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Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
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2011
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Wie die Ameisen Verkehrswege clever planen POLITIK Weißbuch Verkehr: Einheitlicher EU-Verkehrsraum LOGISTIK Ausgezeichnete Logistikstandorte MOBILITÄT Multi-Hub-Netzwerke europäischer Fluglinien INFRASTRUKTUR Spezial zum Thema Verkehrswege www.internationalesverkehrswesen.de Transport and Mobility Management Heft 3 Mai/ Juni | 2011 | Einzelpreis 25 EUR The European rail market has been the subject of major reform over the last two decades. But there are major diferences across Europe and other countries outside the European Union. Some countries started on this process almost 20 years ago whilst, in others, reforms have begun only recently. In the book „Reforming Railways - Learning from Experience“ renowned experts from diferent countries in Europe and other countries give an overview on reforms within their countries. Some questions the book deals with are: ̇ Why were reforms necessary? ̇ How to reform? ̇ Have reforms been successful? Technical Data: ISBN 978-3-7771-0415-7 format 170x240 mm, 195 pages Price: € 48,- + postage Contact: DVV Media Group GmbH l Eurailpress Phone: +49/ 40/ 2 37 14-440 · Fax +49/ 40/ 2 37 14-450 email: book@dvvmedia.com For the answers to these and many more interesting questions simply order your copy today at www.eurailpress.de/ cer! Editors: Jeremy Drew and Johannes Ludewig Reforming Railways Learning from experience Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 3 EDITORIAL Frank Straube »Gefordert sind ressourcenschonende Verkehrs- und Logistiklösungen« D er aus nationaler Sicht sehr notwendige und wichtige Aktionsplan Güterverkehr und Logistik wurde Ende des vergangenen Jahres vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der Öfentlichkeit vorgestellt. Er umfasst unterschiedliche Maßnahmen, die auf eine bessere (und eizientere) Vernetzung der Verkehrsträger unter Berücksichtigung des Klima- und Umweltschutzes abzielen. Aus europäischer Sicht folgte im März dieses Jahres das „Weißbuch Verkehr“, das uns Dr. Matthias Ruete, Generaldirektor der EU Kommission für Mobilität und Verkehr, vorstellt. Im Fokus dieser dritten Auflage des Weißbuchs steht die Schafung eines einheitlichen europäischen Verkehrsraums, der mit 40 konkreten Initiativen in den Bereichen Binnenmarkt, Innovation, Infrastruktur und Internationale Beziehungen realisiert werden soll. Ressourcenschonende Verkehrs- und Logistiklösungen sind in diesem Maßnahmenbündel ebenso ein wichtiger Aspekt wie die Weiterentwicklung des seit 2006 verfolgten Konzepts der Ko-modalität, um das ehrgeizige Ziel der Reduktion des Treibhausgasausstoßes im Jahr 2050 auf 60 % des Wertes von 1990 zu erreichen. Auch in der Immobilienbranche entwickelt sich ein Bewusstsein für die Notwendigkeit, Industrieimmobilien energieeizienter zu gestalten. In dem Artikel „Grüne Lager haben mehr Facetten“ von Sven Bennühr und Jens Kohagen bekommen wir einen Einblick, wie Ökonomie und Ökologie bereits in der Planungsphase miteinander verbunden werden können und ggf. auch für die Nachnutzung ein Mehrwert geschafen werden kann. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Kontraktlaufzeiten in der Logistikdienstleisterbranche immer kürzer werden, die Immobiliennutzungsdauern jedoch auf ca. 30 Jahre angelegt sind. Zukünftige Einsparungen in den Betriebskosten durch entsprechende Energieeinsparungsmaßnahmen in der Bauweise erhöhen die Vermarktbarkeit der Immobilie genauso wie die flexible Gestaltung von Grundrissen vor dem Hintergrund einer möglichen Nachnutzung. Dies bestätigt auch Achim Lenzen, Berlin-Hannoversche Hypothekenbank, in seinem Artikel „Bewertung von Logistikimmobilien“. Catherine Cleophas et al., Deutsche Lufthansa AG, stellen uns den Aufbau und die Funktionsweise des von der Lufthansa entwickelten Revenue Management Simulators vor. Der in Zusammenarbeit mit Universitäten und Softwareanbietern entwickelte Revenue Management Simulator ermöglicht eine umfassende Entscheidungsunterstützung durch Einbeziehung realer Nachfrageprofile. Darüber hinaus ist die Möglichkeit von Planspielen gegeben, die unter anderem auch Konkurrenzsituationen auf Flugstrecken simulieren können und so, im Gegensatz zu bisherigen Verfahren, diesen Sachverhalt in das Szenario miteinbeziehen. Eine Adaption auf Fragestellungen anderer Branchen ist ebenfalls möglich. Die Parameter sind so flexibel justierbar, dass dieser Simulator überall dort eingesetzt werden kann, wo eine preissensitive Nachfragesteuerung seitens des Anbieters möglich ist. Die Konsolidierungsmaßnamen von Fluggesellschaften haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass diese sich zu Allianzen zusammengeschlossen haben. Sie befinden sich derzeit innerhalb einer Allianz in einem System von Multi-Hub-Netzwerken. Diese augenscheinlich redundanten Strukturen untersucht Felix Badura von der Wirtschaftsuniversität Wien. Er stellt in seinem Artikel „Multi-Hub-Netzwerke bei europäischen Fluglinien“ die Vorteile für Fluglinien durch Nutzung dieser Struktur heraus und verweist unter anderem auf die Ausfallsicherheit des Netzwerks durch Nutzung eines Sekundärhubs bei Kapazitätsengpässen des Primärhubs. Ich hofe, wir haben Ihnen einmal mehr eine spannende Ausgabe zusammengestellt und freue mich auf Ihre Reaktionen. Frank Straube frank.straube@tu-berlin.de Ihr Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 4 32 SEITEN EXTRA INFRASTRUKTUR Spezial mit Antworten auf folgende Fragen: Wie kann künftig die Finanzierung der Infrastruktur gewährleistet werden? Sind PPP-Möglichkeiten in Deutschland so schlecht wie ihr Image? Was sind die Probleme der Bauindustrie hierzulande? Warum darf die Nahverkehrsstruktur nicht vernachlässigt werden? Wieso gibt es Kritik an der Binnenschi fahrtspolitik des Bundes? POLITIK 12 Einheitlicher EU-Verkehrsraum Matthias Ruete LOGISTIK 20 Ausgezeichnete Logistikstandorte Stefen Nestler Thomas Nobel 24 Bewertung von Logistikimmobilien Achim Lenzen 27 Grüne Lager haben mehr Facetten Jens Kohagen Sven Bennühr 29 Luftfahrtstandort Hamburg Kirstin Rüther INFRASTRUKTUR WISSENSCHAFT 64 Anmerkungen zum Aussagegehalt des Fundamentaldiagramms Justin Geistefeldt WISSENSCHAFT 15 Trassenvermarktung Andreas Tanner Kay Mitusch INFRASTRUKTUR S pezial mit Antworten auf folgende Fragen: Wie kann künftig die Finanzierung der Infrastruktur gewährleistet werden? 6 Sind PPP-Möglichkeiten in Deutschland so schlecht wie ihr Image? 9 Was sind die Probleme der Bauindustrie hierzulande? 12 Welche innovativen Möglichkeiten gibt es, Straßen und Schienenwege leistungsfähig zu halten? 17 Warum darf die Nahverkehrsstruktur nicht vernachlässigt werden? 24 Wieso gibt es Kritik an der Binnenschiffahrtspolitik des Bundes? 26 Heft 3 | 2011 »Unseren Unternehmen mehr Planungssicherheit geben« Dipl.-Ing. Herbert Bodner, Präsident des Hauptverbands der deutschen Bauindustrie e.V., INFRASTRUKTURSpezial, Seite 12 INTERVIEW INFRASTRUKTUR Langfristiges Denken und Verlässlichkeit ! Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 5 INHALT Mai/ Juni 2011 MOBILITÄT 67 Multi-Hub-Netzwerke europäischer Fluglinien Felix Badura Andreas Thöni 71 Bahn frei für den Kunden? Christiane Warnecke Dirk Rompf TECHNOLOGIE 76 Universeller Simulator für Revenue Management Benedikt Zimmermann Catherine Cleophas Michael Frank DVWG-Nachrichten 85 Jahresverkehrskongress 89 Veranstaltungen der Bezirksvereinigungen RUBRIKEN 03 Editorial 06 Momentaufnahme 08 Nachrichten 1 1 Kurz + Kritisch 63 Bericht aus Brüssel 81 Industrie + Technik 84 Veranstaltungen 90 Service 93 Beirat Gastkommentar von Jörg Adolf, Chefvolkswirt und Issues Manager bei Shell in Deutschland Seite 94 ➼ www. Sie finden „Internationales Verkehrswesen“ ab sofort im Internet unter: www.internationalesverkehrswesen.de mit: b umfangreichem Hefte-Archiv b aktuellen Branchennews und Terminen HINWEIS Dieser Ausgabe liegt eine Beilage des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein- Westfalen bei. Wir bitten um freundliche Beachtung. Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 6 MOMENTAUFNAHME Grafik: Siemens AG Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 7 Dr. Ansgar Brockmeyer Leiter Geschäftsbereich Public Transit Siemens Mobility, Erlangen Mit der neuen Generation des Velaro zieht Siemens Mobility eine hervorragende Energiebilanz - ganz im Zeichen der Umwelt- und Ressourcenschonung. Die verbesserte Aerodynamik wird durch das Integrieren der Dachgeräte in ein neues Hochdach, die geringere Anzahl an Dachgärten und viele Detailoptimierungen in den Bereichen Kopf, Drehgestelle und Unterflurbereich erreicht. Diese Neuerungen sparen signifikant Energie und verringern den Fahrtwiderstand um etwa 8 %. Auch im Bereich der CO 2 - Emissionen sind die Fortschritte zukunftsweisend: So zeichnet sich der Velaro nicht nur durch den äquivalenten Benzinverbrauch von nur 0,33 l pro Person und 100 km aus, sondern vor allem auch durch das verbesserte elektrische Bremssystem, das eine Rückspeisung der Bremsenergie in das Netz erlaubt. Frischer Wind NACHRICHTEN Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 8 Rheinland-Pfalz Neuzuschnitt der Mibisterien Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz wird neu aufgeteilt: Infrastruktur wird dem Innenministerium unter Roger Lawentz zugeschlagen. Die Grünen erhalten das Wirtschaftsministerium. Eveline Lemke ist dann gleichzeitig für Klimaschutz, Energie und Landesplanung zuständig. Zudem wird sie stellvertretende Ministerpräsidentin. (ici/ zp) Fraunhofer / TU Darmstadt Professur für Melz Zwischen dem Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF und der Technischen Universität (TU) Darmstadt konnte eine neue Professur etabliert werden. Dr.-Ing. Tobias Melz, der die Abteilungen Mechatronik/ Adaptronik und Adria am Fraunhofer LBF leitet, wurde im April- 2011 zum Kooperationsprofessor für adaptronische Systeme nach Darmstadt berufen. Diese Berufung soll den neuen Forschungsschwerpunkt Adaptronik der TU stützen und ist die zweite Professur, die im Rahmen des Loewe-Zentrums Adria (Adaptronik-Research, Innovation, Application) etabliert wurde. Melz wird seine neue Aufgabe in Ergänzung zu seiner Abteilungsleitung im Fraunhofer LBF (Leitung: Prof. Dr. Holger Hanselka) wahrnehmen. (zp) Statistisches Bundesamt ÖV stagniert Zwar nutzten im Jahr 2010 in Deutschland fast 10,7- Milliarden Fahrgäste den Linienverkehr mit Bussen und Bahnen. Dies entspricht durchschnittlich knapp 30-Millionen Personenfahrten am Tag. Doch wie das Statistische Bundesamt Destatis, Wiesbaden, weiter mitteilt, blieb die Zahl der Fahrgäste gegenüber 2009 mit plus 0,1 % nahezu konstant. Im Nahverkehr wurden im vergangenen Jahr je Fahrt durchschnittlich 9,3 km und im Fernverkehr 290 km zurückgelegt. Die Beförderungsleistung lag bei rund 135,5-Mrd.-Pkm und war damit 1,0 % höher als 2009. Im mittelfristigen Vergleich zeigt sich ein beständig leichter Zuwachs der Fahrgastzahlen. (zp) Hermes / Schweizer Post Prime Mail gibt auf Die Hermes Europe GmbH, Hamburg, und die Schweizer Post stellen ihr Joint Venture Prime Mail GmbH, Hamburg, ein. Prime Mail ist Spezialist für die Zustellung schwerer und großformatiger Sendungen wie Kataloge. Trotz eines Jahresumsatzes von 28- Mio.- EUR und eines Gewinns in unbekannter Höhe sehen die beiden Gesellschafter angesichts der weitgehend gescheiterten Liberalisierung des deutschen Briefmarkts langfristig keine Wachstums- und Entwicklungsperspektiven für ihre Tochter. Die operative Tätigkeit endet Ende Juni. (sr/ zp) Marco Polo 32 Förderprojekte 57- Mio.- EUR aus dem europäischen Förderprogramm Marco Polo 2010 werden sich 32 intermodale Projekte teilen. Nach Angaben der EU-Kommission geht es bei 26 der ausgewählten förderfähigen Vorschläge um eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene, die Shortsea-Schiffahrt oder Binnenschife. Vier Projekte haben die Vermittlung intermodaler Erfahrungen und Erkenntnisse zum Ziel, je ein Projekt entfällt auf Meeresautobahnen und Verkehrsvermeidung. (kl/ zp) HGK Vorstandswechsel Für die Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK) geht eine Ära zu Ende: Vorstandssprecher Dr. Rolf Bender verabschiedete sich Ende April nach fast 20 Jahren in den Ruhestand. Neuer Vorstandssprecher ist seit dem 1.- Mai- 2011 Horst Leonhardt, der ebenfalls seit Gründung der HGK im Unternehmen tätig und seit 2004 Vorstandsmitglied ist. Uwe Wedig wechselt von der HGK- Tochter HTAG Häfen und Transport AG aus Duisburg als Vorstand zur HGK. (zp) Bombardier Transportation Kortendick für Arbeit Der Aufsichtsrat der Bombardier Transportation GmbH hat Dr. Susanne Kortendick Anfang Mai zum Mitglied der Geschäftsführung von Bombardier Transportation in Deutschland ernannt. Kortendick übernimmt innerhalb der Geschäftsführung die Position der Arbeitsdirektorin. Sie bleibt darüber hinaus weiterhin Personalleiterin der Division Locomotives and Equipment. (ici/ zp) Höft & Wessel Claussen geht Die Höft & Wessel-Gruppe, Hannover, straft ihre Konzernstrukturen. Der Vorstandsvorsitzende Hansjoachim Oehmen und das Vorstandsmitglied Thomas Wolf werden den Hard- und Softwarespezialisten für Ticketing, Parking und mobile Lösungen in Deutschland und Großbritannien künftig zu zweit führen. Peter Claussen verlässt das Unternehmen zur Jahresmitte nach Auslaufen seines Vertrags. (zp) DIHK Lamotte für Horch Der Präses der Handelskammer Bremen, Otto Lamotte, ist von der Vollversammlung zum neuen Vizepräsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) gewählt worden. Er folgt damit auf den ehemaligen Präses der Handelskammer Hamburg, Frank Horch, der neuer Wirtschaftssenator in Hamburg wurde. Lamotte ist als Vizepräsident Mitglied des geschäftsführenden Vorstands des DIHK. (zp) Iata Tyler wird CEO Tony Tyler soll neuer Generaldirektor und CEO der International Air Transport Association (Iata) werden. Der Vorstandschef von Cathay Pacific Airways folgt auf Giovanni Bisignani, der in diesem Jahr in den Ruhestand wechselt. Tyler wird den Chefposten bei der Luftfahrtorganisation zum 1.-Juli-2011 antreten. (zp) BDL Siegloch Präsident Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Berlin, hat Klaus Peter Siegloch zum hauptamtlichen Präsidenten gewählt. Er löst Gründungspräsident Dieter Kaden zum 1.-Juni-2011 ab. Siegloch ist ZDF-Journalist. Kaden bleibt Vorsitzender der Geschäftsführung der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH. (zp) Baden-Württemberg Grüne im Verkehrsressort Verkehrsminister in Baden- Württemberg ist künftig der Tübinger Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann. Er sitzt zudem dem Bundestags-Verkehrsausschuss vor. Neue Staatssekretärin mit Kabinettsrang im Ministerium für Verkehr und Infrastruktur von Baden-Württemberg ist Dr. Gisela Splett. Die Geoökologin und Grünen-Politikerin gilt als ausgewiesene Naturschützerin. (zp) Sachsen-Anhalt Webel folgt auf Daehre In der neuen Landesregierung von Sachsen-Anhalt hat Thomas Webel das Verkehrsressort übernommen. Der Landtagsabgeordnete ist seit 1991 Landrat. Er löste den seit 2002 amtierenden Karl- Heinz Daehre ab. Reiner Haselof wurde Mitte April in Magdeburg zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. (zp) Thomas Webel Foto: Landesregierung Sachsen-Anhalt _u{x"ojkgy"su¦k"vkuvrk4 Schiene Klimabilanz verbessert Die Klimabilanz des Schienenverkehrs wird von Jahr zu Jahr besser. In den vergangenen 15 Jahren sind die CO 2 -Emissionen pro Bahnreisendem und Kilometer um insgesamt 27 % gesunken. Güter werden auf der Schiene mittlerweile sogar um 29 % klimaschonender transportiert als noch Mitte der 1990er-Jahre. Das geht aus den neuesten Zahlen der Datenbank „Umwelt & Verkehr“ hervor, die das Heidelberger Ifeu-Institut regelmäßig im Auftrag der Allianz pro Schiene, des Verbands der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) und des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) aktualisiert. (ici/ zp) Innoz Langsameres Wachstum Die Güterverkehrsleistung wächst im laufenden Jahr mit 5 % weiterhin robust, aber bei weitem nicht mehr so stark wie 2010. Zu dieser Einschätzung kommen die Marktforscher der Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ) GmbH, Berlin, in ihrem aktuellen Verkehrsmarktmonitor Deutschland. Im vergangenen Jahr hatten Straße, Schiene und Binnenschif 7,1 % Zuwachs verbucht. Auf den stärksten Zuwachs in 2011 kann der Prognose zufolge die Straße hofen (plus 5,5 %). Die Schiene setzt ihren Aufholprozess nach dem Krisenjahr 2009 ebenfalls fort. Die Binnenschiffahrt verliert mit plus 2 % hingegen schon wieder an Fahrt, nachdem die Verkehrsleistung auf den Wasserstraßen 2010 noch um 12,3 % zugelegt hatte. In Summe werden die Verkehrsträger in 2011 voraussichtlich 644,4-Mrd.-tkm erbringen (2010: 622,9-Mrd.-tkm). An den Höchststand aus 2008 - damals waren es 655,5-Mrd.-tkm - reicht das Ergebnis damit noch nicht wieder heran. (sm/ zp) Steer Davies Gleave Netz und Betrieb trennen Die strikte Trennung von Netz und Betrieb ist die beste Organisationsform für Eisenbahnunternehmen, um die Ziele der EU-Bahnliberalisierung zu erreichen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie, die der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments (EP) in Auftrag gegeben hat. Die Untersuchung stützt sich auf die Analyse der Erfahrungen in Großbritannien, Schweden, den Niederlanden, Italien und Frankreich. Für eine efektive Marktöfnung müsse der Infrastrukturbetreiber unbedingt unabhängig von dem jeweils dominierenden Bahnunternehmen sein; insbesondere, um den diskriminierungsfreien Zugang zum Netz sicherzustellen, heißt es in den Schlussfolgerungen der Studie des Beraterbüros Steer Davies Gleave. Sonst habe der Netzbetreiber den Anreiz, die kommerziellen Interessen der dominierenden Bahn zu unterstützen, indem der Marktzugang der Wettwerber eingeschränkt werde. Für die Autoren der Studie ist es unwahrscheinlich, dass Regulierungsbehörden ausreichen, um eine Diskriminierung zu verhindern. (cd/ zp) SCI Verkehr HGV verdoppelt sich In den nächsten fünf Jahren rechnet die SCI Verkehr GmbH, Hamburg, mit einer Verdopplung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs (HGV) und neuen Systemen in vielen Ländern weltweit. Das weltweite Netz für Hochgeschwindigkeitsverkehre werde von heute knapp 18 000 km auf über 40 000 km bis 2015 wachsen, prognostiziert SCI. Entsprechend dupliziert sich die Anzahl der Hochgeschwindigkeitszüge auf fast 5000 Einheiten. Die aktuelle Studie geht davon aus, dass neue Märkte wie Arabien, Osteuropa und Südamerika erschlossen werden. (zp) NACHRICHTEN Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 10 Fit für die grüne Zukunft Großes Spezial im Juli: • neue Technologien • alternative Antriebe • erneuerbare Energien • nachhaltige Verkehrstechnik • umweltschonende Verkehrsgestaltung Hier sollte Ihr Unternehmen nicht fehlen! Anzeigenschluss: 20.06.2011 Erscheinungstermin: 25.07.2011 Kontakt: Sophie Elfendahl Tel.: 040 / 237 14 - 220 Sophie.Elfendahl@dvvmedia.com POLITIK Emerging Markets in Asien www.internationalesverkehrswesen.de Transport and Mobility Management Heft 1 Jan/ Feb | 2011 | Einzelpreis 25 EUR +++Premiere+++ NEUE Struktur NEUES Layout POLITIK Emerging Markets in Asien NEU Struk Stru t out Emerging Markets in As Stru out Destatis Mehr Seehafenumschlag Der Seegüterumschlag deutscher Häfen ist im vergangenen Jahr wieder gewachsen und konnte um 5 % zulegen. Das berichtet das Statistische Bundesamt Destatis, Wiesbaden, mit Verweis auf noch vorläufige Angaben. Allerdings lag das Aufkommen 2010 mit 276-Mio.-t noch um 44,6-Mio.-t unter dem von 2008, doch um 13,1-Mio.-t über dem von 2009. Aus dem Ausland sind 11- Mio.- t (plus 7 %) mehr Güter per Seeschif in Deutschland angekommen als im Vergleichszeitraum des Vorjahrs. Der Export stieg um 2,7 %. Der Containerverkehr legte insgesamt gegenüber 2009 um 10,1 % auf 13,1- Mio.- TEU zu. 2008 waren es jedoch 15,7-Mio.-TEU. (zp) Kombinierter Verkehr XPressNet gestartet Im Kombinierten Verkehr in Deutschland gibt es seit April ein Netz für zeitkritische Sendungen: Späterer Ladeschluss, schnellere Laufzeit, zügige Umschläge und permanente Transportüberwachung sollen die „XPressNet“-Verbindungen zwischen elf deutschen Wirtschaftszentren auszeichnen. Die Entwicklung des Produkts hat das Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen der Förderinitiative „Intelligente Logistik im Güter- und Wirtschaftsverkehr“ unterstützt, die Vermarktung läuft über Kombiverkehr, Hellmann Worldwide Logistics und DHL Freight. (kl/ zp) Türkei Zweiter Bosporus geplant Um den Bosporus zu entlasten, plant der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan westlich von Istanbul einen etwa 50 km langen Schifskanal als Alternative. Machbarkeitsstudien für das Projekt, das eine zweite Verbindung zwischen dem Schwarzen Meer und dem Marmarameer schafen würde, sollen binnen zwei Jahren abgeschlossen sein. Der Istanbul-Kanal soll etwa 150 m breit und rund 25 m tief sein. Den Bosporus passieren jährlich mehr als 50 000 Handelsschife. (zp) Lufthansa Zuversichtlich für 2011 Belastungen durch Unruhen in Nordafrika, die Katastrophen in Japan, höhere Kerosinkosten, zusätzliche Kapazitäten am Markt, nur langsam steigende Ticketpreise, Flugsteuern - trotzdem will die Deutsche Lufthansa AG in 2011 Umsatz und operativen Gewinn steigern. Das Unternehmen plant, weiter seine Kosten zu senken und noch eizienter zu werden, war auf der Hauptversammlung der Lufthansa zu hören. Verbessert werden Bremerhaven Kaiserschleuse erö net 233 Mio. EUR wurden investiert, vier Jahre hat der Bau gedauert: Ende April ist die neue, 305 m lange Kaiserschleuse in Bremerhaven als Zufahrt zu den Autoterminals und Werften im Kaiserhafen oiziell eingeweiht worden. Die alte Kaiserschleuse aus dem Jahr 1897 war mit 185 m Länge und 28 m Breite schon lange zu klein, so dass die Transporter einzig die Nordschleuse nutzen konnten. Der Abriss der Altschleuse musste parallel zum Neubau und unter Berücksichtigung der Anforderungen an den Flutschutz erfolgen. Die Planungs- und Bauaufsichtsarbeiten lagen bei der Inros Lackner AG, Rostock. Bremerhaven gilt als größter Autoumschlagplatz in Europa. Jährlich steuern mehr als 1000 Autotransportschiffe den Hafen an. (zp) Für den Bau der neuen Kaiserschleuse musste ein enger Zeitplan eingehalten und gleichzeitig der Sturmflutschutz durchgehend gewährleistet werden. Foto: Inros Lackner ADAC Immer mehr deutsche Staus Baustellen sind eine der Hauptursachen für Staus in Deutschland. Der ADAC gab bekannt, dass es im vergangenen Jahr 32 % mehr Staus gab als 2009, insgesamt 185 000 Stück mit zusammen rund 400 000 km Länge (2009: 350 000 km). Die meisten Staus entstanden donnerstags und freitags, die wenigsten an Sonntagen. Von den Bundesländern war Nordrhein-Westfalen am häufigsten betrofen. (zp) sollen unter anderem die Ergebnisse im defizitären Europaverkehr. Die Nachfrage habe sich zum Start ins Jahr positiv entwickelt. Der Vorstand bekräftigte daher, dass der operative Gewinn 2011 den Vorjahreswert von 876- Mio.- EUR übertrefen soll. Der Umsatz von zuletzt 27,3- Mrd.- EUR soll ebenfalls zulegen. Genauere Angaben wurden nicht gemacht. (zp) KURZ + KRITISCH Gerd Aberle Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 11 D ie Klagen über zu geringe Finanzmittel für die Verkehrsinfrastruktur sind seit vielen Jahren Standard. Dabei stimmt es: Qualität und Quantität der Verkehrswege befinden sich in Deutschland in einem besorgniserregenden Defizit. In jüngerer Zeit wird vor allem die Situation des Schienennetzes beklagt - und dies auch mit Recht. Doch das ist nur die eine Seite des Problems. Nicht gern wird von der Politik die Verwendungseizienz der Investitionsmittel angesprochen, vor allem bei der Schiene. Eine der Ursachen der dortigen Finanzmittelknappheit ist die - oft auch durch politische Entscheidungen bewirkte - extreme Finanzmittelversenkung in Neubauprojekte, die für das System Schienenverkehr nur einen vergleichsweise geringen Nutzen bringen. Diese Milliarden fehlen nun für dringende Maßnahmen. Zur Erinnerung: Die Kosten einer Investition bemessen sich nach dem entfallenden Nutzen der durch sie wegen Finanzmittelrestriktionen verdrängten Maßnahmen. Hier ist eine fundamentale Umorientierung erforderlich. Hinzu kommt, dass diese problematischen Großprojekte sich durch extrem lange Realisierungszeiten mit erschreckenden Kostensteigerungen auszeichnen. Daher ist es unabdingbar, alle Projekte auf einen harten Prüfstand zu stellen. Bereits derzeit sind die Finanzmittel für neue Schieneninvestitionen äußerst knapp bemessen. Sie werden durch den neuen umfänglichen Euro-Rettungsschirm (ESM), der am 24.- März in Brüssel beschlossen wurde und der für Deutschland unübersehbare Zahlungsverpflichtungen für insolvenzgefährdete Euro-Staaten beinhaltet, zusätzlich gefährdet. Durch die Japankrise ist dieser folgenschwere Brüsseler Beschluss kaum öfentlich wahrgenommen worden. Wie dann noch die Zielsetzungen der deutschen und der EU- Verkehrspolitik mit erheblichen Verlagerungen langströmiger Straßengüterverkehre auf die Schiene ohne milliardenschwere Ausbauprojekte bewältigt werden sollen, bleibt eines der großen Rätsel. Aber wahrscheinlich ist es gar keines, sondern eine Fata Morgana. »Es ist unabdingbar, alle Großprojekte auf einen harten Prüfstand zu stellen.« Prof. Gerd Aberle zu Themen der Verkehrsbranche Deutschlandtakt ausdiskutiert »Zu wenig Geld für die Verkehrsinfrastruktur? « D ie Hofnung geistert seit Jahren in interessierten Kreisen, in Deutschland einen integrierten Taktfahrplan für alle Nah- und Fernverkehrsrelationen im Schienenpersonenverkehr einzuführen. Als Vorbild wird stets auf die Schweiz verwiesen; eine (vom Bund zu finanzierende) Machbarkeitsstudie wird gefordert. Als letzter öfentlich ausgetragener Versuch wurde mit einem Parlamentarischen Abend zum Thema Deutschlandtakt am 22.