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Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
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www.trapezeits.com Lösungen für den öffentlichen Verkehr Unterwegs in Richtung Zukunft Wir machen Bus und Bahn attraktiver • Ef ziente Betriebsführung • Bordsysteme für umfassende Kommunikation • Kommunikation per Knopfdruck • Durchgängige Echtzeitinformation • Informationen über gesicherte Anschlüsse • Zielgerichtetes Störungsmanagement • Zuverlässige Datenverwaltung und Statistik Dafür setzen wir uns alle ein • Partnerschaftliche Zusammenarbeit • Engagement für Mensch und Umwelt Besuchen Sie uns an der INNOTRANS 2010 21.- 24. September 2010 Halle 2.1, Stand 239 Messe Berlin Einzelpreis: 15,00 EUR Transeurasische Verkehrskorridore Mobilität der Zukunft Wachsende Märkte für Metrofahrzeuge Potenziale der Nordostpassage Fahrgastinformation Schifffahrtszentrum Shanghai 2020 Nr. 6 Juni 2010 62. Jahrgang Nr. 6 Juni 2010 62. Jahrgang 28 Mio. haben den Einstieg in die Zukunft schon gefunden. Der Weg ist das Ziel. Und wenn das Ziel ist, die Seele baumeln zu lassen, dann funktioniert das besonders gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Einfach einsteigen, abschalten und entspannt ankommen. Ob günstig, sicher oder umweltfreundlich - was immer Sie bewegt, mit Bussen und Bahnen fahren Sie richtig. www.deutschland-bleibt-mobil.de. Eine Kampagne des VDV (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V.). BUSSE UND BAHNEN MACHEN DEUTSCHLAND ERHOLSAMER Editorial 3 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Liebe Leserinnen, liebe Leser, unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse in verschiedenen Regionen der Welt prägen schon heute die Ausgestaltung der Verkehre. Neben Fragen nach der zukünftigen Mobilität in Ballungszentren müssen auch Antworten auf globale Herausforderungen im Bereich des Gütertransports gefunden werden. Im Beitrag von Prof. Dr. Henning Vöpel et. al vom HWWI Hamburgisches Welt- WirtschaftsInsititut wird das Szenario einer wachsenden Weltbevölkerung mit einem rasanten Anstieg der Mobilitätsbedürfnisse und -möglichkeiten entwickelt. Es werden die potenziell negativen Auswirkungen auf Lebensqualität und Umwelt aufgezeigt und innovative Lösungsansätze entwickelt. Nicht nur die individuellen Mobilitätsbedürfnisse steigen in den kommenden Jahren stark an. Es müssen auch umweltgerechte und sinnvolle Lösungen für den zunehmenden weltweiten Gütertransport gefunden werden. So stehen für den Handel zwischen Asien, Europa und den USA Themen wie der Ausbau und die Struktur von Seehäfen sowie die Erschließung von Verkehrskorridoren ganz oben auf der Agenda. Hierzu machen Armin Hansmann et. al., Dornier Consulting GmbH, eine Bestandsaufnahme der transeurasischen Verkehrskorridore und zeigen in ihrem Artikel Potenziale und Herausforderungen für die Zukunft auf. Anknüpfend an diese Untersuchung stellt Dr. Patrick Leypoldt in Auszügen seine Forschungsarbeit „Potenziale der Nordostpassage bis 2050“ vor. Die Nordostpassage als Alternative für aktuelle Handelswege wird ausgehend von einer Transportvolumenprognose bis 2050 bis hin zu den Herausforderungen zur Nutzbarmachung des Seeweges untersucht. Prof. Ralph Bühler, Virginia Tech, School of Public and International Affairs, und Dr. Ing. Uwe Kunert, DIW Berlin, gehen in ihrem Artikel einen Schritt weiter. Sie widmen sich dem heutigen und zukünftigen Verkehrsverhalten ähnlicher, aber aufgrund ihrer geographischen Struktur, unterschiedlicher Mobilitätskulturräume. In ihrem Artikel „Determinanten und Perspektiven des Verkehrsverhaltens“ wird ein Vergleich zwischen Deutschland und den USA gezogen, der interessante Ergebnisse zeigt. Für eine weitsichtige und ressourceneffiziente Verkehrsplanung ist eine möglichst detaillierte Datenbasis unabdingbar. Unter Abwägung von benötigter Genauigkeit und entstehenden Kosten bei der Datenerhebung ist es in den letzten Jahren immer notwendiger geworden, die Datenbasis zu verbreitern, um den Entscheidern aus Politik und Wirtschaft eine valide Datengrundlage offerieren zu können. Dr. Gernot Liedtke et. al. vom KIT Karlsruher Institut für Technologie gehen in ihrem Artikel „Perspektiven der Datenerhebung im Straßengüterverkehr“ detailliert auf dieses Thema ein. Neben einer Vorstellung der vom Kraftfahrt-Bundesamt gelieferten Statistik wird im letzten Teil des Artikels ein Maßnahmenbündel zur Verbesserung der gelieferten Statistik vorgeschlagen. Dirk Ruppik schlägt als Korrespondent in Asien einen Bogen in die Zukunft. „Shanghai 2020: Besser als Hongkong“ heißt sein Thema. Er stellt hierin geplante und teilweise in Realisierung befindliche Investitionsprojekte vor. Im Fokus liegen hier die von der chinesischen Regierung erklärten Schlüsselprojekte im Bereich der logistischen Infrastruktur rund um das Yangtze-Flussdelta und den Großraum Shanghai. Ihnen viel Freude bei der Lektüre sowie spannende Erkenntnisse bei den Themen rund um Verkehrswege und Verkehrsverhalten in den kommenden Jahrzehnten. Ich freue mich auf Ihre Reaktionen. Ihr Frank Straube Impressum 4 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Herausgeberbeirat Internationales Verkehrswesen Fachzeitschrift für Wissenschaft und Praxis Organ der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. ISSN 0020-9511 Mitglied/ Member: L e s e r u n d A b o n n e n t e n s e r v i c e Tel: (040) 23714-260 Fax: (040) 23714-243 Eine Publikation der DVV Media Group DVV Media Group Vertrieb Inga Doris Langer Bezugsgebühren: Inland EUR 146,00 (inkl. Porto zzgl. 7 % MwSt.), Ausland EUR 154,00 (inkl. Porto). Mitglieder der DVWG erhalten die Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Einzelheft: EUR 15,00 (im Inland inkl. MwSt.) Bezugsbedingungen: Die Laufzeit eines Abonnements beträgt mindestens ein Jahr und kann danach mit einer Frist von sechs Wochen jeweils zum Ende einer Bezugszeit gekündigt werden. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlags oder infolge höherer Gewalt kann der Verlag nicht haftbar gemacht werden. Copyright: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags vervielfältigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fällt insbesondere auch die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-Rom. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Abbildungen übernimmt der Verlag keine Haftung. Layout und Herstellung: TZ-Verlag & Print GmbH, Roßdorf Titelbild: Trapeze ITS Druck: Knipping Druckerei und Verlag GmbH, Düsseldorf Gerd Aberle, Dr. rer. pol. Dr. h.c., Professor emer. der Universität Gießen und Ehrenmitglied des Herausgeberbeirats Michael P. Clausecker, MBA, Generaldirektor des Verbandes der europäischen Bahnindustrie UNIFE, Brüssel Florian Eck, Dr., stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums e.V., Berlin Michael Engel, Dr., Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften e. V. (BDF), Berlin Ottmar Gast, Dr., Sprecher der Geschäftsführung der Hamburg-Süd KG, Hamburg Hans-Jürgen Hahn, Dipl.-Ing., MAN Nutzfahrzeuge AG, München Heiner Hautau, Prof. Dr., ehem. Präsident der DVWG, Geschäftsführer des Instituts für Stadt- und Raumplanung Instara GmbH, Bremen Alexander Hedderich, Dr., Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Schenker Rail GmbH und Mitglied des Executive Board der Deutsche Bahn AG, Berlin Gerhard Heimerl, Prof. Dr.-Ing., Dr.-Ing. E. h., Stuttgart Wolfgang Hönemann, Dr., Geschäftsführer Intermodal der Wincanton GmbH, Mannheim Christoph Klingenberg, Dr., Bereichsleiter Information Management und Chief Information Officer der Lufthansa Passage Airlines, Frankfurt/ Main Sebastian Kummer, Prof. Dr., wissenschaftlicher Leiter der ÖVG und Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik, Wien Claudia Langowsky, Dr., Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Köln Werner Lundt, Dipl.-Ing., Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik e. V., Hamburg Klaus Milz, Prof. Dr., Chief Country Representative European Union bei Bombardier Transportation, Machelen Ben Möbius, Dr., Abteilungsleiter Infrastruktur, Verkehr und Telekommunikation des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Berlin Hans-Heinrich Nöll, Dr., ehemaliger Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Hamburg August Ortmeyer, Dr., Leiter der Abteilung Dienstleistungen und regionale Wirtschaftspolitik im Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Berlin Ronald Pörner, Prof. Dr., Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland e. V. (VDB), Berlin Annegret Reinhardt-Lehmann, Sprecherin des Bereichs Marketing, Vertriebsunterstützung und Gremien der Fraport AG, Frankfurt/ Main Tom Reinhold, Dr.-Ing., Leiter Konzernstrategie/ Verkehrsmarkt der Deutsche Bahn AG, Berlin Knut Ringat, Dipl.-Ing., Präsident der DVWG und Geschäftsführer der Rhein- Main-Verkehrsverbund GmbH, Hofheim am Taunus Jürgen Siegmann, Prof. Dr.-Ing. habil., Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb, TU Berlin, und Vizepräsident der DVWG Friedrich Smaxwil, Senior Vice President Division Mobility der Siemens Transportation Systems (TS), Erlangen Erich Staake, Dipl.-Kfm., Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG, Duisburg Wolfgang Stölzle, Prof. Dr., Ordinarius, Universität St. Gallen, Leiter des Lehrstuhls für Logistikmanagement, St. Gallen Josef Theurer, Dr. Techn. h. c. Ing., Linz Hans-Joachim Welsch, Dipl.-Kfm., Geschäftsführer der Rogesa Roheisengesellschaft Saar mbH und der ZKS, Zentralkokerei Saar GmbH, Dillingen, sowie Ehrenbeirat des Vereins für Europäische Binnenschiffahrt und Wasserstraßen e.V. (VBW), Duisburg Peer Witten, Prof. Dr., Vorsitzender des Aufsichtsrat der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Hamburg, und Sprecher der Logistik-Initiative Hamburg Herausgeber Dr.-Ing. Frank Straube, Professor an der Technischen Universität Berlin, Institut für Technologie und Management, Straße des 17. Juni 135, D-10623 Berlin, straube@logistik.tu-berlin.de Herausgeberassistenz Berlin: Axel Haas haas@logistik.tu-berlin.de Verlag DVV Media Group GmbH Postfach 101609, D-20010 Hamburg Nordkanalstr. 36, D-20097 Hamburg Telefon (040) 2 37 14-01 Verlagsleitung Technik & Verkehr Detlev K. Suchanek (verantw.) detlev.suchanek@dvvmedia.com Verlagsredaktion Dr. Bettina Guiot (verantw.), (Durchwahl: -241) bettina.guiot@dvvmedia.com Claudia Vespermann (Red.Ass., Durchw.: -182) claudia.vespermann@dvvmedia.com Telefax Redaktion: (040) 2 37 14-205 freie Mitarbeit: Kerstin Zapp kerstin.zapp@zapp4media.de Dr. Karin Jäntschi-Haucke (verantw. DVWG-Nachrichten) Anzeigen Silke Härtel (verantw. Leitung) (Durchw.: -227) silke.haertel@dvvmedia.com Sophie Elfendahl (Durchwahl: -220) sophie.elfendahl@dvvmedia.com Telefax Anzeigen: (040) 2 37 14-236 Gültig ist die Anzeigenpreisliste Nr. 47 vom 1. Januar 2010. Inhalt 5 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Shanghai 2020: Besser als Hongkong In die Spitze der Finanz- und Schifffahrtszentren will Shanghai bis 2020 aufsteigen. Doch neben fehlenden Strukturen und Serviceleistungen, besteht eine Konkurrenz zu Hongkong im eigenen Land. Wie dennoch die Vision 2020 erreicht werden soll, erfahren Sie ab . . . . . . . . . . . . .Seite 49 Inhalt Verkehrschaos oder Green Cities? Motorisierung und Verkehrsaufkommen werden künftig drastisch ansteigen. Die Triebkräfte hierfür sind das Wachstum der Weltbevölkerung, rasant steigende Einkommen und die voranschreitende Urbanisierung. Wie eine zukunftsweisende Gestaltung von Mobilität aussehen kann, lesen Sie ab . . . .Seite 10 Potenziale der Nordostpassage Trotz zahlreicher Forschungsvorhaben fehlten bislang detaillierte Aussagen zum künftigen Nutzungspotenzial der Nordostpassage. Ob diese Meeresstraße als Alternative zu den bestehenden Transitrouten einzuschätzen ist, erläutern nun die Ergebnisse einer aktuellen Studie ab . . . . . . . .Seite 35 Rubriken Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Impressum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Kurz + Kritisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Termine + Veranstaltungen . . . . . . . . . . 7 Namen + Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . 8 EU-Kolumne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Industrie + Technik . . . . . . . . . . . . . . . 56 Standpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 DVWG-Nachrichten Leitwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Veranstaltungen der Bezirksvereinigungen . . . . . . . . . . . 61 Güterverkehr + Logistik Perspektiven der Datenerhebungen im Straßengüterverkehr Aspects of data collection concerning Germany’s freight transport by road Jola Babani / Gernot Liedtke / Stefan Schröder . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Transeurasische Verkehrskorridore TransEurasian Traffic Corridors Armin Hansmann / Johannes Weinand . . . . . . . . . . . . . . . 28 Potenziale der Nordostpassage bis 2050 Northeast Passage outlook potential until 2050 Patrick Leypoldt. . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Seeverkehr erholt sich nur langsam Maritime transport is recovering slowly Kerstin Zapp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Infrastruktur + Verkehrspolitik Shanghai 2020: Besser als Hongkong Shanghai in 2020: better than Hong Kong Dirk Ruppik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Garanten für Zukunftstauglichkeit Future-proofed guarantors Karlheinz Pröpping / Thorsten Pulver . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Mobilität + Personenverkehr Verkehrschaos oder Green Cities? Cities of the future - between transport chaos and a green environment Leon Leschus / Silvia Stiller / Henning Vöpel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Determinanten und Perspektiven des Verkehrsverhaltens Determinants and Outlook on Travel Behaviour in Germany and the USA Ralph Bühler / Uwe Kunert . . . . . . . . . 16 ÖPNV als natürlicher Mobilitätspartner Public transport as „natural mobilty partner“ Stephan Anemüller . . . . . . . . . . . . . . . 39 Fahrgastinformationssysteme Passenger information systems Kerstin Zapp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Nachhaltige Verbindungen für die WM in Südafrika Sustainable transport links for the World Cup in South Africa Hans Blankestijn . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Märkte für Metrofahrzeuge wachsen weiter Expanding markets of metro vehicles Ying Li . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 In dieser Ausgabe ist die folgende Sonderpublikation enthalten: „ÖPNV in der Fläche“. Wir bitten um freundliche Beachtung. Sie finden „Internationales Verkehrswesen“ im Internet unter www.eurailpress.de/ iv. Foto: RBS Foto: DNV Foto: Chinafotopress Kurz + Kritisch 6 Kurz + Kritisch: Prof. Gerd Aberle zu Themen der Verkehrsbranche nahmen transparent machen. Die Mittelverwendung ist durch Zustandskontrollen und Zahlungsstromkontrollen zu dokumentieren. Das Positionspapier geht von einer jährlichen Ersparnis aufgrund von Effizienzverbesserungen in Höhe von bis zu 600 Mio. EUR aus, die der Bestandserhaltung dann zusätzlich zur Verfügung stünden. Eine Verschiebung für Aus- und Neubauzwecke wird ausdrücklich ausgeschlossen. Aus ökonomischer Sicht - die sich auch hier höchstwahrscheinlich von der politischen unterscheidet - ist der Ansatz einer LuFV Straße voll zu unterstützen. Wie bei der als Vorbild gewählten LuFV Schiene wird die Inputorientierung durch eine effizienzbasierte Outputausrichtung ersetzt. Allerdings erscheint der Weg von der Konzeption zur Umsetzung steinig und vor allem wesentlich zeitbeanspruchender als bei der LuFV Schiene. Denn hier wird in Privilegien der Länder eingegriffen, die um die oft unsinnigen Länderquoten oder um kostenintensive Kompensationen kämpfen werden. Auch bei der LuFV Schiene versuchten die Länder, Quotierungen für den Nahverkehr durchzusetzen. Hier aber war die Bundesposition aufgrund der grundgesetzlichen Zuständigkeit stärker als bei der dezentralen Länderorganisation für die Verwaltung der Bundesmittel im Bundesfernstraßenbereich. Ebenfalls strittig könnte die Beurteilungsbasis für Qualitätszustände und insbesondere für die Kennziffernauswahl der Länderzuweisungen sein. Das Beispiel der gesetzlich vorgeschriebenen Revisionen der Verteilung der ÖPNV-Regionalisierungsmittel, die aufgrund des Widerstandes der Länder gegen eine Verteilungsänderung völlig scheiterten, stimmt nicht gerade ermutigend. Da aber das Bestandssicherungsproblem auch bei der Straße gravierend ist und die Finanzierungsschwierigkeiten und Verteilungskämpfe in Zukunft steigen werden, sollte LuFV Bundesfernstraßen? I m Januar 2009 wurde zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn AG erstmalig eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) für das bundeseigene Schienennetz abgeschlossen. Ziel war und ist es, die Ersatzinvestitionen im Bestandsnetz aus der bisherigen und mit Einzelprojektprüfungen versehenen Jährlichkeit mit erheblichem Zeit- und Kosteneinsatz herauszulösen. Damit soll eine effizientere Planungs- und Realisierungssituation vor dem Hintergrund fest verfügbarer Investitionsmittel erreicht werden. Im Gegenzug muss die DB Netz AG vorgegebene Qualitätskriterien des Netzzustandes nachweisen. Die LuFV Schiene wird allgemein als großer Fortschritt bei der Qualitätssicherung des Bestandsnetzes angesehen. Garantierten staatlichen und für Erhaltungsinvestitionen im Bestandsnetz gebundenen Finanzmittelzuweisungen stehen Leistungsverpflichtungen zur Sicherung vertraglich vereinbarter und kontrollierter Netzqualitätszustände gegenüber. Damit wird eine der Zentralforderungen der Verkehrsinfrastrukturpolitik erfüllt: die Absicherung der Qualität der Bestandsnetze, ohne die Aus- und Neubauinvestitionen wenig Sinn haben. Hier nun weist gerade auch das Straßennetz zunehmend besorgniserregende Defizite auf. Das Bestandsnetz der Bundesfernstraßen (und mindestens auch das der Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen) verliert ständig an Qualität. 40 % der Bundesstraßen und 20 % der Autobahnen sind durch Qualitätsmängel gekennzeichnet. Auch 40 % der Brücken weisen Schäden auf, die dringend zur Substanzsicherung grundlegend instandgesetzt werden müssen. Die wachsende Qualitätslücke resultiert einerseits aus wesentlich zu geringer Finanzmittelzuweisung für die Ersatzinvestitionen. Für Neu- und Ausbauinvestitionen sowie für Ersatzmaßnahmen hat sich allein in den letzten fünf Jahren ein Finanzierungsdefizit von fast elf Mrd. EUR aufgebaut. Andererseits wird eine effiziente Nutzung der verfügbaren Bundesmittel gerade auch bei den Bestandserhaltungsinvestitionen durch finanzierungspolitische und verwaltungsorganisatorische Restriktionen stark eingeschränkt. Zu nennen sind politische und nicht bedarfsorientierte Länderquoten, das Fehlen einer aussagefähigen einheitlichen Datenbank der Qualitätszustände der Bundesfernstraßen sowie das Erfordernis der Jährlichkeit bei der Finanzmittelzuweisung und der Verausgabung. Dies alles führt zu einer letztlich ineffizienten Nutzung der verfügbaren Investitionsmittel durch Einzelmaßnahmendiskussionen, Verausgabungshektik am Jahresende und letztlich fehlende Planbarkeit und mangelnde stringente Umsetzung von Investitionsprojekten über mehrere Haushaltsjahre hinweg. Bereits im vergangenen Jahr wurde aufgrund der Einführung der LuFV Schiene eine vergleichbare Regelung für die Bundesfernstraßen vorgeschlagen. Nunmehr liegt ein konkretisiertes Positionspapier des Wirtschaftsrates der Union vor, das gemeinsam mit 16 Spitzenverbänden und Unternehmen in der Arbeitsgruppe Verkehrsinfrastruktur erstellt wurde. Ziel ist es, die verfügbaren Bestandsnetzinvestitionsmittel, welche die Länder im Bundesauftrag einsetzen, auf 3 Mrd. EUR jährlich für jeweils fünf Jahre festzuschreiben. Die Mittel sollen nach Bedarf und nicht nach Länderquoten zugeteilt und haushaltsjahrübergreifende Planungen und Baumaßnahmen gewährleistet werden. Eine Bundesfernstraßen-Datenbank soll die Qualitätszustände und bedarfsrelevante Baumaß- INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Termine + Veranstaltungen Weitere Veranstaltungstermine finden Sie im Internet unter www.dvz.de, www.eurailpress.de und www.dvwg.de 7.6.10 Polygonbildung von Straßenbahnrädern Berlin (D) Info: TU Berlin, Tel. 030-31423314, mgrochowski@railways.tu-berlin.de, www.railways.tu-berlin.de 7.-9.6.10 VDV-Jahrestagung München (D) Info: VDV, Tel. 0221-57979-0, www.vdv.de 8.-10.6.10 mtex 2010 - Internationale Fachmesse & Symposium Chemnitz (D) für Textilien und Verbundstoffe im Fahrzeugbau Info: Messe Chemnitz, Tel. 0371-38038-0, info@mtex-chemnitz.de, www.mtex-chemnitz.de 15.6.10 Autofahren anders bezahlen? (Symposim) Berlin (D) Info: InnoZ, Tel. 030-238884-0, info@innoz.de, www.innoz.de 16.-17.6.10 5. Wissenschaftssymposium Logistik Darmstadt (D) Info: BVL, Tel. 0421-173840, bvl@bvl.de, www.bvl.de/ wis 16.-17.6.10 1. Wo? -Kongress Duisburg (D) Info: Navisat e.V., Tel. 02323-925254, info@navisat.de, www.wo-kongress.de 17.6.10 8. Hamburger Staplertagung Hamburg (D) Info: Helmut-Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg, MTL, Tel. 040-6541-2855, rainer.bruns@staplertagung.de, www.staplertagung.de 21.6.10 Hochgeschwindigkeits- und Stadtschienenverkehr Berlin (D) in China Info: TU Berlin, Tel. 030-31423314, mgrochowski@railways.tu-berlin.de, www.railways.tu-berlin.de 21.-22.6.10 VDV-Umweltkonferenz: Berlin (D) Zukunftsbewusste und nachhaltige Mobilität Info: VDV-Akademie, Tel. 0221-57979-170, eckert@vdv.de, www.vdv-akademie.de 21.-22.6.10 Deutscher Verkehrsexpertentag 2010 Köln (D) Info: Gesellschaft für Ursachenforschung bei Verkehrsunfällen (GUVU) e.V., Tel. 0221-8905848, hesse-germann@guvu.de, www.guvu.de 22.-23.6.10 7. Netzwerk-Forum Logistik: Köln (D) Flexible Prozesse kostenoptimal steuern Info: BME, Tel. 069-30838-200, jacqueline.berger@bme.de, www.bme.de/ logistikforum 28.6.10 ERTMS - Chancen oder Kostengrab für Deutschland Berlin (D) und Europa? Info: TU Berlin, Tel. 030-31423314, mgrochowski@railways.tu-berlin.de, www.railways.tu-berlin.de 1.7.10 17. DVWG-Luftverkehrsforum: Klimaneutraler Frankfurt/ M. (D) Luftverkehr 2030 - Illusion oder realistisches Ziel? Info: DVWG, Tel. 030-2936060, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 5.7.10 Eigenschaften und Optimierungspotenziale Berlin (D) des Fahrgastwechsels Info: TU Berlin, Tel. 030-31423314, mgrochowski@railways.tu-berlin.de, www.railways.tu-berlin.de 15.-17.7.10 Mobility & Logistic Circle: Frankfurt/ M. (D) Herausforderungen an das Notfallmanagement Info: DVWG, Tel. 030-2936060, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 19.-20.8.10 7. Baltisches Verkehrsforum: Frankfurt/ M. (D) Der maritime Ostseeverkehr nach der Krise Info: DVWG, Tel. 030-2936060, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 7.-8.9.10 global maritime environmental congress - gmec 2010 Hamburg (D) Info: Hamburg Messe und Congress Gmbh, Tel. 040-35692444, gmec@hamburg-messe.de, www.gmec-hamburg.com 7.-10.9.10 SMM 2010 Hamburg (D) Info: Hamburg Messe & Congress, www.hamburg-messe.de/ smm 15.-17.9.10 Deutscher Straßen- und Verkehrskongress 2010 Karlsruhe (D) Info: FGSV, Tel. 0221-93583-11, koeln@fgsv.de, www.fgsv.de 21.-24.9.10 InnoTrans Berlin (D) Info: Messe Berlin, Tel. 030-30382376, innotrans@messe-berlin.de, www.innotrans.de 23.-30.9.10 IAA Nutzfahrzeuge Hannover (D) Info: Verband der Automobilindustrie e. V. (VDA), Tel. 030-89 78 42-0, www.iaa.de das Positionspapier ernsthaft diskutiert und als sinnvolle Anregung für die Politik bewertet werden. Dass nur die Bundesfernstraßen angesprochen werden und nicht, wie in der LuFV Schiene über 90 % des deutschen Schienennetzes, ist allerdings nicht zu übersehen. Wettbewerb im Schienenpersonenfernverkehr? M onopolkommission und einige Gutachter beklagen den fehlenden intramodalen Wettbewerb im Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) in Deutschland. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Verkehrsverbünde, die in Deutschland Schienenpersonennahverkehrsleistungen mit Refinanzierung durch die (Bundes-)Regionalisierungsmittel bestellen, möchte Einfluss auf den SPFV nehmen. Dabei stellt sich allerdings ein Zentralproblem: Der SPFV ist eigenwirtschaftlich zu organisieren. Wer die natürlichen Marktzutrittsschranken im SPFV und die Probleme einer kostendeckenden und Mindestrenditen sichernden Erlösstrategie kennt, weiß um die ökonomisch nachvollziehbare Zurückhaltung potenzieller Schienenwettbewerber. Daher wurde mit Interesse die Ankündigung der SNCF vom Herbst 2009 registriert, also eines ressourcenstarken Anbieters mit bereits zahlreichen Aktivitäten im deutschen Schienennahverkehr (Keolis, Eurobahn u. a.), in 2011 auf wichtigen Nord-Süd-Relationen im Wettbewerb gegen die DB AG zu fahren. Allerdings wurden bereits damals Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Ankündigung bzw. der Realisierbarkeit laut. Denn seit einigen Jahren hat sich das Verhältnis zwischen DB AG und SNCF mehr als abgekühlt, insbesondere durch die Übernahme der britischen Güterbahn EWS mit deren französischer Tochter EuroCargoRail (ECR). Die SNCF versucht, Frankreich vor intramodalem Wettbewerb abzuschotten, während sie gleichzeitig den offenen deutschen Marktzugang für erfolgreichen Wettbewerb im SPNV nutzt. Die Meldung von Mitte April dieses Jahres, dass die SNCF „vorläufig“ auf ein Fernverkehrsangebot in Deutschland verzichtet, kommt jedoch nicht überraschend. Die ungünstige wirtschaftliche Situation der SNCF mit einem Verlustausweis von 980 Mio. EUR für 2009 lässt risikoreiche Auslandsaktivitäten kaum noch zu, also mit Investitionen in Fahrzeuge, die Schaffung von attraktiven SPFV-Angeboten gegen ein dicht vertaktetes Fernverkehrssystem der DB AG mit starker Kundenbindung durch das Bahncard-System. Die aus dem Luftverkehr bekannten Probleme, für nur wenige tägliche Fahrten attraktive Slots, also Trassen, zu erhalten, sind erheblich, aber natürliche Marktzutrittsschranken. Auch das weitere Wettbewerbsprojekt HKX (Hamburg-Köln) ist mittlerweile zunächst aufgegeben worden. Je schneller die DB AG die Qualitätsprobleme in den Griff bekommt, desto schwieriger wird ein Marktzutritt weiterer Wettbewerber in die wirtschaftlich interessanten Relationen. Was ist daran so unbefriedigend, dass hier Regulierungsmaßnahmen diskutiert werden? Geht es da mehr um Regulierungsideologie statt um Regulierungseffizienz? Oder soll der Steuerzahler den potenziellen Wettbewerbern auch noch die Fahrzeuge stellen, um Wettbewerb starten zu können? So unsinnig das klingt: Im SPNV gibt es bereits solche Regelungen. Veranstaltungen vom 7.6.2010 bis 23.9.2010 Stand zum Redaktionsschluss am 19.5.2010 8 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Namen + Nachrichten BMVBS Horn für Schiene Die Unterabteilung Eisenbahnen im Bundesverkehrsministerium leitet seit März Claudia Horn. Ihr Vorgänger Michael Harting ist nun Abteilungsleiter Landverkehr. Horn war zuvor Vorsitzende der Beschlusskammer 5 der Bundesnetzagentur. (zp) VDV Langowsky geht In gegenseitiger Wertschätzung trennen sich die Wege des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und seiner Hauptgeschäftsführerin, Dr. Claudia Langowsky am 31. Juli 2010. Wer ihre Nachfolge antritt, stand zum Redaktionsschluss noch nicht fest. (zp) Deutsches Verkehrsforum Veränderungen Neu in das Präsidium des Deutschen Verkehrsforums gewählt wurden Dr. Christoph Franz, stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Vorsitzender des Bereichsvorstands Passage der Deutsche Lufthansa AG, und Dr. Hans M. Schabert, Vorsitzender der Geschäftsführung der Leonhard Weiss GmbH & Co. KG. Franz löst Wolfgang Mayrhuber ab, den Vorstandsvorsitzenden der Lufthansa. Klaus-Peter Müller, den Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Commerzbank AG, hat die Mitgliederversammlung für weitere zwei Jahre im Amt des Vorsitzenden des Präsidiums bestätigt. Das Präsidium, zu dem darüber hinaus wieder Dr. Klaus Baur, Ulrich Klaus Becker, Dr. Olaf Berlien, Dr. Uwe Franke, Dr. Rüdiger Grube, Dr. Jörg Mosolf, Andreas Renschler, Norbert Schüßler, Dieter Schweer, Hermann Ude und Prof. Dr. Gerhard Zeidler gehören, hat zudem die Aufnahme von acht neuen Mitgliedern beschlossen: Flughafen Düsseldorf GmbH, Lehnkering GmbH, EDAG GmbH & Co. KGaA, BPW Bergische Achsen KG, M.M. Warburg & Co. KG aA, Logica GmbH & Co. KG, Messe Frankfurt Venue GmbH & Co. KG und Uniti e.V. gehören nun zum Deutschen Verkehrsforum dazu. (zp) VDA Frischkorn leitet Technik Geschäftsführer Technik und Umwelt des Verbands der Automobilindustrie (VDA) ist seit Anfang Juni Hans-Georg Frischkorn. Er löst Dr. Thomas Schlick ab, der zu einer Unternehmensberatung wechselt. Frischkorn war zuvor Executive Director Vehicle Electrification bei der Adam Opel GmbH. (zp) VHSp Schryver für Stork Neuer Vorsitzender des Vereins Hamburger Spediteure (VHSp) ist Johan P. Schryver, der dem Vorstand des Vereins seit mehreren Jahren angehört und Inhaber sowie Geschäftsführer der Spedition HJ Schryver & Co. (GmbH & Co.) ist. Er löst Walter Stork ab, der diese Funktion 25 Jahre lang ausfüllte. (zp) EIA Maij-Weggen zurück Die Niederländerin Hanja Maij-Weggen ist wieder Präsidentin der European Intermodal Association (EIA). 2005 hatte sie das Amt abgegeben, weil sie zur Königlichen Kommissarin der niederländischen Provinz Nordbrabant ernannt worden war. Nun meldete sie sich aus dem Ruhestand zurück und löste ihren damaligen Nachfolger Livio Ambrogio wieder ab. (zp) Binnenschifffahrt Neue PGBi 45 Mitglieder umfasst derzeit die neue parlamentarische Gruppe Binnenschifffahrt (PGBi) mit fünf Sprechern: Matthias Lietz (CDU), Gustav Herzog (SPD), Torsten Staffeldt (FDP), Herbert Behrens (Linke) und Valerie Wilms (Grüne). Die PGBi setzt sich für die Verkehrs- und wirtschaftspolitischen Interessen der Branche ein. (zp) SPC Nölke folgt Waischnor Markus Nölke ist seit dem 1. Juni Geschäftsführer des Short Sea Shipping Inland Waterway Promotion Centers (SPC) Deutschland. Er folgt auf Georg Waischnor, der Ende 2009 in den Ruhestand gegangen ist. Nölke kommt aus der Schifffahrt. (zp) Deutsche Bahn Datenschutzbeirat gegründet Die Deutsche Bahn AG verfügt nun über einen Datenschutzbeirat. Das weisungsunabhängige Gremium soll den Vorstand in datenschutzrechtlichen Fragen beraten. Es besteht aus zwölf Mitgliedern, den Vorsitz hat der Bundesvorsitzende der Verkehrsgewerkschaft GDBA, Klaus-Dieter Hommel, übernommen. (ri/ zp) BDI 12 Mrd. EUR jährlich für Bundesverkehrswege Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hält Investitionen in die Bundesverkehrswege von 12 Mrd. EUR pro Jahr für erforderlich. Der BDI setzt auf Infrastrukturausbau durch öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP). Privates Investment sei von entscheidender Bedeutung. Für mehr ÖPP im Verkehrsinfrastrukturausbau sprach sich auch Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer kürzlich aus. (zp) Verkehrsausschuss Neun Korridore für den Schienengüterverkehr Der Verkehrsausschuss des EU-Parlaments hat sich für die Einrichtung von neun grenzüberschreitenden Korridoren für den Schienengüterverkehr ausgesprochen. Sie sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn als Transportträger stärken und im Rahmen einer EU-Verordnung verpflichtend von den betroffenen Mitgliedsstaaten eingerichtet werden. Jeder der neun Korridore erhält eine unabhängige Koordinierungsstelle, einen so genannten One-Stop-Shop (OSS). Priorität hat der Güterverkehr allerdings nicht immer. Dies wird von Fall zu Fall entschieden. Der im Ausschuss angenommene Text benötigt noch die Zustimmung des Plenums und des EU-Rats. (zp) Duisburg-Ruhrort Erhöhte Kapazität Die Planungsgesellschaft kombinierter Verkehr mbH (PKV) hat Mitte April die Erweiterung ihres Terminals Duisburg- Ruhrort Hafen in Betrieb genommen. 3 Mio. EUR hat die PKV investiert, um die Umschlagkapazität von 130 000 auf 220 000 Einheiten pro Jahr zu erhöhen und die Effizienz durch ein 780 m langes Gleis zu verbessern. Die Anlage wird von der Deutschen Umschlaggesellschaft Schiene - Straße (DUSS) betrieben. Gesellschafter der PKV sind die DB Schenker Rail Deutschland AG und die Kombiverkehr KG. (cm/ zp) Bremerhaven Rund 14 000 TEU kann die „MSC Daniela“ laden und zum ersten Mal hat im April ein Schiff dieser Größenordnung in Bremerhaven festgemacht. Der Containerfrachter ist derzeit wohl das zweitgrößte seiner Art nach der „Emma Maersk“ mit mehr als 15 000 TEU. Interessant ist die Anordnung der Aufbauten: Das Deckshaus steht im vorderen Drittel des 366 m langen und 31,8 m breiten Schiffs. Der Schornstein, sonst Bestandteil des Deckshauses, befindet sich im hinteren Drittel, wo auch weiterhin die Hauptmaschine mit einer Leistung von rund 98 300 PS steht. (zp) „MSC Daniela“ in Bremerhaven Foto: Eurogate Zweitgrößtes Containerschiff abgefertigt INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Shell Lkw-Studie veröffentlicht Trotz zum Teil deutlicher Effizienzsteigerungen nehmen in Deutschland die gesamten CO 2 -Emissionen im Straßengüterverkehr bis 2030 weiter zu. Das ist das Ergebnis der Shell-Lkw- Studie, die Ende April in Berlin vorgestellt wurde. Grund für den höheren CO 2 -Ausstoß sind die zunehmenden Güterverkehrsleistungen, die die Einsparungen durch kraftstoffsparende Technologien überkompensieren. Die Güterverkehrsleistung soll laut Studie bis 2030 auf über eine Billion Tonnenkilometer anwachsen. Die Fahrleistung schwerer Lkw verdoppele sich bis dahin. Eine verbesserte Dieseltechnologie und je nach Einsatzzweck auch die Anwendung der Hybridtechnik und die Nutzung nachhaltiger Biokraftstoffe sowie eine optimierte Fahrzeugtechnologie führen dazu, dass im so genannten Trendszenario die CO 2 -Emissionen im Straßengüterverkehr um etwa 50 % auf rund 70 Mio. t im Jahr 2030 steigen. Im Alternativszenario, bei dem die technologischen Fortschritte nochmals ambitionierter gestaltet wurden, legen die CO 2 -Emissionen spürbar geringer um 32 % auf 61 Mio. t zu. Die Autoren gehen daher davon aus, dass trotz des derzeit geringen Anteils der Lkw an den gesamten CO 2 -Emissionen von 5 % der Straßengüterverkehr künftig stärker in den Blick der Klimapolitik rückt. (zp) Messe Berlin Neue ÖPNV-Messe ab 2011 In den Jahren zwischen der InnoTrans lanciert die Messe Berlin jetzt eine neue Fachmesse für den ÖPNV. Die Public Transport/ Interiors wird erstmals vom 22. bis 24. Juni 2011 in Berlin stattfinden. Nach Meinung der Messe Berlin existiert weltweit bislang noch keine umfassende Fachmesseplattform für den Öffentlichen Personennah- und -regionalverkehr. Die Public Transport/ Interiors wird im Zweijahresrhythmus stattfinden. (cm) Rostock Fördermittel für Ausbau Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern hat dem Rostocker Seehafen weitere Fördermittel zur Erneuerung des Liegeplatzes 2 und für die Befestigung neuer Flächen zugesagt. Rund 4,8 Mio. EUR will das Land bis Ende 2011 zur Kapazitätserhöhung bereitstellen. (zp) Continental / United Neue Nummer Eins Die amerikanischen Fluggesellschaften United und Continental schließen sich zur größten Airline der Welt vor Delta Air zusammen. Sie werden künftig unter dem Dach der United Continental Holding fliegen, die beiden Marken bleiben bestehen. United und Continental sind Mitglieder der Star Alliance, der auch die Lufthansa angehört. Zusammen befördern die zwei Gesellschaften im Jahr rund 144 Mio. Passagiere zu 370 Zielen in 59 Ländern. Glenn Tilton wird künftig dem Verwaltungsrat vorstehen, sein Continental-Kollege Jeff Smisek wird Konzernchef. Die Fusion soll im vierten Quartal 2010 abgeschlossen sein. (zp) Flughafen Hahn Erweiterung geplant 30 Mio. EUR sollen den Hunsrück-Flughafen Hahn wettbewerbsfähiger als Umschlagplatz für Fracht machen. Geplant sind neben einer Erweiterung des Terminals der Bau eines Schulungs- und Wartungszentrums sowie mehr Stellflächen für Flugzeuge. Die Arbeiten starten voraussichtlich im August und sollen im Frühjahr 2011 abgeschlossen sein. Auch für die Übernahme der nächtlichen Frachtflüge des Frankfurter Flughafens im Falle eines Nachtflugverbots steht Hahn nach Angaben des Landesverkehrsministers Hendrik Hering zur Verfügung. (zp) InnoTrans 2010 21.-24. September, Berlin Internationale Fachmesse für Verkehrstechnik Hmmnu`shudðJnlonmdmsdmð†ðE`gqydtfdð†ðRxrsdld www.innotrans.de Mobilität + Personenverkehr 10 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Abb. 1: Pkw pro 1000 Einwohner (Pkw-Dichte) Quellen: Eurostat (2009); HWWI. Leon Leschus / Silvia Stiller / Henning Vöpel Verkehrschaos oder Green Cities? Städte der Zukunft 1 Die Motorisierung der Weltbevölkerung und das Verkehrsaufkommen werden zukünftig drastisch ansteigen, insbesondere in Städten. Die zentralen Triebkräfte hierfür sind das immense Wachstum der Weltbevölkerung, die rasant steigenden Einkommen in zahlreichen Regionen der Welt sowie die ungebremst voranschreitende Urbanisierung. Lärm, Luftverschmutzung und Staus werden zunehmend das Bild wachsender Metropolen prägen und verlangen nach Lösungsansätzen zur zukunftsweisenden Gestaltung von Mobilität - wie können diese aussehen? Die Autoren Leon Leschus, Dr. Silvia Stiller, Prof. Dr. Henning Vöpel, HWWI Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut, Heimhuder Straße 71, 20148 Hamburg; leschus@hwwi.org, stiller@hwwi.org, vopel@hwwi.org Anstieg des weltweiten Individualverkehrs Für die Deckung der Mobilitätsbedürfnisse der europäischen Bevölkerung nimmt das Auto eine herausragende Stellung ein. Bei der Verteilung des Transportaufkommens auf die verschiedenen Verkehrsmittel, dem sogenannten „Modal Split“, haben sich trotz der massiven Preissenkungen im Flugverkehr in den letzten Jahren im europäischen Durchschnitt kaum nennenswerte Änderungen ergeben. In der EU war der Pkw-Anteil an den Fahrten der privaten Haushalte in der jüngeren Vergangenheit relativ konstant und betrug im Jahr 2006 etwa 83 %. Ausgeprägte Veränderungen des Modal Splits zeigten sich lediglich in einigen osteuropäischen Staaten, beispielsweise in Bulgarien, wo der Pkw-Anteil am Modal Split 1990 noch 11,7 % betrug. Er ist bis zum Jahr 2007 im Zuge steigender Einkommen sprunghaft auf 71,3 % angestiegen. In den USA nimmt der Straßenverkehr mit einem Anteil von 89,4 % eine überragende Stellung ein, während der Schienenverkehr hier kaum von Bedeutung ist. Anders gestaltet sich dies in China: Hier entfallen nur knapp 56 % auf den Straßenverkehr. Der Anteil des Schienenverkehrs beträgt etwa 36 %. 