eJournals

Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
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2012
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POLITIK Staatliche Eingrife in die Preisbildung auf dem Benzinmarkt? LOGISTIK Safety irst beim Gefahrguttransport INFRASTRUKTUR Neufassung des transeuropäischen Verkehrsnetzes Sicherheit in Verkehr und Transport Auf Nummer sicher Im Interview: Gerhard Steiger, Bosch www.internationalesverkehrswesen.de Transport and Mobility Management Heft 5 September/ Oktober l 2012 edITORIAL Frank Straube Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 3 »Internationale Transportketten benötigen Sicherheit! « D er bisher größte von einem Computervirus verursachte Schaden wird auf 8,7- Mrd.- USD geschätzt. Diese enorme Summe, die in etwa dem Jahresetat des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung entspricht, ist die Auswirkung einer kleinen Störung der internationalen Datennetze. Ähnlich verhält es sich mit dem physischen Pendant dieser Datennetze - den internationalen Transportketten. Marginale Störungen führen zu wirtschaftlichen Kettenreaktionen und mithin zu Kapitalvernichtung. Angrife auf Transportmittel, die Infrastruktur oder die Verwendung des Frachtgutes als „Trojaner“ für Sprengstofangrife sind die Herausforderungen, mit denen die Akteure in Transportnetzwerken konfrontiert werden. Zur Gefahrenabwehr versuchen internationale Organisationen, Regierungen sowie private Unternehmen individuelle Maßnahmen zu ergreifen. Für den Seeverkehr ist die Piraterie, neben naturbedingten Ereignissen, eine der wesentlichen Störungen. Die weltweiten Piratenangrife haben zwar im ersten Halbjahr 2012 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um ein Drittel (auf 177) abgenommen, doch gilt es, die verbleibende beträchtliche Anzahl von Angrifen weiter zu reduzieren. Als wirksam hat sich in der Vergangenheit der Einsatz von privaten Sicherheitsdiensten an Bord von Schiffen erwiesen - bisher ist kein Fall bekannt, bei dem ein so geschütztes Schif gekapert wurde. Um diesen Weg auch für unter deutscher Flagge fahrende Schife frei zu machen, hat das Bundeskabinett am 18.- Juli dieses Jahres eine entsprechende Gesetzesänderung beschlossen. Mit einer Zulassung, die durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei gewährt wird, können zukünftig private Sicherheitsdienste tätig werden. Ein Ansatz zur Gewährleistung sicherer Lieferketten ist die seit 2007 existierende ISO-Norm- 28000. Zur Prävention von Sprengstofanschlägen werden darüber hinaus zusätzliche Vorschriften erlassen. Modelle wie das Scannen aller Exportcontainer in die USA im Abgangshafen mittels Röntgenstrahlung - mit Wirkungen auf Prozesskosten und Durchlaufzeiten - oder im Luftfrachtverkehr die notwendige Zertiizierung als „Bekannter Versender“ verdeutlichen noch einmal die Relevanz in internationalen Prozessketten. Doch neben den physischen Gefahren birgt die immer stärker voranschreitende informatorische Vernetzung der Akteure auch virtuelle. Mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 50 % erwartet PwC für 2030, dass sog. „Cyber attacks“ in Transportketten einen größeren Schaden anrichten werden als physische Ereignisse. In dieser Ausgabe bieten wir Ihnen neben den Beiträgen zum Schwerpunkt „Sicherheit in Transport und Verkehr“ unter anderem informative Beiträge zu den Europäischen Verkehrsnetzen (TEN-T) und Meinungen zur aktuellen Debatte um staatliche Eingrife in die Benzinpreisbildung. Ihr Frank Straube frank.straube@tu-berlin.de »Sicherheitsdienste können Piratenangriffe vermindern.« Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 4 POLITIK 12 Staatliche eingrife in die Preisbildung auf dem Benzinmarkt? Wissenschaftlicher Beirat BMVBS 14 Stellenwert der Security in der Verkehrspolitik Andreas Kossak 17 Hohe Benzinpreise - kein Grund für Aktionismus Manuel Frondel Christoph M. Schmidt Maximiliane Sievert 20 Langsamer, bewusster, leiser René Bormann INFRASTRUKTUR 33 Neufassung des transeuropäischen Verkehrsnetzes Helmut Adelsberger 37 Towards a sustainable transport system Gabriel Mialocq Jean-Jacques Chaban-Delmas 41 Steigerung von Parkerlösen an europäischen Verkehrslughäfen Mark Friesen 44 Automatisches Parken an Flughäfen Frido Stutz LOGISTIK 24 Sicherheit und Wirtschaftlichkeit in einklang bringen Jörg Mosolf 26 Safety irst beim Gefahrguttranport Brigitta Ebeling Michael Marx 28 die Freiheit endet an den Küsten Bernhard Lohmann 30 Bedrohungen frühzeitig erkennen Christian Beßler Oliver Eggert »Auch junge Leute wissen Sicherheit zu schätzen! « Gerhard Steiger, Vorsitzender des Bereichsvorstands des Geschäftsbereichs „Chassis Systems Control“ im Unternehmensbereich Kraftfahrzeugtechnik der Robert Bosch GmbH. Seite 58 IntervIew Je mehr Fahrzeuge ausgerüstet sind, desto sicherer WISSENSCHAFT 45 Strategische Umweltprüfung für den Bundesverkehrswegeplan Stefan Balla Dieter Günnewig Marie Hanusch Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 5 INHALT Sept./ Okt. 2012 MOBILITÄT 50 Wirtschaftliche Bewertung eines elektronischen Tarifs Ferry Quast Gerhard Probst Stefan Lämmer Reinhard Schulte 55 Mobilität und Lebensqualität in Ballungsräumen Miriam Dross Markus Salomon Elisabeth Schmid Christian Simon TECHNOLOGIE DVWG-Nachrichten 71 Neues aus dem JUNGeN FORUM Barbara Hüttmann 75 Veranstaltungen der Bezirksvereinigungen ➼ www. Sie inden „Internationales Verkehrswesen“ im Internet unter: www.internationalesverkehrswesen.de mit: b umfangreichem Hefte-Archiv b aktuellen Branchennews und Terminen RUBRIKEN 03 editorial 06 Momentaufnahme 08 Nachrichten 09 Stellenmarkt 1 1 Kurz + Kritisch 23 Bericht aus Brüssel 67 Industrie+Technik 77 Beirat Gastkommentar von Harald Zulauf, seit 1993 Geschäftsführer der MEDIA CONSULTA Deutschland GmbH und seit 2001 CEO der MC International Holding AG. Seite 78 WISSENSCHAFT 60 Schleppkurven von Lang-Lkw Wolfgang Wirth Serif Caliskan Jessica Glabsch Stefan Schuhbäck 58 Gerhard Steiger Ein Interview mit dem Vorsitzenden des Bosch-Geschäftsbereichs Chassis Systems Control MOMeNTAUFNAHMe Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 6 Foto: Fraunhofer-Institut Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 7 dipl.-Ing. Frank Steinert Fraunhofer Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI, dresden Freie Rundumsicht für Foto-, Video- oder Thermoaufzeichnungen bietet der Oktokopter, die schwebende Sensorplattform des Fraunhofer- Instituts für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI in Dresden. Im Vergleich zu Quadrokoptern verfügt er dank seiner acht Rotoren nicht nur über eine gesteigerte Nutzlastkapazität, sondern auch über eine erhöhte Ausfallsicherheit. Der HORUS (HOvering Remote controlled Ultra-light Sensor platform) eignet sich u. a. zur Erfassung von Immissions- und Wetterdaten sowie zur Verkehrsbeobachtung und Staumeldung. www.ivi.fraunhofer.de www.horus.mobi Die Welt von oben NAcHRIcHTeN Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 8 KEP Wachstumskurs Knapp 100 Mio. Pakete mehr als 2011 wird die Kurier-, Express- und Paketbeförderungsbranche (KEP) in Deutschland voraussichtlich in diesem Jahr befördern. Das geht aus der neuesten Studie zum KEP-Markt in Deutschland hervor, die das Wissenschaftsinstitut KE-Consult Wirtschafts- und Verkehrsberatung Köln für den Bundesverband Internationaler Express- und Kurierdienste (BIEK)erstellt hat. Ab 2012 erwarten die Unternehmen ein weiteres Wachstum der Sendungen insgesamt um durchschnittlich 3,2 % pro Jahr auf etwa 2,9 Mrd. Sendungen bis zum Jahr 2016. (2011: 2,5 Milliarden Sendungen) Das dynamische Wachstum des KEP-Marktes übertrift damit laut KE-Consult die Wachstumsrate der Gesamtwirtschaft. Die Marktanalyse erscheint jährlich. (zp) Norwegen Arnstad für Verkehr Neue norwegische Ministerin für Verkehr ist seit diesem Sommer Marit Arnstad. Während einer Regierungsumbildung im Kabinett von Jens Stoltenberg musste unter anderem ihre Vorgängerin Magnhild Meltveit Kleppa die Regierung verlassen. Arnstad war in der Regierung von Kjell Magne Bondeviks von 1997 bis 2000 bereits Ministerin für Erdöl und Energie. (cm/ zp) Verband Deutscher Eisenbahn-Ingenieure Lademann Präsident Der Verband Deutscher Eisenbahn-Ingenieure e.V. (VDEI) hat einen neuen Präsidenten: Prof. Dr. Frank Lademann ist Nachfolger von Klaus Junker, der aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war. Als Vizepräsidenten wurden Dr. Joachim Warlitz und Frans Heijnen gewählt. Bernd Gruhn bleibt Bundesschriftführer. Um die Finanzen kümmert sich neu Dieter Jockers als Bundesschatzmeister. (cm/ zp) Wirtschaftspolitik Tiefensee SPd-Sprecher Der frühere Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee ist neuer wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Er folgt auf Garrelt Duin, der nun Wirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen ist. (cm/ zp) Transfracht Neu aufgestellt Die Geschäftsführung des Kombioperateurs TFG Transfracht hat eine neue Struktur: Zu den bislang bestehenden Bereichen Finanzen/ Controlling und Marketing/ Vertrieb kommt die neue Funktion Operations hinzu, die zum 1. Juli 2012 Ralf-Günter Kloß übernommen hat. Kloß ist Geschäftsführer der DB Intermodal Services GmbH; er wird beide Aufgaben in Personalunion erfüllen. Zum 1. September hat Christina Arndt den Bereich Marketing und Vertrieb in der Geschäftsführung von Gerhard Oswald übernommen, der das Unternehmen verlassen hat. Arndt kommt von der DB AG, bei der sie diverse Projekte leitete. Finanzen und Controlling ist weiterhin der Bereich von Falk Holtz. Ebenfalls seit dem 1. Juli ist der Übergang aller Anteile an der TFG Transfracht auf die Deutsche Bahn AG rechtswirksam. (zp) Deutsche Bahn Lärmschutzbeauftragte ernannt Seit August gibt es bei der Deutsche Bahn AG eine Lärmschutzbeauftragte: Alle Fäden laufen bei Ines Jahnel zusammen, die für alle Geschäftsfelder Vorgaben entwickelt. Jahnel war zuletzt Personalleiterin in der Konzernsparte DB Services. (sm/ zp) Voith Turbo Reinhardt Vorsitzender Carsten J. Reinhardt ist seit Anfang Juli Mitglied der Konzerngeschäftsführung der Voith GmbH und Vorsitzender der Geschäftsführung des Konzernbereichs Voith Turbo GmbH & Co. KG. Er löst Dr. Hubert Lienhard ab, der diese Funktion seit Januar 2012 zusätzlich zu seinem Amt als Vorsitzender der Konzerngeschäftsführung der Voith GmbH inne hatte. Reinhardt hat zuvor sowohl im Daimler-Konzern als auch bei der US-amerikanischen Meritor Inc. gearbeitet. Dort verantwortete er als President und Chief Operating Oicer die Geschäftsbereiche Nutzfahrzeugtechnik, Industrietechnik sowie Aftermarket. (ici/ zp) Prof. Dr. Frank Lademann Foto: DVV ÖPNV in Deutschland Kunden relativ zufrieden In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres waren insgesamt 4,845 Mrd. Fahrgäste mit dem Öfentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) unterwegs. Das ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Anstieg um 0,8 %. Allerdings haben die Unternehmen besonders in ländlichen Regionen angesichts sinkender Bevölkerungszahlen und vor allem von weniger Schülern eher mit Fahrgastrückgängen zu kämpfen. Entsprechend sanken im Busverkehr die Fahrgastzahlen im ersten Halbjahr 2012 um 0,5 % im Vergleich zu 2011. 