-Februar in Berlin die Diskussion zu beleben versucht. Heraus kam, außer den Hofnungen der Befürworter, etwas anderes als von den Initiatoren erwartet: Deutschland und die Schweiz sind unvergleichbar; die Schweiz praktiziert bei konstanten Entfernungen zwischen allen wichtigen Knoten von rd. 140 km weitestgehend ein Nahverkehrssystem mit engen und vor allem nächtlichen Zeitfenstern für den Güterverkehr. In Deutschland sind bereits gegenwärtig wichtige Knoten überlastet; nur geringe Störungen im Betriebsablauf lassen die Nahverkehrstakte auseinanderbrechen. Zwar bestellen einige Aufgabenträger auch Nahverkehrszüge über 50 km Strecke; dies resultiert jedoch vor allem aus der räumlichen Größe der Nahverkehrsräume und der völlig veralteten rechtlichen Abgrenzung von Nah- und Fernverkehr. Andererseits sind sogar Verkehrsverbünde wie der RMV, der NVV oder der RRV noch nicht einmal immer in der Lage, kundenorientierte Taktabstimmungen bei verbundraumüberschreitenden Verkehren zu realisieren. Und der Güterverkehr? Seine Behandlung bei einem Deutschlandtakt bleibt völlig im Dunkeln. Man kann Ideen haben und diskutieren. Aber wenn sie sich als Utopie herausstellen, kann auch keine Machbarkeitsstudie mehr helfen. ɷ POLITIK Weißbuch Verkehr Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 12 Einheitlicher EU-Verkehrsraum Ende März hat die Europäische Kommission das Weißbuch „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum - Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem“ veröfentlicht. Dieses Strategiepapier bewertet die bisherigen Entwicklungen der Verkehrspolitik, nimmt künftige Herausforderungen in den Blick und zeichnet die Rahmenbedingungen für die europäische Verkehrspolitik der nächsten zehn Jahre. D as weltweite Bevölkerungswachstum und die steigende Nachfrage aufstrebender Wirtschaftsmächte belasten die Umwelt und treiben die Kosten für Rohstofe in die Höhe. Die Förderung einer ressourcenschonenden Art des Wirtschaftens steht daher als oberstes Ziel im Mittelpunkt aller Politikbereiche und ist für die Kommission eine der wichtigsten Leitinitiativen der so genannten „Strategie 2020“; das Verkehrsweißbuch ist eines der Hauptbestandteile dieser Strategie. Verkehr für die Wirtschaft Der Wohlstand in der EU beruht überwiegend auf zwei Faktoren: dem Binnenmarkt und intensiven internationalen Handelsbeziehungen. Beides setzt ein eizientes Verkehrssystem voraus: Die Europäische Union baut dabei auf ein dicht ausgebautes Infrastrukturnetz und fortschrittliche Logistik. Allerdings ist mit den jüngsten EU- Erweiterungen eine gewisse Kluft zwischen dem östlichen Teil und dem westlichen Teil Europas entstanden; die Infrastruktur ist in beiden Teilen ungleich entwickelt. Eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre wird es sein, diese Kluft zu überbrücken: Wir müssen ein Verkehrssystem schafen, das allen 500 Millionen Bürgern und somit dem gesamten Kontinent gleichermaßen zur Verfügung steht. Verkehr als Teil der Wirtschaft Der Verkehr ist nicht nur Katalysator für die gesamte Wirtschaft; er ist selbst auch ein eigener Wirtschaftszweig. Die Verkehrsbranche selbst beschäftigt unmittelbar rund zehn Millionen Menschen und erwirtschaftet rund 5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Viele europäische Unternehmen sind Weltmarktführer in Bereichen des Netzausbaus, der Logistik, im Verkehrsmanage- Foto: European Commission Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 13 Um den Druck auf die Straßenverkehrsinfrastruktur zu mindern, müssen andere Verkehrsträger wie Schif und Eisenbahn stärker eingebunden werden. F oto: DB AG / Banaszak ment, in der Produktion von Verkehrsmitteln und deren Ausstattung. Angesichts der rasanten Entwicklung der Verkehrssysteme in anderen Weltregionen wird die europäische Industrie nur dann konkurrenzfähig bleiben können, wenn sie frühzeitig eine Führungsrolle im notwendigen Wandel übernimmt. Wandel ist unausweichlich Das Schicksal der gegenwärtig gebräuchlichsten Verkehrstechnologien hängt von der Verfügbarkeit fossiler Brennstofe ab. Dank ihrer hohen Energiedichte sind fossile Brennstofe besonders zweckmäßig für mobile Anwendungen und haben andere Energieträger fast ausnahmslos ersetzt: 95 % des verkehrsbezogenen Energiebedarfs werden weltweit durch Öl oder Ölerzeugnisse gedeckt. Gleichzeitig ist das Verkehrswachstum die treibende Kraft der steigenden Ölnachfrage: Nach Berechnungen der internationalen Energieagentur (IEA) wird der Bedarf von 84 Mio. Barrel pro Tag (mb/ d) im Jahr 2009 auf 100 mb/ d im Jahr 2035 steigen. Allein für die Hälfte dieses Wachstums wird China verantwortlich sein. Weltweit soll die Anzahl der Personenautos von heute etwa 750 Millionen bis 2050 auf etwa 2,2 Milliarden ansteigen. Es ist kaum vorstellbar, dass die Ölreserven ausreichen, um mit dieser rasch wachsenden Nachfrage Schritt zu halten, und dass die hohen Ölpreise des Jahres 2008 ein Einzelfall bleiben werden. Die Nutzung von Öl ist auch eine der Hauptursachen von Treibhausgasemissionen. Die internationale Staatengemeinschaft hat sich Ende 2010 in Cancún darauf geeinigt, den Temperaturanstieg durch den Klimawandel auf unter 2º C zu begrenzen. Das bedeutet für die entwickelten Länder, die Emissionen bis 2050 um 80 bis 95 % gegenüber 1990 zu verringern. Nach unseren Analysen bedeutet dies, dass bis 2050 der Treibhausgasausstoß des europäischen Verkehrssektors um mindestens 60 % gegenüber 1990 gesenkt werden muss. - Das ist eine herausfordernde Aufgabe, deren Lösung die verstärkte Anwendung von CO 2 -armen Technologien und eine verbesserte Energieeizienz erfordert. Vision für 2050 Es ist durchaus realistisch, das 60 %-Ziel zu erreichen, ohne die Mobilität zu beschränken. Aber dafür müssen der Energieverbrauch gesenkt und umweltfreundlichere Energieträger verwendet werden. Öl muss ersetzt werden, wo und wann immer dies möglich ist. Natürlich ist in Großstädten, in denen die Entfernungen kürzer sind, der Einsatz batteriebetriebener Fahrzeuge relativ problemlos möglich. Zudem werden durch die große Bevölkerungsdichte die Entwicklung von innovativer Infrastruktur und die Nutzung von öfentlichen Verkehrsmitteln erleichtert. Als Richtschnur für politisches Handeln und um den Fortschritt messbar zu machen, hat das Weißbuch zehn „Orientierungswerte“ aufgezeigt. Unter einem dieser Ziele sind zwei Visionen genannt: die Erreichung einer im Wesentlichen CO 2 -freien Stadtlogistik in größeren städtischen Zentren bis 2030 und bis 2050 der vollständige Verzicht auf Fahrzeuge, die mit konventionellem Kraftstof betrieben werden - nicht deren „Verbannung“, wie von manchen Kritikern wohl bewusst missverstanden! Der Gebrauch von „mit konventionellem Kraftstof betriebenen Pkw“ im Stadtverkehr soll bis 2030 halbiert und durch Hybrid-, Elektro- oder andere CO 2 freie Autos, durch Zufußgehen und Radfahren sowie durch öfentlichen Personenverkehr ersetzt werden, jeweils angepasst an die Gegebenheiten der jeweiligen lokalen Ebene. Bei großen Entfernungen ist die Reduzierung von Emissionen schwieriger. Für den interkontinentalen Schifsgüterverkehr und den Luftverkehr wird die dynamischste Entwicklung vorhergesagt - ihr Transportvolumen könnte sich mehr als verdoppeln. Neue Schife und Flugzeuge werden eizienter sein, aber wahrscheinlich wird das gerade genügen, um das prognostizierte Wachstum zu kompensieren. Daher werden nachhaltig produzierte Biokraftstofe der zweiten und dritten Generation benötigt, um die Emissionen zu verringern - um etwa 40 %. Im Regionalverkehr und im Güterverkehr sind der technologische Fortschritt und die Entwicklung sauberer Kraftstofe die wesentlichen Faktoren. Die Forschung muss Lösungen entwickeln für umweltschonende und eizientere Lkw und Pkw. Dies allein reicht aber nicht aus; zudem löst es nicht die Stauproblematik. Ein weiterer Faktor sind daher Eizienzgewinne, die durch das Zusammenlegen von Volumina auf den Strecken mittlerer Entfernungen erzielt werden können. Dies setzt in der Personenbeförderung die stärkere Nutzung des Eisenbahn- und Busverkehrs voraus und im Güterverkehr multimodale Lösungen, bei denen für den Fernverkehr auf Schif und Eisenbahn zurückgegrifen wird. Ohne einen stärkeren Beitrag der anderen Verkehrsträger wäre die Straßenverkehrsinfrastruktur einem großen Druck ausgesetzt. Missverständnis Aufgrund seiner - bewusst ein wenig kategorisch formulierten - „Orientierungswerte“ ist das Weißbuch vielerseits als „unrealistische Rückkehr zur Verkehrsverlagerung“ missverstanden worden. Dies ist aber nicht gemeint. Vielmehr sind diese Ziele größtenteils auf der Grundlage der Modellrechnungen der Kommission entwickelt worden. Eines dieser Ziele ist, dass der Eisenbahn- und Schifsverkehr einen Teil des Wachstums des Güterverkehrsvolumens absorbiert, entsprechend 30 % des heutigen Straßengüterfernverkehrs. Die Machbarkeit dieser Verlagerung wurde beispielsweise vom Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) in seiner Stellungnahme bestätigt. Dass der Güterverkehr trotzdem weiter wachsen wird, sowohl bis 2030 als auch bis 2050, unterstreicht die Notwendigkeit, saubere und eizientere Lkw zu entwickeln. Bei der Personenbeförderung ist das Ziel, dass die meisten Reisenden bis zum Jahr 2050 auf Alternativen zum herkömmlichen Pkw, der derzeit für 65 % der Personenkilo- POLITIK Weißbuch Verkehr Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 14 meter genutzt wird, umsteigen. Dies wäre auch der einzige Weg, die vorhersehbare Sättigung bzw. Verstopfung vieler Verkehrsknotenpunkte zu verhindern. Dazu sollte unter anderem die Länge des europäischen Hochgeschwindigkeitsschienennetzes bis 2030 verdreifacht werden. Strategie - Was tun? Das Weißbuch sieht 40 konkrete Initiativen vor, die das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für das nächste Jahrzehnt darstellen, mit einem Schwerpunkt auf dem aktuellen Mandat. Die Initiativen sind in vier verschiedene Gebiete unterteilt, die wir gern mit den „vier I“ beschreiben: Binnenmarkt (englisch: internal market), Innovation, Infrastruktur und internationale Beziehungen. Binnenmarkt Innerhalb des Binnenmarkts legen wir unser Hauptaugenmerk auf die Eisenbahn. Die Märkte für den inländischen Schienenpersonenverkehr, den bedeutendsten Teilbereich, sind immer noch nicht vollständig geöfnet. Diese Barriere werden wir aus dem Weg räumen. Weiterhin werden wir dafür sorgen, dass sichergestellt wird, dass es einen unverfälschten Wettbewerb auf der Schiene gibt und dass das Eigentum am Schienennetz keine Hürde für einen freien Zugang zu Selbigem darstellt. Der einheitliche europäische Luftraum soll so bald wie möglich vollendet werden. Im Seeverkehr wird es einen so genannten „blauen Gürtel“ in den Meeren in und rund um Europa geben: Es kann heute noch vorkommen, dass ein in der EU registriertes Schif, das von Antwerpen nach Rotterdam fährt, genauso viele Verwaltungslasten zu bewältigen hat wie ein Schif von Rotterdam nach Panama. Dies soll sich dank neuer technischer Möglichkeiten ändern. Im Straßenverkehr soll zur Vereinfachung der Verwaltung und zur Erleichterung des Übergangs zu anderen Verkehrsträgern das e-Freight-Konzept eingeführt werden, die papierlose Dokumentation, Aufzeichnung und Nachverfolgung von Gütern. Außerdem werden wir vorschlagen, die Kabotagebeschränkungen in nationalen Märkten abzubauen. Dies soll mit entsprechenden Sozialregelungen für Berufskraftfahrer einhergehen, damit Mindeststandards respektiert werden. Innovation Was die Innovation angeht, besteht die Herausforderung darin, die Technologieforschung durch einen Systemansatz zu ergänzen, der Infrastruktur- und Regulierungsanforderungen, die Koordinierung zahlreicher Akteure und große Demonstrationsvorhaben zur Förderung der Markteinführung zusammenbringt. Hierfür wird ein „strategischer Technologieplan“ ausgearbeitet, unter anderem mit dem Ziel, die Nutzung neuer Fahrzeugtechnologien zu beschleunigen. Hinzu kommt die wesentliche Rolle von Informations- und Kommunikationstechnologien, um Verkehrsströme zu optimieren und die verschiedenen Verkehrsträger besser miteinander zu verbinden - ein Schlüsselelement zur besseren Nutzung der vorhandenen Kapazität. In diesem Zusammenhang wird es auch unser Ziel sein, die mittlerweile für jeden Verkehrsträger vorhandenen Navigations-, Verkehrsüberwachungs-, Verkehrsmanagementsowie Kommunikationsdienste vollständig zu nutzen und - in einem zweiten Schritt - den Austausch von Informationen zwischen den Verkehrsträgern zu ermöglichen, um multimodalen Verkehr zu erleichtern. Infrastruktur Ohne eine adäquate Infrastruktur wird ein Wandel im Verkehrssektor nicht möglich sein. Die Union kann sich einen Flickenteppich nationaler Projekte nicht länger leisten. Stattdessen braucht sie ein schlüssiges multimodales europaweites Netzwerk. Mit der Revision der Leitlinien für die TEN-V- Politik soll ein Kernnetz geschafen werden, das alle EU-Hauptstädte und die wichtigsten Wirtschaftszentren miteinander verbindet. Wir werden gemeinsame Strukturen für Güterverkehrskorridore errichten um sicherzustellen, dass Investitionen, Kapazitäten und technische Spezifikationen koordiniert verwaltet werden. Das gilt insbesondere entlang multimodaler Verkehrskorridore über größere Entfernungen und bei grenzüberschreitenden Strecken. Besondere Aufmerksamkeit werden wir dem Finanzrahmen widmen: Wir beabsichtigen, ein gemeinsames Konzept für die Infrastrukturfinanzierung zu entwickeln, um die Finanzierung aus dem TEN-V-Budget sowie aus dem Kohäsions- und Strukturfonds einheitlich zu gestalten. Dabei befürworten wir EU-Projektanleihen, um Risiken besser abzufedern und um die internationalen Finanzinstitutionen als Investoren für Verkehrsinfrastrukturprojekte zu gewinnen. Letztere müssen allerdings solide Geschäftsperspektiven bieten. Eine Bepreisung der Infrastruktur wird notwendig sein, um Verkehrsinvestitionen rentabel zu gestalten, insbesondere mit Blick auf die derzeit knappen Haushaltskassen. Während die konkrete Gestaltung in der Befugnis der Mitgliedstaaten liegt, muss die EU dafür sorgen, dass die nationalen Systeme miteinander kompatibel sind und Diskriminierungen vermeiden. Die Art und Weise, wie der Nutzer für den Verkehr bezahlt, muss sich grundsätzlich ändern. Sie muss den wirklichen Gebrauch der Infrastruktur widerspiegeln und sich dem Prinzip der Kostentragung durch die Verursacher und Nutzer annähern. Das ist von wesentlicher Bedeutung, um gegenüber Nutzern, Investoren und Dienstleistern die richtigen Preissignale auszusenden. Gleiche Wettbewerbsbedingungen, auch im Bereich der Steuern, sind Teil unserer Strategie. Als Folge der Übernahme der Kosten werden die Nutzer sozusagen im Gegenzug weniger Staus, mehr Informationen, einen besseren Service und größere Sicherheit erhalten. Internationale Beziehungen Das letzte Element unsere Strategie betrift die internationale Dimension. Wir werden insbesondere für Folgendes eintreten: b internationale Abkommen zur Öfnung der Märkte in Drittländern b stärkere Einbindung des Verkehrs in die Nachbarschaftspolitik der EU b Annahme internationaler technischer Standards auf der Grundlage europäischer Regeln und b noch stärkere Zusammenarbeit der EU und ihrer Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen. Zahlreiche Aspekte der Verkehrspolitik haben eine internationale Dimension. Deshalb müssen wir diesem Bereich im kommenden Jahrzehnt besondere Aufmerksamkeit widmen. Heute ist Europa weltweit führend im Verkehrs- und Logistikbereich. Und wir müssen daran arbeiten, dass dies so bleibt. ɷ Matthias Ruete, Dr. Generaldirektor der Generaldirektion Mobilität und Verkehr der Europäischen Kommission, Brüssel ec.europa.eu/ transport/ POLITIK Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 15 U nter einer Trasse versteht man ein genau deiniertes Nutzungsrecht des Schienennetzes; zum Beispiel das Recht, mit einem (näher zu bestimmenden) Güterzug zu einer bestimmten Zeit mit einer bestimmten Geschwindigkeit eine bestimmte Eisenbahnstrecke zu fahren. Grundsätzlich bieten sich zwei Ansätze der Knappheitsbepreisung an: ein Auktionsverfahren und ein Listenpreisverfahren für räumlich und zeitlich deinierte Infrastrukturelemente. Die Entwicklung und Untersuchung solcher Verfahren war das Thema des Forschungsprojekts Trassenbörse, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. An dem interdisziplinären Projekt waren Eisenbahningenieure, Spezialisten für mathematische Optimierung und Volkswirte beteiligt. Die Möglichkeiten der mathematischen Optimierung einer großen Zahl von Trassenwünschen sind von grundsätzlichem Interesse für eine hohe Auslastung von Schienennetzen, auch unabhängig von der Art der Trassenvermarktung [2]. Gleiches gilt für die Möglichkeiten einer geeigneten makroskopischen Abbildung des Bahnbetriebs, die eine Optimierung (oder andere, heuristische Verfahren zur Ermittlung guter kombinatorischer Lösungen) von unnötigem Informationsballast entlastet, andererseits aber den Test der Umsetzung in eine mikroskopische Simulationssoftware in der Regel besteht [6]. In diesem Aufsatz konzentrieren wir uns auf die volkswirtschaftlichen Aspekte des Projektes - und haben durchaus überraschende Resultate zu bieten. Modellierungsgrundlagen Eisenbahnbetriebliche Modellierung Die Fahrplanberechnung beruht auf dem makroskopischen Infrastrukturmodell OPTRA [1]; [6]. Als Infrastrukturelemente gibt es Knoten und (gerichtete) Kanten, wobei sich die Knoten nach Stationen und Pseudoknoten untergliedern. Es wird mit diskreter Zeit, standardmäßig mit 1 min- Aulösung, gerechnet. Schematisierte Zugtypen deinieren die Fahrzeiten auf jeder Kante. Auf den Kanten müssen Zugfolgezeiten eingehalten werden, die Mindestabstände der Einfahrzeiten deinieren. Wenn ein Zug eine Station in der entgegengesetzten Richtung wieder verlässt, muss zudem eine Wendezeit berücksichtigt werden. Die Kapazität einer Station wird über die Zahl der Züge deiniert, die dort gleichzeitig bedient werden können. Dies alles wird nach Zugtypen und weiteren Eigenschaften unterschieden. In Pseudoknoten kann kein Zug halten oder wenden, sie dienen lediglich als Verknüpfungspunkte für Kanten. Ein konkreter Zuglauf wird als Pfad durch den zeitexpandierten Graphen des makroskopischen Infrastrukturmodells dargestellt. Er enthält die Zeiten, zu denen der Zug die benötigten Infrastrukturelemente belegt bzw. freigibt. Ein fahrbarer Fahrplan entspricht einer konliktfreien Pfadmenge, also einer Pfadmenge, welche die genannten Restriktionen einhält. Ökonomische Nachfragemodellierung und der Begrif der Eizienz Um die ökonomische Eizienz eines Trassenzuteilungsverfahrens bewerten zu können, muss der hinter einem Trassenwunsch stehende ökonomische Nutzen der Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) dargestellt werden. Dies wird durch Slotrequests realisiert. Ein Slotrequest speziiziert einen Trassenwunsch zeitlich und räumlich und verknüpft ihn mit einer Gebotshöhe, dem Basiswert. Zur räumlichen Speziikation werden die gewünschten Halte angegeben, zur zeitlichen Speziikation die bevorzugten Ankunfts- und Abfahrzeiten. Die genaue Streckenführung wird nicht festgelegt. Die Zeitspeziikation erlaubt die Angabe eines bevorzugten Zeitpunktes, eines zulässigen Zeitintervalls sowie eines linearen Abschlages von der Gebotshöhe für die Abweichung vom optimalen Zeitpunkt innerhalb des zulässigen Intervalls [7]. Um das Modell einfach zu halten, sehen wir von Abhängigkeiten zwischen Trassennachfragen (z. B. für Taktverkehre oder Zugumläufe) ab. Zumindest für den Güterganzzugverkehr sollte dies Trassenvermarktung Nutzungsentgelte für die Schieneninfrastruktur sind ein Thema von erheblicher verkehrspolitischer und volkswirtschaftlicher Bedeutung. Die Besonderheit des Verkehrsträgers Eisenbahn liegt darin, dass − zumindest theoretisch − Kapazitätsprobleme durch den Fahrplankonstruktionsprozess gelöst werden sollen und sich Engpässe nicht durch Staus, sondern durch abgelehnte Trassenwünsche manifestieren. Ist es daher möglich, ein Preissystem zu etablieren, das die Knappheit von Trassen exakt relektiert? Auktion versus Listenpreisverfahren Interdisziplinäres Forschungsprojekt Trassenbörse (gefördert vom BMWi): b Volkswirte (Leitung): TU Berlin, Fachgebiet Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik (WIP) b Mathematiker: Zuse-Institut Berlin (ZIB) b Eisenbahningenieure: TU Berlin, Fachgebiet Schienenfahrzeuge und Bahnbetrieb (SFWBB), und TU Braunschweig, Institut für Verkehrswesen, Eisenbahnbau und -betrieb (IVE) b Management Consultants Ilgmann, Miethner, Partner (IMP) POLITIK Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 16 zulässig sein, so dass wir im Folgenden Güterzüge betrachten. Der Wert eines Fahrplans ist die Summe der Einzelnutzen der realisierten Slotrequests. Die Allokationseizienz eines Fahrplans ist für ein konkretes Nachfrageszenario deiniert als Quotient aus (i) dem volkswirtschaftlichen Nutzen der realisierten Allokation und (ii) dem volkswirtschaftlichen Nutzen der optimalen Allokation auf Grundlage der privaten Wertschätzungen der EVUs („Benchmark-Allokation“). Maximalwert der Allokationseizienz ist 1. Das Eizienzpotenzial Dass ein Listenpreisverfahren zu Ineizienzen führt, ist in der Literatur bekannt. Wir wollen eine Abschätzung der Größenordnung dieser Ineizienzen durchführen. Dazu untersuchen wir ein einfaches, auf einem einheitlichen Kilometerentgelt beruhendes Listenpreisverfahren. Dies entspricht idealisierend den Trassenpreissystemen in den meisten Ländern (allerdings unterscheiden wir nicht Kilometerpreise für verschiedene Zugtypen). In unseren Simulationsrechnungen wählen wir denjenigen Kilometerpreis, bei dem der Wert der Listenpreis-Allokation maximal wird. Um die Eizienz dieser Allokation zu berechnen, müssen wir zudem die Benchmark-Allokation bestimmen. Unsere Methodik beruht auf folgenden Elementen (siehe [5]): b Das makroskopische Netz „HaKaFu“ (Abbildung- 1), welches das Schienennetz der Region Hannover − Kassel − Fulda umfasst (erstellt vom Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb der TU Berlin sowie dem IVE Braunschweig). b Die Optimierungssoftware TS-OPT (entwickelt vom Konrad-Zuse-Institut), die vollautomatisch einen Fahrplan berechnen kann, der die Gesamtsumme der den Trassenanmeldungen (Slotrequests) zugewiesenen Werte maximiert. Diese Werte sind - die km-basierten Listenpreise für das Listenpreisverfahren, - die privaten Wertschätzungen für das Optimum (Benchmark). b Eine nach Gütergruppen gegliederte Verkehrsmatrix für den Güterverkehr, der im Untersuchungsgebiet seinen Ursprung oder seine Bestimmung hat oder es passiert. b Ein Verkehrsmodell, das aus der Verkehrsmatrix sowie diversen eisenbahntechnischen Daten stochastisch Slotrequests generiert. b Ein stochastisches Modell für die privaten Wertschätzungen der Slotrequests. Nachfrage- und Verkehrsmodell Die Online-Datenbank des Statistischen Bundesamtes, GENESIS, enthält Daten über Transportmengen für den Schienengüterverkehr, die nach sog. Güterhauptgruppen gegliedert sind. Eisenbahnverkehrliches Spezialwissen 1 erlaubte es, einerseits den Güterströmen Transportkorridore durch das Untersuchungsgebiet „HaKaFu“ zuzuordnen sowie aus den Tonnenkilometerangaben ungefähre Zugzahlen, unter Berücksichtigung notwendiger Leerfahrten, zu erhalten. Die Zugzahlen konnten mit Expertenwissen validiert werden. Um die Rechenzeit zu beschränken, wurden sie auf ein Zeitfenster von 1 h herunter gebrochen. Die konkreten Slotrequests wurden stochastisch als Poisson-Prozess modelliert. Der Intensitätsparameter des Poisson-Prozesses wurde mit einem multiplikativen Skalierungsfaktor versehen und so gewählt, dass wir in Simulationen mit einem Skalierungsfaktor von 1 Trassenbelegungen erhalten, die ungefähr den im Verkehrsmodell ermittelten Zugzahlen entsprechen. Die zeitliche Flexibilität der Trassenbestellungen wurde einheitlich auf ± 5 Minuten gesetzt. Um die Zahlungsbereitschaften der EVU abzuschätzen, sind wir wie folgt vorgegangen: Nach Aussagen von Marktteilnehmern liegen die erzielten Margen im Schienengüterverkehr zwischen 2 % und 6 %, der Kostenanteil der Trassen liegt bei 25 %. Da die maximalen Zahlungsbereitschaften bei dem Wert liegen, der die Marge auf 0 % drücken würde, können wir auf Zahlungsbereitschaften schließen, die zwischen 8 % und 24 % über den aktuellen Listenpreisen liegen. Wir nehmen an, dass die Zahlungsbereitschaften normalverteilt sind. Für die Schätzung der Varianz setzen wir an, dass 80 % der Werte im genannten Intervall zwischen 8 % und 24 % liegen. Simulationsrechnungen Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse der Simulationsrechnungen. Da für jeden Skalierungsfaktor mehrere Simulationen ( jeweils auf Basis unterschiedlicher Realisationen der stochastischen Slotrequests) durchgeführt wurden, geben wir jeweils die Minimal-, Mittel- und Maximalwerte an. Die zweite Spalte zeigt die Zahl der Trassenbestellungen, die dritte Spalte die Zahl der zugeteilten Trassen. Die Eizienz wird in der vierten Spalte angegeben. Das berechnete Eizienzpotenzial - also die Diferenz zwischen der erreichten Eizienz und dem Wert 1 - liegt zwischen 0 und 10 %. Es erhöht sich mit steigender Nachfrage. Folgende Überschlagsrechnung soll eine Vorstellung von der Größenordnung vermitteln: Im Jahr 2009 wurden Güterverkehrstrassen im Wert Skalierungsfaktor Anzahl Trassenbestellungen (min mittel max) Anzahl realisierbare Züge Eizienz 0.8 14 - 19.2 - 26 9 - 12.2 - 14 1.000 - 0.991 - 0.955 1 17 - 24.3 - 29 13 - 15.5 - 17 1.000 - 0.990 - 0.968 1.5 28 - 37.6 - 45 18 - 20.5 - 28 1.000 - 0.961 - 0.912 2 34 - 48.3 - 63 18 - 24.8 - 34 0.998 - 0.970 - 0.933 2.5 44 - 60 - 72 31 - 30.3 - 44 1.000 - 0.965 - 0.841 4 68 - 86.6 - 105 38 - 38.7 - 68 0.970 - 0.934 - 0.905 6 121 - 138.3 - 152 45 - 48.6 - 121 0.950 - 0.911 - 0.877 Tab. 1: Zusammenhang zwischen Nachfrage (SGV, HaKaFu, 1 h), Zuteilungen und Eizienz eines herkömmlichen Listenpreisverfahrens Abb. 1 : HaKaFu-Netz, Abbildung mit Travis, ZIB Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 17 POLITIK Wissenschaft Jede konkrete Trasse besteht aus einer Sammlung von Token, die „im Paket“ gekauft werden. Der Trassenpreis entspricht der Summe der Preise der benötigten Token. Die zu bezahlende Belegungsdauer in einer Station entspricht der Verweildauer des Zuges in der Station. Für Kantenbelegungen liegen die Dinge komplizierter, da die Zugfolgezeit - d. h. die efektive Belegungszeit - von den Eigenschaften (Zugtyp und Fahrdynamik) sowohl des vorausfahrenden als auch des nachfolgenden Zuges abhängt. Naheliegend ist es, die für die Zahlung relevante Belegungsdauer mit einer (eventuell geeignet gewichteten) Durchschnittsbildung über alle möglichen Proile nachfolgender Züge zu bestimmen. Wir präsentieren Rechnungen mit nur einem Zugtyp. Zudem sehen wir von zeitlichen oder räumlichen Variationsmöglichkeiten von Trassen ab, so dass jeder Slotrequest nur durch einen einzigen Optra-Pfad implementiert werden kann. Eizienz token-basierter Allokationen Die optimale preisgestützte Allokation und die optimalen Tokenpreise price(T) ergeben sich aus dem folgenden linearen Programm. Dabei steht p für verschiedene Optra-Pfade bzw. Trassen (also hier Züge). Q sei die Menge aller nachgefragten Trassen. Die Indikatorfunktion X(p) gibt an, ob Trasse p zugeteilt wird (1) oder nicht (0). Die Zahlungsbereitschaft für die Trasse wird mit pathvalue(p) bezeichnet, so dass in der ersten Zeile die Summe der Zahlungsbereitschafvon ca. 600 Mio. EUR verkauft. 2 Setzt man den Mittelwert der Marge (16 %) an und berücksichtigt entsprechend den Wachstumsprognosen für den Güterverkehr einen Skalierungsfaktor von 1,5, so ergibt sich ein Eizienzpotenzial im Wert von ca. 40 Mio. EUR. Dies wäre eine untere Abschätzung des volkswirtschaftlichen Gewinns, den man zukünftig erhalten könnte, wenn man allein die Güterverkehrstrassen nicht nach einem kilometer-basierten Listenpreissystem, sondern mit einer Auktion zuteilen würde. Allerdings würden beide Allokationsverfahren in der Praxis nicht so perfekt funktionieren wie in den Simulationen. Token-basierte Preissysteme Die Preisindung des oben beschriebenen Listenpreisverfahrens beruht auf der Länge einer Trasse. Es ist naheliegend, ein reformiertes Listenpreissystem zu entwickeln, in dem die Preisdiferenzierung den Knappheitsverhältnissen angepasst wird. Ziel ist es, durch geeignete Preisindung eine möglichst eiziente Trassenvermarktung zu erzielen. Infrastrukturkapazität als ökonomisches Gut Als „Token“ bezeichnen wir ein Belegungsrecht für ein bestimmtes Infrastrukturelement (Station oder Gleisabschnitt) während einer bestimmten Zeitspanne. Wir bestimmen Preise für einzelne Token. Für die Dauer einer sog. „Zeitscheibe“ sind die Minutenpreise konstant; die Zeitscheibengröße ist ein freier Parameter. Abb. 2: Eizienz der token-basierten Allokation in Abhängigkeit von der Zuganzahl, für Zeitscheiben von 5, 10, 15, 30, 60 Minuten Abb. 2: Eizienz der token-basierten Allokation in Abhängigkeit von der Zuganzahl, für Zeitscheiben von 5, 10, 15, 30, 60 Minuten Optimierte Listenpreise für die zeitlich deinierte Belegung von Infrastrukturelementen (Token) POLITIK Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 18 scherweise wird eine solche Preisindung durch einen Tâtonnementprozess beschrieben. Dabei handelt es sich um einen iterativen Prozess, bei dem Preiserhöhungen für übernachgefragte und Preissenkungen für unternachgefragte Güter stattinden. Der Prozess endet, wenn alle Bestellungen angenommen werden. Wir haben einen solchen Prozess durch eine Simulation nachvollzogen. Abbildung 3 zeigt den Verlauf der Eizienz während des Iterationsverfahrens. Nach ca. 20 Iterationen liegt die Eizienz über 95 %. Schließlich haben wir untersucht, wie sich die Einführung eines zweiten Zugtyps in das Szenario auswirkt. Erwartungsgemäß verringert sich die Eizienz, wenn die Heterogenität der Fahreigenschaften der Züge zunimmt, jedoch blieb sie stets über 95 %. Auktionen oder token-basiertes Listenpreissystem als geeignete Form der Trassenallokation? Eine kombinatorische Auktion besticht durch Stringenz und Perfektionismus. Ungewöhnlich ist an ihr jedoch, dass eine kombinatorische Optimierung über die Grenzen konkurrierender Firmen hinweg stattindet. Sonst wird die kombinatorische Optimierung meistens zur Optimierung irmeninterner Abläufe oder in einer Planwirtschaft eingesetzt. 3 Beiden Situationen ist gemein, dass keine Interessenskonlikte zu lösen sind und dass die Modellentwicklung, also die Festsetzung der Nebenbedingungen und Zielfunktionen, intern stattindet. Fraglich ist daher, ob eine kombinatorische Auktion den Anforderungen eines Trassenmarkts ten der zugeteilten Züge maximiert wird. Die erste Nebenbedingung stellt schematisch die Konliktfreiheit des Fahrplans im Optra-Modell dar. Hinter ihr verbirgt sich ein Satz linearer Nebenbedingungen für die Knoten- und Kantenrestriktionen. max feas ( )pathvalue( ) ({ : ( ) , ( ) price T Q p p p p Q p ∈ ∑ ∈ = = = ≤ = 1 1 0 }) ( ) pathvalue( ) ( ) price( ) price( p p p p p )) { , } pathvalue( ) ( ) ≥ ∈ p p 0 1 Der Preis einer Trasse price(p) entspricht der Summe der Preise der benötigten Token. Die beiden Preisgleichgewichtsbedingungen besagen, dass die Preise für akzeptierte Slotrequests die private Zahlungsbereitschaft nicht übersteigen dürfen, während abgelehnte Slotrequests preislich unattraktiv sind, d. h. ihr Preis liegt oberhalb der Zahlungsbereitschaft. Das Maximum wird über alle möglichen Pfadvergaben und alle möglichen Tokenpreise bestimmt, d. h. als Ergebnis der Maximierung ergibt sich eine preisgestützte Allokation zusammen mit den sie stützenden Tokenpreisen. Abbildung 2 zeigt die Simulationsergebnisse. Wird die Zeitscheibengröße auf höchstens 15 Minuten gesetzt, liegen die Eizienzwerte oberhalb von 99 %. Preiserkundung durch Tâtonnement Damit wurde gezeigt, dass bei richtiger Preissetzung der Token fast eiziente Allokationen erzielt werden können. Wie können diese Preise aber gefunden werden, wo doch die privaten Zahlungsbereitschaften unbekannt sind? Klassi- Abb. 3: Eizienz im Tâtonnementprozess Simulationsrechnungen weisen auf geringe Eizienzverluste bei token-basierten Preissystemen hin. Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 19 POLITIK Wissenschaft die regelmäßig überlastet sind, könnte nachgedacht werden. Es sollten dann ganze Trassen versteigert werden, die im Jahresfahrplan bereits vorkonstruiert wurden, z. B. Güterverkehrstrassen im Nachtsprung auf der Rheinschiene. Allerdings sollte auch hier zunächst das einfachere Instrument der Knappheitslistenpreise geprüft werden. Vermutlich wird eine Auktion erst dann besser abschneiden, wenn für eine größere Menge relativ homogener Trassen die Knappheit deutlich zunimmt. ɷ 1 Dank an Martin Balser, TU Berlin, Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb. 2 Nach Geschäftsbericht DB Netz, 2009, wurden Trassen im Wert von ca. 4 Mrd. EUR verkauft, davon entielen ca. 15 % auf den Güterverkehr. 3 Die Originalarbeit von Kantorovich zur linearen Programmierung (Kantorovich 1960) behandelt ein Produktionsproblem für eine Holzwerkstoffabrik [3]. In seiner Rede anlässlich der Nobelpreisverleihung 1975 betont er ausdrücklich die Bedeutung der zentralen Kontrolle der Ökonomie. gerecht wird. Die Kernkompetenz der EVU besteht in der Akquisition von Transportaufträgen sowie der Disposition von rollendem Material und Personal. Dabei sollte ihr Markt für Input- Güter, also insbesondere für Trassen, stabil und berechenbar sein. Eine kombinatorische Optimierung führt jedoch zu unkalkulierbaren Wechselwirkungen zwischen den Trassennachfragen. Hinsichtlich der Funktion von Preisen als Signale für die Nachfrager über die Marktbedingungen für Trassen sind die Preissignale, die eine kombinatorische Optimierung erzeugt, weitgehend nutzlos, weil instabil und schwer interpretierbar. Nach der Transaktionskostentheorie organisieren sich Firmen so, dass sie komplexe Transaktionen irmenintern halten und einfache über Märkte auslagern. Dies bedeutet umgekehrt: Wenn die Interaktion zwischen Infrastruktur und Transport als Markt zwischen verschiedenen Unternehmen gestaltet werden soll, dann muss der Trassenmarkt einfach und berechenbar gestaltet werden. Ein neuartiges, diferenziertes Listenpreisverfahren für Token erfüllt diese Voraussetzung. Die relativ schwierige Aufgabe, richtige Knappheitspreise für die Token zu bestimmen, wird dem Infrastrukturunternehmen (und dem Regulierer) überlassen. Hingegen ist die Interaktion mit den EVU einfach. Sie können sich über den Preis einer gewünschten Trasse idealerweise am Internet erkundigen, indem der Infrastrukturbetreiber entsprechende Software bereitstellt. Die vorgenommenen Simulationsrechnungen weisen zudem darauf hin, dass der volkswirtschaftliche Eizienzverlust vertretbar gering gehalten werden kann. Ein Trassenmarkt sollte ferner - ähnlich wie die Strommärkte - Möglichkeiten der längerfristigen Bindung, der Last-Minute-Bestellungen und des Wiederverkaufs bieten. Dabei sollte der Sekundärmarkt vorzugsweise über den Infrastrukturbetreiber organisiert werden, indem er Trassen zu vorgegebenen Bedingungen zurücknimmt und erneut verkauft. Eine kombinatorische Auktion wäre schwer mit einem Sekundärmarkt sowie einer kurzfristigen Trassenvergabe zu vereinen, da sie darauf beruht, dass sich die Trassenpreise in großen, umfassenden Verkaufsveranstaltungen jeweils aktuell am Markt bilden. Auch hier wäre ein token-basiertes Listenpreisverfahren aufgrund der relativen Stabilität der Preise im Vorteil. Welcher Platz bleibt für Auktionen im Trassenmarkt? Derzeit existiert noch (allerdings eher theoretisch) das sog. Höchstpreisverfahren (EIBV § 9 Abs. 6). Dies ist gleichbedeutend mit der Versteigerung eines isolierten Tokens. Ein Gewinner kann nicht sicher sein, ob er auch die anderen für eine Trasse benötigten Fahrtrechte erhält. Dieses Verfahren ist daher nicht hilfreich [4]. Über den selektiven Einsatz von (nicht kombinatorischen) Auktionen auf bestimmten Strecken, LITERATUR [1] BORNDÖRFER, R.; ScHlEcHTE, T. 2007: Models for Railway Track Allocation. conference Proceedings of 7 th Workshop on Algorithmic Methods and Models for Optimization of Railways, 2007. [2] BORNDÖRFER, R.; ScHlEcHTE, T.; WEIDER, S. 2010: Railway Track Allocation by Rapid Branching. conference Proceedings of 10 th Workshop on Algorithmic Methods and Models for Optimization of Railways, 2010. [3] KANTOROvIcH, l. v. 1960: Mathematical Methods of Organizing and Planning Production. Management Science, vol. 6, 1960, S. 366-422. [4] MITUScH, K.; TANNER, A. 2007: Trassenzuteilung und Konliktlösung nach neuer EIBv - Anmerkungen aus volkswirtschaftlicher Sicht. In M. Ronellenitsch und R. Schweinsberg, Herausgeber: Aktuelle Probleme des Eisenbahnrechts XII, vorträge im Rahmen der Tagung am 6.