2 Die Pkw-Dichte hat in den EU-Ländern während der letzten Jahrzehnte kontinuierlich zugenommen. Im Durchschnitt entfallen auf 1000 EU-Bürger 466 Pkw, wobei sich Disparitäten hinsichtlich der Ausstattung mit Pkws zwischen den Ländern mit relativ hohen Pro-Kopf-Einkommen und jenen mit relativ niedrigen Pro- Kopf-Einkommen feststellen lassen (siehe Abbildung 1 ). Während die Pkw-Dichte beispielsweise in Italien bei 600 liegt, verfügen 1000 Rumänen über 167 Autos. Die Konvergenz der Einkommen in der EU, aufgrund der ökonomischen Aufholprozesse der osteuropäischen Länder, trägt zu einer Reduktion der Disparitäten zwischen den EU-Ländern hinsichtlich der Motorisierung der Bevölkerung bei. In der jüngeren Vergangenheit ist die Pkw-Dichte in den EU-Ländern mit einem relativ geringen Pro-Kopf-Einkommen, insbesondere in den osteuropäischen Mitgliedsstaaten, stärker gestiegen als im europäischen Durchschnitt. So steht einem Wachstum der Pkw-Dichte um 18,5 % im Zeitraum von 1995 bis 2006 in den EU15- Staaten (Mitgliedsstaaten bis 2004) eine Zunahme der Pkw pro 1000 Einwohner um 58,6 % in den EU12-Staaten, den relativ jungen EU-Mitgliedsländern, gegenüber. Die EU15-Staaten Schweden, Italien, Dänemark und Deutschland konnten zwischen 1995 und 2006 nur relativ geringe Wachstumsraten der Pkw-Dichte verzeichnen. Im Gegensatz dazu haben sich die Pkw-Dichten in den jüngeren Mitgliedsländern, beispielsweise in Polen, Lettland, Litauen und Bulgarien in diesem Zeitraum zum Teil mehr als verdoppelt. Absolut stieg die Zahl der Pkws in der EU seit 1995 um ca. 51,3 Mio. auf knapp 230 Mio. im Jahr 2006. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Pkw-Dichten der europäischen Staaten. Eine kontinuierliche Zunahme der Motorisierung der Bevölkerung, wie sie in der EU stattgefunden hat, zeigt sich ebenso in anderen Regionen der Welt. Zwischen 2003 und 2008 stieg die Pkw-Dichte beispielsweise in Japan um 5 % und in Kanada von 546 auf 581 Pkw je 1000 Einwohner um über 6 %. 3 Mobilität + Personenverkehr 11 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens und Zunahme der Weltbevölkerung erhöhen Pkw-Dichte Der weltweite Anstieg der Mobilitätspotenziale aufgrund der verbesserten Ausstattung der Weltbevölkerung mit Pkw steht im engen Zusammenhang mit der ökonomischen Entwicklung. Ein relativ hohes Pro-Kopf-Einkommen in einem Land ermöglicht einer relativ breiten Bevölkerungsschicht den Zugang zu individueller Mobilität. Im Allgemeinen entwickelt sich die Pkw-Dichte unterproportional zur Einkommensentwicklung. Hanly et al. (2002) haben für die Einkommenselastizität der Pkw-Nachfrage - die prozentuale Veränderung der Nachfrage nach Automobilen bei einer einprozentigen Steigerung des Einkommens - in den Industriestaaten einen Wert zwischen 0,32 (kurzfristig) und 0,81 (langfristig) errechnet. Prognosen zur Entwicklung der Pkw- Zahlen kommen für die nächsten Jahrzehnte einheitlich zu dem Ergebnis eines stark wachsenden Automobilbestands. Dabei hängt die zukünftige Entwicklung der Nachfrage nach Pkws von zahlreichen Faktoren ab, unter denen die demografischen und ökonomischen Veränderungen von hoher Bedeutung sind. Für die Entwicklung der Weltbevölkerung prognostizieren die Vereinten Nationen bis zum Jahr 2030 eine Zunahme um 40,3 %. 4 Das Welt-BIP wächst im entsprechenden Zeitraum in der Prognose der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen um 2,1 % pro Jahr. Überdurchschnittlich hohe Potenziale für die weitere Expansion des motorisierten Individualverkehrs weist aufgrund der hohen absoluten Zuwächse der Bevölkerung sowie ökonomischer Wachstumsprozesse der asiatische Raum auf. Neben den demografischen und ökonomischen Entwicklungen beeinflussen zahlreiche weitere Aspekte das zukünftige Wachstum der Pkw-Flotte (siehe Tabelle 1 ). Die Raumstruktur, welche aus der Verteilung von ökonomischen Zentren und weniger dicht besiedelten Regionen über die Fläche resultiert, ist relevant für das Verkehrsaufkommen und die relative Attraktivität des Pkw als Transportmittel. 5 So nimmt die Bedeutung des Autoverkehrs mit wachsender Stadtgröße bzw. Siedlungsdichte zugunsten anderer Verkehrsarten ab. 6 Darüber hinaus nehmen verkehrs- und umweltpolitische Instrumente Einfluss auf die relativen Preise unterschiedlicher Verkehrsträger, was wiederum die individuelle Entscheidung für oder gegen ein Auto betrifft. Im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung des Pkw-Bestands sind zudem technologische Entwicklungen und Innovationen von hoher Relevanz. Diese beeinflussen die Preise für Personentransport sowie die Qualität der Transportmittel. Gesellschaftlicher Wertewandel und die Veränderung individueller Präferenzen nehmen ebenso wie das quantitative und qualitative Angebot der Verkehrsträger Einfluss auf das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung. Räumliche Differenzierung der Automobilnachfrage Die genannten Einflussfaktoren sowie ihre absehbaren zukünftigen Veränderungen schaffen in den einzelnen Weltregionen sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen für die Entwicklung des Pkw-Bestands. Für die Welt insgesamt prognostiziert die OECD einen Anstieg der Pkw-Dichte von 131 im Jahr 2000 auf 225 im Jahr 2030. Dies entspricht weltweit einer Zunahme der Pkw-Flotte um 1,03 Mrd. Autos bis zum Jahr 2030. Das Wachstum des Pkw- Bestandes wird unter anderem aufgrund unterschiedlicher demografischer und ökonomischer Entwicklungspfade deutlich zwischen den Weltregionen variieren. In Asien wird bis 2030 ein hohes Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens von jährlich etwa 5 % erwartet. Für den südlichen Teil des afrikanischen Kontinents wird von der FAO hingegen lediglich ein jährliches Wachstum von 1,6 % prognostiziert. Den relativ größten Zuwachs an Pkw bis 2030 realisiert in diesem Szenario die Ländergruppe bestehend aus Brasilien, China, Indien, Indonesien und Russland mit einem Plus von 403,4 % (siehe Tabelle 2 ). Auch in den OECD-Staaten - die bereits die höchste Pkw-Dichte aufweisen - wird der Pkw-Bestand weiterhin kräftig expandieren. Zwischen den OECD-Staaten und anderen Ländern wird deshalb im Jahr 2030 weiterhin ein deutlicher Unterschied hinsichtlich des Motorisierungsgrades der Bevölkerung bestehen. Er ist in den OECD- Staaten in der Prognose im Jahr 2030 in etwa neunmal so hoch wie in dem Großteil der Entwicklungsländer. Dennoch gehen ökonomische Fortschritte in den sich entwickelnden Ländern aufgrund ihrer hohen Bevölkerungszahlen mit deutlichen Zuwächsen bei den Pkw-Zahlen einher. Diese entsprechen im Zeitraum von 2000 bis 2030 allein 438 Mio. Pkw in den fünf wachstumsstärksten Entwicklungsländern. Die Pkw-Dichte würde sich entsprechend der OECD-Prognose bis zum Jahr 2030 in Indien verdreifachen, in Indonesien vervierfachen und in China verzehnfachen. Es lässt sich somit festhalten, dass die Pkw-Dichte im globalen Maßstab weiterhin auf Wachstumskurs ist. Von der weltweit dynamischen Entwicklung des Pkw- Bestands werden die Wachstumsraten in zahlreichen europäischen Ländern nach unten abweichen, weil diese bereits einen relativ hohen Motorisierungsgrad erreicht haben und die demografischen Entwicklungstrends in diesen Ländern sich tendenziell dämpfend auf die Nachfrage nach Mobilität auswirken. Dies trifft beispielsweise auf Deutschland zu, das ebenso wie zahlreiche andere europäische Länder zukünftig von einem Rückgang der Bevölkerung und einem Anstieg ihres Durchschnittsalters betroffen sein wird. 7 Herausforderung Urbanisierung und umweltschonende Stadtentwicklung Der kontinuierliche Anstieg der Motorisierung der Weltbevölkerung wird einhergehen mit einer starken Zunahme des Verkehrsaufkommens. Die OECD prognostiziert bis zum Jahr 2030 eine Zunahme des privaten Personenverkehrs um 438,3 %. 8 Das zusätzliche Verkehrsaufkommen wird nicht gleichmäßig über die Fläche verteilt Tab. 1: Einflussfaktoren der Motorisierung Quellen: ifmo (2002); HWWI. Faktoren ̇ Wirtschaftliche Entwicklung, Bevölkerungsentwicklung und raumstrukturelle Entwicklung ̇ Politische Maßnahmen, insbesondere Verkehrs- und Umweltpolitik ̇ Technik, Technologie, Innovation ̇ Mensch und Arbeitswelt ̇ Gesellschaft, Lebensgestaltung und Werte ̇ Angebotsstrategien der Verkehrsträger, Mobilitätsdienstleistungen Tab. 2: Projektionen der Pkw-Dichte Quellen: OECD (2006); HWWI. Region 2000 Pkws je 1000 Personen 2010 Pkws je 1000 Personen 2020 Pkws je 1000 Personen 2030 Pkws je 1000 Personen Wachstum Pkws je 1000 Personen 2000 bis 2030 Industrialisiert OECD 520 558 633 724 39,2 % Nicht-OECD 190 241 326 436 129,5 % Entwicklungsländer China, Indien, Russland, Brasilien, Indonesien 29 42 88 146 403,4 % Andere 50 54 67 83 66,0 % Global 131 144 180 225 71,8 % Mobilität + Personenverkehr 12 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 sein, denn die ökonomische Raumstruktur ist geprägt von einer zunehmenden Differenzierung in dynamische ökonomische Zentren und schrumpfende periphere Regionen. Die regionalen Unterschiede hinsichtlich der Betroffenheit von wachsenden Umweltbelastungen durch das zusätzliche Verkehrsaufkommen werden sich deshalb zukünftig weiter verschärfen. Denn demografischen und ökonomischen Prognosen zufolge wird die zunehmende Bedeutung von Städten als Arbeits- und Lebensort ein globaler Trend sein, der die Entwicklung der räumlichen Strukturen in den kommenden Jahrzehnten weltweit dominieren wird. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen werden bis zum Jahr 2030 rund 60 % der Weltbevölkerung in Städten leben und im Jahre 2050 werden es in diesem Szenario 70 % sein (siehe Abbildung 2 ). In der Folge nimmt die Bedeutung von Städten als ökonomische Zentren und Wachstumsmotoren für die sie umgebenden Regionen zu. Menschen strömen täglich in die Städte, weil sie dort ihre Arbeitsplätze haben. Aus den intensiven Arbeitsmarktverflechtungen zwischen Städten und ihrem Umland resultiert erhebliches Verkehrsaufkommen aufgrund des Pendelns. Das Pendeln zum Ausbildungs- oder Arbeitsort ist in Europa eines der dominierenden Mobilitätsmotive von Personen, auf das durchschnittlich 30 % aller zurückgelegten Wege entfallen. 9 Die Siedlungsstruktur und die räumliche Verteilung von Arbeitsplätzen sind entscheidende Determinanten für die Pendelintensität, die Struktur der räumlichen Pendelverflechtungen und damit für die regionale Verteilung von Verkehrsströmen. In Anlehnung an physikalische Gesetzmäßigkeiten zeigen Gravitationsmodelle, dass die Intensität von Pendlerströmen zwischen zwei Orten eine Funktion der Bevölkerungsgröße am Ausgangsort, des Arbeitsplatzangebots am Zielort, der Transportkosten sowie der räumlichen Distanz zwischen diesen beiden Standorten ist. Marvakov und Mathä (2007) zeigen, dass in der EU Pendler auf Arbeitsmarktungleichgewichte, wie Differenzen in Löhnen und Arbeitslosigkeit, reagieren und besonders Regionen mit einem hohen Urbanisationsgrad mehr Pendler anziehen und weniger Auspendler aufweisen als nichturbane Regionen. Die fortschreitende Urbanisierung verursacht damit weiteres Pendleraufkommen. Weltweit weisen Städte, die Arbeitsplatzzentren darstellen, positive Pendlersalden auf. In Deutschland sind dies die Oberzentren. 10 Deren überregionale ökonomische Bedeutung zeigt sich in der hohen Beschäftigungsdichte in diesen Zentren und ihrer herausragenden Stellung als Ziel von Pendlern. So übertrifft beispielsweise in den zehn größten deutschen Städten die Zahl der Einpendler jene der Auspendler um ein Vielfaches (siehe Abbildung 3 ). Im Zeitablauf haben sich die Pendlereinzugsbereiche dieser Zentren, unter anderem aufgrund des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur, kontinuierlich vergrößert. Die durchschnittlichen Pendeldistanzen, insbesondere aus schwachen Arbeitsmarktregionen in die Oberzentren, haben zugenommen, was zu einem kontinuierlichen Anstieg des Verkehrsaufkommens geführt hat. Anzahl der Megacities steigt Eine besondere Stellung unter den wachsenden Agglomerationsräumen nehmen sogenannte Megacities ein. Gegenwärtig leben bereits etwa 10 % der Weltbevölkerung in solchen Metropolen, welche die Vereinten Nationen als Städte mit über 10 Mio. Einwohnern klassifizieren. Weltweit gibt es mittlerweile 24 Megacities. In Nordamerika zählen aktuell New York und Los Angeles, in Europa Moskau, Paris und Istanbul zu dieser Gruppe. Die meisten Megacities befinden sich in weniger stark entwickelten Regionen in China und Indien. Solche Agglomerationen erreichen nicht nur bei der Bevölkerungszahl eine andere Dimension als die Großstädte des 20. Jahrhunderts: Sie weisen eine deutlich höhere Anzahl und Vielfalt von Arbeitsplätzen, insbesondere im Dienstleistungssektor, auf und für das Funktionieren von Megacities werden leistungsfähige und hochkomplexe Verkehrssysteme benötigt. Städte dieser Größenordnung übernehmen internationale Dienstleistungsfunktionen und kulturelle sowie sozio-ökonomische Vielfalt setzen in diesen Metropolen neue Rahmenbedingungen für menschliches Zusammenleben. Ein besonderes Charakteristikum von Megacities ist, dass sie Wirtschaftsmotoren ihres jeweiligen Landes sind. So ist der Anteil der Megacities am nationalen Bruttoinlandsprodukt deutlich höher als ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung des jeweiligen Landes. Im Zuge ökonomischer Wachstumsprozesse und der zunehmenden Motorisierung der Bevölkerung wird sich das Verkehrsaufkommen aufgrund des Pendelns zukünftig weiter dynamisch entwickeln und die Verkehrsprobleme von Städten - Megacities - forcieren. Die Richtung und Stärke von Pendlerströmen ergibt sich letztendlich aus dem Zusammenspiel der Standortentscheidungen von Unternehmen und Haushalten. Die Stadtstrukturtheorie von William Alonso (1964) erklärt, wie die Wechselwirkungen zwischen Wirtschaftssubjekten die Raumstruktur prägen, und ermöglicht damit die Bestimmung der Siedlungsdichte in der Stadt im räumlichen Gleichgewicht. Das Alonso-Modell verdeutlicht, dass die Standortentscheidungen rational handelnder Individuen − die darauf zielen, den größtmöglichen privaten Nutzen zu erlangen − das Ergebnis eines Vergleiches der Vorteile und Kosten verschiedener Standort-Alternativen ist. Die Abb. 2: Verteilung der Weltbevölkerung Quellen: Population Division of the Department of Economic and Social Affairs of the United Nations Secretariat (2009); HWWI. Abb. 3: Pendler in deutschen Städten 2008 Quellen: Bundesagentur für Arbeit (2008); HWWI. Mobilität + Personenverkehr 13 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 mit Biokraftstoffen angetrieben werden. Dies hätte den Vorteil gegenüber neuen Antriebstechnologien, dass keine neue Infrastruktur aufgebaut, sondern die bestehende nur erweitert und modernisiert werden müsste. Lösung: Aufbau einer Infrastruktur und Entwicklung neuer Verkehrskonzepte Um dem wachsenden Verkehrsaufkommen gerecht zu werden, sind in jedem Fall erhebliche Investitionen in die Infrastruktur notwendig, insbesondere in Ballungsräumen. Die weltweit zunehmende Motorisierung erfordert den Bau von neuen Straßen- und Verkehrssystemen. Zudem steigen mit der Ausweitung des Straßennetzes auch die Kosten für die Erhaltung und Wartung der bereits bestehenden Infrastruktur. Gleichzeitig induziert der Ausbau des Straßennetzes zusätzlichen Verkehr, weil eine bessere Infrastruktur Anreize setzt, diese mehr zu nutzen. Um die Kapazität der vorhandenen Infrastruktur zu erhöhen, sollten die Verkehrsleitsysteme die Verkehrsströme effizient steuern. Dies erfordert den Informations- und Kommunikationsaustausch zwischen der Infrastruktur und ihren Nutzern. Mit dem Ausbau der Infrastruktur sollten in den Städten bereits die Bedingungen dafür geschaffen werden, neue Antriebstechnologien zukünftig vermehrt zu nutzen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass es bei der Verbreitung neuer Technologien, für die eine spezifische Infrastruktur erforderlich ist, zu Marktversagen kommen kann. 11 Eine Nachfrage entsteht erst dann, wenn eine ausreichende Infrastruktur existiert. Umgekehrt rentiert sich der Aufbau einer solchen Infrastruktur erst dann, wenn eine hinreichende Nachfrage besteht. Je größer das Netzwerk oder die Infrastruktur ist, desto größer ist der Nutzen für den Verbraucher und desto geringer sind die Kosten für den Anbieter. Aufgrund dieser Zusammenhänge kann eine kritische Größe existieren, die nur erreicht werden kann, wenn die Etablierung einer neuen grad der Bevölkerung und Pendelaufkommen droht diesen Städten das Verkehrschaos. So gilt es, beispielweise in Kalkutta, Dakar, Bombay und Delhi, Bevölkerungszuwächse von 6 bis 9 Mio. innerhalb von 20 Jahren zu verkraften. Peking, Manila und Lahore wachsen in diesem Zeitraum um 4 Mio. Menschen. Die Umsetzung neuer Technologien und die Implementierung neuer Verkehrssysteme können einen Beitrag zur Lösung der wachsenden Verkehrsprobleme in diesen Städten leisten. Dabei ist ein funktionierendes Verkehrswesen auch zukünftig einer der zentralen Schlüsselfaktoren für die Wettbewerbsfähigkeit von Städten. Das zunehmende Verkehrsaufkommen erfordert jedoch nicht nur den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Externe Effekte der Mobilität und des daraus resultierenden Verkehrs sind unter anderem Luftverschmutzung, Klimaschäden, Lärmbelastung, Unfälle und Zeitkosten, verursacht durch Verkehrsstaus. Die Stadtentwicklungspolitik der Zukunft steht vor der Herausforderung, diese negativen Agglomerationseffekte, die sich im Zuge der fortschreitenden Urbanisierung intensivieren werden, einzudämmen. Die Entwicklung und Integration neuer emissionsarmer Antriebstechnologien kann dazu beitragen, die negativen externen Effekte des zunehmenden Verkehrsaufkommens zu beseitigen beziehungsweise zu reduzieren. In letzter Zeit sind unterschiedliche Antriebstechnologien weiterentwickelt worden, die wesentlich zur Reduzierung von CO 2 -Emissionen im Straßenverkehr beitragen können. Hervorzuheben sind dabei die Elektromobilität sowie die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie. Zunehmend verbreiten sich Hybridelektrofahrzeuge, die in der Regel zum einen ihre Energie von einem Verbrennungsmotor und zum anderen von einem Elektromotor beziehen. Aber auch die konventionellen Antriebstechnologien werden weiterentwickelt. Verbrennungsmotoren sind verbrauchsärmer geworden und können auch Präferenz eines Haushalts ist entscheidend dafür, in welcher Distanz vom Zentrum der Haushalt seinen Wohnort wählt. Da Pendelkosten umso höher sind, je größer die Distanz zwischen Wohnort und Arbeitsplatz ist, Mietpreise hingegen mit zunehmender Entfernung vom Arbeitsplatzzentrum abnehmen, werden − laut der neoklassischen Standorttheorie und unter der Annahme rationellen Handelns − Standorte, die weit auseinander liegen, nur dann gewählt, wenn die erhöhten Pendelkosten durch andere finanzielle Vorteile wie höhere Löhne und/ oder niedrigere Wohnkosten oder nicht finanzielle Vorteile wie günstigere Arbeitsund/ oder Wohnbedingungen ausgeglichen werden. Anhand des Stadtstrukturmodells lässt sich erkennen, wie sich das Pendeln in Megastädten entwickeln könnte. Bröcker (1988) erklärt mittels komparativer statischer Analyse, wie sich Änderungen von exogenen Variablen auf die endogenen Variablen innerhalb des Stadtstrukturmodells auswirken. Die kontinuierliche Zunahme der Bevölkerungszahl in Megastädten führt demnach zu steigenden Bodenpreisen. Folglich sinkt die Bodennachfrage der Haushalte im Zentrum und die Größe des Agglomerationsraums nimmt aufgrund einer verstärkten Suburbanisierung zu. Immer mehr Haushalte werden in die Peripherie abwandern, da die Bodenpreise mit zunehmender Entfernung vom Zentrum günstiger werden. Dies führt zu einer Verlängerung der Pendeldistanzen. Auch eine Abnahme der Transportkosten oder eine Zunahme des Haushaltseinkommens führt laut des Stadtstrukturmodells zu einer Vergrößerung der Stadt. Auf Basis des Alonso- Modells lässt sich somit begründen, dass die Megastädte auch in Zukunft weiter wachsen und sich auch andere Städte zu Megastädten entwickeln werden. Weltweit werden zwanzig Megacities im Jahr 2025 mehr als 20 Mio. Einwohner haben. Aufgrund des rasanten Wachstums dieser Städte (siehe Abbildung 4 ) bei gleichzeitig steigendem Motorisierungs- Abb. 4: Anstieg der Bevölkerung in Megacities Quellen: Population Division of the Department of Economic and Social Affairs of the United Nations Secretariat (2009); Berechnungen HWWI. Mobilität + Personenverkehr 14 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 konzepten reagiert. Exemplarisch sei hier Singapur − die Vorzeigestadt für nachhaltige Mobilität im südostasiatischen Raum − genannt. Fast nirgendwo sonst auf der Welt ist die Bevölkerungsdichte mit 4,6 Mio. Einwohnern auf 650 km 2 so hoch wie in Singapur. Entsprechend stellen Überfüllungseffekte die Leistungsfähigkeit der Verkehrssysteme auf die Probe. Selbst im Vergleich zu europäischen Großstädten kann Singapur als Vorbild gelten: 60 % der Verkehrsteilnehmer nutzen den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Im Verkehrssystem des ÖPNV von Singapur kommt Bussen und innovativen Technologien eine wichtige Rolle zu. Seit 2005 gibt es Pilotprojekte mit gasangetriebenen Bussen. Die hohe Auslastung des ÖPNV wird vor allem durch die Restriktionen für Pkw- Neuzulassungen und die weltweit höchsten Gebühren für private Kraftfahrzeuge erreicht. Außerdem werden keine Gebrauchtwagen, die älter als drei Jahre sind, zugelassen. Durch Steuervergünstigungen wird der Kauf von Elektro- und Hybridfahrzeugen angeregt. Es existieren Geräuschemissionsgrenzen und es wird spezieller Asphalt verbaut, der Fahrgeräusche verringert. Auch bei den Nahverkehrszügen werden die Fahrgeräusche durch Gummireifen und Betongleise gedämmt. Wachsendes Verkehrsaufkommen: Herausforderung und Chance Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die zunehmende Urbanisierung in Kombination mit kontinuierlicher Motorisierung die Städte vor wachsende Herausforderungen hinsichtlich der Bewältigung der Verkehrsprobleme stellt. Dies gilt insbesondere für wachsende Großstädte und Megacities. Gleichzeitig bringt diese Problematik aber auch gesellschaftliche und ökonomische Chancen mit sich, beispielsweise durch die Entwicklung von Lösungen, die den ÖPNV attraktiver werden lassen und die Umweltbedingungen - und damit die Lebensqualität - in den Städten verbessern. Zudem gibt es ökonomische Anreize, durch Innovationen und technologischen Fortschritt die Entwicklung von einhalten, bestimmte Gebiete wie Stadtzentren nicht befahren dürfen. Dies sind in Deutschland beispielsweise sogenannte Umweltzonen. Der Modal Split hängt zudem von der Qualität der einzelnen Komponenten der Verkehrsinfrastruktur ab. Durch eine Verbesserung der Qualität und einen Ausbau der Radwege und des ÖPNV lässt sich die intensivere Nutzung umweltschonender Verkehrsmittel erreichen. Zunehmend werden Anreize für umweltschonende Stadtentwicklung auch durch Wettbewerbe gesetzt werden. Ein Beispiel hierfür ist die Vergabe des Titels „European Green Capital“ durch die Europäische Kommission, der im Jahr 2011 an Hamburg geht. Weil Luftschadstoffemissionen und Lärmbelastungen wesentlich von Fahrzeugcharakteristiken, Geschwindigkeit, Verkehrsaufkommen, Tageszeit und der bereits vorhandenen Belastung der Straße abhängen, bietet es sich an, Straßenbenutzungsgebühren wie Lkw-Maut oder Vignetten auf einigen Strecken einzuführen, die insbesondere in Spitzenlastzeiten den Verkehr reduzieren sollen. Road Pricing-Systeme bestehen beispielsweise in Melbourne, Toronto, Oslo, London und Singapur. In London besteht dieses System seit 2003 von 7 bis 18 Uhr an Werktagen innerhalb einer Zone in der Innenstadt. Ein Vergleich der Situation von 2002 vor der Einführung des Road Pricings mit der von 2007 zeigt, dass das Verkehrsaufkommen aller Fahrzeuge innerhalb der regulierten Zone um 16 % gesunken ist und die Zahl der Radfahrer dort um 66 % gestiegen ist. Die Häufigkeit und Dauer von Staus sind seit der Einführung des Road Pricings in London deutlich zurückgegangen, der Abgasausstoß hat abgenommen und die Zahl der Unfälle ist um 20 % gesunken. 13 Vorzeigepolitik in asiatischen Boomtowns Insbesondere in den asiatischen Boomtowns entwickeln sich zunehmend negative Verkehrsexternalitäten aufgrund des immensen Wirtschaftswachstums. Hierauf wird bereits vielerorts mit innovativen und umweltschonenden Stadtentwicklungs- Technologie extern „angestoßen“ wird. So gibt es keinen Anreiz, sich ein Elektrofahrzeug zu kaufen, solange es hierfür kein ausreichendes Netz an Aufladestationen gibt. Dies bremst die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen, was wiederum verhindert, dass die Herstellung von Elektrofahrzeugen in den Bereich der effizienten und kostenminimalen Serienproduktion gelangt. Es lässt sich in der jüngeren Planungspraxis erkennen, dass in Stadtentwicklungskonzepten die innovative Gestaltung der Verkehrsinfrastruktur und der Umweltaspekt eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Beispielsweise basieren die Pläne des ÖPNV für Sejong, der geplanten neuen südkoreanischen Haupt- und Verwaltungsstadt, auf einem „Bus Rapid Transit“-System. Die Busse, die wie in Singapur auch mit einem Informationssystem für die Passagiere ausgerüstet werden, sollen es auf eigenen Busspuren mit Zuggeschwindigkeit den Einwohnern ermöglichen, jeden Ort der Stadt innerhalb von 20 Minuten zu erreichen. Bis 2030 sollen in Sejong eine halbe Mio. Menschen auf 73 km 2 leben. Die ringförmig konzipierte Stadt wird um einen 3,3 km 2 großen Platz herum gebaut und soll einen Grünflächenanteil von über 50 % haben. Der „Bus Rapid Transit“ verbindet dabei mit einem ca. 20 km langen, kreisförmigen Korridor, an dem alle 400 bis 600 m Haltestellen vorgesehen sind, die verschiedenen Stadtteile. Zusätzlich ist die Stadt so geplant, dass Fußgängerzonen und Fahrradwege den Einwohnern die Vorteile eines umweltfreundlichen Transportsystems nahelegen sollen. 12 Politische Maßnahmen zur Reduzierung der negativen Effekte des Straßenverkehrs Um die negativen Umwelteffekte des Straßenverkehrs zu reduzieren, stehen der Politik vielfältige Instrumente und Maßnahmen zur Verfügung. Als Internalisierungsmaßnahmen sind CO 2 -Steuern oder auch Geschwindigkeitsbegrenzungen denkbar. Es bietet sich weiterhin an, Emissionsstandards für neue Fahrzeuge festzulegen, sowie die Forschung und Einführung von schadstoffarmen Kraftstoffen und Technologien staatlich zu fördern (siehe Tabelle 3 ). Die Maßnahmen beinhalten sowohl allgemeine technologie- und forschungspolitische Förderung als auch spezifische Instrumente, die an der Angebots- oder der Nachfrageseite ansetzen. Eine staatliche Förderung sollte nach Möglichkeit technologieneutral sein, um Marktlösungen nicht zu prädeterminieren. Zurzeit ist die Investitionsunsicherheit der Automobilhersteller allerdings noch sehr hoch. Es ist bis zum jetzigen Zeitpunkt unklar, welche Technologien sich durchsetzen werden. Viele Automobilhersteller sind daher noch in vielfältigen Projekten zur Entwicklung neuer Technologien engagiert. Gerade am Ende von auslaufenden, veralteten Technologien sind typischerweise Innovationssprünge zu beobachten. Vom Staat kann festgelegt werden, dass Fahrzeuge, die Schadstoffgrenzwerte nicht Tab. 3: Wirtschaftspolitische Instrumente zur Förderung nachhaltiger Mobilität Quelle: HWWI. Ebene Maßnahme Allgemeine Wirtschafts- und Innovationspolitik Stärkung der Vernetzung und des Wissenstransfers zwischen Forschung und Praxis Ausbau der technologischen Führerschaft im Bereich der Umwelt und Klimatechnologien Nachfrageseite: Angebotsseite: Spezifische Instrumente zur Förderung von alternativen Antriebstechnologien - Ersetzung der Kfz-Steuer durch eine CO 2 -Steuer (sofern kein Emissionshandel im Verkehrssektor) - Subventionierung des Austauschs der „alten“ durch umweltfreundliche Flotten - Einführung einer ökologischen City-Maut - Übernahme von Infrastrukturinvestitionen - Steuerliche Begünstigung von F&E-Investitionen in neue Antriebstechnologien - Initiativen und Projekte (z. B. „Public-Private-Partnership“) Mobilität + Personenverkehr http: / / www.stat.go.jp/ data/ nenkan/ zuhyou/ y2800000.xls Kühn, M.; Frömig, R.; Schindler, V. (2006): Fußgängerschutz − Unfallgeschehen, Fahrzeuggestaltung, Testverfahren, Springer-Verlag 2006. 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Die staatliche Förderung für Forschung und Entwicklung in diesem Bereich ist deshalb eine wichtige Zukunftsaufgabe, auch für die deutsche Politik. 1 Dieser Aufsatz bezieht sich in weiten Teilen auf die Studie „Mobilität 2030“ (von Collani et al. 2009). Die Autoren bedanken sich bei Ulrich Clemens für seine Mitarbeit. 2 Vgl. Kühn et al. (2006). 3 Vgl. Japan Statistics Bureau & Statistics Center (2009); Statistics Canada (2009). 4 Vgl. Population Division of the Department of Economic and Social Affairs of the United Nations Secretariat (2009). 5 Vgl. Eurostat (2005). 6 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2009). 7 Vgl. Statistisches Bundesamt (2006). 8 Vgl. OECD (2006). 9 Vgl. Eurostat (2005). 10 Vgl. Einig/ Pütz (2007); Schulze (2009). 11 Vgl. zum Beispiel Holzhausen (2004). 12 Vgl. Singapore Department of Statistics (2001); Nee, S. C. (2007); Pfannerstill (2008); Fuchs/ Pütz (2003); Say (2001); Ministry of Land, Infrastructure and Transport (2007); Multifunctional Administrative City Construction Agency (2008). 13 Vgl. Transport for London (2008); GlobeScan/ MRC McLean Hazel (2007). Literatur Alonso, W. (1964): Location and Land Use: Toward a general theory of land rent, Harvard University Press. Bröcker, J. (1988): Das Gleichgewicht auf dem Bodenmarkt einer monozentrischen Stadt, WiSt, Nr. 17, S. 556 - 562. Bundesagentur für Arbeit (2008): Beschäftigung in Deutschland. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2009): Chancen und Risiken steigender Verkehrskosten für die Stadt- und Siedlungsentwicklung unter Beachtung der Aspekte der postfossilen Mobilität, Vorstudie, März 2009. Von Collani, F.; von Kap-herr, R.; Langer, M.; Leschus, L.; Schwarz, D. M.; Stiller, S.; Vöpel, H. (2009): Strategie 2030 − Mobilität, Strategie 2030 − Vermögen und Leben in der Summary Cities of the future - between transport chaos and a green environment The motorization of the world’s population and the volume of traffic are deemed to grow in future without any form of restraint. The main driving forces behind this are both the enormous growth in population and the rapidly rising levels of income in various regions of the world. Leading up to 2030, passenger car density (the number of cars per inhabitant) is likely to increase threefold in India, fourfold in Indonesia, and tenfold in China. At the same time, urbanization is going to continue and will affect especially those countries. It is for this reason that this ongoing growth in motorization will place new demands on areas of high population density and mega cities. Related problems will increase in line with traffic development, while noise, pollution and traffic jams will emerge as the main characteristics of expanding metropolitan areas. Our report highlights the development of both the motorization of the world’s population and ongoing urbanization in the course of the forthcoming decades, and their anticipated impact on the development of urban areas. www.oepnvaktuell.de Spezial ISSN 2190-4820 € 15,- / Juni 2010 Öffentlicher Personenverkehr in der Fläche Exklusive Beilage in „Internationales Verkehrswesen“ ÖPNV aktuell Spezial Öfentlicher Personenverkehr in der Fläche Das erste ÖPNV aktuell SPEZIAL berichtet über den demographischen Wandel im „ÖPNV in der Fläche“ anhand vieler Beispiele aus verschiedenen Regionen und zeigt, dass eine Steigerung der ÖPNV Nutzung im ländlichen Raum möglich ist. Die Beilage ist im Umlauf verloren gegangen? Bestellen Sie einfach Ihr kostenloses Exemplar und senden Sie eine E-Mail an vera.hermanns@dvvmedia.com. Mobilität + Personenverkehr 16 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Ralph Bühler / Uwe Kunert Determinanten und Perspektiven des Verkehrsverhaltens USA und Deutschland im Vergleich In einer Kooperation der Rutgers University (New Jersey) und des DIW Berlin wurde untersucht, auf welche Faktoren Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Mobilität zurückzuführen sind und ob die Trends für beide Länder in eine gemeinsame Richtung weisen. 1 Die Autoren Prof. Ralph Bühler, PhD, Virginia Tech, School of Public and International Affairs, 1021 Prince Street, Alexandria, VA 22314, ralphbu@vt.edu, Dr. Ing. Uwe Kunert, DIW Berlin, Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt, Mohrenstraße 58, 10117 Berlin, ukunert@diw.de I n einem vorangehenden Beitrag haben wir die Entwicklung der Mobilität über die zurückliegenden Jahrzehnte geschildert. 