Internationales Verkehrswesen
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expert verlag Tübingen
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LOGISTIK Wie funktioniert eine nachhaltige Güterfeinverteilung? INFRASTRUKTUR Wie entwickelt sich der Stadtschienenverkehr in China? TECHNOLOGIE Wie lassen sich Flugzeugtriebwerke regenerieren? Im Interview: Andreas Büter, Fraunhofer-Allianz Leichtbau www.internationalesverkehrswesen.de Heft 2 März/ April | 2012 Transport and Mobility Management Alternative Antriebe und Energiespeicher La dolce vita Mittwoch, 13. Juni 2012 Flughäfen in Deutschland als Standort- und Wirtschaftsfaktor Take of 1 Ordnungs- und verkehrspolitische Perspektiven Take of 2 Wirtschaftliche und standortbezogene Perspektiven 19. DVWG Forum Luftverkehr 13. Juni 2012 Maritim Hotel Berlin Kontakt: Koordination und weitere Informationen: Markus Engemann - Tel: +49/ 30/ 293 60-622 E-Mail: markus.engemann@dvwg.de Anmeldung Katrin Schwark - Tel: +49/ 30/ 293 60-60 E-Mail: katrin.schwark@dvwg.de Firmenpräsentation Nicole Hagen - Tel: +49/ 40/ 237 14-262 E-Mail: nicole.hagen@dvvmedia.com JETZT ANMELDEN! Mehr Informationen und das Veranstaltungsprogramm inden Sie unter: www.internationalesverkehrswesen.de/ veranstaltung Prof. Dr. Andreas Lueg-Arndt Cologne Business School Prof. Dr.-Ing. Johannes Reichmuth DLR Prof. Dr. Sebastian Kummer Wirtschaftsuniversität Wien Christian Schmicke Chefredakteur travel one Prof. Dr. Roland Conrady FH Worms Medienpartner: In Kooperation mit: DVV Media Group Veranstalter: Moderation/ Leitung: Prof. Dr. rer. pol. Alexander Eisenkopf Zeppelin Universität Friedrichshafen Key note 1: „Perspektiven des Luftverkehrs in Deutschland“ Prof. Dr. Norbert Walter WALTER & TÖCHTER Consult Key note 2: „Luftverkehrsstandort Deutschland gestalten! “ Prof. Dr.-Ing. Hartmut Fricke TU Dresden Dr.-Ing. Heinrich Frye Projektzentrum Luftverkehrslogistik Fraunhofer-IML EdItorIAl Frank Straube Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 3 »In der Hauptverkehrszeit darf der Verkehr nicht stillstehen! « Z ur Stauvermeidung ist es notwendig, weltweit wichtige Entwicklungen in verschiedenen Wissensbereichen zu analysieren. Die Hannover Messe zeigt eindrucksvoll, welche technologischen Entwicklungen zu verbesserter Steuerungseizienz, Verkehrsverlagerung und Umweltschonung führen können. Die erwünschte Verkehrsverlagerung in die kombinierte Nutzung ressourcenschonender Verkehrsmittel ist dabei natürlich auch ein politisches Thema. Nicht immer − dies ist zumindest mein Eindruck − arbeiten wir in Deutschland im Rahmen eines strategischen und ganzheitlichen Verkehrskonzeptes. Akteure, Verkehrskonzepte und Zukunftsvisionen werden im Hinblick auf die zeitliche Machbarkeit und das notwendige langfristige Gesamtkostendenken nur unzureichend vernetzt. In dieser Ausgabe wollen wir Ihnen deshalb die Ideen vorstellen, die in diesem Rahmen einen Beitrag leisten könnten. Im Bereich der Güterfeinverteilung haben sich beispielsweise Prof. Ulrich Weidmann et. al. von der ETH Zürich mit der Wirksamkeit von nachhaltigkeitssteigernden Maßnahmen beschäftigt. Mittels eines systemdynamischen Modellansatzes wurde die Wirksamkeit verschiedener Instrumente hinsichtlich der ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeit kritisch untersucht. Die Förderung des Kombinierten Verkehrs und die Errichtung eines Emissions-Zertiikatehandels erwiesen sich dabei, als erfolgversprechendste Maßnahmen. Die Lkw-Maut dient nicht nur der Infrastrukturinanzierung. Sie wird von staatlichen Stellen immer mehr als Möglichkeit gesehen, Anreize zur Verkehrsverlagerung auf die Schiene zu setzen. Neben der Frage, ob dieser Wirkzusammenhang in der Realität so funktionieren kann, ist die Frage des Endverbrauchers zu beantworten, welche Wirkungen auf Endverbraucherpreise entstehen. Dies haben Christos Evangelinos et. al. von der der Technischen Universität Dresden untersucht. Sie kalkulieren den Preisefekt einer Mauerhöhung mittels einer Input- Output-Analyse nach dem Modell von Gosh auf Basis der Daten des Statistischen Bundesamtes und stellen Überlegungen zu Mauthöhen und Preisefekten an. International möchte ich Ihren Blick auf die strategische Weiterentwicklung des städtischen Schienenverkehrs in China lenken. Prof. Peter Mnich und Yuanfei Shi von der Technischen Universität Berlin stellen die Planungen für den Ausbau des schienengebundenen Stadtverkehrs vor. Vor dem Hintergrund des weltweit zunehmenden Urbanisierungsgrades wird die hohe Relevanz des Themas für eine Volkswirtschaft deutlich. Die Realisierung von Infrastrukturkonzepten setzt eine Kommunikation mit den Menschen voraus, die über die Einbindung in das Planfeststellungsverfahren hinausgeht. Das Internationale Verkehrswesen möchte eine Plattform für einen Ideenwettbewerb hierzu sein und wird in den kommenden Ausgaben hierauf eingehen. Ihre Ideen und Konzepte hierzu sind für eine Veröfentlichung herzlich willkommen. Ich freue mich auf Ihre Beiträge. »Nicht immer arbeiten wir im Sinn eines ganzheitlichen Verkehrskonzeptes.« Frank Straube frank.straube@tu-berlin.de Ihr Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 4 POLITIK 12 Kritik am Elektroauto Christine Ahrend Oliver Schwedes INFRASTRUKTUR 34 Stadtschienenverkehr in China Yuanfei Shi Peter Mnich 39 Shared Space − Vorfahrt für Kooperation Sascha Baron Christoph Menzel LOGISTIK 19 Im Vergleich: Bahn versus lkw Volker Schott 22 Paketmarkt zurück auf Wachstumskurs Ferry Salehi, Lars Ryssel 24 Perspektiven des kombinierten Verkehrs mit Binnenschif Heinrich Kerstgens, Kristin Kahl WISSeNSCHAFT 28 Nachhaltige Güterfeinverteilung - Ein systemischer Ansatz Ulrich Weidmann Wolfgang Stölzle, Bernd Bopp erik Hofmann WISSeNSCHAFT 14 der Efekt der lkw-Maut auf den Verbraucherpreis? Christos evangelinos Kristin Reinboth Claudia Hesse Ronny Püschel WISSeNSCHAFT 43 Qualitative und raumordnerische Schwächen im deutschen SPFV Stephan Bunge »Besonders auf hybriden Materialsystemen liegen große Hofnungen.« Prof. dr.-Ing. Andreas Büter, Leiter des Kompetenzcenters Fraunhofer-Allianz Leichtbau, Darmstadt. Seite 56 INTERvIEw TECHNOLOGIE Immer ein ökonomischer Kompromiss: Leichtbau Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 5 INHALT März/ April 2012 TeCHNOLOGIe 58 Co 2 -regulierung und Kosten der Batterie: Ausweg leichtbau? Kerstin Zapp 60 Aerodynamik von Hochgeschwindigkeitszügen Joachim Winter Sigfried Loose Alexander Orellano 65 regeneration ziviler Flugzeugturbinentriebwerke Stefan Helber Felix Herde Raoul Hille 69 Herausforderung recycling von Schifen Dirk Ruppik 71 Schwung für die Zukunft Kerstin Zapp 72 leicht und elektrisch Kerstin Zapp DVWG-Nachrichten 77 leitwort zum DVWG-Jahreskongress 81 Veranstaltungen der Bezirksvereinigungen ➼ www. Sie inden „Internationales Verkehrswesen“ im Internet unter: www.internationalesverkehrswesen.de mit: b umfangreichem Hefte-Archiv b aktuellen Branchennews und Terminen RUBRIKeN 03 Editorial 06 Momentaufnahme 08 Nachrichten / Stellenmarkt 1 1 Kurz + Kritisch 55 Bericht aus Brüssel 73 Veranstaltungen 74 Industrie+technik 82 Service 85 Beirat Gastkommentar von Klaus Milz, Honory President UITP Industry Committee Seite 86 MOBILITÄT 47 Gas geben mit alternativen Antrieben? Uta Schneider elisabeth Dütschke 50 dicke luft im Stadtverkehr? Jörg Adolf Gunnar Knitschky Andreas Lischke 53 Mobilitätstrends junger Erwachsener Tobias Kuhnimhof MoMENtAUFNAHME Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 6 dr. Heiko Heß leiter radentwicklung Geschäftseinheit Engineering Plastics Europe, BASF Designvorgaben und Räder-Know-how von Daimler sowie Simulations- und Kunststo - Know-how von BASF verbinden sich bei diesem Produkt zu einer echten Weltneuheit. es handelt sich um das erste thermoplastische Rad mit Potenzial für die Großserie. Die Vollkunststo - Felge ist über 30 % leichter als ein serienmäßiges Aluminiumrad. Sie bringt nur noch 6 kg auf die Waage. und besteht aus dem neuen Spezial-Polyamid Ultramid® Structure der BASF. Die deutliche Gewichtsreduktion des Fahrzeugs von insgesamt 12 kg, die so zustande kommt, führt bei konventionellem Antrieb zu einem niedrigeren Kraftsto verbrauch. Im Fall eines batteriegetriebenen Autos wie dem Smart Forvision führt sie zu einer erhöhung der Reichweite. 4 x 3 kg leichter Foto: BASF Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 7 NACHrICHtEN Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 8 Tschechische Staatsbahn Blazek weg Der Aufsichtsrat der tschechischen Staatsbahn CD hat Personenverkehrsvorstand Antonin Blazek entlassen. Laut Medienberichten habe Blazek die CD nicht auf den Markteintritt von Wettbewerbern vorbereitet. Zugleich beschnitt der Aufsichtsrat die Befugnisse der Vorstände: Künftig müssen alle Bestellungen über 50-Mio. CZK (rund 12,5-Mio. EUR) von mindestens zwei Vorstandsmitgliedern unterzeichnet werden. (roe/ zp) Netzbeirat der DB Netz AG Vorsitz: reinkober Dr. Norbert Reinkober, Geschäftsführer der Nahverkehr Rheinland GmbH (NVR) und der Verkehrsverbund Rhein- Sieg GmbH (VRS), ist seit Anfang März neuer Vorsitzender des Netzbeirats der DB-Netz-AG. Zum stellvertretenden Vorsitzenden wurde Armin Riedl, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr, gewählt. Die Amtsperiode der beiden Vorsitzenden beträgt drei Jahre. (cm/ zp) VDR Neues Führungsteam Der Verwaltungsrat des Verbands Deutscher Reeder (VDR) hat Dr. Dirk Max Johns zum 1.- März und Dr. Martin Kröger zum 1.-Juli 2012 in die Geschäftsführung des Verbands berufen. Unter Führung des geschäftsführenden Präsidiumsmitglieds Senator a. D. Ralf Nagel soll das neue Team die Mitgliederbetreuung ausbauen und dafür sorgen, dass die Interessen des VDR in Berlin, Brüssel und London noch besser gehört werden. Johns arbeitet seit Oktober 2005 als Direktor für Kommunikation im VDR und leitet seit 2010 die zentralen Dienste im VDR. Kröger ist Geschäftsführer des Zentralverbands Deutscher Seehäfen. Uta Ordemann, seit 2006 Geschäftsführerin des VDR, hat darum gebeten, sie aufgrund unterschiedlicher Aufassungen in der operativen Führung des VDR kurzfristig von ihren Aufgaben zu entbinden. (zp) DB Schenker Logistics Zilles für intermodal Seit dem 1.-Februar leitet Patrick Zilles die intermodalen Aktivitäten von DB Schenker Logistics. Die Stelle „Head of intermodal“ ist aufgrund der wachsenden Bedeutung intermodaler Lösungen neu geschafen worden. Zilles kommt von der TX- Logistik- AG, bei der er ebenfalls für die intermodalen Aktivitäten verantwortlich war. (zp) BMWi Herkes Staatssekretärin Anne Ruth Herkes ist Anfang März zur Staatssekretärin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) ernannt worden. Die ausgebildete Diplomatin leitete zuvor unter anderem die Wirtschaftsabteilung an der deutschen Botschaft in London und war zuletzt deutsche Botschafterin in Doha (Katar). Sie übernimmt die Zuständigkeit für die Außenwirtschaftspolitik, die Technologiepolitik sowie die IT-, Kommunikations- und Postpolitik. (zp)) Beamtete Staatssekretärin Anne Ruth Herkes Foto: Anne Ruth Herkes CER Moretti bleibt Mauro Moretti, Chief Executive Oicer der italienischen Staatsbahnen Ferrovie dello Stato (FS), bleibt Präsident des europäischen Eisenbahndachverbands CER. Er will vor allem die Position des Verbands zur Vollendung des europäischen Eisenbahnmarkts, zur Schafung des Transeuropäischen Netzes (TEN) sowie zur Eisenbahninanzierung durch die Mitgliedsstaaten in die politische Diskussion einbringen. (ici/ zp) Zema Müller Geschäftsführer Prof. Rainer Müller ist seit dem 1.-März 2012 neuer wissenschaftlicher Geschäftsführer des Zentrums für Mechatronik und Automatisierungstechnik (Zema), Saarbrücken. Müller war bislang Professor für Montagetechnik an der RWTH Aachen und wird dort weiterhin Aufgaben in Forschung und Lehre übernehmen. Bis zur Ernennung eines hauptamtlichen wissenschaftlichen Geschäftsführers hatten Prof. Andreas Schütze und Prof. Jürgen Griebsch die wissenschaftliche Leitung des Zema vorübergehend übernommen. (zp) Deutsche Post titzrath für Personal Zum 1.-Mai 2012 übernimmt Angela Titzrath die Position des Personalvorstands und der Arbeitsdirektorin der Deutsche Post DHL. Titzrath war zuletzt Mitglied der Geschäftsführung bei Evo Bus und tritt die Nachfolge von Walter Scheurle an, der nach zwölf Jahren als Personalvorstand sein Amt abgibt und bis zu seinem Ruhestand dem Unternehmen als Berater zur Verfügung steht. (zp) Lehnkering / Imperial Veränderungen auf beiden Seiten Durch die Übernahme von Lehnkering durch die Imperial-Gruppe haben sich diverse Veränderungen ergeben: Robert Baack, Chief Operating Oicer (COO) des bisherigen Unternehmensbereichs SLS bei Lehnkering, verstärkt nun die Geschäftsführung der Imperial Shipping Group als COO. Chief Executive Oicer (CEO) der Imperial Shipping Group ist Carsten Taucke. Bernd Müller arbeitet nun als COO des Unternehmensbereichs Chemical Manufacturing Services und hat als solcher Ingo Freyaldenhofen abgelöst, der das Unternehmen verlassen hat. Gleichzeitig ist Müller Geschäftsführer der Lehnkering Holding. Uwe Willhaus hat zusätzlich zu seinen Aufgaben als COO des Unternehmensbereichs Distribution, Logistics & Services bei der Lehnkering Holding die Leitung für den Bereich Lehnkering Chemical Transport übernommen. Walter Steinig leitet nun in Personalunion als Chief Finance Oicer (CFO) der Lehnkering Holding die beiden Divisionen Lehnkering Euro Logistics und Lehnkering Steel Logistics & Services. (zp) Knorr Bremse Fregien betreut Bahngesellschaften Dr. Gert Fregien hat die Deutsche Bahn AG verlassen und Anfang April bei der Knorr-Bremse Systeme für Schienenfahrzeuge GmbH angefangen. Er leitet den neu geschafenen Bereich „Betreuung Bahngesellschaften“. Bei der DB AG hat Fregien zunächst die Bauartverantwortung für Fahrzeuge und 2011 Sonderaufgaben im Fernverkehr übernommen. (cm/ zp) Ingenieurbüro für Verkehrsplanung sucht NachfolgerIn (Asset Deal) Schwerpunkte: Mobilitätskonzepte, Verkehrsanlagen Lph. 1-9, Projektsteuerung, Verkehrstechnik und Lärmberechnung Bei Interesse unter folgender Nummer melden: 0171/ 7 27 50 88 Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 9 Austrian Airlines Benz statt Bierwirth Wechsel im Vorstand der Lufthansa-Tochter Austrian Airlines (AUA): Der bisherige Lufthansa-Vertriebsmanager Karsten Benz hat Verkaufschef Andreas Bierwirth aufgrund von Diferenzen mit AUA- Chef Jaan Albrecht abgelöst. Benz war bei der Deutsche Lufthansa AG bisher für den Vertrieb in 45-Märkten und die Bodenabwicklung an 104-Flughäfen verantwortlich. (zp) Galileo Weitere Satelliten Die EU-Kommission hat die OHB System-AG, Bremen, mit dem Bau von acht weiteren Satelliten (Auftragswert: 200-Mio.-EUR) für das europäische Navigationssystem Galileo beauftragt. Das Unternehmen ist damit für 22 der insgesamt 30- Satelliten verantwortlich. Die ersten vier werden unter Federführung der Astrium GmbH, München, gebaut. Zwei davon sind seit Oktober 2011 im All unterwegs und haben ihren fehlerfreien Regelbetrieb aufgenommen. Von 2014/ 15 an soll das Galileo-System erste Navigationsdienste bereitstellen. (zp) ÖPNV Immer mehr Kunden Nach Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) fuhren im öfentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im Jahr 2011 mehr als 9,7-Mrd. Fahrgäste mit Bussen und Bahnen. Das entspricht einer Steigerung um 0,7 % gegenüber dem Vorjahr. Ebenso wie die Fahrgastzahlen stieg im vergangenen Jahr auch die Verkehrsleistung im ÖPNV: Busse und Bahnen legten insgesamt über 91-Mrd. Personenkilometer zurück, knapp 1 % mehr als 2010. Der Kostendeckungsgrad im ÖPNV liegt für 2011 bei durchschnittlich über 77 %. Während in Großstädten und Ballungsräumen der ÖPNV gut genutzt wird, haben Unternehmen in Kleinstädten und in ländlichen Regionen angesichts sinkender Bevölkerungs- und Schülerzahlen mit Rückgängen zu kämpfen. Im ÖPNV wuchs insbesondere der Nahverkehr auf Schienen, vermeldet das Statistische Bundesamt (Destatis): Bei den Eisenbahnen (einschließlich S-Bahnen) stiegen die Fahrgastzahlen 2011 um 1,8 % an, die Beförderungsleistung sogar um 2,6 % auf 49,3- Mrd. Pkm. Die städtischen Schienenbetriebe (Straßen- und Stadtbahnen, U-Bahnen und Schwebebahnen) legten um 1,2 % zu. Im Busverkehr gab es nur 0,2 % mehr Fahrgäste. Im Eisenbahn-Fernverkehr gingen die Fahrgastzahlen sogar leicht zurück: Fernreisende unternahmen 125-Mio. Fahrten, 0,6 % weniger als im Vorjahr. Die Beförderungsleistung im Eisenbahnfernverkehr sank um 1,6 % auf 35,5-Mrd. Pkm. (zp) PKW mit alternativen Antrieben Kein Interesse Im vergangenen Jahr verdienten Deutschlands Autohersteller mehr Geld als je zuvor. Insgesamt wurden knapp 5,9- Mio.- PKW produziert. Doch Autokäufer interessieren sich kaum für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben. Von den rund 3,17- Mio.- Kunden, die 2011 ihre Neuwagen in Deutschland zuließen, wählten nur 0,82 % einen PKW mit alternativem Antrieb. 4800-Flüssiggas-PKW, 6200-Erdgas-PKW, 2150-Elektroautos und 12 622-Hybridmodelle wurden verkauft. (zp) Kombiverkehr Zuwachs in 2011 Die Frankfurter Kombiverkehr KG konnte im vergangenen Jahr mit 972 600 LKW-Sendungen bzw. 1,945-Mio.-TEU 4,2 % mehr transportieren als 2010. Der überwiegende Teil dieses Wachstums iel im internationalen Transport an. Mehr als zwei Drittel aller LKW-Sendungen fahren bei Kombiverkehr bereits international. Trotz der anstehenden Sperrung und Teilsperrung am Brenner geht Kombiverkehr für 2012 von einem ähnlichen Wachstum wie in 2011 aus. Zusätzliche Impulse werden durch die Terminalausbauten in München, Hamburg, Köln und Ludwigshafen erwartet. (cm/ zp) Hafen Dortmund Neue Umschlaganlage Ein neues Terminal für den Kombinierten Verkehr Schiene / Straße entsteht im Dortmunder Hafen zur Entlastung der mehrfach erweiterten Anlage von 1989. Bauherr ist die Dortmunder Stadtwerke-AG. Geplant und gebaut wird in Abstimmung mit der Duisburger Hafen- AG, mit der die Dortmunder Hafen- AG kooperiert. Die erste Baustufe soll Mitte 2013 in Betrieb gehen und umfasst vier Umschlaggleise mit je 700-m Länge für 70 000-Umschläge pro Jahr. Nach Abschluss der zweiten Stufe sind bis zu 150 000- Umschläge pro Jahr möglich. (cm/ zp DPD / Hermes russland-Kooperation Ein leistungsstarkes Netz von Paketshops unter der Marke „Hermes- DPD“ wollen die Logistikdienstleister DPD und Hermes gemeinsam in Russland aufbauen. Bisher sind 300-Paketshops in verschiedenen kooperierenden Einzelhandelsketten in den acht größten Städten Russlands eingerichtet worden. Bis 2014 soll das Netzwerk 1500-Läden in 44-Städten in ganz Russland umfassen. Hermes hält 51 % am gemeinsamen Unternehmen, DPD 49 % der Anteile. Chein des Joint Ventures ist Tatiana Yampolskaya. Das Transportnetzwerk von DPD ist das operative Rückgrat der Zusammenarbeit. Hermes bringt seine Erfahrung bei der Zustellung an Privatpersonen und im Aufbau nationaler Paketshop-Netzwerke in Europa in die Partnerschaft ein. (zp) MAN Truck & Bus Vorstandswechsel Dr. Carsten Intra folgt Lars Wrebo als Vorstandsmitglied für Produktion & Logistik bei MAN Truck & Bus. Wrebo hat das Unternehmen Ende März verlassen. Intra kommt vom Schwesterkonzern MAN Latin America, wo er in Brasilien als Mitglied des Management Board bereits den Bereich Produktion & Logistik verantwortete. (rh/ zp) Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 10 Deutsche Post DHL Gewinn gestiegen Die Deutsche Post DHL konnte im Geschäftsjahr 2011 ihren Umsatz und das Ergebnis deutlich verbessern. Der Konzernumsatz stieg um 2,8 % auf 52,8- Mrd. EUR, bereinigt um Währungs- und Konsolidierungseinlüsse sogar um 5,3- %. Mit mehr als 2,4- Mrd.- EUR lag das operative Konzernergebnis fast ein Drittel über dem Vorjahresniveau. Der Konzerngewinn lag im abgelaufenen Geschäftsjahr bei 1,2-Mrd. EUR. Dies entspricht - ohne Berücksichtigung der Bewertungsefekte aus dem Postbank-Verkauf - einer Steigerung um mehr als 50 % im Vergleich zum Vorjahr. Der Bereich Brief, zu dem das Paketgeschäft zählt, proitierte vom wachsenden Internethandel. Die Logistiksparte konnte ihre Margen deutlich verbessern. Für das laufende Geschäftsjahr rechnet die DP-AG mit weiteren Umsatz- und Ergebnisverbesserungen. (sm/ zp) Köln / Neuss-Düsseldorf Fusion genehmigt Das Bundeskartellamt hat die geplante Fusion der Häfen und Güterverkehr Köln AG und der Neuss-Düsseldorfer Häfen GmbH & Co. KG genehmigt. Der Zusammenschluss zweier wesentlicher Rhein-Binnenhäfen zwischen Wesel und Bonn führe zwar zu einer Verengung der Marktstruktur, Marktführer bleibe aber der Duisburger Hafen. Die Sparten Hafenbetrieb und Eisenbahnverkehrsunternehmen werden in der gemeinsamen Gesellschaft Rhein Cargo GmbH & Co. KG zusammengeführt. (zp) Deutschland Frachttransport boomt Der Güterverkehr in Deutschland ist im Jahr 2011 deutlich gewachsen: Vorläuigen Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge stieg das Transportaufkommen im Jahr 2011 um 6,5 % gegenüber dem Vorjahr auf 4,3- Mrd.- t. Zum Wachstum trugen die Verkehrsträger Straße, Schiene, Luft und Seeschiffahrt bei, die Binnenschiffahrt und der Transport von Rohöl in Rohrleitungen verbuchten Verluste. Den stärksten Anteil am Transportaufkommen hatte mit 77,5 % der Beförderungsmenge der Straßengüterverkehr. Auf der Straße wurden - laut einer Schätzung des Bundesverkehrsministeriums (BMVBS) - im vergangenen Jahr knapp 3,4-Mrd. t und damit 7,7 % mehr befördert als 2010. Das Güterverkehrsaufkommen der Bahn lag mit 375- Mio.- t um 5,4 % über dem Wert des Vorjahres. Die Transportleistung legte 2011 ebenfalls um 5,4 % auf 113,2-Mrd. tkm zu. Sie lag damit aber noch unter dem Vorkrisen-Rekord von 115,7-Mrd.-tkm im Jahr 2008. Überproportional wuchs 2011 die Mengen im Binnenverkehr (plus 6,2 %), ein deutliches Minus gab es im Transit, der 8,5 % auf 15,0- Mio.- t verlor. Mit 6,5 % gab es deutliche Zuwächse im Containerverkehr (6,0-Mio.-TEU). Dramatisch verloren haben die Bereiche Landwirtschaft (minus 27, 8 % auf 5,5-Mio.-t) sowie Mineralöl (minus 4,0 % auf 50,0-Mio.-t). Auch die Frachtbeförderung der Luftfahrt nahm zu (plus 5,0 %) auf mehr als 4,4-Mio.-t. Die Anzahl der Einladungen auf deutschen Flughäfen stieg um 8,0 % auf 2,3- Mio.- t, die ausgeladenen Mengen legten um 1,8 % auf 2,1-Mio.-t zu. Rückläuig war sich 2011 der Güterverkehr mit Binnenschifen: Die Beförderungsmenge nahm um 4,3 % auf 220- Mio.- t ab. Dies wird auf Behinderungen durch Havarien und Niedrigwasser zurückgeführt. Der Güterverkehr der Seeschiffahrt entwickelte sich dagegen positiv: Mit 29,6 Mio. t wurden hier 7,3 % mehr Fracht in deutschen Seehäfen umgeschlagen als 2010. Der innerdeutsche Verkehr legte um 4,1 % auf 6,5 Mio. t zu. Der Containerumschlag in deutschen Seehäfen nahm um 16,5 % auf 15,3 Mio. TEU zu und erreichte fast wieder den Stand von 2008 (15,7 Mio. TEU). Beim Transport von Rohöl in Rohrleitungen ging die Beförderungsmenge um 2,5 % auf knapp 87-Mio.-t zurück, unter anderem durch Wartungsarbeiten in Rainerien. Für den Gesamtverkehr wird hingegen mit einer Stagnation beim Transportaufkommen und einer vergleichsweise leichten Steigerung bei der Transportleistung gerechnet. Mittelfristig wird für das Aufkommen mit 2 % und die Leistung mit 3 % wieder ein stärkeres Wachstum erwartet. Das geht aus der neuesten „Gleitenden Mittelfristprognose Winter 2011/ 2012“ hervor, die das Bundesamt für Güterverkehr in Auftrag des Bundesverkehrsministeriums erstellt. (ots/ zp) Lufthansa Verlust trotz Plus Statt 1,1- Mrd.- EUR Gewinn wie in 2010 muss die Deutsche Lufthansa- AG für 2011 einen Verlust von 13- Mio.- EUR verbuchen. Allerdings wird operativ ein Gewinn von 820 Mio. EUR ausgewiesen (2010: 1- Mrd.- EUR) und der Umsatz wuchs von 26,5- Mrd. EUR auf 28,- Mrd. EUR. Steigende Energiepreise, anhaltender Druck auf die Margen insbesondere bei Kurz- und Mittelstrecken, die deutsche Luftverkehrssteuer und das Nachtlugverbot am Drehkreuz Frankfurt sowie die nicht so starke Angebotsausweitung wie geplant beeinlussten die Zahlen. Nun soll ein Sparkurs anlaufen, um bis 2014 eine nachhaltige Ergebnissteigerung von mindestens 1,5-Mrd. EUR zu erzielen. Nur so seien die anstehenden Investitionen in Flotte und innovative Produkte zu bewältigen. Zudem plant Lufthansa eine engere Integration ihrer verbliebenen Töchter Austrian Airlines, Swiss, Germanwings und Brussels Airlines. (zp) Heft Nr. 3/ 12 Infrastruktur flughäfen • Eröfnung Flughafen Berlin- Brandenburg, 03.06.2012 • 19. Forum Luftverkehr, 13.06.2012 Berlin • 65 jähriges Jubiläum des Flughafenverbandes ADV und zusätzliche heftverbreitung auf der • VDV-Jahrestagung, 11. - 13.06.2012 Düsseldorf erscheinungstermin: 01.06.2012 anzeigenschluss: 10.05.2012 Heft Nr. 4/ 12 IntellIgente VerkehrssYsteMe • Große Messeausgabe zur InnoTrans, 18. - 21.09.2012 Berlin Industrieschaufenster Innovative Fahrzeugentwicklungen • IAA Nutzfahrzeuge, 20. - 27.09.2012 Hannover Neueste Entwicklungen bei Lkw und Bussen erscheinungstermin: 06.08.2012 anzeigenschluss: 09.07.2012 Heft Nr. 5/ 12 sICherheIt In Verkehr unD transPOrt • New mobility, 22. - 24.10.2012 Leipzig Konzepte für die Mobilität von morgen • TrolleyMotion, 23. - 24.10. 2012 Leipzig Neue Horizonte im Stadtverkehr - innovative elektrische Stadtverkehrssysteme • ITS World Congress, 22. - 26.10.2012 Wien erscheinungstermin: 05.10.2012 anzeigenschluss 10.09.2012 Ihre Ansprechpartnerin: Sophie Elfendahl Tel.: 040/ 23714-220 sophie.elfendahl@dvvmedia.com KUrZ + KrItISCH Gerd Aberle Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 11 B ereits vor mehr als 35 Jahren war sie nach kurzer, aber intensiver Diskussion erledigt: die Forderung nach einer kostenlosen Nutzung des öfentlichen Personennahverkehrs in Deutschland. Mit Ausnahme weniger kleiner Kommunen wurden die Überlegungen nicht weiter verfolgt. Aktuell werden jedoch ähnliche Vorschläge wieder hervorgeholt, so beispielsweise auf dem letzten Kongress des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) Anfang Oktober- 2011. Es war ein Publikumsstatement bei einer Podiumsdiskussion zum Thema der Lösung der Finanzierungskrise im ÖPNV. Hier fehlen zur Abdeckung des aufgelaufenen Ersatzinvestitionsbedarfs im schienengebundenen ÖPNV, also der Substanzerhaltung, über 2,4- Mrd.- EUR; die jährliche Finanzierungslücke wächst um 330- Mio.- EUR. Auch für die Neuinvestitionen gibt es zukünftig noch keine verlässliche Finanzierungsbasis. Referenzgröße für die Forderung nach „kostenloser“ ÖPNV-Nutzung sind die Semestertickets, die Studierenden während ihrer Immatrikulation freie ÖPNV-Fahrten ermöglichen. Allerdings handelt es sich hier nur um eine erhebliche Ermäßigung; je Semester wird ein Betrag von etwa 110 bis 130- EUR als Zwangsbeitrag von allen Studierenden für die ÖPNV-Nutzung eingezogen. Aufgrund der hohen Studierendenzahlen und der überwiegenden Fahrten außerhalb der Spitzenbelastungszeiten erbringt dies für die ÖPNV- Unternehmen noch einen interessanten Deckungsbeitrag. Insofern zieht dieser Vergleich nicht. Zwei Gründe sprechen gegen eine generelle kostenlose ÖPNV- Nutzung: In Deutschland werden die ÖPNV-Nutzer jährlich mit rd. 15- Mrd.- EUR subventioniert (Regionalisierungs-, GVFG-/ Entlechtungsmittel, Verlustabdeckungen, Sozialtarife, Investitionszuschüsse etc.). Dadurch konnte eine auch im internationalen Vergleich herausragende Qualität erreicht werden. Die Nettoerträge durch Nutzerzahlungen (ohne Fahrgeldsurrogate) betrugen allein bei den VDV-Unternehmen im Jahre 2009 9,4-Mrd.-EUR. Wenn die Verfechter kostenfreier Nutzung eine allgemeine Pauschalabgabe anstelle individueller Nutzerzahlungen als Finanzierungsgrundlage vorschlagen, so müssten beispielsweise alle Erwerbstätigen in Deutschland etwa 220- EUR p. a. als Zwangsabgabe entrichten, um nur den Fahrgeldausfall zu kompensieren. Ob Geringverdiener dies zahlen können bzw. wollen, ist fraglich. Ebenso fraglich ist die generelle Akzeptanz, zumal ein leistungsfähiger ÖPNV nicht in allen Regionen verfügbar ist. Mehrkosten durch Verlagerungen vom »Auch hier gilt die alte Erkenntnis: Was nichts kostet, wird auch entsprechend bewertet (und behandelt)« Prof. Gerd Aberle zu themen der Verkehrsbranche Fußgänger- und Radverkehr sowie induzierte zusätzliche ÖPNV- Mobilität kommen hinzu. Sie dürften höher ausfallen als mögliche Einsparungen an Vertriebs- und Kontrollkosten. Ebenso bedeutsam ist aber, dass eine solche Regelung, würde sie vom überwiegenden Teil der Bevölkerung akzeptiert und rechtlich durchsetzbar sein, eine fundamentale Umorientierung im deutschen ÖPNV bedeutet. Die ÖPNV-Betriebe haben sich, insbesondere in der Folge der Bahnreform von 1994 und der hierdurch geschafenen Regionalisierung, stark wettbewerbsorientiert und als marktaktive Unternehmen innerhalb des staatlichen Rahmens der Gemeinwohlverplichtung positioniert. Eine fahrscheinlose Nutzung des ÖPNV würde zu verstärkter Nutzung und entsprechenden Mehrkosten aufgrund der Mobilitätsanreize führen. Vor allem würde jedoch das Selbstverständnis der ÖPNV-Unternehmen und ihrer Beschäftigten negativ beeinlusst. Sie laufen Gefahr einer Degradierung zu Sozialleistungsanbietern, von denen verstärkt Leistungen gefordert werden, aber keine konkreten Gegenleistungen in Form individueller Zahlungen erfolgen. Wie dann noch die wünschenswerte Servicequalität und ein hoher Modernitätsgrad gesichert werden können, bleibt völlig im Dunkeln. Außerdem gilt auch hier die alte Erkenntnis: Was nichts kostet, wird auch entsprechend bewertet (und behandelt). Die aufgewärmten Träume vom „kostenlosen“ ÖPNV stellen vor allem eine ineiziente Umverteilungsmaschine dar. Kostensteigerungen und höhere Finanzierungsdeizite sind zu erwarten. Die erreichte ÖPNV-Qualität würde durch die dann völlige Abhängigkeit der Unternehmen von staatlicher Alimentierung ebenso zerstört wie ihr markt- und wettbewerbsorientiertes Verhalten. „Kostenloser“ ÖPNV? − Irrtum und Irrweg PolItIK E-Mobilität Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 12 Leidenschaftliche Verteidigung gegen seine Anbeter Kritik am Elektroauto Die Bundesregierung hat nach einer mehr als zweijährigen Förderphase entschieden, die Entwicklung des Elektroverkehrs auch in den nächsten Jahren weiter inanziell zu unterstützen. In fünf Schaufenstern sollen jeweils mehrere Leuchtturmprojekte das Elektrovehikel erstrahlen lassen und für seine Sichtbarkeit sorgen. Ist dieses Vorgehen gerechtfertigt? O fenbar werden mit dem Elektroauto große Hofnungen verbunden, die eine jahrelange inanzielle Unterstützung durch die öfentliche Hand rechtfertigen. Grund genug, den Hofnungsträger Elektroauto mit einer kritischen Betrachtung zu würdigen, um seine realen Potenziale zu erschließen. Problem Verkehr Der Verkehrssektor zeichnet sich durch eine unangenehme Besonderheit aus: Er ist mittlerweile der einzige Sektor - neben der Industrie, der Energie und den privaten Haushalten -, in dem die CO 2 -Emissionen nach wie vor wachsen. Umfangreiche Eizienzgewinne durch technologische Innovationen wurden durch das absolute Verkehrswachstum immer wieder aufgezehrt bzw. überkompensiert. Vor diesem Hintergrund gilt das Elektroauto als zentraler Beitrag für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung und soll insbesondere bezüglich der CO 2 -Emissionen einen Trendbruch bewirken. Die technische Innovation soll mithin leisten, was der Verkehrspolitik in den vergangenen Jahrzehnten nicht gelungen ist. technikixierung Trotz einer mehr als hundertjährigen technologischen Erfolgsgeschichte insbesondere im Automobilbau, ist die Umweltbilanz im Verkehrssektor negativ. Vor diesem Hintergrund ist es umso erstaunlicher, dass das technologische Artefakt „Elektroauto“ mit so weitreichenden Hofnungen einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung verbunden wird. Dabei wird übersehen, dass das ursprüngliche Nachhaltigkeitskonzept neben der bis heute dominierenden Eizienzstrategie, die auf Eizienzgewinne durch technologische Innovationen zielt, auch die Suizienzstrategie beinhaltet, die auf einen nachhaltigen Lebensstil gerichtet ist. Durch technologische Innovationen allein, so die Einsicht schon vor mehr als dreißig Jahren, ist eine nachhaltige Entwicklung nicht zu erreichen. Diese müssen vielmehr begleitet werden durch eine Verhaltensänderung. Im Verkehrssektor ist dies besonders evident. Akzeptanzforschung Dem medialen Hype um die technische Innovation Elektroauto entspricht bisher eine weitgehende Ignoranz gegenüber den Nutzerinnen und Nutzern sowie den speziischen Anpassungsleistungen, die sie erbringen müssen. Vielmehr wird der Eindruck erweckt, als könne der Elektromotor den Verbrennungsmotor ersetzen, ohne dass die Nutzerinnen und Nutzer davon etwas merken - geschweige denn, dass sie ihr Mobilitätsverhalten ändern müssten. Die wenigen bisher durchgeführten Befragungen erschöpfen sich zumeist in reiner Akzeptanzforschung und kommen dennoch regelmäßig zu dem Ergebnis, das Elektroauto sei schon heute alltagstauglich. Das ist methodisch fragwürdig, da die überwiegend positive Bewertung des Elektroautos durch die Nutzerinnen und Nutzer keine Aussage über seine Alltagstauglichkeit erlaubt. Die Frage nach der Bereitschaft, sein Mobilitätsverhalten aufgrund der funktionalen Restriktionen des Elektroautos zu verändern, wird weder gestellt noch beantwortet. Stattdessen gibt man sich mit der schlichten Einsicht zufrieden, die schon vor der Nutzerbefragung bekannt war: Die meisten Wege in urbanen Ballungszentren sind mit dem Elektroauto zu bewältigen. Mit derselben Befragung ließe sich zeigen, dass das Fahrrad mindestens ebenso hohe Akzeptanzwerte erhält wie das Elektroauto. Nicht zuletzt, weil die allermeisten Wege in urbanen Ballungszentren damit zu bewältigen sind, ohne dass jemand auf die Idee käme, daraus aus Nutzersicht eine Alltagstauglichkeit des Fahrrads abzuleiten. Mit anderen Worten: Die Nutzerinnen und Nutzer werden zumeist nicht ernst genommen. Sie sollen nur bestätigen, was im medialen Hype der E-Mobility gesellschaftlich erwünscht und überdies seit Jahrzehnten bekannt ist (vgl. Schwedes et al., 2011). Nutzerbefragungen Wissenschaftliche Erhebungen, die sich auf die speziischen Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer einlassen, kommen demgegenüber bezüglich der Alltagstauglichkeit von Elektroautos zu einem diferenzierten und hochgradig ambivalenten Ergebnis (Ahrend et al., 2011). Demnach lassen sich zwei grundsätzlich verschiedene Nutzerperspektiven unterscheiden, die sich in einem Spannungsverhältnis von Bewahrung und Erneuerung bewegen. In der Substitutionsperspektive stellt das Elektroauto vor allem einen Ersatz für das konventionelle Fahrzeug mit Verbrennungsmotor dar. Ausgehend hiervon wird eine gleichwertige Erfüllung bestehender Mobilitätsbedürfnisse erwartet. Aus der Innovationsperspektive ist das Elektroauto hingegen mehr als nur ein bloßer Ersatz einer bisher erfolgreichen Technologie. Aus diesem Blickwinkel besitzt das Elektroauto innovatives Potenzial, mit dem Mobilität neu gedacht werden muss. Beide Perspektiven beinhalten je eigene Denkmuster und führen zu diferierenden Wahrnehmungen und Bewertungen des Elektroautos im Alltag. Dabei handelt es sich um Idealtypen, die sich bei den Nutzerinnen und Nutzern nicht in Reinform inden, sondern sich in jeweils unterschiedlichen Mischverhältnissen artikulieren. Insgesamt dominiert jedoch bei weitem die Substitutionsperspektive; das heißt, die überwiegende Zahl der Nutzerinnen und Nutzer erwartet vom Elektroauto ein Leistungsproil, das sie von einem konventionellen Automobil mit Verbrennungsmotor gewohnt ist. Negativ formuliert: Sie können sich nicht vorstellen, ihren Alltag mit einem Elektroauto zu bewältigen, das diesen Anforderungen nicht entspricht. Die Autoren: Christine Ahrend, Oliver Schwedes LITERATUR AHREND, C.; MENKE, I.; STOCK, J. (2011): „Der Benchmark ist doch immer das heutige Verhalten! “ Eine qualitative Studie zu den Nutzer/ -innen von Elektrofahrzeugen. Teilabschlussbericht des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten Projekts „IKT-basierte Integration der Elektromobilität in die Netzsysteme der Zukunft“. SCHWEDES, O.; KETTNER, S.; TIEDTKE, B. (2011): Elektromobilität - Hofnungsträger oder Luftschloss. Eine akteurszentrierte Diskursanalyse über die Elektromobilität 1990 bis 2010. Teilabschlussbericht des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten Projekts „IKT-basierte Integration der Elektromobilität in die Netzsysteme der Zukunft“. Es fehlen politische Rahmenbedingungen, die die Nutzerinnen und Nutzer darin unterstützen, die Innovationsperspektive einnehmen zu wollen. Fazit In dem medial erzeugten E-Mobility-Hype erscheint das Elektroauto als Hofnungsträger einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung. Dementsprechend stößt es bei der Bevölkerung grundsätzlich auf große Akzeptanz. Gleichwohl ist die alltägliche Erwartungshaltung der meisten Nutzerinnen und Nutzer nach wie vor von den Leistungsparametern des konventionellen Automobils mit Verbrennungsmotor geprägt. Demnach besteht die aus der historischen Technikforschung bekannte Gefahr, dass sich eine in der Bevölkerung weithin akzeptierte Technologie im Alltag dennoch nicht durchsetzt. Hier hilft es wenig, den Nutzerinnen und Nutzern den Hinweis auf die grundsätzliche Alltagstauglichkeit des Elektroautos wiederholt vorzuhalten. Sie würden die Realität nicht wahrnehmen. Wenn wir die Potenziale des Elektroautos für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung ernst nehmen, müssen wir damit beginnen, die Nutzerinnen und Nutzer ernst zu nehmen. Wenn es auf absehbare Zeit unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten weder denkbar noch wünschenswert erscheint, dass das Elektroauto lediglich den Verbrenner ersetzt, dann muss die Verkehrspolitik heute darauf hinwirken, das Elektroauto im Rahmen einer integrierten Gesamtstrategie zu entwickeln, die seine Alltagsnutzung bei den Betrofenen als realistische Option erscheinen lässt. Um dieses Ziel zu erreichen und das Elektroauto als einen Baustein einer nachhaltigen Verkehrsentwicklungsstrategie zu etablieren, sollte die Politik sich nun von der bisherigen Fixierung auf die technische Entwicklung des E-Vehikels lösen und stattdessen mit weitreichenderem Gestaltungswillen der bisher vor allem im Munde geführten E-Mobilität größere Aufmerksamkeit schenken. ɷ Oliver Schwedes, Dr. Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung am Institut für Land- und Seeverkehr der Fakultät Verkehrs- und Maschinensysteme, TU Berlin oliver.schwedes@tu-berlin.de Christine Ahrend, Prof. Dr.-Ing. Leitung des Fachgebiets Integrierte Verkehrsplanung am Institut für Land- und Seeverkehr der Fakultät Verkehrs- und Maschinensysteme, TU Berlin christine.ahrend@tu-berlin.de The future of mobility Messe Berlin GmbH · Messedamm 22 · 14055 Berlin Tel. +49(0)30/ 3038-2376 · Fax +49(0)30/ 3038-2190 innotrans@messe-berlin.de Internationale Fachmesse für Verkehrstechnik Innovative Komponenten · Fahrzeuge · Systeme 18. - 21. September · Berlin www.innotrans.de InnoTrans 2012 POLITIK Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 14 Foto: Tollcollect I m Jahr 2005 wurde eine streckenbezogene Autobahn-Maut für Lkw über 12 t zulässigem Gesamtgewicht (zGG) in Deutschland eingeführt. Zur Einführung betrug der Durchschnittsmautsatz 12,4- Cent/ km. In den Folgejahren sollte er nach Empfehlung der Pällmann-Kommission auf 15- Cent/ km angehoben werden. Nachdem im Wegekostengutachten von 2007 ein erhöhter Wegekostensatz für Lkw von etwa einem Cent berechnet wurde, beschloss die Bundesregierung, den Mautsatz im Jahr 2009 auf durchschnittlich 16,3-Cent/ km zu verteuern. Kritiker meinten, dass in Zeiten der Wirtschaftskrise, die sich seit Ende 2008 auch in Deutschland ausbreitete, eine solche Mautkostenerhöhung für viele Transportunternehmen nicht zu tragen wäre (Hahn, Doll, Müller, Wieland, 2008, S.- 5f ). Zudem könnte durch die schlechte wirtschaftliche Lage das Ziel der Regierung, die Transportunternehmen zur Anschafung emissionsärmerer Fahrzeuge zu bewegen, nicht erreicht werden. Dadurch würden die Mauteinnahmen deutlich höher ausfallen und somit auch der durchschnittliche Mautsatz mehr als nur 16,3- Cent/ km betragen. Das BGL empfahl den Transportunternehmen sogar öfentlich, ihre Mautkosten an den Auftraggeber weiterzuleiten, um der wirtschaftlichen Situation standhalten zu können (Grewer, 2009). Sollten alle Transportunternehmen tatsächlich ihre Mautkosten in voller Höhe auf die Kunden überwälzen und sich dieser Prozess entlang der Logistikkette bis zum Endverbraucher durchziehen, würden letztendlich die Endverbraucher für die Mautkosten aukommen müssen. Die Gründe für dieses unternehmerische Verhalten liegen auf der Hand. In wettbewerbsintensiven Märkten haben die Unternehmen langfristig keine andere Möglichkeit, als Inputpreiserhöhungen unmittelbar in ihr Preissetzungskalkül einzubeziehen. Genau diesen Efekt auf den Endverbraucherpreis kalkulieren wir im Folgenden. Unsere Berechnungen basieren auf der Ghosh-Speziikation der Input-Output-Analyse. Dazu verwenden wir die Input-Output-Tabellen des Statistischen Bundesamtes. Modellbeschreibung Die Input-Output-Analyse geht auf Wassily W. Leontief (1936) zurück und untersucht die intersektoralen Produktionsverlechtungen einer Volkswirtschaft innerhalb eines Jahres (Holub; Schnabl, 1994, S.- 30). Ausgangspunkt sind die Der Efekt der Lkw-Maut auf den Verbraucherpreis Ende 2008 beschloss die deutsche Bundesregierung den Lkw-Mautsatz auf 16,3 Cent/ km zu erhöhen. In diesem Beitrag werden mittels einer Input-Output-Analyse die Preise ekte der Lkw-Mauterhöhung zu Beginn des Jahres 2009 berechnet und kritisch hinterfragt. Die Autoren: Christos Evangelinos, Kristin Reinboth, Claudia Hesse, Ronny Püschel Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 15 POLITIK Wissenschaft der Preisefekte wird anschließend der Gesamtoutputvektor des Bezugsjahres ins Verhältnis zu dem des Basisjahres gesetzt. Zu den einzelnen Bestandteilen des Primäraufwands zählen die Sektoren ,Vorleistungen aus Importen‘, ,Gütersteuern abzgl. der Gütersubventionen‘ sowie ,Bruttowertschöpfung‘. Die Bruttowertschöpfung setzt sich im Einzelnen aus den Bereichen ,Arbeitnehmerentgelt im Inland‘, ,sonstige Produktionsabgaben abzgl. sonstiger Subventionen‘, ,Abschreibungen‘ und ,Nettobetriebsüberschuss‘ zusammen. Nach genauerer Betrachtung kann die Mauterhöhung als Gebühr nur auf den Vektor ,Gütersteuern abzgl. Gütersubventionen‘ aufgeschlagen werden. Zwar ist die Maut keine Steuer, doch unterscheidet dieser Vektor nicht zwischen Steuern und Abgaben, sondern vereinigt beide Begrife unter dem Posten Gütersteuern. Da die Maut lediglich im Straßengüterverkehr Anwendung indet, sollte sie auf den Sektor ,Güterbeförderung im Straßenverkehr‘ aufgeschlagen werden. Im Statistischen Bundesamt wird dieser Sektor dem Sektor ,Sonstige Landverkehrsleistungen, Transportleistungen in Rohrfernleitungen‘ untergeordnet. Dabei macht der Anteil der ,Güterbeförderung im Straßenverkehr‘ etwa 58,33 % des gesamten Sektors aus. Der Wirtschaftszweig ,Güterbeförderung im Straßenverkehr‘ konnte aufgrund der mangelnden Datengrundlage des Statistischen Bundesamtes nicht aus diesem Sektor herausgeiltert werden. Für die folgenden Berechnungen kann also nur der vollständige Sektor ,Sonstige Landverkehrsleistungen, Transportleistungen in Rohrfernleitungen‘, der im Folgenden die verkürzte Bezeichnung ,Landverkehr‘ erhält, als Gesamtsektor verwendet werden. Die Situation im Basisjahr bezeichnen wir als Szenario-0. Das Element ,Gütersteuern abzgl. Gütersubventionen‘ durch den ,Landverkehr‘ bleibt im Szenario-0 unverändert, da es als Vergleichsgrundlage verwendet werden soll. In Tabelle- 1 wurden die Werte der einzelnen Bestandteile des Primäraufwandsektors für den Sektor ,Landverkehr‘ im Jahr 2007 aufgelistet. In Szenario- 1 erhält das Element ,Gütersteuern abzgl. Gütersubventionen‘ des ,Landverkehrs‘ durch die Diferenz der Mauteinnahmen von Input-Output-Tabellen, die jährlich vom Statistischen Bundesamt bereitgestellt werden und die Lieferbeziehungen der einzelnen Sektoren untereinander beinhalten. Auf Basis dieser Informationen kann eine Input-Output-Analyse erfolgen. Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwischen dem von Leontief entwickelten nachfrageorientierten Modell und dem 1958 von Ambica Ghosh vorgestellten angebotsorientierten Modell. Während das Leontief-Modell im Allgemeinen eine hohe Akzeptanz erfährt, wird die Plausibilität des Ghosh-Modells angezweifelt (de Mesnard, 2009, S.- 361). Nach Dietzenbacher (1997, S.-630f ) führt das Ghosh-Modell allerdings nur deshalb zu Verwirrungen, weil bei den meisten Untersuchungen von einem Mengenmodell ausgegangen wird, wie der Studie von Oosterhaven (1988, S. 205) zu entnehmen ist. Demnach plausibilisiert sich das Modell dann, wenn es als Preismodell reinterpretiert wird. Genau diese Interpretation legen wir im Folgenden zugrunde. Der entscheidende Unterschied des angebotszum nachfrageorientierten Modell kann mit der Annahme ixer Output-Koeizienten anstatt ixer Input-Koeizienten und einer spaltenstatt zeilenweisen Berechnung des Gesamtoutputs beschrieben werden. Nach Dietzenbacher (1997) erhalten wir die Ghosh-Koeizienten mit Hilfe der Gleichung: b 0 ij = x 0 ij x 0 i (1) wobei x 0 ij die Lieferung von Sektor i an Sektor j und x 0 i den gesamten Output des Sektors i zum Ausgangszeitpunkt t-=-0 bezeichnen. Alle Elemente b 0 ij werden in der Ghosh-Koeizientenmatrix B 0 zusammengefasst. Der Gesamtoutputvektor ergibt sich aus der Multiplikation der Primäraufwandsvektoren mit der Ghosh-Inversen: x' = v' · (E - B 0 ) -1 (2) wobei x' und v' den Endoutputbzw. Primäraufwandvektor bezeichnen und E als Einheitsmatrix zu verstehen ist. Mit anderen Worten wird folgende Frage beantwortet: Welchen Efekt verursacht eine Änderung des Primäraufwands auf den Endoutput? Berechnungen und Ergebnisse Die Input-Output-Tabelle des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2007 (Statistisches Bundesamt, 2010) stellt eine günstige Ausgangsbasis für unsere Berechnungen dar. Auf deren Basis lässt sich die Ghosh-Koeizientenmatrix anhand einfacher Rechenoperationen problemlos herleiten. Im nächsten Schritt muss ein Aufschlag auf den Primäraufwand vorgenommen werden, der die Preiserhöhung allein durch den Anstieg des Mautsatzes widergibt. Um eine prozentuale Änderung zu ermitteln, berechnen wir im Folgenden den Gesamtoutput für das Basisjahr 2007 und für das Bezugsjahr 2009. Zur Bestimmung Bestandteile/ Primäraufwand Landverkehr in Mio. € Vorleistung der Produktionsbereiche aus Importen 1.580 Gütersteuern abzgl. Gütersubventionen 3.297 Arbeitnehmerentgelt im Inland 22.773 Sonst. Produktionsabgaben abzgl. sonstige Steuern 272 Abschreibungen 1.122 Nettobetriebsüberschuss 3.779 ∑ Primäraufwand 32.823 Tab. 1: Primäraufwand im Szenario-0 Quelle: Eigene Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes (2010) POLITIK Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 16 werden als bei anderen Sektoren. Da der Durchschnittsanteil pro Sektor 1,54 % beträgt, wird die Mauterhöhung für alle Sektoren, die über diesem Wert liegen, für relativ stärkere Preisefekte sorgen. Dies trift im Speziellen auf die Industriezweige ,Keramik und Verarbeitung von Steinen und Erden‘, ,Kokerei- und Mineralölerzeugnisse‘, ,Herstellung von Holzstof, Zellstof, Papier, Karton und Pappe‘ zu, da beide Anteile einen Wert über 2 % aufweisen. Die Ergebnisse der Szenarien- 1 und 2 zeigen, dass im Sektor ,Landverkehr‘ selbst der stärkste Preisefekt festzustellen ist. Die Preise steigen hier um etwa 1,25 % bei Szenario-1 und 1,63 % bei Szenario- 2. Alle anderen Sektoren liegen deutlich unter diesem Wert. Im Mittel ergab sich ein Preisefekt von nur 0,04 % bzw. 0,05 %. Daher ist von keiner gravierenden Änderung der Endverbraucherpreise auszugehen. Neben den eben genannten Sektoren zählen die Sektoren ,Herstellung von Holzstof, Zellstof, Papier, Karton und Pappe‘, ,Herstellung von Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden‘, ,Herstellung von Roheisen, Stahl, Rohren und Halbzeug daraus‘ mit Preisefekten aus Szenario- 2 von 0,055 %, 0,085 % und 0,059 % zu den zehn Sektoren, auf die die Erhöhung des Lkw-Mautsatzes am stärksten wirkt. Dies bestätigt die im vorherigen Abschnitt aufgestellte Hypothese, dass jene Sektoren, die einen starken Input- und Outputanteil des Landverkehrssektors aufweisen, gleichzeitig die höchsten Preisefekte zu verzeichnen haben. Bei allen anderen Industriezweigen ielen die Preisefekte noch niedriger aus. Letztendlich ist abzulesen, dass keine deutlich spürbaren Auswirkungen auf die Verbraucherpreise zu beobachten waren. Zur Mauteinführung prognostizierte das BMVBS Preissteigerungen durch die Maut von etwa 0,15 % (BMVBS, 2009). Doll und Schaffer (2007, S.- 55) errechneten durch eine Input- Output-Analyse Preisefekte zwischen 0,09 % und 0,11 % für die gesamte Wirtschaft. Während in den Berechnungen zur Mauteinführung der Mautsatz 12,5- Cent/ km betrug, nehmen wir in dieser Untersuchung die Änderung des Durchschnittsmautsatzes auf Basis der Ex-Post-Berechnung des BGL an. Dabei ergab sich eine reale Mauterhöhung von 2007 auf 2009 von 5,86- Cent. Damit ist davon auszugehen, dass die Preisefekte durch die Mauterhöhung von 2007 auf 2009 nur etwa halb so hoch ausfallen wie diejenigen zur Mauteinführung. Tabelle- 3 zeigt unsere Ergebnisse. Zum Vergleich sind in der ersten Spalte die Preisefekte aus Doll und 2007 auf 2009 (vgl. BAG, 2010) einen Aufschlag von 669-Mio.- EUR. In diesem Aufschlag sind allerdings nicht nur die erhöhten Mautsätze enthalten, sondern auch konjunkturelle Efekte, die wir anschließend im Szenario- 2 bereinigen. Während der Wirtschaftskrise 2008/ 2009 ist die Verkehrsleistung stark zurückgegangen. Aus diesem Grund berücksichtigen wir im Szenario- 2 die Mauteinnahmen, die sich aus der Anzahl der gefahrenen Mautkilometer im Jahr 2007 und den Mautsätzen von 2009 ergeben. Da die Unternehmen 2009 mehr emissionsarme Fahrzeuge einsetzten, als es noch 2007 der Fall war, lassen wir auch die Anteile der gefahrenen Mautkilometer der jeweiligen Schadstoklasse nach EURO-Norm von 2009 in die Berechnung mit einließen. Dadurch ergibt sich nach Abzug der realen Mauteinnahmen des Jahres 2007 von den bereinigten Mauteinnahmen des Jahres 2009 eine Diferenz von 872-Mio.-EUR. Bei gleichbleibender Verkehrsleistung - d. h. ohne Einbeziehen der Wirtschaftskrise - wären demnach die Mauteinnahmen des Staates im Jahr 2009 um ca. 200- Mio.- EUR höher ausgefallen als es tatsächlich der Fall war. In Tabelle-2 sind alle erläuterten Szenarien für einen Aufschlag auf den Primäraufwand überblicksweise aufgeführt. Bevor näher auf die ermittelten Preisefekte eingegangen werden kann, sollte im Vorfeld eine Betrachtung der berechneten Ghosh-Outputkoeizienten erfolgen. Durch die Verknüpfung der Lieferbeziehungen aller Sektoren untereinander weist jeder Sektor bestimmte Input- und Outputeinlüsse zu jedem anderen Sektor auf. Die Outputkoeizientenmatrix gibt die Lieferverhältnisse zwischen den einzelnen Sektoren an. ,Landverkehr‘ liefert z. B. 2,5 % an den Sektor ,Nahrungs- und Futtermittel‘ und 3,1 % an sich selbst. Es ist davon auszugehen, dass sich bei Industriezweigen, deren Ghosh-Outputkoeizienten überdurchschnittlich ausfallen, verstärkte Preisefekte ergeben werden als bei den anderen. Allerdings muss nicht nur der Outputanteil betrachtet werden, sondern auch der relative Anteil des ,Landverkehrs‘ am Input des jeweiligen Sektors (Doll; Schafer, 2007, S.-54). Der Sektor ,Nahrungs- und Futtermittel‘ erbringt bspw. 2,5 % des gesamten Landverkehrs-Outputs, das entspricht aber nur 1,6 % des gesamten Inputs, der für die Produktion von ,Nahrung und Futtermittel‘ benötigt wird. Dementsprechend kann im Voraus nur gesagt werden, dass falls sowohl der Inputals auch der Outputanteil des ,Landverkehrs‘ an dem jeweiligen Sektor eine hohe Ausprägung haben, die Preisefekte stärker hervortreten In Mio. € Szenario 0 (Status Quo Ante) zusätzliche Mauteinnahmen Szenario 1 (beobachteter Efekt) zusätzliche Mauteinnahmen Szenario 2 (bereinigter Efekt) Gütersteuern 3.297 +669 3.966 +872 4.169 Primäraufwand 32.823 33.492 33.695 Tab. 2: Überblick der Szenarien zur Berechnung des Primäraufwandes Quelle: Eigene Berechnung auf Grundlage des Statistischen Bundesamtes (2010) und des BAG (2010) Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 17 POLITIK Wissenschaft den Lkw auf dem Bundesstraßennetz vermutlich geringer ausfällt, da Bundesstraßen zum Großteil von Transportunternehmen im Nah- und Regionalverkehr befahren werden. Für Szenario- 4 ergibt sich demnach ein Aufschlag in Summe von 5,19-Mrd.-EUR. Nach Berechnung der Gesamtoutputvektoren und den sich daraus ergebenden Preisefekten kann gesagt werden, dass selbst die Anlastung der vollen Wegekosten für Lkw über 12 t zGG keinen gravierenden Efekt auf die Verbraucherpreise haben würde. Der Preisefekt auf die gesamte Volkswirtschaft liegt bei 0,07 % (Szenario-3) bzw. 0,18 % (Szenario-4). Im Folgenden nehmen wir eine explorative Berechnung vor, um zu bestimmen, wie hoch die Mauteinnahmen letztendlich sein müssten, damit die Verbraucherpreisänderung die 1 %-Marke erreicht. Diese Aussage ist jedoch aus Gründen, die wir im nächsten Abschnitt erläutern werden, mit Vorsicht zu genießen. Dementsprechend unterstellen wir einen linearen Zusammenhang zwischen Mauteinnahmen und Preisefekt. Eine Extrapolation dieses Zusammenhangs für einen 1 %-igen Preiseffekt ergibt Mautmehreinnahmen in Höhe von 16,78- Mrd.- EUR. Dieser Wert entspricht allerdings nur den Mautmehreinnahmen der Inländer, also nur 65 % der tatsächlichen Mauteinnahmen. Um die exakte Höhe der vollständigen Mauteinnahmen zu berechnen, müssen weiterhin noch die kompletten Mauteinnahmen des Jahres 2007 in Höhe von 3,36- Mrd.- EUR hinzu addiert werden. Damit ergeben sich Gesamteinnahmen von 29,17- Mrd.- EUR. Wird die Verkehrsleistung des Jahres 2007 beibehalten und werden nur die gesamten inländischen Mauteinnahmen von 18,97- Mrd.- EUR betrachtet, erhalten wir einen durchschnittlichen Mautsatz von 1,06- EUR/ km. Nach EU-Recht wäre jedoch ein solch hoher Mautsatz nicht durchsetzbar, da nur Schafer (2007) aufgeführt, in den folgenden Spalten die beiden vorgestellten Szenarien. Im Ergebnis zeigt sich, dass bei beiden Szenarien die Preisefekte sehr niedrig ausfallen und zudem auch ähnlich mit den von Doll und Schafer (2007) ermittelten Efekten sind. Abweichungen der Ergebnisse zur Mauteinführung und zu den in unserer Untersuchung ermittelten Preisefekten sind auf Nachfrageänderungen innerhalb der Sektoren zurückzuführen. Bei Betrachtung der Ergebnisse fällt auf, dass die Gesamtsumme aus den in beiden Studien ermittelten Preisefekten an die vom BMVBS angegebene Preiserhöhung von 0,15 % herankommt. Dementsprechend wurde die ursprüngliche Prognose des BMVBS zur Mauterhöhung erst mit der Mauterhöhung 2009 erreicht. Die zukünftigen Auswirkungen von Mauterhöhungen auf die Endverbraucherpreise Nachdem festgestellt wurde, dass die Mauteinführung und -erhöhung nur vernachlässigbare Preisefekte hervorgerufen haben, gehen wir in diesem Abschnitt der Frage nach, ob eine Mauterhöhung zukünftig überhaupt in der Lage wäre, einen spürbaren Einluss auf die Verbraucherpreise auszuüben. In den folgenden Ausführungen berechnen wir daher die Mauthöhe, die einen durchschnittlichen Preisefekt von 1 % verursacht. Dazu werden im ersten Teil der Analyse zwei weitere Szenarien untersucht, anhand derer überprüft werden soll, ob eine vollständige Anlastung der Wegekosten für Lkw über 12 t zGG stärkere Effekte auf die Verbraucherpreise hervorbringen könnte. Erreichen diese Efekte die 1 %-Marke nicht, wird alternativ die Mauthöhe berechnet, die Preissteigerungen von einem Prozent erzeugen würde. Die Szenarien- 3 und 4 basieren auf der Wegekostenrechnung 2007 (IWW/ ProgTrans, 2007, S.- 5). Der Unterschied zwischen beiden Szenarien besteht darin, dass Szenario- 3 nur die Wegekosten auf Bundesautobahnen und Szenario-4 zusätzlich die Wegekosten auf Bundesstraßen einbezieht. In Szenario-3 wird deshalb mit Mauteinnahmen von 5,2-Mrd.-EUR gerechnet. Da die Input-Output-Tabelle allerdings nur inländische Werte berücksichtigt, wurde bei der Berechnung der Mauteinnahmen jene der Gebietsfremden anteilig abgezogen. In den Jahren 2007 bis 2009 blieb der Anteil der Mauteinnahmen durch ausländische Transporteure konstant bei 35 % (BAG, 2010, S. 35). Daher wurden nur 65 % der Wegekosten, also 3,38- Mrd.- EUR zur Berechnung der Preisefekte angesetzt. In Szenario- 4 soll der durchschnittliche Preisefekt bei Erweiterung der Lkw-Maut auf das Bundesstraßennetz ermittelt werden. ProgTrans und IWW lasteten den Lkw über 12 t zGG Wegekosten für das Bundesstraßennetz von 2,78-Mrd.-EUR im Jahr 2010 an. Auch hier ziehen wir pauschal 35 % ab, wobei anzunehmen ist, dass der Anteil der gebietsfrem- Sektor minimale Preisefekte in 2005 (Doll und Schafer, 2007) Preisefekte durch die Mauterhöhung von 2009 Szenario 1 Szenario 2 [%] [%] [%] Landverkehr 4,35 1,247 1,625 Holz-und Holzerzeugnisse 0,15 0,029 0,038 Keramik und Verarbeitung von Steinen/ Erden 0,13 0,065 0,085 Tabak 0,10 0,014 0,018 Papier- und Papiererzeugnisse 0,09 0,025 0,033 Chemische Erzeugnisse 0,09 0,019 0,025 Forstwirtschaft 0,08 0,009 0,012 Nahrungs- und Futtermittel 0,08 0,033 0,043 Getränke 0,08 0,022 0,028 Gesamte Wirtschaft 0,09 0,040 0,052 Tab. 3: Vergleich der ermittelten Preise ekte von 2005 und 2009 Quelle: eigene Berechnungen sowie Doll und Scha er (2007, S. 55) POLITIK Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 18 die tatsächlichen Wegekosten für die Berechnung angesetzt werden dürfen (vgl. EU-Richtlinie 1999/ 62/ EG). Wichtig für die Einschätzung der Ergebnisse ist außerdem die Überlegung, dass die Gesamtoutputvektoren nur die Preissteigerungen ausgeben, die verursacht werden, wenn die Mautkosten vollständig an den Endverbraucher abgewälzt werden würden. Eine vollkommene Weitergabe der Preise ist aus Wettbewerbsgesichtspunkten jedoch nicht immer umsetzbar. Im Straßengüterverkehrsmarkt gibt es Teilsegmente, die unterschiedliche Wettbewerbsintensitäten aufweisen. Eine vollständige Weitergabe der sich aus der Maut ergebenden Zusatzkosten ist nicht in allen Marktsegmenten realisierbar. Von daher stellen unsere errechneten Preisefekte eine Obergrenze dar. Es ist wahrscheinlich, dass die tatsächlichen Efekte noch geringer ausfallen. Zusammenfassung und Kritik In diesem Beitrag kalkulierten wir die Preiseffekte der Lkw-Mauterhöhung 2009 anhand einer Input-Output-Analyse nach dem Ghosh-Modell. Unsere Ergebnisse verglichen wir mit denen aus der Studie von Doll und Schafer (2007) und stellten fest, dass die Mauterhöhung von 2009 etwa halb so hohe Preisefekte implizierte wie die Mauteinführung. Allerdings beinden sich die ermittelten Änderungen im marginalen Bereich. Sie nehmen daher kaum Einluss auf die Höhe der Endverbraucherpreise. Ausgehend von einem linearen Zusammenhang zwischen Mauterhöhung und dem Anstieg der Endverbraucherpreise sowie bei vollständiger Überwälzung der Maut auf den Endverbraucher wächst erst bei einem Mautsatz von über 1 EUR der Preisefekt auf den Endverbraucherpreis auf 1 % an. Die Ergebnisse dieser Analyse sind kritisch zu betrachten, da die Mauterhöhung einen starken Einluss auf alle Verkehrssektoren hat. Beim Sektor ,Dienstleistungen bzgl. Hilfs- und Nebentätigkeiten für den Verkehr‘ ergaben sich die zweithöchsten Preisefekte von etwa 0,24 %. Die Preiserhöhungen der anderen Verkehrssektoren lagen bei 0,047 % für den Schifverkehr, 0,053 % für den Luftverkehr und 0,08 % für die Eisenbahn. Eine Verteuerung der Transportpreise anderer Verkehrsträger als Reaktion auf die Mauterhöhung ist jedoch nicht als realistisch anzusehen. Ein weiterer kritischer Punkt, der insbesondere dann zum Tragen kommt, wenn man die aktuellen Preisefekte für steigende Mautsätze extrapoliert, sind die möglichen multiplen Mautreaktionen. Steigende Transportkosten aufgrund erhöhter Mautgebühren können z. B. langfristige Entscheidungen von Unternehmen hinsichtlich ihrer Standortwahl beeinlussen, was wiederum zu einem niedrigeren Verkehrsaukommen führen kann. Auch die Wahl des Verkehrsmittels oder der Fahrzeuggröße sind Faktoren, die zwar kurzfristig als durchaus LITERATUR Bundesamt für Güterverkehr (2010): Geschäftsbericht 2009, Köln. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2009): http: / / www. bmvbs.de/ SharedDocs/ DE/ Artikel/ UI/ lkw-maut-weitere-informationen.html. Abgerufen am 09. März 2011. Bundesverband für Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (27. Januar 2010b): http: / / www.bgl-ev.de/ daten/ news/ 2010/ P003-10_ANLAGE_MAUTER- GEBNISSE_2009.PDF. Abgerufen am 18. Mai 2011. DE MESNARD, L. (Mai 2009): Is the Ghosh model interesting? Journal of Regional Science, 49 (2), 361-372. DIETZENBACHER, E. (1997): In Vindication of the Ghosh Model: A Reinterpretation as a Price Model, Journal of Regional Science, 37 (4), 629-651. DOLL, C.; SCHAFFER, A. (2007): Economic impact of the introduction of the German HGV toll system, Transport Policy (14), 49-58. GREWER, H. (April 2009): http: / / www.rostock.ihk24.de/ linkableblob/ 1297126/ data/ WIR_3_Mauterhoehung_BGL _Grewer-data.pdf. Abgerufen am 22. Mai 2011. HAHN, W.; DOLL, C.; MÜLLER, E.; WIELAND, B. (2008). 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TU Dresden Lehrstuhl für Verkehrswirtschaft und internationale Verkehrspolitik ronny.pueschel@tu-dresden.de Claudia Hesse, Dipl.-Verk.-Wirtsch. TU Dresden Lehrstuhl für Verkehrswirtschaft und internationale Verkehrspolitik claudia.hesse@tu-dresden.de konstant angesehen werden können, sich langfristig jedoch ab einer bestimmten Mauthöhe signiikant verändern könnten. Die Input-Output-AnalyseistdaherfürZukunftsprognoseneher ungeeignet. Vielmehr sollten in diesen Fällen allgemeine Gleichgewichtsmodelle zur Anwendung kommen. ■ LOGISTIK Güterfernverkehr Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 19 Im Vergleich: Bahn versus Lkw In der Diskussion über die Umwelte ekte des Verkehrs wird bisweilen pauschal eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Bahn gefordert. Doch kein Verkehrsmittel ist grundsätzlich umweltfreundlicher als andere. Vielmehr hängen die Umwelte ekte im Güterverkehr stark von der konkreten Transportaufgabe und den vielfältigen Rahmenbedingungen ab. I n ihrer neuen Studie „Energiebedarfs- und Emissionsvergleich von Lkw, Bahn und Schif im Güterfernverkehr“ hat die Unternehmensberatung PE International den ökologischen Aufwand von Lkw und Bahn für konkrete Transporte unter variierenden Rahmenbedingungen untersucht. Dabei ließen in die Vergleiche zahlreiche Faktoren ein: Das Transportgut, sein Gewicht, die Streckenlänge, Vor- und Nachläufe, mögliche Leerfahrtenanteile und konkrete Lkw- und Zugkonigurationen, aus denen sich wiederum verschiedene Volumen- und Masseauslastungsgrade und damit speziische Energieaufwände ergeben. 1 Bei den Untersuchungen zeigt sich, dass die Bahn klare Umweltvorteile hat, ƀǁ wenn der Transport keinen oder nur geringen Vor- und Nachlauf erfordert ƀǁ wenn Zuglänge und/ oder -gewicht ausreichend groß sind, beziehungsweise die Zugzusammenstellung - idealerweise als Ganzzug - auf den Transport hin optimiert werden kann ƀǁ wenn möglichst wenig Leerfahrten durch den Transport entstehen und ƀǁ wenn optimale Waggontypen eingesetzt werden können. In diesen Fällen erzeugt die Bahn bis zu 75 % weniger CO 2 -Ausstoß als der Lkw für die gleiche Transportleistung. 2 Sobald jedoch bei einem Transport eine oder mehrere der oben aufgeführten Bedingungen nicht erfüllt sind, verringert sich der Umweltvorteil sukzessive und kann schließlich - sogar bei schwerem Stückgut - zugunsten des Lkw umschlagen. Wo der ökologische „Break-even“ im Einzelfall liegt, wird in der Studie für verschiedenste Transportfälle und Rahmenbedingungen in einem Gegenwartsszenario und einem Zukunftsszenario untersucht. Folgende Transportbeispiele wurden unter anderem berechnet: Der Autor: Volker Schott Foto: picture alliance/ dpa LOGISTIK Güterfernverkehr Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 20 Transportbeispiel 1: Schweres Stückgut (Kfz-Bauteile) aus NRW nach Stuttgart ƀǁ Allgemeine Annahmen: - Container sind massenmäßig voll beladen mit 26-t Gesamtgewicht - 290-t Fracht ƀǁ Verkehrsträgerspeziische Annahmen: - Lkw: 410 km, Kraftstofverbrauch: 28,5 l/ 100 km, 20 % Biokraftstof Beimischung, 11 % Leerfahrtenanteil - Bahn: 390 km Hauptlauf, 35 km Vorlauf Lkw, 16 Waggons mit je 2 TEU, 20 % - 80 % Leerfahrtenanteil; Traktionsart: 95 %, E-Traktion, 5 - % Dieseltraktion; zwei Szenarien für Bahnstromstrombereitstellung in 2020: Szenario-1: DE Mix 2020 in Anlehnung BMU Leitstudie mit 39 % EE-Anteil und gesteigerter Energieeizienz Szenario- 2: DB Strom Mix 2020 mit 27 % EE-Anteil abgeleitet aus DB Umweltstrategie 2009 und gesteigerter Energieeizienz Erwartungsgemäß zeigt sich in beiden Szenarien, dass die CO 2 -Emissionen beim Bahntransport mit zunehmendem Leerfahrtenanteil wachsen, wobei die absolute Menge an CO 2 -Emissionen im Jahr 2020 niedriger ausfällt, wenn die Bahn einen Anteil von 39 % erneuerbarer Energien an ihrem Strom erreicht. Aber auch in diesem Fall ist der Bahntransport nur dann ökologischer, wenn die Bahn gleichzeitig einen Leerfahrtenanteil von weniger als 50 % erzielen kann. Transportbeispiel 2: Schweres Stückgut (Transport von Wechselcontainern) ohne speziische Relation ƀǁ Allgemeine Annahmen: - Transport im Wechselcontainer - Keine Berücksichtigung von Vor- und Nachlauf ƀǁ Verkehrsträgerspeziische Annahmen: - Lkw: 100 % Auslastung und 11 % Leerfahrtenanteil; Kraftstofverbrauch: 28,5- l/ 100- km; Diesel mit 20 % Beimischung von Biodiesel - Bahn: 100 % Auslastung, 50 % und 80-% Leerfahrtenanteil; zwei Szenarien für Bahnstromstrombereitstellung in 2020: Szenario-1: DE Mix 2020 in Anlehnung BMU Leitstudie mit 39- % EE-Anteil und gesteigerter Energieeizienz Szenario- 2: DB Strom Mix 2020 mit 27-% EE-Anteil abgeleitet aus DB Umweltstrategie 2009 und gesteigerter Energieeizienz Auch hier zeigt sich, dass der Lkw durchaus eine ökologisch sinnvolle Alternative im Transport schwerer Stückgüter bei Zuggewichten von rund 500 Bt sein kann, was in etwa dem Durchschnitt für den nationalen Kombiverkehr in Deutschland entspricht (600 Bt). Transportbeispiel 3: Leichtes Stückgut (mit 120 kg/ m 3 , z. B. Kühlschrank) ohne speziische Verkehrsrelation ƀǁ Allgemeine Annahmen: Keine Berücksichtigung von Leerfahrten ƀǁ Verkehrsträgerspeziische Annahmen: - Lkw: Standard-Lkw und Lang-Lkw (25,25 m), 40 t zGG, 11 % Leerfahrten Lang-Lkw erreicht optimale Auslastung (d. h. Volumen- und Massenauslastung 100 %) bei einem Transportgut mit einer Dichte von ~ 120 kg/ m 3 (z. B. Kühlschrank) Verbrauch: 28,5 l/ 100 km bei Vollauslastung 40 t 20 % Biodiesel Beimischung - Bahn: Zuggewicht ca. 500 Bt, 20 % Leerfahrten, Eizienzsteigerung nach BMU/ IEA, 5 % Dieseltraktion. - Zwei Szenarien für Bahnstrombereitstellung in 2020: Szenario Best-case: Strommix S1, 2020 in Anlehnung BMU Leitstudie mit 39 % EE-Anteil und gesteigerter Energieeizienz, Schiebetürwaggon mit 140 m 3 Ladevolumen Szenario Worst-case: Strommix S2, 2020 mit 27 % EE-Anteil abgeleitet aus DB Umweltstrategie 2009 und gesteigerter Energieeizienz, Schüttgutwaggon mit 75 m 3 Ladevolumen Durch den Einsatz des Lang-Lkw wird eine Senkung der THG-Emissionen von 16 % auf 47 g CO 2 e/ tkm beim Lkw-Transport erreicht. Von der Bahn kann dieses Ergebnis nur in dem für sie günstigsten Fall unterboten werden - wenn sie sowohl bei den Leerfahrten unter einem Anteil von 20 % bleibt, als auch einen Anteil von 39 % erneuerbarer Energien am Bahnstrom erreicht. Fazit Der Lkw hat seine Stärken nicht nur im Transport von leichten Gütern, sondern Heute 2020 Lkw Kraftstofverbrauch von l km bei Vollauslastung Biodieselbeimischung Kraftstofverbrauch von l km bei Vollauslastung Biodieselbeimischung Lang Lkw m Kombination zulässig Bahn Anteil erneuerbarer Energien am Bahn strom von Leerfahrtenanteil Anteil erneuerbarer Energien am Bahn strom zwischen und Leerfahrtenanteil Reduktion des speziischen Energiever brauchs um p a bis Tab Technische und organisatorische Rahmenbedingungen von Bahn und Lkw heute und in Abb Szenario Zukünftiger Transport schwerer Stückgüter über mittlere Distanz km Strommix S BMU mit erneu erbare Energien Abb Szenario Zukünftiger Transport schwerer Stückgüter über mittlere Distanz km Strommix S DB mit erneuer bare Energien Transportbeispiel 1: Szenario 1 Transportbeispiel 1: Szenario 2 Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 21 kann auch im Transport von schwerem Stückgut eine ökologisch sinnvolle Alternative sein. Welcher Verkehrsträger ökologisch der bessere ist, entscheidet sich im konkreten Einzelfall und hängt von zahlreichen Faktoren ab. Pauschalurteile zur Umweltfreundlichkeit von Bahn und Lkw sind für die Bewertung von Verkehrsträgern bei konkreten Transportaufgaben wertlos. Die komplette Studie ist im Internet unter folgender Adresse aufrubar: http : / / www.vd a .d e/ d e/ arb eit s g e biete/ LkwundBahnKlimavergleich/ index.html ɷ 1 Die Daten zur Bahn zu den Fahrbeispielen wurden entnommen aus: DB AG Nachhaltigkeitsbericht 2009; ifeu, TREMOD Version 5, 2010; European Commission, DG TREN, ARTEMIS - Final report, Oktober 2007, S.- 16; DB Schenker: Umweltbroschüre 2011, Frankfurt, 2011; Kombiverkehr: Geschäftsbericht 2008 und 2010, Frankfurt am Main; UIRR Statistics 2010, Brüssel 2011; EcoTransIT: Werkzeug zur Quantiizierung der Emissionen des Güterverkehrs. Entwickelt vom Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu), Heidelberg,/ Rail Management Consultants GmbH (RMCon.). http: / / www.ecotransit.org/ .Hannover, 2000- 2011; Kettner, J., Die Umweltstrategie der Deutschen Bahn AG, DB Umweltzentrum, 2009; http: / / www.deutschebahn. com/ site/ bahn/ de/ nachhaltigkeit/ umwelt/ klimaschutz/ db_und_klimaschutz/ db_und_klimaschutz.html, (letzter Zugrif 9.- Juli 2011); Nitsch, J. et al.: „Leitstudie 2010“ ? Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und global“, im Auftrag des BMU, FKZ 03MAP146. DLR, IWES, IFNE. 2010; IfeU/ SGKV, 2002, Kessel und Partner, 2003 und Kombiverkehr, 2011 2 Faltenbacher, M., Spielmann, M. u.- a., PE International, Energiebedarfs- und Emissionsvergleich von Lkw, Bahn und Schif im Güterfernverkehr - Aktualisierung 2011, Berlin, S.-28 Volker Schott, Dr. Referent für Verkehrspolitik Verband der Automobilindustrie VDA Berlin schott@vda.de Ihre Güter - unsere Lösungen Wir vermieten mehr als 50.000 Güterwaggons. Für jedes Transportgut ist der Richtige dabei. Und falls noch Wünsche offen bleiben - wir bauen Ihnen Ihren Waggon nach Maß. info@vtg.com www.vtg.de Abb Vergleich zukünftige spezii sche THG Emissionen von Lkw und Bahn Bruttotonnen zug beim Transport schwerer Güter Transportbeispiel 2 (500 Bt) Abb. 4: Vergleich zukünftige spezii sche THG Emissionen von Lkw und Bahn Bruttotonnen zug beim Transport schwerer Güter Transportbeispiel 2 (1000 Bt) Abb Vergleich zukünftige speziische THG Emissionen von Bahn und Lkw beim Transport von leichten Gütern Transportbeispiel 3 LOGISTIK KEP Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 22 Paketmarkt zurück auf Wachstumskurs Die europäische Branche für Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP) blickt auf ein gutes Jahr 2010 zurück und hat das Vorkrisenniveau in etwa wieder erreicht. Wesentlicher Treiber für das Wachstum war der Internethandel. I m Jahr 2010 stieg das Volumen der Sendungen um 6 % im Vergleich zum Vorjahr auf 5- Mrd., der Umsatz legte im gleichen Zeitraum um 4 % auf rund 42- Mrd.- EUR zu. In den kommenden zwei Jahren wird die Sendungsmenge auf 5,7- Mrd. anwachsen. Die starke Nachfrage nach preisgünstigeren Standardangeboten setzt die KEP-Dienstleister jedoch weiterhin unter Druck. Dies zeigt die aktuelle A.T. Kearney-Studie zur Entwicklung im europäischen KEP-Markt. Auf den nationalen Märkten haben insbesondere B2C- und E-Commerce-Sendungen das Wachstum im Jahr 2010 vorangetrieben. Aber auch international wird das Geschäft zunehmen. Das macht deutlich, dass der Internethandel vor allem noch innerhalb von Landesgrenzen vonstatten geht und die Verbraucher europaweites Einkaufen nur begrenzt nutzen. Das B2C-Geschäft ist auf nahezu allen untersuchten nationalen Märkten schneller gewachsen als das B2B-Geschäft. Die Ausnahme bildet Russland; hier ist der Trend Abb. 1: Entwicklung nationaler und internationaler KEP-Markt in Europa Quelle: Geschäftsberichte, Experteninterviews, A.T. Kearney-Analyse Abb. 2: Volumenwachstum für B2C, C2X und B2B (2009-2010) Quelle: A.T. Kearney-Analyse gegenläuig. Dies liegt vor allem an der (noch) geringeren Verbreitung von Internet und Smartphones. In ganz Europa machen B2C-Sendungen derzeit 43 % des Gesamtvolumens aus. International dagegen ist die Bedeutung mit einem Anteil von 10 % geringer - das Wachstum allerdings liegt bei 12 % jährlich (vgl. Abbildung 1). Volumen steigt wieder an Während die Sendungsmengen 2010 mit 5,0- Mrd. wieder das Niveau von 2008 (4,8- Mrd.) erreicht bzw. leicht übertrofen haben, gelang dies nicht bei den Umsätzen. Auch wenn dieser im Vergleich zu 2009 um 4 % gestiegen ist, liegt dieser aktuell um 5 % niedriger als vor drei Jahren. Der Umsatz pro Sendung ist demnach gesunken. Gründe für die schwächere Entwicklung des Gesamtumsatzes liegen insbesondere in den schwierigen Nachverhandlungen mit den Kunden und der Dominanz von eher leichten Sendungen im B2C-Geschäft. Zudem bieten Standardservices in Europa eine vergleichsweise hohe Qualität. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die europäische KEP-Branche spätestens zu Beginn des Jahres 2012 das Umsatzniveau von 2008 wieder erreichen wird. Bis 2013 wird zudem ein Wachstum der Sendungsmenge von jährlich 4 % erwartet. Deutschland, Großbritannien, Polen und Russland werden dabei die wichtigsten Wachstumsregionen sein. Standard gewinnt weiter In Deutschland, Frankreich und Großbritannien gewinnt Standard national im Vergleich zur Expressvariante weiter an Bedeutung. So liegt der Anteil in Deutsch- Die Autoren: Ferry Salehi, Lars Ryssel Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 23 Abb. 3: Marktentwicklung nach Land - Vergleich 2008 und 2010 Quelle: Geschäftsberichte, Experteninterviews, A.T. Kearney-Analyse land derzeit insgesamt bei 96 %. Irland, die Niederlande, Polen und Schweden sind die einzigen Länder, in denen auf internationaler Ebene Express schneller als Standard wächst. Standard ist im Aufwind auf interkontinentalen Strecken und in Bereichen, die sensibel auf die Verringerung von Logistikkosten reagieren. Viele Kunden haben während des wirtschaftlichen Abschwungs von Expressauf kostengünstigere Standardsendungen umgestellt und diese Entscheidung häuig noch nicht rückgängig gemacht - auch weil Unterschiede bei der Transitzeit im Vergleich zu Express gering sind. Dennoch bleibt das Pricing eine Herausforderung, da Kunden über standardisierte Preise klagen. Gerade im nationalen Bereich ist oft der einzige Unterschied, dass Express-Anbieter einen genauen Liefertermin garantieren. Tatsächlich bieten bereits jetzt schon viele KEP- Dienstleister Expressqualität zu Standardpreisen. Demzufolge ist zu erwarten, dass die Grenzen zwischen beiden Segmenten im nationalen Bereich immer stärker verschwimmen werden. Internationales Wachstum und nationale Konsolidierung Die Studie zeigt zudem, dass der europäische KEP-Markt im letzten Jahr international stärker gewachsen ist als national. Kaum Unterschiede bei den Wachstumsmustern gab es bei Sendungen innerhalb des Kontinents sowie interkontinental. Routen mit bedeutenden Wachstumsaussichten sind weiterhin diejenigen zwischen Europa und China/ Hongkong sowie Europa und den Vereinigten Staaten. Insbesondere auf den nationalen Märkten ist zudem mit einem Fortschreiten der Konsolidierung zu rechnen. Nischenanbieter im B2C-Geschäft weiten die Zahl ihrer B2B- Produkte aus, während die internationalen Netzwerkanbieter genau das Gegenteil tun - und eher auf B2C setzen. Im internationalen Express-Geschäft wird es keine weitere organische Konsolidierung geben, da der Markt bereits stark konzentriert ist und die sechs größten Netzwerke bereits 90 % des Marktes ausmachen. Interessant werden hier jedoch Kooperationen zwischen den großen Playern und kleineren, lokalen Dienstleistern. Steigende Produktionskosten in Line Haul, Pick-up und Delivery sowie Aufschläge für Kraftstofe werden zudem in den nächsten drei Jahren zu leichten Preiserhöhungen von bis zu 3 % und zu einer Erhöhung des Umsatzes pro Sendung führen. Allerdings werden die KEP-Anbieter nicht in der Lage sein, die entstandenen Mehrkosten insgesamt an ihre Kunden weiterzugeben. Gewicht und Versand von Dokumenten gehen auf nationaler Ebene zurück Angesichts der stärkeren Nutzung von E- Mail stagnieren in Europa der A.T. Kearney-Studie zufolge die Dokumentensendungen - allein die aufstrebenden Märkte wie die Türkei und Russland erleben hier ein Wachstum. Hier erhöht ein starker Zuwachs an neuen Unternehmen den Bedarf der Wirtschaft insgesamt. Während das Gewicht pro Sendung auf nationaler Ebene aufgrund des Zuwachses bei leichteren B2C- und E-Commerce-Sendungen sank, ist es im internationalen Geschäft gestiegen. Fazit Die europäische KEP-Branche zurück auf Wachstumskurs. Darauf deuten die guten Zahlen hin. Um in den nächsten Jahren den richtigen Weg zum Erfolg zu inden, müssen sich die Verantwortlichen vorbereiten: Stetige Marktveränderungen, neue Kundenbedürfnisse und makroökonomische Unsicherheit lauten die künftigen Herausforderungen. Nach den Zeiten, die von Sparmaßnahmen geprägt waren, rücken nun Wachstumsstrategien wieder verstärkt in den Fokus. Vom B2C-Boom werden alle Wettbewerber auf ihre Weise proitieren, Integratoren beispielsweise aufgrund ihrer Struktur eher im höherpreisigen B2C-Segment. ɷ A.T. Kearney-Studie zum KEP-Markt Die jährlich von A.T. Kearney durchgeführte Studie untersucht die aktuelle Lage und die künftige Entwicklung der KEP-Branche Europas. Auf Basis von Gesprächen mit Entscheidern und der Auswertung von Unternehmensentwicklungen aus 13 Ländern beschreibt die Analyse einen Wirtschaftszweig, der derzeit auf den Wachstumspfad zurückindet. Im Rahmen der Studie wurde die Lage folgender Länder untersucht: Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, die Niederlande, Polen, Russland, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Türkei. Die Analyse umfasst netzwerkfähige Standardsowie Express-Sendungen. Express beinhaltet das schnellstmögliche Angebot mit garantiertem Lieferzeitpunkt - Standard eine taggenaue Lieferung. Das Höchstgewicht für berücksichtigte Sendungen betrug 2500 kg. ÜbER dIE STUdIE Ferry Salehi Partner und Leiter des Beratungsbereichs Transportation A.T. Kearney, Berlin Ferry.Salehi@atkearney.com Lars Ryssel Manager und KEP-Experte A.T. Kearney, Berlin Lars.Ryssel@atkearney.com LOGISTIK Binnenschiffahrt Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 24 Perspektiven des Kombinierten Verkehrs mit Binnenschif Die Mengensteigerung der in den Seehäfen abzufertigenden Container wird langfristig nicht an Dynamik verlieren. Die Seehäfen können das Wachstum nur durch die Konzentration auf ihr Aufgabenfeld - dem Löschen und Laden der Fracht - bewältigen. K apazitätsengpässe in der Infrastruktur beeinträchtigen durch das Mengenwachstum auch in den Seehäfen Rotterdam und Antwerpen Logistikdienstleister bei den An- und Abtransporten der Waren per Lkw, Bahn und Binnenschif. Dabei sind diese Hinterlandanbindungen an die für Deutschland wichtigen Seehäfen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft von existenzieller Bedeutung. Der Rhein spielt als bedeutendste und leistungsfähigste Binnenwasserstraße Europas eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Gütermengen. Allerdings ist der Anteil der Containerbinnenschiffahrt am Modal Split im Hinterland der ZARA-Häfen in den letzten zehn Jahren gesunken, d. h. die Binnenschiffahrt hat am Wachstum des Containeraukommen unterproportional partizipiert. Die Autoren: Heinrich Kerstgens, Kristin Kahl Foto: HHM Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 25 Abb. 1: Containermenge auf dem Rhein in 1000 TEU p. a. Gründe dafür sind in den für die Binnenschiffahrt verschlechterten Rahmenbedingungen zu suchen. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die extremen Niedrigwasserjahre 2003, 2005 und 2011 sowie der seit dem Jahr 2007 verstärkt einsetzende Efekt der Verstopfung der Seehäfen, der mit dem englischen Begrif „Congestion“ zutrefend bezeichnet werden kann. Dieser Efekt hat sogar erstmals im Jahr 2006 zu einem Rückgang der auf deutschen Wasserstraßen transportierten Container geführt. Die Weltwirtschaftskrise hat seit dem Herbst 2008 ihr übriges getan, so dass im Jahr 2009 ein Rückgang von ca. 15 % bis 20 % zu verzeichnen war. In den Jahren 2010 und 2011 holte die Containerbinnenschiffahrt wieder leicht auf. Auf der anderen Seite ist es erklärtes Ziel der Verkehrspolitik der Europäischen Union und der betrofenen nationalen Regierungen, den Anteil der Binnenschiffahrt am Modal Split im Hinterlandverkehr der Seehäfen in der Hamburg-Le Havre- Range deutlich zu erhöhen. Während im Seehafenhinterlandverkehr der Nordhäfen Hamburg, Bremerhaven und Bremen die Containerbinnenschiffahrt bislang nur eine untergeordnete Rolle spielt, haben die Häfen Rotterdam und Antwerpen das Ziel der Modal-Split-Steigerung mit einem zukünftigen Anteil der Binnenschiffahrt von weit mehr als 40 % besonders deutlich artikuliert. Marktentwicklung Der Containermarkt stellt seit dem Ende der Weltwirtschaftskrise das dynamischste Marktsegment im Bereich der weltweiten Transporte dar und setzt dieses Wachstum stetig fort. Diese langfristige Entwicklung als Folge der Globalisierung wird fortbestehen. Das jährliche globale Containerwachstum wird bis zum Jahr 2020 mit durchschnittlich 9 % bezifert. Die hohen Wachstumsraten, die in den Jahren 2002 bis 2007 im Schnitt zwischen 12 und 13 % lagen, gehen zwar zurück, an der langfristigen Prognose - Zunahme des Containerumschlags auf 1-Mrd.-TEU bis zum Jahr 2020 - ändert sich aber nichts, die Menge wird höchstens ein paar Jahre später erreicht werden. Abschwächungsefekte wurden darin bereits berücksichtigt. Gerechnet wird mit einem durchschnittlichen Faktor, der den Zusammenhang zwischen dem Wachstum des Containerverkehrs und dem Wachstum der Weltwirtschaft ausdrückt. Dieser liegt bei rund 3,0. Beträgt das reale Wachstum der Weltwirtschaft im Jahr 4 %, steigt der weltweite Containerumschlag um 12 %. Circa 35 % der Container verbleiben im lokalen Raum der Seehäfen bzw. werden im Feederverkehr über See abgefahren. Die anderen 65 % betrefen den Hinterlandverkehr per Straße, Schiene bzw. Wasserstraße (vgl. Tabelle-1). Der Anteil der Binnenschiffahrt unterscheidet sich bei den einzelnen Seehäfen. Laut den prognostizierten Wachstumszahlen werden in wenigen Jahren mehr als 7- Mio.- TEU per Binnenschif aus den Häfen Rotterdam und Antwerpen an- und abzutransportieren sein, was sich ebenso in den Zielsetzungen der Häfen Rotterdam und Antwerpen widerspiegelt. Diese sehen vor, den Modal Split bis zum Jahr 2035 weiter zugunsten des Binnenschifs auszubauen. Die geplante Verteilung der Anteile im Rotterdamer Hafen ist in Abbildung-2 ersichtlich. Dazu müssen die Kapazitäten der Umschlagterminals mittelfristig dem steigenden Bedarf angepasst werden. In den vergangenen Jahren blieb die Containerbinnenschiffahrt infolge zu geringer Infrastrukturmaßnahmen hinter der prognostizierten Entwicklungssteigerung von 5 bis 10 % p. a. zurück. Eine Ursache liegt in der nachrangigen Abfertigung der Binnenschiffe in den Seehäfen. Die sich daraus ergebenden Wartezeiten (Congestion) von bis zu 100 h stellte letztlich die Zuverlässigkeit der Binnenschiffahrt in Frage. Lösungsansatz zur Steigerung der Verkehrsleistung Der Ausbau intermodaler Konzepte eröfnet der Containerbinnenschiffahrt auf den Wasserstraßen in Zentraleuropa neue Chancen für die Erhöhung ihres Verkehrsanteils. Dadurch können die zunehmenden Überlastungserscheinungen auf den Straßen abgefangen werden. Die Binnenschiffahrt ermöglicht wirtschaftlich und ökologisch eiziente Verkehre. „Logistikwachstum - und damit die Beherrschung des Güterverkehrs - geht mit intelligenten Lösungen einher.