1700 Datensätze pro Terminal ausgetauscht, auf deren Basis die Disponenten ihre verschiedenen Terminalaktivitäten managen. Die Kundenanforderungen an den Informationsfluss sind ebenso gestiegen. Reichte früher oft ein Blatt Papier zur Übermittlung von Aufträgen, legen viele Kunden heute Wert auf Echtzeitverarbeitung über elektronische Schnittstellen, mit denen eine Statusverfolgung möglich ist. Um dies zu unterstützen, wurden in Kornwestheim, Leipzig und Basel mobile Datenerfassungsgeräte vom Typ Psion Teklogix 7535 G2 erfolgreich im Pilotbetrieb getestet. Die Transparenz der Abläufe und die Schnelligkeit der Statusinformationen für die Ladeeinheiten sind dadurch verbessert worden. Der flächendeckende Einsatz an den BLU- Terminals wird daher geprüft. Weitere Modulerweiterungen sind in Vorbereitung. So untersucht die DUSS im aktuellen Forschungsprojekt „ Neue Technologieansätze für automatisierbare Terminals im Kombinierten Verkehr (TaT)“ Lösungen, wie schnell und kostengünstig auf Ba sis der be stehenden Infra struktur die Leistungsfähigkeit der Terminals ge steigert werden kann. Schwerpunkte bilden dabei unter anderem die automatisierte Kranansteuerung und die dynamische Lagerplatzverwaltung. Hierzu soll da s System BLU die Möglichkeit bekommen, auf Ba sis einer vorgegebenen oder berechneten Zielposition den Kran halbautomatisch an die se Position zu steuern. Bei der dynamischen Lagerplatzverwaltung werden Methoden erforscht, mit denen etwa die Langzeitabstellung für die Seehafenverkehre im Terminal optimiert werden kann. Mit der Terminalprozessoptimierung speziell für zeitkritische Verkehre befasst sich das Projekt „ XPressNet“ . Hier engagiert sich die DUSS mit weiteren Projektpartnern bei der Durchleuchtung und Verbesserung der Abläufe zum Auf- und Ausbau von besonders zeitsensiblen Schienenverkehren, wie sie beispielsweise DHL und die Spedition Hellmann anbieten. Im Ergebnis dessen könnten Transportmengen von der Straße für den KV gewonnen werden. Diese Chance besteht insbesondere dann, wenn es gelingt, den Abfertigungs- und Durchlaufprozess so zu optimieren, dass hierfür weniger als 15 Minuten erforderlich sind. Auch an europäischen Projekten beteiligt sich die DUSS. So steht das Forschungsprojekt „ TIGER“ für „ Transit via Innovative Gateway concepts solving European Intermodal Rail needs“ . Darin werden unter anderem Lösungen für die optimale Hinterlandvernetzung maritimer Verkehre zur Entlastung der Häfen und Straßen untersucht. Die DUSS engagiert sich zusammen mit dem O perateur Kombiverkehr und anderen Partnern im Arbeitspaket „ Intermodal Network 2015+“ . Dabei wird besonders die systemische und betriebliche Integration von Terminaldrehscheibenkonzepten, wie das des geplanten MegaHub Lehrte, in ein solches Netzwerk untersucht. Von Terminaldrehscheibenkonzepten versprechen sich die Projektteilnehmer eine höhere Effizienz und Bündelungsfähigkeit beim Aufbau und der Gestaltung von intermodalen Verkehrsnetzen. Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass in der Marktbearbeitung für den KV noch einiges Potenzial steckt. Als Terminalbetreiberin nutzt die DUSS die aktuelle Konjunkturschwäche, um mit kühlem Kopf zur Umsetzung der langfristigen Ziele zur Sicherung der KV-Kapazitäten und Steigerung der Betriebseffizienz beizutragen. Die damit erzielbaren Ergebnisse kommen dem gesamten KV-Markt zugute und tragen somit zur weiteren Erholung und Ausweitung des Markts bei. D USS Die Deutsche Umschlaggesellschaft Schiene - Straße mbH betreibt, plant und baut Umschlagterminals des Kombinierten Verkehrs sowie Verladeanlagen der Rollenden Landstraße (RoLa). Ziel der Gesellschaft mit Sitz in Bodenheim ist die nachhaltige Förderung des Kombinierten Verkehrs an der Schnittstelle der Verkehrsträger Schiene und Straße. Gesellschafter der DUSS sind die Frankfurter DB Netz AG (75 % ), die Kombiverkehr Deutsche Gesellschaft für Kombinierten Güterverkehr GmbH & Co KG, Frankfurt am Main, (12,5 % ) sowie die DB Mobility Logistics AG, Berlin (12,5 % ). Aufgabe und Gesellschafter Umschlag am DUSS-Terminal Leipzig-Wahren Foto: DUSS M obiles Datenerfassungsgerät im Einsatz am Terminal Kornwestheim Foto: DUSS 46 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Leserforum Mit Erstaunen habe ich den Beitrag „ Stuttgart 21 − Kostensprünge und Verzögerungen“ von Christian Burgdorf in Internationales Verkehrswesen 12/ 2009 gelesen. O ffensichtlich weiß der Verfasser nicht, dass „ Stuttgart 21“ (S 21) ein unternehmerisches Projekt der DB AG ist, das die Verbindung zwischen der im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) beschlossenen Neubaustrecke (NBS) Wendlingen − Ulm über einen unterirdischen Tiefbahnhof anstelle des Stuttgarter Hauptbahnhofs (Hbf) mit der Strecke Stuttgart − Feuerbach − Mannheim herstellen soll. Für diese Verbindung gibt es auch eine Alternative, die den Stuttgarter Hbf als Kopfbahnhof erhält und den Anschluss an die NBS über Stuttgart − O bertürkheim − Denkendorf vorsieht. Bedauerlicherweise hat die DB AG diese Alternative, die statt 33 km nur 8 bis 10 km Tunnelstrecke vorsieht, nicht untersucht. Über das Projekt S 21 kann man unterschiedlicher Meinung sein, doch unstrittig zwischen Befürwortern und Gegnern ist, dass S 21 nur funktioniert, wenn auch die anschließende NBS Wendlingen − Ulm gebaut wird. Diese NBS erwähnt Burgdorf mit keinem Wort. Für die NBS über die Schwäbische Alb gibt es bislang keine Ausführungsplanung, obwohl sie durch ein geologisch äußerst schwieriges Gebiet mit wasserführenden Höhlen führt. Von sieben Planfeststellungsabschnitten sind zur Zeit erst zwei genehmigt. Es fehlen aktuelle nachprüfbare Baukosten- und Kosten-Nutzen-Berechnungen. Die Baulast liegt beim Bund; die Baukosten werden seit Jahren mit 2,025 Mrd. EUR beziffert, von denen 950 Mio. EUR das Land Baden-Württemberg beisteuern will. Bahnfachleute rechnen hingegen anhand der abgerechneten NBS Nürnberg − Ingolstadt für die NBS Wendlingen − Ulm mit Kosten von 5,690 Mrd. EUR. Die Finanzierung dieser NBS ist bislang offen, weil absehbar ist, dass zahlreiche Vorhaben aus dem BVWP angesichts der Finanzkrise des Bundes zurückgestellt oder gestrichen werden müssen. Die Befürworter von S 21 betreiben nun mit Nachdruck den Baubeginn in der Erwartung, dass es für die NBS, wenn S 21 einmal begonnen ist, kein Zurück geben kann. Das ist die aus zahlreichen öffentlichen Bauprojekten bekannte Unsitte, die Kosten und Risiken schönzurechnen in der Gewissheit, das Parlament werde, wenn der Bau einmal begonnen ist, die Mehrkosten später schon genehmigen. Hier geht es allerdings nicht „ nur“ um Mehrkosten, sondern um ein grundsätzliches Risiko: Erweist sich die NBS Wendlingen − Ulm als nicht machbar oder nicht finanzierbar, dann wäre S 21 ein unbrauchbarer Torso, ein Schwabenstreich in Milliardenhöhe. Ein Baubeginn für S 21 ist nicht zu verantworten, solange für die NBS Wendlingen − Ulm nicht Planungen, Kostenermittlungen und Erläuterungen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung, die