2 Welche Faktoren erklären die Unterschiede der Mobilität 2002? Im Vorangehenden sind zwar ähnliche Trends, aber große Unterschiede in Autobesitz, Wegezahl pro Person, durchschnittlicher Wegelänge und Modal Split zwischen Deutschland und den USA deutlich geworden. Zur Erklärung dieser Unterschiede kommen zahlreiche Einflussfaktoren auf die Mobilität in Betracht. Verkehrsverhalten selbst und damit auch dessen Varianz wird gewöhnlich als Passagierkilometer, Wegelänge, Wegezahl pro Person, Modal Split, Motorisierungsrate und gelegentlich auch als Verkehrsenergienutzung operationalisiert. Eine Auswertung der Literatur zeigt, dass die Zusammenhänge zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen sehr komplex sind. Zum Beispiel können sozioökonomische Faktoren das Verkehrsverhalten direkt beeinflussen, aber auch indirekt durch Einflüsse auf die Raumstruktur oder die Verkehrspolitik. Kinder und Jugendliche, Rentner, ärmere Menschen und Arbeitslose sind generell weniger mobil und legen weniger Wege mit dem Auto zurück. Wohlhabende Haushalte besitzen mehr Autos und wohnen oft im suburbanen Gebiet. Steigende Einkommen können Verkehrsverhalten daher auch über die Raumstruktur beeinflussen. Die Verkehrspolitik kann Verkehrsverhalten direkt und indirekt beeinflussen: direkt beispielsweise durch Steuern auf Kraftstoffe oder durch die Verringerung von Parkplätzen. Ein indirekter Einfluss geht von Vorschriften zur Nutzungsmischung und Kompaktheit von Siedlungen aus. Verkehrsverhalten kann seinerseits die Raumstruktur und Verkehrspolitik beeinflussen. Eine vorhandene Raumstruktur kann auch ein Hindernis für die Einführung neuer Politiken sein. Zum Beispiel machen zersiedelte Gebiete ein ÖPNV-Angebot ineffizient und kostspielig. Schließlich haben Kultur und individuelle Präferenzen auch einen Einfluss auf das Verkehrsverhalten. Einige Autoren argumentieren beispielsweise, dass die amerikanische Kultur mit ihrem stereotypen Fokus auf Individualität und Ablehnung von Regierungseinfluss den Automobilverkehr fördert. Verkehrsverhalten wird in den Analysen im ausführlichen Bericht durch drei verschiedene Indikatoren operationalisiert: die Zahl der Wege pro Person und Tag; die täglich zurückgelegte Distanz aller Wege; die Verkehrsmittelwahl. Die Daten für die National Household Travel Survey für die USA und für Mobilität in Deutschland wurden mit ähnlichen Methoden und in einem überlappenden Zeitraum (2001/ 2002) erhoben. Die Datensätze wurden so aufbereitet und ergänzt, dass ein Vergleich des Verkehrsverhaltens entlang dieser Dimensionen möglich ist. Die Analyse der Wegehäufigkeit zeigt, dass Amerikaner pro Tag durchschnittlich etwa ein Fünftel mehr Wege zurücklegen als Deutsche. Auch differenziert nach allen unabhängigen Variablen und für alle Subgruppierungen weisen Amerikaner ein höheres Mobilitätsniveau als Deutsche auf. Generelle Theorien der Verkehrsnachfrage werden in beiden Ländern bestätigt: Beschäftigte Individuen legen mehr Wege zurück und Rentner nehmen an weniger außerhäuslichen Aktivitäten teil. Die Analyse zeigt nur geringe Variabilität entlang räumlicher Variablen. Dichtere Siedlungen können mit einer leicht reduzierten Wegehäufigkeit assoziiert werden. Im Folgenden werden die interessantesten Unterschiede und Ähnlichkeiten im Verkehrsverhalten zwischen Deutschland und den USA anhand der Tagesdistanzen dargestellt. Die durchschnittliche Wegedistanz mobiler Personen in Deutschland betrug 43,2 km. Der Median lag bei 18 km. In den USA war der Durchschnitt 74,5 km und der Median lag bei 40 km. Beide Verteilungen sind rechtsschief und werden durch extreme Ausreißer beeinflusst, allerdings waren jeweils ungefähr 95 % aller täglichen Distanzen kürzer als 200 km. Um Verzerrungen zu vermeiden, beinhalten die deskriptiven Verteilungen in diesem Abschnitt nur Wege, die kürzer als 200 km waren und die mit Auto, dem ÖV, zu Fuß oder per Rad zurückgelegt wurden. Tabelle 1 zeigt drei verschiedene Verteilungen der täglichen Wegedistanz. Amerikaner legen nicht nur generell längere Distanzen als Deutsche zurück, in einigen bivariaten Darstellungen überlappen die Verteilungen nicht einmal, das heißt, die kürzesten Tagesdistanzen für Amerikaner sind länger als die höchsten für Deutsche. Sozioökonomische und demographische Faktoren In den Jahren 2001/ 2002 betrug das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen nach den hier genutzten Erhebungen in Deutschland US-$ 47 000 (Median US- $ 43 600) und in den USA US-$ 57 800 (Median US-$ 52 500). Abbildung 1 zeigt, dass Amerikaner im niedrigsten Einkommensquartil mehr Personenkilometer pro Deutschland USA Ø Median Std Min Max N Ø Median Std Min Max N Tagesdistanz 43 18 93 0,1 5722 45 698 74 40 190 0,2 11 344 52 627 Tagesdistanz (< 200 km) 30 17 34 0,1 200 43 989 49 36 44 0,20 200 49 358 in (Tagesdistanz) 2,8 29,9 1,4 -4,6 8,4 45 698 3,5 3,7 1,3 -1,7 9,3 52 627 Tab. 1: Deskriptive Statistiken für drei Versionen der Variablen Tagesdistanz mobiler Personen 2001/ 2002 Quellen: NHTS, MiD Mobilität + Personenverkehr 17 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Tag zurücklegen als Deutsche im höchsten Einkommensquartil. In beiden Ländern nimmt die tägliche Wegstrecke mit steigenden Einkommen zu. Die Ausstattung der erwachsenen Bevölkerung mit Führerscheinen liegt in beiden Ländern noch merklich auseinander: 92 % aller Amerikaner über 16 Jahre und etwas über 86 % der über 18-jährigen Deutschen dürfen mit dem Auto fahren. Amerikaner ohne Führerschein legten im Durchschnitt 34 km pro Tag als Passagier in einem Auto zurück, verglichen mit nur 18 km für Deutsche ohne Führerschein. Amerikanische Haushalte besaßen 1,1 Fahrzeuge pro Haushaltsmitglied über 16 Jahre, verglichen mit nur 0,7 Fahrzeugen pro Haushaltmitglied über 18 in Deutschland. In über 80 % der amerikanischen Haushalte gibt es gleich viel oder mehr Fahrzeuge als Personen mit Fahrerlaubnissen. In Deutschland waren dies nur 37 % (Abbildung 2) . Je mehr Autos pro Haushaltsmitglied vorhanden sind, desto mehr Kilometer werden von Personen in diesen Haushalten zurückgelegt (Abbildung 3) . Dabei legen in beiden Ländern Frauen im Tagesverlauf kürzere Wegstrecken als Männer zurück, wobei dieser Unterschied in Deutschland wesentlich größer ist: 47,3 km pro Tag versus 51,2 km in den USA und 26,6 km versus 33,3 km in Deutschland. Rentner und Arbeitslose legen kürzere Wegstrecken zurück als andere sozioökonomische Gruppen, wobei selbst Rentner in den USA im Durchschnitt weiter unterwegs sind als alle deutschen Personengruppen und dabei über 90 % ihrer Wege mit dem Auto zurücklegen, in Deutschland beträgt dieser Anteil lediglich 55 %. Zugang zum Nahverkehr Abbildung 4 zeigt, dass Deutsche generell einen besseren Zugang zum Nahverkehr haben als Amerikaner. Über 50 % der Deutschen wohnen in einem Abstand von bis zu 400 m zu einer Nahverkehrshaltestelle. In den USA sind dies nur gut 30 % und 50 % aller Einwohner leben in einem Entfernungsbereich bis 2 km zu einer ÖPNV-Haltestelle. In beiden Ländern steigt die tägliche Wegedistanz mit zunehmender Entfernung des Haushalts von einer ÖPNV-Haltestelle an. Allerdings legen Amerikaner sogar mit gutem Zugang zum ÖPNV mehr Kilometer pro Tag zurück als Deutsche in Haushalten, die mehr als 1000 m von einer ÖPNV-Haltestelle entfernt sind. Räumliche Verteilung Insgesamt zeigen international vergleichende Studien, dass die Raumstruktur weniger Variabilität in der Mobilität erklärt als die sozioökonomischen und demographischen Faktoren, dass aber dichte, kompakte Siedlungsformen mit Nutzungsmischung generell weniger Autonutzung aufweisen als zersiedelte Gebiete. In Deutschland haben die Städte eine wichtige Aufgabe als Zentren für Wohnen, Beschäftigung und Einzelhandel. Ihre Funktionen in Service und Infrastruktur leiten sich ab aus einem System der zentralen Orte. In den USA sind einige Städte entweder zu Geschäftszentren geworden oder aber Gebiete hoher Arbeitslosigkeit und Kriminalitätsraten mit den sozialen Problemen einer segregiert lebenden armen Bevölkerung. Ein höherer Anteil von Handel, Beschäftigung und Bevölkerung ist in Deutschland in den Städten zu finden. Entsprechend sind die Pendelmuster in Deutschland stärker auf die Stadtzentren ausgerichtet und weniger stark von Vorstadt zu Vorstadt orientiert wie in den USA. Die deutschen Nahverkehrssysteme sind ein entscheidender Faktor, die dichtere Entwicklung entlang von Bedienungskorridoren und stärker city-orientierte Pendelbeziehungen zu stützen. Im Jahr 2002 betrug die Bevölkerungsdichte besiedelter Flächen in Deutschland 2550 Personen pro km 2 , in den USA nur ungefähr 1100 Personen pro km 2 . Insbesondere innere und äußere Vorstädte sind in Deutschland deutlich dichter als in den USA, was auf ein anderes Niveau der Zersiedlung hinweist. Fast 80 % aller Amerikaner, aber nur 35 % aller Deutschen wohnten in Gebieten mit weniger als 2000 Personen pro km 2 . Abbildung 5 zeigt, dass Personen in Gebieten mit höherer Bevölkerungsdichte weniger Kilometer pro Tag zurücklegen. Interessanterweise legen Amerikaner in der höchsten Dichtekategorie ungefähr so viele Kilometer pro Tag zurück wie Deutsche in der niedrigsten Dichtekategorie. Zudem weisen Personen in Gebieten mit einer größeren Mischung von Arbeitsplätzen und Wohnungen kürzere tägliche Wegedistanzen auf. Allerdings legen Amerikaner selbst in Gebieten mit hoher Mischung mehr Kilometer pro Tag zurück als Deutsche in Gebieten mit niedriger Durchmischung. Die Größe der Stadtregion hatte kaum einen Einfluss auf die zurückgelegten Tagesdistanzen. Wie man durch die gegebene Raumstruktur vermuten kann, ist der Anteil kürzerer Wege zwar höher in Deutschland, jedoch ist in den einzelnen Entfernungsbereichen - insbesondere über die kurzen Di- Abb. 1: Tagesdistanz nach Einkommensquartilen 2001/ 2002 Abb. 2: Haushalte nach Fahrzeugbesitz je Fahrer 2001/ 2002 Abb. 3: Tagesdistanz nach Haushalts-Fahrzeugbesitz je Fahrer 2001/ 2002 Abb. 4: Entfernung zum Nahverkehr 2001/ 2002 Mobilität + Personenverkehr 18 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Das Straßenangebot und die möglichen Geschwindigkeiten beeinflussen die Attraktivität und Nutzerfreundlichkeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es eine Priorität der US-Bundesregierung, ein Straßennetz zu finanzieren und zu bauen, das alle Bundesstaaten und städtischen Regionen verbindet. Dieses Interstate Highway System wurde durch den Ausbau von Staats- und Regionalstraßen ergänzt. Auch die deutsche Bundesregierung erweiterte das Straßennetz, jedoch auf einem niedrigeren Niveau als die USA. Im Jahr 2004/ 05 gab es in den USA etwa einen Kilometer Straße je 47 Einwohner, in Deutschland lag dieser Kennwert bei 128. Ein höheres Angebot einerseits und Fußgängerzonen, Verkehrsberuhigung und Tempo 30-Zonen andererseits beeinflussen die durchschnittlichen Geschwindigkeiten: Die Reisegeschwindigkeiten mit dem Auto sind in den USA etwa um ein Drittel höher als in Deutschland (41 km/ h versus 33 km/ h). Die durchschnittliche ÖV-Nahverkehrsgeschwindigkeit inklusive Wartezeit war in beiden Ländern ungefähr gleich. Fahrradfahrten waren in Deutschland 1 km/ h schneller (11 km/ h versus 10 km/ h) und die Gehgeschwindigkeiten betrugen 4,5 (D) und 5 km/ h (USA). Diese Angebotsqualitäten sind ein Anreiz, eher das Auto als andere Verkehrsmittel zu wählen. Bei vielen verkehrspolitischen Fragestellungen muss man sich vor allzu einfachen Schlussfolgerungen aus einer Untersuchung und daraus abgeleiteten Empfehlungen hüten. So legen zum Beispiel Individuen im suburbanen Raum längere Wegstrecken zurück als Bewohner von Siedlungen höherer Dichte. Es ist jedoch möglich, dass dies nicht nur eine Wirkung der Nutzungsdichte ist, sondern dass sich darin auch Präferenzen der jeweiligen Bewohner ausdrücken. Demnach könnten stanzen - der Anteil des Autos in den USA viel höher. In der Nähe zu Nahverkehrsangeboten (Haltestelle bis 400 Meter) ist der Modalanteil des Umweltverbundes in den USA mit 20 % nur halb so hoch wie in Deutschland. Politiken mit Wirkung auf Flächennutzung und Verkehr Vielfältige Maßnahmen beeinflussen das individuelle Verkehrsverhalten - und bei unterschiedlichen Politiken in beiden Ländern eventuell mit entsprechend unterschiedlichen Ergebnissen. Politiken der Nachfrageseite sind Preise, Verkehrs- Nachfrage-Management und die Regulierung der Verkehrsmittel. Politiken der Angebotsseite können in Infrastrukturausstattung, Infostruktur und Bedienungsqualität unterteilt werden. Hier können nur exemplarisch zwei Aspekte herausgegriffen werden, die deutlich politikbeeinflusst sind: Mobilitätskosten und Geschwindigkeit. Die Steuern auf Kraftstoffe sind in Deutschland traditionell höher als in den USA, woraus trotz besserer Kraftstoffeffizienz der Fahrzeuge höhere variable Kosten pro gefahrenem Kilometer in Deutschland resultieren. Während die Gesamtkosten je Kilometer in Deutschland etwa 50 % höher sind, betragen die variablen Kosten das Doppelte. 3 In beiden Ländern steigt die Tagesdistanz der mit dem Auto mobilen Personen mit sinkenden variablen Kosten (Abbildung 6) . Im Gegensatz zu den höheren Kosten der Automobilnutzung sind die Kosten für die Nutzung des ÖPNV in Deutschland im Durchschnitt geringer als in den USA. Im Jahr 2002 betrug der durchschnittliche Preis für einen Kilometer Beförderungsleistung in Deutschland 10 US-Cent verglichen mit 11 US-Cent in den USA (FHWA 2006, APTA 2006, VDV 2002). sich Personen mit höherem Mobilitätsbedürfnis im suburbanen Raum angesiedelt haben. Diese Personen bevorzugen eine Siedlungsform, die untrennbar mit längeren Wegstrecken verbunden ist. Die Ergebnisse dieser Analyse können diesen Selbstselektionseffekt nicht erklären, da nur Informationen über das Verkehrsverhalten, aber nicht über die Auswahl der Wohnlage vorliegen. Ein identisches Problem besteht bei der Variable Fahrzeugbesitz pro Haushaltsmitglied. Haushalte mit höherem Mobilitätsbedürfnis könnten mehrere Autos besitzen. Somit wird ein direkter kausaler Schluss von Autobesitz auf Mobilitätsverhalten beeinträchtigt. Multivariate Analyse der Tagesdistanzen Auch die multivariate Analyse basiert auf den zwei vergleichbaren nationalen Verkehrsbefragungen. Eine Literaturübersicht zeigt, dass Unterschiede im individuellen Verkehrsverhalten durch sozioökonomische Merkmale, Raumstruktur, Verkehrspolitik und Kultur erklärt werden können. Es gibt jedoch nur wenige Studien, die versucht haben, die Einflüsse dieser Faktoren auf internationale Unterschiede anhand von vergleichbaren Daten auf der Individualebene zu untersuchen. Für die Analysen fasst das Modell 1 diese Faktoren zu einem generellen Modell zur Erklärung des Verkehrsverhaltens zusammen: [Modell (1): VV=f (VP, RS, SD, K)] VV=Verkehrsverhalten VP=Verkehrspolitik RS=Raumstruktur SD=Sozioökonomische und demographische Faktoren K=Kultur Diese Erklärungsfaktoren können in jedem Land einen unterschiedlichen Einfluss haben und zu einer landesspezifischen Struktur der Verkehrsnachfrage beitragen. Zur Aufklärung dieser Struktur werden drei Gruppen von Regressionsmodellen geschätzt. Jede Gruppe hat eine andere abhängige Variable, die eine Dimension des Verkehrsverhaltens abdeckt: die tägliche Distanz aller Wege pro Person (Tageswegedistanz); die tägliche Distanz der Wege, die mit dem Auto zurückgelegt wurden (Tageswegedistanz mit dem Auto); die Wahl des Verkehrsmittels. Hier werden nur die Hauptergebnisse der Analysen der Tagesdistanz dargestellt. 4 Für alle Analysen werden die Daten von NHTS und MiD in einem gepoolten Datensatz zusammengefügt. Die Modelle zur täglichen Wegedistanz basieren auf einem gepoolten Sample von ungefähr 122 000 Personen aus Deutschland und den USA. Unterschiede in Stärke, Vorzeichen und statistischer Signifikanz der Koeffizienten zwischen den Ländern werden durch Interaktionseffekte für Deutschland gemessen: Für jede unabhängige Variable enthalten die Modelle daher eine Interaktionsvariable für Deutschland, die den Unterschied der Wirkung dieses Einflusses zwischen Deutschland und den USA misst. Für kulturelle Unterschiede kann lediglich eine nominale „0/ 1“-Variable als grober In- Abb. 5: Tagesdistanz nach Bevölkerungsdichte 2001/ 2002 Abb. 6: Tagesdistanz Auto nach Quartilen der variablen Kosten 2001/ 2002 Mobilität + Personenverkehr 19 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Tab. 2: Übersicht der Ergebnisse der OLS-Regressionen Tagesdistanz Tagesdistanz Auto USA Deutschland USA Deutschland n.a. n.a. Verkehrspolitik sozialökonomische und demograpahische Variablen Raumstruktur OLS und HSM OLS und HSM ÖPNV Haltestelle > 400 m ÖPNV Haltestelle 400 - 1000 m Variable Autokosten in US Cents Relative Geschwindigkeit Auto vs. andere Modes Einwohner je Quadratkilometer Nutzungsmischung Haushaltseinkommen Autozugang Führerschein Teenager/ Kind Beschäftigt in Single HH Nicht beschäftigt in Single HH Beschäftigt in Erwachsenen Haushalt Nichts beschäftigt in Erwachsenen Haushalt Beschäftigt in Haushalt mit kleinen Kindern Nicht beschäftigt in Haushalt mit kleinen Kindern Nicht beschäftigt in Haushalt mit älteren Kindern Rentner Haushalt Geschlecht (1 = männlich) Deutschland (1 / 0) Art der Modelle Interpretation Statistisch signifikanter positiver Zusammenhang Statistisch signifikanter negativer Zusammenhang Kein Zusammenhang Pfeil Pfeile Interpretation Ein Pfeil für beide Länder gemeinsam Der Zusammenhang ist statistisch in beiden Ländern identisch Dickerer Pfeil für ein Land; dünnerer Pfeil für das andere; beide Pfeile zeigen in die selbe Richtung Der Zusammenhang ist in einem Land stärker als in dem anderen; die Effekte sind statistisch Pfeile in gegensätzliche Richtungen Der Zusammenhang geht in unterschiedliche Richtungen in Deutschland und in den USA Quelle: Rutgers, DIW Berlin. Legende und Schlüssel Blick erscheinen. Eine 10 %-Erhöhung der variablen Kosten führt zu einer Reduktion der täglichen Autodistanz von 2 % in den USA und von 1,6 % in Deutschland. Die 95 %-Konfidenzintervalle der beiden Elastizitäten (-|0,20| und -|0,16|) überlappen sich. Dies bedeutet zwar, dass die Elastizitäten statistisch nicht signifikant unterschiedlich sind, dennoch gibt es inhaltliche Erklärungen für diese Unterschiede. 5 Insgesamt ergeben die im Bericht dargelegten verschiedenen Erklärungsmodelle, dass verkehrspolitische Einflüsse, Raumstrukturen, sozioökonomische und demographische Faktoren zur individuellen Varianz der Mobilität beitragen. Je nach gewähltem Mobilitätsindikator und Modellansatz kann der verkehrspolitische Einfluss etwa 25 % der aufgeklärten Varianz beitragen, ebenfalls etwa 25 % können durch die Indikatoren der Raumstruktur 2,7 km in den USA und 1,7 km in Deutschland. Wiederum ist die Distanz in Deutschland homogener verteilt als in den USA. Die Modelle für die Autodistanzen enthalten auch ein Merkmal, das die variablen Kosten je gefahrenem Kilometer mit dem Auto abbildet. Eine Erhöhung der variablen Kosten der Autonutzung um 1 US-Cent/ km führt zu einer Reduktion der täglichen Autodistanz von 2,4 km in den USA und von 0,4 km in Deutschland. Der Unterschied der Koeffizienten ist überraschend. Man könnte erwarten, dass eine Erhöhung der variablen Kosten in den USA weniger Veränderungen des Verkehrsverhaltens mit sich bringen würde, da das Transportsystem dort sehr autoorientiert ist und wenige andere Verhaltensmöglichkeiten bietet. Eine detailliertere Analyse der Nachfrageelastizität zeigt jedoch, dass die Unterschiede nicht so groß sind wie sie auf den ersten dikator eingesetzt werden. Das Modell 2 zeigt die generelle Herangehensweise: [Modell (2): VV=f (SD, SD(D), RS, RS(D), VP, VP(D),K)] VV, SD, RS, VP, und K definiert wie oben (D)=Interaktionseffekt für Deutschland Für die abhängigen Variablen „tägliche Wegedistanz“ und „tägliche Wegedistanz mit dem Auto“ werden lineare OLS-Regressionen verwendet. Die Analyseeinheit sind Personen und als unhabhängige Variablen werden Verkehrspolitiken, Raumstruktur, sozioökonomische Faktoren sowie Kultur untersucht. Das erste Modell schloss nur Individuen ein, die mindestens einen Weg pro Tag zurückgelegt hatten. Im zweiten Modell wurden nur Personen berücksichtigt die mindestens einen Weg pro Tag mit dem Auto unternommen hatten. Es ist nun möglich, dass sich Individuen, die am Stichtag mobil sind (bzw. die mit dem Auto fahren) signifikant von den nicht mobilen (bzw. nicht mit dem Auto fahrenden) unterscheiden. Es lägen dann Selektionseffekte vor. Es wäre auch möglich, dass einige unabhängige Variablen nicht nur die Tagesdistanz, sondern auch die Entscheidung mobil oder „automobil“ zu sein, beeinflussen. Arbeitslose beispielsweise könnten eher zu Hause bleiben als Personen mit Anstellung. Um diese Effekte zu kontrollieren, wurden zusätzlich zweistufige Heckman-Selection-Modelle (HSM) geschätzt. In diesen simulierte die erste Stufe die Entscheidung mobil (oder automobil) zu sein, die zweite Stufe modellierte dann die Wegedistanz. Obwohl der Einwand nach der Selektion theoretisch gerechtfertigt ist, waren die Ergebnisse der OLS und die der zweiten Stufe der HSM fast identisch. Die Ergebnisse der OLS sind einfacher zu interpretieren und werden hier vorgestellt. Ergebnisse der HSM können bei Bühler (2008) eingesehen werden. Ergebnisse der OLS-Regressionen sind in Tabelle 2 zusammenfassend dargestellt. Dabei ähneln die Ergebnisse der Modellierung für die Tageswegedistanz mit dem Auto denen für die Tageswegedistanz insgesamt, da das Auto als schnellstes Verkehrsmittel die Überwindung von größeren Distanzen ermöglicht und einen hohen Marktanteil an den Wegen und stärker noch den Distanzen hat. Die geschätzten Koeffizienten zeigen, dass unter Kontrolle aller anderen Merkmale, Deutsche durchschnittlich 31 km weniger pro Tag mit dem Auto zurücklegen. Damit ist trotz der Wirksamkeit aller weiteren Politik-, Raum-, sozioökonomischen und demographischen Variablen das verbleibende Merkmal für den Nationenunterschied mit dem höchsten Koeffizienten verbunden. Personen in Haushalten innerhalb von 400 m zu einer ÖPNV-Haltestelle legen weniger Kilometer im Auto zurück als Individuen in Haushalten, die mehr als 1000 m von einer Haltestelle entfernt sind (6,5 km in USA und 3,2 km in Deutschland). Ein Anstieg in der Bevölkerungsdichte um 1000 Personen pro km 2 führt zu einer Reduktion der Tageswegedistanz mit dem Auto von Mobilität + Personenverkehr 20 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 ge der Rezession) zu Verschlechterungen im Angebot und zu Preiserhöhungen, so dass die Fahrgastgewinne des Vorjahres wieder verloren gingen. 7 Diese Reaktion wird durch die Einseitigkeit des US-Personenverkehrs sichtbar: Die Bürger der USA legen im Durchschnitt fast ein Fünftel mehr Wege mit über zwei Drittel höheren Tagesdistanzen zurück. Diese Alltagsmobilität wird fast ausschließlich mit dem Auto bewältigt, das für etwa sieben Achtel der Wege genutzt wird. Hingegen bestreiten in Deutschland die Verkehrsmittel des Umweltverbundes einen Anteil von zwei Fünfteln am Verkehrsaufkommen, dreimal höher als in den USA. Mit der in Deutschland breiteren Verteilung der Verkehrsleistung auf verschiedene Verkehrsträger wird die Mobilitätsabwicklung optimiert. Die jüngst erfolgten Preissprünge bei Kraftstoffen sind zum einen durch die etwa zehnfache Besteuerung „gedämpft“ und bewirken insgesamt nur relativ schwache Reaktionen der Nachfrage im Personenverkehr: Die Verkehrsleistung des MIV stagniert seit einigen Jahren und weist 2008 nur einen leichten Rückgang aus, während die öffentlichen Verkehrsträger seit einigen Jahren leichte Zuwächse verzeichnen: Zuletzt stieg die Beförderungsleistung 2008 und 2009 um jeweils 1 bis 2 %. 8 Somit entwickelt sich der Personenverkehr zwar in beiden Ländern bezüglich einiger Aspekte in die gleiche Richtung, aber auf sehr verschiedenen Niveaus und mit teilweise anderen Wirkungsmechanismen, wie die unterschiedlichen Reaktionen auf die jüngsten Preisentwicklungen illustrieren. Allerdings zeigen die Analysen auch, dass weitgehend demographisch bedingte Effekte für Deutschland noch eine größere Steigerung der Automobilität bringen werden - das Ausmaß dieser Veränderungen aber auch gestaltbar ist, wenn ein nachhaltiges Verkehrssystem angestrebt wird. 9 So liegt die Ausstattung der erwachsenen Bevölkerung mit Führerscheinen zwischen beiden Ländern noch merklich auseinander: 92 % aller Amerikaner über 16 Jahre und etwas über 86 % der über 18-jährigen Deutschen dürfen mit dem Auto fahren. Amerikaner ohne Führerschein legten im Durchschnitt 34 km pro Tag als Passagier in einem Auto zurück, verglichen mit nur 18 km für Deutsche ohne Führerschein. Die zukünftig höhere Führerscheinausstattung wird in Deutschland kohortenbedingt im Wesentlichen durch die Frauen getragen werden und eine höhere Motorisierung nach sich ziehen. Amerikanische Haushalte besaßen 1,1 Fahrzeuge pro Haushaltsmitglied über 16 Jahre, verglichen mit nur 0,7 Fahrzeugen pro Haushaltmitglied über 18 in Deutschland. In über 80 % der amerikanischen Haushalte gibt es gleich viel oder mehr Fahrzeuge als Personen mit Fahrerlaubnissen. In Deutschland waren dies nur 37 %. Je mehr Autos pro Haushaltsmitglied vorhanden sind, desto mehr Kilometer werden von Personen in diesen Haushalten zurückgelegt. In den USA korrespondiert ein Auto mehr je Haushaltsmitglied (im „Führerscheinalter“) mit einer im Mittel frage eine historisch einmalige Reaktion zu verzeichnen. Verglichen mit dem Jahr 1998 - dem Ende der Niedrigpreisphase für Öl - sind die Jahresdurchschnittspreise für Kraftstoffe bis 2008 - dem vorläufig höchsten Preisniveau - nominal in Deutschland um etwa 80 % und in den USA um fast 300 % gestiegen. Berücksichtigt man die allgemeine Preisentwicklung und die Verringerung des Kraftstoffverbrauchs der Fahrzeuge, so beträgt für das durchschnittliche Auto die Steigerung der realen variablen Kilometerkosten in Deutschland etwa 35 % und in den USA gut 200 % (Abbildung 7) . 6 Höhere Preiselastizität, drastisch stärkere Preissignale und sinkende Beschäftigung haben in den USA zu einem deutlichen Rückgang in der Verkehrsnachfrage geführt: Gegenüber den Spitzenwerten in 2007 fiel die Fahrleistung der Kraftfahrzeuge bis 2009 um 3 % (Abbildung 8) . In 2009 stellte sich ein niedrigeres Preisniveau für Kraftstoffe ein, das aber für US-amerikanische Gewohnheiten immer noch hoch ist. Obwohl sich die allgemeine Wirtschaftslage zur Jahresmitte 2009 verbesserte, verringerte sich die Arbeitslosigkeit bislang nicht. Diese Faktoren tragen zu der Stagnation der Fahrleistung seit einem Jahr bei. Parallel zu den hohen Kraftstoffpreisen war zunächst eine Belebung der Nachfrage im ÖPNV („Transit“) zu verzeichnen: Die Fahrgastzahlen lagen im vierten Quartal 2008 um 4 % über dem Vorjahr. Im Jahr 2009 bewirkte jedoch die anhaltende Schwäche des Arbeitsmarktes verringerte Pendlerzahlen. Zudem führen Finanzierungsprobleme des ÖV (durch Steuerausfälle infol- und um 40 % durch die sozioökonomischen und demographischen Merkmale erklärt werden. Auch in nationalen Studien ist die Dominanz der sozioökonomischen Merkmale auf Unterschiede im Verkehrsverhalten nachgewiesen worden. Die Befunde aus diesem Ländervergleich bedeuten, dass zwar ein großer Anteil der Differenzen auf sozioökonomische und demographische Merkmale wie Altersstruktur, Erwerbsbeteiligung, Einkommen zurückgeführt werden kann, dass aber die messbaren Einflüsse von Raumstruktur und Politiken zusammen genommen ähnlich relevant sind. Unter den sozioökonomischen und demographischen Variablen hat die Pkw-Verfügbarkeit der Haushaltsmitglieder die größte Wirkung auf die Mobilitätsindikatoren. Aktuelle Tendenzen bei hohen Mobilitätskosten Die Befunde aus der statistischen Analyse zeigen eine geringe Preissensibilität der mit dem Auto zurückgelegten Entfernungen für beide Länder, in Deutschland noch geringer als in den USA. Die traditionell höheren Benzinpreise in Deutschland dürften die Autofahrer zum ökonomischeren Verhalten bei der Autonutzung veranlasst haben - trotz besserer Kraftstoffeffizienz der Fahrzeuge. In den USA - bei niedrigen Benzinpreisen - werden viele „unnötige“ Wege mit dem Auto zurückgelegt. Ein signifikanter Anstieg der Benzinpreise könnte für diese Wege das Auto unökonomisch machen. Und tatsächlich ist in der jüngsten Phase hoher Benzinpreise in der Verkehrsnach- Abb. 8: Kfz-Fahrleistungen und Kraftstoffpreise in den USA Januar 1998 bis Mai 2009 Abb. 7: Kraftstoffkosten* für Pkw in Deutschland und in den USA 1998 = 100 Mobilität + Personenverkehr 21 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Bullard, R. D. (2004): Highway Robbery. South End Press Cambridge, MA. CDC (2005): Overweight and Obesity. Gefunden am 12.11.2006 unter http: / / www.cdc.gov/ nccdphp/ dnpa/ obesity/ . DESTATIS (2003): Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden. DESTATIS (2005): Statistik Lokal 2003. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden. DIW (1993): Vergleichende Auswertungen von Haushaltsbefragungen zum Personennahverkehr, KONTIV 1976, 1982 und 1989. Berlin: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung. DIW (2006): Rückgang von Fahrleistung und Kraftstoffverbrauch im Jahr 2005, anhaltender Trend zum Diesel-Pkw. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin. 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Diese Werte scheinen klein zu sein, sind aber für die Analyse von Individualdaten üblich und im Rahmen der R2 anderer disaggregierter Analysen mit NHTS und MiD. Wenn man die gesamte erklärte Variabilität auf die verschiedenen Variablengruppen verteilt, dann ergibt sich folgendes Bild: 25 % tragen die Verkehrspolitikvariablen bei, 25 % die räumlichen Variablen und um 40 % die sozioökonomischen Variablen. 6 Berechnet über den Kraftstoffsortenmix und die Fahrleistungen nach Antriebsarten. 7 Quellen: Fahrleistungen aller Kfz aus US DOT FHWA, Traffic Volume Trends 2010, am aktuellen Rand nicht nach Fahrzeugarten verfügbar; ÖV-Nachfrage aus American Public Transportation Association, Public Transportation Ridership Report 2010. 8 Quellen: Verkehrsnachfrage MIV, vorläufige Schätzungen von BASt und DIW 2010, ÖV-Nachfrage aus „Verkehr in Zahlen“ und Statistisches Bundesamt, Fachserie 8, Reihe 3.1, 2009. Leider liegen für Deutschland keine derart aktuellen und unterjährigen Angaben zur Entwicklung im Kraftfahrzeugverkehr wie in den USA vor. 9 Nützliche Lehren für die US-Transportpolitik wurden in einer separaten Veröffentlichung der Reihe Transportation Reform Series des Metropolitan Policy Program von Brookings veröffentlicht: Ralph Buehler, John Pucher, and Uwe Kunert: Making Transportation Sustainable: Insights from Germany, Washington D.C. 2009. Literatur AAA (2002): Your Driving Costs 2002. American Automobile Association, Washington, D.C. ADAC (2002): Autokosten 2002. Allgemeiner Deutscher Automobil Club, München. APTA (2006): Public Transportation Factbook. Washington, D.C. BBR (2005): Raumordnungsbericht 2005. Berichte, Band 21, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn. BBR (2006b): INKAR 2006. BBR Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn. BLS (2000 -2003): Consumer Expenditure Survey. U.S. Bureau of Labor Statistics, Washington, D.C. BMVBS (1991-2007): Verkehr in Zahlen. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin. BMVBS (2004): Mobilität in Deutschland. Bonn: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Brookings Institution (2003): A primer on the gas tax. Brookings Institution, Washington D.C. Bureau of Transportation Statistics (2007): The Federal Gas Tax. BTS, FHWA, Washington, D.C. Bühler, R. (2008): Transport Policies, Travel Behavior, and Sustainability: A Comparison of Germany and the U.S. Dissertation. Rutgers University, New Brunswick, NJ. Bühler, R.; Pucher, J.; Kunert, U. (2009): „Making Transportation Sustainable: Insights from Germany“, The Brookings Institution, Metropolitan Policy Program, Washington DC. um 3,3 km höheren Tagesdistanz je Person, in Deutschland liegt dieser Effekt mit 9 km mehr als doppelt so hoch. Deutsche Haushalte mit mehr Pkw als Fahrer zeigen ein ähnliches Mobilitätsverhalten wie solche Haushalte in Amerika. Für Haushalte unterhalb dieser Schwelle klafft das Mobilitätsverhalten zwischen beiden Ländern viel weiter auseinander. Zu den zu erwartenden kohortenbedingten Effekten gehört auch die Verkehrsmittelwahl höherer Altersgruppen. In Deutschland wählen Personen im Rentenalter heute noch eher den ÖV oder sind eher nichtmotorisiert unterwegs als der Rest der Bevölkerung. In den USA ist dies gerade umgekehrt. Dieser Unterschied wird sicher durch viele Faktoren beeinflusst, nicht zuletzt durch die mangelhafte Verkehrssicherheit für Fußgänger und Radfahrer in den USA und die eingeschränkte Verfügbarkeit und Qualität öffentlicher Verkehrsangebote. Ein weiterer Faktor sind aber auch die Mobilitätsbiographien der Personen, die für Ältere in beiden Ländern völlig anders aussehen. Heutige US-Pensionäre sind schon zu Zeiten einer weitgehenden Verfügbarkeit von Autos in den Haushalten aufgewachsen und nehmen das eingeübte Mobilitätsverhalten mit hoher Autonutzung mit ins Alter. Diese Entwicklung steht in Deutschland mit der Alterung der Generation der Baby-Boomer gerade erst am Anfang und wird das zukünftige Mobilitätsverhalten der Älteren verändern. Während in den USA Männer und Frauen das Auto für etwa den gleichen Anteil ihrer Wege benutzen, gibt es hier in Deutschland eine „gender gap“, da Männer das Auto viel stärker nutzen, insbesondere als Fahrer. Dabei legen in beiden Ländern Frauen im Tagesverlauf kürzere Wegstrecken als Männer zurück, wobei dieser Unterschied in Deutschland wesentlich größer ist: 47,3 km pro Tag versus 51,2 km in den USA und 26,6 km versus 33,3 km in Deutschland. Hier deutet sich also sowohl für die Männer und insbesondere für die Frauen noch ein erhebliches Steigerungspotenzial an. Mit einer höheren Motorisierung in den Haushalten fahren auch Kinder und Teenager in den USA mit 77 % der Wege sehr viel mehr im Auto als in Deutschland, wo diese Altersgruppe fast 60 % ihrer Wege mit dem Rad, dem ÖPNV oder zu Fuß zurücklegt. 1 Bühler, R.; Kunert, U. : Trends und Determinanten des Verkehrsverhaltens in den USA und in Deutschland, Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Projektnummer 70.0802/ 2006, Berlin, Dezember 2008, elektronisch verfügbar. Wir danken den Mitarbeitern des Referats A34 des BMVBS für ihre Unterstützung bei dieser Studie. 2 Vgl. Bühler, R.; Kunert, U. : Trends des Verkehrsverhaltens in den USA und in Deutschland. In: Internationales Verkehrswesen, IV 1+2/ 2010, S. 10 -14. 3 Alle Kosten angepasst für Kaufkraftunterschiede. 4 Vgl. im Einzelnen zur Vergleichbarkeit der Erhebungen, der Modellierungsstrategie, zu den verwendeten Variablen, deren Messniveaus und deskriptiven Statistiken sowie der Modellgüte den Bericht Bühler und Kunert 2008. 5 Zur Modellgüte: In beiden Modellen wurden die Variablen in Bedeutungsgruppen nacheinander eingefügt. Summary Determinants and Outlook on Travel Behaviour in Germany and the USA This article explores the role of socioeconomic and demographic factors, spatial development patterns, and transport policies as explanatory factors for dissimilar travel behaviour in Germany and the USA. We find that all groups of society in the USA are more car dependent than Germans − even after controlling for socioeconomic factors and spatial development patterns. For example, Americans living in the highest population density category still travel more kilometres by car per day than Germans in the lowest population density category. Similarly, Germans in the highest income quartile drive fewer kilometres by car per day than Americans in the lowest income quartile. A multivariate analysis shows that transport policy proxy variables capture up to 25 % of the explained variability. We also find that car travel distance in the USA is more sensitive to automobile operating costs: a 10 % increase in automobile operating cost per km is associated with a 2 % reduction in car travel distance in the USA, compared to only 1.6 % in Germany. The price sensitivity of car travel in the USA is demonstrated by an analysis of the decline in vehicle kilometres of car travel over the last two years. Güterverkehr + Logistik 22 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Der Anstieg der Transportleistung führt zu offensichtlichen Überlastungen der Infrastruktur. Foto: H. Stein Jola Babani / Gernot Liedtke / Stefan Schröder Perspektiven der Datenerhebungen im Straßengüterverkehr Hintergrund und Motivation Das Leistungswachstum und die Strukturänderungen im Güterverkehr in den vergangenen Dekaden wurden vor allem durch die Globalisierung, die veränderte Güterstruktur und das Aufkommen neuer Produktionsformen forciert. Die Güterstrukturänderung von Massengütern zu hochwertigen Gütern sowie neue Produktionsformen wie Lean-Production 1 haben zu neuen Anforderungen in der Transportlogistik geführt. Der Trend geht immer mehr zu kleinteiligen und hochfrequentierten Sendungen. Dadurch entsteht der Kundenwunsch, sämtliche Transportdienstleistungen „aus einer Hand“ zu beziehen. Die Autoren Dr. Gernot Liedtke, Dipl. Wirtsch.-Ing. Stefan Schröder, Dipl. Wirtsch.