“ Ein Problem der bisherigen Containerlogistik per Binnenschif ist die zu geringe Anzahl angelieferter 2007 2015 oder später Wachstum (erwartet) Hinterlandverkehr (65%) Anteil Binnenschif Modal Split heute angestrebt Mio. TEU Mio. TEU in % Mio. TEU % Mio. TEU % Mio. TEU Antwerpen 8,2 14,0 71 9,1 33 3,0 43 3,9 Bremerhaven 4,9 7,0 43 4,6 2 0,1 5 0,2 Hamburg 9,9 18,1 83 11,8 2 0,2 5 0,6 Rotterdam 10,8 21,0 94 13,7 30 4,1 45 6,2 Gesamt 33,8 60,1 39,2 7,4 10,9 Tab. 1: Containeraufkommen in den vier für Deutschland wichtigsten Seehäfen LOGISTIK Binnenschiffahrt Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 26 Container je Terminal (Call-Size). Durch die geringen Umschlagmengen verzögert sich die Schifsabfertigung, da die Seehafenterminals ihre Produktionsplanung auf der Binnenschifseite nur suboptimal organisieren können. Um kostenintensive Wartezeiten bzw. die Charterung von Zusatzschifen zu vermeiden und andererseits die pünktliche Versorgung der Verlader zu garantieren, wird intensiv nach Verbesserungsmöglichkeiten des heutigen Systems gesucht. Ein möglicher Lösungsansatz ist der Bau eines Megahub-Terminals am Niederrhein. Potenziale und neue Chancen für die Erhöhung des Verkehrsanteils der Binnenschiffahrt entstehen letztendlich durch ein richtungweisendes Großprojekt. Die Voraussetzung für die zukünftige Sicherstellung der Ver- und Entsorgung des deutschen, schweizerischen und französischen Hinterlandes durch Containertransporte ist ein leistungsfähiger seehafenferner Megahub. Mit dem Bau des Megahubs kann gezielt und koordiniert der Ausbau der land- und seeseitigen Zufahrten der Seehä- Abb. 3: Megahub-Container-Cross-Docking im Im- und Export Abb. 2: Modal Split der Hinterlandverkehre des Hafens Rotterdam im Jahr 2008 und 2035 fen sowie deren optimale Verbindung mit leistungsstarken Binnenhäfen und damit mit den Wirtschaftszentren Deutschlands gewährleistet werden. Mit dem Bau eines Megahub-Terminals werden Maßnahmen der Transportoptimierung im Seehafenhinterlandverkehr verfolgt. Eine stärkere Einbindung der Binnenschiffahrt in die logistischen Ketten bewirkt eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Wasserwege und fängt damit den wachsenden Kapazitätsbedarf ab. Zudem wird die Eizienz innerhalb der Schiffahrt gesteigert, denn bessere Auslastungen der Binnenschife führen zu einer Verkehrsvermeidung. Es ergeben sich umso größere Vorteile, je besser Skalenefekte genutzt werden können. Daher ist es von großer Bedeutung, dass eine gezielte Lenkung einer größeren Anzahl von Transporten auf das Binnenschif stattindet. Die Ziele, die mit der Einrichtung eines Megahub-Terminals verfolgt werden, sind neben der Versorgungssicherheit auch eine Optimierung des gesamten Systems „Containerbinnenschiffahrt auf dem Rhein“ bezüglich Kosten und Qualität. An den Seehafenterminals sind die Lagerkapazitäten bereits heute begrenzt. Dieser Zustand wird sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen. Die Folge: Der vorhandene Platz muss noch efektiver genutzt werden, um sich auf die Kernkompetenz „Umschlag“ zu konzentrieren. Die Menge, die in dem Hub-and-spoke- System transportiert werden soll und kann, ist abhängig von der Umschlagleistung des Megahub-Terminals. Die bisherigen Planungen gehen von einer Leistung von mehr als 1- Mio.- TEU pro Jahr aus. Diese Menge ermöglicht die tägliche Anbindung verschiedenster Binnen- und Seehafenterminals. Gemäß des Hub-and-spoke-Systems werden die Container im Import von den einzelnen Seehafen-Terminals zu dem Megahub befördert, dort umgeschlagen und sortenrein an ihr eigentliches Ziel weiterbefördert. Dasselbe Prinzip gilt für den Export. Es indet vorgelagert zum Seehafen eine Entmischung der Transportströme statt (vgl. Abbildung-3). Damit entstehen die großen Call-Sizes, so dass die Binnenschife pro Reise die Binnen- und Seehafenterminals optimiert anlaufen. Der Inhalt der Container bleibt während der Umschlagvorgänge unberührt. Es geht lediglich um den physischen Austauschprozess der Container verschiedener Containerdienstleister und -relationen. Die Container beinden sich dabei während der für das Umladen benötigten Zeit − meist nur wenige Stunden −, im Megahub-Terminal und werden nach dem FIFO-Prinzip (First In − First Out) abgefertigt. Das bedingt das Prinzip des einstuigen Cross-Dockings, bei dem das Lager lediglich als Umschlagplatz fungiert, da ein Einlagerungsprozess entfällt (vgl. Abbildung-4). Gegenüber den Direktverkehren mit kleineren Call-Sizes oder dem Betrieb über eine Terminalkette, bei der mehrere Terminals sowohl in den Binnenals auch den Seehäfen angelaufen werden, erfordert eine Umstellung auf Hubverkehre eine Kostenoptimierung innerhalb der Transportkette, damit die Kosten für den zusätzlichen Umschlag am Megahub nicht zu einer Verteuerung der Transporte führen. Diese positiven Kostenefekte kommen zustande durch: ƀǁ den Einsatz größerer Schife auf den Hauptstrecken durch Konsolidierung der Mengen, da die Kosten einer Fahrt auf einer bestimmten Strecke für ein Schif unterproportional von der transportierten Menge abhängen. Die Kosten sinken mit zunehmender Schifsgröße im Verhältnis zur Ladekapazität. LOGISTIK Binnenschiffahrt Heinrich Kerstgens Geschäftsführer Contargo GmbH & Co. KG, Ludwigshafen hkerstgens@contargo.net Kristin Kahl Sales and Intermodal Products Contargo GmbH & Co. KG, Ludwigshafen kkahl@contargo.net ƀǁ eine verbesserte Auslastung der Schife. Es ergeben sich umso größere Kostenvorteile, je höher die Auslastung der Ladekapazität ist. ƀǁ schnellere, einfachere und damit auch kostengünstigere Anbindung von Relationen mit weniger Aukommen. ƀǁ die verdichtete Frequenz mit weniger Schifen auf der Hauptstrecke durch die Erhöhung der Kapazitäten p. a. ƀǁ erzielbare Skalenefekte im Umschlag. Eine interne Untersuchung der Contargo hat ergeben, dass ein solcher Megahub zu keiner Verteuerung der Transporte führt, jedoch die Vorteile durchaus realistisch erreicht werden können. Dieser Efekt verstärkt sich, je mehr Sendungen in einem Netz zusammengefasst werden und je mehr Beteiligte dem Netzwerk angehören. Viele Netze, vorwiegend im Bereich der Luftverkehrsgesellschaften und Stückgutverkehre, werden in Kooperation mit Allianz- oder Streckenpartnern betrieben. Solche Partnerschaften ermöglichen es, aukommensstarke Strecken häuiger zu bedienen sowie aukommensschwache Strecken besser auszulasten. Außerdem liegt die bestmögliche Bündelung nicht nur im Interesse der beteiligten Unternehmen, sondern auch - wegen der verkehrsreduzierenden Wirkung - im gesamtwirtschaftlichen Interesse. Der Vorteil der Implementierung des Megahub-Systems liegt in der erzielbaren Performanceverbesserung der Transportdienstleister sowie Terminalbetreiber und damit der gesamten Containerlogistik im Hinterland der Seehäfen. Sie ermöglicht eine Kostenreduzierung und baut gleichzeitig das lächendeckende Netzwerk der Terminals am Rhein und seiner Nebenstrecken aus. Der Service für die Verlader verbessert sich durch häuigere Abfahrten und Ankünfte der Binnenschife. Der tatsächliche Wettbewerbsvorteil der Containerbinnenschiffahrt der Zukunft wird das Aufrechterhalten zuverlässiger, kostengünstiger, nachhaltiger und klimaverträglicher Transporte sein - realisierbar durch die Nutzung eines Megahub- Terminals. So hat der kombinierte Verkehr mit Binnenschifen in Zukunft noch eine Chance! ɷ Abb. 4: Beispielhafter Megahub Terminal mit Blocklagerung 5/ 12 30. Januar 2012 w w w.railbusines s.de IS SN 1867-2728 Der wöchentliche Branchenreport von Eurailpress und DVZ B U S I N E S S 1 Lang-Lkw: EU-Vorsitz setzt auf die Kommission Wettbewerb CER-Vorschläge wahren Einfluss der Nutzer auf die Infrastruktur Viertes Eisenbahnpaket In dieser Ausgabe: Foto: Düvelmeyer - Fotolia Auseinder gehen die Meinungen von EU und CER in der Frage des Infrastrukturzugriffs 30.1.2012 | 5/ 12 dd 1 27.01.2012 13: 36: 18 Jetzt Probe lesen unter www.railbusiness.de DVV Media Group GmbH | Eurailpress · Postfach 10 16 09 · 20097 Hamburg Fax: +49 40/ 237 14-104 · E-Mail: service@eurailpress.de · www.eurailpress.de „Rail Business ist exzellent recherchiert und liefert mir einen Überblick über die aktuellen Geschehnisse. An der Druckausgabe gefällt mir besonders gut, dass sämtliche problematischen Punkte, die die Branche bewegen, aufgegriffen und hier die Schwerpunkte richtig gesetzt werden. Ein Highlight ist der Kommentar von Timon Heinrici.“ Alexander Kirfel Geschäftsführer Netzwerk Europäischer Eisenbahnen e.V. Rail Business ist ein Gemeinschaftsprodukt der Bahnfachleute von Eurailpress und DVZ „ Rail Business ist für meine tägliche Arbeit unverzichtbar .“ 4346_anz_RB_ERP_Testimonial_Kirfel_210x99.indd 1 24.02.2012 15: 00: 34 Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 28 D er Nutzen des Güterverkehrs ist für die breite Bevölkerung kaum direkt erfahrbar, sehr wohl aber dessen unerwünschte Auswirkungen. Entsprechend steht er in konstanter öfentlicher Kritik. Funktionierende und leistungsfähige Transportsysteme sind indessen unerlässlich und nicht zuletzt an ihnen entscheidet sich die globale Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandortes Europa. Unbestrittenes Ziel ist daher die Verbesserung der Nachhaltigkeit des Güterverkehrs. Die hierzu zu ergreifenden Maßnahmen sind allerdings bisweilen nicht ohne innere Widersprüche. So wird „Green Logistics“ oftmals als zukunftsträchtige Lösung proklamiert, doch eine Zahlungsbereitschaft ist dafür kaum feststellbar [Fries]. Es stellt sich somit die Frage, ob und wie sich diese vermeintlichen Widersprüche aulösen lassen. Güterfeinverteilung als Kernherausforderung Der Gütertransport ist ein Verbundsystem aus den Verkehrsträgern sowie deren Infrastruktur und ist Bestandteil von Logistiknetzwerken Nachhaltige Güterfeinverteilung - Ein systemischer Ansatz Die Gesamtwirtschaft und die Versorgung der Bevölkerung sind auf funktionierende, leistungsfähige Logistiknetzwerke und damit auch auf den Güterverkehr angewiesen. Vorrangiges Ziel ist daher die Verbesserung der Nachhaltigkeit des Güterverkehrs, doch punktuelle politische und innerbetriebliche Maßnahmen erweisen sich dabei als wenig wirksam. Das schwächste Glied stellt meist die „Letzte Meile“ dar: Sie wird damit zum Schlüsselelement leistungsfähiger Transportsysteme. Die Autoren: Ulrich Weidmann, Wolfgang Stölzle, Bernd Bopp, Erik Hofmann LOGISTIK Wissenschaft Foto: SBB Cargo Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 29 LOGISTIK Wissenschaft Gütertransformation beauftragt er einen Logistikdienstleister. Dieser wählt den geeigneten Transportmodus (Straße, Schiene oder Kombinierter Verkehr, KV), in Abhängigkeit der Anforderungen des Transportgutes [Rapp/ IVT], und führt die Gütertransformation durch. Bei der Abwicklung des Transportprozesses sind „negative“ Auswirkungen zu konstatieren: Sie reichen von begrenzt wahrnehmbaren und temporären Phänomenen wie Staus, Lärm oder Unfällen bis hin zu Luftverschmutzungen. Auch diese Efekte sind bei der Modellierung angemessen zu berücksichtigen. Nachhaltigkeit Die Anwendung des Konzepts der Nachhaltigkeit auf den Sektor „Güterverkehr“ erfordert eine Speziizierung der relevanten Einlussparameter: ƀǁ Ökonomisch nachhaltige Unternehmen sorgen für einen jederzeit ausreichenden Cashlow, um zahlungsfähig zu sein und stets Renditen auszahlen zu können. ƀǁ Ökologisch nachhaltige Unternehmen verbrauchen weniger Ressourcen, als zeitgleich auf natürliche Art und Weise wiederhergestellt werden können. Sie geben nur so viele Emissionen an die Umwelt ab, wie diese in der Lage ist, aufzunehmen. ƀǁ Sozial nachhaltige Unternehmen visieren eine Verbesserung der „Werte“ innerhalb einer Gesellschaft an. Bei der Modellierung erweist es sich als nicht möglich, die soziale Dimension angemessen mittels quantiizierbarer Messgrößen zu beurteilen. Sie bleibt daher unberücksichtigt. [Stölzle/ Fagagnini]. Punktuelle politische und innerbetriebliche Maßnahmen erweisen sich daher als wenig wirksam. Das schwächste Glied stellt meist die „Letzte Meile“ dar: Sie wird damit zum Schlüsselelement. Die Aufgabe besteht somit in der Identiizierung von Eckwerten eines nachhaltigen Güterverteilsystems, unter besonderer Berücksichtigung der „Letzten Meile“, mit folgenden Herausforderungen: ƀǁ Befriedigung der Anforderungen der verladenden Industrie- und Handelsunternehmen (Verlader) ƀǁ Bezahlbarkeit für Verlader, Logistikdienstleister, Staat und Gesellschaft ƀǁ Einhaltung gesetzlicher und infrastrukturtechnischer Rahmenbedingungen ƀǁ Verringerung der (negativen) Umweltauswirkungen ƀǁ Stufenweise Umsetzbarkeit der Maßnahmen ƀǁ Integration gebräuchlicher und zukunftsfähiger Technologie. Drei zentrale Hypothesen sind dabei wegleitend: 1. Aus einer makroökonomischen Perspektive ist es ineizient, zwei Landverkehrssysteme (Straße und Schiene) unabhängig voneinander parallel zu betreiben. 2. Das Straßennetz verfügt nicht über genügend Kapazität, um das gesamte Transportaukommen abwickeln zu können. 3. Die geforderte CO 2 -Reduktion kann nicht ohne die Bahn erzielt werden. Im Rahmen der Bewältigung der „Letzten Meile“ steht damit vor allem die künftige Rolle des Schienengüterverkehrs im Fokus der Betrachtung. Vorgehen Ein systemischer Modellansatz (Simulation) bedingt die detaillierte Analyse der Gütertransportsysteme bezüglich der Akteure, ihrer Interessenlagen und deren Interdependenzen. Zusätzlich ist eine sachgerechte Deinition der Begrilichkeiten „Letzte Meile“ und Nachhaltigkeit abzuleiten [Weidmann et al.]. Gestützt auf die deinitorischen Grundlagen kann ein systemdynamisches Modell zur Güterfeinverteilung entwickelt werden. Mittels verschiedener Szenarien lässt sich im Modell am Beispiel der Schweiz der Einluss veränderter Rahmenbedingungen dynamisch über einen längeren Zeitraum simulieren. Generische Akteursstruktur Vereinfachend wird angenommen, dass die Verlader die Nachfrage generieren, die Logistikdienstleister diese befriedigen sowie dass der Staat die Infrastrukturen zur Verfügung stellt und die Rahmenbedingungen festlegt. Die Interessenlagen und Interaktionen gehen aus dem grundlegenden Schema eines Transportprozesses hervor: Ein Kunde wünscht die Zustellung einer Einheit (1- TEU1) eines Gutes einer bestimmten Warengruppe. Mit der Durchführung der Abb. 1: Abgrenzung des Begri s „letzte Meile“ in der Güterfeinverteilung LOGISTIK Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 30 Systemdynamischer Modellierungsansatz Im Unterschied zum zumeist linearen menschlichen Denken ist es mit einem Simulationsmodell möglich, dynamische Systeme in deren Komplexität und Nichtlinearität abstrahiert darzustellen (siehe Abbildung 3). Hierzu sind alle Beziehungen zwischen Systemelementen in iterativen Schritten in ein quantitatives Modell mit mathematischen Gleichungen zu überführen. Ein derartiges Modell besteht aus Zustands- (stocks) und Flussvariablen (lows), die durch entsprechende Wirkungsbeziehungen direkt oder indirekt miteinander verbunden sind. Rückkopplungen (feedback loops) ergeben sich aus geschlossenen Regelkreisläufen. Bestandsgrößen werden in ausgewählten Zeitschritten betrachtet und lassen sich nur durch Zu- und Abluss verändern. Zum Simulationsbeginn ist jeweils ein Startwert festzulegen. In unserer Studie wurde für die Modellierung die Software VENSIM® von VENTANA Systems Inc. benutzt. Insgesamt beinhaltet das Modell-14 Teilebenen mit mehr als 3500 Elementen. Der sequenzielle Betrachtungszeitraum wurde auf ein Jahr festgelegt, der gesamte Simulationszeitraum beträgt 30 Jahre. Erfassung der Systemveränderungen Die Erfassung der Veränderungen innerhalb des modellierten Gesamtsystems erfordert die Identiikation von adäquaten Messgrößen aus der Vielzahl an Systemelementen. Eine Nachhaltigkeitskategorie (ökonomische und ökologische Dimension) wird durch Kombination mehrerer Messkriterien (Aufwendungen für von Verladern nachgefragte Logistikdienstleistungen, Ressourcen, etc.) gebildet. Messgrößen ergeben sich wiederum aus dem Zusammenzug mehrerer Messgrößenelemente. Durch eine Analyse von Messgrößen, -kriterien oder -kategorien kann das Systemverhalten resp. Teile davon unter verschiedenen Randbedingungen betrachtet werden. Maßnahmentypen Maßnahmen können grundsätzlich gesetzlich („regulatorisch“), infrastruktur- und nachfrageseitig wirken [Maibach/ Bani]. Es lassen sich vier Typen unterscheiden: ƀǁ Technische Maßnahmen, welche die Nachhaltigkeit mittels Investitionen verändern; das Verhalten der Akteure bleibt unbeeinlusst. ƀǁ Regulatorische Maßnahmen, welche zwingende Verhaltensänderungen bei den Verladern und Logistikdienstleister auslösen. ƀǁ Preisliche Maßnahmen, die negative oder positive Anreize setzen und somit Verhaltensänderungen anregen. ƀǁ Infrastrukturbzw. institutionelle Maßnahmen, die mittels veränderter Rahmenbedingungen bei den privaten Akteuren freiwillige Verhaltensänderungen bewirken. Letzte Meile Die „Letzte Meile“ wird aufgrund von vier Gesichtspunkten eingegrenzt (siehe Abbildung 1): (1) Art der Transportkette: Der Transport kann direkt oder gebrochen über einen oder mehrere Knoten erfolgen. Eine „Letzte Meile“ aus Logistikperspektive erfordert sogenannte Verteildepots, in welchen Güter nötigenfalls kommissioniert resp. umgeschlagen werden und anschließend in den weiteren Transportprozess übergehen. In der Praxis handelt es sich dabei beispielsweise um Zentrallager, Verteilzentren, KV-Terminals oder Rangierbahnhöfe. (2)Betriebliche Durchführung: Die „Letzte Meile“ umfasst den Vor- und Nachlauf, den Transportvorgang vom Versender zum ersten sowie jenen vom letzten Verteildepot zum Empfänger. Die Integration von Direktverkehren im Modell erfordert die Einführung von „virtuellen Verteildepots“ an den jeweiligen Grenzen des Untersuchungsraums. (3) Räumliche Ausprägung: Die „Letzte Meile“ wird als Variable in Abhängigkeit des notwendigen Handlungsspielraums zur Beeinlussung der Nachhaltigkeit angesehen. Es ist jedoch ein oberer Grenzwert festzulegen, nämlich 150 km ohne und 100 km mit Alpenquerung. (4)Räumliche Gliederung des Fallstudiengebietes Schweiz: Untersuchungsräume sind die sieben Schweizer Großregionen. Sie entsprechen der Aufgliederung der Schweiz in NUTS II- Räume 2 und entstehen durch Zusammenzüge von Kantonen. Die Radien der lächenäquivalenten kreisförmigen Untersuchungsräume variieren deutlich, jedoch ist die Abbildung der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur realitätskonform möglich (siehe Abbildung 2). Die „Letzte Meile“ ist somit bewusst großzügiger deiniert als sonst üblich. Abb. 2: Übersicht über die NUTS II-Regionen des Fallstudiengebiets Schweiz Quelle: [bfs] Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 31 Abb. 3: Schematische Übersicht über die Architektur des Gesamtmodells Bei der Einführung von Maßnahmen, welche vorrangig den privaten Akteuren zusätzliche Ausgaben auferlegen, ist der Trade-of-Efekt zwischen der ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeitsdimension besonders zu beachten. Maßnahmenauswahl und -prüfung Da nicht alle in den letzten Jahren politisch diskutierten Maßnahmen einen Bezug zur Steigerung der Nachhaltigkeit der “Letzten Meile“ haben, wird zunächst eine Wirkungsanalyse für die Maßnahmen initiiert (siehe Tabelle 1). Einer Maßnahme wird eine signiikante Wirkung unterstellt, wenn alle vier Kriterien erfüllt sind. Dies trift auf vier Aktivitäten zu, für welche die angegebenen Ausprägungsformen hinterlegt sind: ƀǁ CO 2 -Abgabe: Weiterführung auf dem bisherigen Preisniveau (Maßnahme 1a), Erhöhung um 3,69 Rappen pro Liter Diesel (Maßnahme 1b), Aufschlag von 50 Rappen pro Liter Diesel (Maßnahme 1c). ƀǁ Emissions-Zertifikatehandel: minimale Form der Ausprägung (Maßnahme 2a), mittlere Ausprägung (Maßnahme 2b), maximale Ausprägung (Maßnahme 2c) gemäß [Maibach et al.]. ƀǁ Leistungsabhängige Schwerverkehrs-Abgabe: ohne Erhöhung (Maßnahme 3a), mit pauschaler Erhöhung um 0,5 Rp./ tkm (Maßnahme 3b). ƀǁ KV-Förderung: Verzicht (Maßnahme 4a), explizite Förderung (Maßnahme 4b) mittels einer von der Distanz von Vorresp. Nachlauf anhängigen Entfernungspauschale sowie Trassenpreissubventionen. LOGISTIK Wissenschaft Tab. 1: Übersicht über die Bewertung der denkbaren Maßnahmen anhand des erstellten Kriterienkataloges LOGISTIK Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 32 Abb. 4: Graische Darstellung der Wirkung der Einzelmaßnahmen auf die ökonomische und ökologische Nachhaltigkeitsdimension höhung beide Nachhaltigkeitsdimensionen negativ. Eine minimale Erhöhung hat damit keinen Einluss auf die Systemnachhaltigkeit, die maximale Erhöhung der CO 2 -Abgabe einen negativen Einluss. Eine mittlere Ausprägung der Errichtung eines CO 2 -Emissionszertifikatehandels im Güterverkehr weist eine hohe Efektstärke in Bezug auf die ökologische Nachhaltigkeitsdimension auf, die schwache Ausprägung dagegen keine und die starke Ausprägung lediglich eine mittlere. Positiv wirken die Reduktion des Ausstoßes von Klimagasen sowie die Verbesserung der Luftreinheit. Die ökonomische Nachhaltigkeit wird durch einen schwachen Emissions-Zertiikatehandel Die Wirkung der Einzelmaßnahmen wurde sowohl isoliert, als auch kombiniert geprüft. Ergebnisse der Einzelmaßnahmen Die Resultate der VENSIM®-Simulation sind in Tabelle 2 und in Abbildung 4 zusammengefasst. Die Erhöhung der CO 2 -Abgabe weist eine geringe Efektstärke auf und macht sich bei den Messgrößen „Luftqualität“, „Ressourcenverbrauch“ und „Ausgaben der Verlader für Logistikdienstleistungen“ nicht relevant bemerkbar. Während eine minimale Erhöhung der CO 2 -Abgabe eine gering positive Wirkung auf die ökologische sowie eine gering negative Wirkung auf die ökonomische Nachhaltigkeit hat, beeinlusst die maximale Er- Tab. 2: Auswirkungen der Maßnahmen auf die Messgrößen der Nachhaltigkeit LDL … Logistikdienstleister Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 33 LOGISTIK Wissenschaft auf, allerdings verbleibt die Wirkung auf die Systemnachhaltigkeit negativ. Fazit und Ausblick Die KV-Förderung sowie die Errichtung eines Emissions-Zertifikatehandels mittlerer Ausprägung im Güterverkehr sind auf Grundlage der Modellsimulationsläufe unter den untersuchten Maßnahmen diejenigen, die sowohl die ökonomische als auch die ökologische Nachhaltigkeit der Güterfeinverteilung in der Schweiz am günstigsten zu beeinlussen vermögen. Noch ofen bleibt ein geeigneter Weg, um die Infrastrukturen und deren Kapazitätsengpässe detaillierter in die Modellbetrachtung einzubeziehen. Zudem musste - wie erwähnt - die soziale Dimension im quantitativen Modell unberücksichtigt bleiben. Letzteres wäre ein möglicher Gegenstand weiterer Forschungsaktivitäten. ɷ 1 Twenty-foot Equivalent Unit = Maßeinheit auf der Basis eines 20 ft. ISO-Containers 2 NUTS = Nomenclature des Unités Territoriales Statistiques [BfS] leicht positiv beeinlusst, kehrt sich jedoch mit zunehmender Intensität ins Gegenteil. Betrachtet man die beiden Nachhaltigkeitsdimensionen gemeinsam, so vermag der mittelstarke Emissions-Zertiikatehandel die Nachhaltigkeit am günstigsten zu beeinlussen. Die Erhöhung der LSVA wirkt sich sowohl auf die ökonomische als auch auf die ökologische Nachhaltigkeitsdimension negativ aus. In der ökonomischen Dimension nehmen die Einnahmen des Staates langfristig zwar zu, die gestiegenen Kosten müssen aber - über die Weiterberechnung durch die Logistikdienstleister - von den Verladern und damit letztlich den Verbrauchern getragen werden. Die Wirkung auf die ökologische Nachhaltigkeit ist überraschend schwach; es kommt im Vergleich zum Status quo sogar zu einer Verschlechterung. Insbesondere erfolgt die Modernisierung der Fahrzeuglotte im Straßengüterverkehr nur zögerlich. Die Förderung des kombinierten Verkehrs (KV) in Form einer entfernungsdegressiven Rückerstattung der LSVA sowie der Wiedereinführung von Trassenpreisvergünstigungen weist die beste Wirkung auf die ökonomische und den zweitbesten Efekt auf die ökologische Nachhaltigkeit auf. Diese Maßnahme steigert zudem die Systemnachhaltigkeit am stärksten. Ergebnisse der Maßnahmenkombinationen Eine Kombination von LSVA-Erhöhung, KV- Förderung und Errichtung eines Emissions-Zertifikatehandels mittlerer Ausprägung führt nicht zur erwarteten Steigerung der gesamten Systemnachhaltigkeit. Insbesondere dominiert die negative Wirkung der LSVA-Erhöhung. Eine Veränderung der ökologischen Nachhaltigkeitsdimension kann nicht festgestellt werden, jedoch ist eine eindeutig negative Wirkung in der ökonomischen Dimension auszumachen. Ein vergleichbarer Wirkungsmechanismus lässt sich bei der Kombination von LSVA-Erhöhung, KV-Förderung und Errichtung eines Emissions-Zertifikatehandels starker Ausprägung erkennen. Die ökologische Nachhaltigkeit wird im Vergleich zum erstgenannten Maßnahmenbündel zwar erhöht, jedoch vermindert sich die ökonomische Nachhaltigkeit weiter. Gesamthaft weist dieses Maßnahmenbündel eine höhere Efektstärke LITERATUR Bundesamt für Statistik: www.bfs.admin.ch. Neuchâtel, 2009. FRIES, NIKOLAUS: Market Potential and Value of Sustainable Freight Transport Chains, Dissertation, Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme der ETH Zürich, Schriftenreihe des IVT Nr. 148, Zürich 2009. MAIBACH, MARKUS ET AL. (Ed.): Handbook on estimation of external cost in the transport sector. Produced within the study: Internalisation, Measures and Policies for all external cost of Transport (IMPACT), Version 1.0., Delft, 2007. MAIBACH, MARKUS / BANFI, SILVIA, infras: Kosten-Wirksamkeit von Umweltschutzmassnahmen im Verkehr. Forschungsauftrag 41/ 96 auf Antrag der Vereinigung Schweizer Verkehrsingenieure. Zürich, 1998 Rapp Trans AG/ ETH Zürich - Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme (IVT): SVI 2004/ 081, Modal Split Funktionen im Güterverkehr. Zürich, 2008 STÖLZLE, WOLFGANG / FAGAGNINI, HANS PETER (Hrsg.): Güterverkehr kompakt. München: Oldenbourg, 2010. WEIDMANN, ULRICH / FRIES, NIKOLAUS / BOPP, BERND / STÖLZLE, WOLFGANG / HOFMANN, ERIK / GEBERT, KONSTANTIN: Nachhaltige Güterfeinverteilung, Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme der ETH Zürich und Lehrstuhl für Logistikmanagement der Universität St.Gallen, Schriftenreihe des IVT Nr. 151, Zürich 2010. Erik Hofmann, Prof. Dr. Assistenzprofessor Universität St. Gallen Lehrstuhl für Logistikmanagement erik.hofmann@unisg.ch Bernd Bopp, Dipl. Ing. TU Doktorand ETH Zürich Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme (IVT) bopp@ivt.baug.ethz.ch Wolfgang Stölzle, Prof. Dr. Ordinarius Universität St. Gallen Lehrstuhl für Logistikmanagement wolfgang.stoelzle@unisg.ch Ulrich Weidmann, Prof. Dr. Professor für Verkehrssysteme ETH Zürich Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme (IVT) weidmann@ivt.baug.ethz.ch INFRASTRUKTUR ÖV in China Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 34 Bis Ende 2015 wird das gesamte Stadtschienenverkehrsnetz in China etwa 4000 km betragen. Im Durchschnitt werden im Jahr etwa 400 km Stadtschienenstrecken gebaut. Dafür stehen pro Jahr etwa 22 Mrd. EUR zur Verfügung. Insgesamt sind derzeit in 28 Städten Chinas Stadtschienenprojekte in Bau oder in der Planung. Beachtung inden in den nächsten Jahren auch die Investitionen und der Einsatz der Magnetbahn als „grüne Verkehrtechnik“ im mittleren und niedrigen Geschwindigkeitsbereich für den Verkehr in Städten sowie zum Einsatz im regionalen Nahverkehr. Stadtschienenverkehr in China D er Stadtverkehr in großen Städten Chinas verdoppelt sich etwa alle fünf Jahre. Daher weist der Stadtschienenverkehr − er hat die höchste Leistungsfähigkeit − einen enormen Nachholbedarf auf. Es fehlen ausgeprägte Verkehrsknotenpunkte sowie die Integration der unterschiedlichen Verkehrssysteme in den Verkehrsknotenpunkten [1]. Wegen des noch für lange Zeit unzureichenden Stadtschienenverkehrs hat der Taxiverkehr im chinesischen Stadtbereich eine besondere verkehrliche Transportaufgabe zu erfüllen und muss bei der Integration in die Verkehrsknotenpunkte wesentlich stärker berücksichtigt werden. Bei hochbelasteten Teilstrecken fehlen u. a. die verkehrlichen Trennungen bzw. eine streckenweise Bevorzugung von Verkehrssystemen (z. B. durch Bus- und Taxispuren). Daher ist in allen größeren Städten eine Vielzahl von Verkehrskonlikten im Stadtverkehr (vgl. Abbildung- 1) zu beobachten. Die sich daraus ergebende zum Teil ungeordnete/ chaotische Verkehrsabwicklung resultiert vielfach aus den oben genannten Gründen, aber auch aus dem Fehlen moderner Verkehrssteuerungen und der erkannten mangelnden Verkehrsdisziplin bei allen Verkehrsbeteiligten. Letzteres resultiert verständlicherweise aus dem enormen Arbeits-, Termin- und Leistungsdruck sowie dem hohen Stressfaktor im Verkehrsalltag, was überwiegend durch das starke wirtschaftliche Wachstum und die gesellschaftliche Mobilität hervorgerufen wird. Zu bemerken ist auch, dass in China generell ein sogenanntes Terminchaos herrscht, was typisch chinesisch zu sein scheint. Man kann es auch positiv mit hoher Terminlexibilität bezeichnen. Faszinierend ist, dass sich ofensichtlich diese Entwicklung außerordentlich positiv auf alle chinesischen Lebensbereiche des Privat- und Geschäftslebens auswirkt und die schwierigen Verkehrsituationen nach wie vor gut bewältigt werden. Steigender Urbanisierungsgrad In China gab es Ende 2010 etwa 115 Städte (vgl. Abbildung-2) mit mehr als 1 Mio. Einwohner [2]. Die chinesische Planungskommission erwartet bis Ende des 12. Fünjahresplans (2015) einen oiziellen Urbanisierungsgrad von etwa 51,5 %. Zum Vergleich dazu gibt es in Europa nur etwa 25 Städte mit mehr als 1 Mio. Einwohner, aber teilweise einen Urbanisierungsgrad von etwa 70 %. Der Weltdurchschnittswert liegt bei etwa 50 %. Da die chinesischen Planungsexperten bis 2025 in China mit über 200 Städten mit jeweils mehr als 1-Mio. Einwohnern rechnen, werden bereits seit Jahren in den großen Metropolen Chinas die Stadtschienenverkehre massiv ausgebaut. Dies führt zur deutlichen Verbesserung der Gesamtverkehrssituation dieser Metropolen und Städte Chinas, da wegen der seit Jahren hohen Autodichten und fehlender Flächen für weitere Straßen, nur der aufgeständerte und unterirdische Stadtschienenverkehr (Neu- und Ausbau von S- und Die Autoren: Yuanfei Shi, Peter Mnich Abb. 1: Shanghai Subway innen Foto: chinascott.com Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 35 U- Bahnen) einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der städtischen Verkehrsprobleme leisten kann. Schwerpunkt Stadtschienenverkehr Ende des 11.- Fünjahresplanes (2010) waren in 10- Städten insgesamt 53- Stadtschienenverkehrslinien in Betrieb. Die Gesamtstreckenlänge betrug 1471 km und weist insgesamt 977 Stationen auf. Der mittlere Stationsabstand im chinesischen Stadtschienenverkehr liegt bei etwa 1,5 bis 1,6 km. Im Bau waren, ebenfalls in 10 Städten insgesamt 52 Stadtschienenstrecken mit einer Streckenlänge von 1422 km, bei denen insgesamt 866 Stationen realisiert werden. Im 12.- Fünjahresplan (2011 − 2015) hat die chinesische Entwicklung des Öfentlichen Verkehrs (ÖV), dazu gehört der Stadtschienen-, Bus- und Taxiverkehr, seitens der Zentralregierung eine hohe Priorität erhalten. Der Stadtschienenverkehr gilt daher als ein neuer Investitionsschwerpunkt. In den nächsten fünf Jahren sind insgesamt Neubaustrecken im Stadtschienenverkehr von 1700 km Länge geplant; die vorgesehenen Investitionen bewegen sich über 1000- Mrd.- Yuan bzw. etwa über 111-Mrd.-EUR, d. h. etwa 22-Mrd. EUR/ Jahr (vgl. Abbildung 3). Insgesamt sind derzeit in 28 Städten Chinas Stadtschienenprojekte im Bau oder in der Planung. Als Beispiele seinen genannt die Städte Beijing mit über 50-Mrd.-Yuan (etwa 5,6-Mrd.-EUR) für 76 km und Shanghai mit über 140-Mrd.-Yuan (etwa 15,6- Mrd.- EUR) für 371 km Streckenlänge. In Abhängigkeit der örtlichen Gegebenheiten bewegen sich die bezogenen Infrastrukturkosten bei etwa 40 bis 80- Mio.- EUR je Doppelkilometer Strecke. Dies sind wegen der überwiegenden Tunnelstrecken realistische Baukosten (im Mittel 500-Mio.- Yuan bzw. 55,6- Mio.- EUR je Doppelkilometer). Bei aufgeständerten Stadtschienensystemen liegen die bezogenen Projektkosten um Faktor- 2 bis 3 niedriger [3]. Ende 2015 wird das gesamte Stadtschienenverkehrsnetz etwa 4000 km (vgl. Abbildung-3) betragen (Schätzung der NDRC, National Development Reform Commission). Dies scheint realistisch zu sein, da in den Zeiträumen der Fünjahrespläne im Mittel jeweils etwa 400 km Streckenlänge im Stadtschienenverkehr pro Jahr gebaut werden können. Im Jahr 2011 wurde eine Streckenlänge von 440 km erreicht. Dabei soll in Städten mit mehr als 10- Mio. Einwohnern, z. B. Beijing, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen das Stadtschienennetz vervollkommnet werden. Ein ÖV-Anteil über 60 % sollte erreicht werden. In Städten mit mehr als 3- Mio. Einwohnern, z. B. Nanjing, Chengdu, Suzhou, Wuxi, Ningbo, Dalian, Xi’an, Wuhan, Hangzhou, Harbin und Shengjang sollte das Stadtschienennetz die Hauptstruktur bilden. Der angestrebte ÖV-Anteil sollte über 40 % liegen. In Städten mit mehr als 1-Mio. Einwohner wird die Chance gegeben, verschiedene Bahnsysteme einzusetzen, wie z. B. S-Bahnen, moderne Straßenbahnen, Magnetbahnen usw. In Städten mit mehr als 500 000 Einwohnern sollte das Stadtzentrum in Umkreisen von 500 m durch das ÖV- Netz abgedeckt werden (vgl. Abbildung-4). Bis 2020 soll das Stadtschienennetz insgesamt 6100 km (177- Linien) betragen. Im chinesischen Langfristplan bis 2050 wird nach eigenen Planrecherchen von 28 Städten insgesamt ein Gesamtschienennetz von 11 700 km (289- Linien) geschätzt. Voraussetzung ist jedoch, dass weiterhin entsprechende öfentliche Investitionsmittel für die Stadtschienenprojekte zur Verfügung gestellt werden können. Die wesentlichen Bedingungen, die jede Stadt bei der Beantragung von Stadtschienenstrecken bzw. eines Stadtschienenverkehrsplanes für eine spätere Realisierung erfüllen muss, sind in [4] ausführlich dokumentiert und diskutiert worden. Die Hauptvoraussetzungen haben sich aber inzwischen erhöht und lauten: ƀǁ Budgeteinnahme der Stadt: > 10 Mrd. Yuan/ Jahr, ƀǁ BIP der Stadt: > 100 Mrd. Yuan/ Jahr, ƀǁ Bevölkerung der Innenstadt: > 3 Mio. und ƀǁ Verkehrsaukommen der geplanten Stadtschienenstrecke: > 30 000 Pers./ h und Richtung in der Spitzenstunde. Diese Voraussetzungen gelten als Leitfaden für die wachsenden kleineren Städte, damit rechtzeitig die notwendigen Verkehrsplanungen in den Bereichen des Stadtschienenverkehrs vorbereitet werden können. Für die im Rahmen dieses Beitrags behandelten Metropolen, wie Shanghai, Nanjing und Hangzhou, sind überwiegend Planungsfragen zu sinnvollen Verkehrsknoten und Abb. 2: Anzahl der chinesischen Städte und Klassiizierung nach Einwohnerzahl Bis Ende 2010 Im 12. Fünfjahresplan 2011 - 2015 Langfristplan bis 2020 bzw. 2050 Urbanisierungsgrad 1) 47,5 % 2) 51,5 % Ziel: 70 % Investitionen 450 Mrd. Yuan 1000 Mrd. Yuan ~ 100 Mrd. Yuan/ Jahr Streckenlänge 1 471 km (im Bau waren 1442 km) 2500 km 3) bis etwa 440 km/ Jahr etwa 400 Mio. Yuan/ km insgesamt 2020: etwa 6 100 km 2050: etwa 11 700 km Anzahl der Strecken 53 etwa 96 insgesamt 2020: etwa 177 2050: etwa 289 Anzahl der Stationen 977 etwa 1600 2020: etwa 3950 2050: etwa 7550 Quellen: Verkehrsministerium China (MoC), 2011, eigene Abschätzungen 1) Weltdurchschnitt ca. 50 %; Europa ca. 70 % 2) Tatsächlich etwa 35 % (siehe Thema Status Wanderarbeiter) 3) Fahrzeugmarkt Stadtschienenverkehr: 1000 bis 6000 Fahrzeuge/ Jahr bei 4-6 Wagen/ Fahrzeug Abb. 3: Investitionen in den chinesischen Stadtschienenverkehr Angestrebte ÖV- Anteile: - Städte größer 10 Mio. Einwohner: > 60 %, - Städte größer 3 Mio. Einwohner: > 40 %, - Städte größer 1 Mio. Einwohner: Abdeckung des Stadtzentrums in Umkreisen von 500 m. Hauptvoraussetzungen für die Beantragung von Stadtschienenstrecken lauten: - Budgeteinnahme der Stadt: > 10 Mrd. Yuan/ Jahr, - BIP der Stadt: > 100 Mrd. Yuan/ Jahr, - Bevölkerung der Innenstadt: > 3 Mio. und Verkehrsaufkommen der geplanten Schienenstrecke: > 30 000 Pers./ h und Richtung in der Spitzenstunde. Abb. 4: Vorgaben für Infrastrukturausbau im chinesischen Stadtverkehr/ Stadtschienenverkehr China hat 367 Provinzstädte (einschließlich 4-Stadtstaaten), davon: über 10 Mio. 11 Städte (extrem große) über 3,0 - 10 Mio. 166 Städte (super große) über 1,0 - 3 Mio. 119 Städte (große) über 0,5 - 1 Mio. 26 Städte (mittlere) unter 0,5 Mio. 45 Städte (kleine) infraStruktur ÖV in China Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 36 Standorten sowie zur Integration der vorhandenen Verkehrssysteme von entscheidender Bedeutung. Dazu gehören die Flughafenanbindungen, die als Verbindungen zu ausgewählten wichtigen Verkehrsknoten im Stadtbereich (Bahnhöfe des HGV- und IC- Verkehrs, des U- und S- Bahnverkehrs, des Bussowie des Taxiverkehrs) dienen. Modal Split im Öfentlichen Verkehr Durch den massiven Ausbau des Stadtschienenverkehrs in den Städten Chinas wächst der Anteil am Öfentlichen Verkehr (ÖV) beträchtlich. Das gesamte ÖV-Aufkommen Chinas in 2010 betrug 107,4 Mrd. Personen, d. h. 294,25- Mio. Pers./ Tag. Die durchschnittlichen modalen Anteile beim Verkehrsaukommen im gesamten chinesischen ÖV (Bus, Taxi, Schiene und Fähre) sind in Abbildung-5 dargestellt; der Busanteil lag am höchsten (bei 62,4 %), der Taxianteil bei 32,2 % und im Schienenverkehr lag der Verkehrsaukommensanteil bei nur 5,2 %; die restlichen Anteile lagen im Fährverkehr bei 0,2 %. Das gesamte städtische Jahresverkehrsaukommen in China im Jahre 2010 betrug 537 Mrd. Personen, d. h. 1,471- Mrd. Pers./ Tag. Der städtische ÖV- Anteil in Gesamtchina lag in 2010 bei dem niedrigen Wert von 20 %. Bis 2015 (Ziel am Ende des 12. Fünjahresplanes) wird in China ein durchschnittlicher ÖV-Anteil von 30 % angestrebt. Im Vergleich der vier Verkehrsträger im Stadtverkehr (Bus, Taxi, Schiene und Fähre) wird dagegen in den großen Städten Chinas bis Ende 2015 ein ÖV-Anteil von 50 % und davon für den Stadtschienenverkehr ebenfalls ein Anteil von 50 % gefordert. Für die Entwicklung des Verkehrsaukommens im ÖV sollen beispielhaft die wichtigen drei Städte des Changjiang-Delta-Gebiets (Shanghai, Nanjing und Hangzhou), Abbildung- 6, betrachtet werden. Shanghai Im Stadtstaat Shanghai (23 Mio. Einwohner) lag Ende 2010 das jährliche ÖV-Verkehrsaukommen bei 5,92 Mrd. Personen, d. h. bei 16,22 Mio. Pers./ Tag. Der ÖV-Anteil lag bei 33 %; Die modalen Anteile im Stadtverkehr Shanghais lagen Ende 2010 beim Bus in der Größenordnung von 47 %, beim Taxi von 19,5 %, bei der Schiene von 32 % und im Fährverkehr von 1,5 %. Ende 2015 soll in der großen Stadt Shanghai ein ÖV- Anteil von etwa 50 % erreicht werden, so auch der Anteil im Stadtschienenverkehr. Das gesamte Stadtschienennetz in Shanghai bestand Ende 2010 aus 12 Linien und hatte eine Gesamtstreckenlänge von 420 km. Bis Ende 2015 wird mit einem Ausbau auf eine Streckenlänge von 655 km gerechnet. Das Stadtschienennetz soll dann aus 14 Linien (U- und S-Bahn) bestehen. Im Stadtschienenverkehr Shanghais existiert seit 2002 noch eine 30 km lange Flughafenanbindung mit der Magnetbahn Transrapid, die bis 2015 um weitere 32 km verlängert werden soll (Verbindung zwischen dem internationalen Flughafen Pudong und dem regionalen in der Stadt liegenden Flughafen Hongqiao, der gleichzeitig seit 2011 auch der neue HGV/ IC-Bahnhof für die Strecke Beijing − Shanghai ist). Erwähnenswert ist noch, dass der Individualverkehr in Shanghai relativ hoch ist. Der Pkw-Bestand liegt bei 3,1-Mio., d. h. die Pkw- Dichte je 1000- Einwohner beträgt 135 und ist im Vergleich zu Gesamtchina um mehr als Faktor- 4 höher. Die Tendenz ist stark steigend. Nanjing In Nanjing, Hauptstadt der Provinz Jiangsu mit 8 Mio. Einwohnern, betrug das jährliche ÖV-Verkehrsaukommen Ende 2010 insgesamt 1,56- Mrd. Personen, d. h. 4,27- Mio. Pers./ Tag. Der ÖV-Anteil lag im Vergleich zu Shanghai um 10 % niedriger, also bei 23 %. Bei den modalen Anteilen überwiegt der Busverkehr mit einem Anteil von 67,3 %, d. h. etwa 20 % mehr als in Shanghai. Dies hängt mit dem etwa 20 % niedrigeren Stadtschienenanteil zusammen, der erst bei knapp 14 % liegt. Der Fähranteil bewegt sich unter 1 % (etwa 0,8 %). Auch die Stadt Nanjing strebt Ende 2015 einen ÖV-Anteil von 50 % an. Der Hauptsteigerungsanteil wird vom Stadtschienenverkehr erwartet; Ende 2010 hatte das Stadtschiennetz eine Länge von 81,6 km Abb. 5: Daten im chinesischen Stadtverkehr - Öfentlicher Verkehr (ÖV) Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 37 und bestand aus zwei U-Bahn-Linien. Bis Ende 2015 wird das Stadtschienennetz auf etwa 250 km ausgebaut und wird aus 8- Linien (U-/ S-Bahn) bestehen. Dazu wird auch die Flughafenanbindung mit einer neuen S- Bahn gehören. Die Stadt Nanjing hat ebenfalls einen hohen Individualverkehr; der Pkw-Bestand lag Ende 2010 bei etwa 0,75- Mio., d. h. die Pkw-Dichte auf 1000 Einwohner betrug etwa 94. Dies ist der dreifache Wert gegenüber dem Durchschnittswert in China. Hangzhou In der Stadt Hangzhou, Hauptstadt der Provinz Zhejiang mit 9- Mio. Einwohnern, lag das jährliche ÖV-Verkehrsaukommen Ende 2010 bei 1,55-Mrd. Personen, d. h. 4,25 -Mio. Pers./ Tag. Dies entspricht etwa den Werten der Stadt Nanjing mit dem Unterschied, dass Ende 2010 die Stadt Hangzhou noch keine Stadtverkehrslinien (U-Bahn) in Betrieb hatte. Dementsprechend sind die modalen Anteile im ÖV-Verkehr der Bus mit 83 % und das Taxi mit 17 %. In Anbetracht des laufenden massiven Baus des Stadtschienenverkehrs (U-Bahn) wird Ende 2015 ein ÖV-Anteil im Stadtverkehr Hangzhou von 60 % angestrebt. Dabei soll der Stadtschienenanteil bei 23 bis 50 % liegen. Die Netzlänge im Stadtschienenverkehr wird dann auf etwa 177 km wachsen und aus etwa 7-Linien bestehen. Im Individualverkehr verkehren in Hangzhou etwa 1,24-Mio. Pkw. Dies entspricht einer Pkw-Dichte von etwa 138-Pkw auf 1000 Einwohner. Dies ist etwa der vierfache Wert gegenüber dem Durchschnittswert in China und vergleichbar mit der Pkw-Dichte in Shanghai. fazit In China werden bis zum Jahre 2020 die meisten Städte mit mehr als 1-Mio. Einwohner erwartet. Insofern investieren die Zentral-, Provinz- und Stadtregierungen in einen zusätzlichen Schwerpunkt, den Stadtverkehr, bzw. verstärkt in den Stadtschienenverkehr. In den Aubau der Infrastruktur ließen jährlich etwa 22-Mrd.-EUR, in die Fahrzeuge etwa 960- Mio.- EUR. Im Mittel baut China jährlich etwa 400 km Stadtschienenstrecken für U-/ S-Bahnen und pro Jahr werden etwa 1200 Wagen benötigt. Die speziischen Investitionskosten liegen für U-Bahnstrecken zwischen 40 und 60- Mio.- EUR je Doppelkilometer. Die aufgeständerten S-Bahnstrecken sind um etwa 1/ 3 kostengünstiger. Neue Bahnsysteme für den Stadt- und regionalen Nahverkehr als „low-cost maglev train“ werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Denn in Anbetracht des Mottos „grüne Verkehrstechnik“ sind diese Bahnsysteme den konventionellen Eisenbahnsystemen infolge der niedrigen Geräuschbelastung und der günstigen Betriebskosten durch geringere Instandhaltung an Fahrzeugen und Fahrwegen überlegen. China ist das dritte Land, neben Japan und Korea, in dem konkrete Anwendungen der Magnetbahn im Stadtverkehr in den nächsten Jahren realisiert Abb. 6: Öfentlicher Verkehr in den Städten Shanghai, Nanjing und Hangzhou Abb. 7: Chinesische Magnetbahn „ low-cost Maglev train“ für den Stadtverkehr infraStruktur ÖV in China Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 38 werden. Dazu muss abschließend angemerkt werden, dass Deutschland das einzige Land ist, das die umfangreichsten Forschungen und Entwicklungen sowie Erprobungen auf Testanlagen der unterschiedlichen Magnetbahnsysteme für niedrige, mittlere und hohe Geschwindigkeiten aufzuweisen hat (etwa im Zeitraum von 40 Jahren, ab 1969/ 71). LITERATUR [1] SHI, YUANFEI; MNICH, PETER: Ansätze integrierter Verkehrskonzepte; Internationales Verkehrswesen (63) 4/ 2011. [2] MNICH, PETER; SHI, YUANFEI: Auszüge aus den Vorträgen: „Eisenbahn- und Magnetbahnsysteme sowie Flughafenanbindungen in China“ im Rahmen des Internationalen Alumni-Seminars am Chinesisch-Deutschen Hochschulkolleg (CDHK) der Tongji Universität Shanghai, 6. Okt. 2009; „Systemplanung von elektrischen Bahnprojekten weltweit − Projektbeispiele im Hochgeschwindigkeitsverkehr, Stadtschienenverkehr und bei Flughafenanbindungen“ im Rahmen des Internationalen Alumni-Seminars an der TU Berlin, am 20. Sept. 2010, Internationales Alumni-Programm des DAAD; jährliche Seminare im Rahmen der DAAD/ CDHK Summer School im September 2010 und zuletzt im August 2011 am CDHK in Shanghai . [3] SHI, YUANFEI: Die verkehrliche und technisch-betriebliche Bedeutung der Integration des Eisenbahn- und Luftverkehrs in China. Vorläuiger Arbeitstitel der Doktorarbeit (in Bearbeitung) am Fachgebiet Betriebssysteme elektrischer Bahnen, TU Berlin; gefördert von der Erich-Becker-Stiftung, eine Stiftung der Fraport AG zur Förderung der Wissenschaft und Forschung. [4] SHI, YUANFEI: Integration chinesischer Flughäfen in das Streckennetz des Bahnverkehrs am Beispiel der Flughafenanbindung Nanjing. Diplomarbeit am Fachgebiet Betriebssysteme elektrischer Bahnen, TU Berlin, Dez. 2007; gefördert von der Erich-Becker- Stiftung, eine Stiftung der Fraport AG zur Förderung der Wissenschaft und Forschung. Ausgezeichnet mit dem Werner von Siemens Excellence Award 2008 (Siemens AG). [5] German.CHINA.ORG.CN vom 21.01.2012; CHINA DAILY vom 21.01.2012. [6] WITT, MICHAEL; FRITZ, ECKERT: Maglev 2011 in Südkorea; eb 109 (2011), Heft 12. [7] WITT, MICHAEL; FRITZ, ECKERT: Zur Historie der Magnetbahnentwicklung und deren heutige Marktchancen; eb 110 (2012), Heft 1/ 2. [8] MNICH, PETER: Magnetbahn erhält weltweit neue Chancen; ETR 10/ 2011. wEITERFÜHRENdE LITERATUR BLUE BOOK OF CHINA’S REGIONAL DEVELOPMENT 2010 − 2011 BLUE BOOK OF CHINA’S ECONOMY 2011 BLUE BOOK OF TRAFFIC TRANSPORTATION 2011 Alle drei Bücher veröfentlicht bei SSAP SOZIAL SCIENCES ACA- DEMIC PRESS (CHINA), 2011. Yuanfei Shi, Dipl.