80 % der Fahrgäste des öfentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Deutschland sind im ersten Halbjahr 2012 „zufrieden“ und „sehr zufrieden“ mit den dort gebotenen Leistungen und Bedingungen gewesen. Das hat eine aktuelle Umfrage von TNS Infratest im Auftrag des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ergeben und damit das seit Jahren konstante Bild bestätigt. Die Noten bei Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit im Fahrzeug sind leicht gestiegen, die Sicherheit an Haltestellen am Abend wird weiterhin nicht positiv bewertet. Daran, das subjektive Sicherheitsempinden und die objektive Sicherheit zu verbessern, will der VDV gemeinsam mit seinen Mitgliedern weiter arbeiten, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. (zp) Fahrgäste am Münchner Odeonsplatz Foto: MVG Sortieren von Sendungen bei TNT Foto: TNT Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 9 STeLLeNMARKT EU Längere und schwerere Lkw möglich Die EU-Kommission will die EU- Richtlinie 96/ 53/ EG überarbeiten. Das kündigte im Juni Keir Fitch, Vize-Kabinettschef von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas, in Brüssel an. Einerseits soll künftig der Gebrauch von 45-Fuß-Containern im Straßengüterverkehr oiziell gestattet sein. Bisher sind sie 11 cm länger als die derzeit gültigen Maße erlauben. Andererseits ist geplant, dass Lkw vorn und hinten gegenüber den heutigen Standards verlängert werden dürfen, um vor allem die Aerodynamik zu verbessern und so den Treibstofverbrauch zu senken. Des Weiteren ist vorgesehen, dass Lkw, die alternative Antriebstechniken wie Hybrid- oder Elektromotoren nutzen, schwerer sein dürfen als bisher erlaubt. So könnten etwa Batterien verbaut werden, ohne die Nutzlast zu senken. Die Veröfentlichung des neuen Gesetzesvorschlags ist für Ende 2012 geplant. (zp) Jade-Weser-Port Oiziell eröfnet Seit dem 21. September ist der von Eurogate betriebene Jade- Weser-Port in Wilhelmshaven ofiziell eröfnet. Bereits Ende Juli hat das niedersächsische Verkehrsministerium die Erlaubnis zur Betriebseröfnung der Bahnanlagen des Tiefwasserhafens gegeben. Die Hafenbahn besteht aus einer etwa 4 km langen Zuführungsstrecke, einer 16-gleisigen Vorstellgruppe und dem 6-gleisigen Umschlagterminal mit fünf Portalbrücken für den Kombinierten Verkehr (KV). Letzteres gehört zur Suprastruktur der Eurogate-KV-Anlage Wilhelmshaven GmbH, die Zuführgleise und die Vorstellgruppe werden von NPorts im Auftrag der JadeWeserPort Logistics Zone GmbH & Co betrieben. Bei Vollauslastung des Hafens wird mit mindestens 2,7 Mio. TEU Ladung p.a. gerechnet. Etwa 20 %, also mehr als 500 000 TEU, sollen nach aktuellen Schätzungen über die Schienenwege abtransportiert bzw. geliefert werden. (zp) Flughafen BER eröfnung verschoben auf ende Oktober 2013 Der neue Hauptstadtlughafen in Schönefeld bei Berlin soll nun am 27. Oktober 2013 in Betrieb gehen. Das beschloss der Aufsichtsrat der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) auf seiner vorgezogenen Sitzung Anfang September. Die Eröfnung verschiebt sich damit um weitere sieben Monate. Der Aufsichtsrat hat auch ein neues Finanzierungskonzept beschlossen. Die drei Gesellschafter, der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg, gehen von Mehrkosten in Höhe von 1,2 Mrd. EUR aus. Die Gesamtkosten sollen damit im zuletzt bekannten Rahmen von rund 4,3 Mrd. EUR liegen und nicht noch zusätzlich durch die verspätete Eröfnung nach oben getrieben werden. (zp) Frankfurt Nachtlugverbot ix Kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt als Verkehrsminister von Hessen hat Dieter Posch das Nachtlugverbot am Frankfurter Flughafen festgeschrieben. Zwischen 23 und 5 Uhr dürfen keine geplanten Flüge mehr stattinden. Nach dem schriftlichen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im August hat die Deutsche Lufthansa AG das Nachtlugverbot an ihrem zentralen Drehkreuz Frankfurt endgültig akzeptiert. In der schriftlichen Begründung der Entscheidung wird die Möglichkeit von Ausnahmen nicht völlig ausgeschlossen, wenn der Bedarf für den Transport von Expressfracht nachgewiesen wird. In den Nachtrandstunden zwischen 5 und 6 Uhr sowie 22 und 23 Uhr sind insgesamt durchschnittlich 133 Flugbewegungen erlaubt. (zp) Nachts wird es ruhiger auf dem Frankfurter Flughafen Foto: Fraport DVV Media Group GmbH Based on a survey conducted in the 55 largest rail markets worldwide, the UNIFE World Rail Market Study provides market volumes and growth predictions from 2012 to 2017. Based on the testimony of UNIFE members and rail experts from all around the globe, the WRMS gives an account of short-term and long-term growth for all rail product segments and regions. Strategic conclusions are elaborated for each product segment and region based on the order intake of UNIFE members, a sophisticated forecasting model and the expertise of selected high-level decisionmakers in the most important rail markets in the world. For the irst time the UNIFE World Rail Market Study will be available as personalised PDF, and by individual product segment. World Rail Market Study 2012 A study commissioned by UNIFE - The European Rail Industry Conducted by Roland Berger Strategy Consultants It is the largest study of its kind and a major reference for the rail community. www.eurailpress.de l www.railwaygazette.com Contact: DVV Media Group GmbH l Eurailpress More information (incl. executive summary-PDF) at www.eurailpress.de/ wrms Fourth edition now available! KURZ + KRITIScH Gerd Aberle Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 11 D ie Logistikwirtschaft, deren Leistungen (ohne die Intralogistik) zu etwa 80 % vom Verkehrssektor erbracht werden, sonnt sich gern in Leistungskennzifern. Regelmäßig werden Studien zu Beschäftigtenzahlen und Wertschöpfungsefekten in Auftrag gegeben und breit vermarktet. Der jährliche Logistikkongress platzt mit 3000 und mehr Teilnehmern aus allen Nähten und strotzt vor Selbstbewusstsein. Man weiß um die unbestrittene zentrale Relevanz des Sektors und sieht sich mit Recht als imageträchtiges Aushängeschild für die Lösung komplexer Aufgabenstellungen in Industrie, Handel und Dienstleistungswirtschaft. Dieser durchaus korrekte Blick der Akteure und dessen politische Unterstützung können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass außerhalb der Stakeholdergemeinde der Logistik eine andere Wahrnehmung gefährlich stark verbreitet ist. Insbesondere für die Nachwuchsgewinnung, also die existenzielle Herausforderung der nächsten Jahre, ist angesichts der dramatischen demograischen Veränderungen die wesentlich ungünstigere öfentliche Einschätzung der Verkehrs- und Logistikbranche ein besorgniserregendes Dilemma. Die Ursachen dieses Imagedeizites sind sowohl branchenintern als auch durch externe Entwicklungen begründet. So sind seit Jahrzehnten die im Vergleich zur Industrie und teilweise auch zum Handel deutlich ungünstigeren Verdienstmöglichkeiten aufällig. Hier hat die Branche deutliche Deizite hingenommen, teilweise auch bewusst, um sich im Outsourcing-Prozess von Industrie und Handel preisattraktiv darstellen zu können. Der Marktdruck der Verlader trug und trägt zusätzlich zur Situationsverschlechterung bei. Auf das Branchenimage wirken aber auch - und mit zunehmender Intensität - die zahlreichen Negativberichte in den Medien, wie über erschreckende Arbeits- und Einkommensbedingungen in den stark wachsenden Zustelldiensten der letzten Meile. Seit Jahrzehnten werden mit Vorliebe Speditionen in Fernsehproduktionen des Kriminalilmgenres als aktiv beteiligt am Menschen- und Drogenhandel, irregulärer Schadstofentsorgung und als Teil maiöser Strukturen dargestellt. Auch für die Eisenbahnen gilt in den Medien die imageschädigende Erkenntnis: Schlechte Nachrichten sind interessanter als gute, seien sie auch noch so unbedeutend. Nur die »Eine nachhaltige Verbesserung der Arbeits- und Einkommensbedingungen liegt im existenziellen Interesse der Branche.« Prof. Gerd Aberle zu Themen der Verkehrsbranche »Gespaltenes Image der Verkehrsbranche« Luftverkehrswirtschaft hat sich einen positiven Imagefaktor erhalten können, begünstigt durch eine immer noch vorhandene besondere Ausstrahlung, auch wenn die Arbeitsbedingungen, etwa bei den Low-Cost-Fluggesellschaften, als ungünstig bekannt geworden sind. Dennoch ist die Luftverkehrswirtschaft der Verkehrsbereich mit den noch besten Chancen für eine Gewinnung attraktiver Nachwuchskräfte. Die Zukunft des Verkehrs- und Logistiksektors liegt eindeutig nicht in im Vergleich zu anderen Branchen niedrigen Personalkosten. Schon heute herrscht im Straßengüterverkehr ein eklatanter Fahrermangel. Auch Eisenbahnen, Nahverkehrsunternehmen und Schiffahrt sehen sorgenvoll in die Zukunft. Eine nachhaltige Verbesserung der Arbeits- und Einkommensbedingungen liegt im existenziellen Interesse der Branche. Es muss am Markt ein Preisgefüge durchgesetzt werden, das diese Verbesserung ermöglicht. Hierzu ist es auch erforderlich, dass in den Logistikunternehmen qualitativer vor quantitativem Wachstum rangiert, also Aufträge abgelehnt werden, die eine angemessene Personalkostenerwirtschaftung nicht zulassen. Denn leistungsfähiges und leistungsbereites Personal kann nur begrenzt durch Kongresse und gesamtwirtschaftliche Kennzahlen für die Branche interessiert werden, sondern vorrangig durch imagebildende positive Verhältnisse in den Unternehmen, wozu insbesondere die Arbeitsbedingungen zählen. Dann könnte es gelingen, die Imagespaltung des Sektors im positiven Sinne aufzuheben. POLITIK Preispolitik Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 12 Staatliche Eingrife in die Preisbildung auf dem Benzinmarkt? Ziel dieser Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ist es, Maßnahmen für eine Verbesserung der Benzinpreispolitik zu prüfen und hinsichtlich ihrer Eizienz zu bewerten. D ie Preisentwicklung auf dem Benzinmarkt 1 wird von vielen Politikern und Verbrauchern als missbräuchliche Ausnutzung kartellartiger Marktmacht der großen Mineralölkonzerne bewertet, auch wenn das Bundeskartellamt in einer mehrjährigen, breit angelegten Marktuntersuchung keine rechtlich verwertbaren Hinweise auf derartige Kartellabsprachen ermitteln konnte. Neben dem als zu hoch empfundenen Preisniveau stehen auch die häuigen Preisanpassungen in der Kritik. Deshalb legte der Bundeswirtschaftsminister jüngst einen Gesetzentwurf vor, der eine umfassende staatliche Aufsicht über die Preispolitik der Mineralölkonzerne vorsieht. Er wurde am 3.