-Ing. Jola Babani, KIT Karlsruher Institut für Technologie, Kaiserstraße 12, 76131 Karlsruhe, gernot.liedtke@kit.edu, stefan.schroeder@kit.edu D iese Trends führen zu neuen Herausforderungen in der Transportlogistik und Verkehrsplanung: Auf der ständigen Suche nach Kostensenkungspotenzialen für immer kleinteiligere Güterströme entstehen neue Formen logistischer Netze sowohl auf der Transportnachfrage − das heißt neue Lager- und Distributionsstrukturen − als auch auf der Transportangebotsseite, welche die Güterverkehrslandschaft wesentlich verändern. So finden sich Antworten auf den effizienten Einsatz von Kapazitäten etwa in Fusionen im Transportgewerbe, in speditionsübergreifenden Kooperationen (z. B. Stückgutnetzen) oder in der Entwicklung neuer innovativer intermodaler Transportsysteme wie LogoTakt 2 oder PalletFlow 3 . Aus volkswirtschaftlicher Sicht führen die Veränderungen im Güterverkehrssystem nicht nur zu positiven, sondern auch zu unerwünschten Effekten. Der Anstieg der Transportleistung führt zunehmend zu offensichtlichen Überlastungen der Infrastrukturen sowie zu massiven Belastungen der Umwelt und Gesellschaft. Diese Belastungen wie z. B. Lärm, CO 2 stellen häufig Kosten dar, die nicht vom Verursacher (beispielsweise den Transportunternehmen und deren Auftraggeber), sondern von Dritten getragen werden (sogenannte externe Kosten), das heißt es kommt zu wohlfahrtsmindernden Fehlallokationen, die zu beheben verkehrspolitische Maßnahmen erfordern. Die Ableitung und Wirkungsanalyse dieser Maßnahmen basieren in der Regel auf Verkehrsmodellen. Die komplexe Interaktion von Transportnachfrage und -angebot sowie die dynamische Entwicklung neuer Transportstrukturen stellt die Verkehrsmodellierung jedoch vor neue Aufgaben, die zunehmend verhaltensbasierte Güterverkehrsmodelle verlangen. Diese Modelle bilden die relevanten Entscheidungsträger und Entscheidungen explizit ab um die Fundamentalzusammenhänge zur Entstehung von Güterverkehr zu erfassen. Die explizite Modellierung von logistischen Entscheidungen stellt an dieser Stelle eine vergleichsweise neue Dimension der Modellierung dar. Die wesentliche Grundlage dafür ist allerdings eine empirische Datenbasis, die wirtschaftliche und transportlogistische Aktivitäten sowie deren Auswirkungen auf Verkehrsinfrastrukturen geeignet abbildet. Für derartige Zwecke existieren in Deutschland zwei umfangreiche Statistiken zur Erfassung des Gütertransports auf der Güterverkehr + Logistik 23 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Straße: Zum einen ist es die Güterkraftverkehrsstatistik des Kraftfahrt-Bundesamts zusammen mit dem Bundesamt für Güterverkehr (im Folgenden mit „KBA“ bezeichnet), die den deutschen Straßengüterverkehr mit Transportmitteln über 3,5 t Nutzlast beschreibt. Zum anderen die Kraftfahrtzeugverkehrsstatistik in Deutschland (im Folgenden mit KiD abgekürzt), deren Untersuchungsgegenstand der städtische Wirtschaftsverkehr ist. Ziel der vorliegenden Ausarbeitung ist es, einen Beitrag zur Verbesserung der KBA-Statistik zu leisten. Hierfür wird der Informationsgehalt der bestehenden Statistik kritisch analysiert. Auf Basis dieser Analyse werden Verbesserungsvorschläge abgeleitet, die sowohl den neuen Anforderungen an eine empirische Datenbasis gerecht werden, als auch in angemessenem Verhältnis von Erhebungsaufwand und Informationsgewinn stehen. Die Autoren stützen sich dabei auf umfangreiche Erfahrungen mit der KBA und empirischen Güterverkehrsdaten anderer Länder (Liedtke, 2006; Liedtke und Schepperle, 2004; Babani und Liedtke, 2007) aus den Jahren 2004 - 2009. Des Weiteren fließen aktuelle Erfahrungen auf europäischer Ebene aus einer Zusammenarbeit mit Eurostat ein (Schröder et al., 2009). Der Artikel gliedert sich wie folgt: Im ersten Teil werden die in Deutschland existierenden Daten (KBA und KiD) vorgestellt. Die komplementäre KiD wird aufgrund ihres spezifischen Informationsgehalts bezüglich relevanter Aktivitäten von Beginn an als eine Art Benchmark mit vorgestellt. Im zweiten Teil wird die KBA kritisch analysiert. Der abschließende Teil beinhaltet Verbesserungsvorschläge für die KBA, die insbesondere im Licht des Erhebungsaufwands und des Nutzens durch Informationsgewinn aufgestellt worden sind. Datenerhebungen in Deutschland: Methodik und Erfassungsmerkmale In Deutschland ist das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg für die regelmäßige nationale Datenerhebung sowie für die Auswertung der Güterkraftverkehrsstatistik zuständig. Die Befragung postalischer oder elektronischer Art findet seit Mitte 1994 bundesweit statt und erstreckt sich über den gewerblichen Verkehr und den Werksverkehr. Gegenstand der Erhebung sind die im Zentralen Fahrzeugregister registrierten Lastkraftwagen und Sattelzugmaschinen, deren Nutzlast 3,5 t übersteigt. Die Fahrzeughalter sind verpflichtet, über alle Fahrten (inkl. Leerfahrten) während einer sogenannten Halbwoche (von Sonntag 22: 00 Uhr bis Mittwoch 24: 00 Uhr oder von Donnerstag 0: 00 Uhr bis Sonntag 22: 00 Uhr) zu berichten. Hierzu wird alle vier Wochen eine nach Fahrzeugtyp, -größe und Verkehrsregion geschichtete Stichprobe von höchstens fünf Promille der Erhebungsgesamtheit gezogen. Detaillierte Informationen zum Aufbau der Erhebung finden sich in (KBA, 2001). Komplementär zur KBA-Statistik liegt die erstmals im Jahr 2002 durchgeführte Erhebung „Kraftfahrzeugverkehr in Deutschland 2002 (KiD 2002)“ im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr-, Bau- und Stadtentwicklung vor. Ziel der Befragung ist die Beseitigung von Datendefiziten im Wirtschaftsverkehr mit Fahrzeugen bis einschließlich 3,5 t Nutzlast, die vor allem in den Agglomerationsräumen einen signifikanten Anteil am Verkehrsgeschehen haben. Der Stichprobenumfang beträgt ca. 100 000 Kraftfahrzeuge und der Berichtszeitraum einen Tag, wobei nur die ersten zehn Fahrten vollständig erfasst werden. Nähere Informationen über das Design der Stichprobe finden sich in „Kraftfahrzeugverkehr in Deutschland 2003 (KiD 2003)“. Die wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der erfassten Merkmale beider Statistiken sind in Tabelle 1 zusammenfassend Tab. 1: Gegenüberstellung der erfassten Merkmale der KBA und KiD Güterverkehr + Logistik 24 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 dargestellt, wobei hier wie folgt differenziert wurde: ̇ Eigenschaften einzelner Fahrten ̇ Transportketteneigenschaften ̇ funktionale Fahrtenstruktur. Eigenschaften einzelner Fahrten Im Vergleich zur KiD erfasst die KBA wesentlich mehr Informationen bezüglich des Fahrzeuges wie z. B. Lkw-Art bzw. Aufbauart des Fahrzeuges. Die in diesen Fahrzeugen transportierten Güter werden in der KBA-Statistik nach Güterart und Ladungsform gemäß NST/ R 4 bzw. NST2007 5 Klassifikation aufgeführt. In der KiD werden die Güter ebenfalls differenziert nach Ladungsform und Art. Zusätzlich wird das Fahrzeug nach WZ-Klassifikation 6 des Unternehmens kategorisiert, welches das Fahrzeug am häufigsten nutzt. Der Auslastungsgrad der Transportmittel wird sowohl in der KBA als auch in der KiD mittels gewichtsmäßigem Beladungsgrad angegeben. Darüber hinaus nimmt die KBA die volumenmäßige Auslastung der Fahrzeuge auf. Transportketteneigenschaften Im Hinblick auf die Erfassung der Transportketteneigenschaften sind erhebliche Unterschiede zu erkennen. Zunächst greifen beide Methoden auf verschiedene Definitionen für den Begriff „Fahrt“ zurück. In der KBA gilt als Lastfahrt eines Güterkraftfahrzeugs eine Fahrt, die mit der ersten Beladung startet (das heißt am Ort der ersten Beladung) und endet, wenn das Güterkraftfahrzeug vollständig entladen ist (folglich an dem Ort, an dem das Fahrzeug vollständig entladen wird). Im Wesentlichen sind zwei Arten von Ladungsfahrten zu unterscheiden: Zum einen Ladungsfahrten, die zwischen einem Be- und Entladeort verlaufen (sogenannte Einzelfahrten), und zum anderen Ladungsfahrten mit mehreren Stopps, die weiter differenziert werden nach Sammel-, Verteilersowie Sammel- und Verteilerfahrten. Diese Ladungsfahrten setzen sich per Definition aus mehr als einem sogenannten „Fahrtabschnitt“ zusammen. Dieser Fahrtabschnitt ist begrenzt durch seine Stopps, die entweder einen Beund/ oder einen Entladestopp darstellen. Vereinfacht werden bei diesen Ladungsfahrten die Anzahl der Stopps sowie die durchschnittliche Gewichts- und Volumenauslastung angegeben. Auf den einzelnen Fahrtabschnitt wird jedoch nicht explizit eingegangen. In der KiD-Befragung ist eine „Fahrt“ ein Transportvorgang, der zwei Orte miteinander verbindet. Eine sogenannte Sammelfahrt, wie sie oben beschrieben ist, wird als eine Folge von Fahrten abgebildet. Der Begriff Fahrtabschnitt existiert in dieser Befragung faktisch nicht. Für jede Fahrt liegen genaue Informationen über die Abfahrts- und Ankunftszeit sowie die Beförderungsmenge vor. Funktionale Fahrtenstruktur Unter der funktionalen Fahrtenstruktur sind hier die hinter einer Fahrt stehenden wirtschaftlichen und transportlogistischen Aktivitäten sowie deren Verknüpfungen zu verstehen. Wirtschaftliche Aktivität meint in diesem Zusammenhang die Produktion, die Weiterverarbeitung und den Handel von Gütern, während transportlogistische Aktivitäten (im Weiteren „logistische Aktivitäten“ genannt) sich hier auf den Transport, den Umschlag, die Lagerung und Kommissionierung von Gütern beziehen. Der Bezug zu den wirtschaftlichen Aktivitäten kann sowohl in der KBA als auch in der KiD über die NST/ Rbzw. NST2007- Klassifikation der transportierten Güter hergestellt werden. Über diese Klassifikationen lassen sich die transportierten Güter mit gewissen Annahmen den Wirtschaftszweigen zuordnen, die diese Güter hervorbringen. Darüber hinaus werden in der KiD Be- und Entladeorte funktional weiter klassifiziert danach, ob es sich bei diesen Stopps um den eigenen Betrieb, einen fremden Betrieb aus Bau und Industrie, einen fremden Betrieb aus dem Handel, etc. handelt (siehe Tabelle 1 ). Bezüglich der logistischen Aktivitäten wird in der KBA-Statistik nach intermodalen Umschlagpunkten (wie z. B. Bahnhof, Hafen oder Güterverkehrszentrum) differenziert. Damit sind Be- und Entladestopps gemeint, bei denen die transportierten Güter von einem Verkehrsträger auf einen anderen Verkehrsträger umgeschlagen werden. In der KiD-Befragung wird neben intermodalen Umschlagspunkten zusätzlich erhoben, ob es sich bei einem Stopp um eine Spedition handelt und somit eine dahinter stehende logistische Einrichtung wie z. B. ein Konsolidierungszentrum. Die Quelle und Senke einer Fahrt wird in der KBA über Postleitzahlen erhoben und in die NUTS 7 -Klassifikation überführt. Die KiD nimmt diese Lokationen mit Orts- und Straßenangaben räumlich präzise auf. Stärken und Schwächen der KBA-Stichprobe Aufgrund der Stichprobenschichtung nach einer Vielzahl von Merkmalen (wie z. B. Fahrzeugart, Haltergruppe, Verkehrsgebiet, Größenklasse und Jahreszeiten) und der umfangreichen Auswahl von ca. 220 000 Fahrzeughalbwochen 8 jährlich, lässt sich aus der KBA eine statistisch abgesicherte und präzise Datenbasis ableiten. Außerdem protokolliert die deutsche Erhebung viele laut der EU-Verordnung (EG) Nr. 1172/ 98 als fakultativ bezeichnete Merkmale wie die Differenzierung der Fahrten nach kombiniertem Verkehr, Leerfahrtenanteile im Laufe der Berichtperiode oder die prozentuale Volumenauslastung jeder Einzelfahrt. Diese Informationen sind wichtig für die Verkehrsmodellierung und Politikanalyse. Sie ermöglichen nicht nur Aussagen über den Grad der Intermodalität (was unmittelbare Auswirkungen auf die Umweltanalysen im Verkehr hat), sondern es lassen sich intermodale Transportketten explizit modellieren und analysieren. Die erhobenen Leerfahrtenanteile und Volumenauslastungen lassen wichtige Rückschlüsse auf die Effizienz der Fahrten wie z. B. den Grad der Kapazitätsoptimierung und Güterbündelung zu. Trotz des umfangreichen Datensatzes und erheblichen Arbeitsaufwands weist die Befragung aus Sicht der Autoren wesentliche strukturelle Informationslücken in folgenden Aspekten auf: ̇ Informationen über die Transport- und Fahrtenstruktur im Raum, ̇ Informationen über wirtschaftliche Aktivitäten und ̇ Informationen über logistische Aktivitäten. Informationen über die Transport- und Fahrtenstruktur im Raum Fahrten mit mehr als zwei Stopps sind - wie oben beschrieben - kategorisiert nach Sammel-, Verteilersowie Sammel- und Verteilerfahrten. Diese Fahrten bestehen folglich aus mehr als einem sogenannten „Fahrtabschnitt“. Zur Vereinfachung werden diese Fahrten mit folgenden aggregierten Kennzahlen charakterisiert: Anzahl der Stopps, durchschnittliches Gütergewicht und durchschnittliche Volumenauslastung. Für diese Fahrten liegen keine weiteren Details über die eigentliche Transportstruktur vor, das heißt, dass die tatsächlichen Be- und Entladevorgänge an den Stopps nicht erfasst werden. Folgendes Beispiel soll diesen Sachverhalt verdeutlichen: Gegeben sei eine typische so genannte Sammel- und Verteilerfahrt mit neun Stopps. Die Gesamtlänge der Fahrt beträgt 247 km, im Durchschnitt werden 5 t Bier transportiert. Dies entspricht einer durchschnittlichen Volumenauslastung des beobachteten Lkw von 60 %. Hieraus lassen sich nur sehr bedingt Informationen bezüglich des tatsächlichen Ablaufes des Transports bzw. der Reihenfolge der Be- und Entladung ableiten (das heißt Quellen und Senkebeziehungen gehen teilweise verloren). So ist nicht eindeutig zu erklären, ob der Lkw eher gleichmäßige Ladungsmengen um die 5 t transportiert oder vielmehr Vollladungen bei den einzelnen Stopps einbzw. auslädt. Dies führt dazu, dass die im Verlauf der Fahrt transportierte Menge nicht eindeutig bestimmt werden kann. Die gesamte transportierte Menge ist jedoch sehr wichtig, wenn man die Transportstatistiken an die Produktionsstatistiken ankoppeln möchte. Außerdem dient die Anzahl der Stopps und somit die Anzahl der Fahrtabschnitte zwar als Indikator für die Intensität der Fahrt, allerdings gehen durch diese Darstellung Informationen über die spezifische Distanzweite der einzelnen Abschnitte verloren. Somit können nur sehr vage Aussagen über die räumliche Ausdehnung einer Fahrt sowie die Streuung der Stopps gemacht werden, das heißt die spezifische Fahrzeugbewegung im Raum lässt sich nur mit starken Annahmen rekonstruieren. Die spezifische Fahrzeugbewegung ist jedoch wichtig, da aus ihr wertvolle Informationen über a) Fahrzeugtourmuster (z. B. handelt es sich um eine Rund-Tour, wenn ja, ist sie offen oder geschlossen? ), b) die dahinterstehenden Wirtschaftsbeziehungen Güterverkehr + Logistik 25 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 melverkehre mit Vor-, Hauptund/ oder Nachlauf von sogenannten Milk-Runs 10 zu unterscheiden. Die Verknüpfung zwischen wirtschaftlichen und logistischen Aktivitäten geht so verloren, wodurch einer Branchenrelation beispielsweise keine typische logistische Struktur zuzuordnen ist. Perspektiven und Verbesserungsvorschläge zur nationalen KBA-Datenerhebung Auf Basis der bestehenden Informationslücken wird daher eine engere funktionale Integration zwischen Transport-, Logistik- und Wirtschaftsaktivitäten in der Datenerhebung empfohlen. Handlungsbedarf besteht bei der Ergänzung und Erweiterung des von der KBA erstellten nationalen Güterverkehrsfragebogens mit Ansätzen zur Logistik und wirtschaftlichen Verflechtung, auf dessen Grundlage eine weitergehende Datenstandardisierung für prognostische und analytische Zwecke erfolgen kann. Die Verbesserungsvorschläge wurden nicht ausschließlich im Licht der Wunschvorstellungen der Autoren entwickelt. Im Vordergrund steht hier, dass Kosten (Erhebungsaufwand) und Nutzen (Informationsgewinn) in einem angemessenen Verhältnis stehen. Deshalb wurde insbesondere auf die pragmatische Umsetzbarkeit wert gelegt. Es wird daher vorgeschlagen die Datenerhebung mit Ergänzungen zu modifizieren, die kurzfristig und mit geringem Aufwand anwendbar sind. Die empfohlenen Ergänzungsschritte sind in Tabelle 2 zusammengefasst: möglich, für Wirtschaftbranchen bzw. Branchenrelationen typische Sendungsgrößen zu identifizieren, die nicht nur erhebliche Aussagekraft bei strukturverändernden Produktionssystemen wie der „Lean Production“, sondern auch eine entscheidende Bedeutung bei der verhaltensbasierten Güterverkehrsmodellierung haben. Zum anderen ist es nicht möglich, Liefer- und Handelsbeziehungen über die gesamte Wertschöpfungskette nachzubilden und den damit verbundenen transportlogistischen Aktivitäten zuzuordnen. Die transportierte Gesamttonnage lässt sich somit kaum der Tonnage aus anderen Statistiken wie z. B. der Produktionsstatistik oder auch den Güterflussbeziehungen der Input-Output Statistik 9 zuordnen. Information über logistische Aktivitäten In der KBA werden Be- und Entladeorte nur dann näher spezifiziert, wenn es sich um intermodale Einrichtungen des reinen Transportumschlags handelt (siehe oben). Über logistische Einrichtungen im reinen Straßenverkehr - wie zum Beispiel Konsolidierungs- und Distributionszentren - jedoch liegen keine weiteren Informationen vor. Zum einen können durch diese Informationslücken Transportketten nicht eindeutig identifiziert werden, das heißt, die Verknüpfung zwischen Vor- und Nachläufen im Regionalverkehr (als Sammel- oder Verteilerfahrten erfasst) und den dazugehörigen Hauptläufen im Fernverkehr (als Direktfahrt erhoben) geht verloren. Zum anderen ist es gar nicht erst möglich, logistische Strukturen wie typische Sam- (Lieferant-Kunde-Beziehungen) und c) die Verknüpfung von wirtschaftlichen und logistischen Aktivitäten abgeleitet werden können. Informationen über wirtschaftliche Aktivitäten In der KBA-Erhebung werden die transportierten Güter kategorisiert nach der NST/ Rbzw. NST2007-Klassifikation. Über diese Klassifikationen lassen sich - wie oben ausgeführt - die transportierten Güter auch wirtschaftlichen Aktivitäten gemäß der WZ-Klassifikation zuordnen. Falls also ein Beladestopp explizit angegeben ist - was wie im Beispiel der Sammel- und Verteilertour nicht immer gegeben ist - lässt sich dieser ebenfalls klassifizieren (und zwar nach der WZ-Klassifikation der hervorgebrachten Güter). Tatsächlich aber geht aus den Daten nicht hervor, ob es sich bei den angegebenen Beladestopps um eine Einrichtung handelt, in der wirtschaftliche Aktivitäten wie z. B. die Produktion von Gütern ausgeführt werden oder ob es sich nicht eigentlich um eine logistische Einrichtung handelt. Bezüglich der Entladestopps liegen überhaupt keine funktionalen Informationen über wirtschaftliche Aktivitäten vor. So ist es nicht direkt möglich zu unterscheiden, ob es sich bei den Entladestopps um Einrichtungen handelt, in denen Gütern weiterverarbeitet werden (also um Zwischenstufen der Wertschöpfungskette) oder als Endprodukte weiter verkauft werden. Durch die fehlenden funktionalen Informationen ist es deshalb zum einen nicht Tab. 2: Verbesserungsvorschläge - Implementierung und Nutzen Güterverkehr + Logistik 26 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 heißt die Fahrten 1, 2, 3, 4 und 5 in Abbildung 1 unterscheiden sich lediglich in der Länge der Fahrten, gegebenenfalls dem Transportmittel und der Auslastung. Die einfache Typisierung dieser Orte führt zu einer transparenten funktionalen Verknüpfung der Fahrten zu wirtschaftlicher sowie logistischer Aktivität. Über die Zuordnung der Fahrten zu wirtschaftlichen Aktivitäten (Industrie (I), Großhandel (GH) und Einzelhandel (EH)) und logistischen Aktivitäten (KDL) lassen sich nun branchenspezifische Wertschöpfungsketten unter Berücksichtung der Transportlogistik aufspannen. Dadurch können folgende das Verhalten der Akteure charakterisierende weitere Informationen abgeleitet werden: ̇ Rolle des Transports innerhalb der Wertschöpfungskette (B2B-, B2C-Verflechtung), ̇ branchenspezifische Transportverflechtung zwischen Produktion und Handel, ̇ branchenspezifisches logistisches Netzdesign der Versender/ Empfänger (z. B. Distributions- und Lagerstrukturen), ̇ transportmarktspezifisches Netzdesign der Spediteure (z. B. Stückgutnetze), ̇ Verknüpfung der Fahrten im Vor-/ Haupt- und Nachlauf, ̇ Verknüpfung von Wertschöpfungsstufen und Transportmarkt/ -leistung. Diese erweiterte Systematik ist in ähnlicher Form bereits in einer Reihe von Transportstatistiken implementiert. Die in Deutschland stattfindende KiD-Erhebung beispielsweise typisiert Be- und Entladeorte in vergleichbarer Weise. In Kanada (in Ontario) wird regelmäßig eine Straßenbefragung (Commercial Vehicle Survey) durchgeführt, in der Be- und Entladeorte kategorisiert werden nach Umschlagspunkt, Industrie, Großhandel, Einzelhandel, etc.. Ein ähnliches Verfahren wurde in einer einmaligen Straßenbefragung in Quebec angewendet (vgl. Enquête sur le camionnage de 1999). Auch internationale Betriebsbefragungen wie z. B. Commodity Flow Survey in den USA und die in Frankreich durchgeführte ECHO Betriebs- und Verladerumfrage enthält eine ähnliche Form der Charakterisierung der Versender und Empfänger. Verbesserungsvorschlag 2 - Aufnahme des zeitlichen Profils Der Verbesserungsvorschlag 2 zielt auf das zeitliche Profil der Fahrten ab. Durch dieses Profil können Informationen über den täglichen Verlauf der Fahrten, die Fahrtzeit- und die Verweildauer an Be- und Entladeort gewonnen werden. Dadurch können insbesondere zeitkritische und kundenindividualisierte Sendungen identifiziert werden. Verbesserungsvorschlag 3 - Abschaffung des Fahrtabschnittskonzeptes Der Verbesserungsvorschlag 3 setzt an den Kritikpunkten der sogenannten Verteilund/ oder Sammelfahrten auf. Durch die Aggregation dieser Fahrten gehen - wie oben analysiert - wertvolle Informati- 1. Bahnhof 2. Binnenhafen 3. Seehafen 4. Eigene Spedition 5. Fremde Spedition 6. Industrie (I) - Produktionsstandorte des verarbeitenden Gewerbes 7. KDL 11 - Konsolidierungs- und Distributionszentren sowie Lagerstätten, folglich logistische Einrichtungen, deren Zweck nicht die Weiterverarbeitung bzw. der Verkauf von Gütern ist, sondern die Gegenstand von logistischen Aktivitäten wie Konsolidierung, Distribution, Kommissionierung und Lagerung sind. Diese könnten weiterhin differenziert werden nach Einrichtung der Versender bzw. Empfänger und Einrichtungen der Spediteure. 8. Großhandel (GH) 12 9. Einzelhandel (EH) 10. Privater Haushalt Die Alternativen 1− 3 werden übernommen aus der derzeitigen Systematik zur Identifizierung und Kategorisierung des kombinierten Verkehrs. Die Alternativen 4 (Eigene Spedition) und 5 (Fremde Spedition) stellen Schnittstellen von den Transporten/ Fahrten zu den Transportprozessen von Spediteuren und Frachtführern dar. Diese lassen Rückschlüsse auf den Grad der Vernetzung (z. B. Kooperation) zwischen unterschiedlichen Spediteuren und Frachtführern zu. Die Alternativen 6 − 9 ermöglichen die Identifizierung des Transports innerhalb der Wertschöpfungskette von Industrie- und Handelsunternehmen. Abbildung 1 verdeutlicht den Informationsgewinn durch diese Typisierung. Wie oben beschrieben, gehen über die derzeitige Systematik die Informationen über Be- und Entladeorte weitgehend verloren. Das Tabelle 2 (oberer Teil) fasst die hier gemachten Verbesserungsvorschläge und deren Implementierung im Fragebogen zusammen und enthält folgende Spalten: ̇ Zusätzliche Information (zielt auf die Art der Verbesserung ab) ̇ Derzeitige Systematik (im Fragebogen) ̇ Erweiterte Systematik (enthält den konkreten Verbesserungsvorschlag) ̇ Implementierung im KBA-Fragebogen (Umsetzung des Verbesserungsvorschlags) ̇ Benchmark-Befragungen (Befragungen, die ähnliche Merkmale bereits aufnehmen) ̇ Erhebungsaufwand (aufsteigend sortiert nach Aufwand). Tabelle 2 (unterer Teil) verdeutlicht den Nutzen dieser Verbesserungsvorschläge und enthält folgende Spalten: ̇ Zusätzliche Information (zielt auf die Art der Verbesserung ab) ̇ Datenverwendung und Nutzung ̇ Derzeitige Informationsgewinnung zur GV-Modellierung ̇ Datenqualität (aufsteigend sortiert nach Qualität). Verbesserungsvorschlag 1 - Klassifizierung des Be- und Entladeortes Der erste Verbesserungsvorschlag zielt auf die eindeutige Zuordenbarkeit des Transports zu wirtschaftlichen sowie logistischen Aktivitäten ab. So können durch Erweiterung des derzeitigen Fragebogens mit zwei Spalten (für die Quelle und Senke des Transports) konkrete Angaben über die Art des Be- und Endladeorts aufgenommen werden. Der Befragte könnte dann zum Beispiel folgende Alternative zur Kategorisierung des Be- und Entladeortes zur Auswahl bekommen: Abb. 1: Informationsgewinn durch Typisierung der Be- und Entladeorte Quelle: eigene Darstellung Güterverkehr + Logistik 27 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 11 Für die Systematik der logistischen Einrichtung existieren verschiedene Konfigurationen, die bei einem Änderungsvorhaben weitergehend analysiert werden müssten. 12 Der Großhandel könnte eventuell auch mit KDL-Einrichtungen zusammengefasst werden. Literatur Babani, J.; Liedtke, G. : Data organization of the Canadian freight market - a microscopic approach. In: Paper presented at WCTR conference 2007. Bureau of Transportation Statistics (2009): Commodity Flow Survey, 2009, (http: / / www.bts.gov/ programs/ commodity_ flow_survey=/ ). City of Edmonton (2003): Edmonton Region Commodity Flow Study, Project Report, November 2003. European Commission (2003): Reference manual for the implementation of Council Regulation No 1172/ 98/ EC on statistics on the carriage of goods by road. Guilbault, M.; Soppe, M. (2007): Modal shift and intermodality: The real latitude of shippers faced with political imperatives of sustainable development. KBA (2001): Methodenband zur Reihe 8 der statistischen Mitteilungen, Kraftfahrt-Bundesamt. KiD (2003): Kontinuierliche Befragung des Wirtschaftsverkehrs in unterschiedlichen Siedlungsräumen (Kraftfahrzeugverkehr in Deutschland - KiD 2002), Technische Universität Braunschweig, November 2003. 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Mit vergleichsweise geringem Implementierungsaufwand ist es möglich, die Befragungsdesigns so anzupassen, dass die empirischen Informationen den neuen Anforderungen gerecht werden. Mit diesem veränderten Erhebungsdesign kann das Gütertransportprofil sowohl transparent in Raum und Zeit als auch in funktionalem Zusammenhang mit den Aktivitäten der relevanten Entscheidungsträger im Güterverkehrssystem dargestellt werden. In der langfristigen Perspektive können diese Daten relativ einfach und gewinnbringend mit Befragungen verknüpft werden, die speziell das Entscheidungsverhalten der Versender erheben (z. B. ein Versenderpanel). Durch die so erzielten Verbesserungen der Gütertransportstatistik kann das Wissen über das Entscheidungsverhalten im Güterverkehr sowie die Qualität von Verkehrsmodellen erheblich gesteigert werden. 1 Gesamtheit von Maßnahmen für eine sogenannte verschwendungsfreie Produktion, in der alle Aktivitäten, die nicht der Wertschöpfung dienen, wie z. B. Lagerung von Gütern, minimiert und im Idealfall eliminiert werden sollen. 2 LogoTakt: Projekt im Rahmen der Projektreihe „intelligente Logistik“ im Auftrag vom BMWI, das zum Ziel hat, Technologien und Prozesse für robuste getaktete Logistiknetzwerke zu entwickeln (http: / / www.intelligente-logistik.org/ projekte/ logotakt.html). 3 PalletFlow: Projekt im Rahmen der Projektreihe „intelligente Logistik“ im Auftrag vom BMWI, das zum Ziel hat, ein innovatives multimodales Transportsystem für Palettenfracht zu entwickeln (http: / / www.intelligente-logistik.org/ projekte/ palletflow.html). 4 NST/ R - Einheitliches Güterverzeichnis für die Güterverkehrsstatistik (Nomenclature uniforme de marchandise pour les Statistiques de Transport, Révisée). 5 NST2007 - Überarbeitete Neufassung der NST/ R, die seit dem 01.01.2008 in Kraft gesetzt ist. 6 WZ-Klassifikation - Klassifikation der Wirtschaftzweige, neueste Version „WZ 2008“ 7 Nomenclature des unités territoriales statistiques − Systematik der Gebietseinheiten, als einheitliche Klassifizierung der räumlichen Bezugseinheiten in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. 8 Dies entspricht in etwa 1,7 Mio. protokollierten Einzelfahrten und somit einem Auswahlsatz von rund 4 ‰ aller Fahrten. 9 Die Input-Output-Statistik beschreibt detailliert die produktions- und gütermäßigen Verflechtungen innerhalb einer Volkswirtschaft. 10 Milk-Runs stellen eine neuere Form der Transportkostenoptimierung der Unternehmen dar. Eine Form des Milk-Runs ist beispielsweise die Lieferanten-Tour. In der Regel werden Lieferanten hier in festen Rundtouren angefahren. Dort werden zumeist feststehende Sendungsgrößen eingeladen und ohne weitere Konsolidierung in Logistikzentren zur Zielproduktionsstätte befördert (vgl. Wildemann und Niemayer). onen über die tatsächlichen Be- und Entladevorgänge und somit über die Sendungsgrößen der Unternehmen verloren. Kombiniert mit Verbesserungsvorschlag 1 ist es so möglich, typische branchenspezifische Sendungsgrößen abzuleiten, die wertvolle Informationen über das Verhalten der Versender beinhalten. Da den Autoren bewusst ist, dass durch die Abschaffung von Fahrtabschnitten hin zu Einzelfahrten die Gesamtanzahl der Datensätze erheblich erhöht wird, schlagen wir für die konkrete Umsetzung dieser Verbesserung folgende zwei Alternativen vor: a) Beibehaltung des aggregierten Fahrtabschnittskonzepts bei Angabe folgender Zusatzinformationen: Summe der absowie aufgeladenen Güter. b)Separate Aufführung der Fahrtabschnitte als Einzelfahrten, woraus die Abschaffung des Fahrtabschnittskonzeptes resultiert. Alternative b) ist sicherlich mit merklichen Änderungskosten und Datenaufwand verbunden, allerdings könnten diese durch eine quantitative Reduzierung der Stichprobe reduziert werden. Die Wichtigkeit detaillierter Informationen über die einzelnen Fahrtabschnitte in Sammelund/ oder Verteilerfahrten spiegelt sich zum Beispiel in ihrer Bedeutung in anderen Statistiken wider. So kennt die KiD-Befragung keinen Fahrtabschnitt, sondern erhebt Fahrten. Auch in aktuellen Arbeitsprogrammen und Forschungsfragebögen in Kanada (z. B. Region of Peel, Edmonton, Calgary) zur Güterverkehrsdatenerhebung werden Fahrten nicht aggregiert, sondern einzeln aufgeführt. Neben diesen Verbesserungsvorschlägen wird empfohlen, die Rohdaten mit detailliertem Datensatz frei zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich zur Fahrtenbefragung der KBA könnte in der langfristigen Perspektive auch eine Versenderbzw. Betriebsbefragung auf nationaler Ebene durchgeführt werden. Eine solche Praxis ist gängig in den USA, die mit der „Commodity Flow Survey“ detaillierte Informationen über Inbound- und Outbound-Transportflüsse der befragten Unternehmen erfassen. Erste Erfahrungen hierzu sind in Deutschland bei der DLR gesammelt worden. Schlussfolgerung Die KBA-Befragung liefert für Politik und Wissenschaft wichtige Informationen über den Straßengüterverkehr in Deutschland. Neue die Struktur des Güterverkehrs verändernde Entwicklungen in Logistik, Produktion und Transport stellen neue Anforderungen an eine empirische Datenbasis dar. Denn nur wenn diese Strukturen empirisch erfasst werden und das Entscheidungsverhalten in interagierenden Transportnetzen verstanden wird, können mit Unterstützung der Politik visionäre Logistikdienstleister ökologisch und ökonomisch nachhaltige Verbesserungen in den Gütertransportsystemen erreichen. Auf Basis der derzeitigen Erhebung können pragmatische Verbesserungsvorschlä- Summary Aspects of data collection concerning Germany’s freight transport by road The statistics for heavy goods traffic by road - published by the Federal Office for Vehicles in conjunction with the Federal Office for Freight Traffic - offer politics und science essential information about Germany’s freight transport by road. Recent developments in the fields of logistics, production und transport, which cause changes to the structure of freight transport by road, tend to place new demands on an empirical data base. It is only when data about such structural changes is recorded in an empirical way, and there is full understanding of decision-making in inter-connected transport networks, that forward looking logistics service providers can - with political support - achieve any long term ecologyand economics-related improvements in freight transport systems. Güterverkehr + Logistik 28 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Abb. 1: Verteilung der weltweiten Wirtschaftsleistungen Quelle: Allianz Global Investors Armin Hansmann / Johannes Weinand Transeurasische Verkehrskorridore Verkehrswege im 21. Jahrhundert Globalisierung, Urbanisierung und demografischer Wandel − die Megatrends im 21. Jahrhundert − prägen auch den Handel und Warenverkehr zwischen Europa und Asien. Insbesondere der asiatische Kontinent, mit seinen vier Mrd. Menschen, seiner steigenden Wirtschaftskraft und ungesättigten Märkten, übt eine starke Anziehungskraft auf die Europäische Gemeinschaft und umgekehrt aus. Europa und Asien rücken näher zusammen. Asien entwickelt sich zunehmend zum wirtschaftlichen Gravitationszentrum des 21. Jahrhunderts und zum wichtigen Handelspartner für Europa. Die Autoren Dipl. Ing. Armin Hansmann, Senior Consultant und freier Mitarbeiter bei Dornier Consultant GmbH, 88045 Friedrichshafen; Mitarbeiter im Projekt „International Logistics Centres for Western Newly Independent States and the Caucasus“ im Auftrag der Europäischen Kommission; Prof. h.c. Dr. Johannes Weinand, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Statistik der Stadt Trier; Honorarprofessor an der Beijing Normal University, Peking. 1 Asien im Aufbruch 1.1 Europa und Asien wachsen zusammen Wachsende Güterströme erfordern funktionierende Verkehrswege. Doch diese weisen noch erhebliche Mängel auf. Heute bestimmt der Seeverkehr das Tempo der Logistikströme, während die potenziell schnelleren landseitigen Verkehre weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben. Güterverkehrsprognosen belegen jedoch zunehmende Güterpotenziale für den eurasischen Landverkehr. Die Bündelung der Verkehrsströme und Verknüpfung der Verkehrsträger wird zum Leitbild einer zukunftsweisenden internationalen Verkehrspolitik und fördert den intermodalen Verkehr. Die verladende Wirtschaft hat einen immensen Transportbedarf und ist darüber hinaus an einer klimaverträglichen, energieeffizienten und umweltfreundlichen Verkehrsentwicklung interessiert. Die eigentlichen Herausforderungen liegen jedoch im Bereich der Transportsicherheit, Zuverlässigkeit, der logistischen Integration und wettbewerbsfähigen Transportkosten. Die Europäische Gemeinschaft stellt sich diesen Herausforderungen. Seit Öffnung der Grenzen in Richtung Osteuropa im Jahre 1992 ist sie bemüht, ihre Handelsbeziehung zu den Staaten Osteuropas, des Kaukasus und Zentralasiens zu stärken und längerfristig zu sichern. Frühzeitig wurde erkannt, dass für die nach politischer Unabhängigkeit und wirtschaftlicher Selbstständigkeit strebenden ehemals sowjetischen Satellitenstaaten freie Zugangsmöglichkeiten zum europäischen Markt benötigen. 1.2 Handel und Verkehr zwischen Europa und Asien Der Handel zwischen Europa und der asiatisch-pazifischen Region überschreitet mittlerweile einen Warenwert von mehr als 270 Mrd. EUR pro Jahr (2008). Allein die Warenwerte deutscher Exportgüter tragen mit 90 Mrd. EUR (2008) spürbar zu dieser Entwicklung bei (34 Mrd. alleine mit China) 1 . Seeschiff, Bahn/ Lkw und Flugzeug konkurrieren um den ständig wachsenden Güterverkehrsmarkt. Mit 60 % der Weltbevölkerung erwirtschaftet Asien bereits heute mehr als 32 % der globalen Wertschöpfung und wird, Schätzungen der Asian Development Bank ADB zufolge, in 2050 voraussichtlich mehr als 50 % 2 erreichen. Das Exportvolumen Asiens ist im Zeitraum von 1990 − 2006 gegenüber Europa um das Sechsfache gestiegen (Abbildung 1) . Während sich nach der Finanz- und Wirtschaftskrise die Weltwirtschaft nur langsam erholt, setzt China sein immenses Wirtschaftswachstum unvermindert fort. Dank mächtiger Konjunkturprogramme und großer Devisenreserven wird sich nach Einschätzungen der Weltbank das zukünftige Wirtschaftswachstum im zweistelligen Bereich bewegen und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. 2 Die Eurasische Landbrücke 2.1 Ausgangslage und Zielsetzungen Seit Öffnung der Grenzen in Richtung Osteuropa hat sich die geopolitische Lage grundlegend verändert. Bereits nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurden alte Wirtschaftsverbindungen aufgegeben und neue gesucht. China und Indien sind zwischenzeitlich zu führenden Wirtschaftsmächten in der Welt aufgestiegen. Russland, mit seinen riesigen Rohstoffressourcen, ist zu einem wichtigen Handelspartner für Europa geworden. Mit dem Aufstieg Chinas zum Exportweltmeister geraten die Häfen seiner Ostküste zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen. Durch die politische Weichenstellung der chinesischen Zentralregierung, die Küstenregion zu entlasten und das Hinterland zu stärken, werden mit mächtigen Wirtschaftsförderprogrammen strukturelle Anpassungen eingeleitet. Dies begünstigt den eurasischen Landtransport und bringt Chinas Wirtschaftsräume zukünftig näher an Europa. Durch die Anbindung des chinesischen Südwestens an einen leistungsfähigen Verkehrskorridor in Richtung Europa, erschließt sich den landseitigen Verkehrsträgern ein stark expandierender Wirtschaftsraum mit über 150 Mio. Menschen. 2.2 Seeverkehre und Wettbewerbssituation Gegenwärtig werden mehr als 95 % des Containeraufkommens zwischen Europa Güterverkehr + Logistik 29 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Abb. 2: Containerverkehrsaufkommen und -prognose Quelle: UN-ESCAP und dem asiatisch-pazifischen Raum auf dem Seeweg transportiert und, nach Prognosen der UNESCAP UN-Economic and Social Commission for Asia and the Pacific, jährlich um 7,6 % auf 26,1 Mio. TEU − Westbound − bzw. 17,7 Mio. TEU − Eastbound − bis 2015 anwachsen 3 (Abbildung 2) . Ein Blick auf die Weltkarte macht jedoch deutlich, dass ein Schiff große Umwege in Kauf nehmen muss. Eine Reise von Zentraleuropa mit dem Schiff an die Ostküste Chinas ist doppelt so weit (ca. 20 000 km) und nimmt die doppelte Zeit (30 bis 35 Tage) gegenüber der Eisenbahn (ca. 10 000 km und 15 − 20 Tage) in Anspruch. Beim Vergleich der Transportkosten zeigen sich jedoch erhebliche Vorteile zugunsten des Seeverkehrs (Transportkosten von 20“- und 40“-Containern im Landverkehr sind um ca. 50 % höher). Fallende Frachtraten, verursacht durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise sowie Überkapazitäten und immer größere Containerschiffe (5. Generation 7000 −10 000 TEU; Malakkamax (geplant) 16 000 TEU) kennzeichnen diese Entwicklung. Hinzu kommt eine ausgefeilte Transportlogistik. Sie bietet der verladenden Wirtschaft nahezu ideale Transportbedingungen. Fazit: Die Seeverkehre zwischen Europa und Asien dominieren und setzten Maßstäbe. Diese Entwicklung könnte jedoch zukünftig an ihre Grenzen stoßen. Da die Importe und Exporte Chinas weiterhin überproportional steigen, reichen die Hafenkapazitäten an der Ostküste bereits heute häufig schon nicht mehr aus. Viele Häfen haben eine zu geringe Wassertiefe, so dass große Containerschiffe und Supertanker sie nicht anlaufen können. Auf einigen Wasserstraßen zeichnen sich Engpässe ab. Der Suez-kanal mit einer Länge von 163 km verkürzt zwar den Seeweg zwischen Europa und Asien um zehn Tage, ist jedoch für große Containerschiffe begrenzt, zeitweise überlastet und wegen der Piraterie am Golf von Aden nicht mehr sicher. Die Wasserstraßen könnten zukünftig zum Nadelöhr für den Welthandel werden. 3 Chancen und Risiken des eurasischen Landverkehrs 3.1 Verkehrskorridore und Verkehrsträger im Wettbewerb Heute setzt der eurasische Seeverkehr die Standards. Dies war nicht immer so. Bereits im 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung verband die „Seidenstraße“ die Völker Chinas und Zentralasiens mit Europa. Auf einem weitverzweigten Wegenetz wurden wertvolle Waren wie Gold und Seide befördert. Der eigentliche Zweck lag jedoch in der Erschließung der enormen Handels- und Wirtschaftsgüter zwischen dem Okzident und dem Orient. Erst mit der Entdeckung der Seeroute im 15. Jahrhundert verlor der Landweg an Bedeutung. Mit der Öffnung der Grenzen und Globalisierung der Märkte wurden Anfang der 90er Jahre auf europäischer Seite zwei zukunftsweisende Initiativen im Verkehrssektor gestartet. ̇ Die Entwicklung der paneuropäischen Verkehrsnetze mit Verkehrsverbindungen in Richtung Osteuropa und dem Kaukasus sowie ̇ das EU-Programm TRACECA (TRAnsport Corridor Europe − Caucasus − Asia). Auf Betreiben Russlands und Kasachstans zusammen mit weiteren zentralasiatischen Staaten folgte im Jahr 2000 die EurAsEC (EurAsian Economic Community)-Initiative. Russland verfolgt darüber hinaus das Ziel, die Transsibirische Eisenbahn TRANS- SIP stärker in den West-Ostbzw. Ost- West-Verkehr einzubringen. Von chinesischer Seite wurde 1997 das CAREC-Programm (Central Asia Regional Economic Programme) zusammen mit den zentralasiatischen Staaten und Aserbaidschan ins Leben gerufen, welches die verkehrliche Einbindung der Anrainerstaaten im Blickfeld hat. Alle Verkehrsinitiativen und Verkehrsprogramme verfolgen ein gemeinsames Ziel: Sie wollen den landseitigen Verkehr zwischen Europa und Asien attraktiver, wettbewerbsfähiger und damit wirtschaftlicher machen. Dies ist für die Weiterentwicklung Osteuropas, Russlands, Zentralasiens und Chinas von großer verkehrspolitischer Bedeutung. Gegenwärtig konkurrieren verschiedene eurasische Verkehrskorridore um den überwiegend vom Seeverkehr beherrschten Güterverkehrsmarkt. Jeder einzelne Verkehrskorridor weist jedoch zahlreiche Unzulänglichkeiten, wie schlechter Zustand der verkehrlichen Infrastruktur, uneinheitliche sowie zeit- und kostenintensive Abfertigungsprocedere an den Grenzen, fehlende Kommunikationstechnologien und Behördenwillkür, auf. Eine Bündelung aller Ressourcen und Investitionsprogramme oder die Fokussierung auf einen Transportkorridor finden nicht statt. Angesichts der zukünftigen globalen Herausforderungen und ökonomischen sowie ökologischen Vernunft liegt es im Interesse einer nachhaltigen europäischen und asiatischen Verkehrspolitik, die Verkehrsströme auf wenige, jedoch leistungsfähige Verkehrskorridore zu konzentrieren. Dazu müssen die unterschiedlichen Interessenlagen der Länder, Verkehrsträger und Akteure in Übereinstimmung gebracht und eine koordinierte und abgestimmte Umsetzungsstrategie realisiert werden. Oberstes Ziel dieser für alle Beteiligten verbindlichen Vorgehensweise muss es sein, regionale und nationale Hemmnisse zu überwinden und alle Anstrengungen auf einen gemeinsamen und leistungsfähigen intermodalen Transportkorridor auszurichten. 3.2 Eurasischer Schienenverkehr In der ehemaligen Sowjetunion spielte die Eisenbahn für den Personen- und Güterverkehr eine dominante Rolle. In diesen Zeiten wurden bis zu 80 % des Güterverkehrs mit der Eisenbahn befördert. In den CIS-Ländern wurde, historisch bedingt, ein eigenes Eisenbahnsystem mit einer einheitlichen Spurweite (Breitspur 1520 mm) geschaffen und mit der Transsibirischen Eisenbahn eine technische Meisterleistung vollbracht. Einem durchgehenden Eisenbahnverkehr zwischen Europa und Asien stehen heute diese unterschiedlichen Spurweiten (Normalspur 1435 mm in Zentraleuropa und China bzw. Breitspur 1520 mm in den ehemaligen sowjetischen Staaten) im Wege. Deshalb müssen an den Schnittstellen der Eisenbahnsysteme Güterwagen umgeladen bzw. umgespurt sowie Container umgeschlagen werden. Dies erschwert den bahnseitigen Gütertransport und führt zu beachtlichen Wartezeiten und zusätzliche Kosten. Die Herausforderungen für einen wettbewerbsfähigen Eisenbahnverkehr liegen Halle 18, Stand 131 ... nur noch 3 Monate bis zur InnoTrans! 