-Ing. Wiss. Mitarbeiterin/ Doktorandin 1) Technische Universität Berlin Fachgebiet Betriebssysteme elektrischer Bahnen yuanfeishi@hotmail.com Peter Mnich 2) , Prof. Dr.-Ing. Sprecher der Geschäftsführung, IFB Institut für Bahntechnik GmbH, Berlin, Technische Universität Berlin, Fachgebiet Betriebssysteme elektrischer Bahnen 3) mn@bahntechnik.de; peter.mnich@tu-berlin.de 1) Gefördert von der Erich-Becker-Stiftung, eine Stiftung der Fraport AG zur Förderung der Wissenschaft und Forschung. 2) Technischer Berater des Eisenbahnbüros der Provinz Jiangsu, China 3) Kooperationen mit dem Chinesisch-Deutschen Hochschulkolleg (CDHK) der Tongji Universität Shanghai und der Nanjing University of Science & Technology (TU Nanjing). Das jährlich neu aufgelegte Statistik-Handbuch „Verkehr in Zahlen“ gibt eine aktuelle und zuverlässige Übersicht zu allen Daten und Fragen der Mobilität und Verkehrswirtschaft. Auf der CD beinden sich umfangreiche Daten, die sich direkt oder als Graik leicht weiterverarbeiten lassen. Herausgeber ist das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Weitere Informationen, das komplette Inhaltsverzeichnis sowie das Vorwort inden Sie unter www.eurailpress.de/ VIZ Der Verkehr in Tabellen, Zahlen und Übersichten Ein Standardwerk zur Entwicklung von Verkehr und Verkehrswirtschaft Technische Daten: ISBN 978-3-87154-456-9, 368 Seiten, Format 135 x 180 mm, Broschur, Preis : € 51,50 mit CD-ROM inkl. MwSt., zzgl. Porto Kontakt: DVV Media Group GmbH · Telefon: +49/ 40/ 2 37 14 - 440 · E-Mail: buch@dvvmedia.com In die Forschung, Entwicklung, Erprobung und Zulassung sind in Deutschland Finanzmittel von über 2- Mrd.- EUR von Bund, Ländern und Industrie gelossen; eine kommerzielle Anwendung der Magnetbahn in Deutschland im Fern-, Regional- oder Nahverkehr ist jedoch bis heute nicht gelungen [6,-7,-8]. ɷ infraStruktur Verkehrsplanung Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 39 Shared Space − Vorfahrt für Kooperation Shared Space ist eine Planungsphilosophie, die in vieler Hinsicht ein Umdenken erfordert. Schließlich versucht dieser Ansatz in einem der am stärksten geregelten Bereiche, dem Verkehr, Restriktionen und Vorrechte abzubauen - und zwar zugunsten von Kommunikation und Gestaltung. Erfahrungen am Beispiel Umbau des Bahnhofplatzes in Konstanz. D er Anglizismus Shared Space ist in aller (Planer-)Munde. Entgegen vieler Spekulationen, was einen „Shared Space“ ausmacht, ist die Grundidee des Hans Monderman nicht schwer zu verstehen und auch nicht so neu, wie oft behauptet wird. Hans Mondermans Grundidee Straßen zeichnen sich in der Regel durch die Funktionen: Erschließung, Verbindung und Aufenthalt aus. In Zeiten der autogerechten Stadt, deren Planungsauswirkungen noch heute verschiedenenorts erlebbar sind, wurden primär die Aspekte Erschließung und Verbindung berücksichtigt. Mondermans Grundidee ist, dass den öfentlichen Straßenräumen wieder mehr Aufenthaltsfunktion zukommt. Die Verkehrsteilnehmer müssen miteinander kommunizieren. Dies ist nur bei verminderten Fahrgeschwindigkeiten möglich, so dass Schwächere durch die Stärkeren auch wahrgenommen werden können. Hierfür ist wichtig, dass das Sehen und Gesehenwerden durch die Schafung großzügiger Sichtbereiche ermöglicht wird. Die Straße muss einfach zu verstehen sein. Seine Grundidee bedeutet ein Mehr an Verkehrssicherheit. Jene Grundidee enthält aber noch einen anderen, sehr aktuellen Gedanken: Beteiligung der Öfentlichkeit an Planung, die als Kooperation, also auf gleicher Augenhöhe stattindet. Sein Anspruch war es, dass möglichst viele Akteure frühzeitig und prozessbegleitend einbezogen werden. Ebenso sollen die Planenden im Sinne einer „Advokatenplanung“ handeln und den Entwurf durch hinzugewonnenes lokales Expertenwissen sowie die Planungsideen der „Laien“ bereichern. Es geht darum, eine Straße für alle zu planen, die auch von allen akzeptiert wird. Die mit der Verbesserung der Aufenthaltsqualität verbundene Wiederaneignung des öfentlichen Raums ist nur konsequent für moderne Demokratien; schon im antiken Griechenland fand das demokratische Leben „auf der Straße“ statt. Die Autoren: Sascha Baron, Christoph Menzel Abb. 1: Vorentwurfsplanung Bahnhofplatz Konstanz (Stand 2010) Graik: Stadt Konstanz infraStruktur Verkehrsplanung Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 40 Beteiligungsformen in Deutschland Es gibt zwischenzeitlich eine Vielzahl an Beteiligungsformen und -verfahren, die angewendet werden können. Leider ist deren Anwendung auch heute noch nicht selbstverständlich. Gründe dafür liegen im zeitlichen und damit verbundenen Kostenaufwand, häuig aber auch im Fehlen eines situations- und vorhabenangepassten Beteiligungskonzepts. Bei der Beteiligung wird in vier Beteiligungsintensitäten unterschieden. Sie diferieren in der Kommunikationsrichtung zwischen Planenden, Beteiligten, Politik und Öfentlichkeit. ƀǁ Erkunden von Interessen und Meinungen ƀǁ Informieren, Fördern von Meinungsbildung ƀǁ Beteiligen, Mitwirken ƀǁ Kooperieren. Im konkreten Fall des Planungsprojekts Bahnhofplatz Konstanz wurde von der Ideenphase bis zu aktuell laufenden Ausführungsplanung eine intensiver werdende Mischung dieser vier Beteiligungsformen gewählt. konstanzer Modell einer Begegnungszone In Konstanz soll der Bahnhofplatz umgebaut werden. Durch die besonderen verkehrlich-städtebaulichen Gegebenheiten vor Ort wurde keine standardisierte Umbauplanung gewählt (Baron, Menzel 2010). In der Schweizerischen Nachbarstadt Kreuzlingen wurde Anfang 2011 die Hauptstraße, ein mit etwa 8000 Fahrzeugen im DTV belasteter Straßenabschnitt, umgebaut und als Begegnungszone gewidmet. Baulich orientiert sich das Konstanzer Beispiel u. a. daran. Verkehrsrechtlich greift man zunächst auf die Widmung als „verkehrsberuhigten Geschäftsbereich“ mit einem Tempolimit von 20 km/ h zurück. Bereits im Herbst 2008 gab es erste Workshops mit der Öfentlichkeit, in denen man sich zunächst nur der allgemeinen Thematik des Straßenumbaus nach „neuen Regeln“ widmete. Diese Öfentlichkeitsbeteiligung wurde - unterbrochen von reinen Planungsphasen - schrittweise intensiviert. Doch selbst die Planungsphasen selbst wurden nicht rein durch eine Konstellation aus Stadtverwaltung und Planungsbüros durchgeführt. Alle Sitzungen der „Arbeitsgruppe Bahnhofplatz“ wurden interdisziplinär geführt und von zahlreichen Externen sukzessive ergänzt. Feste Teilnehmer der Arbeitsgruppe sind - neben den städtischen Fachämtern - die Deutsche Bahn AG als Eigentümer einer Teilläche, die TU Kaiserslautern als externe Berater, die planenden Büros, die Polizei Konstanz, die Stadtwerke Konstanz und der Behindertenbeauftragte der Stadt. Diese Arbeitsgruppe befasste sich nicht nur mit der Planung sondern gleichzeitig mit der Öfentlichkeitsbeteiligung. Auf diese Weise konnte auf einige interne Abstimmungsmodalitäten weitgehend verzichtet werden. Ausgehend von den eher allgemein gehaltenen Workshops im Herbst 2008 gab es bis dato zwei weitere, jeweils detailliertere und konkretisierte Workshops, Beteiligungsrunden und Fachexkursionen vor allem mit Betrofenen und Anliegern, denen ein dritter Workshop im Rahmen des aktuell beschlossenen zunächst provisorischen Umbaus folgen wird. Erste Beteiligungsrunde november/ Dezember 2009 Schon zu diesem Zeitpunkt spielten gruppenspeziische Fragestellungen eine besondere Rolle. So wurden Anfang November 2009 an zwei aufeinander folgenden Tagen als erstes Mobilitätseingeschränkte und Anlieger mit den groben planerischen Ideen konfrontiert. Einen Monat später und von diesen ersten Beteiligungen beeinlusst folgte eine Veranstaltung für die allgemeine Öfentlichkeit. Die gesammelten Anregungen aller drei Veranstaltungen wurden für die politische Debatte aubereitet und dokumentiert. Ergänzt wurde noch eine öfentlich dokumentierte Fachexkursion mit Fachvertretern und Gemeinderäten im Dezember 2009 zum Umsetzungsbeispiel „Neue Mitte Ulm“. Im März 2010 folgte dann in zwei Runden die öfentlich-politische Grundsatzdebatte zum Projekt. Der Gemeinderat der Stadt Konstanz beschloss dann im März 2010 die Vorentwurfsplanungen, die zunächst parallel von zwei Planungsbürogemeinschaften in Konkurrenz erstellt wurden, von einem Büro weiterführen zu lassen. Die Ergebnisse der bis dahin vorliegenden Vorentwurfsplanungen sollten in einer weiteren Intensivierungsstufe der Öfentlichkeit vorgestellt und Anregungen Abb. 2: Begegnungszone Hauptstraße Kreuzlingen Foto: Menzel Abb. 3: Bahnhofplatz Konstanz (Stand 2010) Foto: Baron/ imove Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 41 eingeholt werden. Diese intensive Öfentlichkeitsbeteiligung wurde auf Antrag der Stadtverwaltung neben dem reinen Planungsbeschluss separat beschlossen. Damit war nicht nur der planerische Grundsatz mit einem demokratisch gefällten Beschluss verankert, sondern auch die Art und Intensität der projektbezogenen Beteiligungen. Workshop april 2010 Am 16.4.2010 fand ein ganztägiger, öfentlicher Workshop statt, der sich speziell mit den Belangen mobilitätseingeschränkter Menschen befasste. Der Ablaufplan sah eine Zweiteilung in einen gemeinschaftlichen Fachteil vormittags und Kleingruppenarbeit am Nachmittag vor. Die Moderation des Workshops übernahm ein Lokalredakteur der hiesigen Tagespresse, um einerseits Neutralität gegenüber der Verwaltung zu wahren und andererseits eine erweiterte Öfentlichkeitswirksamkeit des Termins selber zu erzielen. Nach einem Impulsvortrag über Beteiligungsformen für Mobilitätseingeschränkte bei kommunalen Planungen wurde von Seiten des planenden Konsortiums die Vorentwurfsplanungen vorgestellt. Die Planungsinhalte wurden verbal und optisch dargestellt, zusätzlich jedoch anhand einer zuvor ausgeteilten blindenlesbaren Broschüre. Die Folien des Powerpoint-Vortrags stimmten inhaltlich mit den Seiten der Broschüre überein. Die mehrseitige Broschüre zeigte in mehreren Layern die einzelnen gestalterischen Elemente des Bahnhofplatzes. Ausgehend von der Gesamtübersicht mit Gebäudekanten und Fahrbahnkanten enthielt die Darstellung Baumstandorte, Möblierungen und weitere Flächenelemente. Die Darstellung erfolgte über einen lüssigen Kunststof, der auf eine feste Papierschicht aufgebracht wird und somit erhaben erscheint und ertastbar ist. Die Beschriftung erfolgte mit Braille- Schrift. Gedruckt wurde die Broschüre in 25-facher Ausführung in der Blindenbibliothek Zürich. Für Hörgeschädigte waren über den gesamten Workshop zwei Gebärdendolmetscherinnen anwesend. Abschließend erfolgte die Zuordnung in die Kleingruppen, die über bestimmte, gruppenspeziische Anforderungen diskutierten. Die größte Gruppe stellte dabei die der Gehbehinderten, was auch den realen Begebenheiten am ehesten entspricht. Vor allem die Tatsache, dass auch gesunde Menschen mit vorübergehenden Handicaps (wie schweres Gepäck, Kinderwagen oder heilbaren körperlichen Einschränkungen) zu dieser Gruppe gehören, ist ausschlaggebend für eine erhöhte Aufmerksamkeit, die dieser Gruppe zuteil wurde. Die zweitgrößte Gruppe befasste sich vor allem mit Sehbehinderungen. Diese Gruppe schließt vor allem auch eine größer werdende Gruppe älterer Menschen ein, deren Sehvermögen stetig nachlässt. Die dritte Gruppe befasste sich mit den Belangen kognitiv eingeschränkter Menschen, deren Hauptanspruch darin liegt, die Gestaltung vor Ort möglichst einfach und verständlich zu halten. Hauptaugenmerk lag bei allen drei Gruppen auf dem Aspekt der Überquerbarkeit des gemeinsam genutzten Fahrbahnbereichs. Ein weiterer Aspekt war die Zugänglichkeit zu den öfentlichen Verkehrsmitteln vor Ort. Die Aufwertung der Seitenbereiche, die geplante Qualität der Möblierung und die Toilettenverfügbarkeit wurden von allen Seiten als deutliche Verbesserung gegenüber dem heutigen Zustand erwähnt. Alle drei Gruppenbesprechungen wurden separat moderiert und protokolliert, die Ergebnisse der Gruppen wurden abschließend allen vorgestellt und in aubereiteter Form im Internetangebot der Stadt Konstanz bereitgestellt. Die Protokollinhalte sind vertraglich abgesicherte Basis der anschließenden Entwurfsplanung, ebenso die aktive Teilnahme des Planungskonsortiums am gesamten Beteiligungsvorgang. Damit ergab sich auch das Arbeitspaket der bereits genannten interdisziplinären Arbeitsgruppe, die die konkreten Änderungswünsche auf Umsetzbarkeit prüfte, und auch eine Abwägung für konkurrierende Änderungswünsche vornahm. Die Art und Intensität der Beteiligung wurde von allen Anwesenden ausdrücklich gelobt. Verbesserungsvorschläge zum Ablauf und der Methodik des Workshops wurden nicht geäußert. Es wurde jedoch vorgeschlagen, die Broschüre, deren Beschriftung ausschließlich mit Braille-Schrift versehen war, noch um eine erhabene Beschriftung mit lateinischen Buchstaben zu ergänzen, da nur sehr wenige Blinde die Braille-Schrift lesen können, lateinische Buchstaben aber ertastbar sind. Die Kosten für den Workshop beliefen sich auf insgesamt ca. 12 000-EUR. konzept zweiter Workshop mit Orts- und Materialbegehung Mit Hilfe des Workshops im April 2010 wurden die besonderen Belange mobilitätseingeschränkter Personen identiiziert und gemeinsam diskutiert. Hierbei stand auch eine Sensibilisierung der individuellen Ansprüche (z. B. Gehbehinderte, Blinde, Kinder) an den Verkehrsraum im Vordergrund. Diese Er- Abb. 4: Detailansicht blindenlesbare Broschüre Foto: Baron/ imove Abb. 5: Gruppensitzung im Rahmen des Workshops vom 16.4.2010 Foto: Menzel/ Baron infraStruktur Verkehrsplanung Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 42 kenntnisse lossen bereits in den Abwägungsprozess für die Ausführungsplanung ein. Aus dem zwischenzeitlich beschlossenen provisorischen Umbau des Bahnhofplatzes ergibt sich die Chance, das verkehrliche Prinzip einer Begegnungszone - also den beabsichtigten Betrieb - im Entwurfsraum erlebbar zu machen. Das allein genügt jedoch nicht: Gerade der Einbau und die Materialwahl haben für mobilitätseingeschränkte Menschen und natürlich für die Stadtgestalt weitreichende Auswirkungen, die auf Jahrzehnte festgelegt werden und daher einer frühzeitigen Überprüfung bedürfen. Die vierte Stufe der Beteiligung und Kooperation setzt daher auf eine Kombination aus Workshop sowie Orts- und Materialbegehung. Der Sachstand der Ausführungsplanung soll durch eine Auswahl der in Frage kommenden Materialien sowie der geplanten Einbauarten für ein Teilstück als Muster eingebaut werden. Im Rahmen der Orts- und Musterbegehung ist vorgesehen, dass nicht nur die bisher beteiligten mobilitätseingeschränkten Personen, sondern auch die politischen Entscheider und Planer sowie weitere Interessierte einbezogen werden. Wichtig hierbei ist, dass es nicht um einen Umbau ausschließlich für Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen geht: Es zählen auch z. B. Eltern mit Kinderwagen oder Reisende mit Gepäck zur Gruppe der Mobilitätseingeschränkten. All diese formulieren ähnliche Ansprüche hinsichtlich der Barrierefreiheit des öfentlichen Verkehrsraums und sind nicht nur bei intermodalen Verkehrsknotenpunkten wie im vorliegenden Beispiel betrofen. Mit Hilfe unterstützender Methoden sollen die jeweiligen Einschränkungen für alle Akteure simuliert und erlebbar gemacht werden. Der Grad der Barrierefreiheit der beabsichtigten Materialien und Einbauarten wird hierdurch überprüft. Als Hilfsmittel sollen dabei sowohl z. B. Rollstühle und Rollatoren, Dunkelbrillen, ggf. Age-Explorer und ähnliche Materialien zum Einsatz kommen. Es wird auch angestrebt die unterschiedlichen wetterabhängigen Zustände der Materialoberlächen zu simulieren; gerade bei Nässe können zusätzliche Probleme identiiziert werden. Durch den kombinierten Workshop wird nicht nur eine Lösungsindung anhand der gemeinsam gemachten Erfahrungen angestrebt. Auch eine weitreichende Akzeptanz der endgültig umgebauten Situation durch die unterschiedlichen Personengruppen wird so erst möglich. Die Ergebnisse dieser Beteiligungsstufe bilden eine wesentliche Grundlage für die endgültige Materialauswahl im Rahmen der Ausführungsplanung. Empfehlungen und Übertragbarkeit Gerade intermodale Verkehrsknotenpunkte, wie insbesondere Bahnhofplätze, bedürfen im Rahmen eines Umbaus einer guten und intensiven Beteiligungskultur. Der für den Bahnhofplatz frühzeitige und kontinuierliche Ansatz kann aber auch für andere verkehrsrelevante Umbauprojekte adaptiert werden. Grundsätzlich sollte mit Beginn eines Vorhabens gleichzeitig ein situationsangepasstes integratives Beteiligungskonzept erstellt werden; hier kann von Shared Space gelernt werden. Das Beispiel Konstanz kann durch das Aufgreifen dieser kooperativen Beteiligung durchaus als Vorzeigebeispiel gelten. ɷ Grundsätze für beteiligungsformen mobilitätseingeschränkter Personengruppen Folgende Grundsätze bezüglich der Beteiligung insbesondere Mobilitätseingeschränkter sollten bei Neu- und Umbauprojekten in sensiblen Stadträumen unbedingt eingehalten werden: ƀǁ Bildung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe unter Einbezug des städtischen Behindertenbeauftragten bzw. den wichtigsten Behindertenverbänden, falls diese Position nicht besetzt ist. ƀǁ Die Beteiligung im Rahmen der Budgetierung des Projekts mit bis zu 5 % der Projektsumme verankern, ggf. weitere städtische Budgets (Öfentlichkeitsarbeit, Stadtmarketing) anzapfen. ƀǁ Bürgerinformation und Workshoptätigkeit bereits in der Phase der Ideensammlung ƀǁ Intensive Beteiligung in jeder neuen Planungsphase; orientieren kann man sich dabei an der HOAI. ƀǁ Bei neuen Planungsansätzen den Planungsprozess unbedingt wissenschaftlich begleiten lassen und ausführlich dokumentieren. Den Fokus auf wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich der Barrierefreiheit bzw. der Integration von Mobilitätseingeschränkten legen, alle anderen kommen dann automatisch mit. ƀǁ Bürger und Mobilitätseingeschränkte kreativ in den Planungsprozess eingreifen lassen. ƀǁ Unbedingt zwischen konkurrierenden Ansprüchen Mobilitätseingeschränkter moderieren. Baulich bedingte Fehler können später schlecht korrigiert werden. ƀǁ Unbedingt sollten die Planenden die Sichtweise Mobilitätseingeschränkter selbst erfahren. Blindenleittrainer und Behindertenverbände bieten überall solche Musterbegehungen mit Dunkelbrille bzw. Rollstuhl an. ƀǁ Alle Arten von Einschränkungen (Sehbehinderungen, Hörbehinderungen, Bewegungseinschränkungen, kognitive Einschränkungen) müssen bekannt und sowohl im Beteiligungsals auch im Abwägungsprozess berücksichtigt werden. ƀǁ Planunterlagen sollten blindenlesbar (ggf. unter Verzicht auf Braille-Schrift) in taktilen Schichten dargestellt werden. Die Erstellung solcher Unterlagen sollte im Rahmen der HOAI-Verträge verbindlich eingefordert werden. Die aktuelle HOAI bietet hierfür die Möglichkeit der freien Verhandlung von Vergütungen. ƀǁ Eine Musterbegehung entweder auf einem vergleichbaren Materialparcours, auf einem provisorischen Umbauabschnitt oder auf einer realitätsgetreuen Musterläche sollte nur für Projekte durchgeführt werden, in denen der Straßenraum nicht standardisiert umgebaut wird. In diesen Fällen gilt jedoch: je realitätsnäher, desto besser. ƀǁ Der gesamte Prozess ist ständig aktuell zu dokumentieren. Am besten eignen sich hierfür interaktive Internetportale. LEITFAdEN Christoph J. Menzel, Prof. Dr.-Ing. Professor für Verkehrskonzepte und Angebotsplanung im Öfentlichen Verkehr an der Hochschule Ostfalia und freiberulicher Verkehrsplaner Ch.menzel@ostfalia.de Sascha Baron, Dipl.-Ing. Wissenschaftlicher Mitarbeiter Institut für Mobilität und Verkehr Technische Universität Kaiserslautern Sascha.baron@imove-kl.de LITERATUR BARON, SASCHA; MENZEL, CHRISTOPH: „Niederländische Shared Spaces und Schweizer Begegnungszonen - Planerische Herangehensweise am Beispiel des Projektes Umbau des Bahnhofplatzes von Konstanz“, in: Der Nahverkehr, Ausgabe 10/ 2010, S. 52-60, Düsseldorf 2010. BMLFUW (Hrsg.): Partizipation & nachhaltige Entwicklung in Europa, online abrufbar unter: http: / / www.partizipation.at - letzter Zugrif: 31.08.2011 FGSV (Hrsg.)(in Vorbereitung): Hinweise zur Beteiligung und Kooperation in der Verkehrsplanung, Köln. GERLACH, JÜRGEN: Shared Space, und alles wird gut? − Neue Analysen und Bewertungen. in: Straßenverkehrstechnik, Vol. 54 1/ 2010, S. 32-41. ILS NRW (Hrsg.): Nachhaltige Verkehrspolitik - Akteure und Prozesse - Ein Leitfaden, ILS NRW Schriften 206, Dortmund 2007. LUTZ, SABINE: Shared Space ist kein Verkehrskonzept. in: Mobilogisch! 3/ 2009, S. 43-44. SCHWAB, ARNDT: Straßengestaltung aus Fußgängersicht. Was leisten Shared Space, Begegnungszonen und Verkehrsberuhigte Bereiche? in: Verkehrszeichen 2/ 2010, S. 14-20. Stadt Konstanz: http: / / www.konstanz.de/ umwelt/ 01029/ 02010/ 03748/ index.html? lang=de Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 43 infraStruktur Wissenschaft D er Schienenpersonenfernverkehr steht hingegen seit längerem in der Kritik, nicht zuletzt durch die Aufgabe des InterRegios vor rund zehn Jahren und den damit verbundenen Rückzug des SPFV aus einigen Teilen Deutschlands. Wie steht es aber um die Erschließung der Regionen? Führte die Konzentration des DB-Fernverkehrs auf Hochgeschwindigkeitsstrecken zu einer Verschlechterung der Anbindung der Fläche? Um einen Beitrag zur weiterhin sehr lebhaften Diskussion um die Qualität und Zukunft des SPFV in Deutschland zu leisten, wurde am Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb der TU Berlin eine Untersuchung durchgeführt, die eine objektive Bewertung der räumlichen Erschließungsqualität des deutschen SPFV ermöglicht und fundierte Aussagen über den Status Quo des SPFV in der Bundesrepublik erlaubt. Methodischer ansatz Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass das Verkehrsangebot auf der Schiene im Gegensatz zum Straßenverkehr neben der „materiellen“ Infrastruktur auch durch eine „immaterielle“ Infrastruktur bestimmt wird (vgl. Abbildung-1). Der Fahrgast der Eisenbahn ist eben nicht in der Lage, direkt Fahrweg, Bahnhöfe, Fahrzeuge für die Fortbewegung zu nutzen, sondern nur indirekt über das von den Eisenbahnverkehrsunternehmen unterbreitete Angebot aus Fahrplan- und Preissystemen und den verbundenen sonstigen Serviceleistungen. Für eine Beschreibung der Angebotsqualität im Bahnverkehr ist daher über die „materielle“ Infrastruktur hinaus auch zwingend die Qualität der „immateriellen“ Infrastruktur zu erfassen. Diese ist jedoch nur empirisch für einen deinierten Stichtag messbar, da Fahrtfrequenzen, Umsteigezeiten und Fahrpreise grundsätzlich durch den Anbieter geändert werden können und deshalb von Fahrplanzustand zu Fahrplanzustand unter Umständen erheblich diferieren können. Aus diesem Grund muss am Beginn einer Untersuchung die empirische Erhebung von Daten aus einem Fahrplan stehen, danach kann deren Analyse und schließlich die Aubereitung und Bewertung der erhaltenen Ergebnisse erfolgen. Datenerhebung Im Rahmen dieser Studie wurde für den Stichtag 13.- Oktober 2010 in der Zeit von 4.00- Uhr bis 1.00- Uhr des Folgetages das Eisenbahn-Verkehrsangebot auf 2485 Relationen zwischen 71 deutschen Oberzentren und Mittelzentren mit Qualitative und raumordnerische Schwächen im deutschen SPFV 18 Jahre nach dem Start der Bahnreform am 1.-Januar-1994 hat sich der Schienenverkehrsmarkt in Deutschland grundlegend verändert. Im Nahverkehr (SPNV) verzeichneten Fahrzeugkomfort und Fahrplanangebot einen Qualitätssprung; zudem entfaltete sich ein reger Wettbewerb. Auch im Güterverkehr entwickelten sich Verkehrsleistung und Wettbewerb im Sinne der Bahnreform, sodass diese beiden Teilmärkte des Schienenverkehrs in der Regel als positive Beispiele für die Efekte der Bahnreform angesehen werden können. Der Autor: Stephan Bunge Abb. 1: Materielle und immaterielle Bestandteile des Verkehrsangebots im Schienenpersonenverkehr infraStruktur Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 44 Fahrplandaten nur die für den Fahrgast relevanten Zugverbindungen auszuwählen, d. h. die wahrscheinliche Kundennachfrage über den Tagesverlauf abzubilden. Diese Auswahl erfolgt mithilfe eines Punktesystems, das auf der Reisezeit und einer Gewichtung des Umsteigeaufwandes beruht. Eine langsamere, aber umsteigefreie Verbindung kann somit attraktiver eingestuft werden als eine gleichzeitig verkehrende schnellere Verbindung, die einen oder mehr Umsteigevorgänge erfordert (vgl. Abbildung-2). Mit den erhobenen Zugverbindungen wird für jede Relation eine Anzahl von Indikatoren berechnet, welche die Angebotsqualität aus Kundensicht abbilden sollen. Die Deinition der dafür relevanten Fahrgastpräferenzen erfolgte auf Grundlage einer Fahrgastbefragung aus dem Jahr 2008, welche die Grundlage einer Studie im Auftrag des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen bildete (vgl. Abbildung-3). Die zu berechnenden Indikatoren sind: ƀǁ für den Preis: Fahrpreis pro Kilometer ƀǁ für die Frequenz: Zahl der Verbindungen ƀǁ für die Reisezeit: Abweichung Bahn-Reisezeit/ Pkw-Reisezeit, Umwegfaktor Bahn/ Pkw ƀǁ für den Umsteigeaufwand: Umstiege pro 100 km, durchschnittliche Zeit pro Umstieg, Anteil Umsteigezeit/ Reisezeit ƀǁ für die Geschwindigkeit: Beförderungsgeschwindigkeit ƀǁ für die Ausstattung/ Service: Anteil SPFV-Züge an der Strecke Datenanalyse und -bewertung Mithilfe der dargestellten Indikatoren kann eine Aussage über die Qualität der Elemente eines Verkehrsangebotes auf einer Relation getrofen werden. Eine Einordnung und ein Vergleich der Qualität dieser Elemente sind damit allerdings ebenso wenig möglich wie die Beziferung der oberzentraler Teilfunktion (MOZ) erfasst. Die Auswahl der einzubeziehenden Städte erfolgte nicht auf Grundlage der Einwohnerzahlen, sondern aufgrund raumordnerischer Kriterien, um eine lächendeckende und repräsentative Verteilung über das Untersuchungsgebiet zu erreichen. Der Fahrplan ermöglicht allerdings pro Relation oftmals eine Reihe von gleichzeitig verkehrenden Zugverbindungen (mit zum Teil unterschiedlichen Laufwegen), die im Hinblick auf verschiedene Kundenpräferenzen sinnvoll sind, also besonders preisgünstig aber zeitaufwändig oder besonders schnell, aber mit vielen Umsteigevorgängen verbunden sind. Da sowohl die Auswahl einer einzigen - eventuell der zeitschnellsten - als auch aller möglichen Zugverbindungen zwischen zwei Städten das Ergebnis verzerren würde, ist es erforderlich, für die Erfassung der Halt ab an um Dauer Produkte Punkte Erfurt Hbf 17: 27 21: 31 1x 04: 04 ICE, ICE 262 Erfurt Hbf 19: 27 23: 31 1x 04: 04 ICE, ICE 262 Erfurt Hbf 11: 27 15: 32 1x 04: 05 ICE, ICE 263 Erfurt Hbf 13: 27 17: 32 1x 04: 05 ICE, ICE 263 Erfurt Hbf 15: 27 19: 32 1x 04: 05 ICE, ICE 263 Erfurt Hbf 09: 23 13: 32 1x 04: 09 ICE, ICE 267 Erfurt Hbf 07: 21 11: 32 1x 04: 11 ICE, ICE 269 Erfurt Hbf 10: 22 14: 33 1x 04: 11 ICE, ICE 269 Erfurt Hbf 15: 21 19: 32 1x 04: 11 ICE, ICE 269 Erfurt Hbf 06: 21 10: 33 1x 04: 12 ICE, ICE 270 Erfurt Hbf 08: 21 12: 33 1x 04: 12 ICE, ICE 270 Erfurt Hbf 16: 21 20: 33 1x 04: 12 ICE, ICE 270 Erfurt Hbf 18: 21 22: 41 1x 04: 20 ICE, ICE 278 Erfurt Hbf 07: 27 11: 32 2x 04: 05 ICE, ICE, ICE 281 Erfurt Hbf 09: 27 13: 32 2x 04: 05 ICE, ICE, ICE 281 Erfurt Hbf 08: 27 12: 33 2x 04: 06 EC, ICE, ICE 282 Abb. 2: Fahrgastrelevante Zugverbindungen der Relation Düsseldorf Hbf - Erfurt Hbf (Ausschnitt). Rot markiert sind die als günstig eingestuften Verbindungen. Abb. 3: Kundenpräferenzen für Nutzendimensionen im Schienenpersonenverkehr. Blau markiert: die Bereiche, die in die Bildung der Indikatoren einbezogen wurden. Quelle: Brenck et al. 2008 Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 45 infraStruktur Wissenschaft 110), orange eine unterdurchschnittliche (Index zwischen 80 und 90) sowie rot eine stark unterdurchschnittliche (Index unter 80) Erschließungsqualität anzeigt. Dabei ist festzustellen, dass die Erschließungsqualität eines Oberzentrums direkt von seiner Einbindung in das Fernzugnetz der Deutschen Bahn AG abhängt. Die überdurchschnittlich erschlossenen Städte beinden sich ausschließlich entlang des ICE-Netzes, während überhaupt nicht an das ICE-/ IC-Netz angebundene Städte i. d. R. nur unterdurchschnittliche Indexwerte erreichen. Gleiches gilt für Bahnhöfe, die eher am Rande des deutschen Schienennetzes gelegen sind und dadurch natürlich einen erhöhten Aufwand erfordern, um zu einem beliebigen Ziel im Netz zu gelangen. Augenfällig ist zudem, dass ostdeutsche Oberzentren tendenziell schlechter erschlossen sind als die untersuchten Städte in den alten Bundesländern, was auf weiterhin vorhandene Mängel der Verkehrsinfrastruktur hinweist. In der Untersuchung zeigte sich allerdings, dass die erreichten Streckengeschwindigkeiten bei dieser Verteilung eine eher untergeordnete Rolle spielen - entscheidend für ein positives oder negatives Abschneiden sind vor allem Zahl und Dauer der Umsteigevorgänge. Die Einbindung in das Fernzugnetz der Bahn ist hierfür deshalb so entscheidend, da in der Untersuchung gezeigt werden konnte, dass sich die SPFV-Relationen bereits aus dem Fahrplanangebot heraus auf wenige Achsen - die mit ICE und IC bedienten Strecken - im deutschen Netz konzentrieren (vgl. Abbildung-5): Zwischen zwei Städten sind oft die Zugverbindungen am attraktivsten, die über das Fernzugnetz laufen. Selbst eine längere Wegstrecke oder ein zusätzlicher Umsteigeaufwand kann die Zeitersparnis nicht ausgleichen. Dieses Fernzugsystem ist somit so etwas wie ein „Netz im Netz“, und um dieses zu erreichen, ist für die nicht eingebundenen Oberzentren deshalb in jedem Fall ein erhöhter Umsteigeaufwand - und damit eine Verschlechterung der Erschließungsqualität - verbunden. Der Ausgestaltung dieses unumgänglichen zusätzlichen Umsteigeaufwandes kommt daher - neben der Schafung von Di- Gesamtqualität einer Relation, da die Indikatoren unterschiedliche Dimensionen besitzen und zudem von unterschiedlicher Bedeutung für den Fahrgast sind. Um dies zu erreichen, wurden die absoluten Werte der Indikatoren in Bezug auf das arithmetische Mittel aller untersuchten Relationen normiert und damit in Relativwerte umgewandelt. Diese sind dimensionslos, ein Wert von 100 entspricht dem arithmetischen Mittel. Anschließend konnten diese gewichtet zu einem Index der Erschließungsqualität einer Relation aufsummiert werden; Grundlage ist hierbei der Laspeyres-Index. Die Gewichtung der Indikatoren ergibt sich aus den in Abbildung 3 ersichtlichen Angaben, die in der bereits erwähnten Fahrgastbefragung erhoben wurden: EQ Relation = · g i · 100 w i Relation w i Gesamt n i = 1 mit EQ Relation = Index der Erschließungsqualität für die betrachtete Relation w i Relation = Indikatorwert für die betrachtete Relation w i Gesamt = arithmetisches Mittel aller Indikatorwerte g i = Gewichtung des Indikators n = Indikatoren Ergebnisse Die nachfolgende Tabelle zeigt zusammengefasst die Durchschnittswerte der Indikatoren für alle untersuchten Relationen des SPFV- Angebots in Deutschland. Dabei wird deutlich, dass die Bahn-Reisezeiten mit durchschnittlich fast 19 % relativ deutlich über den entsprechenden Pkw-Reisezeiten liegen. Dass die erreichte Geschwindigkeit der Züge dabei trotzdem relativ hoch ist, zeigt der Wert von ca. 107 km/ h, der durchschnittlich auf jeder Relation bei der Beförderungsgeschwindigkeit erreicht wird. Aus der Berechnung der Variationskoeizienten wird deutlich, dass insbesondere bei den Indikatoren für den Umsteigeaufwand hohe Streuungen um den Mittelwert auftreten. Dagegen sind die Werte der untersuchten Relationen für die Beförderungsgeschwindigkeit relativ dicht um den deutschen Durchschnitt gruppiert. Dies weist zusätzlich darauf hin, dass die erreichte Geschwindigkeit nicht wesentlich ursächlich für die hohe Abweichung der Bahn-Reisezeit von der Pkw-Reisezeit ist: Die durchschnittliche Beförderungsgeschwindigkeit ist für die untersuchten Relationen hoch und schwankt unter den Relationen nur schwach. Werden die Index-Werte der Relationen nach ihren jeweiligen Quellbzw. Zielstädten zusammengefasst, ergibt sich ein Bild der räumlichen Verteilung der Erschließungsqualität des SPFV in Deutschland. In Abbildung- 4 ist diese farblich dargestellt, wobei die Farbe dunkelgrün eine überdurchschnittliche (Index über 110), hellgrün eine durchschnittliche (Index zwischen 90 und indikator Ø Deutschland 2010 Variationskoeizient Ø Schweiz 2010 Preis pro Fahrkilometer 0,18 EUR 8,1 % 0,22 EUR Verbindungen pro Tag 13,8 14,6 % 25,3 Abweichung Bahn-Reisezeit/ Pkw-Reisezeit +19 % 10,1 % +11 % Umstiege pro 100 km 0,35 25,5 0,26 Durchschnittliche Zeit je Umstieg 15,0 min 16,2 % 6,1 min Anteil der Umsteigezeit an der Reisezeit 8,3 % 24,4 % 3,1 % Beförderungsgeschwindigkeit 107,1 km/ h 6,8 % 94,1 km/ h Umwegfaktor Bahn/ Pkw 1,08 4,0 % 1,08 Anteil SPFV-Züge 72,8 % 14,9 % 94,7 % Tab. 1: Gesamtergebnis der Untersuchung des SPFV-Angebots in Deutschland 2010 infraStruktur Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 46 rektverbindungen - eine hohe Priorität zu, um die Attraktivität des Schienenpersonenverkehrs auch auf langen Distanzen zu erhöhen. Insgesamt kann die Attraktivität des deutschen SPFV auch im Vergleich zur Schweiz als gut angesehen werden. Für unser Nachbarland wurden ebenso nach raumordnerischen Kriterien zehn Städte ausgewählt und deren Zugverkehr nach denselben Kriterien erfasst. Das Schweizer Beispiel unterstreicht allerdings die Bedeutung eines geringen Umsteigeaufwandes für die Angebotsqualität: obwohl die durchschnittliche Beförderungsgeschwindigkeit in der Schweiz mit ca. 94 km/ h weit unter dem deutschen Durchschnittswert liegt (107 km/ h), ist die Reisezeitbilanz gegenüber dem Pkw mit 11 % Abweichung deutlich besser als in Deutschland (+19 %). Dies beruht letztlich auf dem insgesamt wesentlich geringeren Umsteigeaufwand, sowohl in Bezug auf die Dauer als auch die Anzahl der notwendigen Umsteigevorgänge. Auch wenn von einem Abhängen der Regionen durch die Unternehmenspolitik der Deutschen Bahn im Fernverkehr also keine Rede sein kann, muss die Verbesserung der Verknüpfungen zwischen Fern- und Regionalzügen verstärkt in den Fokus rücken, ebenso wie die Schafung zusätzlicher Direktverbindungen. Den Aufgabenträgern der Länder kommt dabei eine wesentliche Rolle zu: neben ihrer Verantwortung für den klassischen Nahverkehr tragen sie auch die Verantwortung für die Anbindung der Regionen an den Fernverkehr, also das ICE-/ IC-Netz der Deutschen Bahn AG. Dieser Aspekt muss in den Planungen der Aufgabenträger zukünftig stärkere Beachtung inden. ɷ Stephan Bunge, Dr.-Ing. Bis 01/ 12: Wissenschaftlicher Mitarbeiter Technische Unversität Berlin Seit 02/ 12: Roland Berger Strategy Consultants stephan.bunge@gmx.de LITERATUR BRENCK, ANDREAS / MITUSCH, KAY / DAMS, JAN (2008): Verbrauchererwartungen an Dienstleistungsqualität im Bahnverkehr. Studie im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes. IGES Institut GmbH, Berlin. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.) (2005): Raumordnungsbericht 2005. Selbstverlag des BBR, Bonn. BUNGE, STEPHAN (2011): Analyse und Bewertung der regionalen Erschließungsqualität im Schienenpersonenfernverkehr. DVV Media Group, Hamburg. HEINZE, G. WOLFGANG ET AL. (2002): Überregional bedeutsames Schienennetz in Deutschland aus raumordnerischer Sicht. In: Raumforschung und Raumordnung. Ausgabe 5-6/ 2002. PERREY, JESKO (1998): Nutzenorientierte Marktsegmentierung. Ein integrativer Ansatz zum Zielgruppenmarketing im Verkehrsdienstleistungsbereich. Gabler Verlag, Wiesbaden. ROHWER, GÖTZ / PÖTTER, ULRICH (2002): Methoden sozialwissenschaftlicher Datenkonstruktion. Juventa Verlag, Weinheim/ München. VOSSKAMP, RAINER (2001): Disparitäten in der Anbindung der deutschen Großstädte an das Eisenbahnnetz. Eine Untersuchung des Personenfernverkehrs für die Jahre 1998 bis 2001. In: Wirtschaftswissenschaftliche Diskussionsbeiträge der TU Chemnitz, Ausgabe 42/ 2001, Chemnitz. Abb. 4: Geograische Anordnung der Indizes der Erschließungsqualität und Netz des ICE-Taktverkehrs der Deutschen Bahn AG Abb. 5: Räumliche Verteilung der für den Fahrgast günstigsten Zugverbindungen (Fahrplanjahr 2010) MOBiLitÄt Kraftstofe Gas geben mit alternativen Antrieben? Klimawandel, Ölknappheit und Förderprogramme rücken auch alternative Kraftstofe wie Erd- und Autogas in den Fokus der Aufmerksamkeit. Der Anteil von Gasfahrzeugen ist in Deutschland bis heute sehr niedrig, obwohl Fahrzeuge und Infrastruktur zur Verfügung stehen. Interessant ist daher zu fragen: Was sind die Beweggründe von Autofahrern, sich für Gas zu entscheiden? E rd- und Autogasfahrzeuge weisen eine ähnliche weltweite Verbreitung auf: Ende des Jahres 2009 gab es weltweit ca. 11,3-Mio. Fahrzeuge mit Erdgas-Antrieb, denen über 10- Mio. mit Autogas betriebene Fahrzeuge gegenüberstanden (vgl. Aral-2011). Wie Abbildung- 1 zeigt, hat die Zahl der mit Gas betriebenen Pkw in Deutschland, insbesondere der Autogas-Pkw, in den vergangenen fünf Jahren stark zugenommen. Momentan gibt es auf deutschen Straßen rund 70 000 erdgasbetriebene und 418 659 Autogas-Pkw. Dies entspricht ca. 0,17 % bzw. 1 % des Gesamt-Pkw-Bestandes (vgl. Kraftfahrt-Bundesamt 2011, Stand zum Januar-2011). Berechnungen auf der Basis von Fahrdaten aus dem „Mobilitätspanel Deutschland“ haben ergeben, dass ca. 65 % der benzinbetriebenen Pkw durch monovalente Erdgas- Pkw und ca. 60 % durch LPG-Fahrzeuge kostensparend ersetzbar sind − bei einem betrachteten Zeitraum von zehn Jahren, Verbrauchskosten von 4- Cent bzw. 7- Cent pro gefahrenem Kilometer (Produkt aus Gaspreis und Verbrauch) gegenüber Benzinverbrauchskosten von 12- Cent/ km, Mehrkosten von 3500-EUR bei Erdgas bzw. Umrüstkosten von 2500- EUR bei Autogas (vgl. Plötz, Kley, Wietschel i.V.). Die Zahl der öfentlich zugänglichen Erdgastankstellen liegt in Deutschland bei 900 (vgl. erdgas mobil GmbH 2011) und bei 6000 für Autogas (vgl. Deutscher Verband Flüssiggas e.V., 2011). Erdgasantriebe sind monovalent, d. h. ohne oder mit nur sehr kleinem zusätzlichen Benzintank, und bivalent, d. h. in Kombination mit einem normalen Tank für Benzin, verfügbar. Die Reichweite im Erdgasbetrieb liegt ca. zwischen 400 und 500 km bzw. zwischen 200 und 300 km (vgl. Erdgasplus.de, 2007). Die meisten mit Autogas betriebenen Pkw in Deutschland sind Umrüstungen, bei denen der Benzintank bestehen bleibt, und insofern bivalent. Die Reichweite mit einer Autogas-Tankfüllung beträgt zwischen 250 und 500 km (vgl. ADAC, 2009). Für beide alternative Kraftstofe sind verschiedene Fahrzeugmodelle ab Werk oder als vom Hersteller zugelassene Umrüstungen verfügbar. Was die Umweltverträglichkeit der Kraftstofe anbelangt, so weisen Erdgasfahrzeuge deutlich niedrigere, Autogasantriebe etwas niedrigere direkte und indirekte CO 2 - Emissionen auf als mit konventionellen Kraftstofen betriebene Fahrzeuge. Erdgas hat zudem niedrigere Stickoxid- und Feinstaub-Emissionen (vgl. Engerer & Horn, 2008, S.-790). Anders als die relativ geringe Verbreitung von Gasfahrzeugen zunächst vermuten lässt, ist Gas als Kraftstof unter Pkw-Nutzern relativ bekannt: So geben 70 − 75 % an, die beiden Kraftstofe zu kennen (KÜS und kfz-betrieb 2008). Im Detail zeigen sich jedoch Wissenslücken: Laut der gleichen Studie kennen fast drei Viertel nicht den Unterschied zwischen den Kraftstofen. Mangelndes Wissen könnte ein Grund sein, warum trotz Wirtschaftlichkeit, vorhandenem Fahrzeugangebot und einer in den meisten Regionen Deutschlands gut ausgebauten Infrastruktur sich die Zahl der Gasfahrzeuge in Deutschland auf niedrigem Niveau bewegt. Um valide Schlussfolgerungen zu ziehen, wie die Verbreitung alternativer Kraftstofe wie Erd- und Autogas in Deutschland gefördert werden kann, stellt sich jedoch umgekehrt die Frage, was die zentralen Beweggründe und Motive derjenigen Personen waren, die sich bereits für Gas als Kraftstof entschieden haben. Studien, die dies aus individueller Konsumentensicht beleuchten, liegen für Deutschland - mit Ausnahme von Kannwischer et al. (2010) - nicht vor. Auch international sind nur wenige Arbeiten zu dem Thema publiziert, wobei das Problem besteht, dass diese Befunde aufgrund abweichender struktureller Voraussetzungen in den verschiedenen Ländern (z. B. staatliche Förderung, Infrastruktur) kaum auf Deutschland übertragbar sind. Im Folgenden werden die Ergebnisse einer eigenen empirischen Erhebung, die zwölf Tiefeninterviews mit Gasfahrern umfasst, vorgestellt. Die Autoren: uta Schneider, Elisabeth Dütschke Foto: Aral MOBiLitÄt Kraftstofe Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 48 Abb. 1: Bestand gasbetriebener Pkw in Deutschland, eigene Darstellung Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt 2011 interviewstudie Das Ziel der empirischen Erhebung ist es, die Motive für die Übernahme gasbetriebener Pkw aus Sicht aktueller Nutzer zu identiizieren sowie den Entscheidungsprozess nachzuvollziehen. Datenerhebung, Stichprobe und Datenauswertung Für die Studie wurden qualitative teilstandardisierte Leitfadeninterviews durchgeführt. Ein solches Vorgehen bietet sich an, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Fokus der Studie auf Theoriebildung und -erweiterung liegt (Brüsemeister, 2008). Die Interviews wurden telefonisch im Zeitraum Mai bis Juni 2010 durchgeführt und dauerten durchschnittlich 30 bis 40-min. Um eine heterogene Stichprobe zu erhalten, wurden mögliche Befragte über verschiedene Wege kontaktiert (z. B. Internetforen, Ansprache an Gas-Tankstellen). Insgesamt zwölf Personen, die regelmäßig einen Erd- oder Autogas-Pkw nutzen und maßgeblich an der Entscheidung zum Kauf bzw. zur Umrüstung beteiligt waren, wurden schließlich interviewt, (vgl. Tabelle-1). Wie Tabelle-1 zeigt, verteilt sich die Nutzung hälftig auf Erdbzw. Autogas als Kraftstof. Alle Erdgasfahrzeuge wurden mit einer ab Werk eingebauten Gasanlage erworben; sämtliche Autogas-Pkw sind Nachrüstungen. Die Interviews wurden mit Einverständnis der Befragten aufgezeichnet und im Anschluss vollständig transkribiert. Die Auswertung wurde mittels computergestützter qualitativer Datenanalyse durchgeführt. Ergebnisse Die folgende Ergebnisdarstellung fokussiert mit Blick auf die Fragestellung des vorliegenden Artikels insbesondere auf die Prozesse der Informationssuche vor der Entscheidung sowie die Beweggründe und Motive für die Gasnutzung. Bedenken und Informationssuche Im Vorfeld der Entscheidung für das Gasfahrzeug bestand eine Reihe von Bedenken bei den Befragten. Gegenstand dieser Unsicherheiten war zum einen das Tankstellennetz, insbesondere auch bei Urlaubsreisen. Zum anderen herrschte Unsicherheit in Bezug auf technische Aspekte und die Zuverlässigkeit der Technologie, z. B. hoher Druck im Erdgastank, mögliche Explosionsgefahr, Umgang mit dem Fahrzeug etwa beim Tankvorgang oder generelle Zuverlässigkeit aufgrund der Neuheit der Technik. Alle Interviewpartner suchten deshalb aktiv nach Informationen, wobei alle das Internet nutzten. Insbesondere Internetforen zum Thema Gas wurden zur Informationssuche herangezogen: „[…] der Umrüster würde ja nie schlecht über seine Gasanlagen sprechen. [...] darum hat es wenig Zweck, sich jetzt bei Werkstätten selber zu erkundigen.