-7. September 2006 in Tübingen. verlag Dr. Kovac, Hamburg, 2007, S. 169-197. [5] ScHlEcHTE, T.; TANNER, A. 2010: Railway capacity auctions with dual prices. Selected conference Proceedings of 12 th World conference on Transport Research, 2010. [6] SIEGMANN, J.; BAlSER M.; GIllE, A. 2011: Trassenplanung auf Basis abstrahierter Infrastrukturdaten. EI — Der Eisenbahningenieur, 62 (2011) 5. [7] NIlSSON, J. 2002: Towards a welfare enhancing process to manage railway infrastructure access. Transportation Research Part A 36 (5), 2002, S. 419 - 436. Andreas Tanner, Dr. IVU Traic Technologies AG andreas.tanner@ivu.de Kay Mitusch, Prof. Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung (IWW), Leiter Fachgebiet Netzwerkökonomie mitusch@kit.edu LOGISTIK Güterverkehrszentren Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 20 Ausgezeichnete Logistikstandorte Güterverkehrszentren als Konsolidierungspunkte der Logistik an der Schnittstelle Nah-/ Fernverkehr haben sich in Deutschland erfolgreich durchgesetzt. Zusammen mit den italienischen Interporti zählen sie zu den führenden Standorten in Europa und setzen die Leistungsstandards. D eutschland verfügt mit 35 Standorten über die größte Anzahl von Güterverkehrszentren in Europa. In einer aktuellen Studie 1 der Deutschen GVZ-Gesellschaft (DGG) zum Benchmarking und Ranking der europäischen Güterverkehrszentren wird den deutschen GVZ ein hervorragender Leistungsstandard bescheinigt 2 (vgl. Abbildung-2). Ausgangspunkt der Studie war zunächst die Schafung eines einheitlichen und damit konsensfähigen GVZ-Verständnisses, das vor allem auf die Intermodalität und besonderen Managementstrukturen dieser makrologistischen Standorte abzielte. Demzufolge wurden nur Logistikstandorte berücksichtigt, die über eine entsprechende Ausrichtung verfügen. Dies bedeutet beispielsweise, dass Logistikparks an Autobahnkreuzen ohne Schienenanschluss oder klassische (Binnen-)Häfen nicht in die Bewertungen aufgenommen werden konnten. Einbezogen in die Studie wurden GVZ- Standorte aus insgesamt über 30 Ländern Europas. Nach mehreren Zwischenanalysen („Filterungen“) kamen letztendlich knapp 100 GVZ-Standorte in Europa in die nähere Betrachtung. Im Ergebnis der Studie zeigt sich, dass die GVZ-Landschaft in Europa noch sehr stark durch die etablierten Standorte in West- und Südeuropa geprägt ist. Erst relativ langsam kommt die Etablierung der GVZ-Idee in Osteuropa voran. Die sehr gute Positionierung der deutschen Güterverkehrszentren basiert in erster Linie auf den sehr hohen Beschäftigungswirkungen und umfangreichen Flächenoptionen. Die im europaweiten Benchmarking vergleichsweise hohe Anzahl an Beschäftigten basiert dabei auf der Tatsache, dass in den Güterverkehrszentren Unternehmen angesiedelt sind, die über die reinen TUL-Funktionen (Transport-Umschlag-Lagerung) hinaus hohe Wertschöpfungsanteile in den VAS- Dienstleistungen (Value Added Services) erwirtschaften. Hierdurch werden erhebliche Beschäftigungswirkungen erzielt, die auch im hohen Outsourcing-Anteil des Logistikdienstleistungssektors in Deutschland ihren Ausdruck finden. E ekte der GVZ Nach über 25 Jahren GVZ-Entwicklung in Deutschland ist ein umfangreiches Erfahrungs- und Ergebnisspektrum vorhanden. Die nachfolgenden Ausführungen zeigen verschiedene Wirkungsebenen im Überblick: b Beginnend mit dem GVZ Bremen (1985) hat sich in 25 Jahren ein nahezu flächendeckendes GVZ-Netz mit insgesamt 35 Standorten in Deutschland entwickelt. Dabei ist festzustellen, dass es keine regionalen Konzentrationen gibt, sondern eine Gleichverteilung aller unterschiedlichen Entwicklungsstufen vorherrscht (vgl. Abbildung 2). Dass sich das GVZ-Konzept jedoch nicht in allen Regionen mit hoher Logistikintensität durchsetzen konnte, hat mehrere Gründe: So ist es z. B. in Ballungsräumen wie München Abb. 1: GVZ Bremen Foto: wfb Bremen Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 21 oder Rhein/ Main u. a. aufgrund begrenzter Flächenverfügbarkeit sowie hoher Grundstückskosten auch langfristig problematisch, im Umfeld der bestehenden KV-Terminals Logistikflächen für GVZ auszuweisen. Auch in den Seehäfen hat sich das GVZ-Modell bislang nur bedingt etablieren können. b Das herausragende Erfolgskriterium in den Güterverkehrszentren ist die flächendeckende Etablierung von KV-Terminals. Diese in den Anfangsjahren nicht zu erwartende Entwicklung wurde nachweislich insbesondere durch die Ende der 1990er Jahre wirksame KV-Förderrichtlinie des Bundes vorangetrieben. Heute bilden die KV-Terminals in den Güterverkehrszentren das Rückgrat des kontinentalen (und ansatzweise des maritimen) KV in Deutschland (Europa). b Bedingt durch die KV-Terminals ist festzustellen, dass die in den Güterverkehrszentren erreichten Verkehrsverlagerungen von der Straße auf den Verkehrsträger Schiene zu einer beachtlichen Reduzierung von Schadstofemissionen (insbesondere CO 2 - Ausstoß) des Güterverkehrs beitragen. b Das Feld „Grüne Logistik“ wird auch in den Güterverkehrszentren zunehmend thematisiert. Beim Thema „Klimaschutz/ Klimaanpassung“ gibt es vor allem Ansätze im Bereich Klimaschutz z. B. durch die Errichtung von Photovoltaikanlagen und die Installation von nachhaltigen Beleuchtungssystemen. Die Maßnahmen im Bereich Klimaanpassung hingegen sind − entsprechend der Situation der gesamten Logistikbranche − noch in den Anfängen. b Nachweislich wichtige Beiträge leisten die Güterverkehrszentren darüber hinaus zu Fragestellungen der Raumordnung in Deutschland. An sehr vielen Standorten ist es beispielsweise gelungen, Logistikanlagen aus Arealen mit erheblichen Nutzungskonflikten in die Güterverkehrszentren zu verlagern. Hierdurch konnten neue städtebauliche Handlungsspielräume und positive Efekte aus der arealen Verkehrsverlagerung erzielt werden. Darüber hinaus hat die Ausweitung von GVZ-Flächen für Neuansiedlungen zur Kanalisierung und Konzentration des Lkw-Schwerverkehrs (Fernverkehr) in der Peripherie der Agglomerationsräume beigetragen. b Die klassische Stadtlogistik („City-Logistik“), gekennzeichnet durch die kooperative Bündelung der speditionellen Verkehrsmengen, ist auch in den Güterverkehrszentren nahezu überall gescheitert. In der Praxis sind die Güterverkehrszentren aber Konsolidierungspunkte der Logistik an der Schnittstelle Nah-/ Fernverkehr, die auf einzelbetrieblicher Ebene eine Optimierung der Verkehre in die Innenstädte er- Tab. 1: Ergebnisse des europäischen GVZ-Rankings 2009/ 2010 (max. 250 Performancepunkte) Quelle: DGG Abb. 2: GVZ-Standortkarte 2011 Quelle: DGG LOGISTIK Güterverkehrszentren Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 22 leichtern und so verkehrsentlastende Efekte induzieren. In diesem Kontext könnten neue Initiativen für Logistik im städtischen Raum unter Einbeziehung der GVZ, z. B. durch Pilotprojekte, flankierend wirken. Unter Berücksichtigung verkehrlicher, ökologischer und ökonomischer Efekte der Güterverkehrszentren können die GVZ-Standorte in Deutschland ansatzweise einem „GVZ-Kernnetz“ und einem „GVZ- Ergänzungsnetz“ zugeordnet werden. Zum Kernnetz gehören Standorte, die in mindestens zwei der drei folgenden Bereiche aktuell hohe Wirkungen erzielen: b Verlagerungswirkung/ ökologische Efekte im Kombinierten Verkehr (Indikatoren: Gesamtumschlag des KV-Terminals, verlagerte Transportleistung, Berücksichtigung der Trimodalität sowie aktiver Gleisanschlüsse im Wagenladungsverkehr der Eisenbahn). b Verkehrliche und ökonomische Wirkung in der Region (Indikatoren: Lkw-Verkehrsmengen, Unternehmensbesatz, Anzahl der Beschäftigten). b Innovative Lösungen im Bereich der Stadt- und Regionallogistik (Indikatoren: operative Lösungen, Pilotprojekte). Folglich lassen sich 22 von 35 GVZ-Standorten einem Kernnetz zuordnen. Diese sind in der nachfolgenden Tabelle 2 aufgelistet. Zum Vergleich wird die Platzierung (1 bis 33) der Standorte aus dem im Jahr 2007 durchgeführten GVZ-Ranking der Deutschen GVZ-Gesellschaft (DGG) aufgeführt. 3 Hier zeigt sich zum einen, dass sich einige Standorte seit 2007 sehr positiv entwickelt haben. Andererseits bestätigt dieser Abgleich mit wenigen Ausnahmen die Abgrenzung des Kernnetzes. Perspektiven Für die Güterverkehrszentren besteht vor allem eine Chance darin, sich in einem bundesweiten Netz zentraler logistischer Zentren (Knoten) erfolgreich weiterzuentwickeln. Demzufolge gilt es auf unterschiedlichen Entscheidungsebenen zu prüfen, wie ein solches Netz konzeptionell zu konfigurieren wäre, das neben ausgewählten GVZ-Standorten beispielsweise eine Reihe von Binnen- und Seehäfen, Flughäfen sowie Transportgewerbegebieten beinhaltet. 4 Dieses Netz kann eine wesentliche Grundlage für die konzentrierte Vermarktung des Logistikstandorts Deutschland im Ausland darstellen. In diesem Kontext besteht eine wichtige Aufgabe der Güterverkehrszentren in der Bereitstellung attraktiver, optimal angebundener und konfliktfreier (nachhaltiger) Flächen für Logistikansiedler. Weitere wichtige Aufgaben wie z. B. die Generierung von hohen KV-Aukommen oder Lösungsansätze im Themenfeld „Grüne Logistik“ sind dabei ebenfalls Teil der Tätigkeiten. ɷ 1 Deutsche GVZ Gesellschaft (2010) 2 Nestler, S. / Nobel, T. (2010) 3 Vgl. Nobel, T. (2007) 4 Vgl. Nobel, T. (2004), S. 354 LITERATUR Deutsche GVZ Gesellschaft (2010): Ranking der europäischen GVZ-Standorte - Benchmarking der europäischen Erfahrungen, Makrologistische Knoten, Band 1, NESTLER, S./ NOBEL, T. (Hrsg.), Wissenschaftlicher Verlag Berlin, Berlin. NESTLER, S. / NOBEL, T. (2010): Deutsche GVZ in der Champions League, in: DVZ Nr. 6 vom 14.01., S. 12, Hamburg. NOBEL, T. (2004): Entwicklung der Güterverkehrszentren in Deutschland − Eine am methodischen Instrument Benchmarking orientierte Untersuchung, ISL Book Series no. 30, Bremen. NOBEL, T. (2007): GVZ bleiben gesuchte Standorte, in: DVZ Nr. 149 vom 13.12., S. 8, Hamburg. Ste en Nestler, Dipl.-Ing Geschäftsführer der Deutschen GVZ-Gesellschaft mbH, Dresden nestler@gvz-org.de Thomas Nobel, Dr. Geschäftsführer der Deutschen GVZ-Gesellschaft mbH, Bremen nobel@gvz-org.de GVZ-Standort GVZ-Kernnetz GVZ-Ergänzungsnetz DGG-Platzierung 2007 Augsburg 1 31 Berlin Ost 1 20 Berlin Süd 1 3 Berlin West 1 8 Bremen 1 1 Dresden 1 5 Emsland 1 6 Erfurt 1 30 Europark Coevorden 1 neu Frankfurt/ Oder 1 22 Göttingen 1 25 Hamburg 1 19 Hannover 1 29 Herne 1 9 Ingolstadt 1 15 Kassel 1 12 Kiel 1 14 Koblenz 1 16 Köln 1 28 Leipzig 1 4 Lübeck 1 13 Magdeburg 1 26 Nürnberg 1 2 Osnabrück 1 33 Regensburg 1 7 Rheine 1 18 Rostock 1 32 Salzgitter 1 21 Stuttgart-Kornwestheim 1 24 Südwestsachsen 1 17 Trier 1 10 Ulm 1 27 Weil am Rhein 1 11 Wilhelmshaven 1 neu Wolfsburg 1 23 GESAMT 22 13 Tab. 2: GVZ-Kern- und Ergänzungsnetz Quelle: DGG Delivering solutions. Auf jedem Meter der Lieferkette CO 2 sparen - und zwar im richtig großen Maßstab. Dafür steht der ECO 2 PHANT. 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Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 24 Bewertung von Logistikimmobilien Die Anforderungen an moderne Logistikimmobilien sind sehr hoch. Die Bewertung dieser Spezialimmobilien setzt eine intensive Auseinandersetzung mit den branchenspezifischen Besonderheiten der Bewertungsmaterie voraus. Entscheidende Determinanten sind hier neben der vorrangigen Standortfrage, die Anforderungen an Grundstück und Gebäude, Struktur und Verhalten der Marktteilnehmer und nicht zuletzt die Drittverwendungsmöglichkeit der Objekte. N och bis vor wenigen Jahren wurde unter dem Oberbegrif „Logistikimmobilie“ alles zusammengefasst, was im weitesten Sinne mit Lagerhaltung zu tun hatte. Es wurde aber mit der Zeit deutlich, dass es sich dabei um eine neue Asset-Klasse handelt - eine neue Immobilienart, die eigener Bewertungsparameter bedarf. Dazu war es notwendig, diese Objekte zu klassifizieren und auch von den Objektarten zu diferenzieren, die bislang zur Logistik gezählt wurden, aber diesen Bewertungsansprüchen nicht gerecht wurden. Die Frage, die sich hier stellt, lautet: Warum müssen sich Banken etwas Neues ausdenken? Warum folgt man nicht einfach der Industrie, den Entwicklern und den Nutzern? Schließlich sollten die doch eigentlich am besten wissen, was gut ist und was funktioniert. Pfandbriefqualität im Fokus Der Grund dafür, dass sich Banken, vor allem Pfandbriebanken, hier anders verhalten, hat einen Namen. Er heißt Sicherheit. Seit etwa 240 Jahren gibt es Pfandbriefe in Deutschland und seitdem gilt diese Refinanzierungsart als sicher. Diese besondere Verantwortung gegenüber den Pfandbriefgläubigern führte zu einer ganzen Reihe von Überlegungen, die einerseits die Finanzierung von Logistikobjekten ermöglichen, aber andererseits auch die hohen Anforderungen aus Kreditwesen- und Pfandbriefgesetz erfüllen sollten. An dieser Stelle seien Schlagworte wie Drittverwendungsfähigkeit, Nutzungsdauer, Standortqualität, Gebäudeeigenschaften und vor allem die Laufzeit von Mietverträgen genannt. Es geht also nicht nur darum, die Immobilie als solche zu bewerten, sondern auch die Sicherheit dieses Objektes im Hinblick auf die emittierten Pfandbriefe zu würdigen. Dies hat Auswirkungen für die Investoren. Denn werden Immobilienkredite durch die Emission von Pfandbriefen refinanziert, sind diese häufig günstiger als andere Refinanzierungsmöglichkeiten. 1 Der Bewertungsprozess bekommt hier eine entscheidende Bedeutung: Funkelnagelneue Distributionszentren mögen für den Erstnutzer optimal positioniert, errichtet und ausgestattet sein. Ob aber in jedem Fall ein möglicher Nachnutzer dies ebenfalls so sieht, kann manchmal fraglich sein. Dies gilt umso mehr, je individueller die Halle, deren Ausstattung und vor allem die Lage sind. Das zu erkennen, zu beurteilen und in einem Wert zu spiegeln, ist Aufgabe der für Banken tätigen Gutachter: Auf der einen Seite der Marktwert 2 als Repräsentant der aktuellen Marktverhältnisse, auf der anderen Seite der Beleihungswert 3 mit all seinen aufsichtsrechtlichen Anforderungen, als Grundlage einer durch Pfandbriefe gedeckten Finanzierung. Was bedeutet dies nun im Einzelnen? Logistikimmobilien unterliegen, wie alle anderen Wirtschaftsgüter, den Wechselwirkungen der Konjunktur. Eine Immobilienbewertung für die Bank hat aber einen Zeitraum im Fokus, der in der Regel die Foto: Ixocon LOGISTIK Immobilien Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 25 Kreditlaufzeit abdeckt. Es sind hier also nicht nur die kurzfristigen Gegebenheiten zu berücksichtigen, wie sie beispielsweise im Abschluss eines günstigen zehnjährigen Mietvertrages zu sehen sind. Unter Nachhaltigkeit versteht der Gutachter auch die sog. Drittverwendungsfähigkeit, also die Möglichkeit die zu bewertende Logistikimmobilie nach Auslauf oder Störung des bestehenden Mietvertrages ohne wesentliche Investitionen im Bereich des ursprünglichen Verwendungszweckes neu zu vermieten oder zu verkaufen. Dies bedeutet aber, dass Maßanfertigungen nicht immer die beste und kosteneizienteste Lösung bei der Entwicklung einer neuen Halle sind. Die Individuallösung kann sich optimal in die Prozesskette des Erstnutzers eingliedern. Standortauswahl und Hallendesign bieten bei entsprechender Planung ein optimales Kosten-/ Nutzenverhältnis. Bei der Miete handelt es sich häufig um Kostenmieten, die über einen Zeitraum von 20 bis 25 Jahren die Investitionskosten refinanzieren. Das heißt, dass diese Kostenmiete, auch im Falle einer Nachvermietung, während des ganzen Zeitraums erzielt werden muss. Die Überlegungen des Bankgutachters gehen dabei in die folgende Richtung: Der Anmietung einer „gebrauchten“ Halle steht immer der Bau oder die Miete einer neuen Halle gegenüber. Der potenzielle Nachmieter muss sehr genau überlegen, inwieweit sich die bestehende Halle in die eigene kostenoptimierte Supply chain 4 eingliedern lässt. Zugeständnisse werden wahrscheinlich nur bei sehr guter Lage im Ballungszentrum möglich sein, wo entsprechende Grundstücksflächen nicht oder nur kostenintensiv erworben werden können. Von Ausstattungsstandards und Nutzungsmöglichkeiten Ausgehend von einem vergleichbaren Ausstattungsstandard könnte sich der potenzielle Nachmieter in einer ebenfalls vergleichbaren Lagequalität immer zur mehr oder weniger gleichen Kostenmiete eine neue Halle bauen lassen. Nur über einen entsprechenden Kostenvorteil, also eine rabattierte Miete, wäre er unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten bereit, in die Bestandshalle einzuziehen. Inwieweit die Kostenmiete also über den gesamten Lebenszyklus der Halle, und das sind immerhin zwischen 20 und 30 - in Toplagen auch 40 Jahre, ansetzbar ist, hängt somit sehr stark von der Verfügbarkeit der erforderlichen Lagequalitäten ab. Gleiches gilt auch für die Ausführung des Hallenbaus. Je individueller das Objekt, desto eingeschränkter erscheinen dem Gutachter die Nachvermietungschancen. Zu flache Hallen sind hier ebenso vermietungshemmend wie zu große Höhen. Eine übliche Bodenbelastung ist im Hinblick auf das Nachvermietungspotenzial günstiger als eine geringere, auch wenn diese optimal für den Erstnutzer erscheint. Man kann also tatsächlich die Drittverwendung bereits planen oder sogar einbauen. Wird in der Erstnutzung eben nicht ein Heckandocktor pro 1000 m 2 benötigt, kann aber der nachträgliche Einbau durchaus vorgesehen werden und auch beim Grundstückslayout berücksichtigt werden. Nicht nur der Gutachter der Bank sieht es gerne, wenn Entwickler und Investor sich hier eigene Gedanken über eine planmäßige oder vorzeitige Nachbzw. Weiternutzung gemacht haben. Schwieriger wird es immer dann, wenn der Gutachter in die Situation eines Grundstücksentwicklers versetzt werden muss, um die Halle über den Ablauf des ersten Mietvertrages hinaus beurteilen zu können - zumal dies nicht seine originäre Aufgabe ist. Gerade in Deutschland wurden Hallen lange Zeit immer für die „Single-Tenant“-Nutzung, also für einen Mieter bzw. Nutzer gebaut. Dies in Verbindung mit dem üblichen 10 %igen Büroflächenanteil stellte lange den Standard dar. Wir beobachten heute aber vor allem im europäischen Ausland, dass die Hallen größer und flexibler werden. Es erscheint im Hinblick auf den zeitlichen Betrachtungsrahmen ungleich schwerer eine 20- oder 30 000 m 2 -Halle mit zentralem Bürotrack wieder zu vermieten, als Hallen, die flexibel in 5000 oder 10 000 m 2 -Einheiten zu unterteilen sind. Nachträglich ist eine solche Unterteilung kostenaufwendig, da in der Regel mit einer kompletten Überarbeitung der gesamten Ver- und Entsorgungssituation verbunden. Zentrale Bürotracks können sich ebenfalls als ungünstig erweisen. Flexible Büroflächenlösungen mit Mezzaningeschossen und/ oder an die Mieteranforderungen anpassbare Modullösungen sind hier Lösungsansätze, die einer nachhaltigen Drittverwendung dienlich sind. Kürzere Mietvertragslaufzeiten im Trend? Im Bereich der Kontraktlogistik sind die von Banken häufig gewünschten langen Mietvertragslaufzeiten zwischen 12 und 15 Jahren eher ungewöhnlich. Das Voraussetzen solcher Zeiträume wird dementsprechend einem großen Bereich der Logistikbranche nicht gerecht. Insgesamt wächst der Anteil kurzfristiger Mietverträge kontinuierlich an. Dagegen sind im Bereich der „Buildto-suit-Flächen“, der nutzeradäquaten Individuallösungen, laut Jones Lang LaSalle 5 Laufzeiten um die zehn Jahre obligatorisch: „Wenn einer nur drei Jahre mieten will, baut dem kein Entwickler eine Immobilie.“ 6 Banken tun sich deshalb häufig schwer, kurze Vertragslaufzeiten zu akzeptieren und gleichzeitig die hohen Anforderungen der Pfandbriefdeckung nicht außer Acht zu lassen. Ein möglicher Ansatz wäre hier die Diskussion einer Abhängigkeit zwischen Lagequalität und Mietvertragslaufzeit. An Topstandorten mit sehr guten Vermietungschancen wären demzufolge durchaus kürzere Vertragslaufzeiten tolerierbar als an einem Solitärstandort irgendwo auf der sog. Grünen Wiese. Hier muss sich die Hallenfinanzierung über die Laufzeit des Erstvertrages Abb. 1: Abhängigkeit von Standortqualität und Mietvertragslaufzeit LOGISTIK Immobilien Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 26 darstellen lassen - natürlich immer unter der Voraussetzung einer nicht zu individuellen Gebäudeausführung. Drittverwendung - subjektiv oder objektiv? Aus der bisherigen Diskussion wird deutlich, dass der wesentliche Punkt der bankseitigen Immobilienbewertung gerade bei Logistikobjekten die Möglichkeit einer Drittverwendung ist. Die Lehre unterscheidet die subjektive von der objektiven Drittverwendungsfähigkeit. Versteht die subjektive Drittverwendungsfähigkeit die mögliche Nachnutzung im Sinne der ursprünglich geplanten Verwendung, unterstellt sie einen genügend großen potenziellen Nutzerkreis. Dagegen geht die objektive Drittverwendungsfähigkeit tatsächlich von einem Wechsel der Nutzungsart aus. Eine solche Überlegung ist naturgemäß mit wesentlich größeren Unsicherheiten verbunden, da an dieser Stelle bereits eine konkrete Weiterentwicklung des Objektes mit allen erforderlichen Kosten zu berücksichtigen ist und die Zielrichtung einer normalen Wertermittlung verlassen wird. Wie wäre also die subjektive Drittverwendung weiter zu forcieren? Durch die Agglomeration von Logistikimmobilien, Logistikdienstleistern und Flächenmanagement an einem Standort! Logistikparks vereinen nicht nur aus Sicht eines Kreditinstitutes viele Aspekte einer sinnvollen Risikominimierung. Wenn die Toplagen nicht vermehrbar sind, sollten zumindest gute Lagen gestaltet werden. Eine Einzelimmobilie kann dies nie aus eigener Kraft schafen. Es geht darum, dass sich ein Standort aus sich selbst heraus entwickeln und bestätigen kann. Erst durch die Konzentration von Flächen in einem gut angebundenen Bereich in Verbindung mit Logistikdienstleistern und unterstützenden Gewerben kann ein Standort entstehen, der mit einem einheitlichen Management kostenoptimierte Flächen anbieten kann. Die einzelnen Vertragslaufzeiten können hier ihre Brisanz verlieren, da nun die Antwort auf die Frage, ob ein Standort funktionieren kann oder nicht, eher in der Qualität des Managements zu suchen ist. Risikoprofile als Bewertungsgrundlage Die obige Darstellung in Form von Risikospinnen macht deutlich, dass die Herausforderungen bei einer Einzelimmobilie klar in den Bereichen der Mietvertragslaufzeiten und der Mieterbonitäten liegen. Eine gut bewirtschaftete Halle ist technisch durchaus 30 bis 40 Jahre nutzbar und die Objektqualität kann voraussichtlich auch den Ansprüchen in 20 Jahren noch gerecht werden. Bei einem Logistikpark verteilen sich die Risiken wesentlich stärker. Die Bonität der Mieter und die Laufzeiten der Mietverträge treten in ihrer Bedeutung zurück. Die Herausforderung ist hier eher die Objektqualität, was aber eindeutig in den Verantwortungsbereich eines Objektmanagements fällt. Selbstverständlich ist dieses Parkkonzept nicht auf alle Logistikketten übertragbar. So betreiben vor allem die großen Lebensmitteldiscounter ihre eigenen Versorgungsnetze, wobei sich die jeweiligen Standorte an den zu versorgenden Regionen orientieren. Dies macht aus Sicht dieser Lieferketten tatsächlich Sinn. Im Hinblick auf die Drittverwendung, als Voraussetzung einer pfandbriefgedeckten Refinanzierung, stellt diese individuelle Unternehmensstrategie jedoch einen Umstand in der Beleihungswertermittlung dar, der sich in reduzierten Wertansätzen widerspiegeln kann, was jedoch - wie hier dargestellt - nicht daran liegt, dass der Gutachter zu wenig Marktkenntnis über Logistikimmobilien besitzt. 1 ,Geplant, gebaut und finanziert: Logistikimmobilien aus Bankensicht‘; Achim Lenzen, Immobilienmanager 04-2009, S. 14 f) 2 § 194 Baugesetzbuch (BauGB) 3 § 16 Pfandbriefgesetz (PfandBG) 4 Supply chain (engl.) = Liefer-/ Wertschöpfungskette 5 Jones Lang LaSalle; Presseinformation MIPIM, Cannes, 09. März 2011 6 Investing in Germany der Immobilienzeitung 03. März 2011, S. 12, „Wo Lastwagen Konjunktur machen“, Rainer Koepke von Jones Lang LaSalle Abb. 2: Risikospinnen für zwei beispielhafte Logistikimmobilien Achim Lenzen, Dipl.-Geol. CIS HypZert (F/ M/ R), Teamleiter Internationale Immobilienbewertung der Berlin Hannoversche Hypothekenbank AG Achim.Lenzen@berlinhyp.de LOGISTIK Immobilien Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 27 Grüne Lager haben mehr Facetten Bei der Planung von Logistikimmobilien zählen die Energiefrage und klassische Faktoren. Geht es um nachhaltige Konzepte für die Logistik, stehen auch Lager und Umschlagzentren im Fokus. Allerdings muss bei Immobilien gänzlich anders an das Thema herangegangen werden als beim Gütertransport. Laut Alexander Nehm von der Fraunhofer-Arbeitsgruppe SCS spielen hier die Nutzungsdauer und der Amortisationszeitraum für umweltschonende Maßnahmen eine Rolle. E ine Logistikimmobilie wird im Normalfall für eine Nutzungsdauer von rund 30 Jahren konzipiert. Daher müssen sich die Planer auch intensiv mit energiewirtschaftlichen Szenarien auseinandersetzen. In erster Linie stehen dahinter zwei Beweggründe: So sollen die Betriebskosten und damit auch die CO 2 -Emissionen so weit wie möglich gesenkt werden. Dabei wird nach Ansicht von Nehm bewusst in Kauf genommen, dass die Erstellungskosten einer Öko-Anlage deutlich über denen eines konventionellen Lagers liegen. Allerdings amortisieren sich diese Mehrkosten trotz der weiter steigenden Energiekosten eher langfristig - in der Regel gehen die Planer von rund zehn Jahren aus. Uneinheitliche Einschätzung Doch die Umsetzung „grüner“ Immobilienkonzepte wird von den Teilnehmern am Logistikmarkt diferenziert gesehen. Nehm unterscheidet hier ganz klar zwischen Entwicklern, Eigennutzern und Investoren auf der einen Seite und Mietern auf der anderen Seite. Die erste Gruppe sieht den langfristigen Kostenefekt aufgrund der niedrigeren Foto: Gazeley LOGISTIK Immobilien Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 28 Jens Kohagen Fachjournalist Frankfurt/ Main Kontakt über hector@dvz.de Sven Bennühr DVZ-Redakteur bennuehr@dvz.de Nebenkosten. Das erhöht zudem für die Investoren auch die Chancen, die Immobilie weiterzuvermieten oder zu veräußern, falls dies notwendig werden sollte. Für Logistikdienstleister, welche Lager anmieten, um Zweibis Dreijahres-Kontrakte zu erfüllen, spielen diese Gründe eine geringere Rolle. Ihnen geht es eher darum, die Gesamtmiete möglichst günstig zu halten. Das allerdings wird sich ändern, erklärt Nehm: Mehr und mehr fordern die Auftraggeber der Logistikdienstleister von diesen den Nachweis des sogenannten Carbon Footprint. Das heißt, die Immobiliennutzer müssen den CO 2 -Ausstoß ermitteln und melden. Ein verminderter Schadstofausstoß ist aber auch für Eigennutzer interessant, um ihre eigene Umweltbilanz zu verbessern. Verkürzte Betrachtung Nehm weist darauf hin, dass die Motive, welche die drei Interessengruppen antreiben, eine verkürzte Betrachtungsweise widerspiegeln. Einige klassische Nachhaltigkeitsfaktoren und Megatrends werden bei dieser Sichtweise vernachlässigt. Nach wie vor sind Faktoren wie die Standortwahl, die Drittverwendbarkeit der Immobilie sowie Verfügbarkeit von Arbeitskräften ausschlaggebend für den Bau eines Lagers. Hinzu kommen einige zukunftsgerichtete Aspekte wie die Konzeption von Park- und Rangierflächen für längerer Lastzugkombinationen oder die Berücksichtigung des demografischen Wandels in Form altersgerechter Arbeitsplätze. Zertifiziertes Bauen Bezogen auf die Nachhaltigkeit stellt sich allerdings die Frage, wie dies qualifiziert gemessen werden kann. Derzeit gibt es drei Zertifzierungsverfahren, mit deren Hilfe Logistikimmobilien hinsichtlich ihrer Umweltwirkung eingeordnet werden können: das „Leadership in Energy and Environmental Design“-Zertifikat (LEED), die „BRE Environmental Assessment Method“ (BREEAM) und das „Deutsche Gütesiegel für nachhaltiges Bauen“ (DGBN). Ausschlaggebend ist für Deutschland dabei laut Nehm das DGNB-Zertifikat. Im internationalen Umfeld und insbesondere in den USA hat sich dagegen der LEED-Standard durchgesetzt. Allerdings bemängelt Nehm den Wildwuchs bei den Zertifikaten und Siegeln. Dieser gehe zu Lasten der Transparenz. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob ein Zertifikat in jedem Fall nutzerrelevant sei. Einem Eigennutzer bietet es kaum Vorteile, so Nehm. ɷ Der Beitrag erschien zuerst in: DVZ Nr. 27 vom 3.3.2011, S. 13 Green Warehouses Der Logistikimmobilienentwickler Gazeley hat in North Stafordshire, nahe Manchester, ein CO 2 -positives Logistikzentrum realisert. Die Immobilie ist nach BREEAM zertifiziert und wurde mit zahlreichen internationalen Auszeichnungen wie dem LEAF Award oder dem Hanse Globe 2009 prämiert. Der G. Park Blue Planet verfügt über eine Fläche von rund 36 000 m 2 und bezieht den Wärme- und Energiebedarf zu 100 % aus erneuerbaren Energien. Entscheidend ist dabei die positive CO 2 -Bilanz des Gebäudes, das vom britischen Architekturbüro Chetwoods Architects entworfen wurde. Nachhaltige Logistikzentren verbrauchen weniger Energie und ermöglichen so dem Nutzer seine Betriebskosten deutlich zu verringern. Gleichzeitig sinkt der CO 2 -Ausstoß der Immobilie. Ökologische und ökonomische Vorteile Bei der Planung des CO 2 -neutralen Gebäudes in Chatterley Valley wurde besonders auf die Einbettung in die umgebende Landschaft geachtet, um die Betriebsabläufe zu optimieren, die Eizienz der Umwelttechnologien zu erhöhen und gleichzeitig eine optimale Tageslichtausbeute im Gebäude zu garantieren. Zahlreiche Umweltmaßnahmen integriert In den Büros und Lagerhallen wurden energieeiziente Beleuchtungssysteme mit Tageslichtsensoren und Bewegungsmeldern eingesetzt, durch einen 15 %-igen Dachflächenanteil von Ethylen-Tetrafluorethylen- (ETFE-) Oberlichtern und zusätzliche Lichtbänder über den Ladetoren wird der Bedarf an künstlicher Beleuchtung reduziert. Die Dachkuppeln sind mit integrierten Photovoltaikelementen ausgestattet, der Einsatz der ETFE-Systeme minimiert die Lichtemissionen des Gebäudes in der Nacht. Die Dachpaneele mit integrierten Sonnenkollektoren sorgen für die Warmwasserversorgung in den Bürobereichen. Im Hinblick auf eine maximale Tageslichtausnutzung reduzieren das Gebäudedesign sowie ein separater, tageslichtdurchfluteter Bürotrakt den Bedarf an künstlicher Beleuchtung weiter. Kinetische Bodenplatten in der Zufahrtsstraße erzeugen beim Überfahren durch Lkw oder Pkw Energie. Ein eigenes Biomasse-Kraftwerk direkt beim Gebäude, das über vor Ort anfallende Holzabfälle gespeist wird, sorgt für die Strom- und Wärmeerzeugung. Die produzierte überschüssige Wärmeenergie kann über das Netz an die benachbarte Gemeinde als Drittnutzer eingespeist werden. Spezielle Solarpaneele an der Außenfassade liefern zusätzliche Wärme für die Gebäudeheizung und dienen gleichzeitig der Wärmeisolierung. Die bei der Gasifizierung als Nebenprodukt anfallende Wärmeenergie wird in Form von Warmwasser zur Halle abgeleitet und speist die Industriefußbodenheizung. Eine extrem hohe Gebäudedichtigkeit und thermische Eizienz reduzieren Energieverluste. Mittels dieser Maßnahmen konnten ökologische Verantwortung sowie gesellschaftliche und soziale Nachhaltigkeitskriterien in Einklang gebracht werden. Das Gebäude unterschreitet bereits jetzt die von der britischen Regierung festgelegten Richtlinien zur CO 2 -Reduktion für die Jahre 2020 und 2050. Weitere Informationen unter: www.gparkblueplanet.com PROJEKTBEISPIEL BLUE PLANET Blue Planet (Detailansicht) Foto: Gazeley LOGISTIK Luftfahrt Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 29 Luftfracht eher Nebensache 72 000 t Fracht wurden 2010 in Hamburg umgeschlagen. Davon sind 45 000 t über die Straße zu anderen Abflughäfen wie Frankfurt, Amsterdam oder Luxemburg transportiert worden, geflogen wird Fracht meist als Beiladung in Passagiermaschinen. Vor allem kleinere und eilige Sendungen werden direkt ab Hamburg im Flugzeug befördert, etwa Komponenten der Flugzeugindustrie, Expressgüter oder Schifsersatzteile. Bei der Passagierabfertigung ist Hamburg mit rund 13-Mio.-Fluggästen pro Jahr der fünftgrößte Flughafen in Deutschland. (zp) HAMBURG AIRPORT Luftfahrtstandort Hamburg Der Flughafen Hamburg feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag und hat zusammen mit der gesamten Luftfahrtbranche Norddeutschlands die Zukunft fest im Blick. Im Rahmen der Strategie „Neues Fliegen“ forschen Industrie und Wissenschaft gemeinsam im Luftfahrtcluster Metropolregion Hamburg daran, das Fliegen noch ökonomischer, ökologischer, komfortabler, flexibler und zuverlässiger zu machen. V or 100-Jahren bezog sich Fliegen noch auf Zeppeline, vor 50- Jahren erregte das Donnern der ersten Düsenjets in Hamburg mehr Fortschrittsfreude als Unmut über den Lärm. Hamburg blickt auf eine lange Luftfahrttradition zurück. Die Stadt hat den ältesten Flughafen der Welt, der seit seiner Gründung ununterbrochen und am selben Standort in Betrieb ist. Es begann am 10.-Januar-1911 mit der Gründung der Hamburger Luftschihallen GmbH (HLG). Im Vorwege hatten Graf Zeppelin und prominente Hamburger wie der Reeder Albert Ballin Hamburg aufgefordert, sofort Schritte einzuleiten, um sich die Stellung als Zentrale für die Eroberung der Luft über dem Meer zu sichern. Neben dem Flughafen im Stadtteil Fuhlsbüttel befindet sich die Basis der Lufthansa Technik AG. Bereits im Jahr 1955 hat die Deutsche Lufthansa auf dem Gelände des Hamburger Flughafens ihre technische Basis errichtet. Heute ist Lufthansa Technik Weltmarktführer bei Wartung, Überholung und Reparatur von Verkehrsflugzeugen, ihren Triebwerken und Komponenten. Sie ist die tragende Säule des Luftfahrtstandorts Hamburg für das Kompetenzfeld Aviation Services. Flugzeugbau von Anfang an Auch der Flugzeugbau hat eine lange Tradition in Hamburg. Bereits 1909 haben auf einem unbebauten Platz im Stadtteil Wandsbek Luftfahrtpioniere mit selbst gebauten Kisten erste Flugversuche unternommen. Hier entstand auch die „Centrale für Aviatic“, die nach Eröfnung des Flughafens nach Fuhlsbüttel umzog. Daraus entwickelten sich die Hansa-Flugzeugwerke, die zunächst Eindecker und später ausschließlich Doppeldecker bauten. 1933 fiel dann in Hamburg der Startschuss für den Flugzeugbau im großen Stil: Die Schifswerft Blohm & Voss gründete an der Elbe die Hamburger Flugzeugbau GmbH (HFB). Motto: „Wer Schife fürs Meer bauen kann, kann auch welche für die Luft bauen“. Doch dafür benötigte das Unternehmen mehr und mehr qualifizierte Ingenieure. So wurde Ostern 1935 der Flugzeugbau als neue Abteilung an den Technischen Staatslehranstalten zu Hamburg gegründet, einem Vorläufer der heutigen Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg. 1944 baute die HFB mit der BV238 das damals größte Flugzeug der Welt. Ab 1965 ging die HFB nach mehreren Fusionen in der DASA (Daimler Benz Aerospace) auf, die 1969 Teil des Airbus-Konsortiums wurde. Mit Airbus kamen der große Aufschwung und weitere Superlative. Im Werk in Ham- Foto: Flughafen Hamburg / Penner LOGISTIK Luftfahrt Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 30 burg-Finkenwerder werden alle Typen der A320-Familie produziert (die weltweit erfolgreichste Familie von Single-Aisle-Jets) sowie Teile und die komplette Kabine des A380 (das derzeit größte und modernste Passagierflugzeug der Welt) und seit kurzem Rümpfe für die A350-XWB (XtraWide- Body) - das künftig laut Airbus eizienteste Langstreckenflugzeug der Welt. Der Flugzeughersteller zog mit den Jahren zahlreiche Zulieferer und Dienstleistungsbetriebe an, so dass das Luftfahrtcluster Metropolregion Hamburg heute einer der größten Standorte der zivilen Luftfahrtindustrie weltweit ist. Neben den Ankerbetrieben Airbus, Lufthansa Technik und Hamburg Airport gibt es 300 kleine und mittelständische Unternehmen sowie wissenschaftliche Einrichtungen. 39 000 Fachkräfte arbeiten in der Luftfahrtbranche, die längst die Schiffahrtsbranche als wichtigsten Wirtschaftsmotor in der Hansestadt abgelöst hat. Spitzencluster seit 2008 Tradition hindert in Hamburg nicht Innovation. Mit der Strategie, das Fliegen künftig noch ökonomischer, ökologischer, komfortabler, flexibler und zuverlässiger zu machen, wurde die Branche im September- 2008 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als eines der ersten fünf deutschen Spitzencluster ausgezeichnet. Der Bund unterstützt bis Ende- 2013 zukunftsträchtige Forschungsprojekte im Luftfahrtcluster mit insgesamt 40- Mio.- EUR. Mindestens ebenso viel investieren die Unternehmen, wissenschaftlichen Einrichtungen und die Freie und Hansestadt Hamburg. Das Luftfahrtcluster baut dadurch seine vier Kompetenzfelder weiter aus: Flugzeuge und Flugzeugsysteme, Kabinen und Kabinensysteme, Aviation Services und Lufttransportsysteme. Dem neu gegründeten Verein „Luftfahrtcluster Metropolregion Hamburg“ gehören neben Airbus, Lufthansa Technik, Flughafen Hamburg, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), den Mittelstandsverbänden Hanse-Aerospace und HECAS sowie der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), der Helmut-Schmidt-Universität (HSU), der Technischen Universität Hamburg- Harburg (TUHH) und der Universität Hamburg (UHH) auch das Hamburg Centre of Aviation Training (HCAT), das Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) GmbH, die Behörde für Wirtschaft und Arbeit, die Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung mbH (HWF) und der Bundesverband der Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) an. Forschungsprojekte und Kabinentechnologie In Hamburg wird beispielsweise an der Brennstofzelle als Energieversorger im Flugzeug geforscht, an akustischen, beleuchtungstechnischen und klimatischen Verbesserungen in der Kabine gearbeitet, es werden Sitzschienensysteme verbessert und die Prozesse am Flughafen optimiert. In einem Projekt forschen Ingenieure beispielsweise an einem Konzept, bei dem fahrwerklose Flugzeuge auf einem am Flughafen installierten Fahrwerksystem, ähnlich einem Schlitten, landen. Wichtige Bausteine der Strategie sind die Forschungseinrichtung ZAL und die Bildungseinrichtung HCAT. Das Mitte- 2009 gegründete ZAL bietet Testinfrastrukturen, in denen Akteure aus Industrie und Wissenschaften ihre Fähigkeiten vernetzen, gemeinsame Forschungsprojekte initiieren und neue Technologien in innovative Produkte überführen. Darüber hinaus berät das Zentrum kleine und mittelgroße Betriebe und unterstützt die Bildung von Kooperationen. Das HCAT ist eine Lernortkooperation, bei der Industrie, Hochschulen und berufliche Fachschule die bedarfsgerechte Fachkräftequalifizierung entlang der Wertschöpfungskette vernetzen. Hier wird in den Bereichen Avionik/ Elektronik, Kabine/ Kabinensysteme, moderne Fertigungsverfahren und neue Werkstofe aus- und weitergebildet. Teil der Spitzencluster-Strategie ist die internationale Vernetzung in der European Aerospace Cluster Partnership (EACP), die inzwischen 38- Mitglieder aus 13- Ländern zählt. Sie wurde vom Luftfahrtcluster Metropolregion Hamburg initiiert, um die internationale Zusammenarbeit zu verstärken, Synergien zu erzeugen und Innovationspotenziale besser auszuschöpfen. Netzwerken steht auch bei der Aircraft Interiors Expo ganz oben auf der Agenda. Die weltweit größte Messe für Flugzeuginnenausstattung findet jährlich in Hamburg statt. Ein Highlight der Ausstellung ist die Verleihung des Crystal Cabin Award. Sowohl die Messe als auch der Kabinenwettbewerb passen perfekt zum Luftfahrtstandort Hamburg, da sich die Metropolregion insbesondere im Bereich Kabine und Kabinensysteme als internationales Kompetenzzentrum profiliert hat. Airbus Deutschland entwickelt hier moderne Kabinenausstattungen sowie ausgefeilte Technologien für alle Airbustypen. Künftig werden im neuen Customer Definition Centre auf dem Airbus-Gelände reale und virtuelle Welten miteinander verknüpft. Per Computeranimation können sich Fluggesellschaften die Kabinenkonfiguration ihrer A350 zusammenstellen. Lufthansa Technik erfüllt darüber hinaus höchste Ansprüche an VIP-Innenausstattungen. Beide Unternehmen können auf eine spezialisierte Zulieferstruktur am Standort zurückgreifen und arbeiten eng mit Hamburger Forschungseinrichtungen zusammen. ɷ Kirstin Rüther Presse- und Öfentlichkeitsarbeit Luftfahrtcluster Metropolregion Hamburg; kirstin.ruether@luftfahrtstandorthamburg.de Diesjährige Preisträger Für innovative Produkte und Konzepte für die Flugzeugkabine sind in diesem Jahr im Rahmen der Aircraft Interiors Expo im April in Hamburg folgende Unternehmen mit dem Crystal Cabin Award ausgezeichnet worden: Elektro-Metall Export, Lufthansa Technik, Recaro, Thales, The IMS Company und die Fachhochschule München. Die Kategorie „Unterhaltung und Kommunikation“ entschied The IMS Company aus den USA mit „Rave“ für sich. Das System ist unabhängig von der Kontrolleinheit, leicht und einfach zu installieren. In der Kategorie „Zukunftskonzepte und Design“ gewann die Recaro Aircraft Seating GmbH & Co. KG mit einem Sitz, der 3 kg leichter ist als vergleichbare Vorgängermodelle, mehr Platz oferiert und erhöhten Komfort bietet. Die „Air New Zealand SkyCouch“ von Recaro wurde zudem in der Kategorie „Komfort und Wohlbefinden“ ausgezeichnet. Es handelt sich um ein Trio von drei Economy-Sitzen, die zusammen auch eine Couch ergeben. Hygiene spielte in der Kategorie „Umwelt, Gesundheit und Sicherheit“ eine Rolle: Die Elektro-Metall Export GmbH bekam den Preis für das Produkt „Non Touch Waste Flap“, eine automatisch funktionierende, berührungslose Abfallklappe, die zusammen mit Schüschke Solid Surface entwickelt wurde. Im Bereich „Material und technische Komponenten“ überzeugte Lufthansa Technik mit dem Galley Light, dem derzeit flachsten Fluchtwegmarkierungssystem weltweit. Die „Universitäts-Kategorie“ entschieden Forscherinnen der Fachhochschule München für sich: In ihrer Designstudie „Airgonomic“, die in Kooperation mit EADS Innovation Works entstand, geht es um eine optimale ergonomisch-dynamische Sitzhaltung auf Kurzstreckenflügen. Einen Sonderpreis erhielt Thales für die „Touch Passenger Media Unit“, für Unterhaltung, Information und Kommunikation. (zp) CRYSTAL CABIN AWARD 2011 Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 63 Binnenschiffahrt aufgewertet W ie der ungarische Staatssekretär Pal Völner bei einer hochrangigen Binnenschiffahrtskonferenz des ungarischen EU-Vorsitzes in Esztergom betonte, gilt es, „die enormen Potenziale der Binnenschiffahrt verstärkt zu nutzen“. „Um das Transportvolumen auf der Donau von derzeit jährlich 40- Mio.- t auf 75- Mio.- t zu erhöhen, sind rund 200 neue Schife notwendig“, brachte Manfred Seitz vom Beraterbüro Tethys die vom Sektor erwarteten Anstrengungen auf den Punkt. Unterstützung wird aber auch vonseiten der EU erwartet, wenn es beispielsweise um die Finanzierung des Infrastrukturausbaus geht. „Mindestens 20 % des EU-Budgets für den Ausbau des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN) müssen künftig für Binnenschiffahrtsprojekte vorgesehen werden“, forderte die Generalsekretärin der European Barge Union (Ebu), Theresia Hacksteiner. Häfen sind wichtige Knoten. Dringende Herausforderungen sieht die Präsidentschaft insbesondere in der besseren Integration der verschiedenen Verkehrsträger in die Logistikketten. „Vor allem gilt es, die Häfen als intermodale Knotenpunkte zu fördern und die Anbindung an das Hinterland nicht zuletzt über die Schiene sicherzustellen“, hob Völner hervor. Welche Hofnung die Binnenhäfen in diesem Zusammenhang in die Liberalisierung des Schienengüterverkehrs setzen, hat der Europäische Verband der Binnenhäfen (EVB) gemeinsam mit der European Sea Ports Organisation (Espo) in einem Positionspapier zum Recast zusammengefasst. „Der Erfolg von Binnenhäfen als wichtige Knotenpunkte des Verkehrsnetzes hängt direkt von einer guten Anbindung an das Schienennetz ab. Dies gilt insbesondere für Häfen, die an Wasserstraßen liegen, die aufgrund der Schwankung des Wasserstandes nicht ganzjährig befahren werden können“, unterstrich EVB-Generalsekretärin Isabelle Ryckbost. Unverzichtbar ist für Völner auch, dass die Schibarkeit der europäischen Wasserstraßen gesteigert wird, indem Engpässe beseitigt werden. „Es ist eine gefährliche Fiktion zu glauben, dass die Lösung darin liege, die Schife dem Fluss anzupassen“, warnte Seitz. Dies ignoriere grundlegende wirtschaftliche Tatsachen. So sei es für die Binnenschiffahrt auf der Donau unerlässlich, dass an mindestens 300-Tagen ein Tiefgang von 2,50 m garantiert werde, unterstrich Seitz. Dieser Mindeststandard kann für Seitz nicht durch Flotten-Innovation kompensiert werden. Als vital sieht der amtierende EU-Vorsitz außerdem an, den Einsatz des Binnenschiffahrtsinformationsdienstes (River Information Services, RIS) zur Überwachung der Binnenwasserstraßen und zur Unterstützung der Schifsführer weiter zu verstärken. Ein großes Problem wird in Christian Dahm EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Logistik-Zeitung in Brüssel B E R I C H T A U S B R Ü S S E L VON CHRISTIAN DAHM dem Mangel an qualifiziertem Personal gesehen. Außerdem werde die Modernisierung der europäischen Flotte durch die unzureichende finanzielle Stärke des Binnenschiffahrtssektors verzögert, lautet eine weitere Schlussfolgerung der Gespräche von Esztergom. Um all diesen Herausforderungen erfolgreich begegnen zu können, soll das 2013 auslaufende EU-Aktionsprogramm Naiades zur Förderung der Binnenschiffahrt nicht nur verlängert, sondern auch mit einem eigenen, festen Budget ausgestattet werden. Beim kommenden EU-Verkehrsministerrat am 16. Juni in Luxemburg will Völner seine Amtskollegen dazu bewegen, eine entsprechende Absichtserklärung zu verabschieden. Budget noch unklar. Konkrete Vorschläge dürfte die Kommission 2012 vorlegen, damit die Mittel im EU-Finanzrahmen 2014 - 2020 vorgesehen werden können. Über die Höhe des Budgets machte die EU-Behörde noch keine Angaben. Bislang mussten einzelne Maßnahmen von Naiades über Mittel horizontaler EU-Programme wie TEN oder dem Forschungsprogramm finanziert werden. Naiades konzentriert sich auf fünf Strategiefelder: Schafung günstiger Rahmenbedingungen für die Binnenschiffahrt und Erschließung neuer Märkte, Modernisierung der Flotte, Investitionen in die Personalentwicklung, Imageverbesserung und den Ausbau der Infrastruktur. An diesem Ansatz will die Kommission auch in Zukunft festhalten. »Ungarische Präsidentschaft strebt Verlängerung des Aktionsprogramms Naiades an« Recast wichtig für Häfen „Angesichts stetig steigender Transportvolumen ist eine eiziente Nutzung der Schieneninfrastruktur zur Hinterlandanbindung sowohl für die Seeals auch die Binnenhäfen von höchster Bedeutung.“ Das betonte die Generalsekretärin des Europäischen Verbands der Binnenhäfen (EVB), Isabelle Ryckbost. Rund 26 % des Schienengüterverkehrs haben Quelle oder Ziel in den Häfen. Vor diesem Hintergrund veröffentlichten der EVB und die European Sea Ports Organisation (Espo) ein Positionspapier zum Recast des ersten Eisenbahnpakets. Um eine eiziente Nutzung der Schieneninfrastruktur sicherzustellen, ist für die See- und Binnenhäfen die strikte Trennung von Netz und Betrieb unerlässlich. „Ohne Trennung kann der Infrastrukturbetreiber seine Aufgabe nicht richtig ausführen. Es besteht die Gefahr, dass Entscheidungen an den Interessen der Nationalbahn ausgerichtet werden“, so Ryckbost. Jegliche Behinderung des Wettbewerbs müsse vermieden werden. Deshalb unterstützen die beiden Verbände den Kommissionsvorschlag, den diskriminierungsfreien Zugang zu Serviceeinrichtungen festzuschreiben. Dazu zähle auch, die Schieneninfrastruktur in öfentlichen Terminals in Häfen ohne Beschränkung für den Wettbewerb zu öfnen. Ausgenommen werden müssten lediglich private Terminals. HINTERGRUND INFRASTRUKTUR Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 64 D as Fundamentaldiagramm ist eine wesentliche Grundlage für die Analyse und Modellierung des Verkehrsflusses auf Straßen und Autobahnen. Es stellt den empirischen Zusammenhang zwischen den makroskopischen Kenngrößen Verkehrsstärke q und Verkehrsdichte k graphisch dar. Die Kenngrößen q und k sind bei stationärem Verkehr über die Zustandsgleichung q = k · v m (1) mit der mittleren momentanen Geschwindigkeit v m verknüpft. Demzufolge müssen nur zwei der drei Größen q, k und v m bekannt sein, um die Zusammenhänge zwischen den Kenngrößen vollständig zu beschreiben. Anhand von Messungen des Verkehrsflusses in diskreten Zeitintervallen, in denen ein näherungsweise stationärer Verkehrsablauf unterstellt wird, können Wertetupel der makroskopischen Kenngrößen q, k und v m ermittelt werden. Bei lokaler Beobachtung an einem Querschnitt werden die Verkehrsstärke q und die mittlere lokale Geschwindigkeit v l direkt erfasst. Die mittlere momentane Geschwindigkeit v m entspricht dem harmonischen Mittelwert der lokal erfassten Fahrzeuggeschwindigkeiten. Die Verkehrsdichte k kann mit der Zustandsgleichung (1) berechnet werden. Im Fundamentaldiagramm werden die Messwerte der Kenngrößen q und k durch eine Punktewolke repräsentiert. Zur Darstellung der zeitlichen Abfolge der Messwerte wird das sog. dynamische Fundamentaldiagramm verwendet, bei dem die in unmittelbar aufeinander folgenden Intervallen gemessenen Wertepaare durch Linien miteinander verbunden sind. Kontinuitätsbedingung In Analogie zur Strömungsmechanik gilt für die Betrachtung eines Verkehrsstroms auf einer Straße allgemein die Kontinuitätsgleichung q(x,t) x k(x,t) t + = 0 (2) Sie lässt sich anhand eines Ausschnitts in der Weg-Zeit-Ebene herleiten (siehe Abbildung- 1). Die Kontinuitätsgleichung besagt, dass bei infinitesimaler Betrachtung die Änderung der Verkehrsstärke über den Weg ∂q/ ∂x und die Änderung der Verkehrsdichte über die Zeit ∂k/ ∂t unterschiedliche Vorzeichen und den gleichen Betrag aufweisen müssen. Entgegen der Darstellung in [1] bedeutet dies jedoch nicht, dass Zustandsübergänge, bei denen die Verkehrsstärke-q und die Verkehrsdichte k gleichzeitig zu- oder abnehmen, die Kontinuitätsgleichung verletzen. Bei Zustandsübergängen, die im dynamischen Fundamentaldiagramm dargestellt sind, muss die Veränderung von q und k jeweils über die Zeit- t betrachtet werden, während die Kontinuitätsgleichung eine räumlich-zeitliche Betrachtung voraussetzt. Abbildung-1 zeigt, dass eine Zunahme der Verkehrsdichte k im Zeitschritt von t 1 bis t 2 = t 1 - +- t mit einer Zunahme der Verkehrsstärke- q im selben Zeitschritt verbunden sein kann. Auch die weiteren Schlussfolgerungen in [1], z. B. bezüglich zulässiger und unzulässiger Formen von Hystereseschleifen im Fundamentaldiagramm, sind daher unzutrefend. Kapazität im Fundamentaldiagramm Für die Verallgemeinerung und die praktische Anwendung der Beziehungen zwischen den makroskopischen Kenngrößen q, k und v m werden funktionale Zusammenhänge auf der Basis von Verkehrsflussmodellen verwendet, die durch Regressionsrechnung aus gemessenen Wertepaaren abgeleitet werden können. Auf der Grundlage verschiedener mathematischer Funktionen wurde eine Vielzahl von Modellansätzen entwickelt [2]. Viele dieser Modelle beschreiben entweder nur den Bereich des fließenden Verkehrs oder basieren auf einem zweigeteilten Funktionsverlauf mit unterschiedlichen Ansätzen für den Anmerkungen zum Aussagegehalt des Fundamentaldiagramms Im Beitrag von Wolfgang Wirth in Ausgabe 12/ 2010 dieser Zeitschrift wurde der Aussagegehalt des Fundamentaldiagramms grundlegend in Frage gestellt. Wesentliche Kritikpunkte des Beitrags basieren auf einer Missinterpretation der Kontinuitätsgleichung. Die diesbezüglichen Schlussfolgerungen und die theoretischen Zusammenhänge des Fundamentaldiagramms werden im Folgenden näher erläutert. Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 65 INFRASTRUKTUR Wissenschaft fließenden und den zähfließenden bzw. gestauten Verkehr. Im „Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen“ HBS [3] wird für die verkehrstechnische Bemessung von Autobahnen beispielsweise die Modellfunktion nach Brilon, Ponzlet [4] verwendet, die ausschließlich für den Bereich des fließenden Verkehrs gültig ist. Für die Ermittlung der Kapazität im Fundamentaldiagramm ist es dagegen sinnvoll, einen Modellansatz zu verwenden, der alle Verkehrszustände mit einem durchgehenden Kurvenzug beschreibt. Bewährt hat sich dafür das Verkehrsflussmodell nach van Aerde [5], mit dem in der Regel eine gute Anpassung an Messdaten über die gesamte Breite der möglichen Verkehrsdichten gelingt [6]. Die Beschreibung des Fundamentaldiagramms mit einem durchgehenden Kurvenzug erfolgt dabei nicht - wie in [1] unterstellt - mit dem Ziel, die Dynamik der Verkehrszustände im Übergangsbereich zwischen dem fließenden und dem zähfließenden bzw. gestauten Verkehr nachzubilden. Vielmehr ist der durchgehende Modellansatz erforderlich, um die Kapazität als Verkehrsstärke am Scheitelpunkt der Modellfunktion ermitteln zu können. Bei zweigeteilten Modellansätzen ergibt sich der Scheitelpunkt der Modellfunktion dagegen in der Regel aus der - in gewissem Maße willkürlichen - Festlegung der Grenze zwischen dem ansteigenden und dem abfallenden Ast des Fundamentaldiagramms. Der Übergang vom fließenden in den zähfließenden und gestauten Verkehr ist in der Realität üblicherweise mit einem plötzlichen Rückgang der mittleren Geschwindigkeit in unmittelbar aufeinander folgenden Intervallen verbunden. Je nach Lage des Messquerschnitts relativ zu Engpässen ergibt sich daher in vielen Fällen eine deutliche Lücke zwischen dem ansteigenden und dem abfallenden Ast des Fundamentaldiagramms (vgl. Abbildung- 2). Messwerte im Übergangsbereich zwischen dem ansteigenden und dem abfallenden Ast resultieren häufig aus einer Mittelung von Verkehrszuständen vor und nach einem Zusammenbruch des Verkehrsflusses. Sie repräsentieren damit einen Verkehrszustand, der in der Realität nie existiert hat. Vor allem bei einer Betrachtung längerer Intervalldauern ist es daher zweckmäßig, diese Werte bei der Modellierung des q-k-v-Zusammenhangs auszuschließen. Dies kann näherungsweise anhand einer Analyse der Varianz der Geschwindigkeiten in Teilintervallen (z. B. Fünf-Minuten-Intervalle innerhalb eines Stunden-Intervalls) erfolgen [6]. Gestalt des q-v-Diagramms Für die verkehrstechnische Bemessung von Autobahnen und Landstraßen wird in der Regel anstelle des Fundamental- (q-k-) Diagramms das q-v-Diagramm verwendet. Weil die mittlere momentane Kfz-Geschwindigkeit vom Schwerverkehrsanteil abhängig ist, wird stattdessen im Allgemeinen die mittlere momentane Pkw- Geschwindigkeit in Abhängigkeit von der Kfz- Verkehrsstärke betrachtet. Für Autobahnen und Landstraßen mit mehrstreifigen Richtungsfahrbahnen weist das q-v- Diagramm im oberen Ast (fließender Verkehr) für deutsche Verkehrsverhältnisse üblicherweise eine konvexe Form auf. Dies bedeutet, dass die mittlere Pkw-Geschwindigkeit mit zunehmender Verkehrsstärke zunächst nur geringfügig und erst im Bereich knapp unter der Kapazität deutlich abnimmt. Im Bereich sehr hoher Verkehrsstärken liegen die Bemessungsdiagramme des HBS [3] für Autobahnen außerhalb der Knotenpunkte dabei eher am unteren Ende der erheblichen Bandbreite der in der Realität zu beobachtenden Geschwindigkeiten. Das q-v-Diagramm einbahnig zweistreifiger Landstraßen verläuft dagegen konkav. Entgegen der Darstellung in [1] handelt es sich dabei nicht um eine willkürliche Festlegung, sondern um eine in mehreren Untersuchungen (u. a. [7], [8]) belegte Erkenntnis, die inzwischen als Stand der Technik anzusehen ist und in das aktuelle verkehrstechnische Regelwerk [3] Eingang gefunden hat. Der Unterschied zu den q-v-Diagrammen mehrstreifiger Richtungsfahrbahnen erklärt sich durch den Einfluss des Schwerverkehrs. Auf Landstraßen, auf denen Überholungen nur unter Nutzung des Fahrstreifens des Gegenverkehrs möglich sind, bewirken bereits einzelne Lkw im Verkehrsstrom einen deutlichen Rückgang der mittleren Pkw-Geschwindigkeit. Bei hohen Verkehrsstärken ist das Geschwindigkeitsniveau aufgrund der Kolonnenbildung hinter den Lkw bereits so gering, dass sich eine weitere Zunahme der Verkehrsstärke kaum noch auf die mittlere Pkw-Geschwindigkeit auswirkt. Bei Autobahnen ist der Einfluss der Lkw auf die mittleren Pkw-Geschwindigkeiten dagegen bei geringen Abb. 1: Beispiel für eine gleichzeitige Zunahme von Verkehrsstärke und -dichte im Zeitschritt t 1 > t 2 in zwei aufeinander folgenden Weg-Zeit-Elementen mit insgesamt neun Fahrzeugtrajektorien INFRASTRUKTUR Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 66 allerdings nur im Kontext der zugrunde liegenden Messdaten möglich. Die Modellierung des Fundamentalbzw. q-v-Diagramms mit einem durchgehenden Kurvenzug liefert aussagekräftige Schätzwerte der im Mittel zu erwartenden Kapazität von Straßen und Autobahnen. Um die stochastischen Eigenschaften des Verkehrsablaufs, insbesondere beim Übergang vom fließenden in den zähfließenden bzw. gestauten Verkehr, präzise nachzubilden, stehen detailliertere Modellansätze und Analyseverfahren zur Verfügung, z. B. [9]. ɷ Verkehrsstärken praktisch nicht vorhanden, da Überholungen in der Regel ohne Zeitverzug möglich sind. Fazit Die Beschreibung des empirischen Zusammenhangs zwischen der Verkehrsstärke q und der Verkehrsdichte k im Fundamentaldiagramm ist ein wichtiges und aussagekräftiges Hilfsmittel für die Analyse und Modellierung des Verkehrsflusses auf Straßen und Autobahnen. Die Darstellung der q-k-Beziehung durch eine Modellfunktion stellt eine vereinfachende Abstraktion des realen Verkehrsflusses dar, die jedoch für viele verkehrstechnische Anwendungen hinreichend genau ist. Insbesondere im fließenden Verkehr können die Zustände des Verkehrsflusses - auch in ihrer dynamischen Abfolge - mit einer Modellfunktion gut nachgebildet werden. Eine vollständige Analyse des Fundamentaldiagramms ist Abb. 2: q-v- und Fundamentaldiagramm einer zweistreifigen Autobahn-Richtungsfahrbahn: Messdaten (Stunden-Intervalle) und angepasste Modellfunktion nach van Aerde [5] Justin Geistefeldt, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Lehrstuhl für Verkehrswesen - Planung und Management Ruhr-Universität Bochum justin.geistefeldt@rub.de LITERATUR [1] WIRTH, W. (2010): Das Fundamentaldiagramm und sein Aussagegehalt. Internationales Verkehrswesen, Heft 12/ 2010, S. 30-35. [2] FGSV (2005): Hinweise zum Fundamentaldiagramm - Grundlagen und Anwendungen. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.), Köln. [3] FGSV (2001): Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS 2001). Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.), Köln. [4] BRILON, W.; PONZLET, M. (1995): Application of traic flow models. Proceedings of the Workshop in Traic and Granular Flow. World Scientific, Singapore. [5] VAN AERDE, M. (1995): A Single Regime Speed-Flow-Density Relationship for Freeways and Arterials. Preprint no. 950802, presented at the 74 th TRB Annual Meeting. Transportation Research Board, Washington D.C. [6] GEISTEFELDT, J. (2009): Überprüfung der verkehrstechnischen Bemessungswerte des HBS für Autobahnen. Straßenverkehrstechnik, Heft 10/ 2009, S. 643-650. [7] BRILON, W.; WEISER, F. (1997): Ermittlung von Q-V-Diagrammen für zweistreifige Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften. Schriftenreihe Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 747. Bundesministerium für Verkehr. Bonn. [8] WU, N. (2000): Verkehr auf Schnellstraßen im Fundamentaldiagramm - Ein neues Modell und seine Anwendungen. Straßenverkehrstechnik, Heft 8/ 2000, S. 378-388. [9] GEISTEFELDT, J.; BRILON, W. (2009): A Comparative Assessment of Stochastic Capacity Estimation Methods. In: LAM, W.H.K.; WONG, S.C.; LO, H.K. (Ed.): Transportation and Traic Theory 2009: Golden Jubilee - Proceedings of the 18th International Symposium on Transportation and Traic Theory, pp. 583-602. Springer, Dordrecht, Heidelberg, London, New York. Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 67 Multi-Hub-Netzwerke europäischer Fluglinien Als Folge der fortschreitenden Konsolidierung in der europäischen Passagierluftfahrt entstanden in den vergangenen Jahren zahlreiche Multi-Hub-Systeme. Durch die Umverteilung der Verkehrsströme auf mehrere Hubs kommt es dabei nach gängiger Lehrmeinung auf den ersten Blick zu einer Abschwächung der Verbundvorteile eines Hub-and-Spoke-Netzwerks. Unter welchen Umständen können diese Systeme dennoch zu einer eizienteren Abwicklung von Passagierströmen führen? O bwohl die europäische Luftfahrt in den letzten Jahrzehnten auf ein kontinuierliches Passagierwachstum zurückblicken kann, gelang es der Airlinebranche bislang nicht, langfristig branchenweite Profitmargen von mehr als 1-% zu erreichen. Multi-Hub-Netzwerke als Ergebnis der Marktkonsolidierung Steigender Kosten- und Wettbewerbsdruck Zwar konnten Fluglinien auf der Kostenseite in den letzten Jahren deutliche Produktivitätssteigerungen erreichen, diese wurden aber einerseits durch den starken Anstieg der Preise für Kerosin unterlaufen und andererseits durch rasch fallende Durchschnittserlöse seit der Liberalisierung der Luftfahrt kontrastiert. Hauptgrund für diesen Trend war der Markteintritt von Low-Cost-Carriern (LCC), die den Netzwerkfluglinien kontinuierlich (bei steigender Marktgröße) Marktanteile abnehmen konnten. So sank der Marktanteil von Netzwerkfluglinien zwischen 2002 und 2008 in Deutschland von 71 % auf 58 %. 1 Durch ihre starke Wachstumsstrategie und ein vereinfachtes Preisschema (One-Way-Tarife) zwangen LCC auch Netzwerkfluglinien zur Senkung bzw. Vereinfachung ihrer Tarife, die traditionell auf zahlreiche Buchungsrestriktionen zum alleinigen Zweck der Preisdiferenzierung setzten. Die Konsequenz war ein Abfall der Erlöse im kontinentalen Europaverkehr um 15 % im Zeitraum 2001 - 2007. 2 Allianzen und Konsolidierung Die Tatsache, dass selbst im Intra-EU- Luftverkehr bis zur dritten Welle der Liberalisierung Preise, Kapazität und Verkehrsrechte zumindest teilweise an bilaterale Verkehrsabkommen zwischen Nationalstaaten geknüpft waren, führte dazu, dass zahlreiche „Flag Carrier“ mit kleinen, jedoch relativ heterogenen Flugzeugflotten transfer-orientierte Hub-and-Spoke- Netzwerke mit dem wesentlichen Flughafen ihres Heimatstaates als Hub aubauten. Ohne geschützten Markt und aufgrund des angesprochenen Erlösverfalls bei unzureichenden Skalenefekten hatten kleinere Netzwerkfluglinien (vgl. Sabena, AUA, etc.) zunehmend Ergebnisschwierigkeiten. Die oft folgende Reduzierung unrentabler Strecken führte jedoch zu einer weiteren Verringerung der Netzdichte und somit der Attraktivität des gesamten Netzwerkes. Neben Sparprogrammen ergab sich für diese Fluglinien daher auch die Notwendigkeit, durch den Beitritt zu Allianzen ihre vermarktbaren Netzwerke zu vergrößern, um konkurrenzfähig zu bleiben. In Allianzen profitieren Airlines nicht nur von Vorteilen bei der Vermarktung, sondern können auch durch Abstimmung von Routen- und Flugplänen ihre Eizienz erhöhen. Aufgrund der fehlenden ökonomischen Verstrickung und des Risikos eines Aubrechens von Allianzen ist die Bereitschaft zur Aufgabe von Routen zu Gunsten eines Partners jedoch beschränkt. 3 Diese Barrieren führten dazu, dass zahlreiche Airlines einen Schritt weiter gingen und auch eine Verstrickung der Eigentumsstruktur anstrebten. 4 Bedeutende Foto: Air France / KLM MOBILITÄT Luftfahrt MOBILITÄT Luftfahrt Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 68 Beispiele dieses Konsolidierungsprozesses sind der Merger von Air France und KLM im Jahr 2004, der Kauf von Swiss (2005), Austrian (2009) und Brussels Airlines (2009) durch die Lufthansa sowie der Merger von British Airways und Iberia im Jahr 2010. Topographien europäischer Airlinenetzwerke Die zunehmende Konsolidierung von Netzwerkairlines sowie die an vielen europäischen Drehscheiben zu Spitzenzeiten landbzw. luftseitig vorherrschenden Kapazitätsengpässe (vgl. z. B. London Heathrow bzw. Frankfurt) führten zum Aukommen von Multi-Hub-Netzwerken (MH-Netzwerken) unter der kommerziellen Kontrolle eines einzigen Unternehmens. Abbildung- 1 liefert einen Überblick über die drei dominanten Airlineverbünde Europas und die jeweils direkt bzw. indirekt (durch Allianzpartner) betriebenen Hubs. Durch die in vielen Fällen gegebene Nähe der einzelnen Hubs zueinander, stellt sich aus wissenschaftlicher Sicht die Frage, ob dies auch wirtschaftlich ist. Ziel dieses Artikels ist daher die Klärung der Frage, welche grundlegenden ökonomischen Einflussparameter auf die Profitabilität eines MH-Netzwerks einwirken und ob, bzw. unter welchen Umständen, der Betrieb eines mehrfachverbundenen MH-Netzwerks für ein Airlinenetzwerk im Vergleich zu einer Single-Hub (SH) Lösung günstiger ist. Ökonomische Grundlagen von Hub-and-Spoke-Netzwerken Bevor auf die Besonderheiten von MH- Systemen eingegangen werden kann, gilt es, zunächst die kostenseitigen Vor- und Nachteile von Hub-and-Spoke-Systemen allgemein zu betrachten und diese mit denen von direkten Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zu vergleichen. Kostenseitige Analyse Grundsätzlich erfolgt bei Hub-and-Spoke- Netzwerken im Gegensatz zu Punkt-zu- Punkt-Netzwerken ein indirekter Transport von Nicht-Hub-Knoten zu Nicht-Hub-Knoten, wodurch verschiedene Verbundvorteile (Economies of Density, Scale und Scope) realisiert werden können. Unter Economies of Density werden die durch die Verdichtung von Verkehren erzielte höhere Auslastung (Sitzladefaktoren) des gegebenen Fluggeräts sowie höherer Frequenzen verstanden, nachdem bei Hub-Verkehren Passagiere mit unterschiedlichen Startbzw. Zielorten (O&Ds) in einem Flug zusammengefasst werden können. Kann eine Airline eine größere Anzahl von Passagieren durch den Einsatz eines größeren Fluggeräts zu niedrigeren Durchschnittskosten transportieren, werden diese Verbundvorteile hier als Economies of Scale bezeichnet. Lassen sich mehrere Güter gemeinsam günstiger als getrennt produzieren, treten Economies of Scope auf (z. B. bei der Anbindung weiterer Destinationen vom Hub aus). 6 Ein wesentlicher den Verbundvorteilen entgegenlaufender Efekt resultiert aus dem normalerweise durch einen Hub bedingten Ersatz eines langen Fluges durch zwei oder mehr kürzere Flugsegmente. Die Länge einer Flugstrecke stellt dabei einen entscheidenden Treiber der flugspezifischen Kosten dar, während bei längeren Flügen die hohen Kosten für Starts und Landungen über eine längere Reiseflugdistanz aufgeteilt werden können. Als Folge sind Hub-Verbindungen (bei gleichem Fluggerät) in Bezug auf die direkten operativen Kosten pro Kilometer im Normalfall teurer als Direktflüge. Die mit der Streckenlänge fallenden Kosten pro Kilometer lassen sich gut am Beispiel der Treibstokosten in Abbildung-2 ablesen. Erlösseitige Analyse In Hinblick auf eine erlösoptimale Netzwerkentscheidung spielen vor allem die anbietbare Reisezeit und die im Wettbewerb Abb. 1: Übersicht europäischer MH-Systeme 5 Abb. 2: Zusammenhang Fluglänge und Treibstofverbrauch 7 Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 69 erzielbare Marktmacht eine Rolle. Speziell „Premium-Kunden“ sind bereit, für kürzere Reisezeiten einen höheren Ticketpreis zu bezahlen, weshalb Airlines Non-Stop-Verbindungen in der Regel entsprechend teurer bepreisen als Umsteigeverbindungen. Durch ihre Dominanz am Hub-Flughafen besitzen Netzwerkfluggesellschaften überdies eine zur Erlösmaximierung einsetzbare Marktmacht. Diese Marktstärke folgt meist aus dem Besitz eines Großteils der verfügbaren Slots und der daraus resultierenden Eintrittsbarrieren. Die folglich am Hub durchsetzbaren höheren Preise werden oftmals als „Hub-Prämien“ bezeichnet. 8 Gestaltungsmöglichkeiten in Multi-Hub-Netzwerken Aufgrund der „Duplizierung“ von Netzwerkstrukturen in MH-Netzwerken empfehlen zahlreiche Experten Fluglinien, die sich als Konsequenz von Konsolidierungsschritten in MH-Netzen wiederfinden, einzelne Hubs zu schließen oder zumindest zu verkleinern. 9 Als Hauptargument werden neben nötigen Mehrfachanbindungen von Destinationen die im Vergleich zu SH-Systemen geringer ausgeprägten Verbundvorteile genannt. 10 Diesen Kostenpositionen stehen jedoch einige oft vernachlässigte Vorteile gegenüber, auf die in der Folge eingegangen wird. Umgehung der durch Flughafenkapazitäten gesetzten Rahmenbedingungen Ein bedeutender Vorteil von MH-Systemen liegt in der Möglichkeit, die zunehmend auftretenden Kapazitätsrestriktionen an Hubs zu umgehen. Diese Engpässe führen dazu, dass Netzwerkfluglinien ihre Ankunfts- und Abflugswellen zeitlich verbreitern müssen, was in weiterer Folge zu längeren Transferzeiten und dadurch zu einer Verschlechterung der Hub-Attraktivität führt. 11 Somit verbleibt die Eröfnung eines weiteren Hub- Airports als einzige wesentliche Option, mit dem prognostizierten Wachstum Schritt zu halten (vgl. dazu auch das oft angeführte Beispiel des „Reliever Hubs“ von Lufthansa in München). Auch die ab einer bestimmten Flughafengröße überproportionale Zunahme der Komplexitätskosten unterstützt diesen Schritt. 12 Überlappung von Netzwerken Um die erforderliche zeitliche Bündelung von ankommenden Flügen zu erreichen, kann es in H&S-Systemen notwendig sein, dass Flugzeuge, die einen relativ nahe am Hub gelegenen Spoke-Flughafen bedient haben, dort vor dem Rückflug warten müssen, um nicht zu früh wieder am Hub zu landen (da dies zu unattraktiven Transferzeiten führen würde). 13 Bei einer Umstellung der Netzwerkstruktur auf ein MH-System kann durch die mögliche Verzahnung der Wellen verschiedener Hubs, Flugzeugen eine Vielzahl von Rotationsoptionen gegeben und dadurch insgesamt ein höherfrequentes Angebot realisiert werden, wodurch neben der zeitlichen Flugzeugauslastung auch die Angebotsqualität verbessert wird. Ein Beispiel stellt die in Abbildung- 3 illustrierte zeitliche Ergänzung der Hub-Wellen von Lufthansa in München und Frankfurt dar. Auch amerikanische Airlines setzen dieses System seit Jahrzehnten ein. 14 Liegt bei Umsteigeverbindungen der Hub nicht auf der direkten Verbindung zwischen Start und Ziel, wird ein Umweg notwendig, der als „Detouring“ bezeichnet wird. Ein MH-System bietet in diesem Fall die Möglichkeit, durch ein Routing über den jeweils geografisch günstigeren Hub, zeitliche Vorteile zu gewinnen. Erhöhung der Frequenz durch Bedienung eines größeren Marktes an Direktpassagieren Beim Kampf um Transferpassagiere befinden sich Airlinenetzwerke oft in einem sehr harten Konkurrenzkampf und können daher nur relativ geringe Tarife vom Passagier verlangen. Aus diesem Grund ist es für Fluggesellschaften unumgänglich, neben solchen Transferpassagieren auch Lokalpassagiere mit einer - für den gestiegenen Komfort einer Non-Stop-Verbindung - höheren Zahlungsbereitschaft zu gewinnen. Dabei sind Fluglinien mit einem großen Ballungsgebiet rund um ihren Hub klar im Vorteil. So hatten beispielsweise auf Langstreckenflügen von British Airways 59 % aller Passagiere London entweder als Ausgangs- oder Zielpunkt ihrer Reise, während bei Lufthansa nur 26 % der Passagiere Lokalpassagiere waren. 16 Mehrere Hubs nutzen infolgedessen den Vorteil der (preislich in der Regel höherwertigen) Lokalnachfragepotenziale mehrerer Ballungsräume und somit einer größeren Anzahl potenzieller Passagiere. 18 Die Nachfrage nach einer Flugverbindung zwischen zwei Städten steht stark mit der angebotenen Flugfrequenz in Verbindung. 19 Ein MH-System bietet nunmehr den Vorteil, dass durch die oben angesprochene zeitliche Abstimmung von Wellen und das erhöhte Lokalnachfragepotenzial in mehreren Hub- Ballungsräumen, den Passagieren mehr zeitlich sinnvoll abgestimmte Frequenzen angeboten werden können als bei lediglich einem Hub. 20 So konnte zum Beispiel Lufthansa mit ihren Hubs am Montag, den 7. Juni 2010, von Prag nach Madrid 15 Frequenzen anbieten. Mit nur einem Hub wäre eine solche Dichte nur schwer vorstellbar und würde 15 Flüge vom Hub zu den Spokes (Prag und Madrid) benötigen - die Lokalnachfrage an einem einzigen Hub würde allerdings voraussichtlich kein solches Potenzial erlauben. Neben der Möglichkeit der Ansprache einer größeren Kundengruppe verringert die Verteilung der Verkehre auf mehrere Hubs auch die Abhängigkeit von der Nachfrage auf einzelnen Strecken. Erhöhung der Ausfallsicherheit des Netzwerks Pünktlichkeit stellt eine wesentliche Qualitätseigenschaft einer Airline dar. Eine unzureichende operative Pünktlichkeit kann zu erheblichen Störungen im Betriebsablauf sowohl für die Crew als auch für die Passagiere führen. Verspätungen bedeuten für Airlines je nach Dauer, Ort (in der Luft oder am Boden) und Flugzeugtyp hohe Kosten. Die Fehleranfälligkeit eines Netzwerks kann allgemein gesehen durch das Ausnutzen von Redundanz verkleinert werden. 21 Durch Abb. 3: Verzahnung der Knoten beim Lufthansa Doppel-Hub-System mit Frankfurt und München (2006) 15 MOBILITÄT Luftfahrt Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 70 die starke Konzentration im SH-Netzwerk an einem Flughafen ist dieses sehr fehleranfällig. Hier ist das MH-Netzwerk wiederum vorteilhafter, vor allem wenn es zu keinem vermischten Einsatz von Ressourcen (insbesondere Flugzeugen) kommt. Vorteile der Redundanz der Hub-Flughäfen entstehen im MH-System dann, wenn Passagiere bei größeren Verspätungen bzw. Flugabsagen über einen anderen Hub umgeroutet werden können oder wenn lokal auftretende Ereignisse (z. B. starker Schneefall) zu einer Totalsperre eines Hub-Flughafens führen. Im Winter 2008/ 09 beispielsweise lag der Anteil der abgesagten Flüge bei 1,9 % auf der Kurz- und bei 0,7 % auf der Langstrecke. 22 Einschränkung der Marktmacht von Hub-Flughäfen Landegebühren und Ausgaben für „Handling“ bestimmen in Summe ca. 10 % der Kosten einer Airline. Aus diesem Grund ist es für Netzwerkfluglinien von Interesse, eine entsprechend gute Verhandlungsposition gegenüber ihrem zentralen Hub-Flughafen zu haben. Die Eröfnung eines weiteren oder mehrerer Hubs bietet Fluglinien die Chance, diese deutlich zu verbessern und kostenseitige Einsparungen zu erzielen. Mit diesem Schritt sinken die inkrementellen Kosten eines möglichen zukünftigen Hub- Wechsels deutlich. 23 Fazit und Ausblick Alles in allem kann die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit eines MH-Netzwerks nicht allein auf den Verlusten von Verbundvorteilen beruhen, sondern hat mehrere, darüber hinausgehende, Faktoren zu berücksichtigen. Sicherlich stellt die Möglichkeit, die Kapazitätsrestriktionen von Airports zu umgehen, den ofensichtlichsten Vorteil eines MH-Systems dar. Des Weiteren lassen sich durch Nutzung der Lokalnachfragepotenziale an jedem Hub die angebotenen Frequenzen und somit die Netzattraktivität steigern. Zusätzliche Vorteile ergeben sich aufgrund der Möglichkeit eines verbesserten Routings über geografisch günstig gelegene Hubs, verkürzter Spoke-Wartezeiten für Flugzeuge und Crews, einer Verkleinerung des Nachfragerisikos, einer Verbesserung der Ausfallsicherheit und schließlich einer besseren Verhandlungsposition gegenüber jedem Hub-Betreiber. Insgesamt können MH-Netzwerke also durchaus eine Chance darstellen und bei richtiger Einbindung in das Gesamtnetzwerk viele der verlorenen Verbundvorteile wettmachen. ɷ 1 Vgl. Destatis (2009), http: / / www.destatis.de; Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (2009), http: / / www.adv.aero 2 Vgl. AEA (2007), S. 12 3 Vgl. IATROU/ ORETTI (2007), S. 128 4 IATROU/ ORETTI (2007), S. 21 5 Eigene Darstellung unter Verwendung der IATA Flughafencodes (Stand 2010) 6 Vgl. IATROU/ ORETTI (2007), S. 166 sowie JÄGGI (2000), S. 121 7 Eigene Darstellung basierend auf European Environment Agency (2007), S. 24 (Kerosinverbrauchsdaten einer B737- 400) und IATA (2010), www.iata.org (Kerosinpreis im Januar 2010) 8 Vgl. LIJESEN/ RIETVELD/ NIJKAMP (2001), S. 197 9 Vgl. DENNIS (2005), S. 183; BURGHOUWT (2007), S. 28; AU- ERBACH/ DELFMANN (2005), S. 91 10 Vgl. DE WIT/ BURGHOUWT (2005), S. 5 11 Vgl. DENNIS (2000), S. 76 12 Vgl. DE WIT/ BURGHOUWT (2005), S. 9 13 Vgl. DE WIT/ BURGHOUWT (2005), S. 10 14 Vgl. DENNIS (2000), S. 82f 15 Eigene Darstellung nach MAURER (2006), S. 405 16 Vgl. GARNADT (2008), S. 18 17 Übersetzt nach GARNADT (2008), S. 17 18 Vgl. BRUECKNER (2004), S. 292f. 19 Vgl. JORGE-CALDERÓN (1997), S. 24f und S. 33 20 Vgl. dazu auch JÄGGI (2000), S. 251 21 Vgl. z.-B. OUYANG et al. (2008), S. 4684 22 Vgl. AEA (2009), S. 1 23 Vgl. DE WIT/ BURGHOUWT (2005), S. 9 Felix Badura, Mag., Cems MiM Wissenschaftlicher Mitarbeiter Institut für Transportwirtschaft & Logistik, Wirtschaftsuniversität Wien felix.badura@wu.ac.at Andreas Thöni, Mag. Dipl.-Ing. Alumnus Institut für Transportwirtschaft & Logistik, Wirtschaftsuniversität Wien andreas.thoeni@gmx.net LITERATUR AEA (2007): Association of European Airlines: Operating Economy of AEA Airlines. http: / / files.aea.be/ RIG/ Economics/ DL/ SumRep07.pdf (02.02.2010) AEA (2009): Customer Report - Winter 2008/ 09, Association of European Airlines, Brüssel. http: / / files.aea.be/ News/ PR/ Pr09- 016.pdf (20.04.2010) AUERBACH, S./ DELFMANN, W. (2005): Consolidating the network carrier business model in the European Airline industry, in: DELFMANN, W. (2005): Strategic management in the aviation industry. Ashgate, Aldershot. S. 65 - 96. BRUECKNER, J. K. (2004): Network Structure and Airline Scheduling, in: The Journal of Industrial Economics, 52. 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Auflage, Oldenburg-Verlag, Wien/ München OUYANG, M./ YU, M.-H./ HUANG, X.-Z./ LUAN, E.-J (2008): Emergency response to disaster-struck scale-free networks with redundant systems, in: Physica A, 387. Jg., Nr. 18, S. 4683-4691 Abb. 4: Ausgewählte Ballungsräume um zentrale Städte in Bevölkerungsmillionen bei Erreichbarkeit innerhalb von 90 Minuten 17 MOBILITÄT Schienenpersonenfernverkehr Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 71 Bahn frei für den Kunden? Seit 2010 ist der grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehr liberalisiert. Mehrere Unternehmen planen ab 2011/ 2012 einen Markteinstieg mit umfangreichen neuen Wettbewerbsangeboten und neuen Fahrzeugen. Doch wie reagiert eigentlich der Bahnkunde? T rotz der einsetzenden Dynamik im Markt ist über das Kundenverhalten im SPFV-Wettbewerb bisher wenig bekannt. Zu Fragen wie: „Welchen Nutzen bringt Wettbewerb den Kunden gegenüber integrierten Angeboten? “ und: „Wie hoch sind Wechselbereitschaft und Wechselkosten bei Bahnreisen? “ gibt es im SPFV-Bereich - unseres Wissens nach - noch keine Erkenntnisse. Aubauend auf Untersuchungen von Klemperer 1 , der den Efekt von Wechselkosten auf Unternehmen im Wettbewerb intensiv diskutiert, haben die International School of Management Frankfurt/ Main und die Justus-Liebig-Universität Gießen Kundenpräferenzen im SPFV-Wettbewerb ermittelt. Dabei wurden 700 Bahnreisende auf den internationalen Strecken Köln - Brüssel und Köln - Amsterdam befragt 2 . Aus den erhobenen Daten wurden Nutzen und Wechselbereitschaften abgeleitet und die Marktanteile von Anbietern im Wettbewerb bei unterschiedlichen Preisen und Chancen für ein nachhaltig wirtschaftliches Angebot eines Newcomers ermittelt. Die Befragung Mit Köln - Brüssel wurde eine der wenigen Verbindungen in Europa als Befragungsstrecke gewählt, auf der es bereits einen eingeschwungenen Wettbewerb zwischen zwei Bahnunternehmen gibt. Köln - Amsterdam dient als Referenzstrecke mit Kooperationsangebot. Beide internationale Bahnstrecken binden eine europäische Hauptstadt an das Rhein-Ruhr-/ Rhein-Main-Gebiet an und weisen vergleichbare Angebotscharakteristika sowie Verteilungen der Kundensegmente auf. Die Befragung der insgesamt ca. 700 Bahnreisenden fand im Mai 2010 statt und umfasste soziodemografische Daten, Informationen zur aktuellen Bahnreise und eine Stated Preference Analyse mit insgesamt 21 Szenarien. In jedem Szenario wurden die Reisenden gebeten, ein Ranking über drei Angebotsalternativen mit unterschiedlichen Preisen vorzunehmen: a) Incumbent 3 mit sechs Zugpaaren, b) Entrant 4 mit drei Zugpaaren oder c) ein integriertes Angebot in Kooperation mit neun Zugpaaren. Zwischen den einzelnen Szenarien wurden nur die Preise variiert, alle übrigen Foto: MPH MOBILITÄT Schienenpersonenfernverkehr Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 72 Abb. 1: Szenario-Beispiel für die Strecke nach Amsterdam Abb. 2: Wettbewerbspräferenz: Vergleich Köln - Brüssel und Köln - Amsterdam Parameter blieben gleich. Den Befragten wurde die Information gegeben, dass die Kooperationsvariante integrierte Vertriebs- und Informationssysteme, gesamthafte Kundenbindungsprogramme und Ticketanerkennung im Verspätungsfall beinhaltet, während diese Systeme und Leistungen im Wettbewerb desintegriert sind. Obere Preisgrenze der Befragung war der Standardpreis, 2. Klasse. Der Preis der Kooperationsvariante blieb unverändert auf dieser Höhe. Die Preise von Entrant und Incumbent wurden variiert, wobei der Preis des Incumbents nie unter den Preis des Entrants gesetzt wurde. Auf der Brüssel- Strecke entsprach das Thalys-Angebot dem Incumbent, das DB-Angebot dem Entrant. Auf der Amsterdam-Strecke wurde die DB als Incumbent präsentiert und ein hypothetisches Unternehmen RailX als Entrant. Abbildung- 1 zeigt ein Angebotsszenario am Beispiel der Strecke Köln - Amsterdam. Die Studie geht damit von folgender Situation im Bahnwettbewerb aus: b Der Bahnreisende hat im Wettbewerbsfall potenziellen Nutzen durch niedrigere Preise. b Der Bahnreisende hat im Wettbewerbsfall potenzielle Nachteile/ Transaktionskosten gegenüber einem integrierten Angebot: durch mehrere Vertriebs- und Informationssysteme, separate Kundenbindungsprogramme und fehlende Zusammenarbeit der Bahnunternehmen bei Verspätungen. b Zu möglichen Veränderungen im Bereich Service und Qualität werden keine Angaben gemacht. b Die Fahrzeit bleibt gleich, der Entrant setzt ähnliche Züge ein wie der Incumbent. b Die Angebotsfrequenz und Verteilung zwischen Incumbent und Entrant bleiben konstant. Wettbewerb mehrerer SPFV-Anbieter ohne Frequenzerhöhung gegenüber einem integrierten Angebot auf einer Strecke ist ein wahrscheinlicher Fall im europäischen Bahnverkehr, da es infrastrukturbedingt viele Trassenengpässe gibt. Intramodaler Wettbewerb wäre dann nur möglich, wenn der Entrant Trassen des Incumbents übernähme, diesen also teilweise verdrängte. Ein Beispiel für diese Art von Wettbewerb zeigte sich bei den Trassenanmeldungen von Keolis und HKX in Deutschland im Jahr 2010: Beide Anbieter standen in Konkurrenz um die wenigen zusätzlich möglichen SPFV- Trassen auf der Strecke Köln - Hamburg. 5 Als Basis für die im Folgenden präsentierten Ergebnisse dienten streckenspezifische Informationen von DB-AG, Thalys und SNCF zum Reisendenaukommen und zu den Anteilen von Privatreisenden und Geschäftsreisenden/ Pendlern für 2009. Alle Befragungsdaten wurden entsprechend dieser Angaben hochgerechnet 6 . Die präsentierten Kurven basieren auf logistischen Regressionen der Daten. Kundenpräferenzen Kooperation vs. Wettbewerb Ein Ziel der Untersuchung ist es, herauszufinden, welchen Wert die Reisenden einem integrierten Kooperationsangebot zuschreiben und durch welche Preissenkungen bei den Wettbewerbsangeboten die potenziellen Nachteile einer Separierung aufgewogen werden. Dafür wird ausgewertet, ob die Befragten das Kooperationsangebot oder eins der beiden Wettbewerbsangebote als erste Präferenz wählen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Reisenden zwischen Kooperation und Wettbewerb differenzieren. Das größere Gesamtangebot (neun vs. sechs bzw. drei Zugpaare pro Tag) und das integrierte Marketing einer Kooperation haben einen Wert aus Kundensicht. Abbildung- 2 zeigt die Wettbewerbspräferenz der Befragten bei unterschiedlichen Preisverhältnissen zwischen Entrant und Kooperation für den Fall, dass der Preis des Incumbents unverändert auf dem Niveau des Kooperationspreises bleibt. Bei einer 25 %igen Preissenkung des Entrants würden auf der Strecke nach Brüssel 46 % der Reisenden ein Wettbewerbsangebot wählen. Das bedeutet umgekehrt, dass 54 % der Reisenden trotz der 25 %igen Preisreduktion noch immer das integrierte Kooperationsangebot bevorzugen würden. Aufällig sind die großen Unterschiede Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 73 Abb. 3: Wettbewerbspräferenz und Reisehäufigkeiten am Beispiel Privatreisende Abb. 4: Markanteil des Entrants: Vergleich Köln - Brüssel und Köln - Amsterdam zwischen den Reisenden nach Amsterdam und denen nach Brüssel. Auf der Strecke Köln - Brüssel, auf der Wettbewerb gelebter Alltag ist, wählen die Befragten viel häufiger eins der beiden Wettbewerbsangebote. Auf der Amsterdam-Strecke entscheiden sie sich häufiger für die ihnen vertraute Kooperation und wechseln erst bei hohen Preisnachlässen zu einem Wettbewerbsangebot als erste Präferenz. So wählen bei einer 25 %igen Preisreduktion nur 28 % der Reisenden ein Wettbewerbsangebot und 72 % präferieren die Kooperation. Insbesondere zeigt sich auf Köln - Amsterdam eine hohe Zurückhaltung gegenüber dem hypothetischen, unbekannten Entrant RailX. Bei erfahrenen Reisenden äußert sich dieses Verhalten jeweils verstärkt. Kunden, die angeben, im letzten Jahr mehr als sechs Reisen auf der Strecke gemacht zu haben, reagieren bei Köln - Brüssel besonders positiv auf die Wettbewerbsangebote und bei Köln - Amsterdam besonders zurückhaltend. Abbildung-3 demonstriert diesen Efekt am Beispiel von Privatreisenden. Die Befragten zeigen besonders hohe Präferenzen für das ihnen vertraute Angebot. Dieser Efekt spiegelt die Bedeutung von Gewohnheit, erwartetem Aufwand eines Anbieterwechsels und Unsicherheit bezüglich eines unbekannten Angebotes bei Verkehrsmittelwahlentscheidungen wider, wie z. B. diskutiert bei Klemperer 7 und Carlsson und Löfgren 8 . Kundenpräferenzen Entrant vs. Incumbent Zentraler Gegenstand der Studie ist die Veränderung der Präferenz der Befragten für den Entrant gegenüber dem Incumbent bei variierenden Preisen. Abbildung- 4 zeigt den Marktanteil des Entrants bei unterschiedlichen Preisen. Auch hier wird der Unterschied zwischen den Strecken Brüssel - Köln und Amsterdam - Köln deutlich: Die DB als Entrant (Brüssel) hat bei gleicher Preisdiferenz einen viel höheren Marktanteil als das unbekannte Unternehmen RailX als Entrant (Amsterdam). Bei 25 % Preisreduktion kommt der Entrant auf der Brüssel-Strecke auf einen Marktanteil von 52 %, auf der Amsterdam-Strecke nur auf einen Marktanteil von 20 %. In beiden Befragungen werden die Newcomer mit je drei Zugpaaren täglich angenommen, also mit 33 % des Gesamtangebotes und der Sitzplatzkapazität. Im Fall von Brüssel kommt der Entrant ohne Preisabsenkung auf ca. 23 % der Nachfrage, also unterproportional zum Angebotsanteil. Mit 52 % der Befragten bei einer 25 %igen Preisreduktion hätte der Entrant eine sehr gute Auslastung seiner Kapazität, ggf. sogar eine Überlastung. Im Fall von Amsterdam startet der Entrant bei gleichen Preisen mit ca. 4 % der Nachfrage und kommt auch bei Preissenkungen nicht auf Marktanteile, die einen Markteintritt attraktiv erscheinen lassen. Bei der Wahl zwischen verschiedenen An- Abb. 5: Marktanteil des Entrants und Kundenkartenbesitz MOBILITÄT Schienenpersonenfernverkehr Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 74 bietern demonstrieren Besitzer von Kundenkarten (BahnCard und Thalys The Card) eine deutliche Kundenbindung und brauchen stärkere Preisanreize, um zum anderen Anbieter zu wechseln. Abbildung- 5 weist dies beispielhaft für BahnCard-Besitzer aus. Sie wählen auf der Strecke nach Brüssel häufiger den Entrant (DB) und auf der Strecke nach Amsterdam häufiger den Incumbent (DB) als Befragte ohne Bahn- Card. Diese Ergebnisse stimmen überein mit Erkenntnissen der Kundenbindungsforschung, wie z. B. diskutiert bei Verhoef 9 . Studien aus dem Airline-Bereich belegen die Bindungswirkung von Meilenprogrammen und weisen höhere Wechselkosten für Teilnehmer aus. 10 Geschäftsreisende sind grundsätzlich viel weniger preissensibel als Privatreisende 11 , insbesondere da sie oft nicht selbst für ihre Reisekosten aukommen müssen. Außerdem sind sie weniger flexibel hinsichtlich Abb. 7: Erlösentwicklung des Entrants bei einem Preiskrieg - Beispiel Brüssel Abb. 6: Umsatz und Kosten des Entrants - Beispiel Amsterdam Abfahrts- und Ankunftszeiten, schätzen also eine hohe Frequenz, wie z. B. Whitaker et al. für den Airline-Bereich darstellen 12 . Auch in unserer Studie zeigt sich der zu erwartende Unterschied zwischen Geschäfts- und Privatreisenden. Das Ergebnis der Stated Preference-Analyse auf der Strecke Köln - Amsterdam steht für Reisende, denen Wettbewerb noch fremd ist und die entsprechend hohe Präferenzen für die ihnen bekannte Kooperation haben. Sie reagieren nur zögerlich auf ein unbekanntes Unternehmen wie RailX. Letztlich ist es eine Frage der Zeit, wann sich die Bahnkunden an Wettbewerb gewöhnen und RailX ausprobieren. Abschätzungen zur Rentabilität des Entrants Die Marktanteile des Entrants als Funktion des Preises können genutzt werden, um sein Umsatzmaximum zu berechnen. Zur Abschätzung der Rentabilität müssen weitere Annahmen getrofen werden: b Der Incumbent hat vor Wettbewerbseintritt ein leicht positives Ergebnis auf den Strecken b Der Entrant bietet mit ähnlichen Fahrzeugen an (HGV); Sitzplatzkapazität pro Zug: 460 Plätze b Der Entrant hat ähnlich hohe Gesamtkosten pro Zugpaar wie der Incumbent b Der Entrant fährt aus Kostengründen keine Züge in Doppeltraktion b Die Auslastungsgrenze aller Züge liegt bei durchschnittlich 70 % der Kapazität. Anmerkung zu Kostenannahmen: Wenn der Entrant mit ähnlichen Fahrzeugen operiert, also auch HGV-Fahrzeuge einsetzt, liegt ein großer Teil der Kosten auf dem Niveau des Incumbents. Trassen- und Energiekosten machen ca. 50 % der Gesamtkosten aus, die fixen Fahrzeugkosten ca. 15 % 13 . Ein niedrigeres Kostenniveau wäre zum Beispiel bei Personal- und Verwaltungskosten sowie durch eizientere Umläufe und bei Vertriebskosten möglich. Die Kosten eines Entrants könnten aber durchaus auch über denen des Incumbents liegen. Der Entrant hat möglicherweise Lern- und Anlaukosten und kann weniger Größen- und Synergievorteile realisieren als der Incumbent. Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 75 Die Rentabilitätsauswertung stellt Umsatz und Kosten in Bezug zum Umsatz vor Wettbewerbseintritt für unterschiedliche Preisniveaus des Entrants gegenüber einem Durchschnittspreis des Incumbents dar. Wenn der Incumbent nicht mit dem Preis reagiert, läge der optimale Umsatzpunkt des Entrants auf der Verbindung Köln - Amsterdam bei 45 % des Ausgangspreises. Die Auslastungsgrenze ist allerdings schon bei 56 % des Ursprungspreises und einem Umsatz von 28 % des Ausgangsumsatzes erreicht. Der Entrant deckt bei einer Kundenreaktion wie auf der Amsterdam-Strecke mit dem Umsatz seine Vollkosten nicht ab. Schon eine Preissenkung des Incumbents um 15 % führt dazu, dass der optimale Umsatz des Entrants auf das Niveau seiner variablen Kosten sinkt. Der Entrant könnte also, wie in Abbildung-6 dargestellt, durch eine relativ geringe Preisreaktion des Incumbents aus dem Markt gedrängt werden. Auf der Strecke Köln - Brüssel erzielt der Entrant einen höheren Marktanteil. Sein optimaler Umsatzpunkt ohne Preisreaktion des Incumbents liegt entsprechend bei einem höheren Preisniveau von 77 % (Abbildung- 7, Schritt 1). Bei einer Preissenkung des Incumbents von 15-% würde der Entrant zwar bei unverändertem Preisniveau seinerseits seine Kosten nicht mehr decken, er kann aber durch eine erneute Preissenkung wieder den Break-even-point erreichen (siehe Abbildung-7, Schritt 2 und 3). Erst bei einer Preissenkung des Incumbents von 40 % fällt der Umsatz des Entrants dauerhaft unter seine variablen Kosten (siehe Abbildung-7, Schritt 4). Bei Kundenpräferenzen wie auf der Strecke Köln - Brüssel könnte dementsprechend ein intensiver Preiskrieg von Entrant und Incumbent einsetzen, der mit hohen Verlusten für die Unternehmen verbunden wäre. Die Kunden würden hiervon allerdings profitieren, ihre Konsumentenrente stiege durch die Preissenkungen der Anbieter stark, wie in Abbildung-8 dargestellt. Zusammenfassung Auf den grenzüberschreitenden Bahnverbindungen Köln - Amsterdam und Köln - Brüssel wurden 700 Reisende zu ihren Präferenzen im Bahnwettbewerb befragt. Die Interviewten schrieben einem Kooperationsangebot einen signifikanten Wert zu - für die höchste Anzahl Zugpaare und integrierte Marketingleistungen. Allerdings wird auch deutlich, dass besonders hohe Präferenzen für die Beibehaltung des Status quo bestehen: auf der Strecke Köln - Brüssel für Wettbewerb und auf der Strecke Köln - Amsterdam für das Kooperationsangebot. Dies reflektiert die Bedeutung von Gewohnheit, Unsicherheit bezüglich der unbekannten Situation und potenziellen Lern- und Transaktionskosten. Bei Amsterdam wird der hypothetische Entrant wesentlich seltener gewählt als der bekannte Entrant auf der Brüssel-Strecke - ein Zeichen für Unsicherheit bezüglich der Angebotsqualität des Entrants. Einzelne Kundensegmente zeigten wie erwartet starke Unterschiede in ihrem Wahlverhalten. So reagierten Privatreisende zum Beispiel wesentlich preissensibler als Geschäftsreisende und Besitzer von Kundenkarten demonstrierten eine deutliche Bindung an das herausgebende Unternehmen. Entsprechend hätten Entrants die besten Nachfragechancen auf Strecken mit einem hohen Anteil Privatreisende ohne Kundenkarte. Die Abschätzung der Rentabilität des Entrants verdeutlicht, dass ein unbekannter neuer Marktteilnehmer zunächst eine schwierige Situation zu überwinden hätte. Erst wenn sich die Kunden nach einer Anlaufphase an Wettbewerb und das neue Unternehmen gewöhnt haben, könnte ein Markteintritt rentabel werden. Es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, dass es zwischen Newcomer und Incumbent zu einem Preiskampf käme, bei dem beide Unternehmen hohe Verluste hinnehmen müssten. Aus Regulierungssicht implizieren die Ergebnisse, dass intramodaler Wettbewerb im SPFV nicht automatisch einen Nutzen für die Reisenden bringt. Auch Kosten einer Desintegration des Angebotes müssen betrachtet werden. Die Autoren planen weitere Studien, um Kundenpräferenzen im SPFV-Wettbewerb umfassend zu verstehen. Interessante Untersuchungsfelder sind dabei zum Beispiel die Kundenpräferenzen bei Variation von Angebotsfrequenz oder -qualität. Auch ein durch Wettbewerb im SPFV-Markt entstehender intermodaler Shift könnte untersucht werden. ɷ Christiane Warnecke Projektmitarbeiterin und Doktorandin an der Justus-Liebig-Universität Gießen, Professur für Industrieökonomie, Wettbewerb und Regulierung Christiane.Warnecke@wirtschaft.unigiessen.de Dirk Rompf, Prof. Dr. International School of Management, Frankfurt/ Main; Studiengangsleiter Master of Science „International Transport & Logistics“ dirk.rompf@ism.de Abb. 8: Umsatzverteilung und Konsumentenrente im Preiskrieg - Beispiel Brüssel 1 KLEMPERER, P. (1995). “Competition when Consumers have Switching Costs.” The Review of Economic Studies, Vol. 62, No. 4, pp. 515-539 2 Wir danken der DB AG, Thalys, der SNCF und der SNCB für die Genehmigung und Unterstützung der Marktbefragung. Und wir danken den Studenten des ISM-Workshops für ihren Einsatz im Marktforschungsprojekt. 3 Englischer Ausdruck für „Altsasse“ oder „Platzhirsch“. 4 Englischer Ausdruck für einen neuen Anbieter im Wettbewerb. 5 Vgl. Wirtschaftswoche, 09.04.2011, „Deutsche-Bahn-Konkurrent Locomore startet erst 2011.“ 6 Aus Vertraulichkeitsgründen können die Daten für die Hochrechnung nicht veröfentlicht werden. 7 KLEMPERER, P. (1995). “Competition when Consumers have Switching Costs.” The Review of Economic Studies, Vol. 62, No. 4, pp. 515-539 8 CARLSSON, F. and LÖFGREN, Å. (2004). “Airline choice, switching costs and frequent flyer programs.” Working Papers in Economics no. 123, Gothenburg University 9 VERHOEF, P.C. (2003). “Understanding the Efect of Customer Relationship Management Eforts on Customer Retention and Customer Share Development.” Journal of Marketing, Vol. 67 (October 2003), pp. 30-45 10 CARLSSON, F. and LÖFGREN, Å. (2004). “Airline choice, switching costs and frequent flyer programs.” Working Papers in Economics no. 123, Gothenburg University 11 Einen Überblick zu Studien zu diesem Thema geben z.B. Oum, T.H., Waters, W.G. and Jong, J.S. (1990). “A Survey of Recent Estimates of Price Elasticities of Demand for Transport.” Working Paper WPS 359, World Bank 12 WHITAKER, B., TERZIS, G., SOONG, E. and YEH, W. (2005) “Stated Preference as a Tool to Evaluate Airline Passenger Preferences and Priorities.” Transportation Research Record: Journal of the Transportation Research Board, No. 1915, Transportation Research Board of the National Academies, Washington D.C., pp. 55-61 13 Information DB AG Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 76 Universeller Simulator für Revenue Management In IV 4/ 07 wurden die Bedingungen für den Einsatz stochastischer Simulatoren im Revenue Management diskutiert. Es bestand die Hofnung, für die Entscheidungsunterstützung in der Praxis „in der Zukunft universelle Simulatoren zur Verfügung zu haben“. In der Zwischenzeit hat Lufthansa mit REMATE einen solchen Simulator entwickelt, der hier vorgestellt wird. R evenue Management (RM) bezeichnet die Praxis, durch starke Diferenzierung der Produktpalette und Verteilung der Nachfrage auf das jeweils passende Produkt eine Ertragssteigerung zu erzielen (für einen Überblick siehe Talluri & van Ryzin, 2004). Für Fluggesellschaften bedeutet dies, aus Flügen und Buchungsklassen verschiedene Produkte zu kreieren, die zu unterschiedlichen Preisen angeboten werden. Unter Berücksichtigung der Sitzplatzkapazität soll die Nachfrage so auf die einzelnen Produkte verteilt werden, dass der gesamte Ertrag maximiert wird. Dafür steht eine Vielzahl an Methoden bereit, die sich jedoch nur schwer vergleichen lassen (siehe z. B. Armstrong, 2001, Cleophas, 2009, Fildes, 1992). Es ist zum Beispiel in der Praxis unmöglich nachzuvollziehen, wie viele potenzielle Kunden aufgrund des angebotenen Preises von einer Buchung abgesehen haben. Diese Information wäre aber essentiell für die Bewertung des RM-Systems, das für diesen Preis letztendlich verantwortlich ist. Nutzen von stochastischen Simulationen für RM Eine stochastische Simulation bietet die Möglichkeit, in einer Nachbildung der realen Welt Konsequenzen von Systemveränderungen zu beobachten und daraus Rückschlüsse auf das reale System zu ziehen (für einen umfassenden Einblick siehe Law & Kelton, 2000). Insbesondere ist es in einer solchen Simulation möglich, Informationen über das Verhalten aller Kunden zu erhalten, inklusive derjenigen, die am Ende auf eine Buchung verzichten. Dies ist die Grundlage für einen quantitativen Vergleich verschiedener RM-Methoden, bei denen heute zunehmend stochastische Simulationen eingesetzt werden (siehe z. B. Frank et al., 2007, Gorin & Belobaba, 2008). Dies führte 2008 bei Lufthansa zur Überlegung, ein Simulationssystem für das RM zu entwickeln. So sollte eine bessere Entscheidungsgrundlage geschafen werden, die die Foto: Lufthansa TECHNOLOGIE Luftverkehr Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 77 Erlössituation verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit stärken sollte. In Zusammenarbeit mit Universitäten und einem Softwareanbieter wurde das System REMATE entwickelt. REMATE ist ein stochastischer Simulator mit ausgefeiltem Kundenmodell sowie praxisnaher Nachbildung von RM-Systemkomponenten wie Prognose- und Optimierungsmodulen. Dazu bietet REMATE die Möglichkeit, alle Einflüsse eines Revenue Managers abzubilden, die auch in der Praxis vorgenommen werden. Aufbau REMATE besteht im Wesentlichen aus fünf Teilen. Das sind ein Kundenmodell, das die Nachfrage generiert, ein Prognose- und ein Optimierungsmodul, ein Inventory-Control-Modul, sowie ein Data Warehouse zur Analyse (siehe Abbildung 1). Funktionsweise Kundenmodell Grundlage eines stochastischen Simulators wie REMATE ist das Kundenmodell, das einen Strom von zufälligen Buchungsanfragen generiert. Der Nachfragegenerator von REMATE orientiert sich dabei an den Überlegungen in (Cleophas, 2009). Jeder zufällig erzeugte Kunde wählt unter den Produkten, die ihn interessieren und die er sich leisten kann, dasjenige aus, das seinem Wunschprodukt am nächsten kommt und möglichst preisgünstig ist. Dazu lassen sich verschiedene Kundentypen erstellen, deren Charakteristika einem realistischen Kundenverhalten nahe kommen. Die Nachfrage eines jeden Kunden findet auf Reiseweg-Basis statt, wobei Schwankungen bezüglich Wochentagen und Verkaufsstandorten berücksichtigt werden können. Eine zentrale Eigenschaft jedes Kundentyps ist die Zahlungsbereitschaft. Sie gibt den Preis an, den der Kunde maximal für ein Ticket zahlen würde und ist einer realistischen Schwankung unterworfen. Diese Zahlungsbereitschaft steigert sich mit der Länge der Strecke. Zur genaueren Beschreibung der Kundentypen gibt es eine Liste von Restriktionen, die der Kundentyp zu akzeptieren bereit ist oder eben nicht. Es besteht auch die Möglichkeit, eine Einschränkung zwar nicht vollständig abzulehnen, aber nur ungern zu akzeptieren. Dazu werden Strakosten für Restriktionen eingeführt, die sich bei der Wahl negativ für das eingeschränkte Produkt auswirken. Damit lassen sich viele Kundentypen aus der Realität gut nachbilden. So wird ein Geschäftskunde auf einem Langstreckenflug vielleicht auf keinen Fall im engen Economy- Abteil fliegen wollen. Gleichzeitig ist es aber möglich, dass er bei einem günstigen Ange- Abb. 1: Schematischer Aufbau von REMATE Abb. 2: Kundenmodell - Einschränkungen TECHNOLOGIE Luftverkehr Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 78 Abb. 3: Kundenmodell - Verteilungen bot ein einmaliges Umsteigen akzeptiert, auch wenn ihm ein Direktflug lieber wäre. Für die Abbildung eines realistischen Kundenverhaltens steht eine Reihe von Feineinstellungen zur Verfügung. Zum Beispiel können die maximale Abweichung vom Wunschabflugzeitpunkt, die Präferenz für eine Airline und die Wahrscheinlichkeit einer Stornierung berücksichtigt werden (siehe Abbildung 2). Für die zeitlichen Verteilungen der bevorzugten Abflugzeitpunkte sowie der Buchungen und Stornierungen können eigene Referenzkurven erstellt werden (siehe Abbildung 3). Kalibrierung von Märkten Als Basis für jede Revenue Management Simulation muss die darin abgebildete Nachfrage nach einem realistischen Markt modelliert sein. In REMATE lassen sich auf einfache Art und Weise neue Märkte erstellen und bearbeiten. Zur Kalibrierung bietet REMATE Schnittstellen, um die Daten aus der Simulation mit realen Buchungsinformationen zu vergleichen. Damit kann der Nutzer beliebige Aspekte des Szenarios realistisch gestalten. Durch die Komplexität der Zusammenhänge von Nachfrage, Revenue Management System und Wettbewerb ist der Prozess der Kalibrierung allerdings aufwändig und erfordert Markt- und Systemexpertise. Ergänzend zu bisherigen Simulatoren können in REMATE Revenue Manager die für sie interessanten Fragestellungen auch selbst nachstellen. Revenue Management System Von zentraler Bedeutung sind für ein RM- System die Nachfrageprognose und die darauf basierende Optimierung der Buchungsklassensteuerung (McGill & van Ryzin, 1999). REMATE folgt in seiner Funktionsweise weitgehend realen Systemen. Zuerst wird vom System aufgrund von historischen Buchungsdaten eine Prognose über die erwartete Anzahl Kunden und ihre Eigenschaften erstellt. Diese wird dann in den Optimierer weitergeleitet, der auf dieser Basis Vorgaben über die Annahme oder Ablehnung von Buchungsanfragen festlegt und im Inventar abliefert. Später werden aufgrund von beobachteten Buchungen die Referenzwerte für die Prognose aktualisiert. REMATE beherrscht zurzeit fünf verschiedene Prognose- und Optimierungsmethoden: b komplett manuell b flug-basiert mit unabhängiger Nachfrage b netzwerk-basiert mit unabhängiger Nachfrage b netzwerk-basiert mit teilweise abhängiger Nachfrage b netzwerk-basiert mit abhängiger Nachfrage Die auf unabhängiger Nachfrage basierenden Methoden trefen die Annahme, dass jeder Kunde genau eine Buchungsklasse nachfragt. Dies bildet die Wirklichkeit natürlich nicht korrekt ab. Vielmehr interessieren sich Kunden für eine ganze Reihe von Klassen, was nicht zuletzt daran liegt, dass sich einige Buchungsklassen nur durch den Preis unterscheiden. Die Prognose und Optimierung auf Basis von unabhängiger Nachfrage sind jedoch in der Praxis heute noch weit verbreitet. Im Inventar werden die Verfügbarkeiten pro Flug nebst den bereits eingegangenen Buchungen verwaltet. Für die flug-basierte Optimierung wird hier mit Reservierungslevels, für eine netzwerk-basierte Optimierung mit Bid Prices gearbeitet. Nutzereinflüsse Wie bereits beschrieben ist es in REMATE möglich, das RM manuell nachzusteuern. REMATE unterstützt alle im RM gängigen Einflüsse. Es wird mit Eingrifen in den Flugplan, die Preisstruktur, die Prognose, die Optimierung sowie das Inventory die gesamte Bandbreite der Einflussmöglichkeiten abgedeckt. Dabei ist es möglich, mehrere Nutzereinflüsse auf ein einziges Szenario oder auf mehrere Szenarien anzuwenden und simultan auszuwerten. Entscheidungsunterstützung Die Möglichkeiten von REMATE können zur Entscheidungsunterstützung sowie zur Durchführung von Planspielen („Wargames“) genutzt werden. REMATE kann wissenschaftlich zur flexiblen Erstellung von Studien zur Untersuchung von komplexen Zusammenhängen im operativen Geschäft von Airlines eingesetzt werden. Zusätzlich - und das ist unseres Wissens nach weltweit einzigartig - bietet REMATE aber auch Hilfestellung direkt für die Anwender, z. B. im Rahmen von Trainings: Dabei wird ein tiefgehendes Verständnis der Zusammenhänge ermöglicht, indem diese in Planspielen und Analysen selbst erlebt werden. Selbst erfahrene Revenue Manager können von REMATE profitieren. Die For- Abb. 4: Auswertung des Experiments für Anwender lu lu lu lu u lu uffffffffth th th th th th h than an aan an an aannsa sa sa sa saa sa sa saa s .c .c .c c .c .c .c .com om om om om om om o Die Lufthansa A380 - Liebe auf den ersten Blick. Lufthansa heißt Sie herzlich willkommen an Bord der neuen A380. Das größte und modernste Passagier Y ugzeug der Welt setzt mit vielen Innovationen neue Maßstäbe. Fliegen Sie von Frankfurt nach Tokio, Peking, Johannesburg oder New York - und jetzt neu auch nach San Francisco. Weitere Informationen und Buchung unter lufthansa.com/ A380 Neue Dimensionen Ein Produkt von Lufthansa. TECHNOLOGIE Luftverkehr Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 80 schung in diesem Gebiet schreitet schnell voran und es werden immer wieder neue Methoden oder gar vollständig neue Systeme entwickelt. Neuerungen haben zur Folge, dass neue Einflussmöglichkeiten für die Anwender hinzukommen, die diese bisher noch nie benutzt haben. Die zukünftige Verwendung kann in REMATE simuliert werden, um die Übergangsphase zu erleichtern. Weiterhin ist REMATE auch während der täglichen Arbeit ein hilfreiches Werkzeug zur Entscheidungshilfe. Hier lassen sich problemlos unterschiedliche Einflussmöglichkeiten auf ein System miteinander vergleichen. Dies hilft, die Nebenwirkungen der verschiedenen Methoden zu erkennen und dadurch die eigenen Entscheidungen zu hinterfragen und dann zu optimieren. Gab es bisher eine relativ strikte Trennung zwischen Entwicklern und Nutzern von RM- Systemen, so sind diese beiden Seiten nun weitaus stärker verzahnt. Zum einen steigern die Nutzer durch die Simulationen ihr eigenes Verständnis von RM, was sich positiv auf die in der Praxis getrofenen Entscheidungen auswirkt. Zum anderen entwickeln sich häufig aus den gezielten Fragestellungen eines praxisorientierten Anwenders mithilfe der richtigen Simulationen spannende Studien und damit neue Erkenntnisse auch für die Entwickler neuer Systeme. Zur Auswertung der Ergebnisse werden die vom Nutzer ausgewählten Indikatoren stets im Vergleich mit einer Basissimulation ohne Nutzereinflüsse angezeigt. Um die Aussagekraft der Ergebnisse einschätzen zu können, werden immer Konfidenzbereiche mit angegeben (siehe Abbildung 4). Planspiel In der Realität konkurrieren auf fast jeder Strecke mehrere Airlines miteinander, aber derzeitige RM-Systeme berücksichtigen Konkurrenz zumeist nur indirekt. So kann das System bei einer gesteigerten Marktsituation des Konkurrenten z. B. entfallene Buchungen beobachten und die Prognose sowie die Buchungsklassensteuerung darauf anpassen. Die gezielte Steuerung im Wettbewerb ist aktuell eine der Hauptaufgaben von Analysten im Revenue Management. Diese schätzen auf der Grundlage ihres Erfahrungsschatzes die Konkurrenzsituation ein und justieren das System manuell nach. Jedoch bleibt auch bei dieser Lösung das Hauptproblem einer Konkurrenzsituation bestehen: Die Wettbewerber versuchen ihrerseits, Konkurrenz im Revenue Management zu berücksichtigen. Damit stellt sich für alle Beteiligten die Frage: Wie soll man in Märkten mit starker Konkurrenz reagieren? In REMATE gibt es durch den Planspielmodus die Möglichkeit, RM in Konkurrenzsituationen zu simulieren. Dabei übernimmt jeder Spieler die Rolle des Revenue Managers einer Airline mit festgelegtem Flugplan und Preisschema (siehe Abbildung 5). Ziel jedes Spielers ist dabei besser abzuschneiden als die Wettbewerber. Dies sorgt nicht nur für eine natürliche Motivation, es entspricht auch der Jobbeschreibung eines Revenue Managers. REMATE agiert dabei interaktiv und dynamisch: Die Einstellungen jedes Spielers beeinflussen jede Airline im Spiel. Während des Spiels hat jeder Spieler Zugrif auf eine ausführliche Übersicht mit einer großen Auswahl an RM-Indikatoren seiner Airline, anhand derer er Rückschlüsse auf die Strategien seiner Wettbewerber ziehen kann. Der Spieler kann somit während des Spiels das bisherige Abschneiden seiner Airline verfolgen und entsprechend reagieren. Zusammenfassung und Ausblick REMATE ist ein flexibel einsetzbarer Simulator für die Praxis und bringt damit stochastische RM-Simulationen dorthin, wo sie besonders gebraucht werden. Dafür sind neue Features wie von Anwendern frei veränderbare Einflüsse und ein interaktiver Wettbewerbsmodus erforderlich. Mit REMATE haben sich die Schulungsmöglichkeiten für Revenue Manager erheblich verändert. Durch die Simulationen lässt sich das Verständnis der komplexen Zu- Benedikt Zimmermann, Dipl.-Math. Institut für Wirtschaftsinformatik Freie Universität Berlin benedikt.zimmermann@dlh.de Catherine Cleophas, Jun.-Prof. Institut für Wirtschaftsinformatik Freie Universität Berlin catherine.cleophas@fu-berlin.de Michael Frank, Dr. IT Governance Deutsche Lufthansa AG Frankfurt am Main michael.frank@dlh.de sammenhänge erheblich verbessern. Die Vorstellung von RM-Systemen als eine Art „Black Box“ gehört nun der Vergangenheit an. Bei Lufthansa wird REMATE bereits zu Schulungszwecken und zur Entscheidungsunterstützung eingesetzt. Aufgrund seiner Flexibilität ist die Benutzung von REMATE mit einigen Anpassungen auch in anderen Geschäftsbereichen denkbar. Bereits jetzt ist es ohne weiteres möglich, REMATE zur Simulation im Fähr- oder Hotelsektor einzusetzen. Dazu ist eine Neuinterpretation der bisher verwendeten Größen nötig. So bestehen z. B. die Ressourcen nicht mehr aus den Sitzplätzen auf mehreren aufeinanderfolgenden Flügen in einem Netzwerk. Stattdessen handelt es sich hier um Plätze für Personen und Fahrzeuge auf einer Fähre beziehungsweise um mehrere aufeinanderfolgende Übernachtungen in einem Zimmer eines Hotels. ɷ LITERATUR [1] ARMSTRONG, J. Principles of forecasting: A handbook for researchers and practitioners. International Series in Operations Research and Management Science. 2001. [2] CLEOPHAS, C. Simulation-based Analysis of Forecast Performance Evaluations in Airline Revenue Management. PhD thesis, University of Paderborn, 2009. [3] FILDES, R. The evaluation of extrapolative forecasting methods. International Journal of Forecasting 8(1): 81 - 98, 1992. [4] FRANK, M. and FRIEDEMANN, M. and SCHRÖDER, A. Methodenanalyse im Revenue Management. Internationales Verkehrswesen, 59 (4): 140 - 143, 2007. [5] GORIN, T. and BELOBABA, P. P. Assessing predation in airline markets with low-fare competition. Transportation Research Part A: Policy and Practice, 42 (5): 784 - 798, 2008. [6] LAW, A. M. and KELTON, W. D. Simulation Modeling and Analysis. 3rd edition, 2000. [7] MCGILL, J. I. and VAN RYZIN, G. J. Revenue Management: Research Overview and Prospects. Transportation science, 33 (2): 233 - 256, 1999. [8] TALLURI, K. T. and VAN RYZIN, G. J. The Theory and Practice of Revenue Management. 2004. Abb. 5: Schema des Planspielmodus INDUSTRIE + TECHNIK Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 81 Inhalt Info Containerumschlag 3 Compact Kaleidoskop 4 Global Flow Goods Schutz eines offenen Systems 6 tructure 8 Gerd Neubeck Foto: DB AG/ Tobias Heyer w Vernetzte Sicherheitskommunikation Massen an Reisenden & Gütern Sicherheit in der Transportkette w w w.griephan.de Frühjahr | 1/ 2011 Griephan Global Security - Sicherheit in der Transportkette Sicherheit der Transportwege und der logistischen Ketten ist für Deutschland von strategischer Bedeutung. Die Sicherung der logistischen Ketten ist Bestandteil deutscher export-orientierter Expertise. Als kompakter Informationsdienst erscheint Griephan Global Security viermal im Jahr in deutscher Sprache. Jetzt online lesen unter www.griephan.de/ ggstransport. Der Prototyp eines bombenbzw. explosionssicheren und gasdichten Frachtcontainers aus Textil ist kürzlich nach erfolgreich absolvierten Sprengtests vorgestellt worden. Das ultrafeste Material im Mehrlagenverbund ist eine Entwicklung des Forschungskuratoriums Textil, an dem 16 deutsche Textilforschungsinstitute beteiligt sind, sowie diverser Institute und Firmen aus fünf Ländern. Federführend zeichnet das Sächsische Textilforschungsinstitut Chemnitz (STFI) verantwortlich. Das „Fly Bag“-Projekt wurde von der EU mit 2,2 Mio. EUR gefördert. Gespräche mit der für die Zulassung zuständigen Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) laufen. Wenn sich die Innovation durchsetzt, könnten herkömmliche Aluminiumbehältnisse zum Transport des Reisegepäcks durch explosionssichere Container aus dem neuen Mehrlagenmaterial ersetzt werden. Ein Sprengstofanschlag wie 1988 über Lockerbie würde dann nicht mehr zum Absturz des Flugzeugs führen, sind die Wissenschaftler überzeugt. (zp) Textiler Fly Bag Explosionssicherer Gepäckcontainer Computeranimation einer Sprengung: Plastiksprengstof detoniert im Fly Bag. Quelle: Projekt Fly Bag Alucontainer chancenlos: reales Ergebnis bei Zündung einer Koferbombe Foto: Projekt Fly Bag Tital Titanrahmen für A380 tig ist, dass die Bauteile auf ihre Ermüdungsresistenz und Rissfortschrittszähigkeit hin geprüft werden. Dies wird in unabhängigen Laboren getestet. Durch die Pylons verlaufen sämtliche Versorgungsleitungen, die unter anderem für die Triebwerkssteuerung notwendig sind. (zp) Die Rippen für die Verbindung zwischen Triebwerk und Tragfläche (Pylons) könnten künftig aus Titan sein. Für den A 380 liefert der Titan- und Aluminiumfeinguss-Spezialist Tital GmbH, Bestwig, erstmals Primärstrukturteile aus Titanfeinguss an Airbus in Frankreich. Besonders wich- Bosch Sicherheit für BBI teme GmbH, München, die komplette Sicherheitstechnik. Allein rund 19 000 automatische und manuelle Brandmelder werden installiert und beispielsweise knapp 1500 Kameras verschiedener Typen. Insgesamt gibt es neun vernetzte universelle Gefahrenmeldezentralen. (zp) Brandmeldeanlage, elektroakustisches Notfallwarnsystem, Fluchttürsteuerung, Einbruchmeldeanlage, Videoüberwachung, Zutrittskontrolle und Gebäudefunktionssteuerung: Für den neuen Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) liefert die Bosch Sicherheitssys- INDUSTRIE + TECHNIK Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 82 Fraunhofer ILT Turbinenschaufeln aufschmelzen Für die Herstellung von Flugzeugturbinen haben Dr. Ingomar Kelbassa und Team vom Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen eine neue Methode entwickelt und damit den zweiten Platz beim Ferchau-Innovationspreis gewonnen. Die Schaufeln in den Turbinen werden bisher aus einem Stück herausgefräst. Dabei geht ein Großteil des Materials verloren. Kelbassa dagegen trägt Material nicht ab, sondern bringt es auf. Ausgangsbasis ist die Turbinenscheibe, an der die Wissenschaftler die zahlreichen Schaufeln nacheinander aufwachsen lassen. Über eine Pulverdüse wird das Material aufgebracht, ein Laserstrahl schmilzt es auf. Wandert der Laserstrahl weiter, erstarrt das Material. Schicht für Schicht entstehen so die Schaufeln. Das Verfahren gibt es schon länger. Neu sind die Schnelligkeit der Fertigung und die Möglichkeit, auch unterschiedliche Materialdicken einfach herstellen zu können. Dadurch ist das Vorgehen nun auch für Turbinenschaufeln geeignet. (zp) Schmitz Cargobull Joint Venture in China Zusammen mit dem chinesischen Lkw-Hersteller Dongfeng Motor Company will die Schmitz Cargobull AG, Horstmar, künftig auch in China Sattelauflieger bauen und verkaufen. Ein entsprechendes Joint Venture wurde Ende April vereinbart. Der Trailerhersteller will so vom wachsenden chinesischen Markt profitieren. (zp) Daimler / Europcar E-Transporter im Angebot Die Daimler AG will künftig mit dem Autovermieter Europcar bei Transportern mit Elektroantrieb zusammenarbeiten. Mit dem Projekt wollen die beiden Unternehmen mehr über das Nutzungsverhalten der Kunden erfahren, um passende Vermietangebote ins Programm nehmen zu können. In einer Testphase kommt eine zweistellige Anzahl des Mercedes-Benz Vito E-Cell in Hamburg und Paris zum Einsatz. Die Lithium-Ionen-Batterien sollen eine Reichweite von rund 130 km ermöglichen. (zp) Knorr-Bremse Sigma UK umbenannt Der Knorr-Bremse Konzern hat das britische Tochterunternehmen des australischen Klimaanlagenherstellers Sigma Coachair Group (SCG), Sigma Coachair UK, in Knorr-Bremse Rail Systems (Burton) Ltd umbenannt. Im April erfolgte auch der Umzug von Sheield nach Burton upon Trent. Knorr-Bremse hatte SCG im September 2010 übernommen. Von Burton aus beliefert das Unternehmen den britischen und irischen Markt mit Fahrzeugheizungs- und -klimasystemen unter dem Namen Merak. (cm/ zp) BMW / Siemens E-Laden ohne Kabel Ein System zum kabellosen Laden von Elektroautos haben die Siemens AG und die BMW Group kürzlich vorgestellt. Es ermöglicht, Fahrzeugbatterien per Induktion über ein Magnetfeld aufzuladen. Das Verfahren, welches für das Laden von Fahrzeugen in Taxiwarteschlangen, auf Parkplätzen oder in Garagen geeignet ist, bringt es allerdings derzeit nur auf eine Leistung von rund 4 kW. Dadurch verlängert sich die Ladezeit. Per Ladekabel sind bis zu 22 kW möglich. (zp) MAN Lkw-Bau in Russland, Expansion in BRICs Der Münchner Nutzfahrzeughersteller MAN AG will 25 Mio. EUR investieren, um künftig auch in St. Petersburg schwere Lkw bauen und so den russischen Wachstumsmarkt besser bedienen zu können. Das Werk soll bereits 2012 in Betrieb gehen. Voraussichtlich werden die gleichen Modelle wie in Westeuropa hergestellt, allerdings mit besonderer Kälteausstattung. Mittelfristig sollen in St. Petersburg 6000 Lkw vom Band rollen. Ebenfalls wachstumsstark ist nach Angaben von MAN der Lkw-Markt in den BRIC-Staaten. MAN plant daher, zusammen mit dem chinesischen Partner Sinotruk bis 2018 200 000 schwere Lkw zu verkaufen, ein Fünftel davon im Export. Die Produktion soll im Dezember in Jinan bei Sinotruk anlaufen. International lautet der Markenname Sitrak. MAN hält 25 % plus 1 Aktie an Sinotruk. (zp) Hess Neue Buszug-Serie Nach einer umfangreichen Testphase konnte Anfang April 2011 die neue Buszug-Generation des Schweizer Fahrzeugherstellers Carosserie Hess AG, Bellach, bei den Zugerland Verkehrsbetrieben (ZVB) ihren Linienbetrieb aufnehmen. Die Hauptvorteile des Buszug-Konzepts, bestehend aus Zugfahrzeug und Personenanhänger, sind die hohe Transportkapazität und die gute Wirtschaftlichkeit auf Linien mit starken Nachfrageschwankungen. So kann die Kapazität beispielsweise kurzfristig verdoppelt werden ohne ein weiteres motorisiertes Fahrzeug mit Fahrer einsetzen zu müssen. Ebenso lässt sie sich durch Fahren ohne Anhänger reduzieren. Die neue Serie zeichnet sich durch durchgängige Niederflurigkeit aus, kann wahlweise sitz- oder stehplatzoptimiert werden und entspricht der Abgasnorm Euro 5 EEV. (zp) Sechs Geräte in einem: die Still- Konzeptstudie „Cubexx“ Foto: Bennühr Still Multitalent Vom Niederhubwagen über das Doppelstockgerät, den Hochhubwagen, das Kommissioniergerät und den Routenzug bis hin zum Gegengewicht-Stapler: der Hamburger Flurförderzeugehersteller Still hat im Frühjahr auf der Cemat die Konzeptstudie eines Multitalents vorgestellt. Zudem können die Gabeln bündig zum Hubgerüst eingeklappt und die Kabine eingefahren werden. Das äußerst kompakte Gerät mit den sechs Funktionen ist zudem besonders wendig: Y Drehungen auf der Stelle sind für den „Cubexx“ kein Problem. Fahrer werden über einen Chip identifiziert, der gleichzeitig Zugangskontrolle und automatische Sitzanpassung auslöst. (ben/ zp) Bombardier Radsatz-Zentrum Bombardier Transportation ergänzt sein Kompetenzzentrum für Drehgestelle in Siegen um einen neuen Bereich für Radsätze. Die Produktion vor Ort soll zu einer vereinfachten Logistikkette, weiteren Qualitätsoptimierungen und zu einer größeren Unabhängigkeit von externen Lieferanten sowie Veränderungen am Markt führen. Die Produktion läuft seit Anfang April. Es ist geplant, die Fertigung bis 2013 auf bis zu 10 000 Einheiten pro Jahr auszubauen. (cm/ zp) Thales RFID im HGV Im Rahmen des North South Rail Project in Saudi Arabien bringt die Thales Rail Signalling Solutions GmbH erstmals ein RFID-System zur Waggon- und Triebfahrzeugerfassung auf den Markt. An den 2400 km Gleis quer durch die Wüste werden 50 RFID-Anlagen zur automatischen Fahrzeugüberwachung und Richtungserkennung installiert. Das System basiert auf Software der österreichischen 7iD Technologies GmbH und kann die Zugrichtung fehlerfrei noch bei einer Geschwindigkeit von 245 km/ h erkennen. (zp) Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 83 Deutsche Bahn Dieselloks mit Mehrmotorenantrieb Die Deutsche Bahn AG hat mit Bombardier einen Rahmenvertrag über die Lieferung von bis zu 200 Dieselstreckenlokomotiven für den Personen- und Güterverkehr bis zum Jahr 2020 abgeschlossen. Das geplante Investitionsvolumen beläuft sich auf bis zu 600 Mio. EUR. Die Loks mit einem Mehrmotorenantrieb auf Basis der Traxx-Produktplattform sollen sowohl bei DB Regio als auch bei DB Schenker Rail eingesetzt werden. Statt eines großen Dieselaggregats verfügen die 160 km/ h schnellen Maschinen über vier Industrie-Dieselmotoren. Dies ermöglicht ein Zu- oder Abschalten von einzelnen Motoren je nach Leistungsbedarf. So sind laut Bombardier ein deutlich geringerer Kraftstofverbrauch sowie niedrigere Abgasemissionen und Lebenszykluskosten möglich. Die neue Lok erfüllt die ab 2012 gültigen EU-Abgasnormen der Stufe IIIb. Beim Mehrmotorprinzip lassen sich nach Angaben des Herstellers zudem leichter neue technische Entwicklungen während der Fahrzeuglebensdauer umsetzen. (cm/ zp) TU Braunschweig Autopiloten für Pkw entwickelt Alstom / Vossloh Kiepe Auftrag von Üstra Ein Konsortium aus der Vossloh Kiepe GmbH und der Alstom Transport Deutschland GmbH baut die neuen Stadtbahnen des Typs Tw 3000 für Hannover. Die Üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG hat den Vertrag im April unterzeichnet. Das Konsortium unter der Leitung von Vossloh Kiepe liefert 50 Fahrzeuge mit der Option auf weitere 96 Einheiten. Die feste Bestellung hat einen Wert von 126 Mio. EUR, von denen rund 100 Mio. EUR auf Vossloh Kiepe entfallen. Die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG) bezuschusst die Erstlieferung mit 64,3 Mio. EUR. Produziert werden die Stadtbahnen in Düsseldorf, Salzgitter und Leipzig. Geliefert werden die ersten Fahrzeuge voraussichtlich im Sommer 2013. Die Tw 3000 sollen ältere Fahrzeuge vom Typ Tw 6000 ablösen. (cm/ zp) Siemens Geschäftsfelder neu geordnet Die Siemens AG, München, baut um und richtet sich mit einer neuen Sparte auf den Zukunftsmarkt für grüne Infrastrukturprojekte in Metropolen aus. Diese Sparte soll 21 Mrd. EUR Umsatz bündeln, etwa 29 % des Konzernumsatzes. Aus den bisherigen drei Geschäftsbereichen Industrie, Energie und Medizintechnik wird ein vierter generiert. Teile aus Industrie und Energie bilden zusammen den Sektor Siemens hilft in London seit 2008 mit einem Kamerasystem, die Einhaltung der Low Emission Zone zu kontrollieren. Foto: Siemens Infrastrucure & Cities, der sich auf den Zukunftsmarkt für grüne Infrastrukturprojekte in Großstädten ausrichtet. Er nimmt die Industriebereiche Osram, Gebäudetechnik (Building Technologies) und Bahntechnik (Mobility) sowie die Energiesparte Power Distribution auf. CEO des Sektors und damit auch Mitglied des Vorstands ist Dr. Roland Busch, seit 1994 bei Siemens und zuletzt Leiter Corporate Strategies. (zp) Raumfahrttechnik (Maschinenbau) der TU Braunschweig sind am Projekt beteiligt, ebenso wie das Institut für Verkehrssystemtechnik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Universität Hildesheim. Das NFF will neue Konzepte für eine nachhaltige automobile Mobilität erforschen. Das Projekt wird ausschließlich aus Institutsmitteln der TU finanziert. Leonie wurde auf der Hannover Messe im April vorgestellt. Übrigens kennt sie auch die Verkehrsregeln, blinkt, erkennt Hindernisse, wechselt souverän die Fahrspuren, fährt rückwärts und kann einparken. Nur das Fahrziel muss man einprogrammieren, den Zündschlüssel einstecken und an Ampeln die Lichtsignalfarbe eingeben. Letzteres soll sich bald ändern. (zp) Normaler Stadtverkehr - und der VW Passat TDI Variant ist fahrerlos unterwegs. Natürlich sitzt ein Mensch hinter dem Steuer, weil es so vorgeschrieben ist, doch er greift nicht ins Fahrgeschehen ein. Durch Satellitenortung, etwa 15 Laserscanner und Radarsensoren sowie mithilfe eines umfassenden Rechnersystems bewegt sich das Fahrzeug vollautomatisch mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 km/ h im Stadtverkehr. Zwei Testeinheiten namens Leonie und Henry haben die Ingenieure der TU Braunschweig mit dem System ausgerüstet. Das Projekt „Stadtpilot“ wurde größtenteils am Wolfsburger Standort des Niedersächsischen Forschungszentrums Fahrzeugtechnik (NFF), entwickelt. Experten aus Regelungstechnik (Elektrotechnik) und Luft- und Audi Querkraft überlistet Durch eine neuartige Pendeltechnik will der Pkw-Hersteller Audi vermeiden, dass Beifahrern oder Fondpassagieren bei Kurvenfahrt schlecht wird. Das Projekt „querkraftfreies Fahren“ aus der Entwicklungsabteilung von Audi wurde kürzlich bei „Spiegel online“ vorgestellt. Dabei wird das Auto mittels Neigetechnik in die Kurve gelegt. Der Prototyp ist mit aktivem Fahrwerk und besonders leistungsstarken Aktoren ausgerüstet. Als Folge legt sich der Testwagen in die Kurve wie ein Motorrad. Um bis zu fünf Zentimeter kann die bisher öfentlich noch nicht näher beschriebene Technik jede Radaufhängung in Millisekunden anheben oder absenken und so der Querkraft entgegen wirken. Eine Videokamera erfasst kommende Kurven und gleicht sie mit den Daten aus dem Navigationssystem ab. Bis zur Serienreife ist es allerdings noch weit, bisher existiert nicht einmal die passende Fahrwerktechnik. (zp) DB AG ICx-Auftrag genehmigt Die größte Einzelinvestition in der Geschichte der Deutsche Bahn AG ist genehmigt: Der Aufsichtsrat der DB AG hat Mitte April dem Vertragswerk zum ICx zugestimmt, dem Nachfolger des ICE 3 für den Fernverkehr. Der Rahmenabrufvertrag mit der Siemens AG, Bereich Mobility, umfasst bis zum Jahr 2030 einen möglichen Lieferumfang von bis zu 300 ICx-Zügen für rund 5 Mrd. EUR. Sofort werden 130 Züge abgerufen, von denen die ersten zum Fahrplanwechsel im Dezember 2016 in den Regeleinsatz gehen sollen, um bisher lokbestpannte IC-Züge zu ersetzen. Weitere 90 ICx sollen zu bereits festgelegten Konditionen folgen, um ICE 1- und ICE 2-Einheiten abzulösen. Die restlichen 80 können jederzeit hinzugenommen werden. Der ICx ist ein Plattformzug, dessen Konfiguration unterschiedlich ausgeführt werden kann. Ursprünglich war geplant, den Vertrag bereits Mitte 2010 zu fixieren. (cm/ zp) Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 84 VERANSTALTUNGEN Mobilitätskongress Wohin führt das Verkehrswachstum? Traic Talks, der neue, internationale Mobilitätskongress in Bonn, hinterfragt die gängigen verkehrspolitischen Strategien und analysiert die Zukunftskonzepte der Verkehrswirtschaft. Am 13. und 14. September werden rund 1500 Teilnehmer in den Räumen des ehemaligen deutschen Bundestages die möglichen Grenzen von Mobilität ausloten. D ie Prognosen zum Verkehrswachstum in Deutschland und Europa sind geradezu atemberaubend. Allein für den Güterverkehr variieren die Schätzungen bis zum Jahr 2030 zwischen 50 und 70 %. Das sind aus ökonomischer Sicht sicherlich erfreuliche Prognosen. Vor allem Nordrhein-Westfalen als zentrales Warendrehkreuz würde von dieser Entwicklung auf schon hohem Niveau profitieren. Denn das Land verzeichnet heute einen jährlichen Güterumschlag von 163 339 000 t, bundesweit ist das mehr als jede dritte Tonne. Andererseits mehren sich die negativen Begleiterscheinungen des Transitverkehrs: Der Verkehr staut sich vielfach auf den Autobahnen; auf den Schienenstrecken fehlen freie Kapazitäten, Güter-, Fern- und Nahverkehr müssen sich Gleise teilen. Vor diesem Hintergrund sucht Nordrhein-Westfalen den europaweiten Dialog mit den Entscheidungsträgern und Akteuren der Bahn- und Verkehrsbranche. Mit Traic Talks in Bonn schaft das Land NRW eine neue Kommunikationsplattform und setzt dabei auf ungewöhnliche Themen und außergewöhnliche Referenten. Namhafte Branchenakteure wie DB-Chef Rüdi- Carola Dietz Redakteurin Kommunikationsagentur CP/ Compartner, Essen dietz@cp-compartner.de ger Grube oder Lufthansa-Finanzvorstand Stephan Gemkow trefen auf den renommierten Philosophen Peter Sloterdijk, auf Trendforscher wie Dirk Bathen und Dr. Andreas Knie, auf den Stuttgart 21-Architekten Christoph Ingenhoven, den Managementtrainer Dr. Reinhard K. Sprenger oder den Internetvisionär Dr. Andreas S. Weigend. Im Dialog mit diesen Querdenkern und Impulsgebern greift der Mobilitätskongress die Zukunftsthemen der Branche auf - aus neuen Blickwinkeln und mit provokanten Fragen, z. B., ob eine wachsende Wirtschaft zwangsläufig zu mehr Mobilität führen muss. Wieviel Mobilität mit all ihren Begleiterscheinungen - Emissionen, Lärm bei den Verkehrsträgern, Ressourcenverbrauch und Kosten - will und kann sich eine moderne Gesellschaft tatsächlich leisten? Und können die Menschen den Vorstellungen einer umfassend mobilen Gesellschaft, wie sie von Politik und Wirtschaft propagiert wird, überhaupt folgen? Auch die EU-weiten Vorgaben zur Verlagerung des Güterverkehrs kommen auf den Prüfstand, wenn man sich vor Augen hält, dass Deutschland bei den Investitionen in seine Schieneninfrastruktur mit 47 EUR pro Kopf europaweit das Schlusslicht bildet. Traic Talks macht diese und andere mögliche „Grenzen der Mobilität“ zum neuen Leitmotiv der europaweiten Mobilitätsdiskussion. Der Kongress wird von führenden Verbänden und Unternehmen der Bahn- und Verkehrswirtschaft getragen, so dass sich Traic Talks schon heute als neue Branchenplattform ausweisen darf. Unter anderem haben sich der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, der Verband der Bahnindustrie in Deutschland, die Allianz pro Schiene, die BAG-SPNV, der Deutsche Verkehrssicherheitsrat und die Deutsche Bahn AG in die inhaltliche Konzeption eingebunden. Darüber hinaus wird die Gemeinschaft der europäischen Bahnen (CER) mit ihrer Vollversammlung nach Bonn kommen. Damit werden die Spitzenvertreter von über 80 europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften vor Ort sein. Ein ofenes Dialogforum rundet das Programm von Traic Talks ab. Vor und nach den Haupt- und Nachmittagsforen wird das Foyer des alten Bundestages zum Marktplatz und Trefpunkt. Interessierten Branchenpartnern bietet das Dialogforum Gelegenheit, einem ausgesuchten Fachpublikum ihre Mobilitätskonzepte und innovativen Produktentwicklungen vorzustellen. Informationen zu den verschiedenen Präsentationsmöglichkeiten gibt das Traic Talks-Büro. Kontakt: Frank Herlitschka Tel. +49 (0)201 1095 171 herlitschka@cp-compartner.de www.traictalks.de Auftakt von Traic Talks im ehemaligen deutschen Bundestag in Bonn (v.l.n.r.): Jürgen Fenske, VDV-Präsident; Referatsleiter Hajo Kuhlisch vom Verkehrsministerium NRW; Horst Becker, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums; Geschäftsführer Dr. Michael Kleine-Hartlage des WorldCCBonn und Jürgen Nimptsch, Oberbürgermeister der Stadt Bonn Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 85 V E R K E H R S W I S S E N S C H A F T L I C H E N AC H R I C H T E N Mitteilungsblätter der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. Gesamtfinanzierungskonzept für Mobilität und Verkehr dringend erforderlich! 3. Heft Mai 2011 S elten sind sich Wissenschaft, Politik und die Verkehrswirtschaft derart einig - auf dem Jahresverkehrskongress 2011 herrschte Einverständnis über die Notwendigkeit, Verkehr und Mobilität auf ein neues bundesweites Finanzierungskonzept zu stellen. Unter der Überschrift „Verkehrsinfrastrukturen im Spannungsfeld zwischen öfentlicher Akzeptanz und Finanzierbarkeit“ referierten und diskutierten internationale Fachexperten aus Politik, Wissenschaft und Verkehrspraxis mit den 140 Teilnehmern. Der Jahresverkehrskongress 2011 unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Arnd Stephan war der Höhepunkt der Jahrestagung der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (DVWG) in Dresden. Auf dem durch intensiven fachlichen Austausch, hochkarätige Referate und ofenen Dialog geprägten Kongress wurden vielfältige Handlungsmöglichkeiten identifiziert, vor allem aber Handlungsnotwendigkeiten. Jan Mücke, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, unterstrich in der Diskussion der verkehrswissenschaftlichen Runde die Notwendigkeit, Planungsverfahren und deren Fristen zu überprüfen, da diese am Ende die Legitimation des Vorhabens in Frage stellen könnten. Prof. Knut Ringat, Präsident der DVWG, betonte, die Finanzierungsschwierigkeiten als Chance zu begreifen, alle Beteiligten hinter der Priorisierung von Infrastrukturmaßnahmen zu vereinen, welche die Funktionalität des Gesamtnetzes in den Vordergrund stellt. Roland Werner, Staatssekretär im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, hob die elementare Bedeutung transparenter Kosten für eine breite gesellschaftliche Akzeptanz hervor und verwies auf erfolgreiche sächsische Beispiele in der Verkehrsinfrastrukturentwicklung. Sachsen wird im Rahmen seiner Infrastrukturplanungen bis 2020 auf notwendige Lückenschlüsse im nationalen Kontext mit hoher regionaler Bedeutung setzen. Beispiele sind die A72 und die neue Bahnstrecke Dresden - Prag. Für das Bahnvorhaben, welches in den europäischen TEN-Planungen und in der Bundesplanung berücksichtigt werden soll, liegt bereits ein einstimmiger Landtagsbeschluss vor. Im Vorfeld dessen wurden bereits in den betrofenen Kommunen Diskussionsrunden mit den beteiligten Bürgern geführt, um so auf eine breite Zustimmung setzen zu können. Jörn Marx, Bürgermeister für Stadtentwicklung und Bau in Dresden, führte die frühzeitige und dadurch positiv besetzte Kommunikation zum Verkehrsentwicklungsplan der Stadt Dresden an, der 2010 - also vor der Verabschiedung durch die Stadtverordnetenversammlung - einer öfentlichen Diskussion unterzogen wurde. Die im deutschen Planungsverfahren zu berücksichtigenden Rahmenbedingungen müssen andere Akzente setzen. Umweltpolitische Vorgaben beeinflussen und verzögern zum Teil den Planungsprozess. Ein Beschleunigungsgesetz reicht nicht aus und löst vor allem nicht das grundlegende Problem. Moderationsprozesse und Mediationsverfahren können Konfrontationen lösen, dürfen aber nicht zum Standardverfahren werden. Bürgerbeteiligung kann helfen. Dr. Hilmar Sturm stellte heraus, dass Bürgerbeteiligung ofen sein, also stattfinden muss, bevor wichtige Entscheidungen getroffen werden. Werden Bürger an Entscheidungen beteiligt, dann sind ihnen nicht nur Ziele, Grundlagen und Umstände genau zu erläutern, sondern sie sind als Nutzer und letztlich Auftraggeber der ganzen Veranstaltung „Verkehrsplanung“ ernst zu nehmen. Ergänzend betonten sowohl Prof. Heiner Monheim als auch Dr. Stefan Heller, DVWG-Präsident Prof. Knut Ringat begrüßte die 140 Teilnehmer auf dem Jahresverkehrskongress 2011 in Dresden. DVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 86 dass die Menschen in ihrem Verständnis von Mobilität vielleicht weiter sind als die Politik. Der Bürger will nicht durch mediale Werbekampagnen „gekauft“ werden, sondern in einer Gesellschaft, die den mündigen Bürger fordert und fördert, auch mitentscheiden dürfen. Eine derart legitimierte Entscheidung muss in der Folge von allen Akteuren akzeptiert werden, betonte Ulrich Homburg, Vorstand Personenverkehr DB Mobility Logistics AG. Der Verkehr war rückblickend viel zu billig und entsprach nicht der Kostenwahrheit. Die Mobilitätskosten steigen für alle motorisierten Verkehrsmittel und führen auch in der gesellschaftlichen Wahrnehmung zu mehr Kostenwahrheit. Finanzielle Restriktionen bestimmen das Verkehrsverhalten heute stärker als in der Vergangenheit. Bei Stagnation der Reallöhne und stark steigenden Verkehrsmittelnutzerkosten (insbesondere im MIV) wird die Nutzung des privaten Pkw häufiger hinterfragt. Anhand empirischer Zeitreihen wies Prof. Carsten Sommer Veränderungen in der Personenverkehrsnachfrage und im individuellen Verhalten nach, welche auf einen Trendbruch in Deutschland hinweisen. Die Verkehrsleistung im Personenverkehr steigt nur noch gering, wobei die Zuwächse primär im Rad- und Öfentlichen Verkehr zu verzeichnen sind. Der Trend zu weniger Gebundenheit an ein Verkehrsmittel entspricht den Trends in anderen gesellschaftlichen Bereichen (z. B. weniger Stammwähler bei politischen Parteien, häufigere Wechsel des Arbeitsplatzes). DVWG-Vizepräsident Karlheinz Schmid und Ralf Jahncke, transcare AG, betonten, dass ein auf Wirtschaftlichkeit basierendes Verkehrssystem und eine stärkere Berücksichtigung von nachfrageorientierten Finanzierungsinstrumenten sich einander bedingen. Nur auf der Grundlage der transparenten Kostenwahrheit ist die gesellschaftliche Wertschätzung für Verkehr und Mobilität zu verbessern und in der gesellschaftlichen Wahrnehmung eine hohe Akzeptanz erreichbar. Die im Verkehrssektor erhobenen Steuern genügen, müssen jedoch zurück in die Gestaltung der verkehrlichen Rahmenbedingungen fließen. Diese Entscheidungen unterliegen aber politischen Prioritäten. Durch die Parlamente sind finanzielle Strukturen zu schafen, die im Verkehrssektor gewonnenen Einnahmen auch als Investitionsmittel im Verkehrssektor zu nutzen. Alle Redner nahmen die Parlamente in die Pflicht, sich intensiv einer grundlegenden Neugestaltung der zukünftigen Finanzströme in der deutschen Länder- und Bundespolitik anzunehmen. Die DWVG steht bereit, ein notwendiges finanzielles Gesamtkonzept für alle Verkehrsträger, zwischen Kernstädten und dem ländlichen Raum sowie für die Bundes-, Landes- und kommunale Politikebene mit zu erarbeiten und zu entwickeln. Mit dem Jahresverkehrskongress 2011 in Dresden stellte die DVWG wieder einmal ihre hohe interdisziplinäre fachliche Kompetenz in der Auseinandersetzung mit aktuellen Verkehrsthemen heraus. Die auf dem Kongress eröfnete Auseinandersetzung mit dem DVWG-Jahresthema „Infrastrukturen für die Mobilität für Morgen - Kommunizieren und Finanzieren“ wird auf drei Ringforen im Oktober und November inhaltlich fortgesetzt. ɷ Blick ins Auditorium, das den ofenen Dialog nutzte und sich rege an der Diskussion beteiligte. DVWG-Vizepräsident Karlheinz Schmid plädierte in seinem Vortrag dafür, der Allgemeinheit den Stellenwert der Mobilität verstärkt zu verdeutlichen. Fotos: DVWG 10./ 11.10.2011 9. Europäischer Verkehrskongress der EPTS Verkehr und Transport nach der Krise Warschau ➼ DVWG Hauptgeschäftsstelle Agricolastraße 25 10555 Berlin Tel. 030.293606 0 Fax 030.293606 29 eMail: hgs@dvwg.de Internet: www.dvwg.de Ostkanada 30.06.-9.07.2011 Fachexkursion nach Ost-Kanada (Toronto, Quebec, Montreal) Frankfurt/ Main 30.06.2011 3. Mobilitätssymposium Neue Wege für die Mobilität Braunschweig 1.09.2011 9. DVWG Bahnforum Planungsansprüche an die Schieneninfrastruktur unter Berücksichtigung von Kapazitäten und Qualität Frankfurt/ Main 15.09.2011 18. DVWG Luftverkehrsforum Ausbau von Flughafeninfrastrukturen - Erwartungen und Möglichkeiten Berlin 28./ 29.09.2011 Netzwerk Zukunftsforschung Nutzerorientierte Verkehrsplanung Zentrale Veranstaltungen 07./ 08.07.2011 DVWG Forum Notfallmanagement WORST CASES IN LOGISTICS & MOBILITY − Herausforderungen an das Notfallmanagement Frankfurt/ Main Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 87 DVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten B 338 „Seetransport und Hafenentwicklung zwischen Kontinuität und Neustrukturierung“ - 7. Baltisches Verkehrsforum Der Transport über die Ostsee macht 8 % des Weltseetransports aus, er lag 2008 bei 620 Mio. t Güter, der Umschlag aller Ostseehäfen bei 830-Mio.-t. Erreichte das Wachstum des Ostseetransports 2000 bis 2008 jährlich 4,1 %, so sank es 2009 im Ergebnis der Finanz- und Wirtschaftskrise beträchtlich um fast 20 %, im Fähr- und Ro/ Ro-Verkehr, im Containersegment, bei Massenstückgütern sogar um 25 - 30 %. Alle Akteure - die Reedereien, Seehäfen, Hafenspediteure und Hinterlandtransporteure - stellen sich die Frage, mit welcher Entwicklung in den nächsten Jahren zu rechnen ist. Hauptfragen, die auf der Konferenz thematisiert wurden, waren: Wie werden sich Ostseetransport und Hafenumschlag in den nächsten Jahren gestalten? Wird es nach der Krise eine Rückkehr zu den bis 2008 herrschenden Trends geben? Auf welchen Gebieten werden sich neue Logistikstrukturen und andere Wachstumsraten einstellen? Wie werden sich Wirtschaft, Außenhandel und Transportbedarf im Ostseeraum entwickeln und welche Rolle wird Russland spielen? Welche Entwicklungslinien zeichnen sich im Containertransport, im Fähr- und Ro/ Ro-Verkehr, im Transport von Massenstückgütern ab? Welche neuen Märkte gewinnen an Bedeutung? Wie stellen sich die Seehäfen auf die Entwicklung nach der Krise ein und welche Erfordernisse bestehen im Hinterlandverkehr? Die CD fasst die Ergebnisse der Tagung zusammen. DVWG-NEUERSCHEINUNGEN 2010 (B-REIHE) Neue Weichenstellungen in Hamburg A uf der Mitgliederversammlung am 5. April 2011 wurde Prof. Dr.-Ing. Carsten Gertz zum neuen Vorsitzenden der BV Hamburg gewählt. Prof. Gertz ist Leiter des Instituts für Verkehrsplanung und Logistik an der Technischen Universität Hamburg-Harburg und bereits seit zwei Jahren Mitglied im Vorstand der Bezirksvereinigung. Er folgt auf Dipl.-Ing. Peter Kellermann, der die BV mehr als acht Jahre erfolgreich geführt hat und sich nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben auch vom BV-Vorsitz zurückzieht. In Anerkennung seiner langjährigen Verdienste für die DVWG wurde Peter Kellermann auf der Mitgliederversammlung die Carl-Pirath-Medaille verliehen. Im Zuge der Mitgliederversammlung wurden mit Christine Beine (Handelskammer Hamburg) und Wolfgang Märtens (Hamburger Verkehrsverbund) zwei weitere Mitglieder als Beisitzer in den Vorstand gewählt. Kurz und kritisch aus der Region Nach der Bürgerschaftswahl vom 20. Februar 2011 zeichnen sich in Hamburg erste verkehrspolitische Weichenstellungen ab. Neben dem Thema Hafen steht dabei insbesondere der dynamisch wachsende öfentliche Nahverkehr im Fokus. Bis zum Jahr 2020 rechnet allein die Hamburger Hochbahn AG mit zusätzlichen 100 Mio. Fahrgästen. Dies entspricht einem Anstieg der Fahrgastzahlen um knapp 25 %. Das Hauptproblem dieser an und für sich positiven Entwicklung bildet die Kapazitätserweiterung. Die Ankündigung von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), auf die Stadtbahn zu verzichten und dafür das „modernste Bussystem Europas" zu schafen, wird daher von vielen Seiten scharf kritisiert. Die GAL sieht Hamburg von einem „Verkehrskollaps" bedroht, der Fahrgastverband Pro Bahn warnt vor einer „unwirtschaftlichen Aublähung des Busverkehrs". Fakt ist: Das „Millionen- Grab“ Stadtbahn in der alten Trassenführung ohne „intelligente“ Einbindung in das bestehende öfentliche Verkehrssystem abzulehnen, stellt eine prinzipiell nachvollziehbare Entscheidung dar. Das grundsätzliche Aus für die Stadtbahn bedarf allerdings einer weiteren kritischen Überprüfung. Am Ende müssen alle Kosten-Nutzen-Rechnungen zwischen Bus und Schiene mehrere Aspekte berücksichtigen: Welches System schaft wieviel Kapazität? Wer bewegt mehr Bürger zum Umstieg auf den öfentlichen Nahverkehr und wie kann diese Mehrnut- Dr. Jan Ninnemann, Bezirksvereinigung Hamburg U-Bahn an den Landungsbrücken Foto: Hamburger Verkehrsverbund zung dann realistisch und kostengünstig bewältigt werden? Notwendige Kapazitätssteigerungen im Busverkehr können nach Expertenmeinung nur durch weitreichende Optimierungen u. a. in Form einer Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit sowie einer Ausweitung der Fahrzeugkapazitäten erreicht werden. Allerdings ist davon auszugehen, dass geeignete Maßnahmen nicht nur hohe Kosten, sondern auch weitere betriebliche Probleme bedeuten. Nach Schätzungen der Hochbahn würde es rund 40 Mio. EUR kosten, allein die Strecken der Linien mit den größten Kapazitätsproblemen mit Busspuren sowie Fahrzeuge und Ampeln mit Satellitentechnik auszurüsten. Größere Fahrzeuge sind auch keine einfache Lösung: Die Erfahrungen mit den bisherigen Doppelgelenkbussen sind bislang keineswegs so gut wie erhoft. Die Ausfallquote bei den Doppelgelenkbussen liegt bei 20 % und mehr. Eine zusätzliche Herausforderung bildet die Antriebstechnologie. Ein weiterer Anstieg der Preise für fossile Brennstofe macht den Betrieb von Dieselbussen mittelfristig unwirtschaftlich - neue Antriebstechnologien wie die Brennstofzelle sind auf absehbare Zeit nicht wirtschaftlich einsetzbar, so dass stromgeführte Systeme als einzige Alternative verbleiben. hamburg@dvwg.de ɷ DVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 88 Kombilösung Karlsruhe: Ein großes Verkehrsprojekt im Herzen der Stadt I m Anschluss an die Mitgliederversammlung der Bezirksvereinigung Oberrhein am 15.02.2011 hielt Uwe Konrath, Prokurist der Karlsruher Schieneninfrastrukturgesellschaft (KASIG), vor etwa 50 Zuhörern einen Fachvortrag zum Sachstand der Kombilösung Karlsruhe. Bei der Kombilösung handelt es sich um ein großes innerstädtisches Infrastrukturvorhaben zur Verbesserung des ÖPNV, das aus zwei Einzelvorhaben besteht. Zum einen sollen die Gleise aus der Kaiserstraße, heute die zentrale Hauptachse im Netz der Karlsruher Verkehrsbetriebe und gleichzeitig die am stärksten belastete Straßenbahnstrecke Deutschlands, aus der oberirdischen Lage in einen Tunnel verlegt werden. Zum anderen sollen in der Kriegsstraße die durchgehenden Fahrspuren der heute bis zu zehnspurigen Straße in einen Straßentunnel gelegt sowie eine neue oberirdische Straßenbahntrasse eingebracht werden. Die Kosten der Kombilösung belaufen sich insgesamt auf ca. 640 Mio. EUR. Der Auslöser für das Gesamtprojekt ist eine durch das erheblich gestiegene Verkehrsaukommen hervorgerufene Überlastung der bestehenden Infrastruktur. Aus verkehrsplanerischer Sicht an erster Stelle steht der große Nutzen aus der zusätzlichen Netzkapazität, die zu einer höheren betrieblichen Flexibilität führen wird. Externe Beeinflussungen im Betrieb, wie zum Beispiel Beeinträchtigungen durch den Matthias Kuhnt, BV Oberrhein Europaplatz in Karlsruhe Foto: KASIG/ Ebersbach Individualverkehr, können somit größtenteils minimiert werden. Gleichzeitig wird die Maßnahme in ihrer Gesamtheit auch die Chance bieten, eine städtebauliche Erneuerung umzusetzen. Diesbezüglich hat sich die Stadt Karlsruhe zum Ziel gesetzt, einerseits die Attraktivität der Innenstadt zukünftig mit einer schienenfreien Fußgängerzone aufzuwerten, andererseits kann mit dem Umbau der Kriegsstraße die heute erhebliche Trennwirkung dieser Straße weitestgehend aufgehoben werden. Konrath brachte zum Ausdruck, dass der hohe Anspruch an die Umsetzung eines solch hochkomplexen Vorhabens nicht allein in der technischen Planung, sondern gleichfalls im Projektmanagement liegt. Großen Wert legt die Planungsgesellschaft daher auf ein akribisch geführtes Projekthandbuch, das für alle Projektbeteiligten eine verbindliche Grundlage darstellt, die Bauablaufplanung, die Bauüberwachung sowie auf die regelmäßig stattfindenden Planungs- und Baubesprechungen. Die Bauablaufplanung gestaltet sich besonders anspruchsvoll, gilt es doch die Aufgrund der beengten Platzverhältnisse besonders erschwerte Aufrechterhaltung des Verkehrs weitestgehend zu ermöglichen. Um einen Fahrzeugstau bei der Straßenbahn innerhalb der Fußgängerzone zu vermeiden, erfolgt die Andienung der Baustelle über eine zentrale Logistikstelle, die den gesamten An- und Abtransport der Baustofe sowie später des Abraums aus dem Tunnel koordiniert. Die Umsetzung der Maßnahme erfolgt unter weitestgehender Aufrechterhaltung des Straßenbahnbetriebes. Trotz sorgfältigster Planung muss getreu dem Motto der Tunnelbauer „Vor der Hacke ist es duster“ jedoch immer wieder mit Überraschungen gerechnet werden, wie zum Beispiel dem Auinden eines nicht kartierten Fundaments im Bereich des historischen Teils des Karstadt-Gebäudes. Dieses wurde mittlerweile mittels eines aufwendigen Verfahrens unterfangen und die Herstellung der an dieser Stelle geplanten unterirdischen Haltestelle schreitet weiter voran. Auch die Bauüberwachung spielt bei der Umsetzung eine zentrale Rolle, finden doch viele Maßnahmen der Spezialtiebauverfahren im Verborgenen statt und lassen keine augenscheinliche Kontrolle zu. Nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Erfahrungen an anderen Tunnelbaustellen in Deutschland, gilt es, jegliches Vorgehen detailliert zu überwachen und umfangreich zu dokumentieren. Aufsichtsbehörden und Gutachter werden dabei in die Organisationsstruktur von Anfang an eingebunden, um auch auf aktuelle Ereignisse schnell und zielgerichtet reagieren zu können bzw. kritische Situationen nach Möglichkeit vermeiden zu können. Neben diesen hohen Ansprüchen darf auch die Öfentlichkeitsarbeit nicht zu kurz kommen, und beim Projekt „Kombilösung“ insbesondere auch das Entschädigungsmanagement. Mit dessen Umsetzung haben sich die Stadt und die KASIG zum Ziel gesetzt, dass es zu keinen baubedingten Insolvenzen auf Seiten des Einzelhandels kommen darf. Vorrangiges Ziel bleibt es natürlich, die Erreichbarkeit aller Objekte nach den technischen Möglichkeiten sicherzustellen und die Beeinträchtigungen zu minimieren. In seinem kurzweiligen und technisch klaren Vortrag gab Konrath auch die eine oder andere Anekdote zum Besten. Es zeigte sich, dass ein aktuelles und zudem hochspannendes Projekt unmittelbar vor der eigenen Haustür ein reges Interesse weckt. Der Vortrag wurde von den Zuhörern mit großem Interesse verfolgt, im Anschluss war noch genügend Raum für weiterführende Diskussionen vorhanden. oberrhein@dvwg.de ɷ Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 89 DVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Rhein-Main rhein-main@dvwg.de 18.06.2011, 12.50 Uhr Exkursion Solardraisine im Odenwald Trefpunkt Frankfurt Hbf (Service Point), 12: 50 Uhr (Abfahrt Regionalbahn nach Weinheim 13: 06 Uhr) Organisation: holger.waldhausen@deutschebahn.com Berg & Mark berg-mark@dvwg.de 15.06.2011, 8.30 Uhr EXKURSION − Wehrhahn Linie Düsseldorf Ort: Wuppertal Anmeldung: mwulf@uni-wuppertal.de Württemberg wuerttemberg@dvwg.de 27.06.2011, 17.30 Uhr Der Ausschreibungswettbewerb im Bus-ÖPNV in Deutschland: Ausschreibungsergebnisse, Preiseinflussfaktoren und regionale Unterschiede Referent: Dipl.