Kosten, die vorgesehene Finanzierung und ein Zeitplan ersichtlich sind. Das ist das wahre Risiko für S 21, aber davon weiß Burgdorf offenbar nichts, oder er weiß es und verschweigt es. Peter Conradi, Stuttgart Das wahre Risiko von Stuttgart 21 Leserbrief zum Beitrag „Stuttgart 21 - Kostensprünge und Verzögerungen“, in IV 12/ 2009, S. 492 -499 Industrie + Technik Stahlberg-Roensch und Contrack Vossloh kauft Firmenteile Die Vossloh AG, Werdohl, erweitert ihre Aktivitäten um das neue Geschäftsfeld Schienendienstleistungen. Hierzu hat Vossloh Mitte Dezember 2009 einen Kaufvertrag über die entsprechenden Gesellschaften der Stahlberg-Roensch-Gruppe (SR), Seevetal, sowie die LO G Logistikgesellschaft Gleisbau mbH und die ISB Instandhaltungssysteme Bahn GmbH der Contrack-Gruppe, Hannover, geschlossen. Der Zukauf umfasst sieben deutsche Standorte, die sich vor allem auf komplexe Lösungen für die Logistik und das Verschweißen sowie die präventive Pflege von Schienen spezialisiert haben. In diesen Segmenten sind die Gesellschaften in Deutschland Marktführer. Das neue Geschäftsfeld wird unter dem Namen „ Vossloh Rail Services“ operieren und zum Geschäftsbereich „ Rail Infrastructure“ gehören. Vossloh strebt an, die Aktivitäten auch international auszubauen. (cm/ zp) TÜV Süd M ehr Leistung im Angebot Um Dienstleistungen im Bereich Zugleitsysteme, Verkehrsmanagement und Signalanlagen bei Planung, Bau und Betrieb von Schienenstrecken konzentrierter anbieten zu können, hat die TÜV Süd Rail GmbH, München, zusammen mit ihrer Tochter ISV mbH die Schweizer Aktiengesellschaft ECG, Bern, gegründet. Das Unternehmen soll Dienstleistungen für das Europäische System ERTMS (European Rail Traffic Management System) sowie moderne Zugleitsysteme aus einer Hand anbieten. (ici/ zp) Astrium Sat-Containerüberwachung Ein neues Überwachungssystem der Bremer EADS-Tochter Astrium soll für mehr Sicherheit im Containerverkehr sorgen. Es stellt sicher, dass der Container nicht geöffnet und etwas unerlaubt herausgenommen oder hineingestellt wird. Das System besteht aus einer Box mit Überwachungstechnik, die an der Tür des Containers angebracht wird und dessen Zustand permanent kontrolliert. Sensoren messen unter anderem die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit im Inneren - was vor allem für den Transport von Lebensmitteln oder Medikamenten wichtig ist. Sie können aber auch gefährliche Chemikalien oder radioaktive Strahlung feststellen. Mit Hilfe von GPS ermittelt die Box zudem den Standort des Containers. Via Satellit sendet sie diese Daten an ein Kontrollzentrum, das Alarm schlägt, wenn sich jemand unerlaubt am Container zuschaffen macht oder die Ladung in Gefahr ist. Gleichzeitig können die Kunden rund um die Uhr verfolgen, wo sich ihre Fracht gerade befindet. Die ersten Einheiten kommen demnächst auf den Markt. (zp) Logis.Net CargoRapid auf der Schiene Ein neues schienengebundenes Gütertransportsystem haben sich Wissenschaftler und Techniker von Logis.Net, dem Kompetenzzentrum für Verkehr und Logistik der regionalen Innovationsstrategie (RIS) Weser-Ems in der Science to Business GmbH - Fachhochschule O snabrück, unter der Leitung von Prof. Wolfgang Bode einfallen lassen. Die Wagen von CargoRapid können zwar auch im konventionellen Bahnnetz rollen und mit lokbespannten Zügen befördert werden, doch gedacht haben die Forscher an Schienenfahrzeuge, von denen jeder Waggon über einen im Gleisbett installierten Linearmotor