- Mai- 2012 vom Bundeskabinett gebilligt. Kontraproduktive Maßnahmen gegen Preisanstieg Kernstück des Gesetzentwurfs ist die Einrichtung einer sogenannten Markttransparenzstelle, der die Tankstellenbetreiber sämtliche Preisänderungen melden müssten. Gleiches soll für die Großhandelspreise, also die Einkaufspreise der Tankstellenbetreiber von den Rainerien, gelten. Damit soll eine Diskriminierung kleinerer Anbieter verhindert werden, insbesondere der Freien Tankstellen, die überwiegend nicht über eigene Raineriekapazitäten verfügen, sondern den Treibstof von einem der großen, vertikal integrierten Mineralölkonzerne beschafen müssen, mit denen sie auf dem Benzinmarkt konkurrieren. Ofen ist bislang, wem die so erfassten Daten zugänglich sein sollen. Gerade diese Frage ist aber wettbewerbspolitisch von zentraler Bedeutung. Politisch wird daneben auch die Einführung einer sogenannten Benzinpreisbremse nach dem Vorbild Österreichs bzw. Westaustraliens intensiv diskutiert. Die Tankstellenbetreiber dürften ihre Preise nach diesem Modell nur ein einziges Mal am Tag ändern. Es handelt sich aus ökonomischer Sicht dabei um eine temporäre Preisbindung, die sowohl Preiserhöhungen als auch Preissenkungen im vorgegebenen Zeitraum verbietet. In der politischen Diskussion beindet sich schließlich auch eine kompensatorische Erhöhung der Pendlerpauschale, um die efektive Belastung von Autofahrern durch die als zu hoch empfundenen Benzinpreise zu verringern. Der Wissenschaftliche Beirat bewertet alle drei Maßnahmen als kontraproduktiv und rät aus folgenden Gründen von ihrer Einführung ab: Reale Benzinpreise stabil Fragwürdig ist zunächst die Ausgangsvermutung, die sich hinter dem Wunsch nach staatlichen Eingrifen in die Benzinpreisbildung verbirgt: • Nicht übersehen werden sollte in diesem Zusammenhang zunächst, dass der Benzinpreis - freilich mit ausgeprägten Schwankungen - inlationsbereinigt und in Inlandswährung berechnet (früher DM, heute Euro) seinen historischen Höchststand nach der ersten Ölkrise Anfang der 1970er Jahre bislang nie wieder erreicht hat; selbst heute liegt er noch immer knapp darunter, und dies trotz eines kontinuierlichen Anstiegs der Steuerbelastung je Liter Benzin in eben diesem Zeitraum. • Zieht man alternativ den Indikator „Kaukraft je Lohnminute“ zur Abbildung der Preisentwicklung auf dem Benzinmarkt heran, zeigt sich sogar ein deutlicher Rückgang in den letzten 50- Jahren. So musste der durchschnittliche deutsche Arbeitnehmer 1960 noch 14-Minuten für einen Liter Benzin arbeiten. Derzeit sind es nur noch etwa 3,6-Minuten, was ebenfalls knapp niedriger ist als der Vergleichswert nach der ersten Ölkrise 1973 (der bisherige Tiefpunkt wurde 1990 mit ca. 2,4-Minuten erreicht). • Auch die (bisher) häuigen Preisänderungen auf dem deutschen Benzinmarkt sprechen grundsätzlich gerade für einen vergleichsweise intensiven Konkurrenzkampf sowie eine starke Orientierung der Anbieter an der aktuellen Nachfrage und Zahlungsbereitschaft der Verbraucher. Zudem erschweren die Preisschwankungen gerade die Koordination eines Kartells. Preisdiferenzierung als Reaktion auf zeitliche Nachfrageschwankungen ist auch im Bahn- und Flugverkehr der wettbewerbspolitisch in aller Regel unbedenkliche Normalfall. • Schließlich zeichnet sich der deutsche Benzinmarkt im europäischen Vergleich keineswegs durch das höchste absolute Preisniveau aus. Dies gilt gerade auch gegenüber Ländern mit einem ähnlichen prozentualen Steueranteil je Liter wie Italien, Schweden oder der Niederlande. Foto: dpa/ picture-alliance Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 13 Zuviel Marktransparenz Die Wettbewerbstheorie besagt, dass ein Übermaß an Markttransparenz auf engen Oligopolmärkten die Wahrscheinlichkeit von abgestimmtem Verhalten, insbesondere die Kartellbildung, substantiell erhöht. Dies gilt besonders für Märkte, auf denen gleichartige (homogene) und wenig innovative Güter gehandelt werden und die sich in der Sättigungsphase beinden, wie Beispiele für Kartelle aus der Baustof- oder auch Stahlindustrie zeigen. Die Gefahr wettbewerbsbeschränkender Absprachen der Anbieter nimmt noch zu, wenn diese über eine ähnliche Kostenstruktur verfügen, die Kosten für benötigte Vorleistungen von ihnen kaum beeinlussbar sind und Steuern, insbesondere spezielle Verbrauchsteuern, einen wesentlichen Anteil des Endverbraucherpreises ausmachen. Kaum Einluss durch Tankstellenbetreiber Diese Voraussetzungen liegen auf dem Benzinmarkt in geradezu lehrbuchartiger Weise vor. So beläuft sich der Marktanteil der fünf großen Mineralölkonzerne (Aral, Shell, Jet - ConocoPhillips, Esso und Total) auf 70 %, 10 % entfallen auf die im bft organisierten Freien Tankstellen und die verbleibenden 20 % auf sonstige Anbieter, i. d. R. kleinere Mineralölunternehmen. Dabei machen die Beschafungskosten der Mineralölkonzerne pro Liter E5-Superbenzin ca. 37 % des Endverkaufspreises aus. 56 % entfallen demgegenüber auf steuerliche Abgaben (Mineralölsteuer sowie Mehrwertsteuer) und nur 7 % auf den Deckungsbeitrag, in dem die Kosten für Transport und Lagerung sowie die Marge der Unternehmen enthalten sind. Weit über 90 % des Endverkaufspreises sind demnach der Gestaltung durch die Tankstellenbetreiber (komplett oder weitestgehend) entzogen. Preisvorgaben folgen Konkurrenz Werden vor diesem Hintergrund die staatlich erfassten Preisdaten allen Anbietern zugänglich gemacht, erleichtern Preismeldestellen wie die geplante Markttransparenzstelle folglich grundsätzlich die Kartellbildung bzw. festigen ein eventuell bereits bestehendes Kartell. Es ist daher kein Zufall, dass sich in der Vergangenheit Kartelle in anderen Branchen häuig dieses Instruments als Mittel des inneren Kartellzwangs bedient haben, um eine verdeckte Unterbietungskonkurrenz durch unsolidarische Kartellmitglieder aufzuspüren und wirksam zu unterbinden. Schließlich begünstigen Preismeldestellen auch das kartellrechtlich nicht sanktionierbare, bewusste Parallelverhalten. Dabei stimmen die Anbieter ihre Preise zwar nicht in rechtswidriger Manier untereinander ab. Sie folgen aber eng den Preisvorgaben eines von ihnen als Preisführer identiizierten Konkurrenten, was in Form der sogenannten barometrischen Preisführerschaft derzeit oft zu beobachten ist und auch vom Bundeskartellamt so bestätigt wurde. Benzinpreisbremse bringt höhere Preise Wird schließlich zusätzlich zur Markttransparenzstelle noch eine Benzinpreisbremse eingeführt, die Preiskorrekturen temporär ausschließt, ergeben sich zwei Efekte, die auch von den österreichischen und westaustralischen Erfahrungen bestätigt werden: Zum einen werden die Anbieter versuchen, den Benzinpreis jeweils möglichst hoch anzusetzen. Zum anderen verhindert die Preisbremse temporär ein „Abbröckeln“ der Preise und unterbindet damit den wettbewerblichen Nachstoßprozess. Dieses „Abbröckeln“ lässt sich auf dem deutschen Benzinmarkt jedoch nahezu täglich beobachten. So sind die Benzinpreise werktags in der Regel morgens am höchsten und am frühen Abend am niedrigsten - ein gerade für Vielfahrer leicht erkennbares und ausnutzbares Muster. Zu befürchten ist daher, dass infolge des geplanten staatlichen Eingrifs die Kartellbildung auf dem Benzinmarkt deutlich erleichtert und sich daher ein höheres durchschnittliches Preisniveau herausbilden würde. Leidtragende dieser Politik wären die Verbraucher, während sowohl die Benzinanbieter als auch der Staat (aufgrund des höheren Steueraukommens) davon proitieren würden. Ob und in welchem Ausmaß derzeit schon Kartellbildung auf dem Benzinmarkt vorherrscht, ist davon unabhängig: Die Gefahr und Stärke der Kartellbildung wird durch die geplanten Eingrife in jedem Falle größer. Die vorgeschlagene Erhöhung der Pendlerpauschale würde ebenfalls nicht problemlösend, sondern im Gegenteil problemverschärfend wirken. Sie führt, wie jede Form der subventionierten Mobilität, gesamtwirtschaftlich zu nicht unerheblichen negativen Externalitäten (z. B. Flächenverbrauch durch Zersiedlung, mehr Emissionen durch längere Pendelwege, Staukosten). Diese sozialen Kosten des Verkehrs würden durch eine Erhöhung der Sätze weiter zunehmen. Fazit Diese grundsätzlichen Überlegungen vermögen die Existenz eines Kartells nicht mit letzter Sicherheit ausschließen. Welche Maßnahmen können also empfohlen werden, wenn doch ein hinreichend schädliches Kartell vermutet wird? Wie gezeigt wurde, erweist sich eine Marktransparenzstelle, deren Daten allgemein zugänglich sind, auf der Endnachfrager-Stufe des Benzinmarktes als wettbewerbspolitisch kontraproduktiv. Ein anderes Bild ergibt sich dagegen auf der vorgelagerten Großhandelsstufe. Hier besitzen die großen Mineralölkonzerne erhebliches Diskriminierungspotential gegenüber den freien Tankstellen und anderen kleineren Wettbewerbern („Squeezing“ bzw. „Raising rivals‘ costs“) - ähnlich wie die vertikal integrierte DB AG beim Netzzugang im Verhältnis zu unabhängigen dritten Wettbewerbern. Hier wäre eine Meldeplicht der Raineriebetreiber gegenüber einer Wettbewerbs- oder Regulierungsbehörde wie dem Bundeskartellamt ein prinzipiell geeignetes Instrument zur Unterbindung preislicher wie nicht-preislicher Verdrängungspraktiken marktbeherrschender Anbieter gegenüber ihren nicht vertikal integrierten Wettbewerbern auf der Einzelhandelsstufe des Benzinmarktes. Voraussetzung wäre aber, dass die Daten ausschließlich den Aufsichtsbehörden zugänglich gemacht werden. ■ 1 Unter dem Begrif „Benzinmarkt“ wird im Folgenden der Markt für Kraftstofe zur Nutzung in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren verstanden. Damit sind in die Argumentation selbstverständlich auch Dieselkraftstofe inkludiert, auch wenn konkrete Beispiele sich am „Benzin“ orientieren. Wolfgang Stölzle, Prof. Dr., St. Gallen Vorsitzender Axel Ahrens, Prof. Dr.-Ing., Dresden Herbert Baum, Prof. Dr., Köln Klaus J. Beckmann, Prof. Dr., Berlin Manfred Boltze, Prof. Dr.-Ing., Darmstadt Alexander Eisenkopf, Prof. Dr., Friedrichshafen Hartmut Fricke, Prof. Dr.-Ing., Dresden Ingrid Göpfert, Prof. Dr., Marburg Christian von Hirschhausen, Prof. Dr., Berlin Günther Knieps, Prof. Dr., Freiburg Andreas Knorr, Prof. Dr., Speyer Kay Mitusch, Prof. Dr., Karlsruhe Stefan Oeter, Prof. Dr., Hamburg Franz-Josef Radermacher, Prof. Dr. Dr., Ulm Volker Schindler, Prof. Dr., Berlin Bernhard Schlag, Prof. Dr., Dresden Jürgen Siegmann, Prof. Dr.