“ (P10) Auch das Einholen von Informationen bei Nutzern von Gas-Pkw im Familien- oder Freundeskreis wird besonders deshalb geschätzt, da man sich dort ausführlich und persönlich informieren könne. Das Wissen und die Erfahrungen tatsächlicher Nutzer haben somit zentrale Bedeutung für die Informationssuche. Als weitere Informationsquelle führen die Befragten Händler oder Umrüstwerkstätten an. Die Nutzer bemängelten dabei allerdings das mangelhafte Wissen und z. T. sogar die fehlende Bereitschaft, Gas-Pkw zu verkaufen: „Der Händler war eigentlich nur mit massivem Überreden bereit, mir ein Erdgasfahrzeug zu verkaufen. [...] Der wollte mir lieber einen Diesel verkaufen.“ (P2) Beweggründe und Motive Der über alle Interviewpartner hinweg am häuigsten genannte Grund für die Übernahme von Gas als Kraftstof war die Wirtschaftlichkeit. Alle zwölf Befragten führten diesen Faktor entweder als wichtigsten oder in Kombination mit dem Umweltaspekt als wichtigsten Grund an. Bei mehreren Gasnutzern iel die Entscheidung für Gas vor dem Hintergrund eines langen Arbeitsweges. Ein weiterer, von neun Befragten genannter Grund, der einen Einluss auf die Entscheidung für Gas als Treibstof gehabt habe, ist der Umweltaspekt. Es zeigt sich, dass dieser Aspekt entweder mit ökonomischen Aspekten zusammen als wichtigste Motivation zur Übernahme diente oder eher eine untergeordnete Bedeutung aufwies, bspw. im Sinne eines ‚angenehmen Nebenefekts‘: „[…] normale Kraftstofe sind ja sehr umweltschädlich, Gas ist ja was sehr umweltfreundliches, es kam mir immer schon sympathisch vor, wir heizen ja auch mit Gas.“ (P4) Gasfahrzeug nr. Geschlecht alter Beruf Erdgas monovalent P1 m 40 Ingenieur P2 m 61 Im Ruhestand P3 m 58 Lehrer P4 m 59 Lehrer bivalent P5 m 41 Betriebswirt P6 m 61 Angestellter Autogas P7 m 31 Fachinformatiker P8 m 20 Soldat auf Zeit P9 m 37 Text-Chef P10 m 62 Im Ruhestand P11 w 26 Ärztin P12 w 49 Flugbegleiterin Tab. 1: Die Stichprobe der empirischen Untersuchung Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 49 LITERATUR ADAC (2009): Autogas. Fünf Fragen und Antworten. ARAL, 2011, FAQ Autogas, http: / / www.aral.de/ aral/ faq.do? categoryId=9020953&content Id=7038622, (15/ 02/ 2011). BRÜSEMEISTER, T. (2008). Qualitative Forschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Deutscher Verband Flüssiggas e.V. (2011): Autogas-Tankstellen. Zugrif am 04.04.2011 unter http: / / www.autogastanken.de/ de/ tanken/ . ENGERER, H.; HORN, M., 2008, Erdgas im Tank für eine schadstofarme Zukunft. Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 50/ 2008, www.diw.de/ documents/ publikationen/ 73/ diw_01.c.91922.../ 08-50-1. pdf (28/ 03/ 2010) Erdgas mobil GmbH (2011): Privatkunden. Zugrif am 04.04.2011 unter http: / / www.erdgas-mobil. de/ privatkunden/ Erdgasplus.de (2007): Tankstellen/ Reichweite. Zugrif am 28.04.2010 unter http: / / www.erdgasplus.de/ content/ ErdgasPlus/ 05_ERDGAS-Auto/ ERDGAS_vs__Autogas/ Tankstellen_Reichweite/ index.html. KANNWISCHER, N., BITZER, S., LEXOW, A., LICHY, T., ÖNDER, B., 2010, Band 7: Nutzerproile. 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Je drei Interviewpartner führten Interesse an Technik sowie die durch Gasfahrzeuge, zumindest mit bivalentem Antriebsstrang, im Vergleich zu Pkw mit konventionellen Kraftstofen erhöhte Reichweite als weitere Gründe für die Übernahme dieser Technologie an. fazit Als wichtigstes Motiv zur Übernahme von Gaskraftstofen erweist sich in der vorliegenden Studie die Wirtschaftlichkeit. Diese ist für Gasfahrzeuge relativ zuverlässig abzuschätzen, da die Investitions- und Folgekosten weitgehend bekannt sind. Der Wille, etwas Gutes für die Umwelt zu tun, folgt an zweiter und Interesse an Technik an dritter Stelle. Gleichzeitig wollen sich die künftigen Nutzer im Entscheidungsprozess nicht auf oizielle Informationen, z. B. durch Hersteller, allein verlassen. Wichtiger ist der Austausch im eigenen Bekanntenkreis und über das Internet mit Personen, die den Kraftstof bereits nutzen. Der informelle Austausch ist ein wichtiger Ansatzpunkt für die Förderung von Gas als Kraftstof. ɷ uta Schneider, Dipl.-Soz. Wiss. wissenschaftliche Mitarbeiterin Competence Center Energiepolitik und Energiesysteme, Fraunhofer- Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), Karlsruhe uta.schneider@isi.fraunhofer.de Elisabeth Dütschke, Dr. Projektleiterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, Competence Center Energiepolitik und Energiesysteme, Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), Karlsruhe elisabeth.duetschke@isi.fraunhofer.de dANKSAGUNG Die vorgestellte Studie entstand im Rahmen des Projekts MeRegioMobil, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert wird. Besonders schnell, bestens gedämmt. Das Spiraltor HS 7030 PU Das Spiraltor HS 7030 PU macht mit Öffnungsgeschwindigkeiten von bis zu 2,5 m/ Sek. den Weg frei. 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Januar 2011) 50,9- Mio. Kfz amtlich registriert, darunter 42,3-Mio. Pkw, 2,6-Mio. Lkw und Sattelzugmaschinen, 76 000 Kraftomnibusse und rd. 260 000 Sonstige Kfz [1]. Doch obwohl die Fahrleistungen aller Kfz vor allem im Straßengüterverkehr steigen, gehen die Luftschadstofemissionen des Straßenverkehrs seit vielen Jahren kontinuierlich zurück (vgl. Abbildung-1). immer mehr umweltzonen Dennoch gibt es immer mehr Umweltzonen in Deutschland, und zwar deutlich mehr als in vielen anderen europäischen Ländern. Inzwischen sind Umweltzonen in mehr als 40 Städten eingerichtet worden oder geplant − mit deutlichen Schwerpunkten in den Ballungszentren Nordrhein-Westfalens sowie im Südwesten [2]. Grundlage von Maßnahmen und Aktionsplänen zur Verbesserung der Luftqualität ist die europäische Luftqualitätsrichtlinie 2008/ 50/ EG, die Immissionsobergrenzen für zahlreiche Schadstofe, darunter auch Feinstaub und Stickoxide, festlegt. Die Immissionsgrenzwerte wurden zum 1.- Januar- 2010 noch einmal verschärft. Vielfach werden diese jedoch nicht eingehalten. Der Handlungsdruck vor Ort steigt, zumal erste Übergangsfristen für deutsche Kommunen zur Einhaltung von Feinstaubgrenzwerten bereits abgelaufen sind. Eine stärkere Ausrichtung auf den ÖPNV, Fußgänger- und Radverkehr wird oftmals empfohlen. Doch ein wichtiger Verursacher von Luftschadstofemissionen und damit auch Zielgruppe lokaler Luftqualitätsmaßnahmen würde hiervon nicht erfasst − die Nutzfahrzeuge; gerade in Ballungsräumen tragen Nutzfahrzeuge (Lkw und Omnibusse) oftmals überproportional zu den lokalen Schadstofemissionen bei. Im Folgenden werden die im Stadtverkehr eingesetzten Fahrzeuge und deren Altersstruktur sowie die Bestandszahlen unterteilt nach Schadstoklassen (Euro- Normen) untersucht. Darüber hinaus wird abgeschätzt, welche zusätzlichen Luftqualitätspotenziale sich aus Kraftstofen und alternativen Antrieben ergeben. Wirtschaftsverkehr in Städten Der Wirtschaftsverkehr in Städten trägt einen hohen Anteil zu den lokalen Luftschadstofen bei [3]. Neben dem Lieferverkehr mit allen Lkw-Klassen und Sattelzugmaschinen indet Personenwirtschaftsverkehr mit Pkw (z. B. Taxi-, Dienst- und Sozialdienstfahrten) und leichten Nutzfahrzeugen (z. B. Handwerker) statt. Insgesamt wird der Anteil des städtischen Wirtschaftsverkehrs am Stadtverkehr auf durchschnittlich 25 − 30 % geschätzt. Auch sonstige Kfz, hierzu zählen zum Beispiel Müll- und Straßenreinigungsfahrzeuge, sind in den Städten unterwegs. Es gibt insgesamt 260 000; allerdings weisen große Anteile dieser Fahrzeuglotte, wie z. B. Einsatzfahrzeuge der Feuerwehren, nur geringe jährliche Fahrleistungen auf. Eine weitere relevante Nutzfahrzeugkategorie sind Kraftomnibusse, von denen es in Deutschland heute rd. 76 000 gibt. Die Fahrleistung ist mit 2- Mrd. Fzkm eher gering; die Personenverkehrsleistung ist mit rd. 80-Mrd. Pkm/ Jahr jedoch erheblich, zumal Omnibusse hauptsächlich in urbanen und suburbanen Räumen im öfentlichen Personennahverkehr und als Schulbusse eingesetzt werden [4]. fahrzeugalter und Euro-klassen Im Hinblick auf die Altersstruktur der einzelnen Fahrzeugklassen fällt auf, dass gerade die in den Städten anzutrefenden Nutzfahrzeuge zu Fahrzeugklassen gehören, die ein vergleichsweise hohes durchschnittliches Alter aufweisen. Lkw haben ein Durchschnittsalter von 7,6 Jahren, Die Autoren: Jörg adolf, Gunnar knitschky, andreas Lischke Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 51 Abb. 1: Entwicklung ausgewählter Emissionen des Straßenverkehrs (1995 = 100 %) Quelle: Umweltbundesamt [8] ; eigene Darstellung Kraftomnibusse von 8,8 und sonstige Kfz von 13,1 Jahren. Zudem absolvieren die im städtischen Wirtschaftsverkehr eingesetzten Fahrzeugklassen eher geringe jährliche Fahrleistungen. Hingegen haben Sattelzugmaschinen, die meist im Fernverkehr eingesetzt werden und hohe Fahrleistungen aufweisen, ein Durchschnittsalter von nur 4,2 Jahren [5]. Das hohe Alter spiegelt sich auch in den Schadstoklassen von Nutzfahrzeugen im Stadtverkehr wider. Abbildung 2 zeigt, wie sich die Euro-Schadstoklassen in den einzelnen Fahrzeugklassen des Güterverkehrs durchgesetzt haben. Zum 1.- Januar 2011 sind jeweils noch über 40 % der Flotte der Lkw unter 12 t zulässiges Gesamtgewicht und der leichten Nutzfahrzeuge unterhalb der Schadstoklasse Euro- 3/ III. Dies gilt auch für Kraftomnibusse und die sonstigen Kfz aufgrund des noch höheren durchschnittlichen Alters. Die Verschärfung der Euro-Normen führt folglich nicht unmittelbar zu einer wesentlichen Verringerung der Abgasemissionen des städtischen Wirtschaftsverkehrs. Die jährlichen Fahrleistungen der eingesetzten Fahrzeuge sind in der Regel gering, sodass die Fahrzeuganschafungskosten über lange Nutzungsperioden verteilt werden müssen. Die Nachrüstung mit Katalysatoren und Partikeliltern ist eine Möglichkeit. Sie wird jedoch häuig nur bei entsprechender inanzieller Förderung angenommen. Von daher stellt sich die Frage, ob und inwieweit Kraftstofe zur Luftreinhaltung in Städten beitragen könnten. Bessere kraftstofe? Nutzfahrzeuge jeglicher Art basieren heute vorwiegend auf dem Prinzip des Verbrennungsmotors. Die Antriebsenergie wird in der Regel aus lüssigen mineralölstämmigen Kraftstofen gewonnen. Es dominiert der Dieselantrieb; bei leichten Nutzfahrzeugen gibt es noch einen Anteil von etwa 7 % Benzinern. Ein größerer Beitrag zur Luftreinhaltung könnte zum einen durch eine Verbesserung herkömmlicher Kraftstofe erfolgen, zum anderen durch den Einsatz sauberer lüssiger Ersatz- oder Ergänzungskraftstofe. Die Mindestanforderungen an Diesel- und Ottokraftstofe werden von der EU- Kraftstofqualitäten-Richtlinie 98/ 70/ EG und ihren Aktualisierungen deiniert. Die Kraftstofqualitäten wurden umweltbezo- Abb. 2: Fahrzeugbestand nach Emissionsklassen, 1995 - 2011 [Millionen] Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt [9] MOBiLitÄt Nutzfahrzeuge Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 52 gen festgelegt, um so bestimmte Luftqualitätsziele besser einhalten zu können. Dies beinhaltete neben anderen Parametern die Reduktion polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstofe sowie die Verringerung des Schwefelgehaltes - seit 2003 werden in Deutschland nur noch schwefelfreie Kraftstofe angeboten. Weitere Änderungen bei den Kraftstoinhaltsstofen konventioneller Kraftstofe zeichnen sich vorerst nicht ab. Aktueller Schwerpunkt bei der Kraftstofregulierung ist der verstärkte Einsatz von Biokraftstofen. Nachhaltige Biokraftstofe werden in erster Linie wegen ihres Treibhausgasminderungspotenzials eingesetzt. Das Verbrennungsverhalten der heute eingesetzten Biokraftstofe - veresterter Biodiesel oder Bioethanol - ist ähnlich konventionellen Kraftstofen. Die Abgasemissionen von Biokraftstofen sind für die meisten Luftschadstofe geringer. Allerdings lassen Abweichungen in einzelnen Qualitätsparametern nur eine sehr begrenzte Beimischung von traditionellen Biokraftstofen zu konventionellen Kraftstofen zu - maximal 7 % Biodiesel (FAME) zu Diesel; andernfalls sind spezielle Fahrzeugausrüstungen erforderlich. Um schon heute zur Luftreinhaltung beizutragen, müssten alternative Kraftstofe aber (weitgehend) nahtlos im Flottenbestand eingesetzt werden können. Solche „Drop-in Fuels“ könnten synthetische Kraftstofe sein, die mithilfe des Fischer- Tropsch-Verfahrens aus Biomasse, Erdgas oder Kohle hergestellt werden. Die Herstellung aus Kohle ist aufgrund hoher Treibhausgasemissionen ökologisch nicht sinnvoll und für die Herstellung aus Biomasse gibt es bislang nur Demonstrationsprojekte. Am weitesten vorangeschritten ist die Herstellung synthetischen Dieselkraftstofes aus Erdgas - sogenanntes Gas-to-Liquids (GTL). Synthetischer Diesel besitzt eine höhere Cetanzahl von mindestens 70 (statt 51 beim Diesel) und ist praktisch aromatenfrei. Hierdurch wird auch bei heutiger Dieseltechnologie eine sauberere Verbrennung ermöglicht [6]. Allerdings ist auch GTL bisher nur in begrenzten Mengen verfügbar und kommt daher vorerst nur für spezielle Anwendungen in Frage, zum Beispiel im Flottenbetrieb in Ballungsgebieten. und alternative antriebe? Nutzfahrzeuge mit alternativen Antrieben sind heute weitgehend als Nischenfahrzeuge zu betrachten. Am höchsten sind die Anteile alternativer Antriebe bei Kraftomnibussen mit 2,3 % und bei den volumenstarken leichten Nutzfahrzeugen mit 1,26 % (vgl. Abbildung 3); bei sonstigen Kfz sind es nur 0,67 % und bei Lkw 0,26 %. Unter den Alternativen dominiert im Nutzfahrzeugbereich komprimiertes Erdgas (CNG). Gasfahrzeuge gehören mit zu den saubersten Fahrzeugen, doch erreicht der Dieselantrieb mit Euro- V bereits ein ähnliches Emissionsniveau. Aus Nutzersicht ist die Wirtschaftlichkeit von CNG-Fahrzeugen mit der Fortführung der geltenden Mineralölsteuerermäßigung verbunden. Die höheren Anschafungskosten sowohl für diese als auch für Hybridfahrzeuge und Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb werden auf vergleichsweise geringe Fahrleistungen umgelegt; die Nutzung fokussiert sich damit vorerst auf einzelörtliche, ökologisch motivierte Flottenprojekte [7]. fazit Der urbane Wirtschaftsverkehr mit Lkw, Omnibussen und sonstigen Kfz wird noch zu häuig mit Kfz niedriger Euro- Klassiizierung abgewickelt. Eine rasche Flottenmodernisierung - ähnlich wie im Straßengüterfernverkehr - vollzieht sich jedoch gerade im städtischen Verkehr sehr langsam. Eine wirtschaftliche Alternative zur kurzfristigen Verringerung von Abgasemissionen könnten deshalb synthetische „Drop-in Fuels“ insbesondere im lokalen Flottenbetrieb darstellen. Alternative Antriebe haben demgegenüber eine eher längerfristige Perspektive. ɷ Abb. 3: Leichte Nutzfahrzeuglotten: Antriebe und Kraftstofe zum 1. Januar 2011 Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt [10] Jörg adolf, Dr. Chefvolkswirt Shell Deutschland Oil GmbH, Hamburg joerg.adolf@shell.com Gunnar knitschky, Dipl.-Volksw. Wissenschaftlicher Mitarbeiter Institut für Verkehrsforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gunnar.knitschky@dlr.de andreas Lischke, Dipl.-Ing. Wissenschaftlicher Mitarbeiter Institut für Verkehrsforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) andreas.lischke@dlr.de LITERATUR [1] Vgl. Kraftfahrt-Bundesamt, Der Fahrzeugbestand im Überblick am 1. Januar 2011, Statistische Mitteilungen. [2] Vgl. http: / / gis.uba.de/ Website/ umweltzonen/ start.htm sowie http: / / www.lowemissionzones.eu/ [3] IFEU, Auswirkungen zukünftiger NO x - und NO 2 -Emissionen des Kfz-Verkehrs auf die Luftqualität in hoch belasteten Straßen in Baden-Württemberg, Februar 2010, S. 21. [4] Vgl. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Verkehr in Zahlen 2011/ 12, Berlin 2011, S. 78-82. [5] Kraftfahrt-Bundesamt, Fahrzeugzulassungen, Bestand an Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern nach Fahrzeugalter, 1. Januar 2011, FZ 15. [6] Vgl. CEN-Vor-Norm CWA 15940, Class A. [7] Vgl. Shell Lkw-Studie, Fakten, Trends und Perspektiven im Straßengüterverkehr bis 2030, S. 36-51, Hamburg 2010, www. shell.de/ lkwstudie. [8] Vgl. Umweltbundesamt, Nationale Trendtabellen für die deutsche Berichterstattung atmosphärischer Emissionen, 1990-2009 (Endstand: 8.3.2011, v. 1.3.0). [9] Kraftfahrt-Bundesamt, Statistische Mitteilungen, Reihe 1: Kraftfahrzeuge - Neuzulassungen, Besitzumschreibungen, Löschungen, Bestand, Heft 12, Dezember (1996-2000), Heft 2, Februar (2001-2006); Fahrzeugzulassungen - Bestand an Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern am 1. Januar des Jahres, Sammelband, FZ 6, (2007-2011). [10] Kraftfahrt-Bundesamt, Fahrzeugzulassungen, Bestand an Kraftfahrzeugen nach Emissionen und Kraftstofen, 1. Januar 2011, FZ 13. MOBiLitÄt Verkehrsverhalten Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 53 Mobilitätstrends junger Erwachsener Junge Erwachsene zwischen 18 und 34 stellen ein Fünftel der deutschen Bevölkerung, verursachen ein Viertel des Verkehrsaufkommens und knapp 30 % der Verkehrsleistung in Deutschland [vgl. infas/ DLR 2010]. Vor dem Hintergrund zunehmender Hinweise auf Änderungen im Verkehrsverhalten junger Erwachsener hat das Institut für Mobilitätsforschung deren Mobilitätstrends für sechs Industrieländer mit Fokus auf Trendbrüche seit der Jahrtausendwende untersucht. internationale Entwicklungen Während der Anteil Führerscheinbesitzer unter jungen Erwachsenen in Deutschland und Frankreich seit den 1990er Jahren auf hohem Niveau stagnierte, ging er in Großbritannien, USA und Norwegen zurück. Allerdings ging der Anteil junger Erwachsener, die sowohl einen Führerschein haben als auch in einem Haushalt mit Auto leben in fast allen Untersuchungsländern zurück. Zwar erledigen junge Erwachsene in den Studienländern nach wie vor die meisten Wege mit dem Pkw (in den USA 90 %), allerdings gibt es auch hier einen Trendbruch: Bis in die 1990er Jahre stieg der Modal Split des Pkw bei jungen Erwachsenen, danach stagnierte der Pkw-Anteil in Japan und USA und ging in den anderen Ländern zurück. Unterm Strich ist die Pkw-Verkehrsleistung junger Erwachsener seit der Jahrtausendwende in allen Studienländern zurückgegangen (Abbildung- 1). In Amerika fuhren 2008 zwar Personen aller Alters- Abb. 1: Pkw-Verkehrsleistung pro Person und Tag von jungen Erwachsenen (Alter 20 bis 29) in Industrieländern seit den 1970er Jahren Quelle: ifmo Auswertungen der nationalen Verkehrsbefragungen klassen vor dem Hintergrund der hohen Kraftstofpreise und der Finanzkrise weniger Auto als 2001. Allerdings iel der Fahrleistungsrückgang bei jungen Amerikanern besonders deutlich aus. In nahezu allen Studienländern zeigen sich dabei deutlich verschiedene Entwicklungen für Männer und Frauen: Bis in die 1990er fuhren junge Männer in allen Studienländern deutlich mehr Auto als junge Frauen. Nach der Jahrtausendwende ging jedoch in fast allen Studienländern besonders die Pkw-Verkehrsleistung der Männer zurück, während die der Frauen sich wenig änderte. In der Folge verringerte sich der Geschlechterunterschied in Bezug auf die Pkw-Kilometer deutlich, in Deutschland und den USA verschwand er ganz. trends junger Deutscher Während der Führerscheinbesitz junger Erwachsener in Deutschland in den letzten Jahren stagnierte, ist der Pkw-Besitz junger Haushalte (Haushalte, in denen alle Personen jünger als 35 sind) deutlich gesunken: 1998 hatten 80 % der jungen Haushalte einen Pkw. Dieser Anteil ist bis 2008 um ein Zehntel auf 72 % zurückgegangen. Besonders Personen in der Lebensphase zwischen Auszug bei den Eltern und Gründung der eigenen Familie haben heute weniger Pkw als vor zehn Jahren. Die Pkw-Kilometer junger Erwachsener sind noch deutlicher zurückgegangen als ihr Pkw-Besitz (Abbildung- 2): Während Personen zwischen 18 und 34 im Jahr 1998 noch etwa 280 km pro Woche mit dem Pkw zurücklegten, waren es 2008 über ein Fünftel weniger (220 km). Woher kommt der rückgang der Pkw-Verkehrsleistung? Dass die Pkw-Nutzung junger Erwachsener stärker sinkt als ihr Pkw-Besitz lässt darauf schließen, dass sich insbesondere das Mobilitätsverhalten junger Pkw-Besitzer verändert hat. Dies haben wir untersucht, indem wir die Annahme getrofen haben, dass sich nur der Anteil der Pkw-Besitzer wie in der Realität verändert hat, während speziische Verkehrsleistung und Verkehrsmittelwahl jeweils für Personen mit und ohne Pkw zwischen 1998 und 2008 unverändert sind. Unter dieser Annahme wäre die Pkw-Verkehrsleistung pro Person und Woche von 280 km lediglich auf 264 km zurückgegangen, jedoch nicht auf 220 km. Dies bedeutet, dass nur ein gutes Viertel des Pkw-Verkehrsleistungsrückgangs durch den sinkenden Pkw-Besitz verursacht wird. Zwei Drittel des Rückgangs sind durch ein verändertes Verkehrsverhalten der Pkw- Besitzer verursacht, der Rest durch Änderungen bei Personen ohne Pkw. Hintergründe Eine Regression auf Basis der Einkommens- und Verbrauchstichproben 1998 und 2008 Der Autor: tobias kuhnimhof MOBiLitÄt Verkehrsverhalten Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 54 tobias kuhnimhof, Dr. Institut für Mobilitätsforschung (ifmo), München tobias.kuhnimhof@ifmo.de LITERATUR infas (Institut für Angewandte Sozialwissenschaft GmbH), DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) (2010): Mobilität in Deutschland 2008.Tabellenband. Bonn, Berlin. ifmo (Institut für Mobilitätsforschung) (2011): Mobilität junger Menschen im Wandel − multimodaler und weiblicher. München; erhältlich unter: www.ifmo.de Abb. 2: Kilometer pro Person und Tag nach Verkehrsmittel und Altersklasse in Deutschland seit 1976 Quelle: ifmo Auswertungen des deutschen Mobilitätspanels Abb. 3: Pkw-Besitz von jungen Einpersonenhaushalten (Alter unter 35) nach Einkommen und Geschlecht 1998 und 2008 Quelle: ifmo-Auswertungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zeigt, dass der Pkw-Besitz junger Haushalte erwartungsgemäß geringer ist, wenn (a) das Einkommen niedrig ist, (b) der Haushaltsvorstand nicht erwerbstätig ist, (c) der Haushalt in einem städtischen Umfeld lebt, (d) der Haupteinkommensbezieher weiblich ist oder es sich (e) um einen Ein-Personenhaushalt handelt. Die strukturellen und sozioökonomischen Veränderungen unter jungen Haushalten im letzten Jahrzehnt - geringere Einkommen, mehr Studenten, mehr Stadtbevölkerung, mehr von Frauen geführte Haushalte, mehr Einpersonenhaushalte - führten somit zwangsläuig dazu, dass es 2008 weniger junge Haushalte in Pkw-ainen Lebenssituationen gab als zehn Jahre zuvor. Auf Basis dieses Modells haben wir angenommen, dass junge Haushalte im Jahr 2008 zwar die 2008 vorherrschenden sozioökonomischen Verteilungen aufweisen − aber die gleiche Präferenzstruktur bzgl. Pkw-Besitz wie 1998 (Anwendung des Regressionsmodells des Jahres 1998 auf die Bevölkerung des Jahres 2008). Hieraus ergibt sich ein theoretischer Anteil Pkw-Besitzer für das Jahr 2008 von 75 %. Dies bedeutet, dass von den acht Prozentpunkten realer Rückgang im Pkw-Besitz junger Haushalte (von 80 % auf 72 %) etwa fünf Prozentpunkte (also ca. ein Drittel) auf sozioökonomische Veränderungen zurückzuführen sind. Nur etwa ein Drittel des Pkw-Besitzrückgangs ist auf veränderte Präferenzstrukturen junger Haushalte ceteris paribus zurückzuführen. Eine sinkende Wahrscheinlichkeit des Pkw-Besitzes zwischen 1998 und 2008 konnte dabei für Städter, Haushalte mit geringen Einkommen und vor allem für Männer identiiziert werden. Abbildung- 3 zeigt für Einpersonenhaushalte, dass 1998 noch knapp die Hälfte der jungen Männer mit geringen Einkommen einen Pkw hatte. 2008 waren es nicht einmal mehr ein Drittel und damit genauso viele wie bei den Frauen. Mobilitätswandel junger Pkw-Besitzer Verändertes Mobilitätsverhalten der Pkw- Besitzer ist der Haupttreiber für die deutliche Abnahme der Pkw-Verkehrsleistung junger Erwachsener. Zum einen hat die Gesamtverkehrsnachfrage (alle Verkehrsmittel) pro Kopf durch junge Pkw-Besitzer seit Ende der 1990er nachgelassen. Auch für diese Entwicklung waren die jungen Männer prägend, deren Gesamtverkehrsleistung um 15 % zurückgegangen ist. Zeitgleich ist die Gesamtverkehrsleistung junger Frauen mit Pkw um 8 % gestiegen. Dies ergibt im Saldo einen leichten Rückgang der Verkehrsleistung junger Pkw-Besitzer von 6 % und einen zunehmenden Anteil, der von Frauen erbracht wird. Die Mobilitätsnachfrage junger Pkw-Besitzer veränderte sich auch in ihrer Zweckstruktur: Der Ausbildungsverkehr, der 1998 ein Zehntel der Verkehrsleistung junger Pkw-Besitzer ausmachte, nahm auf fast ein Fünftel (18 %) zu. Diese Entwicklungen erklären zum Teil auch die veränderte Verkehrsmittelnutzung junger Pkw-Besitzer: Ausbildungswege sind traditionelle Domänen des Fahrrads und des öfentlichen Verkehrs. Eine Zunahme der Ausbildungswege stärkte diese Verkehrsmittel somit. Insgesamt konnten nichtmotorisierte und öfentliche Verkehrsmittel ihren Anteil am Modal Split junger Pkw-Besitzer zwischen 1998 und 2008 ausbauen. Mit dem Pkw erledigten junge Pkw- Besitzer Ende der 1990er knapp drei Viertel ihrer Wege, heute sind es noch etwa zwei Drittel. Nach wie vor sind zwar 90 % der jungen Pkw-Besitzer immer noch mindestens einmal in der Woche mit dem Pkw als Fahrer unterwegs, allerdings ist der Anteil der täglichen Pkw-Fahrer von zwei Dritteln auf unter die Hälfte gesunken, während der Anteil der ÖV-Gelegenheitsnutzer unter den Pkw-Besitzern deutlich gestiegen ist. Darüber hinaus sind Männer im Auto zunehmend als Mitfahrer unterwegs. Zusammenfassung und Diskussion In Industrieländern weltweit ist die Mobilität junger Erwachsener heute weniger vom Auto dominiert als vor zehn Jahren. In Deutschland ist der wichtigste Grund hierfür ist die veränderte Mobilität junger Pkw-Besitzer, die im letzten Jahrzehnt deutlich multimodaler geworden sind. Auch der Pkw-Besitz junger Erwachsener ist zurückgegangen, wobei diese Entwicklung von sozioökonomischen Veränderungen dominiert ist. Nur etwa ein Drittel des Rückgangs des Pkw-Besitzes geht auf veränderte Präferenzstrukturen zurück. Letzteres sowie der Rückgang der Pkw-Verkehrsnachfrage insgesamt ist überwiegend ein Männerphänomen. Zusammengenommen erklären veränderte Pkw-Besitzpräferenzen somit nur einen sehr geringen Anteil des Rückgangs der Pkw-Verkehrsleistung junger Erwachsener. ɷ Die komplette Studie mit allen Quellenhinweisen steht auf www.ifmo.de zur Verfügung. Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 55 Bellende Hunde beißen nicht I n Moskau kamen im Februar Vertreter aus 23 EU-Drittstaaten zusammen, um über ein gemeinsames Vorgehen gegen die Einbeziehung von Fluggesellschaften in das EU- Emissionshandelssystem (ETS) zu beraten. Am Ende der Konferenz in der russischen Hauptstadt stand jedoch nur eine Gemeinsame Erklärung, in der Gegenmaßnahmen „erwogen“ werden. Die EU-Kommission gibt sich derweil gelassen - ganz nach dem Motto: „Hunde, die bellen, beißen nicht.“ Und Grund zur Panik gibt es nun wirklich keinen, solange die ETS-Gegner nur die Zähne letschen. Denn die in Moskau von großen Nationen à la China, Russland oder den USA geäußerten Drohungen, sprich: Handelskrieg oder Entzug von Überlugrechten, sind nicht neu und beeindrucken bislang weder die Europäische Kommission noch die EU-Mitgliedsländer. So hat bislang noch keine nationale Regierung die Kommission aufgefordert, die Initiative auszusetzen oder zu verschieben. Druck erhält die EU-Kommission nur vereinzelt aus dem Europäischen Parlament. „Frau Hedegaard sollte sich eingestehen, dass das Vorhaben, alle Fluglinien mit einer Klimaagabe zu belegen, gescheitert ist“, betont der deutsche CDU-Abgeordnete Herbert Reul. Da sich Schwergewichte wie die USA, China und Russland nicht am Emissionshandelssystem beteiligen wollten, würde dessen Beibehaltung zu einer einseitigen Belastung der europäischen Luftfahrt und damit zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung führen. In die gleiche Kerbe schlagen die Fluggesellschaften: „Die Einbeziehung des Luftverkehrs wird die Luftfahrtindustrie bis zum Jahr 2020 insgesamt 17,5-Mrd.-EUR kosten.“ Das betonen der Verband der Europäischen Fluglinien AEA, der Verband der Europäischen Regionalluglinien ERA und der Internationale Fluggesellschaftsverband IACA in einer gemeinsamen Stellungnahme. Damit widersprechen die drei Verbände Äußerungen der EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard. Sie hatte die vorgesehene kostenlose Zuteilung von Emissionszertiikaten an die Airlines als potenzielle Einnahmequelle bezeichnet: „Bei dem aktuellen Marktpreis sind die kostenlosen Zertiikate für die nächsten zehn Jahre über 20-Mrd.-EUR wert.“ Die Kommission geht davon aus, dass die Fluggesellschaften dieses Geld auf den Preis von Tickets aufschlagen. „Zertiikate als Einnahmequelle zu bezeichnen, ist absurd“, betont hingegen AEA-Generalsekretär Ulrich Schulte-Strathaus. Die drei Verbände machen geltend, dass die Obergrenze für den Ausstoß von Abgasen ab 2012 auf Basis der Jahre 2004 bis 2006 berechnet wird. In der Zwischenzeit sei der Verkehr aber gestiegen. Darum müssten die Airlines auch mehr Zertiikate kaufen, unterstreichen die Verbände. Sie gründen ihre Kalkulation dabei auf einen geschätzten Zertiikatepreis von 28- EUR pro Christian Dahm EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Logistik-Zeitung in Brüssel B E R I C H T A U S B R Ü S S E L VON CHRISTIAN DAHM Tonne CO 2 -Ausstoß im Jahr 2020. Zurzeit sind es weniger als 14-EUR. Nach Angaben des auf den Energiesektor spezialisierten Forschungsunternehmens Thomson Reuters Point Carbon ist von allen Fluggesellschaften British Airways am meisten betrofen. Die Experten bezifern die Belastung durch zusätzliche Zertiikate auf 49,6-Mio.-EUR. An zweiter Stelle folgt Lufthansa. Die Rechnung für die deutsche Airline beläuft sich auf 33,5-Mio.-EUR. In Moskau haben unterdessen die 23- EU-Drittstaaten nach einer ähnlichen Konferenz in Delhi erneut eine Möglichkeit ausgelassen, den Schulterschluss hinzubekommen. Denn in der Gemeinsamen Erklärung gibt es nur einen konkreten Schritt, der gegen die EU-Regelung in Erwägung gezogen wird: das Streitbeilegungsverfahren gemäß Artikel-84 der Chicago Convention der internationalen Luftfahrtorganisation Icao. Dieses Verfahren ist aber nicht mehr als ein stumpfes Schwert. Es hat weder eine aufschiebende Wirkung, noch führt es zwingend zu einer formalen und verbindlichen Entscheidung. Vielmehr ist das Ziel eines solchen Verfahrens, eine einvernehmliche Lösung zwischen den Parteien zu inden. Zudem bescheinigen Rechtsgutachten und last, but not least der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die EU-Verordnung völkerrechtlich zulässig ist. Der Handel mit Emissionszertiikaten stelle weder eine Gebühr, Steuer oder eine zollgleiche Abgabe dar noch sei sie diskriminierend. Es sieht ganz so aus, als dürften die ETS-Gegner große Schwierigkeiten haben, einen Verstoß gegen die Chicago-Konvention geltend machen zu können. Vielmehr sieht es danach aus, dass die Drittstaaten zum Einlenken bereit sind. Diese Überzeugung hat zumindest EU-Verkehrskommissar Siim Kallas. Es gebe insbesondere positive Signale aus den USA und China, über ähnliche EU-Maßnahmen zum Klimaschutz durch den Luftverkehr nachzudenken. Damit wäre auch die Gefahr gebannt, dass die EU-Verordnung verpufe und europäische Fluggesellschaften benachteiligt wären, wenn sich die Airlines aus den wichtigsten Drittstaaten nicht am Emissionshandel beteiligen. ɷ »Gegner des Emissionshandels für Airlines fletschen weiterhin nur die Zähne.« das EU-Emissionshandelssystem Die EU hat einseitig beschlossen, den Luftverkehr von 2012 an in das europäische Handelssystem mit Treibhausgasemissionen ETS einzubeziehen. Alle Fluggesellschaften, die in Europa starten oder landen, bekommen Höchstgrenzen an Kohlendioxid zugewiesen. Weil den Fluggesellschaften mit der Zeit immer weniger Zertiikate zugewiesen werden, dürfen sie weniger Klimagase in die Luft blasen. Überschreiten die Airlines die Höchstgrenzen, müssen sie Emissionsrechte hinzukaufen oder ein Bußgeld bezahlen. 2012 werden 85 % der Emissionsrechte den Airlines kostenlos zugeteilt. Von 2013 bis 2020 verringert sich dieser Anteil auf 82 %. LUFTvERKEHR tECHnOLOGiE Interview Andreas Büter Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 56 Immer ein ökonomischer Kompromiss: Leichtbau Ob Automobilbau, Flugzeugbau, Lagertechnik oder andere Bereiche: Das Schlagwort „Leichtbau“ ist in aller Munde. Was sich genau dahinter verbirgt, wo die größten Potenziale und Herausforderungen stecken, hat Kerstin Zapp bei Prof. Dr. Andreas Büter, Geschäftsführer der Fraunhofer-Allianz Leichtbau, erfragt. Herr Professor büter, was versteht man genau unter „Leichtbau“? Leichtbau bedeutet die Realisierung einer Gewichtsminderung bei hinreichender Steiigkeit, dynamischer Stabilität und Betriebsfestigkeit. 1 Hierbei ist zu gewährleisten, dass die entwickelten Bauteile und Konstruktionen ihre Aufgabe über die Einsatzdauer sicher erfüllen. Die Stabilität beeinlussende Faktoren wie Steiigkeit, Dämpfung, Masseverteilung und Konstruktion werden durch Parameter wie Material, Geometrie, Bauweise und Kosten bestimmt. Hinsichtlich der Festigkeit erfordern zyklische Betriebsbelastungen eine Bauteilauslegung gegenüber Ermüdung (Betriebsfestigkeit) unter Berücksichtigung nicht nur der Werkstofe, sondern auch der konstruktiven Formgebung, des Herstellungsprozesses, der Umgebungsbedingungen wie Temperatur, Feuchte und Medien sowie der Kosten. Die Kosten für Reklamationen, Inspektion und/ oder Wartung stehen in Relation zum Aufwand für detailiertere Untersuchungen, so dass es hier aus Sicht der Gesamtaufwendungen ein Optimum als Teil der Life-Cycle-Costs-Analyse gibt. Leichtbau heißt somit aus Sicht der betriebssicheren Konstruktion, immer einen ökonomischen Kompromiss zwischen Gewichtsminderung auf der einen und sicherer Konstruktion auf der anderen Seite zu inden. Eine gewichtsoptimale, betriebsfeste Auslegung von Komponenten und Strukturen setzt daher die genaue Kenntnis der im Betrieb auftretenden schädigungsrelevanten Belastungen 2 bzw. Beanspruchungen 3 voraus. welche Unterteilungen gibt es? Man unterteilt den Leichtbau in Optimierung nach: ƀǁ den Lasten (betriebsfester Leichtbau) - je genauer die Lasten bekannt sind, für die ein Bauteil ausgelegt werden soll, desto leichter wird das Bauteil, da Unsicherheitsfaktoren wegfallen. ƀǁ dem Material (Materialleichtbau) - je besser das Material für die Aufgabe geeignet ist, desto leichter wird das Bauteil, wobei hier gewichtsbezogene Eigenschaften zum Tragen kommen. Das sind z. B. gewichtsbezogene Steiigkeiten oder gewichtsbezogene Festigkeiten. Hierdurch kann, je nach Einsatzproil, eine Stahlkonstruktion leichter sein als eine Aluminiumkonstruktion. ƀǁ der Form (Formleichtbau) - das Ziel ist hier bezüglich der Aufgabenstellung (Steiigkeit, Festigkeitsanforderungen) die optimale Form/ Bauweise für ein Bauteil zu inden, z. B. auch durch Nutzung bionischen Prinzipien. Die Formgebung bestimmt sehr stark die Steiigkeit einer Struktur und wird durch die Möglichkeiten der Fertigung, inklusive Fügen, bestimmt. ƀǁ der Fertigung/ Bauweise (Fertigungsleichtbau) - Fertigungs- und Fügetechniken ermöglichen oder ermöglichen nicht die Realisierung einer gewünschten, speziellen Formgebung, und sie bestimmen darüber hinaus nicht unwesentlich über ihre Qualität die Tragfähigkeit der Struktur. Das Ziel ist, für die Aufgabenstellung das Fertigungs- und Fügeverfahren zu wählen, mit dem sich bei maximaler Tragfähigkeit die gewünschte gewichtsoptimale Form realisieren lässt. Die Qualität kann hier über zerstörungsfreie und zerstörende Prüfverfahren quantiiziert werden. Es gibt zudem noch Sonderformen wie den funktionsintegrierten Leichtbau: Ziel ist es hier, durch die Zusammenfassung/ Integration verschiedener Funktionen in einem Bauteil das Gewicht zu reduzieren. Unter Funktionsintegration wird hier die Zusammenfassung mehrerer passiver, aktiver, oder auch sensorischer Funktionen in einem Bauteil verstanden. Das Bauteil wird dadurch komplexer, die Anzahl der Bauteile aber geringer. Durch die Funktionsintegration lassen sich Kosten, Fertigungsaufwand, Bauraum und Gewicht einsparen. warum ist der Zusammenschluss diverser Fraunhofer-Institute in einer „Allianz Leichtbau“ sinnvoll? Lasten, Material, Formgebung, Fertigung und Fügeverfahren bestimmen in optimaler Kombination die Möglichkeiten des Leichtbaus. Als Allianz von 14 Fraunhofer- Instituten decken wir die gesamte Kette ab. Daher entwickeln wir besonders folgende Forschungsschwerpunkte weiter: ƀǁ neue Materialien und Materialverbünde ƀǁ Fertigungs- und Fügetechnologien aus Sicht des Leichtbaus ƀǁ Funktionsintegration ƀǁ Konstruktion und Auslegung ƀǁ zerstörungsfreie und zerstörende Prüfverfahren. Schwerpunkt ist die Bündelung der Aktivitäten zur Erforschung und Entwicklung von Verfahren zur Beurteilung der Leichtbauelemente im Hinblick auf die Einhaltung von Sicherheitsanforderungen. Als Allianz 1 nach Wiedemann: „Leichtbau“; Springer Verlag; 1996 2 Belastung: alle von außen auf die Struktur einwirkenden äußeren Kräfte und Momente. 3 Beanspruchung: die durch die Belastung in der Struktur generierten inneren Kräfte (Spannungen). Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 57 wollen wir die gesamte Kette abdecken, um so potenzielle Kunden optimal bei der Produktentwicklung zu unterstützen und zu begleiten. welche institutsübergreifenden Projekte laufen derzeit? Wir sind in den verschiedensten Fraunhofer internen, regionalen, nationalen und internationalen Projekten aktiv. Leichtbau ist beispielsweise entscheidend für die Elektromobilität. In der Fraunhofer Systemforschung Elektromobilität haben 33 Institute gemeinsam die gesamte Bandbreite der Elektromobilität erforscht. Innovative Leichtbaukonzepte wurden insbesondere für Batteriegehäuse und ein CFK-Rad mit integriertem Radnabenmotor eingesetzt. Ein regionales Projekt ist etwa das Karlsruher Innovationscluster „Technologien für den hybriden Leichtbau - KITe hyLITE“, in dem mit externen Partnern Fraunhofer ICT, Fraunhofer IWM und Fraunhofer LBF im Bereich Fertigung, Berechnung und Optimierung von Multimaterialsystemen aktiv sind. Im Rahmen der inhaltlichen Arbeiten stehen vier verschiedene Technologiekorridore im Bereich der Faserverbundwerkstoffe im Fokus: ƀǁ LFT - langfaserverstärkte Thermoplaste ƀǁ SMC - Sheet Moulding Compound ƀǁ PUR - Polyurethan-Fasersprühen ƀǁ RTM - thermoplastisches und duromeres Resin-Transfer-Moulding. Diese Technologien beinden sich bereits im industriellen Einsatz und bieten unter der Voraussetzung der Einbindung der führenden Industriepartner und Forschungsinstitute weiteres großes Innovationspotenzial. Auf Basis dieser Faserverbundtechnologien werden im Rahmen von KITe hyLITE hybride Leichtbauansätze ganzheitlich hinsichtlich innovativer Werkstofe, der für die Serienfertigung benötigten Produktionstechnologien und der zur Evaluierung und Absicherung erforderlichen Methoden (Berechnung, Auslegung) entwickelt. Ziel ist grundsätzlich ein Beitrag zur wirtschaftlichen Gewichtsreduzierung von Bauteilen und Modulen in der Fahrzeugtechnik. Im EU-FP7-Projekt „PolyBright“ (Extending the process limits of laser polymer welding with high-brilliance beam sources) arbeiten 16 verschiedene europäische Partner im Bereich des Laserschweißens von Kunststofen zusammen. wo liegen die größten Herausforderungen im Leichtbau? In den Kosten. Die Untersuchungen, die Optimierung und die Fertigung eines Bauteils sind mit Kosten verbunden, die sich beim Verkauf des Produkts erwirtschaften lassen müssen. Was sind wir bereit, für ein leichteres Produkt mehr zu bezahlen? Aus der Antwort ergeben sich dann die möglichen Aufwendungen zur Gewichtsreduktion und hieraus werden die Grenzen des Leichtbaus deutlich. Auf welchen Materialien ruhen große Hofnungen? Besonders auf hybriden Materialsystemen. Doch jedes Material hat seine Besonderheiten. Die Kunst ist, an den richtigen Stellen die richtigen Materialien zu verwenden. Das erfordert aber geeignete Verbindungstechniken. die da wären? Kleben, Laserschweißen, Nähen … - je nach Material. Einerseits leicht, andererseits auch sicher. Oder sind hier Kompromisse erforderlich? Bei Sicherheit gibt es keine Kompromisse. wo haben Leichtbauteile schon den durchbruch geschaft? Das Ziel, leicht zu bauen, ist nicht neu. Ich behaupte mal: Seit der Mensch Werkzeuge oder technische Produkte erzeugt, denkt er über Optimierung bzw. Leichtbau nach. Die Frage ist, wie viel Aufwand kann er und ist er bereit zu treiben. Das „kann er“ ist durch die Möglichkeiten und Werkzeuge deiniert - und da haben wir heute natürlich mehr Möglichkeiten als in der Vergangenheit. Die Bereitschaft dagegen ist durch den Markt und den Gesetzgeber bestimmt. Was ist man bereit, für ein eingespartes Kilogramm zu bezahlen? Hier gibt es branchenspeziische Unterschiede. Generell gilt: Die Weiterentwicklung der verschiedenen Werkstoklassen ist sehr wichtig, um in Zukunft neue Möglichkeiten im Leichtbau zu erschließen und das große Potenzial auszuschöpfen. In welchem bereich liegt künftig das größte Potenzial der Allianz? In der Zusammenführung der Aktivitäten und Forschungsergebnisse der verschiedenen Institute. So kann die Erforschung und Entwicklung von Verfahren zur kostengünstigen Entwicklung und Fertigung von Leichtbauelementen unter Berücksichtigung aller Sicherheitsanforderungen zeitnah vorangetrieben werden. In der Fraunhofer-Allianz Leichtbau haben wir die Möglichkeit, alle Einlussgrößen zu optimieren. Herr Professor büter, vielen dank! ɷ andreas Büter, Prof. Dr.