angetrieben wird. Die Energieversorgung kann nach Angaben der Entwickler dezentral erfolgen. Vollkommen automatisch und fahrerlos soll der Betrieb funktionieren, um den technischen Aufwand für den Stre- Das System CargoRapid soll mehr Güterverkehr auf Schienen bringen. Q uelle: LogisNet Industrie + Technik ckenbau zu reduzieren. Eine Kopplung von Wagen ist möglich, die maximale Geschwindigkeit soll bei 200 km/ h liegen. Die Waggons sind zweigeteilt aufgebaut: Ein einheitliches Fahrgestell wird mit einem Aufbau entsprechend dem speziellen Einsatzzweck ausgerüstet. (cm/ zp) CargoCap Neue Studie Seit mehr als zehn Jahren wird an der Ruhr-Universität Bochum unter der Leitung von Prof. Dietrich Stein an CargoCap geforscht, einer Art Riesenrohrpost für das Ruhrgebiet, bei der Fahrzeuge unterirdisch und unabhängig vom bisherigen Verkehrssystem Palettenfracht transportieren. Das Prinzip wurde bereits häufig verworfen, nun gibt es eine neue Marktpotenzialanalyse. Die Untersuchung geht davon aus, dass das CargoCap-System in Konkurrenz zu den herkömmlichen Transportwegen auf Straße, Schiene und Wasser einen Marktanteil von mindestens 15 % erreichen und dann rentabel betrieben werden kann. Grundlage der aktuellen Berechnung ist eine 85 km lange unterirdische Strecke zwischen Dortmund und Duisburg mit 20 Stationen, die für rund 800 Mio. EUR innerhalb von zwei Jahren errichtet werden und dann vor allem für den Einzelhandel und die Industrie Waren auf kleinen Europaletten in Kapseln durch Rohrleitungen mit einem Durchmesser von 2 m transportieren soll. Für die Studie wurden für einen Zeitraum von 20 Jahren die Investitions-, Betriebs- und Personalkosten, die übrigen Aufwendungen und die Entwicklung des Transportmarkts sowie der Frachtkostensätze geschätzt. Bei konservativen Schätzungen ist nach Angaben der Forscher der Marktanteil von 15 % nach etwa 14 Jahren erreicht. Wer das Projekt finanzieren könnte, ist unklar. Das Land Nordrhein-Westfalen will sich nicht beteiligen. (zp) Höft & Wessel M obiles Tablet-Terminal Skeye, der Geschäftsbereich für mobile Lösungen der Höft & Wessel-Gruppe, hat mit skeye.e-motion ein neues mobiles Terminal im Tablet-Format für den Einsatz im Außendienst und in der Logistik entwickelt. Mit seinem 5,7“ großen Touchscreen, dem geringen Gewicht (weniger als 800 g) und der robusten Bauweise im Industriestandard ist das neue Gerät handlich. Es kann in der Auftragsverwaltung, der Materialbestellung, Navigation, O rtung, Dokumentation und Datenerfassung bis hin zur Rechnungsstellung direkt beim Kunden eingesetzt werden. Das leistungsfähige Terminal ermöglicht zudem die O nline- Kommunikation über Mobilfunknetz, WLan oder Bluetooth. Das neue Gerät ist zwischen den klassischen PDAs und mobilen Scannern sowie Geräten im Netbook- Format angesiedelt. (zp) Krone M AN wartet Trailer Die Fahrzeugwerk Bernard Krone GmbH, Werlte, und die MAN Truck & Bus Deutschland GmbH, München, arbeiten künftig zusammen. Das MTBD-Servicenetz übernimmt alle Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten an Krone-Fahrzeugen und darf Garantiearbeiten an den Fahrzeugen im Auftrag und im Namen von Krone durchführen. In Deutschland umfasst das Netz 153 zertifizierte MAN-Servicepartner. Durch diese Vereinbarung steht den Kunden ein Rundum-Service für das gesamte Fahrzeug zur Verfügung. (zp) Einsatz von Skeye.e-motion im Lager Foto: Höft & Wessel Industrie + Technik 48 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 zes von