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Der Testzug hat gezeigt, dass Waren zwischen Europa und Asien in rund 15 Tagen transportiert werden können. Ein Schiff benötigt für diese Strecke bis zu 40 Tage. Der Wirtschaftlichkeitsnachweis steht allerdings noch aus. 3.3 Eurasischer Straßenverkehr Die Idee eines durchgehenden Straßengütertransportes zwischen Europa und Asien entstand bereits mit Öffnung der Grenzen in Osteuropa Ende der 90er Jahre. Das wirtschaftliche Wachstum Asiens forcierte diese Entwicklung. In Voruntersuchungen wurden ausreichende Güterpotenziale für den Straßenverkehr lokalisiert und Transportkorridore ausfindig gemacht. So startete Anfang 2000 die von der International Road Union IRU initiierte New Eurasian Land Transport Initiative NELTI . Dieses Projekt nahm im September 2008 konkrete Gestalt an. Im Zeitraum von mehreren Monaten wurden drei Transportkorridore in Form eines Pilotprojektes praktischen Prüfungen unterzogen. Dabei wurden wertvolle Erkenntnisse über die Transportabläufe, Verkehrsengpässe und Wettbewerbsfähigkeit des Straßengüterverkehrs gewonnen. 4 Beschreibung der Transportkorridore Je nach vorhandenen Infrastrukturen, Interessenlagen und Zielsetzungen der Staaten, Verkehrsträger und Akteure, stehen mehrere Verkehrskorridore zur Auswahl. 4.1 TRAnsport Corridor Europe - Caucasus - Asia (TRACECA) Mit Unterstützung der Europäischen Gemeinschaft wurde im Jahr 1993 das TRACECA-Programm (TRAnsport Corridor Europe-Caucasus-Asia) ins Leben gerufen. Die Europäische Gemeinschaft EU verfolgt mit dem TRACECA Programm das Ziel, einen neuen Verkehrskorridor als intermodale Alternative zu fördern sowie die politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit der ehemals sowjetischen Staaten im Kaukasus und in Zentralasien von Russland zu unterstützen. Im Blickpunkt stand dabei die Wiederbelebung als „Neue Seidenstraße“. Mit ihr sollten die Zugangsmöglichkeiten zum Europäischen Markt und Weltmarkt geschaffen werden. Ein weiteres Ziel ist es, den intermodalen TRACECA-Korridor mit den Transeuropäischen Verkehrsnetzen TEN zu verbinden. An diesem Programm beteiligen sich 14 Staaten in Südosteuropa, dem Kaukasus und Zentralasien. Insgesamt sind die PAN-Korridore (IV, VII, VIII und IX) mit dem TRACECA-Korridor (Abbildung 4) verbunden. Die Schwarzmeerhäfen Odessa/ Ilyichevsk (Ukraine), Constanza (Rumänien), Burgas (Bulgarien) und Istanbul (Türkei) bilden Verbindungsknoten in Richtung Kaukasus. Von hier bestehen Fährverbindungen zu den georgischen Schwarzmeerhäfen Poti und Batumi. Der TRACECA-Korridor verläuft weiter durch den Kaukasus (Georgien − Armenien − Aserbaidschan) bis nach Baku am Kaspischen Meer. Von der aserbaidschanischen Metropole Baku bestehen Fährverbindungen nach Turkmenbaschi (Turkmenistan) bzw. Aktau (Kasachstan). Um alle zentralasiatischen Staaten in das TRACECA-Netzwerk einzubinden, werden alternative Transportkorridore gewählt. Im Nordosten Kasachstans befindet sich die Grenze nach China. Dieses EU-Programm wird seit den Anfängen von Dornier-Consulting, einem Unternehmen im EADS- Konzern, erfolgreich begleitet. Wie sich im Laufe der Jahre durch zahlreiche Testtransporte (Lkw, Bahn) herausgestellt hat, stellen die Fähren (Schwarzes Meer und Kaspisches Meer) für einen durchgehenden Güterverkehr ein großes Hindernis dar. Zusätzlich erschweren die zahlreichen Grenzübertritte den internationalen Güterverkehr. Unkalkulierbare Wartezeiten, Behördenwillkür und zusätzliche Transportkosten sind die Folgen. Aus diesen Gründen und aufgrund der veränderten geopolitischen Lage hat der TRACECA-Korridor für den eurasischen Güterverkehr gegenüber dem Programmstart (1993) spürbar an Attraktivität verloren. 4.2 Central Asia Regional Economic Programme (CAREC) Im Jahr 1997 gründeten acht Staaten in Zentralasien (Afghanistan, Aserbaidschan, Volksrepublik China, Kasachstan, Kirgisien, Republik Mongolei, Tadschikistan und Usbekistan) zusammen mit sechs multilateralen Institutionen das Central Asia Regional Economic Programme (CAREC). Im Mittelpunkt der asiatischen Transportinitiative stehen sechs Verkehrskorridore und vier strategische Ziele: ̇ die Verbesserung des CAREC Korridors bis 2017, ̇ eine Zunahme des Transitverkehrs zwischen Europa und Asien um jährlich 5 % bis 2017, ̇ eine Reduzierung der Abfertigungszeiten an den Grenzen bis 2012 um 50 % und weiter 30 % bis 2017, ̇ die Einrichtung eines Korridor-Managements in den CAREC-Staaten bis 2012. Um diese strategischen Ziele zu erreichen, sollen im Zeitraum 2008 − 2017 insgesamt 21 Mrd. USD investiert und insgesamt 38 Projekte realisiert werden. Wie bei allen eurasischen Verkehrsinitiativen werden auch im CAREC-Programm beachtliche Wachstumsraten prognostiziert (9 % p. a. 2008 - 2017) und eine Verbesserungen bei den Grenzübertritten sowie eine Vereinheitlichung des Abfertigungsprocedere angestrebt. 4.3 New Eurasian Land Transport Initiative (NELTI) Wie bereits ausgeführt, wurde die New Eurasian Land Transport Initiative NELTI Initiative 2003 von der International Road Union (IRU) ins Leben gerufen. Offiziell startete das Projekt im September 2008 in Taschkent. Insgesamt haben sich zwölf Straßengüterverkehrsverbände in acht Staaten Osteuropas und Zentralasiens zusammengeschlossen, um für einen ausgewählten Straßenverkehrskorridor (Beijing − Urumqi − Bakhty − Astana − Moscow − Riga − Vilnius − Warsaw − Berlin − Brussels) die Straßentransport Bedingungen zu verbessern. Im Jahre 2008/ 2009 wurden im Rahmen eines sechsmonatigen Großversuchs drei ausgewählte Straßenverkehrskorridore: (1) Northern route, (2) Central route und (3) Southern route einer gründlichen Analyse und Bewertung unterzogen. Ziel dieses Großversuchs ist es, die technische und wirtschaftliche Machbarkeit durchgehender Straßengüterverkehre nachzuweisen. Im Rahmen dieses praxisnahen Transportprogramms wurden über 600 Fahrten (Hin-/ Rückfahrten) mit dem Lkw Verkehrskorridor Initiative Start 1 TRACECA-Korridor New Silk Route (Intermodal) Europa − Kaukasus − Zentralasien − China Europäische Union (EU) 1993 2 CAREC-Korridor Intermodaler Transportkorridor Europa − Kasachstan − China Asian Development Bank (ADB) 1997 3 NELTI-Korridor Straßenverkehrskorridor Europa − Russland − Kasachstan − China International Road Transport (IRU) 2003 4 EurAsian EC-Initiative Intermodaler Transportkorridor China − Kasachstan − Russland − Europa Russland, Kasachstan, zentralasiatische Staaten, Weißrussland 2000 5 Northern Trans-Asian corridors Eisenbahnkorridor Europa − Russland − China Europäische Eisenbahn Russische Eisenbahn Chinesische Eisenbahn 2007 Güterverkehr + Logistik 33 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 4.5 Der Northern Railway Corridor Der Northern Railway Corridor zwischen Europa und China verbindet das europäische Normalspurnetz mit dem russischen Breitspurnetz sowie dem chinesischen Normalspurnetz. An den Eisenbahnknoten in Malacewice/ Brest (Polen − Weißrussland) und Dostyk/ Alashhankou (Kasachstan − China) bzw. Sübaatar (Russland − China) müssen die Güter umgeladen bzw. die Container umgeschlagen werden. Die beteiligten Bahnen, darunter auch die Deutsche Bahn AG, entwickeln gegenwärtig für die Kunden ein dauerhaftes und attraktives Produkt. Ziel ist es, einen regelmäßigen Güterverkehr über die eurasische Landbrücke aufzubauen. Bevor jedoch regelmäßige Güterverkehre aufgenommen werden können, müsstruktur ist veraltet und bedarf einer dringenden Modernisierung. Erschwerend kommen die unterschiedlichen Spurweiten (Normalspur/ Breitspur) an den Grenzen zwischen China − Kasachstan in Dostyk bzw. Ukraine − Polen in Kowel bzw. Ukraine − Slowakei/ Ungarn in Chop (Breitspur/ Normalspur) hinzu, die ein Umspuren bzw. Umladen erforderlich machen. Insgesamt wurden fünf eurasische Straßenverkehrskorridore zwischen der EU- Außengrenze und Zentralasien/ Grenze China identifiziert. Prognosen gehen für 2020 von einem Transportaufkommen von 490 Mio. t auf diesem Verkehrskorridor aus, was eine Vervierfachung der Mengen seit dem Jahr 2000 entspricht. Das Transitpotenzial (Gütermengen außerhalb der CIS) wird auf 220 Mio. t geschätzt. durchgeführt und insgesamt 1,6 Mio. km und 4200 t Güter transportiert 4 . Fasst man die wesentlichen Erkenntnisse aus diesem Großversuch zusammen, so ergibt sich folgendes Fazit. Die drei Transportkorridore weisen bezüglich der Transportzeiten, Transportkosten und Transportabwicklung bedeutende Unterschiede auf. 25 % der Transportkosten und 45 % der Fährezeiten (Schwarzes Meer/ Kaspisches Meer) sind unproduktiv und verschlechtern die Wettbewerbsfähigkeit. Hinzu kommt eine Straßeninfrastruktur, die in vielen Streckenabschnitten nicht den europäischen Anforderungen entspricht. Während der Lkw in Europa täglich 750 bis 1000 km zurücklegt, liegen die täglichen Streckenabschnitte auf den drei Korridoren zwischen 350 und 450 km. Zusätzlich beeinträchtigen die Grenzaufenthaltszeiten und „unproduktiven“ Kosten die Wettbewerbsfähigkeit und wirken sich nachteilig auf die Transportzeiten und -kosten aus. 4.4 Die EurAsian Economic Community- Initiative (EurAsEC) Unter der Ägide von Russland und Kasachstan wurde im Jahr 2000 zusammen mit den CIS-Staaten, die EurAsian Economic Community-Initiative (EurAsEC) gegründet. Die EurAsEC-Verkehrskorridore stellen die kürzeste Verbindung zwischen Europa und Asien dar. Zu den wichtigen Zielsetzungen zählen: ̇ Entwicklung des Transportkorridors durch Modernisierung der verkehrlichen Infrastruktur, ̇ Beseitigung von Grenzhemmnissen und Harmonisierung der Abfertigungsprocedere, ̇ Anwendung einer einheitlichen Transport Policy für alle Teilnehmerländer. Der Schienenverkehrskorridor verläuft von China über Dostyk, Almaty (Kasachstan), auf drei verschiedenen Verkehrstrassen nach Europa und knüpft an das europäische PAN-Netz an. Die Eisenbahninfra- Abb. 3: Eurasische Verkehrsinitiativen Abb. 4: TRACECA-Verkehrskorridor (TRAnsport Corridor Europe − Caucasus − Asia) 34 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Güterverkehr + Logistik kehrskorridor“, in dessen Entwicklung die maßgebenden Staaten, Institutionen und Akteure eingebunden sind, könnte hierfür eine Plattform bilden und die formellen Voraussetzungen schaffen. Auf der Grundlage einer gemeinsamen Absichtserklärung ließen sich die Chancen und Risiken eines transeurasischen Verkehrskorridors, der verkehrliche Nutzen und finanzielle Aufwand bestimmen. (8) Europa wäre gut beraten, die kontinentübergreifenden Verkehrskorridore einer kritischen Prüfung zu unterziehen. In diese Prüfung sind alle bisherigen Verkehrskorridorinitiativen einzubeziehen und zu bewerten. Zusammen mit den interessierten Staaten gilt es alle Anstrengungen auf einen gemeinsamen, leistungsfähigen und wirtschaftlich tragfähigen, multimodalen Verkehrskorridor zu richten und alle Investitionen auf diesen zu fokussieren. 1 DER SPIEGEL 53/ 2009 2 Allianz -Global Investors 3 ESCAP-Transport Division 2009 4 Analysis of monitoring data collected on NELTI Project Routes in 2008 − 2009 (NEA − Final Report) wählten intermodalen Transportkorridor fehlt jedoch. (5) Im transeurasischen Eisenbahnverkehr dominiert die Transsibirische Eisenbahn im Güterverkehr. Eine zweite, um 2500 km kürzere Transportroute verbindet Zentraleuropa mit dem südwestlichen Wirtschaftsraum Chinas. Gesucht wird zukünftig ein leistungsfähiger Transportkorridor, der den Südwesten Chinas an das transeurasische Eisenbahnnetz anbindet, Kasachstan auf möglichst direktem Wege durchquert und im Süden Russlands (Wolgograd) über die Ukraine (Kiew) an das Eisenbahnnetz Zentraleuropas angebunden wird. (6) Die Vorteile dieser kürzesten eurasischen Landverbindung lassen sich wie folgt zusammenfassen: ̇ verkehrsgünstige Lage mit optimalen Verbindungsknoten zu den zentralasiatischen und osteuropäischen Anrainerstaaten, ̇ Streckenverlauf auf überwiegend bestehenden Verkehrstrassen und parallel zum überregionalen Fernstraßennetz, ̇ wenige Grenzübertritte (China − Kasachstan − Russland − Ukraine − Zentraleuropa), ̇ gute Anbindungsmöglichkeiten an das paneuropäische/ transeuropäische Eisenbahnnetz und Benutzung vorhandener Trassen, ̇ optimale Möglichkeiten zur Bündelung der Güterverkehre und damit hoher verkehrlicher Nutzen für alle beteiligten Länder. Eine Modernisierung des Transportkorridors, insbesondere in den Ländern Osteuropas (Ukraine, Russland) und Zentralasiens (Kasachstan), ist jedoch die Voraussetzung hierfür. (7) Vor diesem Hintergrund und aufgrund der knappen Finanzmittel ist es notwendiger den je, die Ressourcen zu bündeln und eine Fokussierung aller Kräfte auf einen ausgewählten Transportkorridor zu richten. Ein Masterplan „Eurasischer Versen die Verkehre effizient gebündelt, die Auslastung in beiden Richtungen deutlich gesteigert und die Transportkosten spürbar gesenkt werden. Darüber hinaus müssen die technisch-organisatorischen und ökonomischen Rahmenbedingungen verbessert werden. Hierzu zählen neben einer Vereinheitlichung der verschiedenen Stromsysteme sowie der Umlade-, Umschlag- oder Umspurprocedere, die Reduzierung der Grenzaufenthaltszeiten durch vereinfachte Zollverfahren, vereinheitlichte Frachtdokumente, gemeinsame Vorschriften und Produktionsabläufe. Neben diesen Jahrhundert-Aufgaben kommt erschwerend hinzu, dass die meisten Eisenbahnen im Staatsbesitz sind. 5 Fazit (1) Seit Öffnung der Grenzen in Richtung Osteuropa und der Globalisierung der Märkte sind mittlerweile zwei Jahrzehnte vergangen. In diesem Zeitraum haben sich die weltweiten Handelsbeziehungen und Warenströme grundlegend verändert. Asien hat sich mit China, Indien und den pazifischen Tigerstaaten zu einer wirtschaftlichen Großmacht entwickelt und ist zum wichtigsten Handelspartner Europas aufgestiegen. Europa hat mit dem TRACECA- Programm die historischen Handelswege aufleben lassen und die Märkte für die kaukasus- und zentralasiatischen Staaten geöffnet. (2) Als Folge dieses weltweiten Wirtschaftswandels und wirtschaftlichen Aufschwungs in Asien geraten die großräumigen Verkehrsachsen und Verkehrsknoten zunehmend ins Visier politischer Handlungen. Überlastete Hinterlandverbindungen und Engpässe in den Häfen können diesen wirtschaftlichen Aufschwung jedoch gefährden. Durch eine vorausschauende Planung und durch verkehrsstrukturelle Anpassungsmaßnahmen kann diese Entwicklung verhindert werden. In dieses Szenario sind alle Verkehrsträger einzubeziehen. (3) Europa setzt auf den Ausbau der trans- und paneuropäischen Netze (TEN, PAN) und deren Anbindungen an wichtige Verkehrsachsen und Wirtschaftsräume in Richtung Osteuropa (Russland, Ukraine) den Kaukasus und Zentralasien. Seit Anfang der 90er Jahre wird mit dem TRA- CECA-Programm der EU die Wiederbelebung der Seidenstraße gefördert. Mit dem aktuellem Projekt Logistics Centers for Western Newly Interpendent States and Caucasus and Central Asian sollen entlang des TRACECA-Korridors Logistics Center entwickelt und realisiert werden. (4) Während Europa seine Verkehrsinitiativen frühzeitig auf den TRACECA- Korridor konzentriert, verfolgen China zusammen mit den zentralasiatischen Ländern mit dem CAREC-Programm sowie die ehemaligen CIS-Staaten, unter Führung Russlands und Kasachstans, mit der EurAsEC-Initiative ihre eigenen verkehrspolitischen Interessen. Eine länder- und kontinentübergreifende Koordinierung und Fokussierung auf einen ausge- Summary TransEurasian Traffic Corridors Europe and Asia are steadily coming closer. Asia and especially China have successfully overcome the economic crisis and the economic growth continues. Trade and the exchange of goods between Europe and Asia benefit from this development. However, goods are carried predominantly by large vessels. It is important to realize that in future the shipping routes may become the bottle neck of world trade, thus limiting the exchange of goods between Europe and Asia considerably. Transport initiatives in Europe and Asia pursue a joint aim: they want to make land traffic more attractive, more competitive and more secure. Overburdened ports, strained land connections and political decision making contributes to this aim. Considering the facts mentioned above TransEurasian traffic corridors are getting more and more important. Today there is a competition between different transport initiatives of different countries such as TRACECA-Corridor, CAREC-Corridor, NELTI- Corridor and the EurAsian-Initiative. What the economy really needs is an efficient land transport corridor connecting Southwest China, traversing Kazakhstan and Southern Russia on the shortest route possible and finally connecting the Ukraine to the Trans- European transport network. A clear focus of resources and financial means on this common Eurasian transport corridor is needed to reach this goal. Güterverkehr + Logistik 35 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Abb. 1: Distanzmatrix für Europa, Asien und Ozeanien/ Australien. Differenz zur Konkurrenzroute (in %), Suez: dunkel und Nordostpassage: hell 7 Quelle: Leypoldt, Patrick: Potenziale der Nordostpassage bis 2050, Saarbrücken, 2009 Patrick Leypoldt Potenziale der Nordostpassage Trotz zahlreicher Forschungsvorhaben fehlen detaillierte und aktuelle Aussagen zum künftigen Nutzungspotenzial der Nordostpassage, das sich aus den globalen Handelsströmen ergeben könnte. Die Forschungsarbeit „Potenziale der Nordostpassage bis 2050“, deren zentrale Ergebnisse hier zusammenfassend dargestellt sind, will einen Teil dazu beitragen, diese Lücke zu schließen. Hauptziel der Forschungsarbeit war es daher, zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten dieser Meeresstraße als Alternative zu den bestehenden Transitrouten einzuschätzen und das potenzielle Transportaufkommen für Transitrelationen auf der Nordostpassage zu quantifizieren. Der Autor Dr. Patrick Leypoldt, Cattcon (California Transport & Traffic Consulting), San Francisco, patrick.leypoldt@gmail.com Der Welthandel als treibende Kraft des Seeverkehrs Im Welthandel und damit auch im Welt- Seehandel war über die vergangenen Jahre eine dynamische Entwicklung zu beobachten. Die Wachstumsraten des Weltcontainerumschlags übertrafen regelmäßig deutlich diejenigen der Weltwirtschaft, des Welthandels und des seewärtigen Welthandels. Der Transport von Waren mit Containerschiffen bildete dabei das Rückgrat des seewärtigen Welthandels. Alle einschlägigen Prognosen gingen dabei davon aus, dass - wie in der Vergangenheit auch - das zukünftige Wachstum weiterhin sehr dynamisch ausfallen wird. 1 Laut der Welthandelsorganisation (WTO) bewegte sich das Welt-BIP im Jahr 2007 mit 3,4 % im Mittel der vergangenen Jahre. Der Welthandel wuchs im gleichen Jahr um 5,5 % und lag damit leicht unter den Werten der vergangenen Jahre. 2 Vom Wachstum des Welthandels konnte vor allem der seewärtige Welthandel profitieren, der auch im Jahr 2007 wieder um 5,2 % zulegte. Der seewärtige Welthandel bewältigte dabei rund 95 % des interkontinentalen Warenaustausches. 3 Treibende Kraft des seewärtigen Welthandels waren im Jahr 2007 wiederum die Containerverkehre mit einem Wachstum von annähernd 10 %. 4 Für die Zukunft wird bei der Prognos AG bis zum Jahr 2030 von einem durchschnittlichen Wachstum des BIP der industrialisierten Länder in Höhe von 1,4 %/ Jahr ausgegangen. Dabei wird die Wirtschaft in den einzelnen Regionen der Erde sehr unterschiedlich wachsen. So geht man beispielsweise für China und die Entwicklungsländer von dynamischen Wachstumsraten von etwa 6,5 %/ Jahr bzw. 4,9 %/ Jahr aus, hingegen bei der Europäischen Union von nur schätzungsweise 1,3 %/ Jahr. 5 Der Trend zu internationaler Arbeitsteilung, Produktionsverlagerungen in Niedriglohnländer und zunehmend globalisierte Beschaffungs- und Absatzverflechtungen werden den Welthandel auch weiterhin wesentlich stärker wachsen lassen als die Weltwirtschaft. 6 Die dadurch weiter zunehmende Verknüpfung der Welthandelspole Asien (Ostasien und Südostasien), Europa (Ost- und Westeuropa) und Nordamerika und der damit verbundene Aufkommenszuwachs im Güterverkehr werfen die Frage auf, wie diese Transportströme auch in Zukunft bewältigt werden können. Die Nordostpassage - eine Alternative? Das fortschreitende Schmelzen der eisbedeckten Regionen der Erde ist Schreckens- und Sensationsmeldung zugleich. Die negativen Effekte, welche die Klimaerwärmung für die Umwelt mit sich bringt, werden dabei selten in Frage gestellt. Auf der anderen Seite besteht die Möglichkeit, dass sich auf See neue Transportwege auftun, die für Gütertransporte interessant sein könnten. Zahlreiche Forschungsprojekte und wissenschaftliche Abhandlungen gehen davon aus, dass die Klimaerwärmung auf lange Sicht den Weg durch die Nordostpassage frei machen wird. Die Nordostpassage ist von der Distanz her die kürzeste Schifffahrtsverbindung zwischen den europäischen Häfen der Nordrange und den ostasiatischen Häfen. Die Distanzersparnis kann im besten Fall gut ein Drittel der Suezroute betragen. Die Vermutung liegt nahe, dass es mit Blick auf die Einsparpotenziale nicht lange dauern dürfte, bis die Reedereien ihre angestammten Routen verlassen und die neue Meeresstraße entlang der Arktis nutzen werden. Bei voller Fahrt (20 kn, entspricht 37 km/ h) würde ein mittelgroßes Containerschiff 3,5 Tage Fahrtzeit gegenüber der Suezroute einsparen. Werden Charterraten von 20 000 bis 50 000 US- Dollar pro Tag für ein Schiff angenommen, kommen dadurch substanzielle Beträge zusammen. Die russische Nachrichtenagentur RIA NOVOSTI ließ bereits vermelden, dass russische Politiker inzwischen die unkontrollierte Nutzung der Nordostpassage durch die zivile Schifffahrt fürchten. 8 Ob der Nordostpassage zukünftig tatsächlich eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Warenströme zwischen Europa, Asien und Nordamerika zukommen kann, hängt jedoch nicht nur von der Entfernung und dem Klima ab, sondern vor allem auch von dem potenziellen Transportaufkommen und den Rahmenbedingungen zur Nutzung des Seewegs. Bestimmung des Nutzungspotenzials der Nordostpassage Vor dem Hintergrund der Fragestellung wurde im Rahmen dieser Forschungsarbeit Güterverkehr + Logistik 36 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Abb. 2: Die vier Routenvarianten des nördlichen Seewegs 10 unter anderem ein Modell zur Abschätzung des Außenhandelsaufkommens bis zum Jahr 2050 für die Einzugsgebiete der Nordostpassage entwickelt. Die Modellberechnungen wurden für ausgewählte Regionen bzw. Länder durchgeführt, die zuvor aufgrund deren Lage zur Nordostpassage und deren Handelsaufkommen auf der relevanten Relation bestimmt worden waren. Die Ergebnisse der Modellberechnungen beinhalten die Entwicklung des Außenhandelsaufkommens auf der Handelsrelation zwischen Europa und Asien/ Ozeanien/ Australien. Unter Berücksichtigung der bestimmenden Faktoren für die Routenwahl interkontinentaler Seeverkehre konnten auf der Basis der Außenhandelsaufkommen die Potenziale der Nordostpassage abgeleitet werden. Zu den bestimmenden Faktoren wurden hier neben der Distanz die alternativen Transportrouten, logistische Aspekte, infrastrukturelle Anforderungen, ozeanographische und klimatische Aspekte, technische Anforderungen, Sicherheitsaspekte, Versicherung, Behörden und Recht sowie die Kosten gezählt. Aufgrund des Einflusses der Distanzen auf den verschiedenen Relationen konnte das Potenzial auf die ostasiatischen Handelspartner Europas eingegrenzt werden (Japan, Südkorea, China, Hongkong und Taiwan). Im Ergebnis zeigte sich, dass die Nordostpassage grundsätzlich großes Potenzial besitzt, allerdings müssen die Bedingungen für deren Nutzung stimmen. Heute können die Bedingungen zur Befahrung des Seewegs in größerem Stil jedenfalls noch nicht den Anforderungen der potenziellen Kunden gerecht werden. Die Potenzialabschätzung im Rahmen dieser Arbeit hat aber gezeigt, dass grundsätzlich ein potenzielles Transportaufkommen vorhanden ist. So betragen die Potenziale der Nordostpassage auf der Relation Ost-West, also im europäischen Import aus Ostasien (Japan, Südkorea, China, Hongkong und Taiwan) für das Jahr 2030 insgesamt 200 Mio. t und für das Jahr 2050 300 Mio. t. Auf der Gegenrichtung (West-Ost), also im europäischen Export nach Ostasien (Japan, Südkorea, China, Hongkong und Taiwan) werden die Potenziale der Nordostpassage für das Jahr 2030 insgesamt auf 100 Mio. t und für das Jahr 2050 auf 130 Mio. t geschätzt. Das potenzielle Aufkommen für das Jahr 2050 entspricht damit in etwa der Hälfte des im Jahr 2008 durch den Suezkanal transportierten Aufkommens (910 Mio. t). 9 Die im Rahmen dieser Arbeit ermittelten Gesamtpotenziale in Höhe von 430 Mio. t für das Jahr 2050 stellen ein maximaltheoretisches Potenzial für die Nordostpassage dar. Realistischerweise wird davon nur ein Teil über die Nordostpassage verkehren. Dies betrifft vor allem das Containeraufkommen, da hier aufgrund der Beilademärkte (z. B. Indien und der Mittlere Osten) immer ein Teil über die Suezroute laufen wird. Auf dem Weg zur Alternative - die Herausforderungen Welche Herausforderungen müssen aber angegangen werden, damit die Nordostpassage in Zukunft eine alternative Transitroute werden kann? Abgesehen von den klimatischen Voraussetzungen, müssten für die Nutzung die folgenden zentralen Rahmenbedingungen voll oder zumindest teilweise erfüllt sein: ̇ Erforschung des Seewegs: Der Seeweg muss vollständig erforscht sein, sowohl ozeanographisch als auch klimatologisch. ̇ Professionelle Eisbeobachtung und -vorhersage: Eine professionell betriebene Eisbeobachtung und -vorhersage muss für den Seeweg aufgebaut werden. ̇ Eis-Navigationshilfen: Elektronische Hilfsmittel für die Navigation durch Eis müssen entlang der Route vorhanden sein. ̇ Such- und Rettungsinfrastrukturen: Die nötigen Such- und Rettungsinfrastrukturen entlang der Route müssen vorhanden sein. ̇ Katastrophenschutz: Ein Mindestmaß an Katastrophenschutz, zum Beispiel für Unfälle mit Tankschiffen, muss entlang der Route gegeben sein. ̇ Umweltschutz: Parallel zur Erschließung des Seewegs müssen präventive Umweltschutzmaßnahmen umgesetzt werden. ̇ Bergungsinfrastruktur: Infrastruktur für Bergung und Abschleppung von beschädigten Schiffen muss vorhanden sein. ̇ Eisbrecher: Der Service von Eisbrechern muss garantiert sein, falls er benötigt wird. ̇ Vorschriften und Gebühren: Die Vorschriften müssen für die Nutzer praktikabel und die Gebühren marktfähig sein. ̇ Rechtliche Rahmenbedingungen: Die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen für die Nutzer definiert sein. Es müssen Verbindlichkeiten hergestellt werden. ̇ Schiffstypen: Die Entwicklung von arktistauglichen Schiffstypen, die im Notfall allein operieren können, muss vorangetrieben werden. ̇ Versicherung: Prämien für Versicherungen müssen für Nutzer bezahlbar sein. ̇ Schiffspersonal: Für die Befahrung der Route muss ausreichend gut ausgebildetes Schiffspersonal vorhanden sein. Hauptproblem wird jedoch zunächst sein, dass die Nordostpassage grundsätzlich verstärkten Schiffsverkehr benötigt, damit sich überhaupt Investitionen in die zentralen Support-Systeme wie Eisbrecher, Schiffsverkehrskontrollsysteme, Navigationssysteme, Hafeninfrastruktur und andere Infrastrukturen rechnen können. Für diese Verkehre könnten in den kommenden Jahren die lokal generierten Transporte im Zusammenhang mit der Rohstoffgewinnung in der Barentssee und der Karasee sorgen und somit als Türöffner für die weitere Entwicklung des Seewegs dienen. Vor allem für Transporte von Öl, Gas, Kohle, Holz, Nickel usw. von Russlands Norden nach Europa birgt der nördliche Seeweg in den kommenden Jahren große Potenziale, die wohl auch genutzt werden. Erst mit dem Aufbau dieser Infrastrukturen werden in einem zweiten Schritt Punkt-zu-Punkt-Transporte mit eisverstärkten Massenguttransportern und Tankschiffen im grösseren Stil auf der Transitroute realistisch werden. Ebenfalls interessant könnte dann die Route für als Trampschifffahrt organisierte Stückguttransporte der Kategorie „High & Heavy“ werden. Für die Linienschifffahrt bzw. die Containerschifffahrt wird die Route jedoch auch in den kommenden Jahren keine ernsthafte Alternative sein. Diese benötigen stabile Güterverkehr + Logistik 37 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 6 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS): Abschätzung der langfristigen Entwicklung des Güteverkehrs in Deutschland bis 2050 (Gutachten der ProgTrans AG mit sozioökonomischen Grundlagen der Prognos AG), Berlin 2007 7 Eigene Auswertung mit der Software Netpas Distance von Seafuture Inc., Seoul, South Korea 8 Russian News & Information Agency (RIA NOVOSTI): Climate change opens northeast route to foreign ships- Ivanov, 2008 (24. Dezember 2008) 9 Suez Canal Authority, Arab Republic of Egypt (2008): Yearly Report 2008, Ismailia, 2009 10 Eigene Darstellung nach Mulherin N. D.: The Northern Sea Route and Icebreaking Technology. An Overview of Current Conditions. U.S. Army Corps of Engineers (Cold Regions Research & Engineering Laboratory), 1994 Verhältnisse (garantierte Zeitfenster), sonst können die straffen Zeitpläne nicht eingehalten werden. Verspätungen oder Ausfälle aufgrund von schwierigen Wetter- und Eisbedingungen kann sich im Besonderen die Containerschifffahrt nicht leisten. Auch ist anzunehmen, dass in naher Zukunft trotz möglicher Eisfreiheit die Assistenz der Eisbrecher weiterhin erforderlich sein wird. Die Kosten hierfür belaufen sich auf 30 000 bis 50 000 US-Dollar pro Tag. Die Schiffe müssen zudem wegen des Treibeises deutlich langsamer fahren. Schon allein deswegen ist die Route für Linien- und Containerreeder in den kommenden fünf bis zehn Jahren nicht interessant. Aufgrund der Tiefgangsbeschränkung von teilweise 10 bis maximal 12,5 m auf der küstennahen Routenvariante werden wohl auch erst kleinere Schiffe eingesetzt werden können. Für Tanker beispielsweise würde die AfraMax-Klasse die maximal mögliche Schiffsgröße sein. Das Maximum für ein Transitschiff wäre auf der küstennahen Route ein 50 000 dwt-Schiff oder ein HandyMax-Schiff. Größere Schiffe im Transit, wie „Large Dry Bulk Vessel“ kommen nicht in Frage, da die Tiefgänge zu gering sind. Größere Schiffe könnten die Nordostpassage erst dann nutzen, wenn die Transitroute, die näher zum Nordpol liegt und damit nicht mehr auf dem flachen Kontinentalschelf verläuft, befahrbar werden würde. Es scheint zudem wahrscheinlich, dass aufgrund der unsicheren Eisverhältnisse in den kommenden Jahren der Bau von speziellen Schiffen (NSRMax) notwendig sein wird, die nur für diese Route konzipiert sind und nur dort eingesetzt werden. Allerdings ist das Risiko, das die Reeder mit der Anschaffung solcher Schiffstypen eingehen, immens. Zum einen macht der Reeder sich abhängig von einer Route, zum anderen muss damit gerechnet werden, dass beispielsweise die Suez Canal Authority bei verstärkter Nutzung der Nordostpassage ihre Tarife senken könnte, womit die Wirtschaftlichkeit der Spezialschiffe der Nordostpassage in Frage gestellt sein könnte. Russland − der entscheidende Faktor Vor diesem Hintergrund scheint in Zukunft die Nutzung der Route in erster Linie vom Engagement der russischen Regierung abzuhängen, die als einzige Akteurin wirklich großen Handlungsspielraum besitzt. Sie muss dafür sorgen, dass die Risiken minimiert werden, indem Investitionen in den Ausbau des Seewegs getätigt werden. Wenn die Support-Systeme in den kommenden Jahren auf den von den Reedern gewünschten Standard gebracht werden, die Nutzungsgebühren sich auf einem marktfähigen Niveau befinden und die Vorschriften praktikabel sind, könnte der Seeweg tatsächlich bis 2030 an Fahrt gewinnen, womit Verkehr beziehungsweise die dahinterstehende Routenwahl zwischen Asien und Europa zumindest teilweise verlagerbar wäre. 1 Beispielsweise Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS): Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen. Seeverkehrsprognose (LOS 3), Endbericht (Gutachten der Planco Consulting GmbH), Berlin, 2007 2 World Trade Organization (WTO): World Trade Report 2008. Trade in a Globalizing World, Genf, 2008 3 Deutsche Marine, Flottenkommando: Jahresbericht 2008. Fakten und Zahlen zur maritimen Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland (21. Auflage), Glücksburg, 2008 4 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS): Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen. Seeverkehrsprognose (LOS 3), Endbericht (Gutachten von: Planco Consulting GmbH), Berlin 2007 5 Prognos AG: World Report Industrial Countries 2009, Basel, 2009 Summary Northeast Passage outlook potential until 2050 In spite of extensive research, no detailed and up-to-date facts are at hand with regard to the potential benefits arising from the use of the Northeast Passage, which could be assessed by reference to existing global trade routes. The research project “Potential Benefits of the Northeast Passage until 2050“ - whose main findings are summarized in this report - is intended to help close this gap to some extent. The main purpose of this research project was to ascertain this waterway’s chances of future development as an alternative to the existing transit routes and to quantify the potential volume of traffic along the transit routes of the Northeast Passage. The outcome has shown that the current conditions for the use of this waterway on any large scale do not yet meet the requirements of the prospective clientele. The waterway’s potential benefits, as assessed in this research project, do show evidence that the traffic potential looks favourable and may reach 441 mn tons by 2050. „Matchpoint für Ihre Werbung“ schlägt zum „Doppel“ „Doppel“ auf! 23.09.-30.09.2010 in Hannover Halle 14-15, Stand A06 Kontakt: Sophie Elfendahl, Tel. 040/ 23714220, Email: sophie.elfendahl@dvvmendia.com Die große Messeausgabe zur: Versäumen Sie auf keinen Fall dieses „Match“ „Match“! Anzeigenschluss Heft Nr. 9/ 10: 18.08.2010 21.09.