-ing. ist seit September 2009 Professor an der Hochschule Darmstadt im Fachbereich Maschinenbau und Kunststoftechnik sowie seit 2004 Leiter des Kompetenzcenters Betriebsfester Leichtbau am Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt. Zur PErSOn Fotos: Fraunhofer LBF tECHnOLOGiE Leichtbau Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 58 CO 2 -Regulierung und Kosten der Batterie: Ausweg Leichtbau? Bis 2020 müssen die Fahrzeughersteller in Europa die durchschnittlichen CO 2 -Emissionen ihrer Flotten unter 95 g/ km senken, sonst drohen Strafzahlungen. Wie lassen sich die Werte entsprechend anpassen? L eichtbau spielt besonders in der Luftfahrt, im Automotive-Sektor und bei der Gewinnung von Windenergie eine Rolle. Während Flugzeuge bereits zu 78 % aus Leichtbauteilen gefertigt werden und dieser Anteil bis 2030 auf 85 % steigt, liegt der Anteil bei Windrädern derzeit bei 26 % und wird sich voraussichtlich nicht signiikant verändern, da nur die Blätter möglichst leicht sein müssen, der Mast nicht. In der Automobilindustrie werden heute zu 29 % leichte Werkstofe eingesetzt. Bis 2030 erwartet das Beratungshaus McKinsey einen Anstieg auf 67 %. Dieser Bereich zeigt einen Trend zu Materialkombinationen. Insgesamt wird der Markt getrieben durch CO 2 -Vorgaben und einen hohen Kostendruck, der besonders die Automobilindustrie trift. Die Optimierung konventioneller Motoren und Leichtbaumaßnahmen sind vielversprechende Schritte, um die Flottenemissionen zu senken. Doch bei einer weiteren Verschärfung der Grenzwerte sowie einem hohen Anteil an relativ schweren Ober- und Luxusklassefahrzeugen im Herstellerportfolio stoßen diese Maßnahmen an ihre Grenzen. Daher werden die Fahrzeugbauer außer auf die Optimierung konventioneller Motoren künftig auch auf den Elektroantrieb setzen, um die CO 2 -Grenzwerte einzuhalten. Das geht aus den Ergebnissen der Studie „Lightweight materials and design - a perspective across key industries“ von McKinsey & Company hervor. „Selbst extreme Leichtbaukonzepte können langfristig nicht zu akzeptablen Kosten eine ausreichende CO 2 -Reduzierung bei Mittelklassefahrzeugen darstellen“, erklärt McKinsey-Partnerin und -Leichtbauexpertin Ruth Heuss. Weniger Gewicht kontra kosten Beispiel: Ein Kotlügel aus Karbonfasern bietet zwar etwa 50 % Gewichtsersparnis gegenüber herkömmlichem Stahl, ist aber fast sechs Mal so teuer wie ein aus Stahl gefertigter. Dies liegt vor allem an der noch nicht möglichen bzw. ausgereiften Serienfertigung. Zudem: Karbonfasern werden bisher aus dem Rohstof Öl hergestellt. Zwar laufen Versuche, auf textilbasiertes Material, Lignin oder Cellulose umzustellen, doch bisher mit unbefriedigenden Ergebnissen. Unter Kostengesichtspunkten verliert Leichtbau als Methode, Fahrzeuge umweltfreundlicher zu machen, bis 2030 an Boden, sind die McKinsey-Forscher überzeugt. Hybrid Electric Drive etc. werden unter Berücksichtigung billigerer und besserer Batterien die günstigeren CO 2 -Sparmethoden sein. Seine eigentliche Bedeutung für die Hersteller erlangt der Leichtbau daher als Gegenmittel, um die Gewichtszunahme durch veränderte Antriebe auszugleichen. Schon die kraftstofeiziente Optimierung von Verbrennungsmotoren, beispielsweise durch Start-Stopp-Automatik oder den Einsatz von Turboladern, macht das Fahrzeug um durchschnittlich 50 kg schwerer. Mit bis zu 150 kg Zusatzgewicht schlägt die Batterie in Hybridfahrzeugen und „Range- Extender“-Fahrzeugen (E-Pkw mit kleinem Verbrennungsmotor zur Reichweitenvergrößerung) zu Buche. Rein batteriebetriebene Fahrzeuge bringen sogar 250 kg mehr auf die Waage als vergleichbare konventionelle Fahrzeuge. Mehr Gewicht kostet ebenfalls Neben den negativen Auswirkungen auf die Fahrdynamik verursacht das Zusatzgewicht höhere Gesamtkosten, da beispielsweise größere Bremsen zur Gewährleistung der einzuhaltenden Bremswege benötigt werden. „In Leichtbaukonzepte zu investieren, ist besonders sinnvoll, wenn dadurch die Batteriegröße von Elektrofahrzeugen reduziert werden kann“, resümiert Nicolai Müller, Partner und Fachmann für Leichtbau und Elektromobilität bei McKinsey. Sollten die Batteriekosten weniger schnell sinken als erwartet, habe Leichtbau ebenfalls noch sehr gute Chancen. Die Autorin: kerstin Zapp Anteil von Leichtbaumaterialien im Vergleich im Flugzeug-, Windrad-und Automobilbau Quelle: McKinsey Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 59 Es stellen sich folgende Fragen: Unter welchen Bedingungen wären die Fahrzeughersteller bereit, für leichte Bauteile mehr zu bezahlen - und wie viel könnte dies sein? Je nach Fahrzeugklasse rechnen sich unterschiedliche Leichtbau-Materialmixe: Ein konventioneller Mix mit 50 % hochfestem Stahl beispielsweise eignet sich für Klein- und Mittelklassefahrzeuge, bei denen sich Kosten von rund 3-EUR pro Kilogramm Gewichtsreduktion lohnen. Im Massenmarkt ist die Bereitschaft der Kunden, mehr für ein Auto zu bezahlen, sehr gering. In der Oberklasse werden sich hybride Metall-/ Kunststof-Kombinationen mit hohem Aluminiumbzw. Magnesiumanteil und einem kleinen Anteil an Karbon bzw. glasfaserverstärkten Kunststofen durchsetzen, da sich hier auch Kosten von 5 bis 14-EUR pro Kilogramm Gewichtsabnahme rechnen. Im Luxussegment werden zunehmend faserverstärkte Kunststofe eingesetzt werden. Für den noch kleinen Markt der Karbonfaserverbundstofe kalkulieren die McKinsey- Berater bis 2030 mit einem Wachstum um 20 %, wenn die mögliche 70 %ige Kostensenkung auf bis zu 15- EUR pro Kilogramm erreicht wird. Aber auch bei einer geringeren Kostensenkung werde Karbon eine wichtige Rolle im Luxussegment spielen: „Da die Karbonfaser bei Luxusfahrzeugen ein wichtiges Diferenzierungselement darstellt, wären hier selbst Kosten von mehr als 20- EUR pro Kilogramm Gewichtseinsparung wirtschaftlich vertretbar“, so Nicolai Müller. innovation durch kosten Positiv ist auch, dass ein neuer Wachstumsmarkt für Zulieferindustrie und Anlagenbau entsteht: Der Jahresumsatz mit Leichtbauteilen aus hochfestem Stahl, Aluminium und karbonfaserverstärktem Kunststof dürfte je nach Rohstofpreisentwicklung bis 2030 von derzeit etwa 70-Mrd.-EUR auf mehr als 300- Mrd. EUR wachsen, geht aus der Studie hervor. Danach wird hochfester Stahl künftig herkömmliche Stähle in vielen Bereichen ablösen und seinen Marktanteil in der Automobilindustrie von 15 auf 40 % steigern. Damit bleibt er der wichtigste Leichtbauwerkstof, während Karbonfaser- Verbundstofe (CFK) mit 20 % pro Jahr am schnellsten wachsen. Die Kosten der jeweiligen Materialien sind auch abhängig von den künftigen Energiekosten, denn Energie ist zur Gewinnung/ Herstellung erforderlich. Aber gerade bei Karbon werden die Herstellungskosten durch verbesserte Fertigungstechniken sinken. Der Kostendruck entfacht eine enorme Innovationskraft in der Industrie, ist McKinsey überzeugt. OEMs und Zulieferer würden gemeinsam versuchen, das Fahrzeug neu zu erinden. Die Forscher rechnen mit sehr vielen verschiedenen innovativen Lösungen und sehen gleichzeitig große Chancen für die Zulieferindustrie und Maschinenbauunternehmen in der Entwicklung neuer Werkzeuge, Be-und Verarbeitungsprozesse. Die Leichtbaukompetenz vermutet die Beratung zunächst bei den Fahrzeugherstellern, da die Fahrfunktion die Basis aller Entwicklungen bleibt. Entsprechend werde hier Know-how aufgebaut und gehalten. Noch zu lösende Fragen betrefen beispielsweise Reparaturmethoden, Instandhaltung, Recycling und Versicherungen. Langfristig werde ein Kompetenzmix bei OEMs und Zulieferern entstehen. Und ganz klar lägen deutsche Unternehmen im Leichtbau derzeit vorn. ɷ kerstin Zapp (zp) freie Fachjournalistin Redaktionsteam „Internationales Verkehrswesen“, DVV Media Group GmbH, Hamburg kerstin.zapp@dvvmedia.com Allein zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes ist der Einsatz eines hohen Anteils von Leichtbaumaterialien im Szenario 2010 zu teuer… Quelle: McKinsey … Und daran ändert sich auch bis 2030 nichts, wenn die Batteriekosten in dem Maß sinken, wie es erwartet wird. Quelle: McKinsey tECHnOLOGiE Aerodynamik Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 60 Aerodynamik von Hochgeschwindigkeitszügen Steigende Energiepreise und die Notwendigkeit, CO 2 -Emissionen zu reduzieren, schafen Impulse, die aerodynamische Leistung und Energieeizienz von Schienenfahrzeugen zu verbessern. Das DLR untersucht innovative Technologien zur Entwicklung einer neuen Generation von Hochgeschwindigkeitszügen mit einer wesentlichen Verbesserung der Aerodynamik in Bezug auf Strömungswiderstand und Seitenwindstabilität. V on Rekordfahrten mal abgesehen hat die Entwicklung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs seine Wurzeln um das Jahr 1935. Zu diesem Zeitpunkt erreichten stromlinienförmig verkleidete Damplokomotiven und Dieseltriebwagen erstmals die „magische“ Geschwindigkeit von 200 km/ h. Während die Vorgänger-Gesellschaften der Firma Bombardier Transportation und Siemens die Lokomotiven bauten, haben die Aerodynamiker in Göttingen die Windleitbleche entworfen. Bei diesen Geschwindigkeiten konnte durch die verschiedenen Verkleidungen ein Leistungsgewinn bis zu 20 % erzielt werden. Nach längerer Pause sind die Rekordgeschwindigkeiten dann ab 1955 durch französische Lokomotiven und Triebwagenzüge vorangetrieben worden, bis sie Abb. 1: Der neue Hochgeschwindigkeitszug ZEFIRO Graik: Bombardier Transportation im Jahre 2007 schließlich 575 km/ h erreichten. Dem folgten die fahrplanmäßig gefahrenen Geschwindigkeiten, bis die chinesischen Triebzüge CRH380 im Januar 2011 mit 420 km/ h fuhren. Allerdings wurden diese aus ökonomischen und Streckendurchsatzgründen gerade wieder auf eine Geschwindigkeit von 350 km/ h abgesenkt. Bombardier Transportation hat einen neuen, energieeizienten Hochgeschwindigkeitszug, den ZEFIRO [3], entwickelt, der fahrplanmäßig 380 km/ h schnell ist. Erster Kunde ist das chinesische Eisenbahnministerium. Das DLR untersucht innovative Technologien für den Hochgeschwindigkeitsschienenverkehr in dem Projekt „Zug der Zukunft/ Next Generation Train - NGT“ [1]. Eines der untersuchten Fahrzeugkonzepte basiert auf einem doppelstöckigen Hochgeschwindigkeitszug, der mit ca. 790 Fahrgästen 400 km/ h schnell die europäischen Flughäfen über das aufgewertete Transeuropäische Streckennetz (Trans European Network - TEN) befördert. Die Untersuchungen des DLR darüber, wo denn die technisch und wirtschaftlich sinnvollen Grenzen für das Rad-Schiene-System liegen, sind noch nicht abgeschlossen. aerodynamische Herausforderungen bei ultra-Hochgeschwindigkeit Aus Sicht des sehr großen europäischen Bestandsnetzes und aufgrund der geringen Entfernungen zwischen den Städten wird sich auch nach dem Netzausbau entsprechend des aktuellen Weißbuchs vom April 2011 die Höchstgeschwindigkeit bei 300 km/ h einpendeln. Die Autoren: Joachim Winter, Sigfried Loose, alexander Orellano Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 61 Diese Situation ist auf Kontinenten oder in Flächenländern (z. B. China, Brasilien, USA), die jetzt erst mit dem Aubau eines Schienennetzes für den Personenverkehr begonnen haben, deutlich anders. Meist werden hier Ultra-Hochgeschwindigkeiten im Bereich 350 - 450 km/ h angestrebt und technisch realisiert. Ob sich der damit verbundene Energieverbrauch und Verschleiß nachhaltig auch ökonomisch durchsetzen lässt, muss derzeit dahingestellt bleiben. Aus der Formgebung des Fahrzeugs, der Strecke und deren „Möblierung“ sowie dem geplanten Betrieb ergeben sich sehr komplexe Anforderungen an die Aerodynamik. Noch vor recht kurzer Zeit waren Versuchsfahrten für Machbarkeitsuntersuchungen notwendig, weil man die auftretenden Phänomene entweder nicht kannte oder nicht einschätzen konnte. Hier wurden weltweit die Werkzeuge und Methoden [2], [3] stark nachgebessert. Das existierende, weltweit europäisch geprägte Regelwerk, deckt diesen Geschwindigkeitsbereich nicht ab und beindet sich im Rahmen der europäischen Interoperabilitätsrichtlinie (TSI) in einer Revisionierung. Die Entwickler versuchen nun, möglichst glatte Züge mit spitzen Nasen zu entwickeln, wobei sich der Triebzug besonders bewährt hat, weil die Eisenbahn ja der einzige Verkehrsträger ist, bei dem die Fahrzeuge in beide Richtungen Gleiches leisten müssen. triebzug Die stromlinienförmige Verkleidung der Damplokomotiven und bei manchen Zügen auch der Waggons (Wegmann-Zug) diente der Verringerung des Luftwiderstandes und damit dem Leistungszugewinn von ca. 20 % aus der installierten Antriebsleistung. Die erreichbaren Geschwindigkeiten lagen knapp über 200 km/ h. Aerodynamisch erwies sich schließlich der Triebzug mit Triebköpfen als günstig. Mit Dieselantrieben konnten so 250 km/ h und mit elektrischem Antrieb in Sonderausführungen sogar 575 km/ h erreicht werden. Bei den Triebzügen werden oberhalb von 250 km/ h die Roll- und Antriebsgeräusche durch den aerodynamisch induzierten Lärm übertönt. Deshalb sind erhebliche Anstrengungen notwendig, um die aerodynamischen Lärmquellen zu reduzieren und damit auch, im willkommenen Nebenefekt, den Luftwiderstand zu verringern. Die erreichbaren Luftwiderstandsbeiwerte c W liegen zwischen 1 und 0,5. Die Stirnläche der Schienenfahrzeuge ist durch das Lichtraumproil begrenzt und unterscheidet sich daher nicht sehr stark. Zum Luftwiderstand trägt damit in besonderem Maße die Geschwindigkeit quadratisch bei. Der Abb. 2: Mit der Seitenwind-Versuchsanlage kann simuliert werden, welche Kräfte und Drücke bei Seitenwind auf einen Zug wirken Foto: DLR Abb. 3: Im Projekt NGT forscht das DLR an einem 400 km/ h schnellen, doppelstöckigen Triebzug mit verteiltem Antrieb tECHnOLOGiE Aerodynamik Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 62 Leistungsbedarf erhöht sich sogar mit der dritten Potenz der Geschwindigkeit. Aerodynamisch bedeutet dies auf freier Strecke, dass der Luftwiderstand gegenüber einer Triebzugnase in Form eines Kugel- Abb. 4: Zugmodell im Windkanal Foto: DLR Abb. 5: Modellaufbau Tunneleintritt abschnittes nicht wesentlich verbessert werden kann. Der Luftwiderstand erhöht sich jedoch durch die Wandreibung entlang der Mittelwagen mit zunehmender Fahrzeuglänge. Zudem haben Anbauten (wie Klimaanlage, Stromabnehmer, Antennen, Stromrichter und Starkstromkabel usw.) am Schienenfahrzeug durch die von ihnen verursachten Luftwirbel einen wesentlichen Einluss auf den Luftwiderstandsbeiwert. Die üblichen Winkanalmodelle bilden zwar das Fahrwerk richtig nach, nicht aber die Anbauten. Deshalb werden bei der Ermittlung des Luftwiderstandsbeiwertes tabellarisch erfasste Zuschlagswerte aus Fahrzeugtests hinzuaddiert. Es ist zumeist vorteilhaft, die Stirnläche zu vergrößern, aber dafür alle unvermeidbaren Anbauten unter der Verkleidung zu platzieren. Die Wagenübergänge und die Fahrwerke sollten ebenfalls verkleidet sein. Dann bleibt der Stromabnehmer übrig, solange man mit einem Fahrdraht fährt. Im DLR-Projekt „Zug der Zukunft/ Next Generation Train - NGT“ wird daher untersucht, ob die Energie auch auf der ganzen Zuglänge induktiv aus der Festen Fahrbahn übertragen werden kann. Seitenwind Heutige Triebzüge bestehen entweder aus einem Triebkopf (Lokomotive), einer Anzahl Mittelwagen und einem Steuerwagen oder einem weiteren Triebkopf. Die Zahl der benötigten Triebköpfe hängt vom Fahrzeuggewicht ab. Um bessere Beschleunigungen über den Rad/ Schiene-Kontakt zu erzielen, setzt man bei den modernen Hochgeschwindigkeitszügen überwiegend auf verteilte Antriebe, das heißt, die Antriebsleistung wird über möglichst viele Radsätze des Triebzuges verteilt. Damit können dann auch Fahrgäste in den Steuerköpfen der Triebzüge platziert werden. Allerdings wird der Steuerkopf dadurch leichter und damit empindlicher gegen Seitenwind. Noch leichter sind die Mittelwagen, deren in Fahrtrichtung erster ebenfalls besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Hohe Beschleunigungen bei möglichst geringem Energieaufwand bedingen ein leichtes Fahrzeug. Der Einsatz von Leichtbaumethoden kann bis zu 30 % Gewichtseinsparung bringen und verschärft somit die Empindlichkeit gegenüber Seitenwind. Denn die auf das Fahrzeug wirkende Seitenkraft und der Auftrieb, den das Fahrzeug bei Seitenwind aus der resultierenden Schräganströmung erfährt, können zu einer ungewollten Entlastung (< 10 % Restaufstandskraft) insbesondere der führenden Radsätze führen. Es sei denn, diese aerodynamischen Kräfte und die daraus resultierenden Momente werden durch ein Mehr an Gewicht und/ oder durch Kräfte, die von Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 63 aerodynamischen Steuerelementen induziert werden, kompensiert. Die existierenden Hochgeschwindigkeitszüge kommen mit Zusatzgewichten im Endwagen oder mit passiven (nicht bewegten), relativ kleinen Spoilern aus. Anderenfalls werden fahrdynamische Untersuchungen im Zusammenspiel mit aerodynamischen Maßnahmen der Formgebung der Endwagen oder gar aktiven Steuerelementen notwendig. Im Projekt NGT forscht das DLR an einem 400 km/ h schnellen, doppelstöckigen Triebzug mit verteiltem Antrieb, der gegenüber einem TGV Duplex auf den Sitzplatz bezogen etwa 43 % leichter ist. Die derzeitigen Forschungsarbeiten konzentrieren sich darauf, den Einsatz von aufwendigen aktiven Steuerelementen zu vermeiden und den Triebzug dennoch unter allen Umständen sicher zu betreiben. Zur Untersuchung der Fahrstabilität werden Fahrzeugmodelle des NGT-Endwagens und des ersten Mittelwagens im Windkanal vermessen [2]. Die Messergebnisse werden durch eine hochgenaue Strömungssowie Fahrdynamiksimulation veriiziert. Die strömungstechnischen Untersuchungen zum Seitenwindeinluss insbesondere auch eines Fahrzeugs auf dem Bahndamm führt das DLR seit Oktober 2010 mit einem eigens dafür entwickelten Windkanal in Göttingen durch. Das DLR bringt seine erarbeitete Kompetenz auch in die europäischen Standardisierungsgremien ein. tunneleintritt Aus den Umgebungsbedingungen des Schienenfahrzeuges ergeben sich weitere besondere Belastungen, die durch den Tunneleintritt verursacht werden. Eine Steigerung der Fahrgeschwindigkeit hat bei Tunneldurchfahrten zur Folge, dass sich die durch den Zug induzierten Druckwellenamplituden deutlich erhöhen. Bei ungünstiger Konstellation kann dadurch am Ende des Tunnels ein Knallgeräusch durch Mikrodruckwellen erzeugt werden. Die Druckwelle steigert die mechanischen Belastungen zum einen für Bauteile und Strukturelemente des Fahrzeugs sowie für die Tunnelanlage. Zum anderen bedeuten sie ein sicherheitsrelevantes Problem für das Wartungspersonal von Tunnelanlagen. Die Höhe der zu erwartenden Druckamplitude skaliert im Wesentlichen mit der Zuggeschwindigkeit, dem Verblockungsfaktor (Querschnitte des Tunnels geteilt durch den Querschnitt des Fahrzeuges), der Kopform und Koplänge (Formparameter), der Tunnellänge und der Tunnelbeschafenheit beziehungsweise der Geometrie (Schotter, Oberlächen etc.). Mit der Form des Schienenfahrzeugs, kann man Einluss auf das Verhalten der Luftsäule bei der Tunneldurchfahrt und den dabei hervorgerufenen Druckwellen nehmen. Eine weitere Möglichkeit der Einlussnahme besteht in der Veränderung der Tunnelgeometrie. Für die zulässige Geschwindigkeit im Tunnel ist entscheidend, ob der Tunnel ein- oder zweigleisig ausgeführt worden ist und ob gattungsreiner HGV oder Mischverkehr mit Güterzügen erfolgt. Soll der Tunnel mit unverminderter Geschwindigkeit durchfahren werden, muss er zur Vermeidung des Zugbegegnungsdrucks eingleisig gebaut werden. Für die kontinuierliche Luftverdrängung bei Tunneleintritt eines Triebzuges mit hoher Geschwindigkeit ist das Tunnelportal entscheidend. Tunnelseitig sollte ein Einlauftrichter auf einen Tunnelquerschnitt führen, der genügend Luft am Zug zurückströmen lässt. Ein solcher Tunneleintritt kann auch durch Vorbau nachgerüstet werden. Fahrzeugseitig kann so vermieden werden, dass eine sehr lange Triebzugnase durch das Lichtraumproil die fahrbaren Kurvenradien einschränkt. Die Kopfwelle des Triebzugs kann durch einen großen Schlankheitsgrad reduziert werden. Für den doppelstöckigen NGT wird bei Einhaltung des Triebfahrzeugführersichtwinkels ein mittlerer Schlankheitsgrad angesetzt, um das Lichtraumproil G2 einhalten zu können und weil zukünftig Tunnel auf Hochgeschwindigkeitsstrecken parallel eingleisig mit einem Einlauftrichter zur kontinuierlichen Luftverdrängung gebaut werden. Bahnhofsdurchfahrt und fahrzeugbegegnung Jeder am Bahnsteig wartende Fahrgast kennt das Phänomen, das ein schnell durchfahrender Zug zunächst einen ruckartigen Wind erzeugt und dann einen Sog. Aus diesem Grund ist es in Abhängigkeit von der Warteposition am Bahnsteig auch bei einfahrenden Zügen gefährlich, zu dicht an der Bahnsteigkante zu stehen. Das Gesagte gilt natürlich entsprechend auch für streckennahe Objekte. Dies ist der sogenannte Slip Stream, eine vom Zug mitgeschleppte Grenzschicht und Nachlaufströmung. Durch die Bewegung des Zuges wird Luft verdrängt, was sich in Verbindung mit der sich am Fahrzeug bildenden Grenzschicht in einer vom Fahrzeug induzierten, komplexen dreidimensionalen Strömung ausbildet. Diese wird bestimmt durch die Zuglänge und -geschwindigkeit, durch die Oberlächenbeschafenheit und die Form des Zuges, den Zugtyp (Personenzug, Güterzug; Doppelstockzug etc.), den lokalen Wind und die Umgebungsverhältnisse. Die vom Strömungsfeld des Fahrzeugs auf den Menschen ausgeübten Kräfte skalieren mit der Strömungsgeschwindigkeit und diese wiederum ist abhängig vom Abstand des Menschen vom Zug. Die von diesem Strömungsfeld in Verbindung mit der Nachlaufströmung ausgehende Gefahr ist für einen Hochgeschwindigkeits-Doppelstockzug wie den NGT am größten. Deshalb sieht das Zugkonzept vor, dass die Fahrzeugoberläche möglichst glatt und ohne Sprünge ist. Die Fahrwerke Abb. 6: NGT-Strömungsmodell Foto: DLR tECHnOLOGiE Aerodynamik und Wagenübergänge sind voll verkleidet. Dem Nachlauf des NGT wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet, weil bei existierenden Fahrzeugen hier die höchsten Geschwindigkeiten auftreten. Eine aerodynamisch gute geformte Fahrzeugnase ist in den meisten Fällen kein gutes Fahrzeugheck. Deshalb müssen bei einer gesamtheitlichen Optimierung Kopf- und Heckeinluss gleichzeitig betrachtet werden. Da das beschriebene Strömungsfeld sich bei jedem Fahrzeug ausbildet, entstehen besonders hohe Drücke zwischen zwei sich mit hoher Geschwindigkeit begegnenden Zügen. Die Kopfwelle beider Züge wandert an der Seitenwand des jeweils entgegenkommenden Zuges entlang und sorgt für rasch wechselnde Druckverhältnisse. Insbesondere werden die Wagenübergänge, Fenster und Türen von diesen Druckwellen stark beansprucht. Bei nicht druckdichten Fahrzeugen wird diese Druckwelle als unangenehmer Knall wahrgenommen, der die Fahrgäste durchaus schmerzen kann. Die Folge ist, dass der Regelgleisabstand von 3,50 m auf 4,50 m bei Hochgeschwindigkeitsstrecken erhöht wurde. Die Hochgeschwindigkeitszüge der neueren Generation werden möglichst gut druckdicht ausgeführt. Schotterflug Auf einem Flugfeld liegen keine losen Gegenstände und auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke sollten sie auch nicht liegen. Auf einer Schotterstrecke ist darauf zu achten, dass nach Bau- oder Wartungsarbeiten der Schotter gekehrt wird und keine Steine oberhalb der Schwelle oder gar auf der Schwelle liegen. Untersuchungen, die die SNCF [4] im Herbst 2008 mit einem TGV Duplex durchgeführt hat, haben gezeigt, dass der Schotterschlag nur vormittags mit bis zu 60 Trefern stattfand. War das Schotterbett durch den Betrieb geräumt, war der Schotterschlag nicht mehr nennenswert. Eine sogenannte Schotterlawine kann durch einen Schotterstein oder im Winter durch einen gelösten Eisbrocken ausgelöst werden, der andere Schottersteine trift und diese über Unebenheiten im Unterboden mit Unterstützung der Luftverwirbelung zurückschießt und so weiteren Schotter in Bewegung setzt. Eine solche Lawine kann sich bei Hochgeschwindigkeitszügen so entwickeln, dass die Steine von der Strömung unter dem Zug ausgetragen und in die Seitenverkleidung des Zuges geschleudert werden. Ein solches Problem kann auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke mit entsprechend präparierter Fester Fahrbahn nicht auftreten. Um das Problem auch zugseitig zu verhindern und aerodynamisch sowie akustisch eine gute Lösung anzubieten, ist der NGT auf der Unterseite vollkommen glatt. Da er schon vom Bauvolumen nur 20 cm über der Schienenoberkante liegt, ist sowieso kaum Raum für Aggregate am Unterboden. Zusammenfassung Das Verbundthema Aerodynamik berührt Aspekte des Fahrzeuges, der Infrastruktur und des Betriebs und ist deshalb sehr komplex. Mit zunehmender fahrplanmäßiger Geschwindigkeit der Züge sind in der Praxis immer wieder Efekte aufgetreten, die man mit den mathematischen Methoden der fahrdynamischen und strömungstechnischen Verhältnisse nur schwer simulieren und in den Windkanälen nicht veriizieren konnte. Hier ist viel Arbeit geleistet worden. Alexander Orellano, Dr.-Ing. Bombardier Transportation Hennigsdorf Leiter Kompetenzzentrum für Aerodynamik & Thermodynamik alexander.orellano@de.transport. bombardier.com Sigfried Loose, Dipl.-Phys. Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, Göttingen sigfried.loose@dlr.de Joachim Winter, Dr.-Ing. Institut für Fahrzeugkonzepte, Stuttgart joachim.winter@dlr.de LITERATUR [1] WINTER, J.: Neuartiges Zugkonzept eines Hochgeschwindigkeitszuges für die übernächste Generation - Next Generation Train (NGT), Eisenbahningenieur Rad-Schiene 2011 [2] LOOSE, S.: Ohne viel Wirbel - Der Zug der Zukunft ist leicht und schnell, vor allem aber sicher, DLR Nachrichten Nr. 118, 2007, S. 38 - 43 [3] Marek, H.; oreLLano, a.; ScHober, M.: energieeiziente Schienenfahrzeuge und Standardisierung, etr 10, 2010, S. 710 - 717 [4] PeraLeS, r.; MiLeSi, n.; DeScanteS, Y.: on the damaging efects of the ballast tamping operation, 9th World congress railway research - Wcrr, Lille, 22 - 26 May 2011, G5 [5] Winter, J. (ed.): nGt - next Generation train, rtr Speccial 2011 Dr. Martin Henke, VDV-Geschäftsführer Eisenbahnverkehr „ Europäische Bahnen ist das Kompendium der Branche, das in seinem Umfang, in der Übersichtlichkeit und in der Qualität der Informationen seinesgleichen sucht. Für uns beim VDV ist es trotz unserer vielen direkten Kontakte unverzichtbar.“ Bestellen Sie jetzt unter www.eurailpress.de/ eb - für uns ein unverzichtbares Arbeitsmittel “ „ Europäische Bahnen 4362_anz_erp_ep_210x99.indd 1 05.03.2012 16: 41: 08 Deshalb sind jetzt Fahrgeschwindigkeiten der Serienzüge von über 400 km/ h sicher möglich. ɷ tECHnOLOGiE Reparaturverfahren Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 65 Regeneration ziviler Flugzeugturbinentriebwerke Der Zustand von Flugzeugtriebwerken als hochwertige und hochkomplexe Investitionsgüter verschlechtert sich während des Betriebs durch Abnutzung und Schädigung, sodass die regelmäßige Wartung, Reparatur und Überholung (Maintenance, Repair and Overhaul (MRO)) erforderlich sind. Damit können nicht nur Ressourcen gespart, sondern auch die Eigenschaften des Investitionsgutes wiederhergestellt oder u. U. verbessert werden. D ie Überholung („Regeneration“) hat zum Ziel, die nicht mehr vorhandene Einsatzfähigkeit eines Triebwerks wieder für einen längeren Betriebszeitraum herzustellen. Sie ist aufgrund des hohen Restwerts sowie des hohen Neuteilpreises der einzelnen Komponenten besonders rentabel für Turbinentriebwerke. Der regenerationsprozess Die Überholung wird am abgenommenen Triebwerk (of-wing) durchgeführt. Typischerweise wird das Triebwerk dabei zuerst einer Eingangsinspektion unterzogen. Danach wird es demontiert, seine einzelnen Module und Komponenten werden gereinigt und im Rahmen der Befundung auf Verschleiß und Schädigungen untersucht. Wenn Schädigungen festgestellt werden, muss anhand festgeschriebener Kriterien entschieden werden, ob die Teile verschrottet oder repariert werden. Schrottteile werden durch betriebsfähige, gebrauchte, überholte oder neue Teile ersetzt. Reparaturfähige Komponenten werden entweder im Hause des Regenerationsdienstleisters instandgesetzt oder an einen externen Dienstleister (Outside Vendor (OV)) zur Reparatur verschickt. Sobald alle Komponenten im betriebsfähigen Zustand vorliegen, kann mit der Montage des Triebwerks begonnen werden. Das montierte Triebwerk wird nach einem Testlauf an den Kunden geliefert [8]. Nach Schätzungen wird das zivile Luftfahrtaukommen in den nächsten 20 Jahren um etwa 4,8 % jährlich wachsen mit Schwerpunkten im Mittleren Osten und der asiatisch-paziischen Region [4]. Mit dem Luftfahrtaukommen wächst auch die Nachfrage nach MRO-Maßnahmen an Fluggerät und Triebwerken. Etwa 40 % der weltweiten Ausgaben für diese Maßnahmen entfallen auf die Triebwerke [2]. Der größte Markt für MRO-Leistungen ist in Nord- Abb. 1: Module eines modernen Flugzeugtriebwerks Quelle: Engine Alliance amerika mit einem Anteil von 40 % vorzuinden, gefolgt von Europa (26 %) und dem asiatisch-paziischen Raum (20 %) [1]. In der zivilen Luftfahrt besitzen die Betriebskosten von Triebwerken einen Anteil von über 30 % an den Gesamtkosten der Fluggesellschaften. Dafür verantwortlich sind neben den Abschreibungs- und Leasingkosten primär die Reparatur- und Überholungskosten sowie die Kosten für Kraftstof. Durch den Anstieg des Kerosinpreises nimmt der letztgenannte Posten ein immer größeres Gewicht ein [6]. Die Ausgaben für die Triebwerksüberholung lagen im Jahr 2009 schätzungsweise bei 19,3 Mrd. US-$. Davon entielen 62 % auf Materialkosten, 22 % auf Arbeitskosten und 16 % auf die Kosten für externe Dienstleister sowie weitere Gebühren [1]. Bei normalen Komplettüberholungen sind Schwerpunkte der Materialkosten typischerweise bei der Verdichter- und Turbinenbeschaufelung bzw. den Heißteilen des Triebwerks gegeben, für die über 50 % der Kosten anfallen [6]. Synergie zwischen triebwerksneugeschäft und MrO-Dienstleistungen Die Produktlebenszyklen für Triebwerke sind extrem lang und erstrecken sich teilweise über Zeiträume von mehr als 30 Jahren. Die Amortisationszeit beträgt im zivilen Triebwerksgeschäft etwa 15 Jahre. Dies folgt einerseits aus den hohen Investitionen in Forschung, Entwicklung und Produktion. Andererseits sind die Anbieter gezwungen, aufgrund der starken Konkurrenz vielfältige Zugeständnisse beim Neukauf zu gewähren. Das Neugeschäft für Flugzeugturbinen allein ist daher i. d. R. nicht in der Lage, die hohen Investitionen in Entwicklung und Die Autoren: Stefan Helber, felix Herde, raoul Hille tECHnOLOGiE Reparaturverfahren Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 66 Abb. 2: Potenzial der Regeneration am Beispiel einer Turbinenschaufel Quelle: Institut für Turbomaschinen und Fluid-Dynamik (TFD), Leibniz Universität Hannover (LUH) Zulassung sowie die eigentlichen Herstellkosten zu decken. Vielmehr kann erst in der Betriebsphase durch MRO-Leistungen ein positiver Return on Investment für den Triebwerkshersteller generiert werden [6,-3]. komplexe Beziehungen auf dem MrO-Markt Triebwerkshersteller (OEM) Die zivile Industrie für Flugzeugturbinen weist bedingt durch hohe Markteintrittsbarrieren eine oligopolistische Marktstruktur auf. Das Erfordernis von hoher technologischer Kompetenz, bestehende langfristige Verträge zwischen den etablierten Triebwerksherstellern und ihren Kunden, strenge Zertiizierungs- und Zulassungsvorschriften sowie die Notwendigkeit erheblicher Investitionen in Forschung und Entwicklung erschweren den Markteintritt. Darüber hinaus stellen Skaleneffekte (Economies of Scale) eine weitere strukturelle Markteintrittsbarriere dar. Die Triebwerkshersteller (Original Equipment Manufacturer (OEM)) haben dadurch eine starke Position im MRO-Markt. Im Bereich der Flugzeugturbinen zählen dazu General Electric (GE), Pratt & Whitney und Rolls- Royce, sowie die drei Konsortien CFM International, International Aero Engines und Engine Alliance. Neben diesen Systemanbietern sind Subsystem- und Modullieferanten sowie hochspezialisierte Komponentenlieferanten an der Entwicklung und Fertigung eines Triebwerks beteiligt. Obwohl in der Luftfahrtindustrie ein starker Wettbewerbsdruck vorliegt, kooperieren die genannten Akteure triebwerksprogrammbezogen im Rahmen von „Risk-and-Revenue-Sharing“- Partnerschaften bei der Entwicklung und Fertigung. Regenerationsdienstleister Die größten Anbieter für Triebwerksüberholungen sind die OEMs. Bereits beim Kauf eines Flugzeugs bzw. Triebwerks werden häuig langfristige MRO-Verträge geschlossen. Daneben führen einige Fluggesellschaften die MRO-Dienstleistungen in eigenen Betrieben (Shop) selbstständig durch oder bieten wie Lufthansa Technik oder Delta TechOps ihre Kapazitäten an externe Kunden an. Im Zuge der Konzentration auf das Kerngeschäft lagern Fluggesellschaften die Regeneration zunehmend aus, zumal eine rentable Überholung eine gewisse Flottengröße voraussetzt. Darüber hinaus existieren unabhängige Anbieter für MRO-Leistungen, wie MTU Maintenance oder SR Technics. Die Triebwerkshersteller versuchen, Eintrittsbarrieren auf dem MRO-Markt zu errichten, indem sie die technische Unterstützung und das Training, die Bereitstellung von Werkzeugen, Ausrüstung und technischen Triebwerksunterlagen (Engine Manual (EM)) sowie die Vergabe von Lizenzen für Reparaturverfahren einschränken [7]. Ersatzteillieferanten, Outside Vendors An der Regeneration von Triebwerken sind zudem hochspezialisierte Unternehmen als Outside Vendors (OV) beteiligt, die Kompetenzen für die Reparatur bestimmter Triebwerkssysteme, -module oder -komponenten besitzen, welche die eigentlichen MRO-Anbieter u. U. nicht aufweisen. Anbieter von PMA-Teilen (Parts Manufacturer Approval) liefern von den Luftfahrtbehörden zugelassene Ersatzteile, die nicht vom eigentlichen Systemanbieter (OEM) stammen. Die PMA-Teile stehen im direkten Wettbewerb zu den Originalersatzteilen der Systemanbieter und setzen die Preise für Ersatzteile unter Druck. Luftfahrtinstitutionen Der Luftverkehr ist geprägt von höchsten Anforderungen hinsichtlich Sicherheit und Zuverlässigkeit. Um die Einhaltung der Anforderungen zu gewährleisten, existieren verschiedene (staatliche) Institutionen mit hoheitlichen Kompetenzen. Zu ihnen zählen u. a. das Luftfahrt-Bundesamt (LBA), die Europäische Agentur für Flugsicherheit (European Aviation Safety Agency (EASA)) und die Federal Aviation Administration (FAA). In Bezug auf die Regeneration von Flugzeugtriebwerken sind die Luftfahrtbehörden u. a. zuständig für die Zertiizierung und Kontrolle der beteiligten Unternehmen und deren Mitarbeiter. Sie publizieren z. B. Lufttüchtigkeitsanweisungen (Airworthiness Directives (AD)), die bei der Regeneration verbindlich umzusetzen sind. Darüber hinaus lassen sie nach anspruchsvollen Tests selbstständig entwickelte Reparaturverfahren von Regenerationsbetrieben zu. Kunden und kundenspezifische Anforderungen Die Kunden von MRO-Leistungen sind die operierenden Fluggesellschaften sowie Leasinggeber. Mit dem individuellen Geschäftsmodell des Kunden und dessen Unternehmensphilosophie unterscheiden sich auch die teilweise konliktären Anforderungen an die Regeneration. Die Basisanforderung, die immer − unabhängig vom jeweiligen Kunden − besteht, ist die Sicherstellung des störungsfreien Betriebs der Triebwerke. Über diese Basisanforderung hinaus nehmen die Kunden unterschiedliche Gewichtungen der Anforderungen vor, u. a. hinsichtlich ƀǁ der Kosten der Regeneration sowie deren Vorhersagbarkeit/ Planbarkeit, ƀǁ des Qualitätsstandards der Triebwerke, bezogen auf Leistung, Energieeizienz, Reichweite, Emissionen, Verfügbarkeit etc., ƀǁ der Betriebskosten, ƀǁ der Durchlaufzeit bei der Regeneration, ƀǁ der Vorhersagbarkeit der Regenerationsintervalle, ƀǁ Bereitstellung von Ersatztriebwerken (Leasing). Die Umgebungssowie Einsatzbedingungen, unter denen Triebwerke betrieben werden (z. B. hohe Anzahl von Starts mit maximalem Schub, korrosive Einsatz- (Umwelt)bedingungen, etc.), hängen vom kundenspeziischen Geschäftsmodell ab und beeinlussen neben der Abnutzung und Schädigung weitere relevante Parameter, wie bspw. den Kraftstofverbrauch. Dieser gewinnt mit dem ab 2012 zunächst in Europa eingeführten CO 2 -Zertiikatehandel (Emission Trading) weiter an wirtschaftlicher Bedeutung. Werden Triebwerke mit einer hohen durchschnittlichen Anzahl von Flugstunden je Flugzyklus betrieben, was z. B. auf Interkontinentallügen von Full Service Network Carriern (FSNC) gegeben ist, so besitzen die Kosten für Treibstof einen größeren Anteil an den Gesamtkosten, als bei kurzen durchschnittlichen Flugzyklen bspw. auf Kontinentallügen von Low Cost Carriern (LCC). Der Kundennutzen wird dann erhöht, wenn die Regeneration der Triebwerke kundenspeziisch ausgeführt wird, so dass der Kraftstofverbrauch und die speziischen Schädigungen reduziert werden. Dies wird durch angepasste Reparaturverfahren oder die entsprechende Koniguration der einzelnen Triebwerksmodule erreicht. Vertragsarten und Zahlungsmodalitäten Regenerationsbetriebe bieten ihren Kunden unterschiedliche Vertragsarten mit entsprechenden Abrechnungsverfahren an. Mit der Wahl der Vertragsart werden die Höhe und Vorhersagbarkeit der Kosten sowie die Durchführung der Regeneration beeinlusst. Grundsätzlich ist die Kombination der verschiedenen Vertragsarten Praxis [5,-8]. „Exklusiv“ vs. „Nicht-Exklusiv“ Exklusive Verträge binden den Kunden langfristig an den im Vertrag festgelegten Leistungsumfang. Über die Vertragslaufzeit ist der Kunde verplichtet, alle im Vertrag erfassten Regenerationsereignisse (Shop Visits (SV)) bei dem entsprechenden Betrieb durchführen zu lassen. Werden Verträge nicht exklusiv geschlossen, so hat der Kunde die Möglichkeit, fallweise zu entscheiden, welcher Betrieb die Regeneration ausführen soll. Time & Material Bei Time & Material-Verträgen werden dem Kunden sämtliche Arbeitsstunden und Materialien für das Regenerationsereignis nach Aufwand in Rechnung gestellt. Diese vergütet der Kunde unter Berücksichtigung der ausgehandelten und vertraglich ixierten Arbeits- oder Materialkosten. Der Regenerationsbetrieb berechnet gegebenenfalls für bestimmte Leistungen einen zusätzlichen Aufwand, der gewöhnlich auf einen maximalen Betrag limitiert wird. Fly-by-Hour Fly-by-Hour-Verträge (FbH) erfordern ein exklusives Vertragsverhältnis. Der Kunde bezahlt für jede Triebwerksbetriebsstunde einen vertraglich ixierten Betrag an den Regenerationsdienstleister. Aus den kumulierten Beträgen werden die Kosten der Regenerationsereignisse getragen. Da nur ein begrenztes Budget zur Verfügung steht, das unabhängig von dem Zustand des Triebwerks und dem damit verbundenen Arbeitsumfang ist, besteht bei übermäßigen Schädigungen ein inanzielles Risiko für den Regenerationsbetrieb. Für den Kunden bietet ein FbH-Vertrag den wesentlichen Vorteil, dass die Kosten der Regeneration WINDFORCE 2012 - Ihr Schlüssel zur Offshore-Windenergie! Die Nordwest-Region Deutschlands bildet weltweit einen einmaligen Schwerpunkt in der Offshore-Branche. Projektierer, Hersteller, Zulieferer, Schiffbau und maritime Dienstleistungen, Logistik, Service, Aus- und Weiterbildung - Präsentieren Sie sich dort, wo die Branche zu Hause ist. 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Eine Preisixierung auf Modulebene in Abhängigkeit von der jeweiligen Zerlegungstiefe und dem dazugehörigen Arbeitsumfang ist auch möglich. Nicht im Fixpreis enthaltene Leistungen können gesondert zu Time & Material-Konditionen abgerechnet werden. Im Falle der Über- oder Unterschreitung des verfügbaren Budgets besteht die Möglichkeit, den Diferenzbetrag auf den MRO- Betrieb und den Kunden aufzuteilen. Diese Vertragsart bietet für die Kunden den Vorteil, dass die vorher deinierten Preise unabhängig von den während der Regeneration entdeckten Schädigungen und damit korrespondierenden Aufwendungen gelten. Auf Seiten des Dienstleisters besteht das Risiko, dass hohe Ausschussraten und ein großer Anteil an beschädigten aufzuarbeitenden Teilen negative inanzielle Folgen haben. Planung und Organisation der regeneration Heutzutage werden Flugzeugturbinen nicht nach festen Intervallen regeneriert, sondern vielmehr „on condition“, d. h. wenn es der Triebwerkszustand erfordert. Umfassende Zustandsüberwachungssysteme (Engine Condition Monitoring (ECM)) sammeln und analysieren Daten über den Triebwerkszustand. Bei der Regenerationsplanung bildet nicht das gesamte Triebwerk die kleinste Planungseinheit, sondern einzelne Module (z. B. Getriebe, Hochdruckturbine). Um eine wirtschaftliche Regeneration zu ermöglichen, muss eine angemessene, dem Zustand des Triebwerks entsprechende Zerlegungstiefe gewählt werden. Die Zerlegungstiefe eines Triebwerks sowie der Arbeitsinhalt und -umfang (Workscope) werden modul- und baugruppenspeziisch bei jedem Regenerationsereignis festgelegt und an die Einsatzbedingungen des Triebwerks individuell angepasst [6]. Über den exakten Zustand eines Triebwerks herrscht jedoch so lange Unsicherheit, bis dieses in Einzelteile zerlegt und diese befundet wurden. Die Zerlegungstiefe eines Triebwerks hat damit direkten Einluss auf die Kosten eines Regenerationsereignisses. Je stärker ein Triebwerk zerlegt wird, desto strenger werden die Inspektionskriterien, nach denen entschieden wird, ob ein Bauteil einsatzfähig, reparaturfähig oder zu ersetzen ist. Die strengsten Kriterien liegen auf Einzelteilniveau vor. Mit der Verschärfung der Kriterien nimmt daher die Wahrscheinlichkeit zu, dass ein Bauteil aufgearbeitet werden muss oder Ausschuss ist. Damit steigen gleichzeitig die Kosten eines Regenerationsereignisses und im Gegenzug der Wert des regenerierten Triebwerks. reparaturverfahren Der Einsatz von Reparaturverfahren ermöglicht es, Teile, die zuvor ersetzt worden wären, wieder in einen einsatzfähigen Zustand zu überführen. Neben den OEM-Reparaturverfahren werden durch Regenerationsdienstleister neue, angepasste Verfahren entwickelt. Die Entwicklung von Reparaturverfahren ist daher eine Schlüsselkompetenz von Regenerationsbetrieben, die es ihnen ermöglicht, sich gegenüber Wettbewerbern abzugrenzen. Vor dem Hintergrund des starken Wachstums in Regionen mit anspruchsvollen Betriebsbedingungen und damit einhergehenden ausgeprägten Abnutzungs- und Schädigungserscheinungen erhält die Entwicklung spezialisierter Reparaturverfahren eine besonders Relevanz. Die Aufarbeitung wird u. a. an externe Dienstleister fremdvergeben, wenn Kapazitätsengpässe bestehen oder keine Lizenz oder Kompetenz für die erforderlichen Verfahren vorliegen. Darüber hinaus muss entschieden werden, ob die Reparatur eines Teils ökonomisch sinnvoll ist. Dies hängt von den Kosten, dem Restwert eines Teils sowie dem Marktpreis und der Verfügbarkeit von gebrauchten oder neuen Ersatzteilen ab. Diese Abwägung ist insbesondere bei älteren Triebwerksprogrammen wichtig. fazit Die industrielle Regeneration von zivilen Flugzeugtriebwerken indet in einem dynamischen Umfeld statt, das von höchsten Ansprüchen an Sicherheit und Wirtschaftlichkeit, unterschiedlichen Akteuren, die in komplexen Beziehungen zueinander stehen sowie kundenindividueller Anforderungen gekennzeichnet ist. Um die Regeneration eizient zu gestalten und den Kundennutzen zu maximieren, werden an das kundenspeziische Geschäftsmodell und die sich daraus abgeleitete Operation der Triebwerke angepasste Planungs- und Reparaturverfahren entwickelt und eingesetzt. Zur Berücksichtigung der unterdANKSAGUNG Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die inanzielle Unterstützung zur Durchführung dieses Forschungsvorhabens im Rahmen des SFB 871 „Regeneration komplexer Investitionsgüter“. Stefan Helber, Prof. Dr. Leiter des Instituts für Produktionswirtschaft, Leibniz Universität Hannover stefan.helber@prod.uni-hannover.de felix Herde, Dipl. Wirtschaftsingenieur Wissenschaftlicher Mitarbeiter Institut für Produktionswirtschaft Leibniz Universität Hannover felix.herde@prod.uni-hannover.de raoul Hille, Dr. Geschäftsführer Hannover Airport; Lehrbeauftragter am Institut für Produktionswirtschaft Leibniz Universität Hannover r.hille@hannover-airport.de LITERATUR [1] AERO STRATEGY. „Global MRO Market - Economic Assessment.