-Ing., Berlin wissenschaftlicher Beirat beim BMvBS Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 14 Stellenwert der Security in der Verkehrspolitik Die zunehmenden terroristischen Gefahren machen es unabdingbar, dem Thema Security eine größere Aufmerksamkeit zu schenken und in vielen Bereichen erheblich sachgerechter damit umzugehen, als dies bisher der Fall ist. Von zentraler Bedeutung ist eine stabile, intakte und „lexible“ Verkehrsinfrastruktur; Voraussetzung dafür ist eine eiziente und nachhaltige Finanzierung. S eit dem 11. September 2001 beschäftigen sich Politiker, Wissenschaftler, Unternehmen, Organisationen sowie zuständige bzw. neu etablierte Behörden und Ämter (z. B. „Homeland Security“ in den USA) mit vorher nicht gekannter Intensität mit Strategien zum bestmöglichen Schutz auch und insbesondere der Verkehrsinfrastruktur gegen Terrorismus. Wendepunkt Damals wurden Passagierlugzeuge von Mitgliedern und im Auftrag der Terrororganisation Al-Kaida in das World-Trade- Foto: Hermann Mechatronik Center in New York sowie in das US- Verteidigungsministerium (Pentagon) in Washington gesteuert. Sie brachten die weltweit als ein Wahrzeichen nicht nur der Metropole New York, sondern darüber hinaus der gesamten USA geltenden „Twin-Towers“ zum Einsturz und beschädigten die Militärzentrale der Weltmacht schwer; dabei starben Tausende von Menschen. Der gleichzeitig vorgesehene Angrif auf das „Weiße Haus“ in Washington wurde durch mutige Passagiere eines ebenfalls von Terroristen gekaperten Flugzeugs verhindert, das dann im US-Bundesstaat Pennsylvania abstürzte; keiner der Passagiere und Besatzungsmitglieder überlebte. Das war eine koordinierte Terroraktion von bis dahin unbekanntem Ausmaß an Vernichtung und Symbolträchtigkeit; Instrumente waren Verkehrsmittel der allgemeinen Passagierluftfahrt. Verkehrsinfrastruktur als exponiertes Angrifsziel Nachfolgende schwere Anschläge auf Personenzüge in London, Moskau und Madrid mit Hunderten von Toten haben die Bedrohung/ Verletzlichkeit gerade von Komponenten des Verkehrssystems zusätzlich evident gemacht und in das Bewusstsein Der Autor: Andreas Kossak POLITIK Sicherheit Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 15 von Öfentlichkeit und Politik eingeprägt. Tatsächlich besteht die Bedrohung allerdings nicht erst seit den betrefenden spektakulären Ereignissen. Allein in den zwei Jahrzehnten davor wurden weltweit mehrere hundert terroristische Anschläge im Transport-Sektor registriert. Betrofen war vor allem der Personenverkehr mit Bussen und Bahnen. In diese Reihe gehört nicht zuletzt auch der Absturz einer Boing- 747 (Jumbo-Jet) der seinerzeit noch international führenden US-amerikanischen Fluggesellschaft „Pan Am“ am 21.- Dezember- 1988 im schottischen Lockerbie. Damals wurde frühzeitig vermutet, dass es sich um einen Akt des Staatsterrorismus des libyschen Geheimdienstes handelte; inzwischen ist das zur Gewissheit geworden. Die nähere Auseinandersetzung mit dem Stellenwert der „Security“ im Verkehrssektor und dem politischen Handlungsbedarf in diesem Zusammenhang führt zu einer Reihe unangenehmer Wahrheiten. Das betrift im Besonderen die Bedeutung der Vernachlässigung/ Unterinanzierung der Verkehrsinfrastruktur. Totaler Schutz unmöglich Das „Transportation Research Board“ (TRB) der Nationalen Akademien der Wissenschaften der USA hat im vergangenen Jahr (2011) erstmals eine gesamte Ausgabe seiner Publikationsreihe „TR News“ dem Thema gewidmet: „Security and Critical Infrastructure Protection - Progress and Paths to Resilience“ [1]. Zentrales Ergebnis aller qualiizierten Studien in diesem Zusammenhang ist, dass es selbst mit intensivsten Bemühungen und beträchtlichen Aufwendungen keinen totalen Schutz gegen terroristische Aktionen geben kann. Dazu sind die Möglichkeiten, Instrumente, Beweggründe und Organisationsstrukturen zu vielfältig: • Die Beweggründe sind religiöser, ideologischer, politischer oder psychologischpsychopatischer Natur. • Die Mittel können Wafen aller Art und Größe, Sprengstof, „schmutzige Bomben“, chemische Substanzen/ Kampfmittel und „Cyberattacken“ sein. • Die Verursacher sind terroristische Staatsregierungen, international agierende Terrororganisationen, nationale oder regionale/ lokale „Zellen“ großer Organisationen, autarke lokale Terrorgruppen oder auch Einzeltäter. Wirkungsloser Aktionismus In vielen Arbeiten wird sehr zu Recht ein wirkungsloser Aktionismus angeprangert. Dazu zählen aufwendige aber ineiziente Kontrollsysteme ebenso wie überdimensionierte Aktionen gegen Piraten. Die immens teuren Personenkontrollen an den Flughäfen weltweit mögen zwar die subjektive Sicherheit von Passagieren erhöhen und in anderer Hinsicht Erfolge zeitigen (Zollvergehen, „konventionelle“ Polizeiarbeit etc.); hinsichtlich des Spektrums der Möglichkeiten „professioneller“ terroristischer Anschläge sind sie weitgehend wirkungslos. Beispielsweise können hochwertige Keramikwafen von den üblichen Detektoren in der Regel gar nicht identiiziert werden. An den vergleichsweise besonders gefährdeten Flughäfen in Israel vertraut man vor allem auf mobile „Proiler“. Nach der Logik der Flughafenkontrollen müssten im Übrigen lächendeckende Fahrgastkontrollen auch im gesamten öfentlichen Personenverkehr erfolgen (Köln − „Sauerlandgruppe“) oder (zumindest stark befahrene) Brücken und Tunnel im Straßenverkehr ständig in Hinblick auf die Gefahr von Sprengstofanschlägen überwacht werden etc. Unprofessioneller Umgang Für den bisherigen Umgang mit dem Thema in der Bundesrepublik war die Entdeckung einiger Brandsätze an Bahnstrecken in Berlin im vergangenen Jahr ein bezeichnendes Beispiel. Die wenigen Brandsätze, die tatsächlich zündeten und dabei kaum Schaden anrichteten, wurden öfentlich als „Brandbomben“ stilisiert, die „explodiert“ seien. Umgehend forderte die Polizeigewerkschaft zum Schutz gegen solche Attacken öfentlich die Einzäunung aller Bahngleise in der gesamten Bundesrepublik. Der Umstand, dass Drahtscheren und Bolzenschneider für wenige Euro in jedem Baumarkt zu haben sind, wurde dabei ofenkundig nicht in Betracht gezogen - geschweige denn die Möglichkeit, bereits mit einem kleinen (tatsächlichen) Sprengsatz problemlos ein Loch nicht nur in jeden Zaun sondern auch in jede Mauer zu sprengen. Schutz internationaler Handelswege Der Aufwand für den Militäreinsatz der NATO gegen die Piraterie am „Horn von Afrika“ (Atalanta) steht ofenkundig ebenfalls in keinem Verhältnis zum Erfolg. Allein die Bundesrepublik zahlt dafür bisher jährlich mindestens 50- Mio.- EUR. Wenn dann tatsächlich gelegentlich Angrife abgewehrt werden, müssen die festgenommenen Piraten meist wegen völkerrechtlicher Unklarheiten hinsichtlich der Zuständigkeiten (nicht selten auch noch gut versorgt mit Booten und Nahrungsmitteln) wieder frei gelassen werden. Während selbst in Kriegsgebieten andernorts in der Welt private Sicherheitsdienste zugelassen sind und das Militär wirkungsvoll unterstützen, wurde in Deutschland lange die Frage gestellt, ob Reedereien sich solcher Dienste (auf eigene Kosten) überhaupt bedienen dürfen. Dabei sind im Flugverkehr seit Jahren „Sky-Marshalls“ mit praktisch derselben Funktion eine Selbstverständlichkeit. Nach der Statistik des International Maritime Bureau der internationalen Handelskammer ist die Zahl der gekaperten Schife und der als Geisel genommenen Seeleute in jüngster Zeit zwar deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig ist die Summe der gezahlten Lösegelder jedoch weiter gestiegen. Das steht in deutlichem Gegensatz zum Anspruch des Kommandeurs der Atalanta- Mission, „das Geschäftsmodell der Piraten maximal unter Druck zu setzen“ [2]. Am 18.-April 2012 beschloss das Bundeskabinett, das Einsatzgebiet auch deutscher Soldaten im Rahmen von Atalanta auf Operationen im Küstengebiet und in Küstengewässern zu erweitern. Wesentlich wirkungsvoller wären mit hoher Wahrscheinlichkeit politische und wirtschaftliche Aktionen sowie Entwicklungshilfemaßnahmen zur Stabilisierung der Verhältnisse in Somalia selbst. Anders stellt sich das beispielsweise im Fall des potenziellen Staatsterrorismus an der Straße von Hormus dar. Nahezu 50 % der Mineralölimporte der EU-Mitgliedsländer passieren diesen Engpass aus dem Persischen Golf (die Bundesrepublik ist davon allerdings nur unwesentlich betrofen); die Alternative zum Schifsverkehr wären eine oder mehrere sichere Pipelines und/ oder die seit Jahrzehnten geplante Reaktivierung der Eisenbahnverbindung vom Golf zum Mittelmeer und/ oder eine drastische Reduzierung der Abhängigkeit von Lieferungen aus den Golfstaaten. Ähnlich kritisch in dieser Hinsicht ist beispielsweise der Tatbestand, dass mehr als 50 % des in den USA verbrauchten Gasoline den Hafenkomplex von Houston (Texas) durchläuft und dort in Rainerien aubereitet wird [1]. Bedeutung von Flexibilität und dezentralität Wenn die vorgenannten Fakten auch nicht unmittelbar auf die Bundesrepublik übertragbar sind, weisen sie doch auf maßgebliche Komponenten/ Strategien der Absicherung gegen großdimensionale terroristische Anschläge: die Bedeutung von Flexibilität und Dezentralität in Infrastruktur und Logistik. Sie machen darüber hinaus deutlich, dass es nicht nur um landesintern wirksame Strategien geht. Gerade die Bundesrepublik als „Exportweltmeister“ ist ebenso auf die Stabilität und Flexibilität der internationalen Transportwege angewiesen. Das ist nur in sachgerechter und wirkungsvoller internationaler Kooperation zu bewältigen. POLITIK Sicherheit Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 16 „Bad policy“ ebenso gefährlich wie „bad guys“ Zahlreiche Fachleute stellen mit vollem Recht eine direkte Verbindung her zwischen der Relevanz terroristischer Aktionen sowie der Vernachlässigung eines adäquaten Ausbaus und der erforderlichen Instandhaltung der Verkehrsinfrastruktur [1]. Das gilt auf nationaler Ebene insbesondere für die überörtlichen Hauptverkehrsstraßen; sie sind das Rückgrat der nationalen Verkehrssysteme. Instabilität von Brücken und Tunneln, schlechter Straßenzustand und mangelhafte Flexibilität (Resilience) des Verkehrsnetzes werden bemerkenswerter Weise mit terroristischer Bedrohung gleichgestellt und als potentiell sogar gefährlicher für die Gesellschaft, die Wirtschaft, die Umwelt und den einzelnen Bürger eingeordnet. Eine vielfach formulierte Schlussfolgerung in diesem Zusammenhang lautet: schlechte Politik („bad policy“) ist ebenso gefährlich/ bedrohlich wie es die Terroristen („bad guys“) sind. Als entscheidend gilt, alle Anstrengungen zu unternehmen, dass die Auswirkungen potenzieller terroristischer Angrife für Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt möglichst gering gehalten werden. Das erfordert in erster Linie eine leistungsfähige, stabile, eiziente, lexible und einwandfrei instand gehaltene integrierte Verkehrsinfrastruktur. In Einklang mit dem betrefenden Blickwinkel wird darüber hinaus eine Vernachlässigung der Verkehrsinfrastruktur auf eine Stufe gestellt mit Bedrohungen durch Naturkatastrophen, Reaktorunglücke, Pandemien etc. Unter diesem Gesichtspunkt gerät die Verantwortung für die Sicherstellung einer ausreichenden und zeitgerechten Finanzierung einer stabilen und gegenüber Störungen in ihrer Gesamtfunktionsfähigkeit möglichst wenig anfälligen Verkehrsinfrastruktur im Vergleich zu der üblichen Sichtweise in ein völlig neues Licht und in eine völlig neue Dimension. Das gilt umso mehr, wenn die unterschiedlichen Bedingungen/ Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, die