-Vw. Arne Becke, Projektleiter civity Mangement Consultants, Hamburg und Berlin Ort: IHK Region Stuttgart, Jägerstr. 30 18.07.2011, 17.30 Uhr Nutzen und Kosten eines Regionalflughafens am Beispiel des Flughafens Karlsruhe/ Baden-Baden Referent: Dipl.-Ing. Manfred Jung, GF der Baden-Airpark GmbH, Rheinmünster Ort: IHK Region Stuttgart, Jägerstr. 30 Südbayern suedbayern@dvwg.de 09.06.2011, 17.00 Uhr Hybrid-Anwendungen bei MAN Referenten: Tobias Linke, Projektleiter Hybridbusse bei der MAN Truck & Bus AG, München Eberhard Hipp, Leiter Engineering Research bei der MAN Truck & Bus AG, München Anschließend findet eine Führung durch das MAN Forum statt. Ort: MAN Forum der MAN Truck & Bus AG 02.07.2011, Samstag ganztags Exkursion nach Kiefersfelden: Vortrag und Besichtigung: Logistikpark Kiefersfelden und Spedition Dettendorfer Referenten: Georg Dettendorfer, Geschäftsleiter der Johann Dettendorfer Spedition Ferntrans GmbH & Co.KG, Nußdorf Helmut Wiesböck, Geschäftsführer Logistik Wiesböck GmbH, Kiefersfelden Ort: Kiefersfelden/ Nußdorf Logistikpark Kiefersfelden/ Fa. Dettendorfer 15.07.2011, 14.00 Uhr Exkursion nach Augsburg: Besichtigung des Güterverkehrszentrums der Region Augsburg Referent: Dr. Gerhard Ecker, Geschäftsleiter des Planungs- und des Zweckverbandes GVZ Raum Augsburg, Augsburg Ort: Augsburg, GVZ Region Augsburg 23.07.2011, Samstag ganztags Jahresexkursion zum Tegernsee: - Schiffahrt auf dem Tegernsee: Flotte und Werft - Wallbergbahn Referenten: Lorenz Höß, Betriebsleiter der Tegernsee-Schiffahrt, Tegernsee Peter Lorenz, Geschäftsführer der Brauneck und Wallbergbahnen GmbH, Lenggries Ort: Tegernsee 30.06.2011, 16.00 Uhr S-Bahn Nürnberg - gestern - heute - morgen Referent: Prof. Dr.-Ing. Willi Weißkopf, Geschäftsführer Verkehrsverbund Großraum Nürnberg Ort: Nürnberg, Straßenbahndepot St. Peter 21.07.2011, 16.00 Uhr U-Bahnhof Friedrich-Ebert-Platz (Baustellenbesichtigung) Führung: Jochen Kohler, U-Bahnbauamt der Stadt Nürnberg Ort: Nürnberg, Friedrich-Ebert-Platz Nordbayern nordbayern@dvwg.de Oberrhein oberrhein@dvwg.de Sachsen sachsen@dvwg.de 05.07.2011, 14.50 Uhr Sommerausflug der Bezirksvereinigung Sachsen Ausflug zum Feldbahnmuseum in Herrenleite, Pirna Ort: Pirna, Herrenleite, Feldbahnmuseum Hinweis: Wegen der beschränkten Teilnehmerzahl bitten wir um Anmeldung per E-Mail bis zum 24.06.2011. Es wird ein geringfügiger Teilnahmebeitrag erhoben 07.06.2011, 19.00 Uhr Moderne Verkehrsbauten für neue Nahverkehrssysteme im Mittleren Osten Referent: Fabian Zimmermann, atelier4d Architekten, Berlin Ort: Architekturschaufenster e.V., Waldstraße 8, 76133 Karlsruhe 24.06.2011, 18.00 Uhr Stammtisch auf dem Kultur-Hafenfest Ort: Rheinhafen Karlsruhe 07.07.2011, 18.00 Uhr Herausforderungen an die Bahnen vor dem Hintergrund eines wachsenden Umweltbewusstseins Referent: Prof. Dr.-Ing. Peter Gratzfeld Ort: KIT, Karlsruhe Veranstaltungen der Bezirksvereinigungen SERVICE Entdeckungen Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 90 D as Buch wendet sich an einen breiten Interessentenkreis, da Satellitenortungs- und Navigationssysteme nicht nur im Land-, Luft- und Schifsverkehr angewandt werden, sondern auch in anderen Bereichen, wie der Bau-, Land- und Forstwirtschaft, der Geodäsie, der Forschung und Entwicklung sowie der Touristik. Die wesentlich überarbeitete und aktualisierte dritte Auflage des Buches „Satellitenortung und Navigation“ vermittelt didaktisch und methodisch ausgezeichnet aubereitet Grund- und Detailwissen zu Funktion und Aubau von Satellitenortungs- und Navigationssystemen. Es werden dabei sowohl die Wirkungsweise als auch die typischen Merkmale und Leistungsparameter dargestellt. Gegenüber der zweiten Auflage ist in der dritten Auflage auf Darstellungen verzichtet worden, deren Thematik inzwischen an Aktualität verloren hat. In beachtlichem Umfang vertieft die dritte Auflage die Themenbereiche Modernisierung und Weiterentwicklung der existierenden globalen (nationalen) Systeme GPS und GLONASS, beschreibt den Aubau und Umfang des europäischen Systems GALILEO, die Entwicklung regionaler Satelliten-Navigationssysteme in Japan (QZSS) und Indien (IRNSS) sowie des globalen Satellitenortungssystems COMPASS in China. Die umfangreiche, übersichtliche Ausstattung des Buches mit Angaben zu technischen Parametern von Verfahren, Systemen und Geräten, gepaart mit wissenschaftlicher Strenge in der Darstellung sowie umfangreichen Literatur- und Internetquellenangaben, qualifizieren das vorliegende Buch als hervorragendes Lehrbuch und Nachschlagewerk. Es kann sowohl Studierenden als auch Ingenieuren und wissenschaftlichen Mitarbeitern in der Praxis sowie in Forschung und Entwicklung sehr empfohlen werden. Mansfeld, Werner 3. überarb. u. aktualisierte Aufl. 2010; 380 Seiten; 220 Abb.; 65 Tab.; Wiesbaden: Vieweg + Teubner; ISBN 978-3-8348-0611-6, EUR 54, 95 Satellitenortung und Navigation Grundlagen, Wirkungsweise und Anwendung globaler Satellitennavigationssysteme Lehrbuch und Nachschlagewerk Pro Hybridbus Heft 2/ 2011, S. 12-15: R. Haase: „Zurück in die Zukunft" D ie einzig vertretbare Aussage im Beitrag von Ralf Haase ist, dass langfristig der Elektromobilität die Zukunft gehört − vorausgesetzt, es wird endlich ein Speicher gefunden, um diese so edle Energieform auch angemessen aufzubewahren und unabhängig von Leitungen zu transportieren. Leider sind auf diesem Feld, das seit 1900 (Lohner-Porsche) beackert wird, noch keine wirklichen Durchbrüche erzielt worden. Daher ist der Hybridbus und nicht der Oberleitungstrolley die richtige Übergangstechnologie. Warum? Weil man eben für die Hybridbusse keine sündteure und irgendwann einmal überflüssige Infrastruktur aubauen muss. Außerdem weiß jeder, der sich ein wenig mit Verkehrstechnik beschäftigt, dass der drahtgeführte Oberleitungsbus die Nachteile von spurgeführtem Schienenverkehr und Straßenverkehr mit Gummireifen auf Asphalt in sich vereint. Der O-Bus hat die Inflexibilität des Schienenverkehrs, so dass spontane örtliche Abweichungen von der Trasse fast nicht möglich sind. Wenn im O-Bus-System eine Störung auftritt, wird es, wie beim Schienenverkehr, „O-Bus-Ersatzverkehr“ geben müssen, der dann mit herkömmlichen Dieselbussen oder neuen Hybridbussen ausgeführt wird, weil diese die vorteilhafte Flexibilität des engmaschigen Straßennetzes ohne Fahrdraht nutzen können. Schließlich und endlich ist der Rollwiderstand zwischen Gummireifen und Asphaltfahrbahn erheblich höher als zwischen der Stahl/ Stahl- Paarung auf der Schiene. Also lassen wir den Fahrdraht beim ohnehin spurgeführten Schienenverkehr und die Busse frei im Straßenverkehr mitschwimmen. Dipl-Ing. Detlef Frank, Erding Verkehrsträgerübergreifend und zukunftsorientiert. Weitere Informationen: Sophie Elfendahl Tel.: 040 / 237 14 - 220 oder per Email: Sophie.Elfendahl@dvvmedia.com www.internationalesverkehrswesen.de Machen Sie Ihre Werbung zur Chefsache! In dem Forum, in dem sich Wirtschaft, Industrie, Wissenschaft und Politik begegnen. Werben Sie in einer der führenden europäischen Verkehrszeitschriften für Transport and Mobility Management. Strategien statt Stolpersteine Prognosen zum Personen- und Güterverkehr bis 2025 Mobilität Logistik Wissenschaft Technologie Politik Let’s Go! Infrastruktur POLITIK Emerging Markets in Asien LOGISTIK Zukunft der Intralogistik Sicherheitsdebatte Luftfracht INFRASTRUKTUR Fehmarnbeltquerung Bundesverkehrswegeplan www.internationalesverkehrswesen.de Transport and Mobility Management Heft 1 Jan/ Feb | 2011 | Einzelpreis 25 EUR +++Premiere+++ NEUE Struktur NEUES Layout Container- Planet Was die Welt zusammenhält POLITIK Zurück in die Zukunft: Ein Plädoyer für den Elektrobus INFRASTRUKTUR 60 Jahre Parkraumnot MOBILITÄT Herausforderungen an ein barrierefreies Verkehrssystem Was die Welt zusammenhält ystem www.internationalesverkehrswesen.de Transport and Mobility Management Heft 2 März/ April | 2011 | Einzelpreis 25 EUR logistic 1 1 . 0 3 . 1 1 1 5 : 0 2 1 1 . 0 3 . 1 1 1 5 : 0 2 SERVICE Leserbriefe Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 91 Prof. Dr.-Ing. Christoph Hupfer ist im Bereich Verkehrsplanung und Verkehrstechnik an der Fakultät für Architektur und Bauwesen der Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft tätig, und nicht an der Universität Karlsruhe. BERICHTIGUNG zu Heft 2/ 2011 Teilweiser Widerspruch Heft 2/ 2011, S. 11: G. Aberle: „Neues PbefG: Ecken, Kanten, Tabus“ D ie notwendige Liberalisierung des Buslinienfernverkehrs, vor gut fünf Jahren noch nahezu ausschließlich in der Fachwelt diskutiert 1 , hat es mittlerweile in die Massenmedien geschaft 2 und könnte aus Verbrauchersicht das sichtbarste Element eines novellierten PBefG werden. Ich stimme Herrn Prof. Aberle in seiner Einschätzung, dass die Liberalisierung dieses Verkehrsmarktsegments kommen wird, zu. Seinen Forderungen zum „Wie“ der Deregulierung möchte ich hiermit allerdings teilweise widersprechen: Aberle fordert die Ausgabe von zeitlich befristeten Liniengenehmigungen, da eine unbeschränkte Freigabe in einem preis- und qualitätspolitisch unbefriedigenden Wettbewerb um den Fahrgast resultieren würde („wer zuerst die Busstation erreicht, greift die Fahrgäste ab“). Dieses Abgreifen von Fahrgästen war allerdings ausschließlich ein Phänomen des Nahverkehrs in Großbritannien und wird daher in der Literatur nicht als negatives Ergebnis der Fernverkehrsliberalisierung genannt. 3 Eine Kontrolle der Beförderungs- und Fahrplanpflicht, wie von Aberle erwünscht, ist zweifelsohne sinnvoll, kann aber auch - wie im innereuropäischen Luftverkehr - in einem weniger bürokratischen Regime ohne Konzessionierungspflicht, also mit reiner Anzeigepflicht, erfolgen. Eine existierende Behörde wie das Bundesamt für Güterverkehr könnte hierfür eingesetzt werden. Ein Verzicht auf Konzessionen hätte zur Folge, dass unnötige Bürokratiekosten vermieden werden, schnelle Markteintritte möglich sind und Renten der Konzessionsinhaber entfallen, die letztendlich die Fahrgäste zu tragen hätten. Es können sich die besten Unternehmen am Markt durchsetzen, ohne auf Konzessionen angewiesen zu sein. Zudem fordert Aberle die Bemautung eines Buslinienfernverkehrs. Im Vergleich zum Nutzverkehr ist eine Bemautung als Kompensation für Straßenschäden angebracht, müsste dann aber auch jetzt schon und für alle Gelegenheitsbusverkehre gelten. Das Argument, die Bemautung des Intercity-Busverkehrs müsse eingeführt werden, um Wettbewerbsverzerrungen zum trassenpreispflichtigen Schienenverkehr zu verhindern, ist allerdings abzuweisen, wird hierbei doch übersehen, dass der Schienenfernverkehr nach DIW-Angaben nur zu rund 56 % Teil seine Wegekosten deckt, während der Kraftomnibusverkehr einen Wegekostendeckungsgrad von 141 % aufweist und - auch ohne Bemautung - auf Bundesfernstraßen sogar zu 235 %. 4 Eine Bemautung des Buslinienfernverkehrs ist daher zumindest nicht über seine Wettbewerbsbeziehung zum Schienenverkehr begründbar. Wichtige, von Aberle nicht genannte Fragen im Rahmen der Deregulierung des Busfernverkehrs sind eher die folgenden: b Auf kommunaler Ebene: Welche innerstädtischen Haltepunkte sollen Busse ansteuern dürfen? b Aus Verbrauchersicht: Wie genau wird die Einhaltung von Fahrplänen kontrolliert, wie kann eine gute Kundeninformation erfolgen, und wie sollten Fahrgastrechte ausgestaltet werden? Dr. Sven Maertens, Bonn 1 Vgl. MAERTENS, S. (2005), Intercity-Busverkehr in Deutschland - Notwendigkeit einer Liberalisierung, in: Internationales Verkehrswesen, 6/ 2005, S. 251-256. 2 Vgl. die aktuelle Berichterstattung zum Fall Deinbus.de. 3 Vgl. z.B. House of Commons (2006), Transport - Eleventh Report, Appendix 21, verfügbar online unter http: / / www. publications.parliament.uk/ pa/ cm200506/ cmselect/ cmtran/ 1317/ 1317we22.htm [Stand: 28.03.2011], und ROB- BINS, D. H./ WHITE, P. R. (1986), The experience of express coach deregulation in Great Britain, in: Transportation, Vol. 13, S. 359-384. 4 DIW Berlin (2009), Wegekosten und Wegekostendeckung des Straßen- und Schienenverkehrs in Deutschland im Jahre 2007, Forschungsprojekt im Auftrag des BGL, ADAC und BDI. Stuttgart 21: Nutzen-Kosten-Verhältnis Heft 2/ 2011, S. 57: I. Uttech: „ Umdenken erforderlich“ U ttech weist darauf hin, dass 90 % aller Reisenden im Nah- und Regionalverkehr fahren. Außerdem erwähnt er, dass die Projekte S 21 (Hauptbahnhof Stuttgart Tief ) und die NBS (Wendlingen-Ulm) bei geschätzten Kosten von 7 Mrd. EUR nur einen Nutzen-Kosten-Quotienten von 0,92 < 1 erreichen. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass der Nutzen von Fernverkehrsprojekten weit überschätzt wird (Marte 2010). Beim verlagerten Verkehr werden Betriebskosteneinsparungen berücksichtigt, die nicht berücksichtigt werden dürfen (Helms 2001, S. 197). Wenn man z. B. bei einem Umstieg vom Auto in die Bahn genau die Reisezeit einstellt, bei der der Wechsel erfolgt, dann ist der Nutzen der verlorenen Autofahrt genau gleich dem Nutzen der gewonnenen Bahnfahrt. Als Nutzen des verlagerten Verkehrs darf man deshalb nur die Reisezeiteinsparungen berücksichtigen, die nach dem Wechseln des Verkehrsmittels erfolgen. Die zusätzliche Berücksichtigung von Betriebskostenersparnissen ist falsch (Helms 2000, S. 197). Verzichtet man auf die Berücksichtigung der Betriebskostenersparnisse des verlagerten Verkehrs, dann sinkt das NKV (Nutzen-Kosten- Verhältnis) des Projekts S 21 + NBS. Wie stark das NKV absinkt, kann man ermitteln, wenn man die Rechenergebnisse für das bis Augsburg verlängerte Projekt auswertet. Es ergibt sich ein NKV von 1,2. Vernachlässigt man die nicht zulässigen Betriebskostenersparnisse des verlagerten Verkehrs, dann sinkt das NKV auf 0,3 (Marte 2010, S. 7). Wenn man annimmt, dass sich das NKV des Projekts bis Ulm ebenfalls um den Faktor vier reduziert, sinkt das NKV von 0,92 auf 0,23. Die NKVs von Nahverkehrsprojekten werden durch die nicht zulässige Berücksichtigung der Betriebskostenersparnisse weit weniger beeinflusst, da hier der verlagerte Verkehr eine geringere Rolle spielt. Prof. Dr.-Ing. Gert Marte, Bremen Leserbriefe sind keine Meinungsäußerung der Redaktion. Die Redaktion behält sich vor, die Texte zu kürzen. LITERATUR HELMS, M. (2001): Bewertungsverfahren für Verkehrsmodelle mit induziertem Verkehr,VWF MARTE, G. (2010): Stellungnahme zur Nutzen-Kosten- Analyse des Projekts Stuttgart Augsburg (ABS/ NBS Stuttgart - Ulm - Augsburg inkl. Einbindung in den Knoten Stuttgart), www.verkehrswissenschaftler.de/ Stellungnahmen ɷ SERVICE Impressum | Termine Herausgeber Dr.-Ing. Frank Straube, Professor an der Technischen Universität Berlin, Institut für Technologie und Management, Straße des 17. Juni 135, D-10623 Berlin, frank.straube@tu-berlin.de Herausgeberassistenz Berlin: Axel Haas haas@logistik.tu-berlin.de Verlag DVV Media Group GmbH Postfach 101609, D-20010 Hamburg Nordkanalstr. 36, D-20097 Hamburg Telefon (040) 2 37 14-01 Geschäftsleitung: Dr. Dieter Flechsenberger (Geschäftsführender Gesellschafter) Detlev K. Suchanek (Verlagsleiter Technik & Verkehr) detlev.suchanek@dvvmedia.com Verlagsredaktion Dr. Bettina Guiot (verantw.), (Durchwahl: -241) bettina.guiot@dvvmedia.com Telefax Redaktion: (040) 2 37 14-205 Freie Mitarbeit und Redaktion Spezial: Kerstin Zapp kerstin.zapp@dvvmedia.com Dr. Karin Jäntschi-Haucke (verantw. DVWG-Nachrichten) Anzeigen Silke Härtel (verantw. Leitung) (Durchw.: -227) silke.haertel@dvvmedia.com Sophie Elfendahl (Durchwahl: -220) sophie.elfendahl@dvvmedia.com Telefax Anzeigen: (040) 2 37 14-236 Gültig ist die Anzeigenpreisliste Nr. 48 vom 1. Januar 2011. Vertrieb Riccardo di Stefano Bezugsgebühren: Inland EUR 146,00 (inkl. Porto zzgl. 7 % MwSt.), Ausland EUR 154,00 (inkl. Porto). Mitglieder der DVWG erhalten die Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Einzelheft: EUR 25,00 (im Inland inkl. MwSt.) zzgl. Versand. 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Layoutkonzept: Helmut Ortner Titelbild: Titellayout: Getty Images Karl-Heinz Westerholt Druck: Knipping Druckerei und Verlag GmbH, Düsseldorf Herstellung: TZ-Verlag & Print GmbH, Roßdorf, www.tz-verlag.de Internationales Verkehrswesen Leser- und Abonnentenservice Tel. 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Deutscher Verkehrsexpertentag Info: Gesellschaft für Ursachenforschung bei Verkehrsunfällen e. V. Tel. +49 (0)221 890 5848, Fax +49 (0)221 890 5849 hesse-germann@guvu.de, www.guvu.de 30.6.-1.7.11 Nürnberg (D) Telematik-Kongress 2011 Info: CNA Center for Transportation & Logistics Tel. +49 (0)911 4809-4815 info@c-na.de, www.cluster-bahntechnik.de 30.-31.8.11 Sydney (AU) High Speed Rail World Australia 2011 Info: Terrapinn (Australia) Pty Ltd Tel. +61 2 9021 8808, Fax +61 2 9281 5517 enquiry.au@terrapinn.com, www.terrapinn.com/ 2011/ high-speed-rail-world-australia/ 6.-7.9.11 Dortmund (D) Zukunftskongress Logistik − 29. Dortmunder Gespräche Info: Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik Tel. +49 (0)231 97 43-403, info@zukunftskongress-logistik.de, www.zukunftskongress-logistik.de 13.-14.9.11 Bonn (D) Tra c Talks 2011 Info: Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Tel. +49 (0)211 3843-2232, susanne.foltis@mwebwv.nrw.de, www.traictalks.de 14.-15.9.11 Hamburg (D) GreenPort Conference 2011 Info: HPA Hamburg Port Authority Tel. +49 (0)40/ 428 47 - 2300, pressestelle@hpa.hamburg.de, www.hamburg-port-authority.de 14.-16.9.11 Turin (I) EPA (European Parking Association) Congress Info: AIPARK - Italian Parking Association Tel. +39 06 95 76 245, epacongress.torino2011@aipark.org, www.epacongress.eu 22.9.11 Luzern (CH) Wayside Train Monitoring Systems Info: Europoint, conferences@europoint.eu, www.waysidemonitoring.eu 27.9.11 St. Gallen (CH) 5. St. Galler Logistikdienstleistungs-Kongress Info: Lehrstuhl für Logistikmanagement, St. Gallen Tel. +41/ 71 224 7280, Fax +41/ 71 224 7315, logistik@unisg.ch, www.logistik.unisg.ch 30.9.11 Bern (CH) UIP Congress 2011 Info: U.I.P., Brüssel, Tel. +32/ 2/ 6728847, info@uiprail.org, www.uiprail.org 5.-6.10.11 Frankfurt/ M. (D) 6. Internationaler VDV-Eisenbahnkongress Info: VDV-Akademie, Tel. +49 (0)221-57979170, eckert@vdv.de, www.vdv-akademie.de 7.-10.10.11 Köln (D) 1. Kölner Hafentage Info: Häfen und Güterverkehr Köln AG Tel. +49 (0)221/ 3 90-0, Fax +49 (0)221/ 3 90-13 43, www.hgk.de 12.-14.10.11 Straßburg (F) 23. Rencontres nationales du transport public Info: GIE Objectif transport public, Tel. +33 (0)1 48 74 04 82 sophie.bochereau@objectiftransportpublic.com, www.rencontres-transport-public.fr 29.11.-1.12.11 Hamburg (D) Intermodal Europe 2011 Info: IIIR Exhibitions, London Tel. +44/ 20 7017 79 09, Fax +44/ 20 7017 78 18 intermodal@iirx.co.uk, www.intermodal-events.com TERMINE + VERANSTALTUNGEN 31.5.2011 bis 1.12.2011 Weitere Veranstaltungen finden Sie unter www.internationalesverkehrswesen.de, www.dvwg.de www.eurailpress.de, www.schifundhafen.de, www.dvz.de Oizielles Organ: Mitglied/ Member: Eine Publikation der DVV Media Group ISSN 0020-9511 Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 93 HERAUSGEBERBEIRAT Internationales Verkehrswesen Ben Möbius Dr., Abteilungsleiter Infrastruktur, Verkehr und Telekommunikation des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Berlin Gerd Aberle Dr. rer. pol. Dr. h.c., Professor emer. der Universität Gießen und Ehrenmitglied des Herausgeberbeirats Ralf Nagel Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Hamburg August Ortmeyer Dr., Leiter der Abteilung Dienstleistungen, Infrastruktur und Regionalpolitik im Deutschen Industrie und Handelskammertag (DIHK), Berlin Michael P. Clausecker MBA, Generaldirektor des Verbandes der europäischen Bahnindustrie UNIFE, Brüssel Ronald Pörner Prof. Dr., Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland e. V. (VDB), Berlin Florian Eck Dr., stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums e.V., Berlin Annegret Reinhardt-Lehmann Bereichsleiterin, Kundenmanagement Fraport AG, Frankfurt/ Main Michael Engel Dr., Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften e. V. (BDF), Berlin Alexander Eisenkopf Prof. Dr. rer. pol., Phoenix-Lehrstuhl für Allgemeine BWL & Mobility Management, Zeppelin University, Friedrichshafen Tom Reinhold Dr.-Ing., Leiter Konzernstrategie/ Verkehrsmarkt der Deutsche Bahn AG, Berlin Ottmar Gast Dr., Sprecher der Geschäftsführung der Hamburg-Süd KG, Hamburg Knut Ringat Prof., Präsident der DVWG und Sprecher der Geschäftsführung der Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH, Hofheim am Taunus Hans-Jürgen Hahn Dipl.-Ing., MAN Nutzfahrzeuge AG, München Jürgen Siegmann Prof. Dr.-Ing. habil., Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb, TU Berlin, und Vizepräsident der DVWG Heiner Hautau Prof. Dr., ehem. Präsident der DVWG, Geschäftsführer des Instituts für Stadt- und Raumplanung Instara GmbH, Bremen Alexander Hedderich Dr., Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Schenker Rail GmbH und Mitglied des Executive Board der Deutsche Bahn AG, Berlin Erich Staake Dipl.-Kfm., Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG, Duisburg Wolfgang Stölzle Prof. Dr., Ordinarius, Universität St. Gallen, Leiter des Lehrstuhls für Logistikmanagement, St. Gallen Wolfgang Hönemann Dr., Geschäftsführer Intermodal der Wincanton GmbH, Mannheim Josef Theurer Dr. Techn. h. c. Ing., Geschäftsführer Plasser & Theurer, Linz Christoph Klingenberg Dr., Bereichsleiter Information Management und Chief Information Oicer der Lufthansa Passage Airlines, Frankfurt/ Main Hans-Joachim Welsch Dipl.-Kfm., Geschäftsführer der Rogesa Roheisengesellschaft Saar mbH und der ZKS, Zentralkokerei Saar GmbH, Dillingen, sowie Ehrenbeirat des VBW, Duisburg Sebastian Kummer Prof. Dr., wissenschaftlicher Leiter der ÖVG und Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik, Wien Peer Witten Prof. Dr., Vorsitzender des Aufsichtsrats der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Hamburg, und Sprecher der Logistik-Initiative Hamburg Werner Lundt Dipl.-Ing., Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schifbau und Meerestechnik e. V., Hamburg Klaus Milz Prof. Dr., Chief Country Representative European Union bei Bombardier Transportation, Machelen Luftverkehr ist auf Kurs Herausgeberbeirat Michael Engel zur Entwicklung der Luftverkehrswirtschaft N ach der Wirtschafts- und Finanzkrise befindet sich die deutsche Luftverkehrswirtschaft wieder auf Wachstumskurs. Mit einem Plus von 4,7 % bei den Passagierbeförderungen im letzten Jahr sind die deutschen Flughäfen und Fluggesellschaften wieder zurück auf Vorkrisenniveau. Ohne Pilotenstreiks, Vulkanasche und die ersten negativen Auswirkungen der Luftverkehrsteuer wäre die Erholung sogar noch deutlich stärker ausgefallen. Die deutsche Luftverkehrswirtschaft hat die Weichen auch für die Zukunft auf Wachstum gestellt. Flughäfen und Fluggesellschaften werden in den nächsten Jahren rund 40 Mrd. EUR in Infrastruktur und neue Flugzeuge investieren - privatwirtschaftlich finanziert, ohne Steuergelder. Der Staat kann diesen Kurs durch wettbewerbsfähige ordnungs- und fiskalpolitische Rahmenbedingungen unterstützen und dabei eine hohe Rendite einfahren: qualifizierte neue Arbeitsplätze in einer Branche, die bereits heute 850 000 Menschen einen attraktiven Arbeitsplatz bietet. »Die deutsche Luftverkehrswirtschaft hat die Weichen auch für die Zukunft auf Wachstum gestellt« GASTKOMMENTAR Jörg Adolf Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 94 Nach Super E10 D ie Zukunft der Automobilität scheint heute in elektrifizierter Mobilität zu liegen. Nicht lange vorher galten Biokraftstofe als Hofnungsträger nachhaltiger Mobilität. Sie waren wichtiger Baustein einer jeden alternativen Mobilitätsstrategie. Die Biokraftstofstrategie der Bundesregierung sah für Biokraftstofe bis zum Jahre 2020 einen Anteil von 20 % an der Kraftstofversorgung vor. Automobilindustrie und Landwirtschaft unterstützten, ja forderten mehr Biokraftstofe. Ein Biokraftstofquotengesetz, das zur Beimischung von steigenden Biokraftstofanteilen verpflichtet, wurde verabschiedet. Der Anteil von Biokraftstofen am Kraftstofabsatz erreichte bereits im Jahre 2007 7,5 % - „Germany, the most biofuelled nation in Europe“ schrieb dazu The Economist. In den letzten Jahren hingegen ging der Marktanteil von Biokraftstofen wieder auf 5,5 % zurück. Warum? Biogene Reinkraftstofe, wie reiner Biodiesel, sind mit modernen Antrieben technisch oft nicht verträglich. Neue Generationen von Biokraftstofen entwickeln sich langsamer als gedacht. Zudem gerieten Biokraftstofe in eine Diskussion um ihre Nachhaltigkeit. In der Folge wurden die politischen Ziele zurückgenommen. Die verpflichtende Biokraftstofquote liegt heute bei 6,25 statt 8 % bis zum Jahre 2014; das Langfristziel 2020 für Biokraftstofe lautet nun 12 bis 15 %. Höhepunkt der Diskussion um Biokraftstofe war schließlich die Einführung von „Super E10“. Die Bundesregierung hatte Ende 2010 die Voraussetzung für eine 10 %ige Beimischung von Bioethanol in Ottokraftstof geschafen. Die Kraftstofanbieter begannen Super E10 zu Beginn 2011 einzuführen − als Hauptsorte; denn nur so hätten sie die geforderte Beimischungspflicht erfüllen können. Obgleich Kraftstofgemische mit bis zu 5 % Bioanteil bereits lange und beim Diesel mit bis zu 7 % bereits seit Anfang 2009 eingeführt waren, wurde der neue Kraftstof Super E10 vom Verbraucher nicht angenommen. Die Verbraucherzurückhaltung verwundert umso mehr, als über 90 % aller Autos mit Benzinmotor Super E10 tanken könnten. Selbst bei einem Preisabstand von 10 Cent pro Liter waren die Verbraucher mehrheitlich nicht bereit, Super E10 statt Super E5 zu tanken. Die Sorge um die E10-Verträglichkeit ihrer Autos war dabei nur ein Grund - hinzu kamen die Ablehnung staatlicher Bevormundung oder Zweifel an der Nachhaltigkeit von E10. Dabei wurden die Verbraucher in ihrer Skepsis von Verbraucher- und Umweltorganisationen sowie Medien bestärkt. Nach Super E10 stellt sich die Frage: Welchen Beitrag sollen Biokraftstofe zur Energieversorgung des Verkehrssektors künftig leisten? Zunächst ist zu beachten, dass Biokraftstofe die einzig verfügbare Option sind, die als ergänzende Beimischung mit Verbrennungsmotoren kompatibel ist; nur Biokraftstofe können im Fahrzeugbestand nahtlos eingesetzt werden. Bei wichtigen Verkehrsträgern sind flüssige Kraftstofe und somit Biokraftstoffe als ergänzender Energieträger ohne Alternative - im schweren Güterkraftverkehr, im Flugverkehr oder auch in der Schiffahrt. Biokraftstofe werden zu Recht hinterfragt. Doch schon heute müssen Biokraftstofe - im Gegensatz zu anderen Verwendungen von Biomasse - gesetzliche Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Substanzielle Beiträge von Biokraftstofen zur Energieversorgung des Verkehrssektors setzen jedoch gesellschaftliche Akzeptanz voraus. Diese kann und muss durch Auklärung und Transparenz, durch Engagement und Überzeugungsarbeit aller beteiligten Akteure geschafen werden. ɷ »Welchen Beitrag sollen Biokraftsto e zur Energieversorgung des Verkehrssektors künftig leisten? « Dr. rer. pol. Jörg Adolf ist seit 2002 für Shell in Deutschland, Hamburg, tätig; zunächst als Government Relations Advisor, heute als Chefvolkswirt und Issues Manager. Zuletzt war er Projektleiter bei „Shell Pkw-Szenarien 2030 − Nachhaltige Auto-Mobilität“ (2009) sowie bei der „Shell Lkw-Studie - Wie geht’s weiter mit dem Straßengüterverkehr? “ (2010). ZUR PERSON Ein Standardwerk zur Entwicklung von Verkehr und Verkehrswirtschaft Technische Daten: ISBN 978-3-87154-451-4, 364 Seiten, Format 135 x 180 mm, Broschur Preis: € 49,80 mit CD-ROM inkl. MwSt., zzgl. Porto Kontakt: DVV Media Group GmbH Telefon: +49/ 40/ 2 37 14 - 440 Fax: +49/ 40/ 2 37 14 - 450 E-Mail: buch@dvvmedia.com Neu auflage Bestellen Sie Ihr Exemplar unter www.eurailpress.de/ viz. Hier nden Sie auch eine Leseprobe! Das jährlich neu aufgelegte Statistik- Handbuch „Verkehr in Zahlen“ informiert über nahezu alle Aspekte des Verkehrs einschließlich seiner Stellung in der Volkswirtschaft. Es wird von politischen Entscheidungsträgern, Unternehmen, Banken und der gesamten Transportwirtschaft seit mehr als 30 Jahren genutzt. Diese Informationsquelle gibt eine aktuelle und zuverlässige Übersicht zu allen Daten und Fakten der Mobilität und Verkehrswirtschaft. Verkehr in Zahlen bietet eine verkehrsstatistische Datengrundlage, mit der Strukturveränderungen der Verkehrsmärkte erkannt und Entwicklungen verfolgt werden können. Auf der CD be nden sich umfangreiche Daten, die sich direkt oder als Gra k leicht weiterverarbeiten lassen. Herausgeber ist das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Der Verkehr in Tabellen, Zahlen und Übersichten Bvg! iòditufn! Ojwfbv Gsbolgvsu! Bjsqpsu; ! Gmvhibgfo! Nbobhfnfou! nbef! cz! Gsbqpsu Sfjcvohtmptf! BcmÞvgf! {xjtdifo! Mboevoh! voe! Tubsu! †! ebgùs! tufiu! Gsbqpsu/ ! Votfsf! Fyqfsufo! fscsjohfo! ebt! lpnqmfuuf! Tqflusvn! bo! Bjsqpsu.Ejfotumfjtuvohfo! voe! cjfufo! tp! nbÙhftdiofjefsuf! Qspevluf! gùs! kfhmjdif! Bjsmjof.Bogpsefsvohfo/ ! Nju! obiumpt! jofjoboefshsfjgfoefo! Qsp{fttfo! pqujnjfsfo! xjs! ejf! Uvsobspvoe{fjufo! voe! xfsefo! nju! votfsfs! ipifo! GmfyjcjmjuÞu! efo! wfstdijfefofo! Bjsmjoft! hfsfdiu/ ! Tp! hbsboujfsfo! xjs! Fgひ! {jfo{! bvg! iòditufn! Ojwfbv-! wpo! Bqspo.Dpouspm! cjt! {vn! Hspvoe! Iboemjoh/ ! Bvg! ejftf! Tqju{fomfjtuvoh! lòoofo! Tjf! wfsusbvfo! †! bvdi! ùcfs! efo! Gmvhibgfo! Gsbolgvsu! ijobvt/ ! xxx/ gsbqpsu/ ef Gsbqpsu/ ! Uif! Bjsqpsu! Nbobhfst/