Sicherheitssystemen in Autos und an Straßen, in dem permanent Daten ausgetauscht werden, die für die Verkehrssicherheit aller relevant sind. (zp) ViaPorto Neuer Stadtbahnbetreiber Die Stadtbahn in Porto bekommt zum 1. April einen neuen Betreiber. Das Konsortium ViaPorto hat für 170 Mio. EUR den Zuschlag bekommen. Zu dem Konsortium gehören neben Arriva und Keolis die Grupo Barraqueiro, die bereits im Raum Lissabon die Metro Sul do Tejo und die Bahnlinie Fertagus betreibt, sowie das Bauunternehmen Manvia. Geboten haben auch Veolia und das Konsortium Efacec/ Transdev. Das derzeit 60 km lange Netz wird bisher von Transdev im Auftrag des Konsortiums Normetro betrieben, an dem Transdev beteiligt ist. Seit dem 1. Februar wird die rote Linie von Póvoa de Varzim komplett mit den neuen Bombardier Flexity Swift Bahnen bedient. Die frei gewordenen Eurotrams dienen zur Kapazitätserhöhung der blauen und grünen Linie. Unterdessen ist der Auftrag zur Verlängerung der gelben Linie um 600 m von D. Jo-o II nach Santo O vídio vergeben worden. Für 22,8 Mio. EUR wird 130 km bei einer möglichen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/ h aus. In einem nächsten Schritt ist die Auslieferung weiterer 2000 Transporter geplant. (zp) TU München W arnsystem an Kreuzungen Der Verkehr auf Straßenkreuzungen in Innenstädten soll künftig sicherer werden. Mit Sensoren und Sendern verbundene Rechner, die das Verkehrsgeschehen erfassen, können Autofahrer vor drohenden Kollisionen warnen. Wissenschaftler des Lehrstuhls für Verkehrstechnik der TU München (TUM) haben jetzt erfolgreich ein solches neu entwickeltes System getestet. Es beobachtet - zum Beispiel oben am Ampelmast befestigt - die Bewegungen von Autos, Radfahrern und Fußgängern und berechnet diese permanent voraus. So erkennt es frühzeitig kritische Situationen und kann an Fahrzeuge, die mit entsprechenden Empfängern ausgestattet sind, Warnsignale senden. Die Software wurde von den TUM-Wissenschaftlern gemeinsam mit der Entwicklungsfirma für Verkehrs- und Datentechnik Mat.Traffic im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts „ Safespot“ kreiert. Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Net- Daimler Elektro-Transporter Von diesem Sommer an sollen 100 des kürzlich von Daimler vorgestellten Mercedes-Benz Vito mit Elektroantrieb bei 20 ausgewählten Kunden zum Einsatz kommen. Besonders auf Kurzstrecken und in Innenstädten soll sich ihre Alltagstauglichkeit bewähren. Die Fahrzeuge sind mit einer Lithium-Ionen-Batterie mit einer Arbeitsspannung von 400 Volt sowie einer Leistung von 32 kWh ausgerüstet und verfügen über eine Nutzlast von 900 kg. Der Hersteller geht von einer Reichweite von Gut belegt Nach dem Anmeldeschluss für Aussteller der InnoTrans Mitte Februar haben nun die Hallenplaner der Messe Berlin mit ihrer Arbeit begonnen. Zum ersten Mal werden in diesem Jahr auch die Hallen rund um den Funkturm in die InnoTrans mit einbezogen, womit fast das gesamte Messegelände belegt ist. „ Das ist angesichts der weiterhin sehr angespannten internationalen Wirtschaftslage eine bemerkenswerte Entwicklung“ , zieht Messedirektor Matthias Steckmann eine Zwischenbilanz. „ Die hohen Buchungszahlen unterstreichen einmal mehr die ungebrochene Attraktivität dieser Leitmesse für die internationale Verkehrstechnikbranche.