betrefenden Bedrohungen aktiv zu beherrschen. Die Instrumente einer tatsächlich nachhaltigen Finanzierung stehen zur Verfügung; die Instrumente zur Begegnung von Terrorismus und Katastrophen sind demgegenüber weniger beherrschbar. die aktuelle Wirklichkeit in deutschland Im Vergleich zu den Finanzierungserfordernissen hat sich in den vergangenen 20 Jahren in Deutschland die Finanzierungslücke allein im Straßensektor (Bund, Länder und Gemeinden) zu einer Größenordnung im hohen zweistelligen Milliarden Euro Bereich kumuliert. Aus den Straßenverwaltungen des am dichtesten bevölkerten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen verlautet, dass man tagtäglich damit rechnet, gezwungen zu sein, wichtige Brücken (und damit ganze Teile des Hauptstraßennetzes) total zu sperren. Schon heute sind für viele Brücken Lastbeschränkungen verfügt. In den meisten anderen Bundesländern ist die Situation grundsätzlich nicht wesentlich besser. Schwerer Lkw-Verkehr ist dadurch bereits in erheblichem Ausmaß gezwungen, Umwege über Straßen zu fahren, die dafür nicht ausgelegt sind. Die Logistikindustrie wird mit beträchtlichen zusätzlichen Lasten durch längere Wege, niedrigere Geschwindigkeiten und schlechter einzuschätzende Verkehrsbedingungen konfrontiert. Die Umweltbedingungen in empindlichen Zonen entlang der Ausweichstrecken verschlechtern sich zunehmend. Obschon hochrangige Experten und Kommissionen (u. a. die „Pällmann-Kommission“ und der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesverkehrsministerium) wiederholt nachdrücklich auf die Folgen der Unterinanzierung der Verkehrsinfrastruktur allein schon unter „konventionellen“ Gesichtspunkten aufmerksam gemacht haben, scheint die „Schmerzschwelle“ für ein Umsteuern noch nicht erreicht. Bezeichnend dafür ist die Formulierung vom „Klagen auf hohem Niveau“ im Vergleich mit Staaten, in denen die Bedingungen in der Tat oder vermeintlich noch schlechter sind. Man akzeptiert ofenkundig, dass sich die betrefenden Probleme auf absehbare Zeit nicht ändern werden. Tatsächlich werden sie sich jedoch dynamisch weiter verschärfen, wenn nicht gehandelt wird. Vor diesem Hintergrund wäre es wünschenswert, wenn der oben skizzierte Blickwinkel auf den Aspekt der nationalen Sicherheit den längst überfälligen Politikwandel hin zu einem eizienten und nachhaltigen Regime der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur befördern würde. cyberterrorismus zunehmend bedeutsam Neben der physischen Verkehrsinfrastruktur ist das Potential des „Cyberterrorismus“ ein zunehmend kritischer Faktor. Beispiele für die Anfälligkeit von datengestützten Systemen für manipulative Eingrife gibt es seit Beginn der Datenvernetzung; seither nimmt das Gefährdungspotenzial dynamisch zu. Das reicht bis hinein in global höchst sicherheitskritische Bereiche (z. B. Pentagon). Im Verkehrssektor handelt es sich dabei vor allem um Kommunikations-, Betriebs-, Leit- und Steuerungssysteme; in diese kann mit katastrophalen Folgen eingegrifen werden, wenn dem nicht durch geeignete Maßnahmen wirkungsvoll begegnet wird. Schlüsselwort „Aufmerksamkeit“ Vor diesem Hintergrund gilt heute eine höchst konventionelle Komponente als Schlüsselwort für die Begegnung der Bedrohung: „Aufmerksamkeit“ („Vigilance“). Das betrift den Einsatz technischer Überwachungs- und Kontrollsysteme ebenso wie mobiler Spezialisten. Dabei geht es vor allem aber auch um die Aufmerksamkeit der gesamten Bevölkerung. Voraussetzung für die Wirksamkeit ist dabei die aktive Auklärung darüber, worauf geachtet und wie ggf. gehandelt werden sollte. Ein klassisches Beispiel für den Wert der Aufmerksamkeit von Bürgern ist der vereitelte Bombenanschlag am Times-Square in New York im vergangenen Jahr. Der Hinweis auf einen möglichen − und wie sich herausstellte tatsächlich in Vorbereitung beindlichen − Anschlag kam dabei nicht etwa von der Besatzung eines Streifenwagen der Polizei, der stundenlang in unmittelbarer Nähe des Tatorts parkte, sondern von einem mobilen Pizzabäcker. Fazit Die zunehmende terroristische Bedrohung (vor allem) der westlichen Zivilgesellschaften gebietet es, dem Thema „Security“ eine deutlich größere Aufmerksamkeit zu schenken und in vielen Bereichen erheblich sachgerechter damit umzugehen, als das bisher der Fall ist. Von zentraler Bedeutung ist dabei eine stabile, intakte und vor allem „lexible“ Verkehrsinfrastruktur; Voraussetzung dafür ist deren eiziente und nachhaltige Finanzierung. Die Dimension der politischen Verantwortung in diesem Zusammenhang ist am trefendsten mit der Schlussfolgerung zahlreicher Fachautoren gekennzeichnet: Schlechte Verkehrsinfrastrukturpolitik bedroht die nationale Sicherheit. ■ LIteratur [1] Transportation Research Board of the National Academies (Hrsg.): Security and Critical Infrastructure Protection; TR News, Juli - August 2011 [2] Brückner, F.: Kampf gegen Seeräuber wird zum Risiko; in „Handelsblatt“ vom 04.04. 2012 Andreas Kossak, Dr.-Ing. Eigentümer Kosssak Forschung & Beratung, Hamburg DrKossak@aol.com POLITIK Benzinpreise Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 17 Hohe Benzinpreise - kein Grund für Aktionismus Die Benzinpreise in Deutschland haben jüngst neue Höchststände erklommen. Aufgebrachte Autofahrer sehen sich als hillose Opfer und die im Wahlkampf engagierte Politik überschlägt sich mit Vorschlägen zu staatlichen Interventionen. V orgeschlagene Maßnahmen seitens der Politik, um den Anstieg der Benzinpreise einzudämmen, reichen vom Verbot, den Benzinpreis mehr als einmal pro Tag zu erhöhen, bis zur strengen staatlichen Preisüberwachung. Selbst der ehemalige Bundesumweltminister Norbert Röttgen hat eine Erhöhung der Pendlerpauschale gefordert, obwohl eine solche ökologisch kontraproduktiv wirken muss. Ähnliche Forderungen, etwa die Senkung der Mineralölbzw. der Ökosteuer auf Kraftstofe, wurden auch im Jahr 2005 erhoben (Döhrn et al. 2005). Dies war bekanntlich ebenfalls ein Wahljahr, in dem die Öl- und Benzinpreise vergleichsweise hoch lagen. Doch das Phänomen, in Wahlkampfzeiten aktionistische Vorschläge zur Besänftigung der Verbraucher und Wähler zu unterbreiten, gleichgültig wie vernünftig bzw. efektiv sie sein mögen, beschränkt sich nicht allein auf Deutschland. So führten Frankreich und die USA − beides Länder, in denen in diesem Jahr Präsidentschaftswahlen stattinden − Gespräche über eine mögliche Freigabe der strategischen Ölreserven. Diese Reserven dienen eigentlich dazu, einen potenziellen kurzfristigen Erdöl-Versorgungsengpass eines Landes überbrücken zu können. So wurde im August 2005 auf die US-Ölreserven zurückgegrifen, nachdem der Hurrikan Katrina die Ölförderung im Golf von Mexiko zeitweilig zum Erliegen gebracht hatte und infolgedessen der Ölpreis seinerzeit auf über 70 USD pro Barrel (bbl, 1 bbl = 159 l) gestiegen war. Bei nüchterner Betrachtung erscheinen jedoch weder die aus der Verärgerung der Konsumenten geborenen Rufe nach staatlichem Handeln noch die rasche Bereitschaft der Politiker, im Wahlkampf derartige Maßnahmen zu propagieren, gerechtfertigt. So besitzt die deutsche Politik zum einen lediglich sehr begrenzte Möglichkeiten, die Preisbildung auf den internationalen Ener- Abb. 1: Nominale und reale Ölpreise (1979-2011), jahresdurchschnittliche Preise je Barrel der Sorte Brent Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben des IMF, EZB und des Statistischen Bundesamtes gie- und Rohstofmärkten zu beeinlussen. Zum anderen blieben die realwirtschaftlichen Efekte bislang vergleichsweise gering, trotz einer Verdreifachung des Rohölpreises seit dem vorübergehenden Tiefststand Ende des Jahres 2008 und trotz seiner Verfünfachung seit dem Jahr 2001 (Abbildung-1). Anders als bei den Ölpreisschocks Mitte der siebziger und Anfang der achtziger Jahre beschleunigte sich auch die Inlation kaum merklich (Schmidt, Zimmermann 2011). Die wirtschaftlichen Auswirkungen werden wohl auch in Zukunft mit den damals ausgelösten Rezessionen kaum zu vergleichen sein. Diese Einschätzung beruht im Wesentlichen auf den folgenden drei Argumenten. Wirtschaftliche Auswirkungen Erstens: Trotz eines neuen Rekords beim Jahresdurchschnittspreis für Rohöl, welcher im Jahr 2011 bei 111 USD je Barrel der Sorte Brent verzeichnet wurde, liegen die heutigen Ölpreise real betrachtet noch immer in etwa auf vergleichbarem Niveau wie zu den Höchstständen der ersten Hälfte der achtziger Jahre, gleichgültig ob der Rohölpreis in US-Dollar oder in Euro ausgedrückt wird. Bedingt durch die europäische Schuldenkrise und das im Vergleich zu früheren Jahren ungünstigere Währungsverhältnis von Euro zu Dollar liegt der heutige Rohölpreis in Euro gerechnet allerdings deutlich höher als im Jahr 2008 (Abbildung-1), als der Ölpreis mit rund 150 USD pro Barrel eine historische Preisspitze verzeichnete. Dies ist einer der wesentlichen Gründe dafür, dass die Benzinpreise in Deutschland jüngst neue Höchststände erreicht haben. Dennoch sind die hohen Preise den Verbrauchern nicht unbekannt: Bereits im Jahr 2008 mussten diese vorübergehend Bekanntschaft damit machen. Der reale Benzinpreis liegt aber derzeit nicht wesentlich höher als zu Beginn der siebziger Jahre (Abbildung- 2). Denn die Benzinpreise schwanken zwar grundsätzlich mit dem Rohölpreis, diese Schwankungen sind aber weit weniger stark ausgeprägt als beim Rohöl. Dies ist vor allem Resultat eines hohen Steueranteils am Benzinpreis. So liegt die Mineralölsteuer für Superbenzin derzeit bei rund 67 Cent je Liter. Inklusive der Mehrwertsteuer betrug der Steueranteil am Preis für Superbenzin im Jahr 2011 knapp 60 %. Zweitens kann man die Folgen eines Preisanstiegs nur dann verlässlich abschätzen, wenn man auch seine Ursachen versteht. So ist der derzeitige Ölpreisanstieg weniger das Die Autoren: Manuel Frondel, christoph M. Schmidt, Maximiliane Sievert POLITIK Benzinpreise Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 18 Resultat eines Angebotsschocks, wie dies beispielsweise beim Öl-Embargo der OPEC Mitte der siebziger Jahre oder nach der iranischen Revolution Anfang der achtziger Jahre der Fall war. Vielmehr dürften die hohen Preise vor allem Folge einer in den vergangen Jahrzehnten enorm gestiegenen Nachfrage nach Rohöl sein. So stieg der weltweite tägliche Rohölbedarf zwischen 1990 und 2010 um gut 30 %, von 66,5 Mio. bbl im Jahr 1990 über 76,6 Mio. bbl im Jahr 2000 auf 87,3 Mio. bbl im Jahr 2010 (BP Statistical Review 2011). Die stark gestiegene Nachfrage ist wiederum das Resultat einer kräftigen Expansion der Weltwirtschaft, so dass die hohen Preise eher Ausdruck der Stärke als Quell von Schwäche sind. 1 In den vergangenen Jahrzehnten waren China und die USA die beiden stärksten Wachstumstreiber - ausgerechnet jene Volkswirtschaften, die am wenigsten eizient mit Öl umgehen und am meisten Öl verbrauchen. So nehmen allein die USA knapp ein Viertel des weltweiten täglichen Bedarfs von etwa 