-24.09.2010 in Berlin Halle 18, Stand 131 Internationale Fachmesse für Verkehrstechnik Aus der Europäischen Union 38 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Dem Verkehrsauschuss des Europäischen Parlaments reicht es. Die seit Jahren unternommenen Initiativen zur Liberalisierung des Schienengüterverkehrs haben bei weitem nicht den erwarteten Erfolg gekannt. Der Marktanteil der Bahn sei nicht gestiegen, sondern habe sich seit 2002 auf dem niedrigen Niveau von rund 10 % stabilisiert, stellen die Europaabgeordneten fest. Doch damit wollen sie sich nicht abfinden. Denn die Schuldigen sind ausgemacht. Und das sind ihrer Meinung nach die EU-Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission. Ihrem Unmut machen die Europaabgeordneten in einer Resolution Luft. Die Tatsache, dass 21 EU-Länder das erste Eisenbahnpaket nach sieben Jahren noch immer nicht ordnungsgemäß umgesetzt hätten, habe die Erhöhung des Anteils der Schiene am Güterverkehr verhindert. Zudem wird in der Resolution bedauert, dass die Kommission fünf Jahre habe verstreichen lassen, bis erste Schritte gegen die säumigen Mitgliedstaaten ergriffen wurden. Da die eingeleiteten Verfahren aber immer noch anhängig sind, wird die Kommission aufgefordert, unverzüglich rechtliche Schritte einzuleiten. Aber damit nicht genug: Die Schuldigen sollen öffentlich an den Pranger gestellt werden. Deshalb werden der Kommission feste Fristen gesetzt, in denen sie insbesondere ihre Informationen offenlegen soll, wie die EU-Länder die Umsetzung des ersten Eisenbahnpakets zur Marktöffnung des Schienengüterverkehrs verzögern. Der Verkehrsausschuss will erreichen, dass der Öffentlichkeit insbesondere Details über die Beanstandungen hinsichtlich der vorgeschriebenen Unabhängigkeit der Infrastrukturbetreiber und der nationalen Regulierungsbehörden sowie der Vorschriften bezüglich der Umsetzung des Trassenpreissystems zugänglich gemacht werden. Den Zeitpunkt hätten die Europaabgeordneten nicht besser auswählen können, um der Kommission und den Mitgliedstaaten auf die Finger zu klopfen. Der Schienengüterverkehr steht am Scheideweg. Einige große Bahnen wie die französische SNCF und die italienische FS ziehen ernsthaft in Erwägung den Einzelwagenverkehr einzustellen. Die Privatbahnen monieren seit Jahren, dass die Lücken des ersten Eisenbahnpakets geschlossen werden. So gelte es, den Zugang zu Serviceeinrichtungen wie Rangierbahnhöfen, erster und letzter Meile oder Tankstellen sicherzustellen. Zudem sollen die Kompetenzen der nationalen Regulierungsbehörden gestärkt werden. Last but not least droht eine schleichende Konsolidierung des Eisenbahnmarkts durch die Aufkäufe kleiner Güterbahnen durch (ehemalige) Staatsbahnen wie SNCF und Deutsche Bahn, welche die Erfolge der Liberalisierung untergraben. Bereits 2002 hatte der damalige EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti erkannt, dass der geschaffene Wettbewerb durch finanzstarke Bahnen wieder ausgehebelt wird. Doch Dringend Weichen für die Zukunft des Schienengüterverkehrs stellen EP klopft untätiger EU-Kommission auf die Finger bislang standen die EU-Wettbewerbshüter dem Zusammenschluss von Bahnunternehmen stets sehr − und vielleicht zu − wohlwollend gegenüber. Das ist übrigens ein Punkt, den der Verkehrsausschuss in seiner Resolution völlig außer Acht lässt. Doch auch hier sollte die Kommission endlich mal genauer hinsehen. Es ist natürlich fraglich, ob sich die Kommission von einer unverbindlichen Resolution beeindrucken lassen wird. Doch das politische Gewicht des Europäischen Parlaments hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen und wird weiter steigen. So sieht ein interinstitutionelles Abkommen mit der Kommission vor, dem EP Rechte zu gewähren, die über den EU-Vertrag hinausgehen. Die Kommission will sich verpflichten, schneller auf Initiativen der Europaabgeordneten zu reagieren. Auf Forderung des EP nach einem Gesetzesvorschlag soll die Kommission künftig innerhalb von drei Monaten antworten. Reagiert sie positiv, muss sie den Gesetzesvorschlag innerhalb von zwölf Monaten vorlegen. Bei einer Ablehnung müsste die Kommission ihre Entscheidung ausdrücklich rechtfertigen. Nicht zuletzt deswegen sollte der politische Druck, den eine Resolution erzeugt, nicht unterschätzt werden. Verkehrskommissar Siim Kallas hat von seinem Vorgänger mit der Überarbeitung des ersten Eisenbahnpakets und mit den anhängigen Verfahren wegen der unzureichenden Umsetzung desselbigen zwei hochsensible Dossiers geerbt, die entscheidend für die Zukunft des Schienengüterverkehrs in Europa sind. Da ist es gut, dass die Europaabgeordneten den Novizen aus Estland eindringlich erinnern, woher der Wind weht. Christian Dahm, EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Logistik- Zeitung in Brüssel Die Wiederbelebung des europäischen Schienengüterverkehrs liegt im Interesse aller Eisenbahnverkehrsakteure. Foto: C. Müller Mobilität + Personenverkehr 39 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Abb. 1: Wie ist das Image des ÖPNV so weit zu verbessern, dass Fahrgäste noch häufiger einsteigen und neue Fahrgäste gewonnen werden? Stephan Anemüller ÖPNV als natürlicher Mobilitätspartner Kann ein Leitbild helfen, neue ÖPNV-Kunden zu gewinnen? Auf die sich wandelnden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sollten die Unternehmen des ÖPNV mit veränderten strategischen Positionierungen reagieren. Diese könnten den Ansatz „Natürlicher Mobilitätspartner aller Bürger“ beinhalten, der auf dem Leitmotiv „ÖPNV für alle Bürger, in allen Lebenslagen, in allen Kombinationen“ aufbaut, signifikante Veränderungen der Dienstleistung bedingt und ein nennenswert verändertes Image ermöglicht [1]. Der Autor Stephan Anemüller, Diplom-Geograph, Referent Öffentlichkeitsarbeit des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Köln, und Teilnehmer im Studiengang Master of Science in Public Transport Management, Universität Duisburg-Essen; anemueller@vdv.de D er Begriff „Natürlicher Mobilitätspartner“ kann wie folgt umschrieben werden: Die Bürger sind von den Verkehrsdienstleistungen des ÖPNV grundsätzlich soweit überzeugt, dass sie ihre Nutzung gemeinhin oder selbstverständlich (natürlich) für konkrete Mobilitätsanforderungen erwägen. Im Folgenden soll dieser konzeptionelle Ansatz vertieft werden. Wirtschaftliche Situation Reichen die derzeitigen Anstrengungen der ÖPNV-Unternehmen aus, um in einem noch härteren finanzpolitischen Rahmen bestehen zu können? Und wie steht es um die finanzielle Lage des öffentlichen Gemeinwesens? Bei der grundsätzlichen Betrachtung der aktuellen wirtschaftlichen Situation des ÖPNV - also losgelöst von der Betrachtung konkreter Unternehmen und konkreter Verkehrsräume - fallen hauptsächlich zwei gegenläufige Trends auf: Zum einen zeigen die betriebswirtschaftlichen Bilanzen mit steigenden Kostendeckungsgraden (Kostendeckungsgrad = Relation von Nettoertrag zu Aufwand) eine nachhaltig positive Entwicklung. Der Kostendeckungsgrad der ÖPNV betreibenden Mitglieder des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) (diese Gruppierung kann aufgrund des hohen Organisationsgrads im VDV stellvertretend für die Gesamtheit der ÖPNV-Unternehmen mit Linienverkehren gewählt werden) lag 2008 bundesweit bei durchschnittlich 76,6 % (alte Bundesländer: 77,6 %, neue Bundesländer: 70,0 %). Im Jahr 2005 lag der Wert noch bei 72,2 % (72,9 % beziehungsweise 67,2 %) [2]. Die Unternehmen werden also unabhängiger von der Kofinanzierung durch öffentliche Gebietskörperschaften und entwickeln sich immer stärker in eine Ertragslage, die weitgehend direkt aus der Nachfrage der Fahrgäste resultiert. Die Tatsache, dass die Tarife im ÖPNV genehmigungspflichtig sind und die öffentliche Hand durch ihre Preispolitik auch zu Mindereinnahmen beiträgt, sei hier einmal außer Acht gelassen. Den Unternehmen ist es weiterhin möglich, einen Teil der aktuell notwendigen Investitionen (Erhaltung des Betriebs und der Bestandsinfrastruktur) und der innovativ gewünschten Investitionen (etwa Einführung neuer Vertriebstechniken, erweiterter Informationsservice) aus eigenen Mittel zu finanzieren. Stichworte hierzu sind Betriebsstabilität, Angebotsoptimierung, Vermeidung von Anlagenstillstand, Barrierefreiheit, aber auch dynamische Fahrgastinformation, elektronisches Ticketing, Elemente der Verkehrsmittelverknüpfung und weiteres mehr. Gleichwohl ist bei Investitionen die öffentliche Kofinanzierung durch Bund, Länder und Kommunen zwingend notwendig. Es darf auch nicht übersehen werden, dass die sich aus den Kundenansprüchen ergebenden „gewünschten“ Investitionen tatsächlich als notwendige Investitionen verstanden werden müssen, um den Marktanteil des ÖPNV zu halten und ausbauen zu können. Zum anderen beschreibt aber eine abnehmende Planungssicherheit für das unternehmerische Handeln den gegenläufigen Trend. Es ist unsicher, ob die öffentliche Mitfinanzierung durch Bund, Länder und Kommunen im notwendigen Umfang dauerhaft gesichert werden kann. Genauso unsicher ist, ob die benötigten Mittel stetig bereitgestellt werden und sich am Life-Circle-Cost-Ansatz orientieren (oder, anders herum, eher kurzfristig billige, aber langfristig nicht haltende Investitionen getätigt werden). Die derzeitige Situation öffentlicher Haushalte mit nach wie vor hohen sozialen Transferkosten, der absehbar greifenden Schuldenbremse sowie auch Veränderungen im rechtlichen Ordnungsrahmen schränkt die Planungssicherheit deutlich ein. Stichworte der vergangenen Jahre sind ̇ Reduzierung der Ausgleichsleistungen für Schüler- und Schwerbehindertenverkehre (nach PBefG bzw. AEG) ̇ Einschnitte bei den Regionalisierungsmitteln“ (nach RegG) ̇ offene Fragen um die Zukunft der Mittel nach GVFG/ Entflechtungsgesetz ̇ Rückstau bei Investitionen zum Bestandserhalt. In den vergangenen Jahren wurde die Zuweisung öffentlicher Mittel für den ÖPNV um mehr als 4 Mrd. EUR gekürzt. Allein für den Bestandserhalt hat sich bereits ein Bedarf von 2,35 Mrd. EUR aufgestaut, den die Verkehrsunternehmen allein nicht auflösen können und der jährlich um weitere 330 Mio. EUR nicht gedeckter Bedarfe anwächst [3]. Hinzu kommen Entwicklungen wie der demografische Wandel mit teilweise dramatischer Entleerung verschiedener Räume und mit Verschiebungen des Kundenspektrums (weniger Junge, mehr Alte). Zudem wirkt die raumstrukturelle Diversifizierung mit dispers angeordneten Wohn-, Arbeits-, Ausbildungs- und Freizeitstandorten auf die Verkehrsnachfrage und die Möglichkeiten, dieser wirtschaftlich in einem ÖPNV-Netz nachzukommen. Kurzum: Es ist nicht sicher, ob die bisher erfolgreichen Bestrebungen der ÖPNV- Unternehmen ausreichen werden, ihre wirtschaftliche Zukunft mit marktfähigen Preisen und einer größeren Unabhängig- Mobilität + Personenverkehr 40 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 keit von öffentlichen Kassen zu sichern. Es kann sein, dass die aktuelle finanzpolitische Entwicklung die wirtschaftlichen Erfolge der ÖPNV-Unternehmen überrollt und einen wesentlich dramatischeren Horizont zeichnet. Gerade die Sicherung der unternehmerischen Existenz aber und auch die Gewinnung größerer unternehmerischer Gestaltungsspielräume sind das originäre Ziel einer jeden Unternehmung, die im besten Fall zudem gewünschte Erträge abwirft. Strategische Grundfragestellung Die ÖPNV-Unternehmen stehen deshalb in ihrer perspektivischen Entwicklung vor folgender grundsätzlicher Frage, deren Beantwortung individuell ausfallen wird: Kann die wirtschaftliche Zukunft des Unternehmens durch Senkung der Kosten und gleichzeitige ausreichende Erhöhung der Einnahmen gesichert werden, indem der bisherige Optimierungsweg weiter beschritten wird (Optimierungsstrategie)? - Oder ist das mit den beschriebenen gegenläufigen Trends verbundene Risiko zu hoch, so dass ein weiterreichender Ansatz für die Unternehmensstrategie gewählt werden sollte? Als weiter reichende Ansätze lassen sich zwei unterschiedliche Richtungen skizzieren, die beide die deutliche Verbesserung des betriebswirtschaftlichen Ergebnisses und zugleich die Eröffnung nennenswerter unternehmerischer Freiräume für die künftige Entwicklung zum Ziel haben: a) Optimierung und strukturelle Veränderung ausgewählter oder auch aller Segmente des Unternehmenshandelns, um ein stark verändertes Image des ÖPNV- Unternehmens zu erreichen und in der Folge signifikant mehr Stammkunden im ÖPNV zu gewinnen, Einnahmen zu erhöhen und Kosten zu senken (Strategie „Natürlicher Mobilitätspartner“) b)Verzicht auf ausgewählte Tätigkeitsfelder und Angebote des ÖPNV-Unternehmens oder Wandel der Dienstleistung insgesamt bei Addition neuer Dienstleistungen oder gar handwerklicher oder industrieller Produktion, was in der Folge dem Unternehmen einen gänzlich neuen Charakter geben wird - wobei der ÖPNV noch eine Rolle spielen kann, aber nicht muss (Strategie „Inhaltsunabhängige Unternehmenssicherung“). Beispiele der Optimierungsstrategie sind an verschiedenen Stellen umfangreich beschrieben worden und werden sicher derzeit den gewöhnlichen Weg darstellen. Die inhaltsunabhängige Unternehmensstrategie ist aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht eines Eigentümers sicher denkbar. Sie wird den an einer guten ÖPNV-Leistung des Unternehmens Interessierten jedoch eher als „Worst-case-Lösung“ erscheinen (alternativ zur Abwicklung oder dem Verkauf eines Unternehmens). Im Folgenden soll deshalb eine erste Annäherung an die Strategie des natürlichen Mobilitätspartners versucht werden. Leitbild „Natürlicher Mobilitätspartner“ Wie lässt sich ein solches Leitbild in der heutigen Zeit charakterisieren, wenn dieses geeignet sein soll, den ÖPNV-Unternehmen eine primäre Rolle bei der Bewältigung eines Großteils der Wege zu geben? Hierzu sind bisher keine konzeptionellen Darstellungen bekannt. Die Ausführungen an dieser Stelle können auch nicht mehr sein, als ein erster Aufriss, der Gedanken anstößt. Die Bewertung des ÖPNV und seiner Nutzbarkeit entsteht bei jedem Fahrgast beziehungsweise potenziellen Fahrgast im Kopf aus einer Mischung von Erfahrung mit dem ÖPNV und seinem Image (allgemein oder in konkreten örtlichen Situationen). Bei Bürgern, die den ÖPNV nicht oder nur sehr sporadisch nutzen, hat das Image der ÖPNV-Unternehmen einen recht hohen Anteil am Bewertungsprozess. Das Kölner Institut Rheingold hatte seinerzeit im Auftrag des VDV verschiedentlich psychologische Tiefenuntersuchungen durchgeführt, die an der Frage aufgehängt waren: „Wie fühlt sich der Nichtnutzer des ÖPNV bei der gedanklichen Annahme, er würde den ÖPNV nutzen oder nutzen wollen? “ Die Ergebnisse zeigten eine nicht leicht greifbare und in konkretes Handeln umsetzbare Gefühlslage. Bei den Gelegenheitskunden des ÖPNV spielen die Erfahrungen mit dem öffentlichen Verkehr und den durch sie konkret genutzten Unternehmensleistungen verständlicher Weise eine größere Rolle, wenngleich auch das Image ihres Verkehrsunternehmens nicht aus der Bewertung zu negieren ist. Für Stammkunden (meist Besitzer einer Monats- oder Jahreskarte) kann der ÖPNV bereits als eine erste Adresse bei der Bewältigung ihrer Mobilitätsanforderungen verstanden werden. Nun gilt es, den Kreis der Stammkunden des ÖPNV dauerhaft signifikant zu erhöhen und somit zu einer wesentlich verbesserten Ertragslage zu gelangen. Dies kann nur gelingen, wenn mehr Gelegenheitskunden zu Stammkunden werden und Neukunden aus dem ÖPNV-Potenzial zu gewinnen sind. Hierbei spielen eigene Erfahrungen und auch Weiterempfehlungen durch Kunden eine große Rolle. Das Produkt ÖPNV muss also überzeugen und Produktinformationen der Verkehrsunternehmen müssen aufklärend wirken, um ein falsches Image vor allem bei unerfahrenen Nichtnutzern zu korrigieren. Im Ergebnis sollte ein erfolgreich umgesetztes Leitbild „Natürlicher Mobilitätspartner“ dadurch charakterisiert sein, dass eine möglichst große Anzahl Bürger den ÖPNV grundsätzlich für geeignet hält, ihre Fortbewegung (mit) zu realisieren. Hierbei spielen unterschiedliche Kombinationen der Verkehrsmittel Rad, Pkw, Krad und auch des Zufußgehens im Vor- und Nachlauf des ÖPNV ihre kundenspezifische Rolle genauso wie die reine ÖPNV- Nutzung mit nur sehr kurzen Fußwegen. Der ÖPNV muss also mehr als Instrument im vernetzten Verkehrssystem verstanden werden denn als konkurrierendes Verkehrsmittel. Die Konkurrenzsituation sollte eher zwischen ÖPNV-freier Mobilität und Abb. 2: Der ÖPNV muss die Menschen dort erreichen, wo ihre Aktivitäten stattfinden - auch wenn die Verkehrsnetze hierbei verändert werden müssen. Abb. 3: Durch eine stärkere Verknüpfung mit anderen Verkehrmitteln kann der ÖPNV mehr Fahrgäste gewinnen. Mobilität + Personenverkehr 41 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 der Unternehmensstrategie auf das Notwendige und Weiterbringende zu denken. Die alte Weisheit „keep it simple“ ist dabei nicht die schlechteste, denn nicht bei jeder Innovation stehen Investitionskosten und Nutzen in einem gesunden Gleichgewicht. „Simple“ beißt sich hierbei nicht mit „modern“, ganz im Gegenteil. Kennzeichnend für eine ÖPNV-Dienstleistung unter dem Leitbild „Natürlicher Mobilitätspartner“ könnte sein: Die Dienstleistung wird insgesamt wieder stimmig gemacht, indem alle Teilbereiche der Unternehmensleistung optimiert und eventuell modifiziert werden. Bei der Komplexität des Systems ÖPNV ist dies kein unbedeutendes ÖPNV-(mit)nutzender Mobilität gesehen werden. Als entscheidendes Merkmal kann hierbei definiert werden, dass sich der Bürger bei der Planung seiner Aktivitäten zuerst fragt, ob der ÖPNV geeignet ist (in welcher Kombination auch immer), seine Wege zu bewältigen. Wird dies im Entscheidungsprozess für einzelne Wege oder Wegeketten bejaht, sollte die Nutzung naheliegend sein. Wird es verneint, wird in diesen konkreten Fällen eine ÖPNVfreie Mobilität die Folge sein. Anders formuliert: Ein natürlicher Mobilitätspartner ist nicht dadurch gekennzeichnet, dass der Bürger im ÖPNV grundsätzlich keine Alternative sieht und zunächst andere Verkehrsmittel(kombinationen) bewertet - und am Ende gelegentlich doch in öffentliche Verkehrsmittel einsteigt. Das Leitbild vom natürlichen Mobilitätspartner umfasst im Kern also eine zumindest aufgeschlossene, wenn nicht sogar überzeugte Wertschätzung des ÖPNV bei den Bürgern als eine sinnvoll nutzbare Mobilitätsform. Nun stellt sich die Frage, wie groß der Kreis der Menschen sein muss, für die der ÖPNV diese Rolle einnimmt, um insgesamt dieses Image zu besitzen. Dies wird sich nicht an einer konkreten Größe festmachen lassen. Vielmehr sind persönliche und räumliche Differenzierungen notwendig. Persönlich nach: ̇ Altersgruppen, Berufstätigkeit, Lebensphasen und Mobilitätsgruppen (wie Elternteil - Kind) ̇ typischen Tagesablaufmustern ̇ Mobilitätsmustern, Wegeketten und Wegehäufigkeiten ̇ Reisezeitgestaltungsmustern (etwa Anspruch auf störungsfreie Individualität oder gruppentaugliche Präferenzen). Räumlich nach: ̇ Wohnstandort, Standort von Arbeit, Ausbildung, Schule oder Hochschule und deren Relationen zueinander ̇ Standorten und Ausprägungen von Freizeitaktivitäten, Versorgungs- und Erledigungsaktivitäten in Relation zu den Standorten der vorangehenden und nachfolgenden Aufenthalte ̇ nach Raumkategorie des Wohnstandorts und des alltäglichen Lebensumfelds (ländlicher Raum, Verdichtungsraum, Ballungsraum/ Ober-, Mittel-, Unterzentrum, ländlicher Zentralort/ Stadtzentrum, Stadtrand, Vorort). Neues Leitbild und aktuelle Unternehmensstrategien Was unterscheidet das Leitbild „Natürlicher Mobilitätspartner“ vom vielerorts angestrebten und realisierten „guten ÖPNV“? Zunächst einmal ist das heutige Bestreben der meisten ÖPNV-Unternehmen geprägt davon, ihre Entwicklung in einem vor allem finanziell schwierigen Umfeld zu gestalten, Angebotskürzungen möglichst zu vermeiden und zugleich über das Marketing neue Kunden und Stammkunden zu gewinnen. Sie sind dabei auf dem Weg, eine signifikant verbesserte Wertschätzung bei den Bürgern zu erreichen. Die gegebenen schwierigen Umstände sind die einzigen, unter denen sie arbeiten können. In vielen Fällen suchen die Unternehmen aber auch nach einem Durchbruch, der ihnen ganz andere Kundenkreise aus dem ÖPNV-Potenzial zuführen kann. Die individuelle Formulierung eines Leitbilds „Natürlicher Mobilitätspartner“ kann den Unternehmen gegebenenfalls helfen, ihr Zielgerüst zu justieren und auch das örtliche Gemeinwesen aktiv einzubinden, die Entwicklungsprozesse vor Ort (Nahverkehrsplanung, Wirtschaftsförderung, Bauleitplanung, kommunale Investitionsförderung, …) weitreichender zu beeinflussen. Hierbei ist aber auch an eine Konzentration Passenger information systems Stockfeldstraße 1 76437 Rastatt GERMANY Phone: +49 (0) 7222 / 1001- 0 Fax: +49 (0) 7222 / 1001-134 www.lawo.info Abb. 4: Ein Bus auf Abwegen? Die AG Ems hat unter anderem mit der Borkumer Kleinbahn ihr Unternehmensprofil bereits in der Vergangenheit gewandelt. Touristische Verkehre und ÖP- NV-Sicherung gehen hier Hand in Hand. Alle Fotos: Stephan Anemüller Mobilität + Personenverkehr 42 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Tarife, Fahrpläne) erst kennen lernen. Erfahrungen mit dieser Gruppe können gut für die Ansprache heimischer Nichtkunden ohne ÖPNV-Erfahrung genutzt werden. Touristen wie etwa in Köln, Düsseldorf und Berlin sind somit gute Probanden, um die gesamte Dienstleistung zielorientiert weiter zu entwickeln. Literatur [1] Anemüller, S. : Den demographischen Wandel als Chance für den ÖPNV nutzen. Strategien für die Positionierung von Verkehrsunternehmen. In: Der Nahverkehr, Heft 7-8/ 2008, S. 20; Alba Fachverlag, Düsseldorf, 2008 [2] Weiß, M.; Sieburg-Gräff, U. : Kostendeckungsgrad 2008 leicht gestiegen. In: VDV-Jahresbericht 2009, S. 35 ff; Eigenverlag des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Köln, 2010 [3] VDV et al.: Finanzierungsbedarf des ÖPNV bis 2025. Studie im Auftrag des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), des Deutschen Städtetags und von 13 Bundesländern. Eigenverlag des VDV, Köln, 2009 [4] Holz-Rau, C.; Scheiner, J., et. al. : Entwicklung des Verkehrshandelns seit 1930. Vergleich dreier Generationen. In: Internationales Verkehrswesen (62) Heft 4/ 2010, S. 10 ff; Verlag DVV Media Group GmbH, Hamburg, 2010 [5] Ackermann, T. : Marktforschung als Grundlage für das Marketing - Kundenzufriedenheit, Kundenwünsche und Innovationen. In: Bus & Bahn, Heft 5-2010; Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, Köln, 2010 Aussicht Es gilt, diesen Ansatz im Detail zu konstruieren und das Wesen der derzeit noch nicht gewonnenen Nichtnutzer genauer zu beschreiben. Insbesondere sind die Prozessfelder zu identifizieren, auf denen die Leistungen des ÖPNV verändert, ergänzt oder auch reduziert werden müssen. Hierzu liegen einige Untersuchungen vor, die wichtige Aufschlüsse geben können. Die einzelnen Unternehmen müssen ein solches generalisiertes Leitbild jedoch in eigene konkrete Unternehmensstrategien einbringen. Hierbei wird es zahlreiche individuelle Unterschiede geben. Für die Konkretisierung und eventuell anschließende Implementierung kann die Fahrgastgruppe der Touristen empfohlen werden. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie während ihrer Urlaubsreisen (Geschäftsreisende einmal außen vor gelassen) offen für Neues sind und auch öffentliche Verkehrsmittel ausprobieren, solange sie ihnen einfach angeboten werden. Zugleich verhalten sich Menschen im Urlaub wie Nichtnutzer des ÖPNV am Heimatort, sie müssen die Nutzungsmöglichkeiten (Haltestellenlagen, Linienwege, Unterfangen. Es entspricht weitgehend dem Ansatz einer Optimierungsstrategie. Im Mittelpunkt kann hierbei das Motiv „schnell, sicher und attraktiv“ stehen. Im Ergebnis kommt etwa der Minimierung von Türdefekten an den Fahrzeugen ein höherer Wert zu als der Grad Celsius-genauen Einstellung der (dann doch nur theoretisch erreichbaren) Fahrzeuginnentemperatur. Auch wird zielgenauen Störfallinformationen mehr Wert eingeräumt als zusätzlichen, ÖPNV-fernen Informationsdiensten in „social communities“. Genauso wird der handhabbaren und Vertrauen schaffenden Übersichtlichkeit des Tarifsystems der Vorzug vor bis ins kleinste Detail ausgefeilten „Ticketbuffets“ eingeräumt. Die Dienstleistung wird an die Ansprüche der derzeitigen Fahrgäste und vor allem an die Ansprüche der noch zu gewinnenden neuen Kunden angepasst, indem Teilleistungen wie zum Beispiel dynamische Fahrgastinformationen, elektronisches Ticketing, nutzeroptimierte Fahrkartenautomaten, selbsterklärende Wegeführung an Verknüpfungspunkten, barrierefreie Zugänge, Vernetzungselemente mit anderen Verkehrsmitteln (neben P&R auch B&R, Mietfahrräder, Car- Sharing und mehr) hinzugefügt werden. Hierin liegen zentrale Erfolgsfaktoren für einen beabsichtigten Durchbruch bei der Gewinnung neuer Fahrgastkreise aus dem ÖPNV-Potenzial. Ein Grundgedanke in diesem gesamten Vorhaben kann es sein, die Anforderungsvielfalt der existierenden und der zu gewinnenden Fahrgäste in einem möglichst einfachen System vereinen zu wollen. Anregungen hierzu kann der Convenience-Gedanke aus dem Dienstleistungsmarketing des Einzelhandels beisteuern. Ganz sicher ist der Faktor „Bequemlichkeit des Pkw“ ein wesentlicher Maßstab. Das Leitbild „Natürlicher Mobilitätspartner“ widerspricht den soliden aktuellen Unternehmensstrategien aber nicht. Vielmehr kann ein solches Leitbild dazu dienen, diese Strategien sinnvoll zu erweitern und zugleich auf das Gesamtziel zu konzentrieren. Kurz erläutert In diesem Begriff stecken vor allem zwei Worte, die charakteristisch sind: „natürlich“ und „Partner“. Partner(schaft) hat etwas mit Vertrauen zu tun. Eine gute ÖPNV-Dienstleistung ist möglichst störungsarm. Der Fahrgast kann also etwa darauf vertrauen, im Normalfall pünktlich an sein Ziel zu gelangen - genauso wie er dies in der Regel bei der Nutzung seines Pkw gewohnt ist (Außeneinwirkungen nicht berücksichtigt). „Natürlich“ meint hier nicht den Aspekt des Klima- und Umweltschutzes und somit auch nicht das von Vernunft geleitete Handeln, Busse und Bahnen aus Umweltvorsorge zu nutzen. Vielmehr spricht „natürlich“ hier die pragmatische-rationale Überzeugung an, möglichst Busse und Bahnen nutzen zu wollen, weil diese den handfesten Interessen des Verkehrsteilnehmers nachkommen. Diese Überzeugung kann sich dann einstellen, wenn die praktische Erfahrung die Attraktivität des ÖPNV belegt - und zugleich die Einschränkungen des MIV genauso bewusst sind. Hierbei spielt also Ratio eine entscheidende Rolle, die durch verantwortungsvolles Handeln gestärkt werden kann. „Natürlicher Mobilitätspartner“ Ticketingsysteme Telematiklösungen www.almex.de by Höft & Wessel Mobilität + Personenverkehr 43 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Kerstin Zapp Fahrgastinformationssysteme: komfortabel und kundenangepasst Kaum eine U- oder S-Bahn , in der man nicht mit Nachrichten versorgt wird. Fast jeder Bahnhof verkürzt Wartezeiten mit Spots auf großen Bildschirmen. Gelegentlich ist es allerdings einfacher, die Bundesligaspielstände zu erfahren als den richtigen Zug zu finden. Wie weit ist die Fahrgastinformationstechnik heute? Z wei Probleme im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bewegen Kunden und potenzielle Nutzer nach wie vor: Wie komme ich an das richtige Ticket, ohne dass mir diverse passende Bahnen vor der Nase wegfahren? Und: Wieso informiert mich keiner, wenn mein Zug oder Bus Verspätung hat, und sagt mir, was ich jetzt alternativ tun kann? Ein Teil davon müsste aufgrund der ausgereiften Technik heute Geschichte sein, doch diese Sorgen sind offenbar so tief verankert, dass sie noch immer die negative Seite der ÖPNV-Nutzung prägen. Allerdings ist zuzugeben, dass die Tarif- und Fahrscheinsysteme in Deutschland bisher nicht einheitlich sind, sondern meist Insellösungen darstellen. Zumindest mit Blick auf das zukunftsfähige E-Ticketing ist jedoch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (VDV), Köln, sehr um eine Vereinheitlichung bemüht, beispielsweise bei den Schnittstellen. Bleiben wir beim Positiven. Hier einige Beispiele: E- Ticketing und andere Fahrscheinsysteme Die Höft & Wessel AG, Hannover, realisiert derzeit die E-Ticketing-Lösung für den Hamburger Verkehrsverbund (HVV). Das eingesetzte interoperable Almex-System basiert auf dem deutschen Standard VDV- KA. Mit dieser Kernapplikation können Kunden elektronische Karten in Zukunft auch interoperabel in ganz Deutschland verwenden. Das E-Ticket in Form einer elektronischen Kundenkarte ermöglicht den bargeldlosen Fahrkartenkauf. Das neue Ticket können Kunden bei Zahlung eines monatlichen Grundpreises zum Kauf deutlich günstigerer Einzel- und Tageskarten nutzen. Damit schließt das E-Ticket die Lücke zwischen Einzelkarten und Zeitkarten. Diese Fahrkarten werden bargeldlos gekauft und auf dem Ticket gespeichert. Die Abrechnung zum reduzierten Preis erfolgt entweder aus einem vorausbezahlten Guthaben oder durch Abbuchung vom Konto. Höft & Wessel will in der zweiten Jahreshälfte 2010 ein Pilotprojekt im Bezirk Hamburg-Harburg und dem angrenzenden Landkreis Harburg realisieren. Umgesetzt wird die Lösung auf Basis des in den Bussen der Hamburger Hochbahn neu montierten Bordrechners mit integriertem Fahrscheindrucker vom Typ almex.optima cl. Später sollen die Fahrkartenautomaten folgen. Die Hansecom GmbH, Hamburg, ist ebenfalls Partner im E-Ticket-Projekt des HVV und stellt das E-Ticketing-Hintergrundsystem PT®nova. Sie hat auf Basis der VDV-Kernapplikation zusammen mit ihren Partnern Systemtechnik GmbH und Eos Uptrade GmbH eine E-Ticketing- Lösung entwickelt, die alle drei Kernkomponenten integriert: Frontend, Geräteinfrastruktur und Hintergrundsystem. Die IT-Lösung bildet alle Prozesse von der Anmeldung über die Prüfung bis zur Verbuchung ab. Ebenso hat das Unternehmen IT-Systeme für Handytickets im Programm, hier in Zusammenarbeit mit Siemens IT Solutions and Services. Handytickets - Fahrscheine, die per Mobiltelefon erworben und dort abgespeichert werden können - richten sich noch vorrangig an Gelegenheitskunden des ÖPNV. Gerade für Geschäftsreisende ist die deutschlandweite Nutzungsmöglichkeit attraktiv. Hinsichtlich dieser Interoperabilität liegen Zahlen für Februar 2009 bis Januar 2010 im Regio-Verkehrsverbund Freiburg (RVF) vor: Etwa 2,3 % der vertriebenen Handytickets an Kunden, die im RVF angemeldet sind, wurden in anderen Regionen der Bundesrepublik bezogen. Handyticket-Kunden anderer Teilnehmerregionen bezogen im RVF-Gebiet im Gegenzug knapp 1,2 % der verkauften RVF- Handytickets. Die insgesamt interoperabel vertriebenen Fahrscheine machen damit im RVF fast 4 % aller über das Handy verkauften Fahrausweise aus. Damit liegt der Wert über dem Bundesdurchschnitt von gut 2 %. Der RVF bietet seinen Kunden nun eine Erweiterung: Ein kleines Java- Programm für das Handy ist an die mobile Fahrplanauskunft der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH (NVBW) Die Autorin Kerstin Zapp, freie Fachjournalistin Logistik - Mobilität - Energie, Hamburg; kerstin.zapp@zapp4media.de Dynamische, kundennahe Fahrgastinformationen erwarten die Menschen von einem attraktiven ÖPNV-Angebot. Foto: S. Anemüller Mobilität + Personenverkehr 44 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 angebunden und versorgt die Kunden so mit weiteren Informationen. Die Suche nach ÖPNV-Verbindungen im Internet oder per Handy wird ebenfalls immer komfortabler: Musste bisher der Haltestellenname genannt werden, lassen diverse Systeme mittlerweile auch die Suche nach Straßen statt Stationen zu. Die Krauth Technology GmbH, Eberbach, mit ihren Systemen zur Fahrgelderhebung wie stationären und mobilen Ticketautomaten, Fahrscheindruckern und Bordrechnern, E-Ticketing- und Chipkartensystemen sowie rechnergesteuerten Betriebsleitsystemen und der Einbindung der Telematik, hat ebenfalls ein umfassendes Programm. Auf der IT-Trans im Februar in Karlsruhe stellte das Unternehmen unter anderem sein Einstiegskontrollsystem AK 0112 vor. Mit im Gepäck waren auch Fahrscheinautomaten, die über Touch Screen mit Benutzerführung bedient werden können und diverse Zahlungsmittel inklusive Chip- und Kreditkarten akzeptieren. Elektronischer Fahrplan Die Eprovi Systems GmbH, Neukirchen, hat kürzlich einen elektronischen Fahrplanaushang namens „Flexpaper“ vorgestellt. Dieser kann mit Sondertextzeilen ausgestattet werden, die mit Informationen zum jeweiligen Ist-Zustand gespeist werden können. Auf Anforderung kann eine Lupenfunktion aktiviert werden oder es werden die nächsten Abfahrten angesagt. Damit ist das System auch für Menschen mit Sehbehinderung geeignet. Standardisierte Schnittstellen nach VDV- Applikationen erlauben eine Einbindung des elektronischen Fahrplans in übergeordnete Systeme. Die Daten werden zum Beispiel über GPRS/ UMTS übertragen. Die Energieversorgung erfolgt über Netzstrom, Batterie oder Solartechnologie, so dass ein autarker Betrieb möglich ist. In diesem und im nächsten Jahr wird das Fahrgastinformationssystem in Magdeburg von der Lumino Licht Elektronik GmbH, Krefeld, ausgebaut. Neben visuellen Anzeigen gehört auch der Einsatz einer akustischen Vorleseeinrichtung zum Auftragsvolumen. Unter anderem in Münster werden bereits Haltestellen erprobt, bei denen die Inhalte der dynamischen Informationstafel in akustische Informationen umgewandelt werden können. Ein Druck auf einen großen roten Knopf aktiviert die Vorleseeinrichtung, der Inhalt der elektronischen Abfahrtsanzeige wird angesagt. Ganz neu ist eine Technik, die an der Hamburger Helmut-Schmidt-Universität im Rahmen des Projekts „Bus-ID - Barrierefreier Zugang Blinder und sehbehinderter Menschen zum öffentlichen Nahverkehr“ entwickelt wird: Sehgeschädigte Menschen tragen einen kleinen Sender bei sich, der leicht und handlich wie ein Schlüssel ist und nach dem RFID-Verfahren arbeitet. Kommen sie damit in die Nähe einer Haltestelle, wird ein Computerprogramm aktiviert. Es sagt laut und verständlich, wo sie sich gerade befinden, welche Bus- und Bahnlinien hier verkehren und welche Linie als nächstes fährt. Anzeigesysteme Ein Rundum-sorglos-Paket in Sachen Fahrgastinformation bietet Lawo Mark IV Industries GmbH, Rastatt: Mobile oder stationäre Anzeigen mit guter Lesbarkeit, LED-Beleuchtung, mehreren möglichen Zeilen, eventuell farbig, mit Grafik oder Piktogrammen, als Rollband, falls gewünscht, oder als Infotainment-System. Sprachansagen sind ebenfalls kein Problem, und natürlich ist auch die entsprechende Steuerung zur Kontrolle der Fahrgastinformationsanzeigen im Angebot, ebenso wie die Planungs-, Installations- und Betreuungsleistung. Die Zelisko GmbH in Mödling, Österreich - ein Unternehmen der Knorr-Bremse Gruppe - verkauft zum Beispiel Rufautomaten für abgelegene Bushaltestellen, die nur bei Bedarf bedient werden. Auch sie zeigen an, wann tatsächlich der nächste Bus kommen wird. Fahrscheindrucker, Ticketautomaten, weitere Anzeigesysteme und Bordrechner sind ebenfalls Teil des Portfolios. Um künftig auch VDV-KA- Chipkarten am Fahrscheindrucker verarbeiten zu können, gibt es nun eine Ausstattungsvariante mit einem grafikfähigen Kundendisplay, einem KA-Leser sowie einem 2D-Barcodescanner. Mit dem Scanner können Onlinetickets schnell und sicher geprüft werden. Ein System zur dynamischen Fahrgastinformation an den Haltestellen sowie zur automatischen Anschlusssicherung auch zu Verbindungen der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) hat die Atron Electronic GmbH, Markt Schwaben, im April im Raum St. Gallen in der Schweiz in Betrieb gehen lassen. Sowohl integrierte als auch externe Fahrgastinformationssysteme werden mit Daten versorgt. Die Fahrgäste haben dadurch nicht nur Echtzeitinformationen an den Haltestellen, sondern auch in den Fahrzeugen. Zudem ist geplant, eine dynamische Fahrplanauskunft über Handy zu realisieren. Um eine Auskunft per SMS zu erhalten, sendet der Fahrgast eine SMS mit Haltestellennummer oder -namen an den Auskunftsserver des Verkehrsunternehmens. Als Antwort erhält er die nächsten Abfahrtszeiten an dieser Haltestelle. Für detaillierte Informationen gibt es die Möglichkeit, die Suche auf bestimmte Uhrzeiten, Linien und Richtungen einzuschränken. Zusätzlichen Service bietet das Verspätungs-Abo: Hierfür trägt sich der Fahrgast vorab im Internet für ausgewählte Fahrten ein und wird - im Fall einer Verspätung - automatisch und rechtzeitig per SMS informiert. Basis sind Echtzeitinformationen, die im System bereits vorhanden sind. Die Benachrichtigung per SMS ist besonders in Gebieten mit geringem Fahrgastaufkommen eine kostengünstige Alternative zu stationären dynamischen Anzeigen. Mobilität + Personenverkehr 45 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Fahrgastinformation in Echtzeit an einer BRT-Busstation Hans Blankestijn Nachhaltige Verbindungen für die WM in Südafrika Anlässlich der Endrunde der 19. Fußball-Weltmeisterschaft vom 11. Juni bis zum 11. Juli 2010 in Südafrika startete die Stadt Johannesburg das ÖPNV-Projekt „Rea Vaya“, um die vielen Fußballfans rasch, sicher und bequem zu den Stadien zu bringen. Das Verkehrssystem umfasst den Aufbau eines komplett neuen Busnetzes, wozu auch ein Schnellverkehrsangebot gehört, basierend auf einem modernen rechnergesteuerten Betriebsleitsystem von Trapeze IST 1 . Der Autor Hans Blankestijn, Sales International, Trapeze ITS Switzerland GmbH, Neuhausen (Schweiz); hans.blankestijn@trapezeits.com. S üdlich der größten südafrikanischen Stadt Johannesburg erstreckt sich die Provinz Gauteng. Sie ist zwar die flächenmäßig kleinste der neun Provinzen Südafrikas, weist aber die größte Bevölkerungsdichte auf. Gauteng ist eines der zentralen Austragungsgebiete der Fußballweltmeisterschaft mit gleich drei Stadien (eins in Pretoria, zwei in Johannesburg). Südafrika ist stolz auf „seine“ Weltmeisterschaft - die größte Sportveranstaltung, die je auf dem afrikanischen Kontinent ausgetragen wurde. Das Land investiert beträchtliche Summen in die Infrastruktur wie neue Stadien, Hotels und Flughafenerweiterungen sowie in den öffentlichen Personenverkehr (ÖPV). In Johannesburg startete Anfang 2009 das Projekt „Rea Vaya“ („wir bewegen uns“, www.reavaya.org.za). Ziel ist der Aufbau des umfangreichsten Bus Rapid Transit (BRT)-Systems des Kontinents, basierend auf einem rechnergesteuerten Betriebsleitsystem (ITCS) des Schweizer Unternehmens Trapeze ITS, Neuhausen. Daneben ist auch die südafrikanische Questek Transit Technologies am Aufbau des ITCS beteiligt. Gemäß dem Department of Transport von Gauteng ist das neue BRT- System auch nach der WM unerlässlich für einen gut funktionierenden ÖPNV rund um Johannesburg. Die Provinzregierung will eine Verbindung schaffen zwischen den Basisnetzen des Straßensowie Schienenverkehrs und den Verkehrsknoten. Als Mittel dazu dient ihr ein rationalisiertes und regional integriertes Verkehrssystem, das den Straßen-, Schienen-, Flugverkehr sowie die Logistik umfasst. Das darin integrierte BRT-System beruht auf lateinamerikanischen Vorbildern, wo man unter ähnlichen Voraussetzungen bereits viele Erfahrungen sammeln konnte. ÖPNV wird schneller und günstiger „Rea Vaya“ vereinheitlicht Design, Betrieb, Implementierung, Management und Überwachung aller straßen- und schienengebundenen ÖPNV-Dienste. Das in Südafrika erstmals eingesetzte ITCS-Betriebsleitsystem fokussiert dabei auf Fahrdienstplanung und Flottenmanagement. Als Systemintegrator steuert Trapeze ITS auch die Schnittstellen zu bereits bestehenden Komponenten wie Lichtsignalbeeinflussung (Ampelvorrangschaltung) oder Fahrgastinformation an Haltestellen und in den Bussen. Zentral ist die Integration von Fahrplan und Fahrgeldmanagement: Ein Pendler braucht nur noch einen einzigen Fahrschein, um eine Vielzahl unterschiedlicher ÖPNV-Angebote nutzen zu können. Zudem erweitert „Rea Vaya“ das Verkehrsnetz und erhöht den Fahrplantakt deutlich. Das Rückgrat des Systems bilden spezielle Busspuren in der Fahrbahnmitte, auf denen Langstreckenbusse mit einer Kapazität für 100 Passagiere verkehren. Mit den Schnellbuslinien verbunden sind Zubringerstrecken mit kleineren Bussen (70 Passagiere) sowie spezielle Buslinien durch das Stadtzentrum, die den Privatverkehr reduzieren und die City aufwerten sollen. Parkplätze und Fußgängerbrücken ergänzen das Verkehrssystem. Videokameras und andere Installationen erhöhen zudem die Sicherheit; bisherige Verkehrsmittel boten kaum Schutz vor Überfällen. Bereits mit der ersten Ausbaustufe im vergangen Jahr ermöglichte „Rea Vaya“ auf über 25 km Strecke freie Fahrt für die Busse in und um Johannesburg. Der erste Bus fuhr im August 2009 von den Townships bei Soweto nach Johannesburg - heute befördert die Linie täglich zwischen 12 000 und 16 000 Passagiere. Bis zur Fußballweltmeisterschaft kommen weitere 65 km hinzu, eingeschlossen die Linien zu den Stadien und Trainingsorten. Speziell für die Weltmeisterschaft installiert das Department of Transport auch eine Leitstelle, um den Betriebszustand zu überwachen Foto: Institute for Transportation and Development Policy/ Aimee Gauthier Mobilität + Personenverkehr 46 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 und bei Problemen rasch reagieren zu können. Region profitiert über die WM hinaus Das Netz von „Rea Vaya“ umfasst heute 97 Stationen, fünf Busterminals und vier Depots. Von den insgesamt 1200 geplanten Schnellbussen sind die ersten 143 vom schwedischen Hersteller Scania (Fahrwerk) und dem brasilianischen Aufbautenspezialisten Marco Polo im Einsatz. Der Ausbau des Fuhrparks wird über die Weltmeisterschaft hinaus fortgesetzt und ist notwendig, um den Verkehrsfluss im ÖPNV zu verbessern, so dass er wesentlich attraktiver wird als der Individualverkehr. Zurzeit sind die Ballungsräume noch geprägt durch wachsende Fahrzeugzahlen, verbunden mit zahlreichen Unfällen, einer großen Abgasbelastung und häufigen Verkehrsstaus vor allem in den Morgen- und Abendstunden. Die Situation ist besonders zugespitzt, da nicht weniger als 98 % der 11,3 Mio. Einwohner der Provinz Gauteng in Städten leben. Der öffentliche Verkehr ist schlecht ausgebaut, die Qualität sinkt laufend. Er wird betrieben durch viele unkoordiniert arbeitende Verkehrsunternehmen, darunter zahlreiche private Minibus-Taxiunternehmen, einige öffentliche Busunternehmen sowie eine U-Bahn. Viele Straßen- und Schienenfahrzeuge sind veraltet, weitere Investitionen bleiben aus. Überfüllte Verkehrsmittel, schlechter Service und Sicherheitsmängel sind die Folgen. Es wird angenommen, dass in Gauteng 85 % aller den ÖPNV nutzenden Pendler bei jeder Fahrt mit mehr als einem Verkehrsbetreiber reisen. Aufgrund verpasster Anschlüsse, nicht zusammenhängender Fahrpläne und unterschiedlicher Informationssysteme kommt es regelmäßig zu gravierenden Verspätungen. Zudem verfügt jeder Verkehrsbetreiber über ein anderes Fahrgelderhebungssystem, wodurch sich die Kosten für die Pendler verdoppeln. Derzeit geben etwa 70 % der Pendler in ganz Südafrika - was einer Zahl von mehr als 29 Mio. Menschen entspricht - bis zu 40 % ihres Haushaltseinkommens für Verkehrsleistungen aus. Die international akzeptierte Norm liegt bei maximal 5 %. Noch ist geplant, dass auch der Schnellzug Gautrain zur Weltmeisterschaft den Betrieb aufnimmt. Der Gautrain soll über eine 80 km lange Schienenstrecke mit zehn Stationen den Flughafen Johannesburgs mit der Stadt und Pretoria verbinden. Nach der Weltmeisterschaft ist das Projekt „Rea Vaya“ noch nicht abgeschlossen. Bis 2013 ist eine Erweiterung des BRT-Systems auf 122 km Streckenlänge vorgesehen mit 150 BRT-Stationen und einer Kapazität für 430 000 Passagiere pro Tag. Auch Kapstadt, Tshwane (Pretoria), eThekwini (Durban) und Bloemfontein sollen eingebunden werden. Damit wird der Grundstein gelegt für einen nachhaltigen Umgestaltungsprozess, der das Bild des öffentlichen Personenverkehrs in Südafrika verändern und die Region langfristig stark aufwerten soll: einerseits durch die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung, andererseits durch die wesentlich bessere Qualität von Luft und Umwelt. 