“ Career Point-Pavillon Das Thema Nachwuchs und Karriere erfährt auf der InnoTrans 2010 große Aufmerksamkeit. Die an der Aktion „ Career Point“ beteiligten Firmen wollen junge Menschen für die Schienenverkehrstrechnik interessieren und signalisieren durch Symbole in leuchtendem O range, dass auf ihrem Messestand kompetente Ansprechpartner für Fragen zu Aus- und Weiterbildung bereitstehen. Das Angebot wird kombiniert mit einer speziellen Präsentations- und Kommunikationsfläche - dem Career Point-Pavillon. Dort sind unter anderem die Unternehmen Bombardier Transportation GmbH, Siemens AG, Vossloh AG, die European Railway Agency (ERA) und der Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) vertreten. Neuer Ö BB-Standort Die Ö sterreichischen Bundesbahnen Ö BB haben in Wien den neuen Standort „ Matzleinsdorf“ eröffnet. Hier sind Bereiche von drei verschiedenen Ö BB-Gesellschaften vereint: Ö BB-Personenverkehr AG, Ö BB Technische Services GmbH (dieser Geschäftsbereich wird auf der InnoTrans 2010 mit einem Stand vertreten sein) und Ö BB- Produktion GmbH. Die völlig neue Infrastruktur ermöglicht nicht nur die Instandhaltung ganzer Züge, sondern im Sinne einer effizienten Betriebsführung auch Planung, Reinigung und Versorgung der Garnituren. Gleichzeitig erfolgt hier auch die Einsatzplanung von rund 400 Triebfahrzeugführern. Für rund 177 Mio. EUR wurden die Gebäude und Gleisanlagen erstellt, deren Herzstück eine 240 m lange und 15 000 m 2 große Werkstatthalle ist, in der auch Verwaltungs-, Lager-, Personal- und Technikräume der Ö BB-Gesellschaften untergebracht sind. InnoTrans-TV Bereits jetzt läuft an jedem letzten Dienstag eines Monats auf dem Messe-O nline- Sender InnoTrans-TV ein monatlicher Talk mit Top-Managern von Verkehrstechnikunternehmen, Bahnbetreibern und Verbänden sowie eine Analyse aktueller Ereignisse. Ein zusätzliches TV-Magazin mit Branchennews wird jeweils zum letzten Dienstag eines jeden Q uartals produziert. Zur InnoTrans selbst bietet der Sender tägliche Nachrichten und Messetalks. Weitere Infos: www.innotrans.tv Die InnoTrans 2010 im Überblick Termin: 21. bis 24. September 2010 (Fachmesse) 25. bis 26. September 2010 (Publikumstage, nur Frei- und Gleisgelände) Veranstalter und Veranstaltungsort: Messe Berlin GmbH, Messedamm 22, 14055 Berlin Ö ffnungszeiten: 9.00 bis 18.00 Uhr (Publikumstage: 10.00 bis 18.00 Uhr) Weitere Informationen: www.innotrans.de; E-Mail: innotrans@messe-berlin.de Erstmals belegt die InnoTrans fast das gesamte Berliner M essegelände. Foto: Messe Berlin Der Elektro-Vito tankt an der Steckdose. Foto: Daimler Industrie + Technik 49 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 stoff gewonnene Strom versorgt die Elektromotoren, die den Stapler antreiben. Daneben übernehmen so genannte Supercaps (große Kondensatoren) die Zwischenspeicherfunktion und decken Leistungsspitzen ab, etwa beim Anfahren oder Heben. Die Brennstoffzelle stammt von Hydrogenics aus Kanada. Ende Januar hat der Flurförderzeughersteller Still GmbH, Hamburg, ebenfalls ein neues Brennstoffzellenprojekt gestartet. Ein Schubmaststapler mit Brennstoffzellenantrieb ist nun in Münster bei BASF Coatings im Einsatz. Dieser Versuch wird vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert und läuft über 24 Monate. Noch sind solche Stapler rund 25 000 EUR teurer als herkömmliche Modelle. (zp) dung zu ersetzen. Die Einheit ist 12,8 m lang, kann 45 Passagiere aufnehmen und soll rund 800 000 EUR kosten. (zp) Jungheinrich / Linde / Still Neues für Lager Die Jungheinrich AG, Hamburg, hat Anfang des Jahres neue Verbrenner mit hydrostatischem Antrieb für bis zu 2000 kg und Stapelhöhen von bis zu 6,5 m