“ August 2009. [2] AVIATION WEEK - Overhaul & Maintenance, 2009. [3] BROIchhAUSEN, K., und WIEDRA, M.: „Steuerung komplexer Entwicklungsprojekte bei MTU Aero Engines.“ In Management von Innovation und Risiko, von O. und Kobe, c. Gassmann, 285- 299. Berlin: Springer, 2006. [4] LEAhY, J. (Airbus). „Airbus Global Market Forecast (2010 - 2029).“ Dezember 2010. [5] RUpp, O. c. „Instandhaltungskosten bei zivilen Strahltriebwerken.“ MTU Aero Engines - Technikberichte. o. Jg. http: / / www.mtumaintenance.de/ de/ technologies/ (Zugrif am 24. Oktober 2011). [6] RUpp, O. c. „Vorhersage der Instandhaltungskosten bei der Auslegung ziviler Strahltreibwerke.“ , Dissertation, Technische Universität München, Institut für Luft- und Raumfahrt, Lehrstuhl für Flugantriebe. 2000. [7] STEFFENS, K., und hOLLMEIER, S.: „Triebwerksindustrie - Neue Wege ins neue Jahrhundert.“ München, o. J. [8] STEGLIch, M. „Kosten- und Risikostrukturen wichtiger Vertragsformen in der Maintenance ziviler Flugtriebwerke.“ 2003. [9] STERZENBAch, R., cONRADY, R. und FIchERT, F.: Luftverkehr: Betriebswirtschaftliches Lehr- und handbuch. Lehr- und handbüher zu Tourismus, Verkehr und Freizeit. München: Oldenbourg, 2009. schiedlichen Kundenpräferenzen werden verschiedene Vertragsarten mit speziischen Abrechnungsverfahren angeboten, die sich auf die Durchführung der Regeneration auswirken. ɷ tECHnOLOGiE Schifsreycling Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 69 Herausforderung Recycling von Schifen Durch die sogenannte Hongkong-Verordnung wird das umweltschonende Recycling von Schifen geregelt. Die Verordnung verlangt u. a. die Erstellung einer Inventurliste für Gefahrstofe (Inventory for Hazardous Materials, IHM) von Reedern und Schifseignern, die auf dem neuesten Stand gehalten werden muss. Es existieren viele Herausforderungen, die die Plege der IHM zu einer nahezu unmöglichen Aufgabe machen. Ü berkapazität und dramatisch sinkende Tarife besonders auf den Asien-Europa-Routen gehören aktuell wieder zur weltweiten Realität der Schiffahrtindustrie. Schon während der globalen Krise in 2008/ 09 musste eine große Anzahl von Schifen außer Dienst gestellt werden. Zudem wurde auf vielen Strecken die „Langsamfahrt“ eingeführt, um weitere Kapazität zu absorbieren. Der Bau und die Auslieferung von neuen Schifen wurden mit der Hofnung auf den nächsten Aufschwung verschoben. Von Anfang 2010 bis heute wurden massiv Neubauten in den Markt eingeführt − darunter viele Megacontainerschife mit 13 000 und mehr TEU. Diese drängen nun kleinere und ältere Schife aus dem Markt. Selbst vor dem Ablauf der eigentlichen Lebensdauer werden zunehmend Schife wie in 2008/ 09 zu Recyclingwerften meist in Indien, China, der Türkei und in Bangladesh sowie Pakistan überführt. Die Standards dieser Recyclingwerften sowohl im Umgang mit Schadstofen als auch bei der Arbeitssicherheit sind jedoch meist sehr ungenügend. Durch die im Mai 2009 verabschiedete International Convention for the Safe and Environmentally Sound Recycling of Ships oder kurz Hong Kong Convention (HKC) sollen nun Standards für das umweltfreundliche Recycling festgelegt werden. Reeder müssen in diesem Rahmen eine Inventurliste für Gefahrstofe (Inventory for Hazardous Materials, IHM) erstellen und auf dem neuesten Stand halten. In Neubauten dürfen künftig bestimmte Materialien wie z. B. Asbest nicht mehr verbaut werden. Zahl der stillgelegten Schife wächst wieder Laut der Pariser Agentur Alphaliner wächst die Anzahl der stillgelegten Schife seit Juni Abb. 1: Wegen sinkender Frachtraten werden immer mehr Schife verschrottet − neue Regelungen sollen dabei international die Umwelt schützen. 2011 wieder. Die ruhende Kapazität nahm von 75 000-TEU auf 806 000-TEU bis Mitte Februar 2012 zu. Alphaliner fügte an: „Die Marktbedingungen sind deutlich schlechter geworden, da der Handel mit den USA seit Juni schrumpft, während der Handel mit Europa kraftlos ist. Der Ausblick bleibt negativ und wir erwarten einen deutlichen Anstieg der stillgelegten Flotte.“ Falls aufgrund der Marktsituation weiterhin Schife außer Dienst gestellt werden müssen, droht das Recycling älterer Einheiten. Laut des Schifrecyclingexperten und Geschäftsführer der GSR Service Henning Gramann ist das durchschnittliche Alter der Flotte in Deutschland sehr gering, da ausgeprägte Neubaubestellungen in den vergangenen Jahren getätigt wurden. „Das erhöht den Druck auf ältere Einheiten, da diese mit ökonomischer operierenden Schifen konkurrieren müssen und häuig geringere Charterraten erzielen. Dennoch gibt es auch in Deutschland einige Schife, die potenzielle „Recyclingkandidaten“ sind. Generell können zwischen 90 und 97 % eines Schifes recycelt werden.“ Reichweite der HKC Die HKC umfasst den Entwurf, Bau und Betrieb sowie die Vorbereitung von Schiffen für das umweltschonende Recycling. Zudem werden Maßnahmen für den sicheren und umweltfreundlichen Betrieb von Schifrecyclingwerften festgeschrieben. Die Der Autor: Dirk Ruppik tECHnOLOGiE Schifsreycling Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 70 Einführung von geeigneten Maßnahmen für Recycling, Zertiizierung, Prüfung und Berichtswesen ist ebenfalls Bestandteil der Verordnung. Nach dem Inkrafttreten der Verordnung muss auf Schifen eine aktuelle Inventurliste für Gefahrstofe (Inventory for Hazardous Materials, IHM) mitgeführt werden. Im Anhang der HKC indet sich eine Liste von Gefahrstofen deren Gebrauch oder Verbau (z. B. Asbest, PCB, etc.) künftig nicht mehr zulässig ist. Die Recyclingwerften in den Ratiizierungsländern müssen einen Schifrecyclingplan vorweisen, in dem das Recycling des jeweiligen Schifes genau speziiziert wird. Für die Überwachung der Recyclingwerften entsprechend der Aulagen der Verordnung sind die Behörden des jeweiligen Landes verantwortlich. inkrafttreten der HkC bis 2015 unwahrscheinlich Das Inkrafttreten der Hongkong-Verordnung bis 2015 ist laut Gramann zumindest unter dem Dach der IMO unwahrscheinlich. Die Regeln dafür wurden während der Diplomatischen Konferenz in Hongkong insbesondere von Panama sowie den Bahamas verschärft. Dennoch ist dies unter den heutigen Umständen nicht mehr so relevant. Weltweit würde die HKC zirka 50 000 Schife über 500- GT sowie entsprechende Bauwerften, Hersteller, Zulieferer, Reeder und Abwrackwerften betrefen. Durch die Initiative der EU, die alle einlaufenden Schife unabhängig von der Flagge ins Visier nimmt, würden zirka 30 000 Schife betrofen sein. Bisher hat noch kein Land die HKC unterzeichnet. Es liegen nur „Signierungen“ von Frankreich, Italien, den Niederlanden, Saint Kitts and Nevis und der Türkei vor. Allerdings will China im nächsten Jahr ratiizieren. Identische Informationen liegen für Frankreich vor. Zusätzlich arbeiten Norwegen, die Türkei, Japan und einige andere Länder an der Ratiizierung. Allerdings sind dies langwierige Verfahren. Deutschland wird sich darum erst nach der Ratiizierung der Ballastwasserkonvention (in 2012 erwartet) kümmern. Zahlreiche Herausforderungen Es existieren Verständnisschwierigkeiten bei allen Beteiligten. In anderen Industrien wurde ein Großteil vergleichbarer Vorgaben auf technischer Seite bereits vor Jahren umgesetzt. Diese Erfahrungen müssen nun genutzt werden. Die Administrationen der jeweiligen Länder müssen die bestehenden Gesetzgebungen auf mögliche Konlikte bzw. Widersprüche mit der HKC überprüfen. Die Verordnung muss in die jeweilige Landessprache übersetzt werden; Entscheidungen über zusätzliche Maßnahmen und Anforderungen müssen gefunden werden. Es besteht die Notwendigkeit, für die Klassiikationsgesellschaften an einem einheitlichen Verständnis zu arbeiten und ein übereinstimmendes Vorgehen festzulegen. Darüber hinaus muss man sich auf bestimmte grundsätzliche Anforderungen einigen und das Training der Besichtiger vereinheitlichen. Ein völlig neuer Aspekt für die maritime Industrie ist, dass nun Zulieferer, Hersteller und Bauwerften alle relevanten Schadstofe erfassen müssen. Die Implementierung von Dokumentationsverfahren und der Datenaustausch muss eingerichtet werden. Dies kann laut Gramann nur auf Basis einer global vereinheitlichten Plattform geschehen, wenn der Aufwand einigermaßen erträglich bleiben soll. Bei den angelieferten Waren müssen Qualitätskontrollen eingeführt werden, da die Zusagen von Lieferanten oder Werften nicht ausreichen. Es werden immer noch verbotene Materialien an Bord von (neuen) Schifen gefunden. Durch die globalen Zulieferstrukturen sind die Risiken entsprechend groß, dass Rohstofe, Materialien und Bauteile verbotene Schadstofe enthalten. Ein Schif mit einem Asbestfreizertiikat zu ordern, ist bereits langjährige Praxis, allerdings wird dies von der Bauwerft ohne jegliche Kontrolle ausgestellt. Es gab Fälle, bei denen Schife zurück an die Bauwerft zwecks Dekontamination gesendet wurden. In einem Fall wurden 5000 Flanschdichtungen ausgetauscht. Die Kosten dafür beliefen sich auf rund 10 % des Baupreises. Nicht zuletzt sind die Schifseigener für die Implementierung der IHM-Plege, die Kommunikation und die Informationsbeschafung bei den Zulieferern verantwortlich. Die meisten Lieferanten sind darauf nicht vorbereitet und machen die IHM-Plege somit zu einer nahezu unmöglichen Aufgabe für die Eigner. ɷ Abb. 2: Schifsverschrottung in Bangladesh Abb. 3: Verheerende Arbeitsbedingungen: Ofenbar wurde asbesthaltige Isolierwolle mit einem Spaten entfernt, ohne dass ein Schutz zum Einsatz kam. Dirk ruppik Asien-Korrespondent und freier Fachjournalist mit Büro in Thailand dirk.ruppik@gmx.de tECHnOLOGiE Schwungrad Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 71 Schwung für die Zukunft Mehr Leistung, weniger Kraftstofverbrauch: Der schwedische Automobilhersteller Volvo knüpft an Versuche aus den 1980er Jahren an und testet seit dem vergangenen Herbst ein Schwungradspeichersystem in einem Pkw. E in Vierzylinder-Motor kann die Leistung eines Sechszylinders erreichen und gleichzeitig bis zu 20 % Kraftstof einsparen. Das will die Volvo Car Corporation (VCC) derzeit in Tests mit einem Prototypen beweisen, den das Unternehmen mit einer Technik zur Bremsenergierückgewinnung ausgerüstet hat. Ebenfalls beteiligt sind der Motorenproduzent VCC Powertrain Engineering und die schwedische SKF-Group, einer der weltweit führenden Hersteller von Qualitätslagern, Dichtungen, Mechatronik-Bauteilen und Schmiersystemen. Die schwedische Umweltbehörde unterstützt das Projekt mit einem Zuschuss in Höhe von umgerechnet 735 000-EUR. Schwung direkt umgesetzt Das neue Rekuperationssystem mit der Bezeichnung Flywheel KERS (Kinetic Energy Recovery System) ist an die Hinterachse gekoppelt. Während des Bremsvorgangs schaltet sich der Motor automatisch ab und die Bremsenergie treibt das Schwungrad (Flywheel) mit bis zu 60 000 Umdrehungen in der Minute an. Beim Anfahren wird die gewonnene Bremsenergie vom Schwungradspeicher über einen speziell entwickelten Transformator auf die Hinterachse übertragen. Daraus resultiert eine zusätzliche Leistung von 80 PS (59 kW) und eine Steigerung des Drehmoments. Die Schwungradenergie verbessert die Beschleunigung beim Anfahren und wird darüber hinaus auch zur Unterstützung des normalen Fahrbetriebs genutzt. Akkus zur Energiezwischenspeicherung sind nicht erforderlich. Die Berechnungen von VCC Powertrain Engineering haben ergeben, dass der Motor bei Fahrten im Rahmen des oiziellen Testzyklus NEFZ (Neuer europäischer Fahrzyklus) etwa die Hälfte der Fahrzeit ausgeschaltet bleiben kann. Zudem sei diese Technik auch deshalb so efektiv, weil das System seine größte Energiezufuhr während der höchsten Belastung erhalte. Dies bedeute: Je mehr Stopps und Starts, je länger die Fahrt, desto größer sei die Energiegewinnung und gleichzeitig auch die Kraftstofeinsparung. Volvo testet innovative Schwungradspeicher-Technik Quelle: Volvo Schwung leicht gemacht Ein Vorläufer der Schwungradspeichertechnik wurde bereits in einem Volvo- 240 in den 1980er Jahren getestet. Das damalige Schwungrad war aus Stahl. In jüngster Zeit haben verschiedene Hersteller ähnliche Konzepte erprobt. Die bisherige Stahlbauweise ist wenig efektiv und zu teuer. Das neue System von Volvo ist aus karbonfaserverstärktem Kunststof (CFK) in Leichtbauweise gefertigt. Es wiegt lediglich rund 6 kg und hat einen Gehäusedurchmesser von nur 20 cm. Darüber hinaus arbeitet das Karbonfaserschwungrad innerhalb des Gehäuses in einem Vakuum, um Reibungsverluste zu vermeiden. Zudem hat Volvo ein Verfahren entwickelt, welches das an der Hinterachse wirkende System mit einem Frontantrieb verbindet. andere Schwünge Einen Schwungradspeicher indet man beispielsweise auch im Rennwagen Porsche 911 GT3R Hybrid. Doch hier werden nur bis zu 40 000 Umdrehungen des Rotors pro Minute erreicht. Weitere Unterschiede: Beim Porsche-Rennwagen wird der normale Hinterradantrieb durch einen Schwungradspeicher an der Vorderachse unterstützt. Volvo dagegen unterstützt den normalen Frontantrieb durch einen Schwungradspeicher an der Hinterachse. Und: Porsche verwendet die Schwungenergie erst nach Umwandlung in elektrische Energie durch zwei Elektromotoren an der Vorderachse. Dagegen wird bei Volvo die mechanische Energie ohne Umwandlung an die Antriebsachse übertragen. Insgesamt sind die ersten Fahrzeuge mit Schwungradspeicher bereits in den 1950er Jahren unterwegs gewesen: so genannte Gyrobusse im Stadtverkehr. Sollten die Tests erfolgreich verlaufen und die Entwicklung planmäßig voranschreiten, rechnen die Projektpartner bereits in wenigen Jahren mit der Einführung eines serienreifen Systems. Ein weiterer Vorteil sei, dass die Schwungradspeichertechnik - gerade im Vergleich zu den möglichen Einsparungen - günstig sei. Zudem könne sie problemlos in den meisten Pkw-Modellen eingesetzt werden. Volvo sieht das System als wichtigen Baustein in seiner Zukunftsstrategie „DRIVe Towards Zero“. (zp) ɷ Die Autorin: kerstin Zapp tECHnOLOGiE Fahrzeugbau Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 72 Leicht und elektrisch Eins ist klar: Möglichst wenig Energie zu verbrauchen, fällt Schwergewichten schwer. Noch schwerer fällt das Gewicht in die Waagschale, wenn Elektroantriebe ins Spiel kommen. Je mehr Gewicht, desto weniger Reichweite - und die ist gegenüber herkömmlichen Antriebsenergien sowieso bereits viel geringer. Dynamik ist ein zweites Problem, das viel Energie verbraucht - sowohl bei Schwergewichten als auch bei Elektroautos. S parsam, sicher, geräumig, dynamisch - Eigenschaften, die Käufer von Pkw wünschen. Um diese Kriterien auch bei Elektroautos zu erfüllen, setzt beispielsweise BMW auf einen innovativen Materialeinsatz und eine veränderte Bauweise wie in den Fahrzeugkonzepten i3 (Elektrofahrzeug) und i8 (Hybrid-Sportwagen). Anders als manch anderer Hersteller hat BMW nicht einfach den herkömmlichen Motor aus- und einen E-Antrieb eingebaut. Der viersitzige Kompaktwagen i3 mit vier Türen und Heckklappe wurde vom ersten Zeichenstrich an als E-Fahrzeug konzipiert, um mit einer neuartigen Architektur das geringste Gewicht und die beste Eizienz zu erzielen. Das Konzept für den 3,85 m langen i3 sieht eine Leistung von 125 kW (170 PS) und einen Drehmoment von 250 Nm aus dem Stand vor. Der elektrische Antrieb beindet sich an der Hinterachse, der Motor im Heck. Besonders lobt der Hersteller den „ofenen und luftigen Innenraum“ mit „Lounge Charakter“, entstanden durch eine spezielle Architektur und den Einsatz innovativer Materialien wie nachwachsender Rohstofe. Noch interessan- Das Elektroauto BMW i3. Quelle: BMW ter ist aber der Einsatz von kohlenstoffaserverstärktem Kunststof (CFK). Das Chassis des i3 besteht aus einem Aluminiumrahmen, der das Fahrwerk sowie die komplette Antriebs- und Steuerungseinheit inklusive des Lithium-Ionen-Akkus trägt. Darauf sitzt verschraubt eine hochfeste und ultraleichte Fahrgastzelle aus CFK. Statt Blechen bilden Kunststofteile die Außenhaut. Das Aubringen eines Korrosionsschutzes ist nicht erforderlich, so dass hier in der Fertigung Energie eingespart wird. Die Fasern entstehen beim US-amerikanischen Partner SGL Carbon mittels Strom aus Wasserkraft, so dass der Prozess laut BMW CO 2 -neutral ist. Zur Verarbeitung der Kohlefasern konnten die Münchener ein Verfahren entwickeln, das derzeit einmalig auf der Welt sein soll. Statt wie gewöhnlich die Karbonteile stundenlang in Spezialöfen zu backen, dauere der Produktionsprozess nur wenige Minuten. So könnte BMW das Problem der Serienfertigung von CFK-Teilen in den Grif bekommen. Nur wenn dies gelöst ist und Teile massenhaft produziert werden können, sinken auch die Stückkosten. Mit einem Gewicht von nur 1250 kg ist der BMW- i3 300 kg leichter als gewöhnliche Elektroautos dieser Größe. Maßgabe der Entwickler war, mit dem Aluminium-Chassis und der Karbon-Karosserie so viel Gewicht einzusparen, dass die schwere Batterie praktisch keinen Zusatzballast darstellt. Weitere Vorteile des extremen Leichtbaus sind neben einem agileren Fahrverhalten auch der geringere Stromverbrauch und die damit verbundene größere Reichweite. Sie soll für den i3 bei 150 km liegen. Für Kunden, die auf eine noch größere Reichweite nicht verzichten können, will der Hersteller einen so genannten Range Extender als Option anbieten. Der kleine Otto-Motor lädt die Batterie dann kontinuierlich wieder auf. Auch auf der Kostenseite will BMW vom Leichtbau proitieren: Was die Karbon-Karosserie an Mehrkosten verursacht, kompensiert man größtenteils durch für das geringere Gewicht ausreichende kleinere und damit günstigere Batterien. Die Batterien sind bei allen Elektroautos bisher das teuerste Element. Eine Verringerung der Kapazität um beispielsweise sechs kWh spart laut Hersteller mehr als 3000- EUR. Die Lithium-Ionen-Zellen liefert Bosch/ Samsung. Alles andere entwickelte und baut BMW selbst: Batterie, Leistungselektronik, Klimatisierung, Elektromotor. Durch konsequente Weiterentwicklung und Verbesserungen benötigt der Elektromotor des i3 Concept bei gleicher Leistung 40 % weniger Platz als der Antrieb des Mini E. Auf der IAA-2011 hat BMW beide Konzepte vorgestellt. Der i3 soll 2013 auf den Markt kommen und keine 40 000-EUR kosten, der Hybrid-i8 folgt voraussichtlich 2014. ɷ Die Autorin: kerstin Zapp kerstin Zapp (zp) freie Fachjournalistin Redaktionsteam „Internationales Verkehrswesen“, DVV Media Group GmbH, Hamburg kerstin.zapp@dvvmedia.com Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 73 VEranStaLtunGEn MobiliTec Technologie für E Das Thema ist auf allen Ebenen präsent - ob Politik, Gesellschaft, Industrie oder Energiewirtschaft: Elektrische Antriebssysteme sind einer der Hofnungsträger für eine neue und umweltfreundlichere Mobilität. Sie stehen im Mittelpunkt der Leitmesse „MobiliTec“, die im Rahmen der Hannover Messe vom 22. bis 27. April 2012 auf dem hannoverschen Messegelände stattindet. N ew Technology First - Das ist der Slogan der Mobilitec, auf der von elektromobilen Ideen über Versuche, Modelle und Komponenten bis zu gebrauchsfertigen Lösungen alles aus der E-Branche geboten wird. Als internationale Leitmesse für hybride und elektrische Antriebstechnologien, mobile Energiespeicher und alternative Mobilitätstechnologien will die Veranstaltung auch im dritten Jahr den Zukunftsmarkt „Elektromobilität“ in der gesamten Wertschöpfungskette zusammenführen. Hersteller von Fahrzeugen und mobilen Maschinen trefen hier auf die Zulieferindustrie, Maschinen- und Anlagenbau sowie Elektrotechnikanbieter. Partner der Mobilitec sind der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW), der Bundesverband Solare Mobilität e.V. (BSM) und der Zentralverband Elektrotechnik und Elektroindustrie e.V. (ZVEI). Als ideelle Träger der Messe treten der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) und die Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) auf. Programm Der Ansatz der Mobilitec ist klar technologieorientiert. Auf der Messe sind die Aussteller nach folgenden Themen angeordnet: ƀǁ hybride und elektrische Antriebssysteme ƀǁ Leistungselektronik ƀǁ Speichertechnologie ƀǁ Strominfrastruktur. Als Rahmenprogramm werden ein Anwenderforum und ein Testparcours geboten. Mitten im Ausstellungsbereich beindet sich das Mobilitec-Anwenderforum. In Fachvorträgen geht es um neue Erkenntnisse zu aktuellen Branchenthemen wie der Elektriizierung des Antriebsstrangs oder Speichertechnologien. Für das Programm sind die Partner und ideellen Träger der Mobilitec verantwortlich. Diverse zwei- und vierrädrige Elektrofahrzeuge, Hybride und Brennstofzellen-Mobile zum Ausprobieren stehen auf dem zentralen Freigelände unter dem Hermesturm zur Wahl. So lässt sich die technologische Vielfalt auf dem MobiliTrack Test Parcours persönlich erfahren. Zudem bietet der Veranstalter Deutsche Messe Hannover für die gesamte Hannover Messe neben der Eröfnungsfeier mit Verleihung des Hermes Awards für eine herausragende Innovation, die erstmals auf der Veranstaltung 2012 präsentiert wird, den Fachkongress WoMenPower mit diversen Workshops zu zentralen Themen der heutigen Arbeitswelt wie Karriere, Führen und Stressprävention und die MES-Tagung zum Themenfeld „Manufacturing Execution Systems“. Dazu kommen „Technical Tours“ zu verschiedenen Bereichen. techniktouren Auf der Tour „Energy Solutions“ beispielsweise geht es um Lösungen für einen eizienten, nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Energiemix, Übertragungs-, Verteilungs- und Speichertechnologien. Die Tour „Mobility Solutions“ stellt unter anderem hybride und elektrische Antriebstechnologien, die Strominfrastruktur sowie mobile Energiespeicher vor. „Metropolitan Solutions“ umfasst einen Gang rund um Technologien für urbane Infrastrukturen. „Green Technologies“ befasst sich branchenübergreifend mit intelligenten umwelttechnologischen Lösungen entlang der industriellen Wertschöpfungskette. Darüber hinaus inden Touren zu „Robotics“ und „Mechanical Engineering“ statt. E-Motive Die FVA gilt als das führende Innovationsnetzwerk in der mechanischen, elektrischen und mechatronischen Antriebstechnik. In technischen Arbeitskreisen werden in vorwettbewerblichen Forschungsprojekten die Grundlagen für neue Produkte erarbeitet. Aus der E-Motive-Initiative der FVA hat Die Autorin: kerstin Zapp Im vergangenen Jahr wurde dieser Smera von Lumeneo aus Frankreich auf der Mobilitec vorgestellt. Foto: Hannover Messe inDuStriE+tECHnik Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 74 sich das E-Motive Forum Elektromobilität im VDMA entwickelt, um die Zusammenarbeit von Fahrzeugherstellern, Anlagenbauern, Zulieferern und Herstellern elektrischer Antriebe und Speicher weiter zu fördern und Synergien zu erschließen. Das Forum ist mit einem Gemeinschaftsstand auf der Mobilitec vertreten. So soll sich vor allem der innovative Mittelstand aus den Bereichen E-Traktion, Speichertechnologien, F&E und Dienstleistung in diesem technologischen Umfeld präsentieren können. kompetenz Energiespeicher Eine Testrunde ist ja ganz nett - doch wie weit kommt man mit einer Batterieladung tatsächlich? Die kalten Wintertage haben es deutlich gemacht: Die mittlere Reichweite wurde an diesen Tagen klar unterschritten. Wollte man es dazu noch warm haben und ohne beschlagene Scheiben fahren, war die Leistung noch geringer. Auf der Mobilitec wird dieses Thema eingehend im „Kompetenzzentrum Energiespeicher“ diskutiert. Wie können die Batterien einerseits kleiner und leichter werden und damit weniger Platz im Fahrzeug beanspruchen und wie werden sie andererseits leistungsstärker? Zwei weitere Fragen: Wie lässt sich das Altern der Batterien hinauszögern? Und wie werden die Technologien großserientauglich? Auf rund 800 m 2 Fläche geht es in Halle-25 um zukunftsweisende Speichertechnik. Verwendete Rohstofe, Fertigung von Zellen und Modulen, Montage und Integration von Batteriepacks: Die Messe will mit diesem Schwerpunkt auch die vorgelagerten Produktionsprozesse zur E-Mobilität einbinden, um dem Publikum einen Überblick über das gesamte System der Elektromobilität zu ermöglichen. Leichtbau Ein ebenfalls interessantes Thema der Hannover Messe und eng verbunden mit elektrischer Mobilität und Reichweitenfragen ist der Leichtbau, der sich wie ein roter Faden durch die gesamte Messe zieht. Mehr über intelligente Werkstofe und neue Technologien unter: www.hannovermesse. de/ de/ leichtbau . Partnerland China Oizielles Partnerland der Hannover Messe ist in diesem Jahr China, das sich unter dem Slogan „Green Intelligence“ zu Wort meldet. Mit einem umfassenden Konjunkturprogramm setzt die Volksrepublik derzeit auf den ökologischen Umbau ihrer Wirtschaft. Für die deutsche und die internationale Industrie stellt China, mit 1,34-Mrd. Menschen das bevölkerungsreichste Land der Erde, einen enormen Markt dar. Angesichts einer Wirtschaftsdynamik mit Zuwachsraten von mehr als 10 % pro Jahr ist die Volksrepublik zudem ein wichtiger Investor. Die Präsenz chinesischer Aussteller quer durch alle Leitmessen der Hannover Messe zieht sich auch durch sämtliche Foren, Kongresse und Abendveranstaltungen. Bereits auf der Messe 2011 präsentierten sich mehr als 500 Unternehmen aus China auf dem Messegelände. In diesem Jahr sollen es deutlich mehr werden. ɷ kerstin Zapp (zp) freie Fachjournalistin Redaktionsteam „Internationales Verkehrswesen“, DVV Media Group GmbH, Hamburg kerstin.zapp@dvvmedia.com Niedersächsischer Außenwirtschaftspreis 2012 Verleihung auf Hannover Messe Besonders kleine und mittelgroße niedersächsische Unternehmen, die sich weltweit erfolgreich auf Auslandsmärkten behaupten, Spitzenleistungen im internationalen Wettbewerb erzielen und deren Aktivitäten sich auch beschäftigungswirksam in Niedersachsen auswirken, konnten sich zum dritten Mal um den Niedersächsischen Außenwirtschaftspreis bewerben. Der Preis wird am 24. April 2012 durch den niedersächsischen Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Jörg Bode, im Rahmen des 9. Niedersächsischen Außenwirtschaftstags auf der Hannover Messe 2012 (Nord / LB Forum) verliehen. (zp) Sax Mobility II Erster Opel ampera Die KEMA-IEV GmbH, Dresden, hat im Februar einen der ersten Opel Ampera erhalten und nimmt als Koordinator an dem Projekt „Sax Mobility II“ teil. Die Mitarbeiter des Unternehmens sollen das E-Fahrzeug in der dienstlichen Nutzung innerhalb des irmeneigenen Fuhrparks testen. Neben KEMA sind an dem Projekt die HTW Dresden, DREWAG - Stadtwerke Dresden GmbH, ENSO Netz GmbH, Stadtwerke Leipzig GmbH, das Forschungs- und Transferzentrum der HTWK Leipzig und die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) GmbH beteiligt. Assoziierte Partner sind Dresden, Leipzig, die Dresdner Verkehrsbetriebe AG und die BMW AG. Im Rahmen von SaxMobility II sollen insgesamt 58 Elektrofahrzeuge angeschaft werden, weiterhin sind rund 250 Ladepunkte geplant. Durch den zusätzlichen Ausbau der Fuhrparks beteiligter Projektpartner mit E-Fahrzeugen knüpft das Verbundvorhaben direkt an das Projekt „Flottenbetrieb mit E-Fahrzeugen und Flottenmanagement unter dem Aspekt der Elektromobilität in der Modellregion Sachsen (Sax Mobility)“ an. Weitere Infos: www.e-mobil-sachsen.de . (zp) Havarien ausfallsicheres netzwerk Eine Notbrücke an Bord soll künftig dafür sorgen, dass Passagierschife auch bei völliger Zerstörung der Kommandobrücke manövrierfähig bleiben und sicher zurück in den nächstgelegenen Hafen navigiert werden können. Das fordert die International Maritime Organization (Imo). Wissenschaftler der Technischen Universität Hamburg haben jetzt den Auftrag erhalten, ein ausfallsicheres drahtloses elektronisches Datennetzwerk für Schife zu entwickeln. Die Notbrücke ist dabei eine von vielen Stationen. 2,3 Mio. EUR (davon 1,4 Mio. vom BMWi, übrige Summe von Partnern aus der Wirtschaft) stehen für das Maritime Netzwerk (MarNet) bereit. In das schifsweite Ringnetzwerk sollen an beliebig vielen Stellen unterschiedliche Informationen - zum Beispiel Überwachungs- und Kamerasignale sowie Steuer- und Sensorsignale - eingespeist werden können, verbunden mit der Möglichkeit, von Schif zu Land sowie von Schif zu Schif kommunizieren zu können. Selbstorganisierende, drahtlose Sensoren sollen Informationen in das Schifsnetzwerk einspeisen, die auch auf der Notbrücke abgerufen werden können. (zp) Hafen Rotterdam Schnellster Zugscanner Er scannt den Inhalt von Containern auf Zügen, die mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 km/ h an ihm vorbeifahren: der bisher schnellste Zugscanner der Welt, der im Februar im Rotterdamer Hafen in Betrieb genommen wurde. Der Zoll trift auf Basis von Risikoanalysen eine Auswahl von Containern, die er kontrollieren will. Diese Behälter werden gescannt. Stimmt die Analyse des Scanbilds nicht mit den vorliegenden Papieren überein, wird der jeweilige Container aus dem logistischen Prozess herausgenommen. Bisher war das Scannen des Behälterinhalts bei bis zu 30 km/ h schnellen Zügen möglich. (zp) inDuStriE+tECHnik Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 75 E-Auto EO smart connecting car autonomes fahren Das intelligente E-Auto EO smart connecting car kann seine Form verändern und sich so individuellen Mobilitätsbedürfnissen anpassen. Es kann mit anderen Fahrzeugen zu „Road Trains“ zusammengeschlossen werden sowie Module wie Passagierkabinen oder Laderampen ankoppeln. Das Fahrzeug haben Wissenschaftler des DFKI Robotics Innovation Center in Bremen entwickeln. Künftig soll das Fahrzeug selbstständig steuern können. Der Prototyp ist Teil des Projekts „Neue Mobilität im ländlichen Raum“ (Konsortialführer: Fraunhofer IFAM), in dem unter anderem innovative Technologien zur Elektromobilität erforscht werden. Indem EO smart connecting car das Fahrwerk zusammenschiebt, bockt sich die Fahrerkuppel auf. Dies ist auch während der Fahrt möglich. Dadurch wächst das Auto von etwa 1,60 Meter auf 2,10 Meter in die Höhe und verkürzt sich um einen halben Meter in der Länge auf knapp zwei Meter. Diese Platzersparnis soll dem mechanischen Zusammenschluss mit anderen E-Fahrzeugen zu einer Autokette, einem so genannten „Road Train“, dienen. Die zusammengezogene Form lässt die Autokette kürzer und damit wendiger werden. Gleiche Wegstrecken können so auf eiziente Weise gemeinsam zurückgelegt werden. Daten und Energie übertragen sich von einem auf das andere Fahrzeug, die Fahrzeuge werden einheitlich gesteuert. Das spart Energie und steigert die Reichweite. Zusatzmodule wie etwa Laderampen und Gepäckablagen sollen problemlos anschließbar sein. Durch seine verteilten Antriebe kann sich der EO smart connecting car auf engem Raum wie in Innenstädten oder Parkhäusern sehr lexibel bewegen. Seine besonderen Achsen können jedes der vier Räder um 90 Grad drehen, um seitwärts einzuparken. Hindernissen weicht das nur etwa 700 kg schwere Auto aus, indem es auf der Stelle wendet, diagonal fährt oder einzelne Räder anhebt. Seine Höchstgeschwindigkeit liegt derzeit bei etwa 55 km/ h. Entwicklungsziel ist, dass das Fahrzeug autonom fahren kann und wie ein Roboter funktioniert. (zp) TU Darmstadt Staufrei durch Hanoi Ein drahtloses Sensornetzwerk soll die Verkehrssituation und Umweltbelastung in Hanoi in Echtzeit abbilden und so helfen, Staus und die damit verbundene Luftverschmutzung in der vietnamesischen Metropole zu vermeiden. Daran arbeiten an der TU Darmstadt Juniorprofessor Dr. Thorsten Strufe und Prof. Dr. Hoang Dang Hai vom Vietnam Center of Emnergency Response Teams (VNCERT). Die Daten sollen allen Bürgern via Internet zugänglich sein und so die Routenplanung beeinlussen. Zunächst werden mobile Sensoren an öfentlichen Verkehrsmitteln angebracht. (zp) Road Train-Bildung Quelle: DFKI GmbH TU Chemnitz Spelzen im kunststof Abfall aus der Mühle verbessert die Verschleißeigenschaften von Kunststofen. Das ist das Ergebnis eines neu entwickelten Kunstof- Compounds der TU Chemnitz und regionaler Partner für Kunststofbauteile. Der Stof besteht zu 60-% aus dem nachwachsenden Rohstof Haferspelzen. Bevor ein Bäcker einen Brotlaib in den Ofen schiebt, streut er eine Hand voll Haferspelzen auf die Backläche, damit der Teig nicht kleben bleibt und anbrennt. Das zeigt, dass Haferspelzen hitzebeständiger sind als viele andere nachwachsende Rohstofe und brachte die Forscher auf die Idee, diese in Kunststof einzuarbeiten, um ihn stabiler zu machen. Sie überstehen bis zu 220°C. Der verwendete Kunststof ist Polyethylen (PE). Sowohl der Verschleiß am Kunststof als auch an den Reibpartnern aus Kunststof oder Stahl ist geringer. Weniger Reibung bedeutet auch weniger Energieverbrauch und weniger Reparaturen. Zudem kosten Haferspelzen als Rohstof weniger als Kunststof, so dass auch die fertigen Bauteile preiswerter sein können, und schonen die Erdölvorkommen. Nachteile zeigen sich beim derzeitigen Stand der Forschung noch bei den mechanischen Eigenschaften. Die Haferspelzen stellen keine Faserverstärkung im klassischen Sinne dar. Auch bei starken Schwankungen der Luftfeuchtigkeit ist der Werkstof nicht geeignet, da die Haferspelzen aufquellen können. Weitere Infos: http: / / www.tu-chemnitz.de/ mb/ FoerdTech/ aew/ aew_gleitleisten.php . (zp) Helmholtz-Gesellschaft Magnesium für leichtbau Eine neue Kooperation stärkt die Magnesiumforschung der Helmholtz-Gesellschaft in Geesthacht, unter anderem für ultraleichte Fahrzeuge. Mehr als 100 Mio. USD stellt Südkoreas Regierung im Rahmen des World Premier Materials (WPM)-Entwicklungsprogramms zur Sicherung von zehn Schlüsselwerkstofen für die Industrie im Bereich der Magnesiumtechnologie für Forschung und Entwicklung zur Verfügung. Das Geesthachter Magnesium-Innovations Center (MagIC) wird ein wichtiger wissenschaftlicher Projektpartner, unter anderem für die Untersuchung von Walzverfahren und Korrosionsschutzschichten für Magnesiumbleche. Das Südkoreanische Programm zur Entwicklung ultraleichter Fahrzeuge auf Magnesiumbasis stößt auf großes Interesse in Deutschland: Mehr als 80 deutsche und südkoreanische Teilnehmer trafen sich Anfang Februar 2012 zu einem ersten Ideenaustausch und schlossen erste Kooperationen zwischen Industrie und Forschung. Fahrzeughersteller sind die wichtigsten Abnehmer von Magnesiumblechen. Doch noch gibt es einige echte Herausforderungen, etwa die Korrosionsbeständigkeit und die Versorgungssicherheit. Magnesium wiegt nur ein Viertel von Stahl und ist 30-% leichter als Aluminium. (zp) Linienbetrieb mit Biokerosin Positive Ergebnisse Auf 1187 Linienlügen zwischen Hamburg und Frankfurt am Main testete die Deutsche Lufthansa AG Biokerosin im Langzeitversuch. Dabei wurde eines der Triebwerke eines Airbus A321 mit einer Treibstofmischung aus 50-% biosynthetischem und 50-% herkömmlichem Kerosin betrieben. Forscher des Instituts für Verbrennungstechnik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) untersuchten den Schadstofausstoß beider Triebwerke. Das Ergebnis zeigt: Biokerosin kann problemlos im Flugbetrieb eingesetzt werden und erzeugt keinen höheren Schadstofausstoß als marktübliches Kerosin. Zudem verbrauchte das Triebwerk mit Mischtreibstof etwa 1-% weniger Kerosin als das andere aufgrund der etwas höheren Energiedichte von Biokerosin. Alle treibstofführenden Komponenten zwischen Tank und Triebwerk waren nach dem Test noch in einem sehr guten Zustand. Der Versuch war der erste Langzeittest. (zp) Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 76 VEranStaLtunGEn InnoTrans internationale fachmesse für Verkehrstechnik Berlin, 18. bis 21. September 2012 news +++ news +++ news +++ news +++ news +++ news +++ news +++ news +++ Die innotrans 2012 im Überblick: fachmesse: 18. bis 21. September 2012 Publikumstage, nur frei- und Gleisgelände: 22./ 23. September 2012 Öfnungszeiten: 9: 00 - 18: 00 Uhr, 10: 00 - 18: 00 Uhr (Publikumstage) Veranstaltungsort: Messe Berlin Veranstalter: Messe Berlin GmbH, Messedamm 22, 14055 Berlin Eintrittspreise: Tagesticket: 38,00 EUR Dauerticket: 50,00 EUR Publikumstage: 2,50 EUR Internet: www.innotrans.de · E-Mail: innotrans@messe-berlin.de Medienpartner der InnoTrans 2012: Zugang mit Online-Ticket ist schneller. Foto: Messe Berlin Messe ausgebucht Mehr Infrastruktur frastructure. Die Aussteller in diesem Bereich sind erstmals in sechs Messehallen vertreten und damit auf 30-000 m² (2010: 25-000 m²). Die InnoTrans 2012 ist in den Hallen und auf dem Gleisgelände komplett ausgebucht. Besonders stark gewachsen ist das Messesegment Railway In- Smartphone Report als app Leser eine individuell optimierte Lektüre aktueller Branchen- und Messeinformationen. Der Download ist möglich auf www.innotrans.de unter dem Menüpunkt InnoTrans REPORT oder im Android Market beziehungsweise App Store. Mit der neuen InnoTrans-RE- PORT-App können interessierte Brancheninsider das B2B-Magazin jetzt auch kostenfrei auf mobilen Endgeräten wie Smartphones oder Tablet-PCs lesen. Die zahlreichen Komfortfunktionen der App ermöglichen jedem Karriere Career Point bietet Kontakte genieuren und Fachkräften von morgen wertvolle Tipps in Karrierefragen geben. Als zentraler Anlaufpunkt für Berufsanfänger und akademische Nachwuchskräfte dient der Pavillon. Dort trift der Nachwuchs auf Ansprechpartner aus den Personalabteilungen verschiedener Unternehmen. Dazu zählen in diesem Jahr neben anderen Cideon Engineering, GE Transportation, Liebherr-Transportation Systems sowie Spitzke, Stadler Rail und Siemens. Die Branche mit dem Nachwuchs in Kontakt bringen und nachfolgende Generationen für eine beruliche Zukunft in der Bahnbranche begeistern - dafür steht das Career Point-Konzept der InnoTrans. Das orangefarbene Career Point-Logo als Wegweiser und der Career Point-Pavillon als zentraler Anlaufpunkt für ambitionierte Karriereplaner sind die zwei tragenden Säulen des Konzepts. Mit dem Logo wird auf Firmen hingewiesen, die an ihrem Messestand den In- Schnell auf die Messe Online-Ticket-Shop druckte Messeticket berechtigt an den Tagen seiner Gültigkeit auch zur kostenlosen Nutzung aller öfentlichen Verkehrsmittel in Berlin. Wichtig: Das Online-Ticket gilt nur in Verbindung mit einem gültigen Personalausweis. Die Vor-Ort-Registrierung wird nur noch am neuen Eingang Halle 9 und am Eingang Ost möglich sein. Wer Warteschlangen an den InnoTrans-Eingängen vermeiden möchte, kann sich sein Ticket jetzt schon online sichern: Zum Kauf der Eintrittskarten werden lediglich eine Kreditkarte und ein Drucker benötigt. Im Ticket-Shop unter www.innotrans.de/ ticketshop kann die gewünschte Eintrittskarte ausgewählt werden. Das ausge- Public Transport & Interiors neues PTI-Forum Deutsche Bahn AG (DB) den Dialog mit den Lieferanten der Bahnindustrie. Das internationale Designforum bietet unter dem Motto „Spot On Materials - Design and Material Creativity“ alles rund um Innenausstattung und Fahrzeugdesign. Ergänzend wird eine Speakters´ Corner eingerichtet, in der Aussteller der PTI ihre Firmen und Produkte vorstellen können. In diesem Jahr wird es auf der InnoTrans erstmals das Public Transport & Interiors Hallenforum, kurz PTI-Hallenforum, geben. In Halle 6.1 vereint die Messe Berlin die für den öfentlichen Personenverkehr wichtigen Themen Einkauf und Design unter einem Dach. Einer der Schwerpunkte ist das DB- Lieferantenforum mit Podiumsdiskussionen. Hier sucht die USA Gemeinschaftsstand „Mit dem US-Gemeinschaftsstand geben wir unseren Mitgliedern, die für sich allein sicher nicht auf der Messe ausstellen würden, die Möglichkeit, sich in Berlin zu präsentieren.