1 Trapeze ITS ist ein weltweit führender Anbieter von durchgängigen Lösungen für Betriebsleittechnik, Fahrgastinformation und Unternehmenssteuerung im ÖPNV. Das Unternehmen entstand im November 2009 aufgrund der Übernahme des Segments Public Transit Solutions der Continental AG durch die Trapeze-Gruppe, eine Tochter der kanadischen Constellation Software Inc. Bus Rapid Transit (BRT) Bus Rapid Transit (BRT)-Systeme, auch bekannt als Busway, sollen vor allem einen schnelleren und effizienteren Service bieten als herkömmliche Bussysteme. Vorreiter waren die großen Städte Lateinamerikas, in denen der Individualverkehr aufgrund des rapiden Bevölkerungswachstums stark anstieg, während die Investitionen in den Schienenverkehr beschränkt blieben. BRT-Systeme füllen diese Lücke, indem sie bezüglich Pünktlichkeit und Frequenz die Servicequalität des Schienenverkehrs erreichen - umgekehrt jedoch wesentlich flexibler und kostengünstiger sind. Heute existieren weltweit bereits rund 40 BRT-Systeme - 80 weitere sind in Planung, darunter auch in London und New York. BRT-Systeme bestehen meist aus mehreren Hauptachsen, die von Fernverkehrsbussen mit großer Kapazität in einem schnellen Takt befahren werden. Oft verkehren die Busse dabei auf einer eigenen Busspur mit freier Fahrt, wodurch eine Geschwindigkeit von 30 bis 50 km/ h erreicht wird - dies ist durchaus vergleichbar mit überirdischen Light Rail Transit (LRT)-Systemen. Zur Geschwindigkeit trägt auch die rechnergestützte Vorrangschaltung an Ampeln bei. Fahrgelderhebung an den Haltestellen und ebenerdige Zugänge (Hochflureinstiege oder Niederflurfahrzeuge) reduzieren die Fahrzeugzeit an den Haltestellen. Vorbild Lateinamerika Busterminal am Gandhi Square in der City von Johannesburg Foto: Questek Minibus-Taxis in Johannesburg - die bisher vorherrschende Form des ÖPNV Foto: Institute for Transportation and Development Policy/ Aimee Gauthier Mobilität + Personenverkehr 47 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Abb. 2: Altersstruktur der Flotte auf dem Weltmarkt Abb. 1: Metronetz in Betrieb - Streckenentwicklung in China (in km), Base Case-Szenario Ying Li Märkte für Metrofahrzeuge wachsen weiter Einen historischen Höchststand hat der Markt für Metrofahrzeuge erreicht. Das aktuelle Marktvolumen für Neubeschaffungen liegt bei etwa 5,4 Mrd. EUR. Weiteres Wachstum wird durch Neu- und Ausbau in Asien angetrieben. Die Bedeutung des After-Sales- Services nimmt parallel zu den rasant steigenden Beständen ebenfalls weiter zu. Der Autor Ying Li, Consultant der SCI Verkehr GmbH, Niederlassung Köln; y.li@sci.de E s ist bemerkenswert, dass zwischen 2006 und 2010 fast doppelt so viele Wagen wie im vorangegangenen Zeitintervall beschafft wurden. Ausgehend von diesem hohen Niveau wird der Markt weiter moderat mit 2 bis 3 % p. a. wachsen. Die Metropolisierung ist ein entscheidender Treiber für den Markt. Die Anzahl der Metropolen nimmt weltweit stetig zu und auch die Größe dieser Megastädte - gemessen an Flächenausdehnung und Einwohnern - wächst weiter. Mit diesem Wachstum potenzieren sich die Verkehrs- und Umweltprobleme der Städte. Die Sicherstellung eines verlässlichen und umweltverträglichen Mobilitätsangebots wird somit zum Dreh- und Angelpunkt für die nachhaltige Entwicklung dieser Städte. Sich ausdehnende Metropolen und Agglomerationen führen folglich zum konsequenten Ausbau der Metrosysteme. 139 Systeme mit 9000 km Strecke Heute sind weltweit 139 Metrosysteme in Betrieb, im Jahr 2000 existierten lediglich 107, in 1990 waren es nur 84 Nahverkehrssysteme dieser Art. Neben der Neuetablierung von Metros werden bestehende Systeme kontinuierlich erweitert. Das Wachstumspotenzial für den künftigen Neubau von Metrosystemen bleibt enorm, denn etwa 160 Metropolen verfügen derzeit noch über kein Metrosystem. Diese Metropolen liegen vor allem in Asien und Afrika beziehungsweise dem Nahen Osten. Ende 2009 waren etwas mehr als 9000 km Metronetz in Betrieb. Im Basisszenario erwartet SCI Verkehr, dass bis 2015 etwa 3500 km zusätzlich in Betrieb gehen und bis 2020 weitere 2400 km folgen. Während sich Metroprojekte in Europa überwiegend auf den Ausbau bestehender Strecken konzentrieren, erlebte Asien in der jüngsten Vergangenheit einen starken Metroboom. Das Wachstum des Markts für Metrofahrzeuge wird maßgeblich von Asien getragen, insbesondere von China, gefolgt von Indien. Obwohl derzeit in China und Indien sowohl neue Systeme errichtet als auch bestehende Netze ausgebaut werden, stoßen diese schnell an ihre Kapazitätsgrenzen. Der Neu- und Ausbau der Metros in den beiden Ländern wird langfristig anhalten. China wird in den kommenden zehn Jahren fast konstant jedes Jahr etwa 200 km neue Strecke in Betrieb nehmen (Abbildung 1) . 80000 Fahrzeuge Weltweit sind derzeit etwa 80 000 Metrofahrzeuge im Einsatz. 80 % der weltweiten Flotte werden in Asien, Westeuropa und Nordamerika betrieben. Weitere größere Bestände sind in der GUS im Einsatz. Die größte nationale Flotte besitzen die USA. China überholt im Jahr 2010 Japan durch aktuelle Auslieferungen und erreicht den zweiten Platz. In Japan, Russland, Südkorea, Großbritannien, Frankreich und Mexiko wird ein Großteil der Flotten in den jeweiligen Hauptstädten betrieben. Ökonomisch sinnvoll lassen sich die Fahrzeuge etwa 30 bis 35 Jahre lang einsetzen, dann ist die Abnutzung eines Fahrzeugs so weit fortgeschritten, dass es ersetzt, generalüberholt oder weitgehend modernisiert werden muss. Der derzeit betriebene weltweite Metrofahrzeugbestand hat ein Durchschnittsalter von etwa 17 Jahren (Abbildung 2) . Die Altersstruktur der Metrofahrzeuge weltweit verdeutlicht eindrucksvoll die Dynamik des Markts in den jüngsten Jahren. Zwischen 2006 und 2010 wurden fast doppelt so viele Wagen wie in den vergangenen Zeitintervallen beschafft. Der Grund liegt hauptsächlich in den intensiven Bestellungen Chinas, wo viele neue Strecken und Systeme in Betrieb genommen wurden. Nicht zu vergessen ist, dass etwa 20 000 Metrowagen älter als 30 Jahre sind. Damit bleibt das Potenzial für Ersatzbeschaffungen in den kommenden Jahren bestehen. Ersatzbeschaffungen erwartet SCI Verkehr hauptsächlich in Frankreich, Kanada, Japan, USA, Großbritannien, Brasilien, Argentinien, Mexiko und Deutschland. Nur wenige Ersatzbeschaffungen sind in den finanzschwächeren Ländern wie Nordkorea oder Ägypten trotz hohem Durchschnittsalter zu erwarten, da hier nicht in ausreichendem Umfang Finanzbudgets für notwendige Neubeschaffungen zur Verfügung stehen. Deshalb behelfen sich die Verkehrsunter- Mobilität + Personenverkehr 48 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 nehmen mit der wirtschaftlich oft wenig sinnvollen Instandhaltung und Reparatur der überalterten Flotte. Heterogene Fahrzeugsysteme Metrosysteme sind historisch gewachsene Insellösungen. Daher sind die Metrofahrzeuge individuell für jedes System anders ausgelegt und damit extrem heterogen hinsichtlich Spurweite, Bahnsteighöhe, Signaltechnik, Ausstattungs- und Designwünschen und vielem mehr. Sie lassen sich nicht mit Vollbahnsystemen vergleichen. Skaleneffekte zur Kostenreduzierung sind kaum zu erreichen. Gleichwohl bestehen hohe Sicherheits- und Qualitätsanforderungen. Deshalb wird der Markt für Metrofahrzeuge von einigen wenigen internationalen Anbietern beherrscht. Traditionell dominierten Alstom, Bombardier, Siemens sowie japanische Hersteller wie Kawasaki den Weltmarkt (Abbildung 3) . Neu hinzu kommen die chinesischen Hersteller CNR und CSR, die als Newcomer zu deutlich reduzierten Preisen anbieten: Der Durchschnittspreis pro Metrowagen von CNR und CSR liegt bei etwa 65 % des westlichen Durchschnittspreises. Zwischen 2005 und 2009 beherrschte Alstom diesen Markt und belieferte weltweit 17 Städte. Die modulare Produktfamilie von Alstom im Metrobereich ist der „Metropolis“, der auch als automatische Metro angeboten wird. Große Aufträge (teilweise in Konsortien) waren unter anderem aus New York, Washington, Barcelona, Paris und Shanghai zu verzeichnen. China Northern Rolling Stock & Locomotives Corp. Ltd. (CNR) erreichte den zweiten Platz in diesem Zeitraum durch die großen Aufträge aus dem Heimatmarkt. CNR war in den vergangenen fünf Jahren deutlich erfolgreicher als ihr südliches Pendant China Southern Rolling Stock & Locomotives Corp. Ltd. (CSR) auf dem fünften Platz. Außerhalb Chinas konnte CNR zwischen 2005 und 2009 Fahrzeuge nach Teheran und Bangkok absetzen und CSR nach Mumbai. Für die Zukunft erwartet SCI Verkehr steigende Marktanteile der beiden chinesischen Hersteller, da sie erstens den chinesischen Markt komplett selbst abdecken (Alstom, Siemens und Bombardier werden nur noch Komponenten für CNR und CSR liefern) und zweitens zunehmend auf dem internationalen Markt tätig werden. Bombardier belegt Platz 3 der Weltrangliste und lieferte in den vergangenen fünf Jahren Metros in 15 Städte weltweit. Größere Aufträge erhielt Bombardier unter anderem aus London, Oslo, Taipeh, Berlin, Delhi, Chicago und Mexiko-Stadt. Das offiziell einheitliche Metrokonzept von Bombardier Transportation heißt Movia. Bombardier versucht, das System möglichst baugleich in unterschiedlichen Städten anzubieten. CAF (Construcciones y Auxiliar de Ferrocarriles) aus Beasain in Spanien erreichte einen Marktanteil von 11 % in den vergangenen fünf Jahren. Dies resultiert hauptsächlich aus der starken Nachfrage im Heimatland Spanien. CAF hat in den vergangenen Jahren zudem erfolgreich versucht, die Internationalisierung des Unternehmens voranzutreiben. Dabei konzentrierte sich das Unternehmen schwerpunktmäßig auf Nord- und Südamerika. Außerhalb Spaniens verbuchte CAF im betrachteten Zeitraum Aufträge mit relativ kleinen Losgrößen aus Rom, Sao Paulo, Santiago de Chile, Algier sowie Brüssel. CAF ist derzeit sehr aktiv auf dem weltweiten Markt für Metrofahrzeuge und nimmt an vielen Ausschreibungen teil. Zum Beispiel gewann CAF in der jüngsten Vergangenheit die Ausschreibungen für die Delhi Metro Phase 3 und die Linie 12 in Mexiko-Stadt. SCI Verkehr erwartet einen leicht abnehmenden Marktanteil für CAF, da die inländische Nachfrage (Spanien) in der mittleren Zukunft sinken wird. Siemens ist vor allem im Bereich der automatisierten U-Bahnen tätig, wobei in der Vergangenheit vornehmlich vollautomatische Val-Fahrzeuge produziert wurden. Hyundai Rotems Hauptabsatzgebiet ist Seoul. Außer nach Südkorea konnte das Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren Fahrzeuge nach Almaty, Delhi, Sao Paulo, Vancouver und Salvador verkaufen. Kawasaki ist vor allem stark auf dem USamerikanischen Markt tätig. Neben den mengenmäßigen Marktentwicklungen sind noch folgende Trends zu beobachten: Trend zu automatischen Metros Ein wesentlicher Vorteil der Metros besteht in ihrer kreuzungsfreien und höhenfreien Führung zum Individualverkehr. Dies unterscheidet sie von den Light Rail Vehicles, die je nach ihrer baulichen Ausführung zumindest in Kreuzungsbereichen vom Straßenverkehr beeinflusst werden. Die Vorteile der eigenen und abgegrenzten Trasse führen zu einer hohen Reisegeschwindigkeit und Zuverlässigkeit und bilden eine ideale Basis für eine Automatisierung der Systeme. Viele Städte entscheiden sich für fahrerlose Systeme (etwa Barcelona, Santiago de Chile) oder lassen bestehende Systeme für einen fahrerlosen Betrieb umrüsten. Bei einem Teil dieser Metros handelt es sich um gummibereifte Systeme, die auch als Val-Metros bezeichnet werden (Véhicule automatique léger). Diese Bahnen profitieren vom Einsatz standardisierter Komponenten, die zu niedrigen Investitionskosten beitragen. Die Nachteile (etwas höherer Radverschleiß und Energiebedarf) haben auf den Betrieb nur geringe Auswirkungen. Einsatz von energieeffizienten Fahrzeugen Lebenszykluskosten spielen für die Betreiber eine immer wichtigere Rolle. Die Fahrzeughersteller investierten in den vergangenen Jahren zunehmend in die Forschung und Entwicklung von energieeffizienten Schienenfahrzeugen und -komponenten. Hierzu gehört zum Beispiel das Siemens-Forschungsprojekt „Green Line - Umweltgerechte Metrofahrzeugentwicklung am Beispiel der Metro Oslo“. Stärkere Investitionen in die Fahrgastsicherheit unter Verzicht auf Komfort Bei aktuellen Fahrzeugentwicklungen und -auslieferungen nehmen die Wünsche der Kunden nach einer Ausstattung der Fahrzeuge mit Einrichtungen der Fahrgastsicherheit zu. Hierbei kommen in erster Linie Komponenten zum Einsatz, die eine Überwachung und Kommunikation mit dem Fahrgastraum ermöglichen. Diese Maßnahmen sollen zum einen Vandalismusschäden vorbeugen, zum anderen bei Störungen die Sicherheit und das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste erhöhen. Wichtigste Komponenten sind Kameras und Sprechfunkeinrichtungen. Aber auch die Vorschriften zur Brandsicherheit wurden weiter verschärft. Dagegen wird an Ausstattungselementen, die ausschließlich dem Komfort dienen, gespart. So geht der Trend hin zu einfachen Hartschalensitzen und weg von Armlehmen. Die Studie „Der weltweite Markt für Metrofahrzeuge“von SCI Verkehr enthält über eine detailliertere Darstellung der in diesem Beitrag genannten Fakten hinaus unter anderem eine weltweite Darstellung der Metrosysteme, der künftigen Infrastrukturprojekte und eine Prognose der Netzentwicklung bis 2020, eine Darstellung der wichtigsten flottenspezifischen Merkmale von Metrofahrzeugen aller Vertiefungsländer und Regionen in Diagrammform und eine Übersicht der Automated-Guided-Transit-Systeme. Weitere Informationen: c.bessler@sci.de Abb. 3: Anteile der Wagenhersteller am Weltmarkt Infrastruktur + Verkehrspolitik 49 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Dirk Ruppik Shanghai 2020: Besser als Hongkong In den Olymp der globalen Finanz- und Schifffahrtszentren will Shanghai bis 2020 aufsteigen. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg, da die Strukturen und insbesondere bessere Serviceleistungen noch nicht entwickelt sind. Außerdem besteht eine Konkurrenz zu Hongkong im eigenen Land. Der Autor Dirk Ruppik, Asien-Korrespondent mit Sitz in Thailand, SL2SL@web.de S tark getroffen von und inmitten der globalen Krise entschloss sich die chinesische Regierung im März vergangenen Jahres, einen Plan für Shanghai als „globales Finanz- und Schifffahrtszentrum bis 2020“ zu veröffentlichen. Das durch Premierminister Wen Jiabao angeführte State Council nahm den Vorschlag an und beauftragte die Stadtregierung von Shanghai mit der Ausführung. Zudem wurde der südostchinesischen Metropole der „Doppelzentrum“-Status (shuang zhongxin) verliehen. Shanghai - jetzt auf Platz fünf - soll in Zukunft den Olymp der großen Finanz- und Schifffahrtszentren dieser Welt, namentlich London, Hongkong, Tokio und New York, anführen. Dafür sollen die „vier Zentren“ Wirtschaft, Finanzmarkt, Schifffahrt und Handel entwickelt werden. China will die Kraft und das Potenzial des Landes durch den „Kopf des Drachens“ demonstrieren. Mit dem Kopf ist in erster Linie Shanghais Finanzzentrum Pudong gemeint. Allerdings ist es bis dahin noch ein weiter Weg, da der Finanzsektor in 2008 nur mit 10 % zum Bruttoinlandsprodukt der Stadt beitrug - in London dagegen mit 13 %. Die Stadt am Yangtze beherbergte zudem 2008 nur rund 100 ausländische Banken. London besaß in 2005 bereits mehr als 500. Zu den rund 300 Mrd. USD (umgerechnet etwa 223 Mrd. EUR) Schiffskrediten, gut 52 Mrd. EUR Schiffsleasing- Transaktionen und rund 11 Mrd. EUR Eigenkapital- und Anleihenfinanzierungen weltweit, trug Shanghai nur 1 % bei. Staatsanreize für 2020 Die Vision 2020 für Shanghai und den nächsten Aufstieg Chinas zur Weltmacht soll durch viele politische Schritte, Steueranreize, Marktliberalisierungen und die schrittweise angesteuerte hundertprozentige Konvertibilität des Yuan erreicht werden. Alle Maßnahmen zielen auf die Entwicklung einer modernen Service- und Fertigungsindustrie in der Stadt ab. Zusätzlich sind drei bedeutende Projekte geplant: Der Bau des weltweit sechsten Disneylands, die Beijing-Shanghai-Hochgeschwindigkeitstrasse und eine riesige Fertigungsstätte für Zivilflugzeuge. Anfang des Jahres hat die People’s Bank of China bilaterale Währungsaustausch-Vereinbarungen mit Indonesien, Russland, Südkorea, Hongkong, Malaysia und Argentinien im Wert von 650 Mrd. Yuan (rund 71 Mrd. EUR) geschlossen. Nach Angaben des Direktors der Bank, Zhou Xiaochuan, soll in Zukunft die chinesische Währung selbst den US- Dollar als internationale Währungsreserve ersetzen. Dadurch sollen die eigenen Währungsreserven gesichert werden. Die Entwicklung des Doppelzentrums soll zur wechselseitigen Stimulierung der Finanz- und Schifffahrtsindustrie des Großraums Shanghai führen. Entwicklung der maritimen Struktur Die chinesische Regierung hat im elften Fünfjahresplan von 2006 bis 2010 die Entwicklung der logistischen Infrastruktur zum Schlüsselprojekt erklärt. Neben dem weiteren Ausbau des Yangshan-Tiefwasserhafens sollen insbesondere die Yangtze- Flussdelta-Hafenressourcen in das Hafensystem des Großraums Shanghai einbezogen werden. Die Phasen eins bis drei des nördlichen Hafenbereichs sind fertiggestellt (Phase 3 Ende 2008). Nun konzentrieren sich die Arbeiten auf den östlichen Hafenbereich, in dem zehn bis zwölf neue Liegeplätze auf einer Kailänge von 4 km bis 2013 entstehen sollen. 2012 will Yangshan eine Kailänge von insgesamt rund 10 km mit verschiedenen Terminals vorweisen können. Simultan könnten dann 30 Containerschiffe gleichzeitig gehandelt werden. Der jährliche Umschlag kann bei 15 Mio. TEU liegen. Zusammen mit den anderen Terminals der Stadt (zum Beispiel Jungonglu, Zhanghuabang, Waigaoqiao, Baoshan etc.) soll Shanghai dann das umschlagsreichste Terminalcluster (30 Mio. TEU) der Welt noch vor Singapur und Hongkong besitzen. In 2008 wurde zudem der Bau des internationalen Wusongkou-Terminals begonnen, das unter anderem Kreuzfahrtschiffe mit einer Kapazität von 80 000 BRT beherbergen soll. Nach dem Komplettausbau wird allein Yangshan in 2020 25 Mio. TEU bewältigen können. Rund 5000 Container passieren schon heute täglich die Donghai- Brücke, über die Yangshan mit dem Festland verbunden ist. Da die meisten Container auf der Straße zwischen Yangshan und anderen Städten im Yangtze-Flussdelta transportiert werden, hat die Zentralregierung die „Yangtze-Strategie“ eingeführt, um die Anzahl der Containerschiffe zu erhöhen, die im Yangtze-Flussdelta abgefertigt werden können. Andere Städte im Flussdelta sollen die Container ins Hafengebiet Waigaoqiao in Pudong transportieren. Von dort werden sie via Wasserbus nach Yangshan befördert. Ende März 2010 war die dritte Phase der Erweiterung des Tiefwasserkanals in der Yangtze-Mündung vollendet und abgenommen. Der 12,5 m tiefe und 92,2 km lange Kanal verbindet das Waigaoqiao- Terminal mit dem Ostchinesischen Meer. Chinas Vize-Transportminister Weng Mengyong sagte: „Die Fertigstellung des Projekts wird die Formung Shanghais zum internationalen Schifffahrtszentrum unterstützen und die Yangtze-Kapazität maximieren.“ Weiterhin sollen die Städte Nanjing, Wuhan und Chongqing, alle drei Tiefseehafen Yangshan Infrastruktur + Verkehrspolitik am Yangtze weiter flussaufwärts gelegen, schon bald 1000, 500 beziehungsweise 200 Containerschiffe abfertigen können. Es ist geplant, die Transporteinrichtungen und -dienstleistungen auf dem „goldenen Wasserweg“ zu standardisieren. Weiterhin steht die Erweiterung der Inlandslinienverbindungen wie zum Beispiel Zhaojiagou, Dalu, Hangzhou-Shanghai und Suzhou- Shanghai auf dem Programm. Erweitertes Transportnetzwerk und Doppel-Expresshub Darüber hinaus ist geplant, das Straßen- und Eisenbahnnetzwerk sowie den internationalen Flughafen in Pudong und den Flughafen Hongqiao als Ergänzung zu entwickeln. Beide Flughäfen soll eine Magnetschwebebahn verbinden. Der Masterplan für Pudong sieht bis 2015 neben einem dritten Passagierterminal, einem Satellitenterminal und zwei neuen Startbahnen auch eine Frachtkapazität von 6 Mio. t jährlich vor. Im Dezember 2008 eröffnete UPS sein neues internationales Hub am Pudong International Airport. „Das Hub öffnet die Türen zum Handel mit China weiter. Wir glauben, Shanghai wird dadurch ein noch attraktiveres Geschäftszentrum werden und unsere Kunden werden davon profitieren“, sagte Derek Woodward, Präsident von UPS Asia Pacific. Mit der Eröffnung des DHL Nordasien Hubs, ebenfalls in Pudong in der zweiten Hälfte von 2010, wird Pudong der einzige Flughafen mit zwei internationalen Expresshubs sein. Er ist schon jetzt der drittgeschäftigste Flughafen der Welt und wird durch die Eröffnung des DHL- Expresshubs nochmals einen gewaltigen Schub erhalten. Konkurrenz im eigenen Land Neben dem Ausbau des Transportnetzwerks, der Linienverkehre und dem Transhipment steht die Entwicklung von hochwertigen Logistik- und Finanzdienstleistungen auf dem Plan. Unter anderem sollen die Schifffahrts- und Handelsdienste des nördlichen Bunds erweitert werden. Es ist geplant, Pudong zu einer Testzone für Reformen, Öffnungspolitik, unabhängige Innovationen und moderne Dienstleistungen zu machen. Eine Informationsplattform für den Schifffahrtsbereich wird geschaffen und die Palette der Finanzdienstleistungen, Schiffsfinanzierungen und -versicherungen diversifiziert. Ein Problem sind jedoch die hohen Geschäftskosten. Zum Beispiel hat Singapurs Neptune Orient Line (NOL) Ende 2009 entschieden, ihr Greater China-Hauptquartier von Shanghai nach Chongqing zu verlegen. Ebenso entschied die Maersk Group im Oktober 2009 ihr Dokumentenbearbeitungs- und Logistikmanagement- Zentrum sowie das Global Service Center in Chengdu aufzubauen. Weiterhin besteht eine Konkurrenzsituation mit Hongkong innerhalb Chinas. Die Stadt am Perlfluss ist Shanghai im Finanz- und Schifffahrtsbereich noch weit voraus. Shanghai will daher Hongkonger Schifffahrtsunternehmen und Finanzexperten anlocken. Allgemein besteht bisher noch ein Mangel an Fachkräften, Erfahrung und adäquaten Produkten. Abb. 1: Bereiche der Logistikentwicklung für Shanghai 2020 Weitere Informationen inden Sie in Kürze unter www.eurailpress.de! Anfang April ist die komplett überarbeitete und um einige Kapitel erweiterte Neuaulage des Handbuchs Gleis erschienen. Das Buch vermittelt in anschaulicher und komprimierter Weise Zusammenhänge zwischen den einzelnen Gleiskomponenten und ihren Beanspruchungen. Das Gleis als komplexes Gesamtsystem Technische Daten: ISBN 978-3-7771-0400-3, Format 170 x 240 mm, Hardcover, Preis: € 68,-, 656 Seiten Kontakt: DVV Media Group GmbH | Eurailpress, Telefon: +49/ 40/ 2 37 14 - 440 · Fax: +49/ 40/ 2 37 14 - 450, E-Mail: buch@dvvmedia.com Weitere Informationen inden Sie unter www.eurailpress.de / hbgneu Komplett überarbeitete und erweiterte Neuau age Die Neuau age enthält grundsätzliche Erweiterungen und Ergänzungen: ein komplett neues Kapitel über die Grundlagen der Oberleitung und des Oberleitungsbaues und deren Instandhaltung neue Erkenntnisse hinsichtlich der Entstehung von „Head Checks“ sowie neue Erkenntnisse im Hinblick auf die Verschleißfestigkeit von kopfgehärteten Schienen und eine neue ausführliche Theorie des dynamischen Gleisstabilisierens Das Erfolgskonzept des Buches wird durch die zusätzliche Ergänzung der Kapitel „Rad-Schiene-Wechselwirkung“ und „Wirtschaftlichkeit der Oberbauinstandhaltung“ abgerundet. Infrastruktur + Verkehrspolitik 51 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Organigramm der Hamburg Port Authority (Stand: Mai 2010) Karlheinz Pröpping / Thorsten Pulver Garanten für Zukunftstauglichkeit Die neuen unternehmerischen Strukturen der Hamburg Port Authority Das öffentliche Hafenmanagement in Deutschlands größtem Seehafen betreibt die Hamburg Port Authority (HPA) aus einer Hand. Um das 2005 ausgegründete Unternehmen für künftige Herausforderungen zu wappnen, wurde das Projekt „HPA 2010“ gestartet. Basierend auf fünf Eckpfeilern stellen die nun eingeführten Strukturen den effizienten Betrieb und planmäßigen Ausbau des Hafens sicher. Die Autoren Karlheinz Pröpping, Mitglied der Geschäftsleitung der Hamburg Port Authority AöR (HPA), Bereich Entwicklungsvorhaben, und Thorsten Pulver, Mitglied der Geschäftsleitung der Kienbaum Management Consultants GmbH, Practice Group Transport und Verkehr/ Logistik; Thorsten.Pulver@Kienbaum.de D er Hamburger Hafen ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren in Norddeutschland. Mit etwa 163 000 direkt und indirekt abhängigen Beschäftigten und einem Containerumschlag von knapp 10 Mio. TEU 1 in 2008 gehört er zweifelsfrei zu den Schwergewichten in der Nordrange. Die hierfür notwendige öffentliche Infrastruktur umfasst unter anderem 35 km Kaimauer, 13 Radarstationen, 320 Liegeplätze für Seeschiffe, 147 Brücken, 137 km Straße und mehr als 300 km Eisenbahntrassen. Damit die Infrastruktur für dieses wichtige Wirtschaftssegment effizient, zeitnah und kundenorientiert gestaltet werden kann, wurden im Jahr 2005 verschiedene Ämter der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) zur HPA verschmolzen. Kernaufgaben der HPA sind der Ausbau, Betrieb und die Instandhaltung der öffentlichen Infrastruktur im Hamburger Hafen, mit dem Ziel, den Nutzen der Hafenwirtschaft als aktiver Partner zu erhöhen. Erfolgsorientiertes Investieren und wettbewerbliches Handeln im Hafenumfeld werden unterstützt und aktiv vorangetrieben. Das Projekt HPA 2010 Um die Leistungsfähigkeit der HPA zu steigern, wurde das unternehmensweite Weiterentwicklungsprojekt „HPA 2010“ gestartet. Im Rahmen der organisatorischen Neuausrichtung standen neben der Effektivitäts- und Effizienz-steigerung zwei weitere Ziele im Fokus: die Realisierung des geplanten, erheblichen Hafenausbauprogramms sowie die Gewährleistung des reibungslosen Betriebs der bestehenden Hafeninfrastruktur. Das Projekt startete mit fachlicher und methodischer Unterstützung durch eine externe Unternehmensberatung. Mit der Etablierung der neuen Strukturen steht die HPA auf einer geeigneten Basis, um für künftige Herausforderungen gewappnet zu sein. In der neuen Organisation (siehe Abbildung ) verantwortet die Geschäftsleitung - be-stehend aus der Geschäftsführung und den Leitern der sechs neuen Unternehmensbereiche - die Steuerung des Unternehmens. Die Leistungsfähigkeit der neuen HPA- Organisation wird an den folgenden Eckpfeilern deutlich: ̇ Klare Verantwortlichkeiten für die weitere Hafenentwicklung Zur Sicherstellung des geplanten Ausbauprogramms im Hamburger Hafen sind die ursprünglich dezentral organisierten Ingenieur-Fachkapazitäten in einem Unternehmensbereich gebündelt, der sich ausschließlich um die Realisierung der Entwicklungsvorhaben kümmert. Mit dem zentralen Projektbüro wurde eine zentrale Dienstleistungseinheit geschaffen, die alle kleinen bis großen Neu- und Ausbauprojekte der HPA in einer flexiblen Struktur umsetzt. Mit Hilfe eines projektübergreifenden Programmmanagements werden das vorhandene Know-how optimal auf die Projekte verteilt und die benötigten Kapazitäten bereitgestellt. Gleichzeitig werden die großen Entwicklungsvorhaben wie die Westerweiterung, Altenwerder, Rethehubbrücke etc. mit einem festen Mitarbeiterstamm ausgestattet. Auf diese Weise können sich die Projektteams voll auf eine termin-, qualitäts- und kostengerechte Realisierung der Großprojekte konzentrieren. Wichtiges Merkmal aller Projektorganisationen ist die Konstanz der Verantwortlichkeit in der Projektleitung, die nun das Projekt durch alle Entwicklungs- und Bauphasen hindurch betreut. ̇ Gebündelte Verantwortlichkeiten für den reibungslosen Betrieb des Hafens Für die Hafenwirtschaft ist neben dem Ausbau vor allem der reibungslose Betrieb der bestehenden Infrastruktur von herausragender Bedeutung. Schließlich muss sie sich auf ein funktionstüchtiges Gesamtsystem verlassen können. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, hat die HPA alle Kompetenzen für ein effizientes Management der verschiedenen Anlagen zusammengefasst und nach den jeweiligen Anlagentypen organisiert. Das Anlagenmanagement für die land- und wasserseitige Infrastruktur verantwortet leistungsfähige und hochwertige Anlagen mit dem Ziel, die Funktionsfähigkeit und Verkehrssicherheit des Hafens mit maximaler Verfügbarkeit zu gewährleisten. Dazu greift das Anlagenmanagement auf die Kompetenzen und Ressourcen der Hafentechnik zurück, dem zentralen Instandhaltungsdienstleister der HPA. Die vormals dezentral organisierten technischen Betriebe wurden zur Ausschöpfung von Synergien und zur Sicherung der Infrastruktur + Verkehrspolitik 52 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Wettbewerbsfähigkeit zu einer Instandhaltungseinheit „Hafentechnik“ zusammengefasst. Ausgelegt auf kurze Reaktionszeiten in Notfällen und ausgestattet mit einer zentralen Steuerungseinheit für alle Standorte im Hafen erfüllt der Bereich nun die zentralen Anforderungen an einen modernen Instandhaltungsdienstleister. Dokumentierte Leistungsbeziehungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer fördern die enge Zusammenarbeit. Die Organisation der Hafenbahn folgt dieser Logik und ist mit einem Anlagenmanagement und einem Instandhaltungsdienstleister ausgestattet. Ergänzt wird das Anlagenmanagement um Einheiten, die strategische und vertriebliche Aufgabenstellungen verantworten sowie den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur steuern und optimieren. Die Hafenbahn wurde als separater Unternehmensbereich organisiert, um den Besonderheiten des Eisenbahninfrastrukturbetriebs Rechnung tragen zu können. Durch den Abbau von Schnittstellen und die Schaffung transparenter Leistungsbeziehungen gerade in den operativen Einheiten, wird mit der neuen HPA-Struktur ein effizienter und reibungsloser Hafenbetrieb gewährleistet. ̇ Ergebnisorientiertes Management des Immobilienportfolios In den gewachsenen alten Strukturen der HPA waren die Verantwortlichkeiten für Immobilien über verschiedene Einheiten inneffizient verteilt. Vor diesem Hintergrund wurden geeignete Strukturen zur wertorientierten Vermarktung und Bewirtschaftung des HPA-Immobilienportfolios geschaffen. Hierzu sind die kaufmännischen und technischen Verantwortlichkeiten sowie Kompetenzen für alle Immobilien - etwa Flächen, Gebäude, Kaimauern und Pontons - nun in der neu gebildeten Einheit „Immobilienmanagement“ gebündelt. So können die im Immobilienportfolio schlummernden Erlöspotenziale realisiert werden. ̇ Moderne Informationstechnologien für einen leistungsfähigen Hafen Zu der erforderlichen Infrastruktur eines leistungsfähigen Hafens gehören moderne Informationstechnologien. Entsprechend wurde die Struktur der HPA um die Funktion eines „Chief Information Officers“ erweitert. Die bereits in den vergangenen Jahren angestoßenen Anstrengungen zur Modernisierung der Informationstechnologien im Hafen und ihrer Integration in die Kernprozesse der HPA werden so weiter verstärkt. Ausgeübt wird die neue Funktion in Personalunion mit der Leitung des Unternehmensbereichs „Services“. Grund: Die eingeleiteten Entwicklungen sollen auch in den Service- und Corporate-Einheiten der HPA mit Nachdruck vorangetrieben werden. Die neue Organisation stellt somit die Weichen für den beschleunigten Ausbau und die Weiterentwicklung einer modernen IT-Landschaft im Hamburger Hafen und fördert die Positionierung der HPA als leistungsfähiger Dienstleister für die Hafenwirtschaft. ̇ Erweitertes Steuerungssystem zur Unterstützung der Unternehmensführung Die dargestellten betrieblichen Strukturen und Prozesse werden durch das Steuerungssystem zur zielgerichteten Unternehmensführung und zur Ableitung von Handlungsempfehlungen zur kontinuierlichen Optimierung abgebildet. Jeder Unternehmensbereichsleiter verantwortet die Optimierung der Ergebnissituation in seinem Bereich. Das Steuerungssystem dient insgesamt der Schärfung des Kostenbewusstseins und ermöglicht eine Wirtschaftlichkeitskontrolle für jedes Segment der HPA. Gleichzeitig erleichtert es eine valide Kostenkalkulation und Angebotserstellung für externe Kunden. Herangehensweise als Garant für Erfolg Im Rahmen dieser komplexen ganzheitlichen Organisationsveränderung war die Methodik entscheidend für den Projekterfolg. Im Wesentlichen zeichneten fünf Punkte die Herangehensweise aus und sind Grundlagen für den Projekterfolg: ̇ strukturiertes Vorgehen in drei Phasen: Analyse, Konzeption, Umsetzung ̇ fokussierte Herangehensweise im Sinne der „80 : 20-Regel“ 2 ̇ enge Einbindung der Belegschaft ̇ von der Peer-Group lernen ̇ Etablierung des Erreichten als Kernherausforderung. Neben den genannten Punkten sind an dieser Stelle auch das Engagement und die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der HPA sowie die Unterstützung des Personalrats als zentrale Erfolgsfaktoren von „HPA 2010“ zu nennen. Das Ergebnis bestätigt das Vorgehen Signale aus der Organisation und dem Umfeld des Unternehmens zeigen bereits heute, dass die HPA den richtigen Weg eingeschlagen hat. Schon während der Etablierung der neuen Strukturen ließen sich zahlreiche positive Effekte feststellen: ̇ Geschäftsleitung und Geschäftsführung haben sich etabliert und mit einem klaren Rollenverständnis, definierten Führungsstrukturen und Verantwortlichkeiten zu einem echten Managementteam entwickelt. ̇ Erste Ansätze eines grundlegenden Imagewandels sind sichtbar. Beispiele wie der Auftritt auf der Messe „Transport Logistic“ 2009 oder im Fall der Betriebsstörung der Rethehubbrücke, zeigen dies deutlich. Insbesondere aus dem beherzten Notfallmanagement bei der Havarie der Rethehubbrücke, welches ohne die Reorganisation nicht möglich gewesen wäre, resultiert eine positive Wahrnehmung der HPA in der Öffentlichkeit. Vor dem Hintergrund der meist negativen Wahrnehmung der HPA in der Vergangenheit ist dies als großer Erfolg zu verbuchen und bestätigt die Anstrengungen der HPA und ihrer Mitarbeiter. ̇ Darüber hinaus hat es die HPA geschafft, eine leistungsfähige Projektorganisation für alle Projekttypen zu verankern. So kann sie ihren Fokus nun auf die anstehenden Neu- und Ausbaumaßnahmen richten. Derzeit werden im neu geschaffenen „Ingenieurbüro Entwicklungsvorhaben“ parallel rund 40 Planungsund- Bauprojekte gesteuert. ̇ Vom neuen Selbstverständnis zeugen auch erste positive Verhandlungsergebnisse im Immobilienmanagement. Die verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verhandeln „auf Augenhöhe“ mit bestehenden und potenziellen Kunden. Erfolgsabhängige, variable Klauseln in jüngst abgeschlossenen Mietverträgen oder die Entwicklung und der Bau eines Bürogebäudes für einen externen Mieter zeigen eindeutig in die Richtung eines ergebnisorientierten Managements des HPA-Immobilienportfolios. ̇ In den operativen Bereichen der Hafeninfrastruktur und der Hafenbahn zeigen klare Verhältnisse zwischen Auftraggeber und Instandhaltungsdienstleister sichtbare Effizienzgewinne. Die Überarbeitung der Rollen im Anlagenmanagement und die Einführung von SAP-PM unterstützen die professionelle Zusammenarbeit in der Anlageninstandhaltung. Die effektive Leistungserbringung wird damit auch effizienter. ̇ Die positiven Effekte der organisatorischen Bündelung der Instandhaltungsdienstleister in der neuen Einheit Hafentechnik werden auch am Beispiel der Instandsetzung der Rethehubbrücke deutlich. Hier konnte dank der zentralen Einsatzkoordination und des gebündelten Einsatzes aller Standorte eine erhebliche Bauzeitverkürzung und somit eine deutlich geringere Beeinträchtigung des Verkehrs im Hafen erreicht werden. Blick in die Zukunft Die Schnelllebigkeit unserer Zeit wird besonders dadurch deutlich, dass zu Beginn des Organisationsprojekts immer neue Umschlagrekorde in den Häfen verzeichnet wurden. Auch wenn sich die Vorzeichen vor dem Hintergrund der weltweiten Wirtschaftskrise jüngst gewandelt haben, wird langfristig weiter mit wachsenden Handlingmengen gerechnet. In diesen Zeiten steht die „neue“ HPA auf einem stabilem Fundament, um