vorgestellt. Der Motor ist sowohl in der Dieselals auch in der Treibgasvariante zu haben. Verschiedene Sicherheitssysteme runden die neuen Staplerversionen ab. In diesem Monat startet Jungheinrich zudem einen ersten Feldtest mit einer Lithium-Ionen- Batterie, um die Leistungsfähigkeit dieser Technik zu untersuchen, etwa die Schnellladefähigkeit, um einen Batteriewechsel im Drei-Schicht-Einsatz unnötig zu machen. Das Unternehmen geht davon aus, dass die Lithium-Ionen-Technik einen um mindestens 15 % geringeren Energieverbrauch ermöglicht als Bleibatterien. Ihre ersten Stapler mit Brennstoffzelle hat die Linde Material Handling GmbH, Aschaffenburg, an die Linde Gases Division ausgeliefert. Sie basieren auf 3-t-Elektro- Gegengewichtsstaplern. Statt der üblichen 80 V-Batterie verfügen die Stapler über eine Brennstoffzelle und einen Tank, in dem 1,6 kg gasförmiger Wasserstoff bei 350 bar gespeichert werden. Der aus dem Wasser- Bento Pedroso Construções SA die Strecke erstellen, die Eröffnung ist für Anfang 2011 geplant. (cm/ zp) Bombardier / Kiepe 18 Straßenbahnen für Kassel Die Kasseler Verkehrs-Gesellschaft AG (KVG) hat ein Konsortium aus Bombardier und Vossloh Kiepe mit dem Bau von 18 Niederflurstraßenbahnen im Gesamtwert von rund 45 Mio. EUR beauftragt. Etwa 30 Mio. EUR des Gesamtwerts entfallen auf Bombardier Transportation. Die Bestellung umfasst 18 Fahrzeuge und eine O ption über sechs weitere Einheiten. Nachdem bereits von 1999 bis 2003 insgesamt 32 dieser Fahrzeuge von Bombardier ausgeliefert wurden, wird die KVG mit dem Erhalt der neuen Einheiten in Kassel nur noch mit Niederflurstraßenbahnen unterwegs sein. Die Auslieferung der Fahrzeuge ist von November 2011 bis Februar 2013 vorgesehen. (cm/ zp) DAT Bus im Fluss Die niederländische DAT bv, Rotterdam, hat einen Bus als Amphibienfahrzeug ausgerüstet. Zwei zusätzliche Schiffsschrauben ermöglichen es dem Amfibus, der derzeit in Schottland getestet wird, den Fluss Clyde zu queren und so die bisherige Fährverbin- Der neue Linde-Brennstoffzellenstapler im Einsatz Foto: Linde Material Handling Standpunkt 54 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Dr. Florian Eck, stellvertretender Geschäftsführer, Deutsches Verkehrsforum e.V., Berlin Klimaschutz braucht Teamwork Die Ergebnisse der Klimakonferenz von Kopenhagen ernüchtern auf den ersten Blick. Bei genauerem Hinsehen zeigen sich dennoch einige Fortschritte: Ein Bekenntnis zur 2 °C-Grenze; strategische O ptionen für die Entwicklungsländer; die Absichtserklärung, künftig stärker Marktmechanismen zu nutzen. Dennoch stimmt die Soll-Seite nachdenklich: Es gibt keine verbindliche Absprache, da das Plenum von der Kopenhagener Vereinbarung nur Kenntnis nahm; es fehlt ein Zeitplan; wesentliche Details zu Reduktionszielen und -maßnahmen sind noch offen. Damit bleiben die besonders von der im globalen Wettbewerb stehenden Verkehrsbranche geforderte internationale Transparenz und einheitliche Zielsetzung zunächst auf der Strecke. Beim Mitte des Jahres anstehenden Bonner Folgegipfel müssen daher die positiven Ansätze der Kopenhagener Vereinbarung ausgebaut und die Defizite nachgebessert werden. Die Bundesregierung muss als Gastgeber die Chance nutzen, das Thema Klimaschutz mit einer transparenten, marktorientierten, wirtschaftlich tragfähigen und mit verbindlichen Zielen versehenen „ Bonner Vereinbarung“ voran zu bringen. Deutschland - Vorreiter in Europa In den vergangenen Jahren hat der deutsche Verkehrssektor bereits einen