“ Ausstellen werden unter anderen Nordco Rail Services, Loram Maintenance of Way,die Georgetown Rail Equipment Company, KLD Labs und Knox Kershaw. Die Aussteller aus den USA präsentieren sich unter anderem erstmals auf einem großen nationalen Gemeinschaftsstand. Für David Soule, Geschäftsführer der amerikanischen Railway Engineering-Maintenance Suppliers Association (REMSA), sind die Beteiligung an Messen und der Gemeinschaftsstand ein wichtiges Marketinginstrument: Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 77 v E R K E H R Sw I S S E N S C H A F T L I C H E N AC H R I C H T E N Mitteilungsblätter der deutschen verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.v. 2. Heft April 2012 Wir erwarten Sie in Karlsruhe! Jahresverkehrskongress „Strukturwandel − Strategien für die Mobilität 2030“ G emeinsam mit der Bezirksvereinigung Oberrhein lädt die DVWG Sie herzlich ein zu ihrer diesjährigen Jahrestagung, die vom 9. bis 11. Mai 2012 in Karlsruhe stattindet. Ein vielseitiges und hochaktuelles Programm mit einem zweitägigen Jahresverkehrskongress, interessanten Fachexkursionen und einem spannenden Begleitprogramm erwartet Sie. Das Thema des Kongresses „Strukturwandel − Strategien für die Mobilität 2030“, ist zugleich das DVWG-Jahresthema 2012 und von einer hohen verkehrs- und gesellschaftspolitischen Aktualität gekennzeichnet. Mobilität ist zugleich Grundlage und Zweck der Gesellschaft - und damit Qualitätselement von Gesellschaften. Eine bezahlbare, qualitativ akzeptable Mobilität ist notwendig und förderlich für Ausbildung, Wirtschaft, Freizeit und Kultur. Die für die Entwicklungen der Mobilität und Logistik wichtigen Rahmenbedingungen markieren einen erkennbar komplexen Handlungsbedarf zum Abbau kognitiver und informeller Deizite im Hinblick auf eine größere gesellschaftliche Wertschätzung der notwendigen Dienstleistung „Mobilität“. Die Politik steht vor dem großen Problem, gesellschaftlichen Konsens in einer zunehmend egoistischen Gesellschaft herzustellen. Planungen zum Wohl der Allgemeinheit sind vor dem Hintergrund dieses Widerspruchs schwer umsetzbar. Die Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft möchte mit der Umsetzung ihres Jahresthemas Hilfestellung leisten, die inhaltlichen Auseinandersetzungen zu Fragen der Mobilität wieder stärker rational und weniger emotional auszurichten. Programmübersicht Jahrestagung 2012 Mittwoch, 09.05.2012 14.00 Uhr Bundesdelegiertenversammlung der DVWG (nur für Delegierte und Mitglieder) 19.00 Uhr Begrüßungsabend der Bezirksvereinigung Oberrhein Donnerstag, 10.05.2012 9.00 Uhr Fachexkursionen Exkursion 1: KIT-Mobilitätscampus Ost Exkursion 2: KASIG Kombilösung 11.00 Uhr Kongressanmeldung/ Lunch 12.30 Uhr Jahresverkehrskongress (1.Teil) „Strukturwandel - Strategien für die Mobilität 2030“ 19.00 Uhr Abendveranstaltung in der Karlsburg mit Verleihung des Henry-Lampke-Preises 2012 Freitag, 11.05.2012 9.00 Uhr Jahresverkehrskongress (Fortsetzung) „Strukturwandel - Strategien für die Mobilität 2030“ 14.30 Uhr Ende der Veranstaltung Das ausführliche Kongressprogramm mit allen Referenten und Vortragsthemen sowie weiterführende Informationen zu Tagungshotel, Anmeldung und Begleitprogramm können Sie unserer Programmbroschüre entnehmen. Diese inden Sie auf unserer Homepage www.dvwg.de. Für Fragen und Auskünfte rund um die Karlsruher Jahrestagung stehen die Mitarbeiter der Hauptgeschäftsstelle Berlin allen Interessierten gern zur Verfügung. DVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 78 Junges Forum NRW kommt in Bewegung! D er Startschuss ist gefallen! Der 11. Januar 2012 war der Beginn einer Veranstaltungsreihe, die in Kooperation der Jungen Foren in NRW auf die Beine gestellt wird. Junge Verkehrsexperten aus den verschiedenen Winkeln des Bundeslandes sind nach Köln gereist, um ihren Horizont zur erweitern und Kontakte zu knüpfen. Die Gelegenheit gibt es in Zukunft jeden zweiten Mittwoch im Monat ab 18.30 Uhr. Ob in Bochum, Wuppertal, Düsseldorf oder an weiteren Orten, das Ziel ist immer das gleiche: ein Angebot schafen, damit sich engagierte Studenten und Berufseinsteiger untereinander kennenlernen und gemeinsam weiterbilden können. Thema der ersten Sitzung, die in den Räumlichkeiten des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) durchgeführt wurde, war das elektronische Bezahlen im ÖPNV (E-Ticketing). Drs. Ing. J. (Sjef ) A.L. Janssen konnte als Referent gewonnen werden. Der Geschäftsführer der VDV- Kernapplikations GmbH & Co. KG begeisterte die 12 Zuhörer mit seinem Vortrag. Der renommierte Chef-Entwickler des einheitlichen Standards für elektronische robert Petrás/ Dr. alexander Vogt, Bezirksvereinigung rheinland Tickets erklärte Hintergründe zu Tarifsystemen und -verträgen. Diese Themen sind in ihrer Komplexität vom Dienstleister, dem Kundenvertragspartner, dem Produktverantwortlichen und dem Applikationsherausgeber vollständig zu erfassen, um eine befriedigende Umsetzung zu gewährleisten. Diese Hintergrundvorgänge sind für den Nutzer weitgehend unsichtbar. Das ist gut so. Denn nur so kann über E-Ticketing das Bezahlen vereinfacht und der Zugang zum ÖPVN erleichtert werden. Weitere Themen waren das Zugangsmedium (z. B. Karte, Smartphone), die Kosten von elektronischen und herkömmlichen Tickets, der Datenschutz und die veränderten Anforderungen an die VDV-Kernapplikations GmbH & Co. KG (vom Entwicklungszum Wirkbetrieb). Nach dem Vortrag zogen die Teilnehmer weiter in ein Brauhaus am Dom, um beim Kölsch den einen oder anderen Gedanken auszutauschen. Eine Übersicht über noch folgende Veranstaltungen des Jungen Forum NRW ist im Internet unter jungesforum.dvwg.de nachzulesen. ɷ World Conference on Transport Research D ie nächste World Conference on Transport Research (WCTR) indet vom 15. bis 18. Juli 2013 statt. Am 14. Juli 2013 wird es ergänzend eine WCTRS Young Researchers’ Conference geben. Nach einer sehr erfolgreichen Veranstaltung im Jahr 2010 in Lissabon indet nun die 13. Konferenz in Rio de Janeiro (Brasilien) statt. Die Veranstaltung deckt in acht Themenfeldern das Verkehrswesen in großer Breite ab. Es werden etwa 1 500 Teilnehmer erwartet. Der Call for Abstracts wurde nun veröfentlicht. Kurzfassungen können bis zum 30. April 2012 eingereicht werden. Nähere Informationen sind zu inden unter: http: / / www.wctr2013rio.com Nachruf Hans E. Kammerer D ie Bezirksvereinigung Freiburg trauert um ihr Gründungsmitglied und langjährigen stellvertretenden Vorsitzenden Hans E. Kammerer. Er verstarb am 24.01.2012. Seit 1963 Mitglied der DVWG war er als Geschäftsführer des Verbandes des Verkehrsgewerbes Südbaden e. V. und der Straßenverkehrsgenossenschaft Südbaden eG sowie viele Jahre auch in deren entsprechenden Bundesgremien tätig. Es war ihm ein Anliegen, die verkehrswissenschaftlichen Belange vornehmlich an der Universität Freiburg zu stützen und zu förnürnberg 24.04.2012 forum Bahntechnik innovationen der Bahntechnik für eine nachhaltige und umweltschonende Mobilität karlsruhe 9.-11.05.2012 DVWG-Jahrestagung mit Jahresverkehrskongress „Strukturwandel - Strategien für die Mobilität 2030“ köln 31.05.2012 DVWG forum nrW 2012 Herausforderung Schieneninfrastruktur - nrW in der Spur! Berlin 13.06.2012 19. DVWG forum Luftverkehr flughäfen in Deutschland - als Standort- und Wirtschaftsfaktor Zentrale veranstaltungen Zentrale veranstaltungen ➼ DVWG Hauptgeschäftsstelle Agricolastraße 25 10555 Berlin Tel. 030.293606 0 Fax 030.293606 29 eMail: hgs@dvwg.de Internet: www.dvwg.de dern. So konnte durch seine Initiative 1973 die BV Freiburg gegründet werden. Anlässlich seines 80. Geburtstages 2004 erhielt er die Ehrenplakette der DVWG. Die Bezirksvereinigung Freiburg hat ihm viel zu verdanken. Prof. Dr. Günter Knieps (Vorsitzender) Dipl.-Ing. Klaus Füsslin (Geschäftsführer) Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 79 DVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Straßenraumgestaltung bebauter Gebiete A m 12.01. 2012 referierte Dipl.-Ing. Harald Heinz vom Planungsbüro HJPplaner aus Aachen zum Thema „Die Straßenraumgestaltung innerhalb bebauter Gebiete - die neuen Empfehlungen zur Straßenraumgestaltung (ESG)“. Er ist Büroinhaber des Planungsbüros und Mitglied im Arbeitskreis Straßenraumgestaltung der FGSV, der mit den neuen Empfehlungen zur Straßenraumgestaltung (ESG) 2011 bereits die 3. Ausgabe nach der letzten Überarbeitung in 1996 vorlegt. Dieser Arbeitskreis setzt sich aus Mitgliedern unterschiedlicher Fachrichtungen zusammen, deren gemeinsame Aufgabe es ist, die häuig konträren Anforderungen an die Gestaltung des Straßenraums aus einerseits verkehrlicher und andererseits städtebaulicher Sicht zusammenzuführen. Auch im Straßenbau gilt der Grundsatz „Planungskultur ist Prozesskultur“, wobei im Entwurf die Belange der Baukultur, Qualitätssicherung, Beteiligung der Betrofenen und der interdisziplinären Zusammenarbeit angemessen zu berücksichtigen sind. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Beteiligung der Betrofenen schon zu Beginn der Planungen. Im Grundlagenkapitel der Publikation wird ein Schwerpunkt auf die Berücksichtigung historischer Informationen gelegt. Als Beispiele führte Heinz den Verlauf der Landsberger Allee in Berlin an. Diese führte ursprünglich unmittelbar auf den Alexanderplatz zu, die Sichtachse auf den Fernsehturm ist auch heute noch weitgehend vorhanden. Zu DDR-Zeiten wurde jedoch der Verkehr vor der Innenstadt auf eine Umgehungsstraße geführt und der Fernsehturm ist nur noch seitlich sichtbar. In Chemnitz führt eine Umgehungsstraße zum Teil über den historischen Wall, aber auch über einen neu geplanten Stadtring. Hier ist es Aufgabe der Gestalter, den Straßenraum entsprechend zu gliedern und die einzelnen Abschnitte unterscheidbar zu halten. Die Breite der Berliner Friedrichstraße wurde im Bereich der Dorotheenstadt entsprechend dem historischen Vorbild wieder von 22 auf 12 m verengt. Die wesentlichen Gestaltungselemente bezeichnete der Referent mit „Gestaltung, Gliederung, Bemessung, Vegetation, Beleuchtung, nächtliche Wirkung und Ausstattung“. Sie kommen in den nicht dem Kfz-Verkehr dienenden Seitenräumen zur Anwendung. Im Unterschied zu früheren Planungsprioritäten werden die Seitenräume nicht mehr nur nachrangig nach den axel Sindram, Bezirksvereinigung Berg und Mark zuvor − entsprechend dem erwarteten Verkehrsaukommen − festgelegten Fahrbahnbreiten bemessen, sondern vorab auf ihre erforderliche Bemessung geprüft, so dass u. U. auch die Fahrbahnbreite entsprechend der Bemessung des Seitenraums limitiert werden kann. Es gilt, neben den Autos genügend Platz für unterschiedliche Aktivitäten bereit zu stellen. Straßenbau und Städtebau sind daher über den gesamten Prozess enger zu verzahnen. Am Ende steht dann die politische Entscheidung. Beleuchtung soll nicht nur der Verkehrssicherheit und der sozialen Sicherheit dienen, sondern darüber hinaus in Dämmerung und Dunkelheit Atmosphäre schafen. Eine sorgfältig ausgewählte, den örtlichen Gegebenheiten entsprechende Beplanzung - z. B. in einem Kurort − ist ebenfalls ein bewährtes Gestaltungselement. Identiikation und Aneignung des Raumes belegen am Ende eine erfolgreiche Gestaltung. Für die Auswahl der Gestaltungselemente empfahl der Referent schlichte, nicht überladene Ausführungen. Bodenindikatoren sollen sowohl den unterschiedlichen Anforderungen von Blinden und Sehbehinderten genügen, als auch vom Betrachter als schön empfunden werden. „Membranen“ kommen vermehrt vor Supermarktparkplätzen zum Einsatz. Sie ermöglichen dem Einkaufenden den Blick auf den Parkplatz, vermitteln jedoch zugleich den Eindruck einer geschlossenen Straßenrandbebauung. Lärmschutzwände an Schnellstraßen werden bislang ausschließlich von der Fahrbahnseite her gestaltet, die Wirkung aus Sicht der Anwohner auf der anderen Seite blieb dagegen weitgehend unberücksichtigt. Abschließend wünschte sich Heinz, dass allgemein über seine gegenwärtige Ausschusstätigkeit hinaus auch wieder die städtebauliche Gestaltung von Außerortsstraßen vermehrt in den Blick genommen würde. Diese sei zugunsten der verkehrlichen Erfordernisse in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt worden. Ansätze hierzu sind jedoch vorhanden, sogar für die städtebauliche Integration von Autobahnen, insbesondere im Ruhrgebiet liegen bereits Vorschläge vor. Weitere Informationen unter: http: / / www.hjpplaner.de/ berg-mark@dvwg.de Raumerlebnis und Geschwindigkeit Graik: HJPplaner, Aachen Carl-Pirath-Medaille für Prof. Dr. G. Wolfgang Heinze F ür seine fast 30-jährige Mitgliedschaft in der Deutschen Verkehrswis s ens chaftlichen Gesellschaft sowie seine über 20-jährige erfolgreiche Tätigkeit als Vorstandsmitglied und langjähriger Bezirksvorsitzender (1996-2000) der Bezirksvereinigung Berlin-Brandenburg wurde Prof. Dr. G. Wolfgang Heinze (Technische Universität Berlin) mit der „Carl-Pirath- Medaille“ geehrt. Herr Prof. Dr.-Ing. Jürgen Siegmann, Vizepräsident der Gesellschaft, hielt die Laudatio und dankte für sein vorbildliches Engagement für die Verkehrswissenschaft. berlin-brandenburg@dvwg.de Philipp Gilka, Bezirksvereinigung Berlin-Brandenburg DVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 80 Kombinierter Verkehr - Stand und Perspektiven A m 22.Februar 2012 fand in Rostock eine Gemeinschaftsveranstaltung der BV Mecklenburg-Vorpommern der DVWG, des Ostseeinstituts für Marketing, Verkehr und Tourismus an der Universität Rostock und der Industrie- und Handelskammer zu Rostock zum Thema „Kombinierter Verkehr“ statt. Dabei wurden der erreichte Stand, vorhandene Probleme und Lösungsansätze des Kombinierten Verkehrs (KV) vor allem in Zusammenhang mit dem Seetransport über den Hafen Rostock erörtert, kritisch hinterfragt und diskutiert. Die Moderation der sehr gut besuchten Veranstaltung führte der Geschäftsführende Direktor des Ostseeinstituts Prof. Karl-Heinz Breitzmann. Als Referenten standen Thore Arendt, Geschäftsführer der Studiengesellschaft für den kombinierten Verkehr e. V., und Gudrun Schümann, Geschäftsführerin der Rostocker Trimodal GmbH, zur Verfügung. Arendt sprach allgemein über den derzeit beim Kombinierten Verkehr erreichten Stand sowie über Entwicklungspotenziale und Probleme. Wesentliche Merkmale des KV sind das Vorhandensein einer intermodalen Transportkette mit standardisierten Ladeeinheiten und der systematisch erleichterte Wechsel der Ladungen zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern. Dabei Prof. uwe Laue, Bezirksvereinigung Mecklenburg-Vorpommern Kombinierte Lkw-/ Eisenbahnfähre Foto: Hafen Rostock gilt es, die Verkehrsträger nach ihren systemkonformen Stärken und Schwächen optimal einzusetzen. Dadurch sollen die vor allem auf Massengut und lange Strecken orientierten Verkehrszweige Schiffahrt und Eisenbahn auf traditionelle Lkw-Märkte erweitert werden. Auf diese Weise lassen sich einerseits die Eizienz der einzelnen Verkehrsträger verbessern und andererseits verkehrsbedingte Umweltbelastungen reduzieren. Der Organisationsaufwand für den KV ist relativ hoch, weil zahlreiche Akteure diesen Markt beeinlussen: Verlader, Speditionen, Logistikdienstleister, Verkehrsunternehmen, Terminalbetreiber, aber auch Verwaltung und Politik. Eine hohe Transparenz der Leistungsangebote sowie kurze und kostenverträgliche Terminal- und Umschlagszeiten gelten als grundlegende Voraussetzung für den erfolgreichen KV. Hier liegen noch große Herausforderungen, aber auch Chancen für die künftige Entwicklung. Das gilt für die weitere Verbesserung sowohl der Förder- und Umschlagtechnik als auch der Informations- und Kommunikationssysteme. Das 2011 vorgestellte aktuelle Weißbuch der EU setzt auf einen deutlichen Ausbau des KV. Danach sollen bis zum Jahr 2050 mehr als die Hälfte des europäischen Straßenverkehrs auf Strecken über 300 km auf die Eisenbahn und Schiffahrt verlagert werden. Diese Zielstellung wird allerdings von vielen Verkehrsexperten skeptisch gesehen, weil es im Weißbuch an realistischen und konkreten Umsetzungsmaßnahmen fehlt. Dringend notwendig wären ein erheblicher Ausbau der Schieneninfrastrukturen und die systematische Entwicklung hochleistungsfähiger Terminals. Eine wichtige Säule des KV ist der Seehafenhinterlandverkehr, der überwiegend in Nord-Süd-Richtung abläuft. Die Seehäfen gelten dementsprechend als klassische Knotenpunkte des KV und werden auf diesem Gebiet künftig einen noch höheren Stellenwert einnehmen. Frau Schümann befasste sich mit dem KV über den Seehafen Rostock, der 1996 mit einem Ganzzug für die Firma Hantgartner begann. 2003 wurde die Rostocker Trimodal GmbH (RTM) gegründet, um den steigenden Anforderungen des KV besser gerecht werden zu können. Das Rostocker Terminal für den KV hat eine Fläche von etwa 50 000 m 2 mit drei Gleisen für Ganzzüge. Für den Umschlag stehen drei Reachstacker und zwei Terminaltraktoren zur Verfügung. Es wird im Drei-Schicht-System gearbeitet. Gegenwärtig werden im Ex- und Import jeweils 27 Züge im Terminal abgefertigt. Pro Jahr werden etwa 70 000 Ladeeinheiten mit knapp 1,5 Mio. t umgeschlagen. Das sind täglich über 190 Ladeeinheiten. Um die weiter steigenden Anforderungen an den KV qualitätsgerecht und kundenfreundlich erfüllen zu können, ist der Ausbau des Terminals vorgesehen. Dabei stehen der Bau einer Portalkrananlage und die Erweiterung auf fünf zuglange Gleise im Mittelpunkt. Nach dem Ausbau können jährlich etwa 140 000 Ladeeinheiten abgefertigt werden. Der Umschlag könnte sich dann gegenüber heute verdoppeln. Nach den Vorträgen kam es zu einer angeregten und sehr interessanten Diskussion. Dabei ging es vor allem um Aufgaben der Studiengesellschaft für den kombinierten Verkehr, die Realität der im Weißbuch der EU genannten Ziel, innovative Technik und Technologien in den Terminals, die Sicherheit der Transportketten und um die Besonderheiten und Konkurrenzfähigkeit des Rostocker KV-Terminals. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die aktuellen Probleme, die Herausforderungen sowie die Chancen des KV auf hohem Niveau veranschaulicht und kritisch bewertet wurden. mecklenburg-vorpommern@dvwg.de Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 81 DVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Bezirk eMail Berg und Mark berg-mark@dvwg.de 26.04.2012, 16.00 uhr Status Quo kreisverkehre Referent: Dr.-Ing. Birgit Hartz, Referat Verkehrsplanung, Straßenentwurf und Sicherheitsanalyse, BASt Ort: Bergische Universität Wuppertal, Fachbereich D, Eugen-Langen-Saal HD 35, Pauluskirchstr. 7, Wuppertal 24.05.2012, 16.00 uhr Luftreinhalteplan ruhr Referent: Dr. Sylke Termath, Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW Ort: Bergische Universität Wuppertal, Fachbereich D, Eugen-Langen-Saal HD 35, Pauluskirchstr. 7, Wuppertal nordbayern nordbayern@dvwg.de 24.04.2012, 9.30 uhr forum Bahntechnik Innovationen für nachhaltige und umweltschonende Mobilität (in Kooperation mit CNA e.V./ Cluster Bahntechnik und VDEI) Ort: Nürnberg, IHK Nürnberg für Mittelfranken, Hauptmarkt 25/ 27 19.05.2012, 10.00 uhr Exkursion nach neumarkt/ Opf. zur Präsentation und Besichtigung Firmengruppe Max Bögl und Museum für historische Maybach-Fahrzeuge Südbayern suedbayern@dvwg.de 21.04.2012, 8.00 uhr Exkursion regionalflughäfen und regionale Wirtschaftspolitik am Beispiel des Allgäu Airports Referent: Ralf Schmid, GF Allgäu Airport GmbH & Co. KG. Memmingerberg 26.04.2012, 17.00 Uhr Zukunftsperspektiven der S-Bahn München mit Besichtigung des S-Bahn-Werks Steinhausen Referent: Norbert Klimt, Vorsitzender der Regionalleitung DB Regio Bayern und Geschäftsführer der S-Bahn München Ort: München, Steinhausen 04.05.2012, 16.00 Uhr Veranstaltung des Jungen Forums: BMW - der Wandel zum Mobilitätsdienstleister. Chancen für Studierende aller Fachbereiche! Referent: Martin Hauschild, Abteilungsleiter Verkehrstechnik und Verkehrsmanagement, BMW Group, München Ort: BMW Welt München 08.05.2012, 17.00 Uhr Flugverkehr und EU-Klimapolitik (Gemeinschaftsveranstaltung mit der Hanns-Seidel-Stiftung) Referenten: Dr. Karlheinz Haag, Leiter Umweltkonzepte Konzern , Deutsche Lufthansa AG, Frankfurt Dr. Hans-Jochen Luhmann, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie Ort: Hanns-Seidel-Stiftung München 22.05.2012, 16.30 Uhr Elektromobilität in ländlichen Räumen - Forschungsprojekt „E-Wald“ (Gemeinschaftsveranstaltung mit der Regierung von Niederbayern) Referenten: Dr. Michael Braun, Vorstand Tourismusverband Ostbayern, Regensburg; Prof. Dr. Peter Sperber, Hochschule Deggendorf, Elektrotechnik und Medientechnik Dr. Roman Vilimek, Projektleiter wissenschaftliche Begleitforschung MINI E, BMW Group München Ort: Regierung von Niederbayern, Landshut Hamburg hamburg@dvwg.de 11.04.2012, 18.00 Uhr Fachexkursion Neue Fahrzeugkonzepte bei der Hamburger S-Bahn Referenten: Ute Plambeck, DB AG Michael Dirmeier, S-Bahn Hamburg GmbH Ort: S-Bahn Hamburg Werk Ohlsdorf, Sommerkamp 13, Hamburg 16.04.2012, 18.00 Uhr Verkehrswissenschaftliches Kolloquium Junges Forum Buslinienfernverkehr in Deutschland - aktuelle Marktsituation und Entwicklungsperspektiven Referent: Mathias Lahrmann, BSL Transportations GmbH Ort: Universität Hamburg, Raum WiWi B1, Von-Melle-Park 5, Hamburg 26.04.2012, 16.30 Uhr Fachexkursion AIRBUS Cabin Innovation & Design Referent: Axel Becker, Airbus Deutschland GmbH Ort: Airbus Deutschland GmbH, Osttor, Kreetslag 7, Hamburg Finkenwerder 02.05.2012, 13.30 Uhr Fachexkursion Junges Forum Besichtigung der Einsatzzentrale und Verkehrsleitzentrale der Polizei in Hamburg Ort: Bruno-Georges-Platz 1, Hamburg 24.05.2012, 17.00 Uhr Vortrag und Diskussion Zukunft des ÖPNV - Neue Schienenkonzepte für Stadt und Region Ort: HVV GmbH, Raum Hamburg, Steindamm 94 Berlin-Brandenburg berlin-brandenburg@dvwg.de 18.04.2012, 16.00 Uhr Neue Züge für das Stadtbahnnetz Der KISS (Firma Stadler) für die ODEG-Linien Referent: Jörg Kiehn, ODEG Ort: Lessingstr. 102, 13158 Berlin 28.05.2012, 18.00 Uhr Green Logistics Referenten: Prof. Dr. Frank Straube, TU Berlin FG Logistik Andreas Grundey, Leiter Transport und Flottenmanagement Spedition Meyer & Meyer Werner Küsters, DHL Freight GmbH Ort: TU Berlin, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin veranstaltungen der bezirksvereinigungen Württemberg wuerttemberg@dvwg.de 03.05.2012, 18.00 Kaminabend des Jungen Forums Referent: Herrn Walter Schoefer, Geschäftsführer der Flughafen Stuttgart GmbH Ort: Kaminzimmer IBZ Eulenhof, Robert-Leicht-Str. 161, Stuttgart 14.05.2012, 17.30 Uhr Auf dem Weg zur Elektrifizierung des Automobils Referent: Prof. Dr.-Ing. Hans-Christian Reuss, Universität Stuttgart, Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen Ort: Verband Region Stuttgart, Kronenstr. 25, Stuttgart SErViCE Entdeckungen Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 82 W ir stehen vor einer Zeitenwende. Das Klima unseres Planeten ist bedroht. Das Jahrhundert des Öls geht zu Ende, die Energieversorgung der Welt muss auf eine neue Grundlage gestellt werden. 2050 werden fast so viele Menschen in Städten leben wie heute auf der ganzen Erde - und es wird erstmals mehr Senioren geben als Kinder und Jugendliche. Nie zuvor wurde daher von Forschern, Erindern und Ingenieuren mehr Kreativität verlangt: Computer als Assistenzärzte, Roboter im Haushalt, Sinnesorgane für Elektroautos, Gebäude als Energiehändler, Bauernhöfe im Wolkenkratzer, Lichthimmel an der Decke, Kraftwerke in der Wüste und auf hoher See, Großrechner im Volumen einer Erbse, Eberl, Ulrich 2011, Verlag Beltz & Gelberg ISBN 978-3-407-75352-6 EUR 17,95. Zukunft 2050 Wie wir schon heute die Zukunft erinden Wissen, wohin die Reise geht Ganzheitliche Betrachtung erforderlich Heft 1/ 2012, S. 19: Erik Gawel: „Wassernutzungsabgaben für die Schiffahrt? “ Sehr geehrter Herr Professor Gawel, mit großem Interesse habe ich Ihre Ausführungen in o. g. Ausgabe von Internationales Verkehrswesen gelesen. Sie greifen mit Ihrem Beitrag eine aktuelle Debatte auf, die vom BDB e. V., also der Interessenvertretung der gewerblichen Unternehmer der Güter- und Fahrgastschiffahrt, ebenfalls begleitet wird. Das Thema Nutzinanzierung darf zu Recht als raumgreifend bezeichnet werden, weshalb Sie sich in Ihren Ausführungen vermutlich sehr stark auf die Frage einer Steuerungswirkung von Schiffahrtsabgaben (Lenkungs- und Finanzierungsinstrument) beschränken. Das ist legitim, allerdings kommt mir ein Aspekt in Ihren Ausführungen zu kurz: An verschiedenen Stellen erwähnen Sie ausdrücklich die „Binnenwasserstraßen" und Sie nennen „die Binnenschiffahrt" als Schuldner einer Abgabenerhebung (z. B. S.- 20, mittlere und rechte Spalte). Richtigerweise müsste aber doch stets von Bundeswasserstraßen (also Seeschiffahrts- und Binnenschiffahrtswasserstraßen) gesprochen werden, und es müsste im Text doch durchgängig „die Schiffahrt" heißen, denn in eine denkbare Abgabenverplichtung als Finanzierungsinstrument müssten konsequenterweise Seeschife, Küstenmotorschife, Sportboote, Yachten und Segelschife ebenfalls einbezogen werden. Da Sie diese Nutzer der Wasserstraßen nicht thematisieren, entsteht der Eindruck, als hätten Sie diese Gruppen bei Ihren Ausführungen bewusst außer Betracht gelassen. Das hätte m. E. allerdings eine unzulässige Verengung der Thematik zur Folge, da weite Teile dieser Nutzergruppen derzeit gar keine Abgaben oder nur pauschale Abgaben in eher symbolischer Höhe für die Nutzung der Wasserstraßen zahlen. Richtigerweise müssen sogar auch die Nutzer jenseits der Schiffahrt, also z. B. gewerbliche Brunnenbetreiber, Energieerzeuger oder Industrien, die Wasser zur Kühlung von Anlagen entnehmen, in die Überlegungen einer verursachergerechten Abgabenplicht einbezogen werden. Eine solche ganzheitliche Betrachtung könnte nämlich zu dem interessanten Punkt führen, dass eine Einbeziehung sämtlicher Nutzer in Summe zu signiikanten Mehreinnahmen des Staates führen könnte, ohne dass eine inanzielle Überforderung der Binnenschiffahrt erfolgen würde: Auf die wettbewerbliche Dimension der Debatte weisen Sie ja in Ihren Ausführungen auf S.-20 hin. Zu Recht führen Sie die aus der WRRL resultierenden europäischen Verplichtungen hinsichtlich der Fischdurchgängigkeit an. Für die zu erstellende Fischdurchgängigkeit kann ich aber nicht erkennen, weshalb allein die Schiffahrt die Kostentragungsplicht haben sollte. Eingrife in frei ließende Gewässer sind in den vergangenen Jahrhunderten nicht nur für die Schibarmachung erfolgt, sondern z. B. auch zum Zwecke des Hochwasserschutzes oder der Energiegewinnung (Wasserkraft). Die Kosten für die zu erzielende Fischdurchgängigkeit von 337 Schleusen und Stauwehren in Deutschland belaufen sich übrigens nach Auskunft des BMVBS bis zum Jahr 2025 auf mindestens 750- Mio.- EUR zzgl. Personalkosten in Millionenhöhe. Derzeit ist nicht erkennbar, dass das Bundesumweltministerium sich an der Kostentragung mit seinem Etat beteiligt, obwohl es sich doch um die Umsetzung eines naturschutzfachlichen Auftrags handelt. Derzeit steht allein das BMVBS mit seinem bereits heute hofnungslos unterdotierten Etat (Bundeshaushalt Kap.- 1203) in der Finanzierungsverplichtung. Rechtsanwalt Jens Schwanen, Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsführung Bundesverband der Deutschen Binnenschifahrt-e.V., Duisburg Leserbriefe sind keine Meinungsäußerung der Redaktion. Die Redaktion behält sich vor, die Texte zu kürzen. virtuelle Universitäten und Fabriken im Internet - all dies ist keine Vision, sondern fast schon greibare Realität in den Labors rund um den Globus. Seit zehn Jahren erkundet das Siemens-Magazin „Pictures of the Future" die Welt von morgen. Im Buch „Zukunft 2050“ fasst der Wissenschaftsautor und Chefredakteur von „Pictures of the Future", Ulrich Eberl, erstmals anschaulich die wesentlichen Trends zusammen, die unser Leben in den nächsten Jahrzehnten prägen werden. Diese einzigartige Zusammenschau ist ein lesenswertes Buch für jeden, der wissen will, wohin die Reise geht. Wie Innovationen entstehen, wie die verschiedenen Entwicklungen sich gegenseitig beeinlussen, welche Berufe gebraucht werden - und wie man selbst die Welt von morgen miterinden kann. Ob Schüler oder Student, Forscher oder Professor, Manager oder Politiker - woran an Forschungszentren und in Industrieunternehmen heute gearbeitet wird, geht jeden an. Victor Behrends Eureka Navigation Solutions AG Dirk Esters HaCon Ingeniersgesellschaft mbH Mick Haynes Atos Dr.-Ing. Thomas Rieckenberg International Railyway Technology Consulting Dr. Eckhart Schultes HIM GmbH Prof. Jürgen Siegmann Technische Universität Berlin Rainer Wilke Deutsche Bahn AG Marcello Tamietti Accenture Dienstleistungen GmbH 5. EurailTelematics Konferenz 14.-15. Juni 2012 Renaissance Hotel Köln Kontakt Organisation Inken Kienzle Tel.: +49/ (0)40/ 23714-470 E-Mail: business-ofshore@dvvmedia.com Sponsoring / Ausstellung Nicole Hagen Tel.: +49/ (0)40/ 23714-262 E-Mail: nicole.hagen@dvvmedia.com Programm Nicole Hagen Tel.: +49/ (0)40/ 23714-262 E-Mail: nicole.hagen@dvvmedia.com Lückenloser Informationsfluss im Schienengüterverkehr Autarke Telematik und internationaler Datenaustausch schafen Transparenz Veranstalter: In Kooperation mit: WEITERE INFORMATIONEN, DAS KOMPLETTE KONFERENZ- PROGRAMM UND SPONSORINGMÖGLICHKEITEN UNTER: Auf der EurailTelematics: ̇ erhalten Sie einen Überblick über den Stand der Technik und geplanter Verbesserungen ̇ werden Datenaustausch-Lösungen und mobile Telematiksysteme anhand von Beispielen erläutert ̇ berichten Logistiker über ihre Erfahrungen zur Optimierung der Informationslüsse ̇ lernen Sie Key-Player und Spezialisten aus den Bereichen Telematik und IT kennen ̇ nehmen Sie an einer spannenden Fachdiskussion über Transport-Information im Schienengüterverkehr teil www.eurailtelematics.com SErViCE Impressum | Termine Herausgeber Dr.-Ing. Frank Straube, Professor an der Technischen Universität Berlin, Institut für Technologie und Management, frank.straube@tu-berlin.de Herausgeberassistenz Berlin: Axel Haas haas@logistik.tu-berlin.de Verlag DVV Media Group GmbH Postfach 101609, D-20010 Hamburg Nordkanalstr. 36, D-20097 Hamburg Telefon (040) 2 37 14-01 Geschäftsleitung: Dr. Dieter Flechsenberger (Geschäftsführender Gesellschafter) Geschäftsführer: Martin Weber Detlev K. Suchanek (Verlagsleiter Technik & Verkehr) detlev.suchanek@dvvmedia.com Verlagsredaktion Dr. Bettina Guiot (verantw.), (Durchwahl: -241) bettina.guiot@dvvmedia.com Telefax Redaktion: (040) 2 37 14-205 Freie Mitarbeit: Kerstin Zapp kerstin.zapp@dvvmedia.com Dr. Karin Jäntschi-Haucke, hgs@dvwg.de (verantw. DVWG-Nachrichten) anzeigen Silke Härtel (verantw. Leitung) (Durchw.: -227) silke.haertel@dvvmedia.com Sophie Elfendahl (Durchwahl: -220) sophie.elfendahl@dvvmedia.com Telefax Anzeigen: (040) 2 37 14-236 Gültig ist die Anzeigenpreisliste Nr. 49 vom 1. Januar 2012. Vertrieb Riccardo di Stefano Bezugsgebühren: Inland EUR 146,00 (inkl. Porto zzgl. 7 % MwSt.), Ausland EUR 154,00 (inkl. Porto). Mitglieder der DVWG erhalten die Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Einzelheft: EUR 25,00 (im Inland inkl. MwSt.) zzgl. Versand. Bezugsbedingungen: Die Laufzeit eines Abonnements beträgt mindestens ein Jahr und kann danach mit einer Frist von sechs Wochen jeweils zum Ende einer Bezugszeit gekündigt werden. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlags oder infolge höherer Gewalt kann der Verlag nicht haftbar gemacht werden. Copyright: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags vervielfältigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fällt insbesondere auch die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-Rom. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Abbildungen übernimmt der Verlag keine Haftung. Layoutkonzept: Helmut Ortner titelbild: titellayout: Getty Images Karl-Heinz Westerholt Druck: Knipping Druckerei und Verlag GmbH, Düsseldorf Herstellung: TZ-Verlag & Print GmbH, Roßdorf, www.tz-verlag.de Internationales Verkehrswesen Leser- und Abonnentenservice Tel. (040) 23714-260 | Fax: (040) 23714-243 Oizielles Organ: Mitglied/ Member: Eine Publikation der DVV Media Group ISSN 0020-9511 23.-24.4.12 Hannover (D) Hannover Messe Info: Deutsche Messe Tel. +49 (0)511 89-0 info@messe.de www.hannovermesse.de 24.-25.4.12 Amstelveen (NL) Rail Technology Conferences 2012 on Life Cycle Management and High Frequency Operations Info: Europoint www.railtechnologyconferences.com 24.-26.4.12 Stockholm (S) 10th UIC ERTMS world Conference Info: UIC ertms2012@uic.org www.uic.org/ spip.php? article2051 25.-26.4.12 Hamburg (D) 4. See-Hafen-Kongress Info: Interplan AG Tel. +49 (0)40-32 50 92 30 a.zuetphen@interplan.de www.see-hafen-kongress.de 2.-4.5.12 Leipzig (D) International Transport Forum Info: ITF Tel. +33 1 45 24 97 10 itf.contact@oecd.org www.internationaltransportforum.org 9.5.12 Salzgitter (D) 6. Salzgitter-Forum Mobilität „mobility2go − lexibel unterwegs“ Info: Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Institut für Verkehrsmanagement Tel. +49 (0)5341 87551770 s.moedeker@ostfalia.de www.salzgitter-forum-mobilitaet.de 9.-11.5.12 Karlsruhe (D) dvwG Jahrestagung Info: DVWG Tel. +49 (0)30-29360622 markus.engemann@dvwg.de www.dvwg.de 16.5.12 Wien (A) Railway Energy Conference Info: ÖBB-Infrastruktur AG, GB Energie Tel. +43 1 93 00 02 25 26 energie.vertrieb@oebb.at www.railwayenergy.at/ 30.5.-1.6.12 Shanghai (CN) Rail+Metro China 2012 Info: Intex Shanghai Co., Ltd. Tel. +86 21 62951060 intexhxp@sh163.net www.metro-china.org/ indexen.asp 5.-7.6.12 Paris (F) Transports Publics 2012 Info: GIE objectif transport public Tel. +33 (0)1 48 74 04 82 salon@objectiftransportpublic.com www.transportspublics-expo.com/ 11.-13.6.12 Düsseldorf (D) vdv-Jahrestagung Info: VDV Tel. +49 (0)221 57979-0 info@vdv.de, www.vdv.de 14.-15.6.12 Köln (D) EurailTelematics 2012 Info: DVV Media Group GmbH Tel. +49 (0)40 237 14-101 Fax +49 (0)40 237 14-104 riccardo.distefano@dvvmedia.com www.eurailtelematics.com 18.-22.6.12 Berlin (D) Kuhmo Nectar Conference and Summer School on Transportation Economics 2012 Info: DIW kuhmonectar_support@diw.de indico.conferences.dtu.dk/ conferenceDisplay.py? confId=101 TERMINE + vERANSTALTUNGEN 23.04.2012 bis 22.06.2012 weitere veranstaltungen inden Sie unter www.internationalesverkehrswesen.de, www.dvwg.de www.eurailpress.de, www.schifundhafen.de, www.dvz.de Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 85 HErauSGEBErBEirat Internationales Verkehrswesen Ben Möbius Dr., Abteilungsleiter Infrastruktur, Verkehr und Telekommunikation des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Berlin Gerd aberle Dr. rer. pol. Dr. h.c., Professor emer. der Universität Gießen und Ehrenmitglied des Herausgeberbeirats ralf nagel Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Hamburg august Ortmeyer Dr., Leiter der Abteilung Dienstleistungen, Infrastruktur und Regionalpolitik im Deutschen Industrie und Handelskammertag (DIHK), Berlin Michael P. Clausecker MBA Mitglied Geschäftsführung Bombardier Transportation GmbH, Berlin Christian Piehler Dr.-Ing., Programmdirektor Verkehr Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Köln ronald Pörner Prof. Dr., Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland e. V. (VDB), Berlin florian Eck Dr., stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums e.V., Berlin annegret reinhardt-Lehmann Bereichsleiterin, Kundenmanagement Fraport AG, Frankfurt/ Main Michael Engel Dr., Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften e. V. (BDF), Berlin alexander Eisenkopf Prof. Dr. rer. pol., Phoenix-Lehrstuhl für Allgemeine BWL & Mobility Management, Zeppelin University, Friedrichshafen tom reinhold Dr.-Ing., Leiter Sonderprojekte DB Mobility Logistics AG Frankfurt Ottmar Gast Dr., Sprecher der Geschäftsführung der Hamburg-Süd KG, Hamburg knut ringat Prof., Präsident der DVWG und Sprecher der Geschäftsführung der Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH, Hofheim am Taunus Jürgen Siegmann Prof. Dr.-Ing. habil., Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb, TU Berlin, und Vizepräsident der DVWG alexander Hedderich Dr., Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Schenker Rail GmbH und Mitglied des Executive Board der Deutsche Bahn AG, Berlin Erich Staake Dipl.-Kfm., Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG, Duisburg Wolfgang Stölzle Prof. Dr., Ordinarius, Universität St. Gallen, Leiter des Lehrstuhls für Logistikmanagement, St. Gallen Wolfgang Hönemann Dr., Geschäftsführer Intermodal der Wincanton GmbH, Mannheim ute Jasper Dr. jur., Rechtsanwältin Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek, Düsseldorf Josef theurer Dr. Techn. h. c. Ing., Geschäftsführer Plasser & Theurer, Linz Christoph klingenberg Dr., Bereichsleiter Information Management und Chief Information Oicer der Lufthansa Passage Airlines, Frankfurt/ Main Matthias von randow Hauptgeschäftsführer Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Berlin Sebastian kummer Prof. Dr., wissenschaftlicher Leiter der ÖVG und Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik, Wien Peer Witten Prof. Dr., Vorsitzender des Aufsichtsrats der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Hamburg, und Sprecher der Logistik-Initiative Hamburg Oliver Wolf Hauptgeschäftsführer Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Köln Werner lundt Dipl.-Ing., Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schifbau und Meerestechnik e. V., Hamburg Buy Green - Buy Social! Herausgeberbeirat Dr. Ute Jasper zu fairen Einkaufsregeln K ünftig gelten neue Regeln für Aufträge der öfentlichen Hand. Soziale und ökologische Kriterien werden verbindlich. Nicht mehr allein der Preis, sondern auch Energieeizienz oder der Verzicht auf Kinderarbeit bestimmen künftig, wer einen Auftrag erhält. Viele beklagen den bürokratischen Aufwand. Aber was wäre die Alternative? Ohne globale Regeln für soziale und ökologische Mindeststandards lassen sich Nachhaltigkeit und faire Produktion nur indirekt durchsetzen. Deshalb geht es nicht um „Fluch oder Segen“, sondern um eine Abwägung mit Augenmaß: Einkaufsregeln für faire Produktion und Schutz der Umwelt sind sinnvoll, müssen aber praktikabel bleiben. Betriebskindergärten in kleinen Familienunternehmen gehören nicht dazu. Besser wären Standards wie ein grüner Engel für geprüfte Produktionsprozesse. Als Fazit bleibt: Der Dreiklang „People − Planet − Proit“ wird auch für die Verkehrswirtschaft wichtig. » Es geht um eine Abwägung mit Augenmaß! « GaStkOMMEntar Klaus Milz Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 86 Wie ernst nimmt die Verkehrspolitik der EU ihre eigenen Klimaziele? D ie europäische Schuldenkrise und die Probleme um den Euro haben den globalen Klimawandel ziemlich aus dem Blickpunkt der Berichterstattung verdrängt, aber nicht aus der Welt geschaft. Der Klimagipfel von Durban Ende 2011 zeigte erneut den drängenden Handlungsbedarf. Letztlich wurde ein breiter Konsens, zumindest in der Wahrnehmung des Problems, gefunden. Zum ersten Mal ist es hier gelungen, eine Vereinbarung zu formulieren, welche die CO 2 -Reduktion verbindlich zum Ziel hat. Auf der Folgekonferenz in Katar Ende 2012 soll dann ixiert werden, welche Länder ihren CO 2 -Ausstoß um wie viel und bis wann zu reduzieren haben. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen fast übereinstimmend, dass es an der Zeit ist, wesentlich höhere Anstrengungen zu unternehmen, um die globale Temperaturerhöhung unterhalb von 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten. Mit dem Konsens von Durban sollte die EU nunmehr ihre Vorreiterrolle im Klimaschutz deutlich zeigen und nachdrücklich wahrnehmen. Bislang haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf wichtige, bis 2020 zu erreichende Ziele geeinigt: ƀǁ Senkung der EU-Treibhausgasemissionen um mindestens 20 % unter den Wert von 1990 ƀǁ Steigerung des Anteils erneuerbarer Energieträger auf 20 % ƀǁ Verbesserung der Energieeizienz zur Senkung des Primärenergieverbrauchs um 20 %. In ihrer Mitteilung „Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO 2 -armen Wirtschaft bis 2050“ untersucht die EU- Kommission auch Wege zur Senkung der Treibhausgasemissionen um mehr als 80 %. Das sind ehrgeizige Ziele, deren Realisierung aber nur gelingt, wenn alle Wirtschaftssektoren engagiert mitwirken. Die Statistik des CO 2 -Ausstoßes zeigt, dass die meisten Sektoren seit 1990 ihre Emissionen reduzieren konnten, der Verkehrssektor aber 36 % über seinem damaligen Wert liegt. Das ist umso gravierender, da der Verkehrsbereich insgesamt für mehr als 1/ 4 der Treibhausgase verantwortlich ist. Allein der Straßentransport produziert 1/ 5 der CO 2 -Emissionen innerhalb der EU. In der letzten Fassung des Weißbuchs Verkehr der EU wird ein Fahrplan von einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem beschrieben. Dabei will die Kommission auch das Prinzip der Internalisierung externer Kosten konsequent angewendet sehen. Die erfreuliche Entwicklung wieder steigender Marktanteile der Eisenbahnen und des ÖPNV zeigt, dass eine solche Zielsetzung nicht unrealistisch ist. Der internationale Verband des Nahverkehrs UITP strebt bis 2025 sogar eine Verdoppelung des Marktanteils des ÖPNV an. Voraussetzung für eine wettbewerbsorientierte Modal Split-Optimierung ist allerdings die Beseitigung der nach wie vor vorhandenen Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Verkehrsträgern. Darauf abzielende Vorschläge der Kommission sind jedoch durch nationale Egoismen bislang kaum umgesetzt worden. Damit klafen die übergeordneten Umweltziele und die dafür bisher konkret eingeleiteten Maßnahmen noch gefährlich auseinander. Die Kommission hat folgerichtig auch aufgezeigt, dass im Verkehrswesen zwar bemerkenswerte Verbesserungen erreicht wurden − vor allem bezüglich Eizienz und Sicherheit − dass jedoch in der Frage des intermodalen Verkehrsverständnisses bei vielen nationalen Entscheidungsträgern bis heute kein Paradigmenwechsel stattgefunden hat. Die in Deutschland viel gepriesene Elektromobilität allein bringt auf absehbare Zeit keine spürbare Reduzierung der Ölabhängigkeit und auf keinen Fall einen Rückgang der weiter wachsenden Verkehrsstaus. Das bedeutet letztlich, dass nur erheblich stringentere Strategien zur Änderung der Verkehrsmittelwahl mit deutlich höheren Marktanteilen des Schienenverkehrs und des Öfentlichen Personennahverkehrs − in optimierter Kooperation mit anderen Verkehrsträgern − den notwendigen Beitrag dieses Sektors zum Klimaschutz leisten können. In den komplexen Analysen, Strategien und Maßnahmenvorschlägen der EU-Kommission ist diese Politik mehrfach festgehalten. Leider fehlt es aber an ihrer konsequenten Umsetzung. Vor allem auf nationaler Ebene mangelt es immer noch am ernsten Willen, kurzfristige Egoismen zugunsten der gemeinsamen langfristigen Interessen zu überwinden. Muss sich erst eine Katastrophe abzeichnen, wie bei der oben erwähnten Finanzkrise, um alle EU-Institutionen einschließlich der nationalen Regierungen wachzurütteln? ɷ Prof. Dipl.-ing. Dr. rer. pol. klaus Milz Lehrbeauftragter an der TU Berlin; Vice President Bombardier a. D. ; Honory President UITP Industry Committee; Gründer des European Rail Circle; bis 2011 Mitglied des Herausgeberbeirats IV Zur PErSOn Antrag auf persönliche Mitgliedschaft (Jahresbeitrag 96 EUR/ Studierende 48 EUR) Eintritt zum Titel, Vorname, Name Beruf, Amtsbezeichnung Geburtsdatum Anschrift (privat) - Straße, Haus-Nr. PLZ, Ort Telefon (privat) Fax (privat) E-Mail (privat) Firma, Institution (dienstlich) Anschrift (dienstlich) - Straße, Haus-Nr. PLZ, Ort Telefon (dienstlich) Fax (dienstlich) E-Mail (dienstlich) Interessensgebiete (Zutreffendes bitte ankreuzen) Personenverkehr Güterverkehr Verkehrsinfrastruktur Verkehrslogistik Kombinierter Verkehr Verkehrssicherheit Verkehrspolitik Straßenverkehr Luftverkehr Schienenverkehr ÖPNV Seeverkehr Binnenschifffahrt Fußgänger- und Radverkehr Verkehrsplanung Verkehrstechnik Verkehr und Umwelt Verkehrsforschung Telematik und Verkehrsmanagement Verkehrswirtschaft Verkehrsrecht Wenn Sie den schriftlichen Kontakt mit der DVWG bzw. die Lieferung der Organzeitschrift „Internationales Verkehrswesen“ an eine dienstliche Adresse wünschen, wählen Sie bitte Kontakt „dienstlich“. Bitte beachten Sie, dass die Angabe der privaten Adresse für eine Anmeldung zwingend erforderlich ist! 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Dieses Jahr produziert die DVV Media Group GmbH | Eurailpress in Zusammenarbeit mit der Messe Berlin zum zweiten Mal die InnoTrans Daily News . Jeden Morgen werden die Daily News an rund 20 von der Messe Berlin akkredierte Hotels verteilt Der Verteilung erfolgt vor und während der Messe Anzeigenkunden und Sponsoren profitieren von insgesamt 10.000 verteilten Exemplaren Das ist Ihre Chance über 2.000 Aussteller und über 100.000 Besucher zu erreichen Fakten Buchbare Tage: Dienstag, 18. September 2012 Mittwoch, 19. September 2012 Donnerstag, 20. September 2012 Freitag, 21. September 2012 Druckunterlagenschluss: 31. August 2012 Übersicht der Anzeigenformate ( Breite x Höhe ) 1/ 1 Seite € 5,200 251 x 183 mm 1/ 2 Seite € 2,900 125 x 183 mm 1/ 3 Seite € 2,550 83 x 183 mm 1/ 4 Seite € 1,700 63 x 183 mm 1/ 8 Seite € 950 30 x 183 mm Wenn Sie an der Platzierung in einer oder mehrerer Ausgaben der InnoTrans Daily News interessiert sind, kontaktieren Sie bitte: Riccardo di Stefano Tel: +49 (0) 40/ 237 14-101 Fax: +49 (0) 40/ 237 14-104 Email : riccardo.distefano@dvvmedia.com Die InnoTrans Daily News werden an allen vier Messetagen an die Besucher und Aussteller auf der InnoTrans verteilt. Bereits zum Frühstück versorgen die InnoTrans Daily News die Messebesucher mit den neusten Nachrichten. Die InnoTrans Daily News 2012 sind die einzigen offiziellen Dailies auf der Messe! Nur mit diesem Titel können Sie auf der Messe Präsenz zeigen. Die InnoTrans Daily News erscheinen zweisprachig, in Deutsch und Englisch. 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