für künftige Herausforderungen gewappnet zu sein. Dennoch wird die HPA ihre Organisation auch weiterhin kritisch hinterfragen, um die Zeichen der Zeit zu erkennen und rechtzeitig auf kommende Herausforderungen vorbereitet zu sein. 1 TEU = Twenty Foot Equivalent Unit (Standardcontainer) 2 Adaptiert auf die Projektarbeit besagt das Pareto- Prinzip, dass mit nur 20 % des Aufwands bereits 80 % des Nutzens geschaffen wird. Güterverkehr + Logistik 53 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Kerstin Zapp Seeverkehr erholt sich nur langsam Als Folge der schrumpfenden Ladungsmengen und des Überangebots an Schiffsraum und teurem Schiffsdiesel reduzierten Reedereien sowohl die Reisegeschwindigkeit ihrer Schiffe (Slow Steaming) als auch die Anzahl der Anlaufhäfen am europäischen Nordkontinent. Das bekam auch der Hamburger Hafen zu spüren. W äre der Hamburger Hafen ein Schüler, könnte er sich über die Note 1,84 freuen. Die HypoVereinsbank/ UniCredit Group hat diese Schulnote kürzlich als Ergebnis einer Umfrage unter Containerreedereien ermittelt, die regelmäßig Hamburg, aber auch die anderen bedeutenden Häfen in Nordwesteuropa ansteuern. Hamburg überzeugte die Reedereien durch hohes Ladungsaufkommen, die Abfertigungsqualität sowie das breite Angebot an logistischen Dienstleistungen und war damit besser als seine bedeutendsten Mitbewerber, allen voran Rotterdam (1,93) und Antwerpen (2,08). Der belgische Hafen hatte Hamburg 2009 vom zweiten Rang der umschlagstärksten Containerhäfen Europas verdrängt. Die Rotterdamer sind den Hamburgern laut Studie allerdings in puncto Preis-Leistungsverhältnis überlegen. Laut einem Gutachten der Unternehmensberatung McKinsey besitzt der Hamburger Hafen trotz des Rückgangs im vergangenen Jahr weiter hohes Wachstumspotenzial. Um dieses auszunutzen, schlägt die Studie vor, den Hafen aktiver auf die Wachstumsregionen China und Osteuropa auszurichten, sowie auf Indien und Brasilien. Das waren allerdings auch in der Vergangenheit schon die wesentlichen Wachstumstreiber für den Hamburger Hafen. Zudem raten die Unternehmensberater zu einer Steigerung der Effizienz entlang der gesamten Logistikkette und zur Rolle des Innovationstreibers bei Umweltverträglichkeit, Sicherheit und IT-Integration. In Sachen IT gibt es zum Beispiel seit Anfang April erste Funktionen einer neuen Importplattform des Hamburger Softwarehauses Dakosy, die die Kunden des Hamburger Hafens nutzen können. Das Modul soll Abfertigung und Abtransport der Importsendungen beschleunigen. Ziel ist, frühzeitig umfangreiche Statusinformationen inklusive behördlicher Entscheidungen an alle Transportpartner zu geben, um deren Planungsmöglichkeiten zu verbessern und so die Gefahr von Staus, langen Wartezeiten und anderen Kapazitätsengpässen bei der Abfertigung zu reduzieren. Zudem kann aus der Datenbasis etwa auch der Transportauftrag für den jeweiligen Nachlauf erstellt werden. Investiert wird derzeit vor allem in die Infrastruktur: Neben den bereits laufenden Vorhaben wie Brückenneubauten will die Hamburg Port Authority (HPA) weitere 20 Mio. EUR in das Straßennetz des Hafens stecken. Außer Brückenreparaturen ist unter anderem ein Verkehrsmanagementsystem mit dynamischen Leittafeln geplant zur Stauprävention, mit 3,6 Mio. EUR finanziert aus dem Konjunkturförderprogramm des Bundes. Voraussetzung dafür sind Induktionsschleifen in den Fahrbahnen. Und für die so genannte Hafenquerspange, eine Verbindung der beiden Nord- Süd-Autobahnen A 1 und A 7, steht nun offenbar endlich die Route fest: 9,4 km zwischen den Autobahnanschlussstellen Moorburg und Stillhorn. Die Südvariante zeichne sich durch größere Umweltfreundlichkeit, geringere Anwohnerbelastung und wirkungsvollere Verkehrsentlastung im Süden aus, war aus dem Senat zu hören. Wie der für die Zukunft geplante Containerumschlagplatz Central Terminal Steinwerder (CTS) für bis zu 3,5 Mio. TEU jährlich aussehen könnte, zeigte Anfang März ein Blick auf die Ergebnisse einer Ausschreibung der HPA. 30 Konzepte hatte eine Jury zu bewerten. Die Sieger zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass die Container primär von Bahnen, Binnen- und Feederschiffen geholt und gebracht werden sollen sowie durch geringe Schadstoffemissionen auf dem Terminalgelände durch Fahrzeuge mit Elektro- oder Hybridantrieb. Der Drittplatzierte machte das Containerterminal zudem zur Touristenattraktion. Auch Vorschläge für ein Multipurpose-Terminal wurden prämiert, bei denen Flächen für Hafenlogistik und -industrie berücksichtigt wurden sowie ein Containerterminal mit einer Umschlagkapazität von 1,2 Mio. TEU vorgesehen ist. Wie das CTS tatsächlich einmal aussehen wird, steht allerdings auch jetzt noch nicht fest. Ostseeverkehr wandelt sich Gute Noten und Investitionen nutzen jedoch nichts, wenn Reedereien ihre Konzepte am Hafen vorbeiplanen. Traditionell ist Hamburg ein Hafen, in dem auf Feederschiffe etwa für den Ostseeraum umgeladen wird und umgekehrt. Doch Reedereien, die die kritische Ladungsmenge für Großcontainerschiffsanläufe im Ostseeraum zusammenbekommen, können künftig andere Wege einschlagen und die Häfen direkt anlaufen. So sinken die Stückkosten pro TEU um rund 20 %. Zu diesem Ergebnis kommt die britische Beratung Ocean Shipping Consultants (OSC). In konkreten Zahlen: Der Transport eines 40-Fuß-Containers aus Asien direkt nach Danzig kostet eine Reederei bei Einsatz eines 6800-TEU-Schiffs rund 1185 EUR. Wird in Hamburg auf ein Feederschiff umgeladen, sind es 1469 EUR, so ein OSC- Berater kürzlich auf der Baltic-Container- Konferenz in Danzig. Um einen Direktdienst aufzuziehen, sind mindestens 2000 bis 2500 Container (rund 3200 TEU) mit Ladung für den Ostseeraum erforderlich. Bereits seit Januar 2010 lässt Maersk Containerfrachter direkt nach Danzig fahren. Ein Teil der Ladung wird von dort aus per Feeder weiterverteilt. Ob das Kon- Die Autorin Kerstin Zapp, freie Fachjournalistin Logistik - Mobilität - Energie, Hamburg; kerstin.zapp@zapp4media.de Maersk fährt auf der Ostsee mittlerweile durch bis Danzig. Foto: DCT Gdansk SA Güterverkehr + Logistik 54 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 zept noch Chancen hat, wenn die Märkte weiter anziehen, ist abzuwarten. Derzeit haben die Reeder durch das hohe Angebot an Tonnage Spielraum für verlängerte Hafenrotationen und vermeiden so, weitere Schiffe auflegen zu müssen. Verlader und Spediteure dagegen beklagen bereits einen Mangel an Containern und Laderaum sowie hohe Raten zwischen Europa und Asien. Auch die durch Slow Steaming verlängerten Umläufe gefallen ihnen nicht. Der starke Umschlagmengenrückgang im Hamburger Hafen 2009 spiegelt sich auch in der Anzahl der Schiffsanläufe wider. Danach steuerten den Elbe-Hafen im Berichtsjahr 10 131 Seeschiffe an, was einem Rückgang um 14,9 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Den zahlenmäßig bedeutendsten Rückgang gab es bei den Feederschiffen (bis 5000 BRZ minus 42 %, von 5000 bis 20 000 BRZ minus 26 %), die vor allem im Verkehr mit den Ostsee- Anrainerstaaten eine große Rolle spielen. Das teilte im April das Statistikamt Nord in Hamburg mit. Der Güterempfang aus dem Ostseeraum schrumpfte um 31,5 % gegenüber 2008, der Versand sogar um knapp 44 %. Trendbrecher waren 2009 die Großcontainerschiffe mit 80 000 BRZ und darüber hinaus. Deren Anzahl stieg im Berichtsjahr um 9,3 % auf insgesamt 714 Frachter in Hamburg. Allerdings lag der Containerumschlag 2009 mit knapp In einem Acrylglastunnel könnten Besucher den Terminalbetrieb verfolgen. Grafik: Transcare HHLA und Hamburg Süd HHLA und Eurogate im März 2010 gegründet haben. Darüber hinaus gehen die Vorbereitung der Inbetriebnahme des neuen Großschiffsliegeplatzes am HHLA- Containerterminal Burchardkai, die Eröffnung einer modernen Klimahalle für die Fruchtlogistik am O’Swaldkai sowie die Automatisierung weiterer Löschbrücken am Hansaport weiter. Auch einige große Reedereien wie Hamburg Süd mit 96 Containerschiffen haben die Krise gemeistert. Zwar fuhr das Schifffahrtsunternehmen der Oetker-Gruppe in 2009 einen Verlust ein, doch reichte der Cash-flow noch für die - reduzierten - Investitionen von 167 Mio. EUR. Der Umsatz sank um 28 % gegenüber dem Vorjahr auf 3,2 Mrd. EUR. Dank Kostenreduktion schlug dies nicht voll auf den Ertrag durch: Unter anderem wurden die Verträge für 22 Charterschiffe nicht verlängert und die Dienstgeschwindigkeiten der Schiffe von 20 auf 16 Knoten reduziert, um Kraftstoff zu sparen. Mitarbeiter wurden nicht entlassen, da Hamburg Süd davon ausgeht, auf das erfahrene Personal nicht verzichten zu können, wenn der Markt wieder anzieht. Das mittelfristige Investitionsbudget von rund 700 Mio. EUR für die nächsten drei Jahre hat die Reederei ebenfalls nicht angetastet: Bis 2012 sollen zwölf Neubauten in Dienst gestellt werden, darunter zehn Einheiten mit einer Kapazität von jeweils 7100 TEU. Für das laufende Jahr erwartet das Unternehmen schon wieder schwarze Zahlen, da sich die Frachtraten und Transportmengen seit Herbst 2009 bereits langsam erholten. Von einer raschen Markterholung geht Hamburg Süd allerdings nicht aus. Kurs soll auch in 2010 fortgesetzt werden. Unter anderem ist das Modernisierungs- und Ausbauprogramm für den Zeitraum 2009 bis 2012 gestreckt worden: 600 von ursprünglich 1200 Mio. EUR werden auf den Zeitraum nach 2012 verschoben. Das Investitionsvolumen im Geschäftsjahr 2009 betrug 159,7 Mio. EUR statt noch zum Börsengang im Jahr 2007 geplanter 355 Mio. EUR. Dieses Geld floss zum Beispiel in den Aufbau einer Feederlogistikzentrale im Hamburger Hafen, welche die Rundläufe der Feederschiffe optimiert. Dies führt zu Kosten- und Zeitersparnissen sowie Qualitätsgewinnen bei allen Beteiligten und stärkt die Wettbewerbsposition der Feederdrehscheibe Hamburg. Und auch der Ausbau des Hinterlandnetzwerks durch Investitionen in Waggons und Inlandterminals ging weiter. Zur deutlichen Verbesserung der Hinterlandanbindung der deutschen Seehäfen soll zudem das Joint Venture „Inland Port Network“ beitragen, welches die Intermodaltöchter von Trotz der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten hat die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) im Geschäftsjahr 2009 eine deutlich zweistellige Rendite erwirtschaftet und ihre Jahresprognose erfüllt. Der Umsatz sank allerdings um 25,3 % auf 990,7 Mio. EUR. Das Betriebsergebnis aus fortgeführten Aktivitäten ging um 50,3 % auf 177,7 Mio. EUR zurück. Die Ergebnismarge aus fortgeführten Aktivitäten liegt bei 18,0 % und die Eigenkapitalquote bei 40,0 % in 2009. Trotz erster Anzeichen für eine allmähliche Mengenerholung erwartet die HHLA für 2010 - das 125. Jahr der HHLA - ein unverändert angespanntes Marktumfeld mit wachsendem Wettbewerbs- und Erlösdruck. Zum noch positiven Geschäftsverlauf des Unternehmens haben bereits im vierten Quartal 2008 ergriffene Maßnahmen zur Kostensenkung, Investitionsanpassung und Beschäftigungssicherung im Rahmen des Projekts „Zukunftssicherung“ entscheidend beigetragen. Dieser Krise gemeistert dank Sparprogramm Die HHLA setzt auch künftig auf Feederverkehre. Foto: HHLA 55 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Güterverkehr + Logistik / Industrie + Technik bieten Platz für 460 Pkw oder 90 Lkw und 1500 Passagiere. Die Reederei verdoppelt damit die Kapazität auf dieser Route. ren für die Verbindung Rostock - Gedser (Dänemark) geordert. Die beiden Schiffe, die noch vor der Sommersaison 2012 abgeliefert werden sollen, 7 Mio. Standardcontainern (TEU) auf dem Niveau von 2004. Unter dem Rückgang der Fracht im Ostseeverkehr leiden auch die Häfen in Mecklenburg-Vorpommern. Der Gesamtumschlag aller Ostsee-Häfen in dieser Region war im vorigen Jahr krisenbedingt um 15 % auf 24,9 Mio. t gesunken. Viele sehen nur eine sehr langsame Erholung in 2010. Kiel dagegen ist mit dem Ergebnis des ersten Quartals dieses Jahres sehr zufrieden. Ebenso kann sich die deutsch-dänische Scandlines Gruppe nicht über sinkende Ladungsmengen im Ostseeverkehr beklagen: Sie hat gerade ihr Liniennetzwerk in die Baltischen Staaten erweitert und bietet seit Ende April zusätzlich die Route Travemünde - Liepaja (Lettland) an. Nach Angaben der Reederei ist die Verbindung aufgrund von Kundenanfragen aufgenommen worden, die die Hinterlandanbindungen von Liepaja schätzen. Die Verbindung zwischen Travemünde und Ventspils bleibt bestehen. Scandlines hat Ende März bei der Volkswerft in Stralsund zudem zwei neue Fäh- Bremen und Hamburg Die beiden großen norddeutschen Universalhäfen Hamburg und Bremen bauen ihre Eisenbahnkapazitäten weiter aus. So ist der auf dem linken Weserufer gelegene Güterbahnhof Bremen-Grolland ab sofort auch für den Einsatz von E-Loks gerüstet, womit zeit- und kostenaufwändige Lok-Umspannaktionen von E-Traktion auf Dieseltraktion und umgekehrt entfallen. Zudem wurden umfassende Anpassungen an den Gleisen vorgenommen. Ab sofort stehen Ganzzug-lange Anlagen (700 m) in ausreichender Anzahl zur Verfügung. In den Bremischen Häfen spielt der Verkehrsträger Bahn eine große Rolle: 2009 fielen im Bereich Bremen-Stadt rund 5 Mio. t auf der Schiene an, in Bremerhaven waren es im selben Zeitraum gut 8 Mio. t. Auch in Hamburg schreitet der Ausbau der Hafenbahnanlagen weiter voran. 2009 gab die HPA rund 27,4 Mio. EUR für die Erneuerung und Sanierung weiterer Abschnitte der Hafenbahn aus. Damit konnten gut 32,8 km Gleise und 66 Weichen ausgetauscht sowie weiter in die Modernisierung der Signaltechnik investiert werden. Zudem plant die HPA den Bau einer Lok-Werkstatt, die bereits 2011 ihren Betrieb aufnehmen und allen Unternehmen auf dem Netz zur Verfügung stehen soll. Weiterer Ausbau der Bahninfrastruktur Lehnkering Die Lehnkering GmbH, Duisburg, setzt die Modernisierung ihrer Binnenschiffflotte fort und hat Ende April die niederländische Werft TeamCo Shipyard BV mit dem Neubau eines weiteren modernen Gastankers beauftragt. Die LRG GAS 88 wird das insgesamt 17. Schiff der unternehmenseigenen Gastankschiffflotte sein. Die integrierten Gasdruckbehälter werden in Deutschland von Gronemeyer & Banck gefertigt. Angetrieben wird der Neubau von zwei modernen und 634 KW starken Maschinen. Der Gastanker mit einem maximalen Tiefgang von 2,80 m ist kanalgängig und damit auch auf Nebenwasserstraßen einsetzbar. Er kann für die komplette gasförmige Produktpalette von Lehnkering genutzt werden und wird voraussichtlich Mitte 2011 ausgeliefert. Ein weiteres Schiff, die LRG GAS 89, ist bei der niederländischen Werft bereits optioniert. (zp) Schiffsneubau in Auftrag gegeben Der Doppelhüllen-Gastanker „LRG Gas 87“ der Lehnkering GmbH, der 2009 in Dienst gestellt wurde, ist der Vorgänger des Neuauftrags. Foto: Lehnkering GmbH Industrie + Technik Fraunhofer Serienteile aus Metallpulver Kompliziert geformte Komponenten von Flugzeugtriebwerken lassen sich kostengünstig und schnell mit dem selektiven Laserschmelzverfahren für Metallpulver fertigen. Das haben Forscher des Fraunhofer- Instituts für Lasertechnik in dem EU-Projekt „Fantasia“ gezeigt und Anfang Mai auf dem International Laser Technology Congress AKL’10 in Aachen vorgestellt. (zp) Lufthansa Cargo Sicherer über den USA Um die Anforderungen der Transport- und Sicherheitsbehörde TSA in den USA aus einer Hand zu erfüllen, bieten die Unternehmen Smiths Detection, Lufthansa Cargo und Covenant Aviation Security der amerikanischen Luftfrachtbranche künftig gemeinsam umfassende Security-Lösungen an. Zum Beispiel soll eine Kombination aus Bodenabfertigung, Durchleuchtung und Lagerlogistik sowie Trainings die Anforderungen der TSA möglichst effizient erfüllen. Smiths Detection bietet Sicherheitslösungen für zivile und militärische Lösungen durch die Entwicklung und Herstellung zugelassener Technologieprodukte zur Identifizierung von Sprengstoffen sowie chemischen Substanzen und biologischen Kampfstoffen an. Covenant Aviation Security LLC ist Spezialist für Sicherheitslösungen zum Schutz der Fluggesellschaften und ihrer Flugpassagiere in der amerikanischen Luftfahrtindustrie. (zp) TU Berlin Weg mit der Asche Prof. Dr. Dieter Peitsch vom Fachgebiet Luftfahrtantriebe der TU Berlin geht das Problem von Aschepartikeln in Flugzeugturbinen an. Je nach Zusammensetzung der Aschewolke kann sich in den Brennkammern der Triebwerke ein Schmierfilm bilden, der sich auf den Turbinenschaufeln absetzen und dabei die winzigen Kühlluftbohrungen verstopfen kann. In einer Brennkammer herrschen Temperaturen von bis zu 1500 °C. Wenn diese heißen Gase direkt mit der Oberfläche der Schaufeln in Kontakt kommen, beginnen die metallenen Bauteile der Triebwerke zu schmelzen. Peitsch will einen großen Teil der Aschepartikel vor dem Eintreten in die Brennkammer abfangen und weist auf Propellermaschinen hin, die häufig auf staubigen Pisten starten und landen und bereits entsprechende Partikelabscheider haben. Problematisch sei es allerdings, eine solche Einrichtung in den Strahltriebwerken großer Verkehrsmaschinen einzubauen, ohne die Leistungsfähigkeit und das Gewicht der Antriebe negativ zu beeinflus- 56 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 sen. Peitsch schlägt vor, direkt vor der Brennkammer des Triebwerks anzusetzen, im hinteren Teil des Verdichters. Derzeit arbeitet er an dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Projekt „Aktive Strömungskontrolle an einer hoch belasteten, linearen Verdichterkaskade unter kompressiblen Strömungsbedingungen“. Dieses Projekt im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 557 beschäftige sich mit der Möglichkeit, die sehr instabile Strömung in Verdichtern so zu beeinflussen, dass sich größere Druckverhältnisse ergeben können. Das führe am Ende dazu, dass der Verdichter deutlich kürzer und damit leichter wird und der Betriebsbereich des Triebwerks sich signifikant vergrößern kann. Seiner Meinung nach könnte man die aktive Kontrolle der Strömung und die daraus entstehenden Wirbelsysteme aber auch dazu nutzen, eventuell einströmende Ascheteilchen nach außen an die Wand des Verdichters zu drängen. Über eine manuell vom Piloten zu bedienende Öffnung könnten die Teilchen dann vor der Brennkammer aus dem Strömungskanal herausgeführt werden. Das setzt allerdings voraus, dass der Pilot eine gefährliche Aschewolke auch sofort bemerkt, bevor die Triebwerke betroffen sind und ausfallen. Bis ein zuverlässiger und wirtschaftlich tragbarer Weg in der Konstruktion der Triebwerke gefunden ist, sollte die Simulations- und Messtechnik in der Atmosphärenforschung verbessert werden. Mit dem so genannten Light Detection and Ranging (Lidar), das mit Lasertechnik Staub- und Aschewolken aufspüren kann, könnten dann zuverlässigere Aussagen über Ort und Ausdehnung einer für die Luftfahrt gefährlichen Wolke getroffen werden. (zp) Harting Luftfahrttauglicher RFID-Tag Zusammen mit den Projektpartnern Lufthansa Technik Logistik, Lufthansa Systems und dem Zentrum für intelligente Objekte am Fraunhofer Institut für integrierte Schaltungen hat die Schweizer Harting AG Mitronics den ersten UHF RFID-Tag entwickelt, der die hohen Anforderungen von Instandhaltungsbetrieben in der Luftfahrtindustrie erfüllt. Der Einsatz des Transponders ist unter anderem für die dauerhafte Kennzeichnung von Flugzeugbauteilen möglich, die sich außerhalb der Flugzeugkabine befinden. Die dabei verwendete Technologie erlaubt eine kontaktlose Funkidentifikation eindeutiger Gerätedaten über eine Distanz von mehreren Metern. Der Transponder soll gegen extreme mechanische, chemische und thermische Einflüsse im Luftfahrtbetrieb resistent sein und befindet sich derzeit in der Zulassungsphase. (zp) MAN Busse für DB Stadtverkehr 600 Busse im Wert von rund 150 Mio. EUR soll MAN für DB Stadtverkehr liefern. 250 Einheiten bestellt das Unternehmen in diesem Jahr, für 2011 und 2012 bestehen entsprechende Optionen auf 350 weitere Fahrzeuge der Typen MAN Lion´s City und Man Lion´s City G (Gelenkbusse) in unterschiedlichen Fahrzeuglängen und Niederflurvarianten sowie verschiedene Versionen des MAN Lion´s Regio für den Überlandverkehr. Hinzu kommen Reisebusse vom Typ MAN Lion´s Coach. Alle Motoren unterschreiten ohne Einsatz von Zusatzstoffen den Emissionsstandard EEV deutlich. (zp) Haeger & Schmidt International AEO-Zertifikat erhalten Das Logistikunternehmen Haeger & Schmidt International GmbH mit den Schwerpunkten Binnenschifffahrt, Fluss- See-Schifffahrt, Umschlag und Projektlogistik ist seit Mai als einer der ersten Dienstleister auf diesem Gebiet als Authorized Economic Operator (AEO) bei den Zollbehörden registriert und hat das AEO-Zertifikat erhalten. Die Zertifizierung als AEO ist ein Hauptbestandteil der Zollsicherheitsinitiative der EU. Ziel ist die Sicherung internationaler Lieferketten, um diese vor Gefahren wie Terroranschlägen zu schützen. Außerdem ermöglicht es Unternehmen, innerhalb der gesamten EU in einem einfachen Verfahren ohne erneute umfangreiche Überprüfung Bewilligungen für Zollverfahren mit wirtschaftlicher Bedeutung und andere vereinfachte Verfahren zu erlangen. (zp) MFTBC / Daimler Trucks Fuso erfüllt JP09 Die japanische, derzeit weltweit strengste Abgasrichtlinie JP09 ist für den neuen „Fuso Super Great“, dessen Verkauf im April in Japan gestartet ist, kein Problem. Die Mitsubishi Fuso Truck and Bus Corporation (MFTBC) hat die neue Lkw-Generation mit dem Motor 6R10 mit BlueTec- Technologie vorgestellt. Das zulässige Gesamtgewicht der Fahrzeuge liegt bei 16 bis 25 t. Der 6R10 stammt aus der „New Engine Generation“ von Daimler Trucks, leistet mit 12,8 l zwischen 257 kW (350 PS) und 309 kW (420 PS) und wird in Mannheim gefertigt. (zp) Tognum/ MTU Neues Werk in den USA Tognum produziert ab Ende 2010 Motoren in County Aiken im US-Bundesstaat South Carolina. Das Werk ersetzt auch den bestehenden Montagestandort in Detroit. Hergestellt werden Motoren der MTU- Baureihen 2000 und 4000. Zusätzlich sollen auch Motorenkomponenten wie Zylinderköpfe und großvolumige Anbauteile bearbeitet werden. Zunächst war die Werkseröffnung bereits für 2008 angekündigt, von tognum aber aufgrund der Wirtschaftskrise verschoben worden. (cm/ zp) TÜV und Dekra Neue Messgeräte erforderlich Die Einhaltung der stark gesunkenen Rußpartikelwerte bei Dieselmotoren ist für TÜV- und Dekra-Prüfer immer schwerer zu überwachen. Sie fordern neue Geräte und Verfahren, um die EU-Grenzwerte überhaupt messen zu können. Ein neues Gerät befindet sich bereits im technischen Zulassungsverfahren, muss aber vom Bundesverkehrsministerium noch per Verordnung genehmigt werden. (zp) Scania Zusammenarbeit mit MAN Die schwedische Volkswagen-Tochter Scania soll künftig enger mit dem bayerischen Nutzfahrzeughersteller MAN zusammenarbeiten. Das wünscht sich Martin Winterkorn, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG und Scania-Aufsichtsratschef. Die beiden Marken sollen jedoch unabhängig voneinander bewahrt werden. VW ist mit knapp 70 % der Stimmrechtsanteile Mehrheitseigner bei Scania und hält 30 % der Anteile am Konkurrenten MAN. (zp) Industrie + Technik Schaeffler Die Schaeffler Gruppe hat mit dem „Schaeffler-Hybrid“ ein Ideenfahrzeug auf die Räder gestellt, das den praktischen Vergleich der verschiedenen Möglichkeiten zum Thema E-Mobilität erlaubt. Mit dem Auto lassen sich diverse Fahrzeugkonstellationen und Fahrzustände darstellen. Es verfügt neben dem serienmäßigen Verbrennungsaggregat des Basisfahrzeugs über einen elektrischen Zentralmotor sowie zwei Radnabenmotoren. So können Parallel- und serieller Hybrid sowie vollelektronisches Fahren erprobt werden. Der Energiespeicher, eine 16 kWh starke Litium-Ionen-Batterie (400 V, 400 A), lässt sich sowohl über Rekuperation, den Range-Extender als auch über externe Stromversorgung (Plug-In-Hybrid) aufladen. Wichtig für Schaeffler ist zudem die vernetzte Entwicklung der verschiedenen Schaeffler-Marken INA, LuK, FAG sowie IDAM und AFT. (zp) Ideenauto zur E-Mobilität Schaeffler nutzt das Fahrzeug, um das Zusammenspiel diverser Komponenten testen zu können. Foto: Schaeffler 57 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 ve dreiteiliger Fahrzeuge erstellen. Kernstück des Auftrags der Rapid MetroRail Gurgaon Limited (RMGL) ist die 6,1 km lange Strecke mit sechs Stationen zum Stadtteil Gurgaon Cyber City, die das neue Geschäfts- und Wohnviertel rund 30 km südlich von Delhis Zentrum an das Metronetz der Hauptstadt anbinden soll. Erstmals wird Siemens damit in Indien eine schlüsselfertige Bahngesamtanlage realisieren und geplant Ende 2012 übergeben. (cm/ zp) China HGV-Verkehr aufgenommen Seit Ende April fahren zwischen Fuzhou und Xiamen in der Provinz Fujian über die neue 275 km lange Küstenstrecke auch Hochgeschwindigkeitszüge. Eingesetzt werden die CRH2, die maximal 250 km/ h erreichen. Auf der für 15,3 Mrd. CNY (1,68 Mrd. EUR) gebauten Route fahren Güterzüge bereits seit Ende 2009. Die rund 500 km lange Strecke von Xiamen nach Shenzen ist derzeit noch in Bau und soll im nächsten Jahr eröffnet werden. (cm/ zp) Knorr-Bremse Teile für Shinkansen Die japanische Eisenbahngesellschaft JR East hat die Knorr-Bremse AG, München, mit der Lieferung von Bremskomponenten für die Motordrehgestelle von 23 Zügen der neuen Shinkansen-Generation E5 beauftragt. Knorr-Bremse ist damit der Eintritt in den japanischen Hochgeschwindigkeitsmarkt gelungen. Die E5 sollen auf der Shinkansen-Linie „Tohoku“ zwischen Tokio und Hachinohe auf der Hauptinsel Honshu, die nördlich bis nach Aomori verlängert wird, eingesetzt werden. Die Züge fahren mit bis zu 320 km/ h. Knorr-Bremse hat für diese Anforderung auf Basis der bewährten Modulbauweise eine sehr kompakte und Gewicht sparende Bremszangenvariante entwickelt. Die Bremsscheiben und die flexiblen Isobar-Sinterbeläge wurden speziell auf die extremen Anforderungen einer möglichen Notbremsung im Erdbebenfall ausgelegt. (cm/ zp) Bombardier Traxx für Polen Bombardier Transportation und der polnische Schienenverkehrsbetreiber Koleje Mazowieckie Sp. z o.o. (KM) haben einen Vertrag über die Lieferung von elf elektrischen Traxx-Lokomotiven unterzeichnet. Der Auftragswert beläuft sich auf etwa 41 Mio. EUR. Die Auslieferung der Lokomotiven ist für Sommer 2011 geplant. Die Einheiten können mit Geschwindigkeiten von bis zu 160 km/ h betrieben werden. KM will die Loks im Wendezugbetrieb mit zusammen 37 Bombardier-Doppelstockwagen einsetzen. Der Vertrag umfasst zudem Vereinbarungen über die Wartung für vier Jahre ab Auslieferung der Lokomotiven. (cm/ zp) PTV Unsichtbare Lkw-Kontrolle Seit Anfang Mai ist eine Anlage mit Sensoren und Infrarotkamera im Testbetrieb, mit der Mängel an Lkw ohne Kontrolle durch Beamte festgestellt werden sollen. Klappt es, Verstöße gegen Bestimmungen für den Schwerlastverkehr wie Höchstlasten oder Sicherheitsauflagen künftig automatisch während der Fahrt zu erfassen, wird künftig nur noch ein Bescheid zugestellt. Ein Großteil der Polizeikontrollen könnte entfallen. Die Teststrecke liegt an der Autobahn Salzburg - München bei Bad Aibling. Das Projekt „Advanced Safety and Driver Support for Essential Road Transport“ (Asset-Road) leitet Dr. Walter Maibach vom Softwareanbieter PTV Planung Transport Verkehr. Beteiligt sind zudem zehn EU-Staaten sowie die Länder Tansania und Indien. Der Versuch läuft bis Ende 2011 und kostet rund 8,2 Mio. EUR, von denen die EU 6,1 Mio. EUR übernimmt. (zp) Still Kooperation mit OM Die Flurförderzeughersteller OM und Still wollen künftig zusammenarbeiten. Beide Marken gehören zur Kion Group. Ziel ist eine Stärkung der Marke OM in ihrem Heimatmarkt Italien und eine Weiterentwicklung der Produktfamilien. Langfristig plant OM, seine Produktpalette von Gabelstaplern und Lagertechnikgeräten durch Fahrzeuge aus dem Still-Produktportfolio zu ergänzen. Die Marke Still soll sich auf die Märkte außerhalb Italiens konzentrieren und die Geschäftsaktivitäten von OM in den übrigen europäischen Regionen steuern. Dafür will Still seine Produktpalette durch den V-Stapler mit Drehmomentwandler (Torque Converter) von OM ergänzen, um den Bedarf an Produkten mit Basisfunktionen insbesondere in Osteuropa und in den Schwellenländern noch besser decken zu können. (zp) Siemens Markteintritt in Peru Eine neue Hochbahn soll ab Mitte 2011 die bestehende 9,8 km lange Metrolinie Tren Urbano in Lima um 11,7 km erweitern. Entlang von neun zusätzlichen Stationen wird damit erstmals ein schienengebundenes öffentliches Verkehrsmittel von den Vororten Limas bis ins Zentrum der Stadt führen. Siemens Mobility hat den Auftrag, für das Konsortium „Consorcio Tren Eléctrico Lima“ (CTEL) die Elektrifizierung der gesamten Trasse zu übernehmen und hat damit den Markteintritt in Peru geschafft. Zudem gehören eine Fernwirkzentrale, die Oberleitungsanlage, Telekommunikation und Fahrgeldmanagement zum Lieferumfang. Die neue Strecke verläuft von der heutigen Endstation Atacongo in nördlicher Richtung bis zur Station Avenida Grau, an einer der Hauptstraßen Limas. (cm/ zp) Florenz Dritte Tramlinie Mitte Februar hat in Florenz mit der Linie 1 die dritte Straßenbahnlinie den Fahrgastbetrieb aufgenommen. Die 7,4 km lange Strecke mit 14 Haltestellen verläuft vom Bahnhof Santa Maria Novella nach Villa Costanza in der Gemeinde Scandicci. Bereits in Betrieb sind die Linie 2 mit 9 km und der erste Abschnitt der Linie 3 mit 4,5 km. Diese Strecke wird noch um weitere 8,5 km verlängert. Für Bau und Betrieb ist die Tram di Firenze SpA zuständig, ein Gemeinschaftsunternehmen der französischen RATP Développement (51 %) und dem lokalen Busbetreiber ATAF (49 %). (cm/ zp) Deutsche Bahn Übernahme von Arriva Die Deutsche Bahn AG will das britische Verkehrsunternehmen Arriva für umgerechnet 1,8 Mrd. EUR übernehmen. 1 Mrd. EUR Schulden sind ebenfalls zu begleichen. Die Finanzierung soll vornehmlich über Anleihen erfolgen. Mit dieser für die DB AG bisher größten Transaktion steigt das Unternehmen zu einem großen Player im europäischen Nahverkehrsmarkt, insbesondere im Busverkehr, auf. Die Marke Arriva soll vorerst erhalten bleiben, ebenso seien keine Entlassungen geplant. Die Schienenverkehre von Arriva in Deutschland werden voraussichtlich aus Wettbewerbsgründen verkauft. (cm/ zp) Siemens Schlüsselfertige Metrolinie Siemens Mobility wird im Großraum Delhi eine komplette Metrostrecke inklusi- Industrie + Technik Wascosa Der Waggonvermieter Wascosa bietet ein Sicherheitspaket für seine Güterwaqgen an, das sich aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzt. Dazu gehören Crashpuffer und ein Aufkletterschutz. Beide Bausteine können auch nachgerüstet werden. Dies ist beim Überrollschutz, der derzeit zum Patent angemeldet ist, nicht möglich. (cm/ zp) Sicherheitspaket für Waggons Crashpuffer und Aufkletterschutz Foto: Wascosa ฀ ฀ ฀ ฀฀ ฀ ฀ ฀฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ ฀ 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฀ ฀ ฀ ฀ ฀ Standpunkt 62 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Dr.-Ing. Claudia Langowsky ist Hauptgeschäftsführerin des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen. Für einen starken ÖPNV auch im Jahr 2030 Zu den aktuellen Anforderungen an den ÖPNV gehören unter anderem die Sicherung der Finanzmittel, die Reaktion auf den demografischen Wandel sowie die Mobilitätssicherung in Ballungsräumen und auf dem Land. Die Verkehrsunternehmen sind hierbei genauso gefordert wie die Verkehrsverbünde und Aufgabenträger. Die Anforderungen können jedoch nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn die Qualität des ÖPNV- Systems langfristig erhalten bleibt. Um Erfolg zu haben, müssen Unternehmen und öffentliche Hände an einem Strang ziehen. Die Branche ist deshalb sehr erfreut, dass sich Bundesverkehrsminister Ramsauer für eine aktive Rolle des Staates bekannt hat. „Der Bund wird auch weiterhin die finanzielle Unterstützung von Bussen und Bahnen sicherstellen, denn Investitionen in den Nahverkehr sind Investitionen, die sich lohnen“, bekannte der Minister kürzlich am Rande der Verkehrsministerkonferenz in Bremen. Ramsauer hob hervor, dass sowohl die Bürger als auch Umwelt und Wirtschaft am Standort Deutschland von einer finanziellen Unterstützung des öffentlichen Verkehrs profitieren. Hierbei ist sowohl an einen nachfrageorientierten Ausbau des öffentlichen Verkehrssystems zu denken als insbesondere auch an Investitionen in den Substanzerhalt. Allein für den ÖPNV hat sich, der aktuellen Studie „Finanzierungsbedarf des ÖPNV bis 2025“ zufolge, bereits jetzt ein Nachholbedarf für Erneuerungsinvestitionen in Höhe von 2,35 Mrd. EUR aufgestaut. Der VDV hatte diese Studie zusammen mit dem Deutschen Städtetag und 13 Bundesländern beauftragt. Die Ergebnisse der Studie „Mobilität in Deutschland“ (MID 2008), die das Institut infas kürzlich veröffentlicht hat, beschreiben, für welche Funktionen die Menschen „unterwegs sind“. 2008 wurden täglich - einschließlich des Wirtschaftsverkehrs - 281 Mio. Wege zurückgelegt. 2002 waren es noch 272 Mio. 92 Mio. Wege dienen der Freizeitgestaltung, ebenso viele dem Einkauf und privaten Erledigungen. 45 Mio. Wege werden zur Arbeit und Ausbildung zurückgelegt. In den Altergruppen ab 40 Jahren nahm in den vergangenen Jahren die Anzahl der Wege sowohl absolut als auch je Person deutlich zu, mit Abstand am deutlichsten in der Altergruppe zwischen 65 und 74 Jahren. Allein seit 2002 hat die Bevölkerungsgruppe der über 65-Jährigen um über 16 % zugenommen. Der ÖPNV wird sich auf diese Zielgruppe perspektivisch noch weiter einstellen müssen. Welche Bedeutung Busse und Bahnen für die Gesellschaft haben, lässt sich bereits aus der absoluten regelmäßigen Nutzergröße ablesen. Täglich nutzen etwa 28 Mio. Fahrgäste Busse und Bahnen im ÖPNV und vermeiden damit über 18 Mio. Autofahrten. Interessant an den Ergebnissen der MID 2008 ist auch, dass in der Altersgruppe der 18bis 24-Jährigen die tägliche Nutzung des Pkw nennenswert abgenommen hat (minus 12 % seit 2002) und die tägliche Nutzung des ÖPNV um 5 % zunahm. Gerade in dieser Gruppe wächst eine neue Mobilitätsform heran, die dem ÖPNV im Markt hilft und deshalb aktiv durch die Verkehrsunternehmen kultiviert werden sollte. Infas hat als Chancen des ÖPNV den Ausbau des Umweltverbundes zwischen ÖPNV, Fahrrad und Car-Sharing identifiziert, gleichfalls qualitativ verbesserte ÖPNV-Leistungen. Busse und Bahnen haben ihre Aufgaben in der Gesellschaft behalten. Zukünftig werden die Unternehmen anders gefordert sein als in den klassischen Leistungen, die vor allem die Mobilität zur Arbeit und Ausbildung in den Vordergrund stellten. Die Veränderung der Angebotsprofile, welche die Unternehmen bereits seit längerer Zeit durchführen, beweisen, dass sie ihren Herausforderungen gewachsen sind. Die hohe Nachfrage der Kunden und die Verankerung des ÖPNV in den einzelnen Teilmärkten bilden also eine solide Rechtfertigungsgrundlage, für Bund, Länder und Kommunen, die finanzielle Unterstützung des ÖPNV sicherzustellen. Sie erhalten durch ihre aktive Rolle auch langfristig die Stärke des ÖPNV. Ein weiterer Aspekt ist hierfür auch von Bedeutung: Die Verkehrsunternehmen im ÖPNV stellen zusammen mit der Verkehrsindustrie direkt und indirekt etwa 400 000 Arbeitsplätze in Deutschland zur Verfügung und jeder für den ÖPNV bereitgestellte Euro rentiert sich 2,9bis 4,4-fach. Dies wurde in der genannten Finanzierungsstudie des VDV, des Deutschen Städtetages und der 13 Länder ermittelt. Alle Beteiligten wollen, dass der ÖPNV seine Rolle auch im Jahr 2030 genauso gut erfüllen kann wie heute. Deshalb müssen heute die Weichen durch die Sicherung der Finanzierung gestellt werden. Weitere Informationen inden Sie in Kürze unter www.eurailpress.de! Die Bahnen Europas verbinden heute über 800 Mio. Menschen. Fortschreitende Liberalisierung, Deregulierung, vor allem aber Harmonisierung der über viele Jahrzehnte getrennten Eisenbahnräume und die Realisierung eines umweltfreundlichen Verkehrs bringen die Bahnentwicklung weiter voran. In Deutschland hat sich die Bahnindustrie zu einem dynamisch wachsenden Wirtschaftszweig entwickelt. Um diese führende Position auszubauen, investiert der Industriebereich Jahr für Jahr beträchtliche Summen in Forschung und Entwicklung. Dadurch ist die Eisenbahn längst zum hochkomplexen Hightech-Produkt geworden. Diese Spezialausgabe des Jahrbuchs zum Jubiläum „175 Jahre Eisenbahnen in Deutschland“ trägt dazu bei, mit neuen Fakten die traditionsreiche deutsche Eisenbahngeschichte nachvollziehbar zu machen und zugleich neue Anforderungen und Ziele festzulegen. 175 Jahre Eisenbahnen in Deutschland Technische Daten: ISBN 978-3-7771-0407-2, Format 210 x 300mm, ca. 200 Seiten Preis: € 44,inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten Kontakt: DVV Media Group GmbH l Eurailpress Telefon: +49/ 40/ 2 37 14-440 · Fax +49/ 40/ 2 37 14-450 E-Mail: buch@dvvmedia.com Jubiläumsausgabe Bestellen Sie Ihr Exemplar unter www.eurailpress.de/ jdB. Hier finden Sie auch eine Leseprobe. Jahrbuch des Bahnwesens Edition 2010 Technische Daten: ISBN 978-3-7771-0407-2, Exclusive ofer for InnoTrans exhibitors - save 20 % (EUR 2.360 excl. VAT and postage) (Please notice: This ofer is valid until 30th June 2010) Regular Price: EUR 2.950 (excl. VAT and postage) 3rd edition of Worldwide Rail Market Study will be launched at this year’s InnoTrans! Worldwide Rail Market Study 2010 Based on a survey conducted in the 50 largest rail markets worldwide, the study provides an update on the installed base and market volumes. Unique market growth predictions are displayed for the short-term and 2020 time horizon per product segment and regions. On top of that, the UNIFE Rail Market Study elaborates strategic conclusions for the industry and re ects on market developments taking into account the impact of the economic downturn and several possible political and economic scenarios. A study conducted by UNIFE, the European rail industry in co-operation with Boston Consulting Group (BCG) published by Eurailpress It is the largest study of its kind and a major reference for the rail community. www.eurailpress.de l www.railwaygazette.com Contact: DVV Media Group GmbH l Eurailpress