großen Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Bei anhaltendem Verkehrswachstum sind die CO 2 -Emissionen des Verkehrs in Deutschland nach Angaben des Umweltbundesamtes von rund 180 Mio. t im Jahr 2000 auf rund 152 Mio. t im Jahr 2007 gesunken, der Anteil des Verkehrssektors an den gesamten CO 2 -Emissionen in Deutschland ist im gleichen Zeitraum von 20,4 % auf 18,1 % zurückgegangen. Dies zeigt, dass bei uns im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten die Entkoppelung von Verkehrswachstum und Emissionen gelungen ist. Auch für die Zukunft haben die Unternehmen ihre Bereitschaft zur Mitarbeit beim Erreichen der Klimaziele signalisiert. Die deutsche Automobilindustrie hat zur Entwicklung klimafreundlicher und effizienter Fahrzeuge im Jahr 2009 rund 21 Mrd. EUR aufgewendet. Im Schienenverkehr hat sich die DB AG mit ihrem Klimaschutzprogramm zu einer Reduktion der spezifischen CO 2 -Emissionen bis 2020 um 20 % gegenüber 2006 verpflichtet. Die Hersteller der Luftfahrtbranche wenden 14 % ihres Umsatzes für Forschung und Entwicklung auf, alleine in die Entwicklungsinitiative „ Clean Sky“ werden 1,6 Mrd. EUR investiert. Auch die Schifffahrt leistet ihren Beitrag, unter anderem durch Flottenerneuerung und Geschwindigkeitsreduktion. Rahmenbedingungen müssen stimmen Aber auch die Politik ist gefordert. Es ist ein „ Klimaschutz mit Augenmaß“ notwendig, der den Erfordernissen des Umweltschutzes Rechnung trägt, aber Wachstum nicht behindert. CO 2 sollte dort vermieden werden, wo es wirtschaftlich am sinnvollsten ist. Allein auf sektorale Reduktionsziele zu setzen, bringt uns nicht weiter. Wir brauchen eine sektorübergreifende Strategie, bei der wir uns nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip an den niedrigsten Vermeidungskosten orientieren. Dazu müssen sektor- und grenzübergreifende Märkte und Mechanismen geschaffen werden. Der bestehende Emissionshandel ist mit dieser Zielsetzung überfordert. Darüber hinaus muss die Politik ihren Beitrag im Rahmen der Daseinsvorsorge leisten. National durch Bereitstellung einer bedarfsgerechten und intelligent vernetzten Infrastruktur, damit Staus und Umwegverkehre und damit unnötige Umweltbelastungen vermieden werden. Auf dem internationalen Parkett muss die Bundesregierung weitere führende Industrienationen überzeugen, der Vorreiterrolle Deutschlands zu folgen, damit unser klimapolitischer Vorsprung nicht zum Standortnachteil wird. Auch das Thema einheitlicher europäischer Luftraum (Single European Sky) steht nach Jahrzehnten immer noch ungelöst auf der europäischen Agenda, obwohl durch diese Maßnahme in Europa rund 12 % der CO 2 -Emissionen des Luftverkehrs eingespart werden können. Bürger sitzt am Hebel Mobilität ist eine abgeleitete Dienstleistung. Letztendlich bestimmt daher der Bürger als Verbraucher, Kunde und Unternehmer, welche Produkte und Klimaschutzmaßnahmen Akzeptanz finden. Und da besteht ein Widerspruch: nach einer infas-Befragung im Auftrag des Deutschen Verkehrsforums halten zwar 88 % der deutschen Bürger das Thema Klimaschutz für wichtig und 57 % sehen den Einzelnen - also sich selbst - als wichtigste Einflussgröße. Andererseits verneinen 60 % der Bevölkerung eine Kostenbeteiligung an Klimaschutzmaßnahmen und nur 7 % der Bürger sind bereits heute wirklich aktiv und mit persönlichem Einsatz dabei. Rund 65 % der Bevölkerung verhalten sich abwartend. Für sie gilt: Klimaschutz muss sich lohnen! Und das ist die große Herausforderung der künftigen Klimapolitik.