88 Mio. bbl für sich in Anspruch (BP Statistical Review 2011). Bezogen auf das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) verbrauchen die USA knapp 60 % mehr Öl als die EU27. Ein Grund liegt darin, dass die Mineralölbesteuerung in den USA sehr niedrig ist und amerikanische Konsumenten daher wesentlich weniger für Mineralölprodukte zahlen müssen als deutsche Verbraucher. Die niedrige Besteuerung von wenigen Cent je Liter Benzin ist in den USA seit jeher politökonomischem Kalkül geschuldet: Es gilt als ungeschriebene Regel, dass ein Präsident bei einem Preis von mehr als 4 USD pro Gallone schlechte Chancen auf eine Wiederwahl hat. Eine Gallone entspricht 3,785 l. Die Benzinpreise in den USA waren jüngst auf 3,90 USD pro Gallone gestiegen. Drittens bestimmt die Abhängigkeit vom Erdöl über die wirtschaftlichen Konsequenzen eines Ölpreisanstiegs. Die Energieintensität der Produktion ist in den Industrieländern heutzutage jedoch deutlich geringer als noch in den siebziger Jahren (Schmidt, Zimmermann 2011). Mit einem Anteil des Wertes von Rohöl- und Produktimporten am BIP von 2,44 % benötigte Deutschland im Jahr 2010 nur etwa halb so viel Öl wie Anfang der achtziger Jahre, als dieser Anteil bei über 4 % lag (Abbildung-3). Auch die Autofahrer sind heutzutage allein wegen des deutlich geringeren Durchschnittsverbrauchs weniger stark von den hohen Spritpreisen betrofen als noch vor zehn Jahren. So sank der durchschnittliche speziische Flottenverbrauch je 100 km für neue Benzinfahrzeuge von über 8 l zu Beginn des neuen Jahrtausends auf weniger als 7 l im Jahr 2008 (BMWi, 2011). Vielfahrer benutzen zudem weitaus häuiger als früher eiziente Dieselfahrzeuge. Der Anteil der Dieselfahrzeuge unter den jährlich neu registrierten Pkw liegt seit Jahren über 40 %, mit einem bisherigen Maximum von rund 47 % in den Jahren 2007 und 2011 (KBA, 2012). Dadurch sind die Auswirkungen der Rohölverteuerung auf die Kostenbelastung der privaten Haushalte und Unternehmen geringer. Letzteres wiederum hat zur Folge, dass die Produktpreise weniger stark steigen, als es in der Vergangenheit der Fall war. Die Inlation ist daher mit 2,3 % im Jahr 2011 vergleichsweise moderat angestiegen (GD Frühjahr 2012: 36), während die Ölpreisschocks der siebziger Jahre zur Staglation geführt haben, dem Sinken der Wirtschaftsleistung bei gleichzeitig hoher Inlation. Fazit: weitsichtiges Handeln jedes einzelnen Das jüngste Hoch der Benzinpreise in Deutschland lässt die Rufe nach staatlichen Interventionen lauter werden. Gerade in Wahlkampfzeiten fallen diese Rufe auf fruchtbaren Boden. So forderte neben dem ehemaligen Bundesumweltminister Norbert Röttgen auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler eine Erhöhung der Pendlerpauschale und plant zudem ein Markttransparenzgesetz, mit dem die Mineralölkonzerne künftig unter strenge Aufsicht gestellt werden sollen. Demnach sollen die Betreiber der rund 14 700 Tankstellen in Deutschland künftig detailliert Auskunft darüber geben, wann und in welchem Umfang sie die Preise an den Zapfsäulen erhöhen oder senken. Außerdem sollen sie ebenso wie die Großhändler verplichtet werden, der neu zu schafenden Markttransparenzstelle zu melden, welche Mengen an Treibstof sie wo und wie teuer eingekauft haben. Die Großhändler sollen darüber hinaus ihre Verkäufe ofen legen. Es darf bezweifelt werden, ob der hohe bürokratische Aufwand und die Kosten für das Sammeln und Auswerten der enormen Datenmengen in vernünftiger Relation zum Nutzen stehen, besonders dann, wenn diese Informationen allein den Behörden, nicht aber den Verbrauchern zugänglich gemacht werden. Dieses Vorhaben ist umso befremdlicher angesichts der Tatsache, dass der deutsche Benzinmarkt zwar bekanntermaßen von einem Oligopol aus fünf Mineralölunternehmen (Aral/ BP, Shell, Jet, Esso und Total) dominiert wird, das Bundeskartellamt aber in einer dreijährigen Studie zum Preisbildungsprozess auf diesem Markt keine geheimen und damit illegalen Preisabsprachen feststellen konnte (Bundeskartellamt 2011). Darüber hinaus stehen den Verbrauchern tagesaktuelle Informationen zu den Kraftstofpreisen auf einfache Weise durch Internetportale zur Verfügung. Aber auch eine noch so vollkommene Markttransparenz kann nicht verhindern, dass die Benzinpreise im Einklang mit den Rohölpreisen steigen. Die Ursachen für die heutigen hohen Benzinpreise liegen einmal mehr im Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage von Rohöl begründet. Die Ölnachfrage beleben derzeit die besseren Konjunkturaussichten in den USA sowie in vielen Schwellenländern, Nachfrageefekte, die zu dem seit Jahrzehnten beständig steigenden Verbrauch Chinas hinzukommen. So hat sich Abb. 2: Nominale und reale Benzinpreise (1979-2011) je Liter Superbenzin Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben des Mineralölwirtschaftsverbands Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 19 Chinas täglicher Erdölverbrauch seit 1990 praktisch vervierfacht. Dieser stieg von 2,3 Mio. bbl im Jahr 1990 auf 9,1 Mio. bbl im Jahr 2010 (BP Statistical Review 2011). Mit einem Anteil von rund 10 % am weltweiten Tagesverbrauch an Rohöl hat China heute den zweithöchsten Ölverbrauch in der Welt und wird lediglich noch von den USA übertrofen. Unter den Faktoren auf der Angebotsseite sind die Unruhen in den arabischen Ländern, allen voran dem Bürgerkrieg in Syrien, und die wachsenden Spannungen mit dem Iran zu nennen, welcher nach Russland die zweitgrößten Erdgas- und die drittgrößten Erdölvorkommen besitzt (BP Statistical Review 2011). Kurzfristig gibt es für die Verbraucher außer der Option, das Auto hin und wieder stehen zu lassen, kaum Möglichkeiten, die durch die hohen Treibstofpreise verursachten Belastungen wirksam zu bekämpfen. Die mit ihnen verbundenen hohen Kosten sind jedoch als langfristige Investition in wieder sinkende Ölpreise zu sehen: Die derzeit hohen Preise sorgen seit geraumer Zeit für einen massiven Ausbau der in den 1990er Jahren vielfach strälich vernachlässigten Explorations- und Investitionstätigkeit der großen Mineralölkonzerne und Förderländer. Dies war vor allem Resultat beständig tiefer Preise in der 1990er Jahren, mit einem Preistief im Jahr 1999, als der Rohölpreis kurzzeitig bei 10 USD pro bbl lag. Hinzu kommen Kostensenkungen bei der als Fracking bezeichneten Fördertechnik, die früher als kaum bezahlbar galt und mit der in den USA immer mehr des schwer zugänglichen Öls gewonnen wird, das in Schiefergestein gebunden ist (Shale Oil). Mit hydraulischen Druckverfahren wird das dichte Schiefergestein aufgebrochen und mit Chemikalien ofen gehalten, so dass Öl, aber auch Erdgas, herausströmen können. Ähnlich dem derzeitigen Boom bei Schiefergas in den USA, der zu einem starken Rückgang der Gaspreise geführt hat, hofen die USA nun auch auf ein erneutes „Oildorado“. Getreu dem Motto „Hohe Preise sind das beste Mittel gegen beständig hohe Preise“ könnten daher die Investitionen in neue Kapazitäten künftig für ein im Vergleich zur Nachfrage deutlich höheres Angebot an Rohöl sorgen und somit wieder für niedrigere Preise als heute. Langfristig gesehen kann zudem jeder einzelne Verbraucher zu niedrigen Preisen beitragen. Die aktuell hohen Ölpreise sollten für Verbraucher wie Produzenten Anlass genug sein, darüber nachzudenken, wie Öl eingespart oder substituiert werden kann. Vor allem bei den Kraftfahrzeugen könnte so in Zukunft auf eizientere Technologien gesetzt werden. Umwelt und Klima würden dies sicherlich danken. Nicht zuletzt wäre die Erhöhung der Mineralölsteuern in den USA eine vielversprechende Option, die sich dämpfend auf die Ölpreise auswirken würde. Die USA könnten so gleichzeitig ihre Abhängigkeit von Erdöl und Mineralölprodukten deutlich verringern. ■ Abb. 3: Ausgaben für den Import von Rohöl und Mineralölprodukten in Deutschland Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben des Mineralölwirtschaftsverbands 1 Allerdings können die jüngsten Preisschübe bei Rohöl allenfalls zum Teil auf eine steigende Nachfrage zurückgeführt werden. Dafür spricht, dass die Preise für andere Rohstofe, insbesondere die üblicherweise sehr konjunkturreagiblen Industrierohstofe, weniger stark angezogen haben. Vielmehr ist der jüngste Ölpreisanstieg wohl zu wesentlichen Teilen das Resultat politischer Spannungen im Mittleren Osten (GD Frühjahr 2012: 9). Zurzeit ist es insbesondere der politische Konlikt mit dem Iran, der das Angebot zu verknappen droht. Manuel Frondel, Prof. Dr. Leiter des Kompetenzbereichs Umwelt und Ressourcen Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) frondel@rwi-essen.de christoph M. Schmidt, Prof. Dr. Präsident Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) schmidt@rwi-essen.de Maximiliane Sievert, Dipl.-Reg.-Wiss. Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Kompetenzbereich Umwelt und Ressourcen, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), sievert@rwi-essen.de LIteratur BP Statistical Review (2011), BP Statistical Review of World Energy, Juni 2011, BP. Internet: http: / / www.bp.com/ assets/ bp_internet/ globalbp/ globalbp_uk_english/ reports_and_ publications/ statistical_energy_review_2011/ STAGING/ local_assets/ pdf/ statistical_review_of_world_energy_full_report_2011.pdf. Zugrif: April 2012. BMWi - Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2011), Energiedaten. http: / / www.bmwi.de/ BMWi/ Navigation/ Energie/ Statistik-und-Prognosen/ Energiedaten/ gesamtausgabe.html, Stand: 12.12.2011 Bundeskartellamt (2011), Sektoruntersuchung Kraftstofe, Abschlussbericht Mai 2011. www.bundeskartellamt.de/ wDeutsch/ download/ pdf/ Stellungnahmen/ 2011-05-26_Abschlussbericht_inal2.pdf. Zugrif: April 2011. GD Frühjahr (2012), Deutsche Konjunktur im Aufwind - Europäische Schuldenkrise schwelt weiter. Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2012. Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose, Bezug: ifo-institut, München. DÖHRN, R.; FRONDEL, M.; SCHMIDT, CH. M.; SCHMIDT, T. (2005), Hoher Ölpreis - kein Grund für Aktionismus. Energiewirtschaftliche Tagesfragen 55 (11): 25-27. KBA − Kraftfahrzeugbundesamt (2012), Neuzulassungen von PKW in den Jahren 2001-2011 nach Kraftstofarten. http: / / www. kba.de/ cln_033/ nn_191064/ DE/ Statistik/ Fahrzeuge/ Neuzulassungen/ EmissionenKraftstoffe/ n__emi__z__teil__2.html. Zugrif: April 2012. SCHMIDT, T., ZIMMERMANN, T. (2011), Energy Prices and Business Cycles: Lessons from a Simulated Small Open Economy Model. Journal of Business Cycle Measurement and Analysis 2011 (2): 29-47. Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 20 Langsamer, bewusster, leiser Straßenverkehr gehört zu den bedeutendsten Lärmquellen in Deutschland. Die von ihm ausgehenden Belastungen sind weder sozialnoch umwelt- oder gesundheitspolitisch vertretbar. Welche Maßnahmen 1 können getrofen werden, um die Lärmbelastung zu verringern? G egenwärtig sind ca. 2,6- Mio. Menschen verkehrsbedingten Lärmbelastungen von mehr als 65-dB-(A) ausgesetzt, einer Grenze, oberhalb derer bei dauerhafter Beschallung mit hoher Sicherheit gesundheitliche Schäden auftreten. Etwa 12,1-Mio. Menschen sind verkehrlichen Lärmbelastungen von mehr als 55 dB (A) ausgesetzt, Belastungen, die ebenfalls gesundheitliche Folgen nach sich ziehen können (UBA 2010). Dies führt dazu, dass sich 55 % der Bevölkerung durch den Straßenverkehrslärm belästigt fühlen - beim Schienenverkehr sind es 22 % und beim Luftverkehr 29 % (BMU 2010). Foto: ACE Die in den vergangenen Jahren durch Grenzwertsetzungen und technische Neuerungen erzielten Lärmminderungen an Fahrzeugen und der Infrastruktur wurden durch steigende Geschwindigkeiten, schnellere Beschleunigung, Verkehrszunahmen und -verlagerungen sowie der Verbreiterung von Verkehrsinfrastrukturen kompensiert beziehungsweise sind veraltet. Angesichts des prognostizierten Wachstums des Güterverkehrs ist davon auszugehen, dass sich das Lärmproblem künftig noch verschärfen wird. Politische und zivilgesellschaftliche Akteure haben bereits eine Vielzahl von Aktivitäten zur Minderung von Verkehrslärm initiiert. Zu einer deutlichen Reduzierung von Verkehrslärm hat dies jedoch nicht geführt. Gründe hierfür liegen in der fehlenden Verbindlichkeit von Grenzwerten, der Unterordnung der Lärmproblematik unter verkehrliche Belange und der mangelhaften inanziellen Ausstattung der Kommunen. Das gesellschaftliche Ziel muss sein, die Erreichbarkeiten zu verbessern und gleichzeitig verkehrliche Lärmbelastungen deutlich zu verringern, also eine lebenswerte Umwelt zu schafen, in der Menschen mobil sind und zugleich frei von lärmbedingten Belastungen und gesundheitlichen Schäden Der Autor: René Bormann POLITIK Lärmschutz Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 21 innerorts) und lärmreduzierender technischer Maßnahmen an Fahrzeugen. Erforderlich ist die deutliche Absenkung von Fahrzeuggrenzwerten, außerdem realistische, den realen Betrieb entsprechende Prüfzyklen, eine ausreichende Kontrolldichte, wirksame Bußgelder sowie die Messung der Geräuschentwicklung bei der Hauptuntersuchung. Die Regelgeschwindigkeit in Ortschaften ist auf 30 km/ h und die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen auf maximal 130 km/ h festzuschreiben. Lärmabhängiges Trassenpreissystem und lärmarme Infrastruktur für leiseren Schienenverkehr Die Bundesregierung und der Eisenbahnsektor müssen sicherstellen, dass bis zum Jahre 2020 die Umrüstung mit Verbundbremssohlen abgeschlossen ist. Zu diesem Zweck sind ein als Bonussystem gestaltetes lärmabhängiges Trassenpreissystem und ein Fahrverbot lauter Wagen ab 2020 einzuführen. Bei der Minderung der Lärmbelastung ist neben dem Einsatz alternativer, lärmmindernder Bremssysteme, geräuschreduzierter Drehgestelle, Schienen- und Raddämpfer sowie schärferer Lärmgrenzwerte für neu- und umgebaute Fahrzeuge stärker auf lärmmindernde Maßnahmen am Fahrweg zu setzen. In diesem Rahmen sind u. a. die Infrastrukturbetreiber durch Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen zu verplichten, das Gleis dauerhaft in einem akustisch guten Zustand zu halten. Zugleich sind die Zulassungsstellen für Eisenbahntechnik so auszustatten, dass Zulassungen zeitnah erfolgen. Die Ausschreibungskriterien im Schienenpersonennahverkehr sind mit Lärmgrenzwerten zu komplettieren. Vorrang für aktiven Lärmschutz im Flugverkehr Der Bedarf und die zu erwartenden Rahmenbedingungen von Flughäfen müssen länderübergreifend in einem bundesweiten Flughafenkonzept geregelt werden. Zugleich ist im Fluglärmschutzrecht die Lärmreduktion an der Quelle durch die Verschärfung der Grenzwerte, Siedlungsbeschränkungen, lärmmindernde Betriebsverfahren und Betriebsbeschränkungen zu verankern. Mit Modiikationen an Triebwerk und Zelle, Vorlügeln, Klappen und Fahrwerk sowie aktiver und passiver Lärmminderung am Triebwerk kann der Lärm an der Quelle deutlich gemindert werden. Die bestehenden Potenziale sind auszuschöpfen und die Flugverfahren und Flugrouten kontinuierlich zu optimieren. Darüber hinaus sind die leben können. Dazu bedarf es einer Integration von Lärmminderungsstrategien in das alltägliche, beruliche und private Denken und Handeln aller sowie in alle Politikbereiche und administrativen Ebenen. Eine integrierte Lärmminderungsstrategie setzt auf vorsorgende Planung und Lärmschutz an der Quelle durch die Festlegung verbindlicher Grenzwerte, durch Strategien für die einzelnen Verkehrsträger, ökonomische Anreizsysteme und die Sicherstellung der Finanzierung von Lärmschutzmaßnahmen. Darüber hinaus ist ein individuelles Handeln erforderlich, das Verantwortung für sich selbst, die Gesellschaft und die kommenden Generationen übernimmt. Grenzwerte für Gesamtverkehrslärmbelastungen einführen Der Mensch wird durch den Lärm verschiedener Verkehrsträger belastet, weshalb für die Planung und auch für den Bestand nicht Grenzwerte für die einzelnen Belastungen, sondern für die Gesamtverkehrsbelastung erforderlich sind. Hierbei müssen alle Verkehrsträger gleichgestellt werden, der Lärmbonus für die Schiene muss folglich entfallen. Außerdem ist eine hohe Verbindlichkeit der Grenzwerte zu gewährleisten, damit die Bekämpfung von Verkehrslärm bei der politischen Abwägung das erforderliche Gewicht erhält. Um vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen, müssen Grenzwerte für die Gesamtverkehrslärmbelastung an bestehenden und geplanten Verkehrsinfrastrukturen auf 65 dB (A) am Tag und 55 dB (A) in der Nacht festgesetzt werden. Hierbei sind zusätzlich Kriterien zur Berücksichtigung von besonders schädlichen Spitzenpegeln zu beachten (z. B. die Aufwachwahrscheinlichkeit). Die Grenzwerte sind kurzfristig einzuführen und bis 2020 umzusetzen. In diesem Rahmen ist das Recht so zu ändern, dass bei der Überschreitung der Grenzwerte grundsätzlich Verkehrsbeschränkungen geboten sind. Darüber hinaus sind bei der Überschreitung der Beurteilungswerte von 55 dB (A) am Tag und 45 dB (A) in der Nacht langfristig auch im Bestand Vorsorgemaßnahmen zu trefen. Verbindliche Zielwerte in bestehenden Gesetzen Der Lärmschutz soll dabei nicht in einem neuen Gesetz geregelt werden, sondern die bestehenden Regelungen u. a. des Bundesimmissionsschutzgesetzes und die Lärmminderungsplanung sind unter verbindlicher Festschreibung der genannten Grenzwerte aufeinander abzustimmen und durch verbindliche Ausführungen zum Bestand zu vervollständigen. In diesem Zusammenhang müssen die Befugnisse der Kommunen für eine verkehrsträgerübergreifende Lärmaktionsplanung gestärkt werden, das Eisenbahnbundesamt muss die Möglichkeit haben, Verfügungen zum Schutz vor schädlichen Lärmbelastungen zu erlassen und den Verbänden muss ein Klagerecht im Lärmschutz - analog zum Naturschutz - eingeräumt werden. Integrierte Strategien und Maßnahmenpakete erforderlich Im Zentrum einer aktiven Lärmminderung steht die Ausschöpfung des Lärmminderungspotenzials an der Quelle. Dazu sind integrierte, innovative Lösungen für Fahrwege und Fahrbzw. Flugzeuge erforderlich. Aber nicht nur technische Lösungen an Fahrzeugen und Infrastrukturen, sondern auch verkehrssparende Siedlungsstrukturen, die Stärkung des Umweltverbunds, die bessere Verzahnung von Lärmminderung mit der Stadt- und Verkehrsplanung sind zentral für eine efektive Lärmminderung. Aus diesem Grund ist die Baugesetzgebung zugunsten einer vorsorgenden, aber auch einer sanierenden Planung, die auf Vermeidung, Verstetigung und Verlangsamung von Verkehr setzt, zu ändern. Darüber hinaus müssen Kommunen, Länder, Bund und EU dazu verplichtet werden, unter Beteiligung der Öfentlichkeit ein integriertes Gesamtkonzept zur Förderung nachhaltiger Mobilität zu erstellen. Ökonomische Anreizsysteme ausschöpfen Als grundlegendes Anreiz- und Lenkungssystem ist die verursachergerechte Anlastung externer Kosten für alle Efekte und alle Verkehrsträger notwendig. Da dies nur langfristig realisierbar ist, sind kurzfristige Elemente zu nutzen, wie etwa die Einführung einer Lärmkomponente bei der Lkw- Maut bei gleichzeitiger Ausweitung der Maut auf Fahrzeuge über 3,5 t mindestens auf Bundesstraßen, oder lärmabhängige Trassenpreise bei der Bahn sowie stärker gespreizte Start- und Landeentgelte. Alle Instrumente müssen dabei Anreize für kontinuierliche Innovationen beinhalten. Vorsorgende Planung und technische Maßnahmen kombinieren Eine erfolgreiche Lärmminderung basiert auf einer Raum- und Verkehrsplanung, die hohe Beweglichkeit bei wenig Lärm ermöglicht. Neben der Schafung kurzer Wege und den Voraussetzungen für hohe Anteile des Umweltverbunds geht es auch um die Vermeidung, Verstetigung und Verlangsamung von Verkehr sowie die stärkere Nutzung geräuschmindernder Beläge (insbesondere POLITIK Lärmschutz Flugroutenfestlegung ins Planfeststellungsverfahren zu integrieren, die Nachtruhe von 22.00-Uhr bis 6.00-Uhr sicherzustellen und Flughäfen zur Anfertigung von Lärmminderungskonzepten, mit verbindlichen und messbaren Lärmminderungszielen, zu verplichten. Stabile Finanzierung sicherstellen Neben der Ausschöpfung kostengünstiger, oft planerischer Maßnahmen, der Verknüpfung mit ohnehin notwendigen Maßnahmen und der Sicherstellung bestehender Finanzierungsquellen müssen neue, verursachergerechte Finanzierungsquellen erschlossen werden. Eine efektive Möglichkeit bietet ein „Lärmcent“ als Aufschlag auf die Mineralölsteuer. Diese Lösung stellt nicht nur ausreichend Mittel bereit, sie sensibilisiert zugleich für das Problem. Die Verteilung der Einnahmen für Maßnahmen der Lärmaktionsplanung erfolgt nach Zahl betrofener Einwohner und Höhe der Lärmbelastung. Öfentlichkeit in allen Planungsstufen beteiligen Gegenwärtig schwindet die Akzeptanz von Verkehr sowie von Verkehrsinfrastruktur- LIteratur BORMANN, R.; EBERLE, W.; GERIKE, R.; HERZOG, G.; HOLZAPFEL, H.; JÄCKER-CÜPPERS, M.; KIEPE, F.; KNOBLOCH, M.; LEHMING, B.; POPP, CHR.; REH, W.; ZIESAK, M. 2012a: Ziele und Wege zu einer leiseren Mobilität, Bonn. BORMANN, R.; EBERLE, W.; GERIKE, R.; HERZOG, G.; HOLZAPFEL, H.; JÄCKER-CÜPPERS, M.; KIEPE, F.; KNOBLOCH, M.; LEHMING, B.; POPP, CHR.; REH, W.; ZIESAK, M. 2012b: Eckpunkte einer integrierten Strategie zur efektiven Minderung von Verkehrslärm, Bonn. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) (Hrsg.) 2010: Umweltbewusstsein in Deutschland 2010. http: / / www.uba.de/ uba-info-medien/ 4045.html Umweltbundesamt (UBA) (Hrsg.) (2010): Zusammenstellung der Mitteilungen der Bundesländer sowie des Eisenbahn- Bundesamtes entsprechend § 47c BImSchG, http: / / www.umweltbundesamt.de/ laermprobleme/ ulr.html René Bormann, Dipl. Volkswirt Leiter Arbeitskreises Innovative Verkehrspolitik Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn rene.bormann@fes.de projekten, gleichzeitig besteht die Notwendigkeit für ausgewählte Neubauprojekte. Um diesen Konlikt aufzulösen, ist es bei Neubau und Sanierung unabdingbar, die betrofene Öfentlichkeit durch rechtzeitige, ergebnisofene und kontinuierliche Beteiligung einzubinden. Darüber hinaus ist eine verstärkte Öfentlichkeitsarbeit erforderlich, die den individuellen und gesellschaftlichen Wert von Lärmschutz für Lebensqualität verdeutlicht und das Bewusstsein dafür schärft, dass wir vielfach Betrofene und Verursacher zugleich sind. Dabei ist auch die Einführung von Lehreinheiten zur lärmarmen Fahrweise beim Erwerb des Führerscheins erforderlich. Fazit Mit verbindlichen, gesundheitliche Schäden vermeidenden Grenzwerten für Gesamtverkehrslärmbelastung, integrierten Maßnahmen, dem Vorrang auf Minderung an der Quelle, der Ausschöpfung ökonomischer Anreizsysteme und einem Lärmcent lässt sich der Verkehrslärm in Deutschland deutlich senken. Dies ist notwendig, möglich und nutzt dem Einzelnen und der Gesellschaft. ■ 1 Die skizzierten Lösungsansätze basieren auf dem von René Bormann, Wolfgang Eberle, Regine Gerike, Gustav Herzog, Helmut Holzapfel, Michael Jäcker-Cüppers, Folkert Kiepe, Matthias Knobloch, Bernd Lehming, Christian Popp, Werner Reh und Michael Ziesak erstellten Papier „Ziele und Wege zu einer leiseren Mobilität“. Siehe: Bormann, R. et al. 2012a und Bormann, R. et al. 2012b. Heute schon wissen, worüber die Branche morgen spricht! Nach der Sommerpause will der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zwei neue Ausschüsse zur Entwicklung der Verkehrsverbünde besetzen Bei der Sparte Nach der Sommerpause will der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zwei neue Ausschüsse zur Entwicklung der Verkehrsverbünde besetzen. Bei der Sparte Verkehrsverbünde/ Aufgabenträgerorganisationen ist dazu ein „Verbundfachausschuss“ gebildet worden. Ein wichtiger Hintergrund ist die Tatsache, dass sich die Stadt-Umland-Beziehungen tendenziell zugunsten der Langstrecke und damit des Schienenverkehrs verschieben, bei gleichzeitig sinkender Förderung durch die öffentliche Hand. Daher wird sich das neue Gremium spartenintern mit drei Schwerpunkten befassen: Analyse des Mobilitätsmarktes, Regelung verbundraumüberschreitender Verkehre und Finanzierung von Verbundverkehren. Daneben entsteht, angesiedelt beim VDV-Strategieausschuss, ein „Unterausschuss Entwicklung in Verbundräumen“. Seine Mitglieder rekrutieren sich aus Verkehrsverbünden, Bus-, Tram- und SPNV-Unternehmen und damit aus allen vier Personenverkehrssparten. Erst mit diesem VDV-Doppelbeschluss wurde erreicht, dass das jüngste VDV-Präsidium dem neuen Verbundfachausschuss im zweiten Anlauf seinen Segen erteilte. Dies sei einmütig erfolgt, betonten die VDV-Vizepräsidenten Verbünde, Knut Ringat, und Tram, Herbert König, übereinstimmend auf Anfrage von „ÖPNV aktuell“. „Ich freue mich, dass der VDV nun endlich sich um das Thema Entwicklung am Mobilitätsmarkt in Verbundräumen kümmern möchte und sich einer konsistenten Betrachtung sowohl der Rahmenbedingungen als auch unserer Rollen annimmt“, sagte Ringat, der im Hauptberuf den Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) führt. „Ich erwarte, dass der VDV damit gegenüber der Politik noch stärker auftreten kann.“ „Der Konflikt ist durch eine Präsidiumsentscheidung beigelegt, die ich auch für sehr vernünftig finde“, Nach der Sommerpause will der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zwei neue Ausschüsse zur Entwicklung der Verkehrsverbünde besetzen. Bei der Sparte Verkehrsverbünde/ Aufgabenträgerorganisationen ist dazu ein „Verbundfachausschuss“ gebildet worden. Ein wichtiger Hintergrund ist die Tatsache, dass sich die Stadt-Umland-Beziehungen tendenziell zugunsten der Lesen Sie ÖPNV aktuell jetzt auch auf dem iPad und iPhone DVV Media Group GmbH | Nordkanalstr. 36 | 20097 Hamburg | Tel. +49 40/ 237 14-114 | Kirsten.Striedieck@dvvmedia.com Einfach unter www.oepnvaktuell.de/ kiosk (Eurailpress-Kiosk) App herunterladen und mit den bekannten Login-Daten oder Gast-Login anmelden! (Eurailpress-Kiosk) ÖPNV aktuell, der unabhängige Wirtschaftstitel für den gesamten Markt des öfentlichen Personenverkehrs. ’ Zweimal wöchentlich: Ausführlicher Branchenreport mit Nachrichten, Hintergrundberichten, Analysen und Kommentaren ’ Express: Eilmeldungen zu wichtigen Ereignissen und Anlässen ’ Kostenloser Zugang zum Online-Archiv von ÖPNV aktuell mit Volltextsuche in bisher erschienenen Ausgaben 4942_anz_oepnv_app_210x148.indd 1 13.09.2012 12: 33: 00 Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 23 Hintermänner ins Visier nehmen! D ie Aufmerksamkeit ist ihm gewiss. Peter Van Ossalaer, Chef-Inspektor der föderalen belgischen Polizei, erläutert die kriminalistische Arbeit nach dem Piratenüberfall auf die Pompeji. Sie iel als erstes belgisches Schif Mitte April 2009 in die Hände von Freibeutern. Das Konferenzauditorium in Brüssel hängt an seinen Lippen, als Van Ossalaer die akribische Spurensuche auf dem total verschmutzten Fahrzeug beschreibt, nachdem die Kaperer es nach mehr als zwei Monaten freigegeben hatten. Jedes Fitzelchen nahmen die Kriminalisten unter die Lupe. Die Spuren waren spärlich, aber sie reichten, um die Identität des Anführers der Freibeutergruppe zu ermitteln und ihn zur internationalen Fahndung ausschreiben zu lassen. Die kriminalistische Kleinarbeit, die Van Ossalaer dem Fachpublikum beschrieb, ist Teil des umfassenden Ansatzes, Piraterie an Land und auf See zu bekämpfen, den die EU mittlerweile propagiert. Der wohl bekannteste Beitrag der Union im Kampf gegen die Freibeuterei ist die Operation Atalanta. Marineverbände aus den EU-Staaten, die European Naval Force Somalia, kurz Eunavfor, patrouillieren vor der Küste Somalias und im westlichen Indischen Ozean bis zu den Seychellen, um Handelsschife zu schützen. Das Mandat wurde kürzlich bis Ende 2014 verlängert und auf Küstengebiete in Somalia ausgedehnt. Weil Atalanta die Symptome, aber nicht die Ursachen der Piraterie bekämpft, genehmigten die Mitgliedstaaten Mitte Juli zusätzlich eine zivile EU-Mission: Nestor soll die Staaten am Horn von Afrika in die Lage versetzen, selbst gegen Piraten vorzugehen. Eines Tages, so die Hofnung, könnte die neue Mission Atalanta überlüssig machen. Konkret will Nestor Djibouti, Kenia, die Seychellen und Somalia, sowie auf längere Sicht auch Tansania so unterstützen, dass die Länder ihren Seeraum - im Fall Somalia auch die Küstengebiete - eizienter überwachen können. Rund 175 Nestor-Kräfte sollen die Staaten bei Operationen beraten, Seeleute ausbilden und bei der Beschafung von Ausrüstung behillich sein. In Somalia ist außerdem die Ausbildung von Richtern und Juristen vorgesehen, damit festgenommenen Werner Balsen EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Logistik-Zeitung B E R I C H T A U S B R Ü S S E L VON WERNER BALSEN Piraten schnell, wirkungsvoll und fair der Prozess gemacht werden kann. Vor allem Letzteres halten EU-Experten für wesentlich. Verfolgung und Verhaftung von Piraten ist ein Schlüsselelement im Kampf gegen die Freibeuterei. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass militärische Aktionen gegen die Piraten wenig Sinn machen, wenn die von den Marinesoldaten festgenommenen Verdächtigen ohne Gerichtsverfahren oder mangels Beweisen wieder freigelassen werden müssten. Kriminalistische Kleinarbeit wie die von Van Osselaer und seinen Kollegen hilft dabei, mutmaßliche Täter zu überführen. Im Frühjahr liefen in 20 Staaten Verfahren gegen mehr als 1000 Verdächtige. Nicht immer sind es die Hintermänner, die vor den Schranken der Justiz stehen, meistens ist es ihr in extremer Armut lebendes „Fußvolk“. Das Bild solcher verzweifelten Fischer verstellt den Blick auf den eigentlichen Kern der Piraterie: Sie gilt kriminellen Gruppen - Experten sprechen von einer kanadisch-britischen Maia mit Sitz in London - als ein lukratives Geschäftsmodell, das derzeit noch funktioniert - mit geringer Gefahr, verfolgt zu werden. Genau das soll sich ändern: Die Drahtzieher müssen erkennen, dass sie nicht immun sind gegen Strafverfolgung und Verurteilung. Das Risiko für ihr Geschäftsmodell muss sich erhöhen. Es gilt, ihnen - ökonomisch gesprochen - die „Kosten-Nutzen-Relation“ bei Überfällen auf Schife zu verderben, heißt es in Brüssel. Das bedeutet auch, die Finanzströme - wohin ließt gezahltes Lösegeld? - nachzuvollziehen und dann zu unterbrechen. Allein im vergangenen Jahr zahlten Reeder 160 Mio. USD Lösegeld. Nicht nur Ermittler wissen, dass so etwas leichter gesagt als getan ist. Deshalb unterstützt die Europäische Union die Zusammenarbeit von Ermittlern und Strafverfolgungsbehörden in den einzelnen Mitgliedstaaten, um justiziable Beweise zusammen zu tragen, die ein eizientes Vorgehen und die Verurteilung von Financiers und Organisatoren des Piraten-Business ermöglichen. Seit Beginn des Jahres arbeiten etwa deutsche und niederländische Kriminalisten unter dem Dach von Europol in Den Haag in einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe zusammen. Die EU spricht von einem „einzigartigen Kooperationsmodell“, auf das sie in Zukunft setzt. Kriminalisten wie Van Ossalaer wissen, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit und Koordinierung im Kampf gegen Piraterie ist. Das stellte der belgische Polizist am Ende seines Vortrages in Brüssel klar: „Wirklich notwendig ist die internationale Koordinierung des Vorgehens - aber genau daran mangelt es noch.“ ■ »Die Drahtzieher müssen erkennen, dass sie nicht immun sind gegen Strafverfolgung und Verurteilung.« Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 24 Sicherheit und Wirtschaftlichkeit in Einklang bringen Sichere Warenketten sind für die Transportwirtschaft elementar. Die Sicherheitsanforderungen dürfen jedoch nicht zu Handelshindernissen mutieren. Die Staaten sind gefordert, die rechtlichen Rahmen so umzusetzen, dass Unternehmen ihre Sicherheitsinvestitionen auf Grundlage transparenter Kriterien tätigen können. Welche Fallstricke es im Einzelnen geben kann, zeigt die Umsetzung neuer Regeln in nationales Recht im Luftverkehr. Ü ber eine Tatsache sollten wir uns immer im Klaren sein: eine 100 %ige Sicherheit gibt es nicht. Verschärfen wir die Sicherheitsanforderungen, wirkt sich das meist bremsend auf den Warenluss aus und treibt die Kosten in die Höhe. Vollumfängliche Kontrollen sind oftmals aufgrund fehlender Kapazitäten, Platzmangel und Personal gar nicht möglich. Daher müssen die Sicherheitsanforderungen an eine Lieferkette risikobasiert, verhältnismäßig, zielgenau, ressourceneizient und wirtschaftlich vertretbar sein. Die Einführung neuer Sicherheitsaulagen soll vor allem eines bringen: in der Summe muss sich die Sicherheit erhöhen. Wir müssen uns also genau überlegen, wo ein erhöhtes Risiko besteht und dahingehend die Prozesse intelligenter gestalten. Letztlich geht es darum, eiziente und sichere Warenströme umzusetzen. Kosten und Nutzen von Sicherheitsregimen Die deutsche Verkehrswirtschaft trägt ihre Sicherheitsinvestitionen selbst. In den USA Foto: Flughafen Berlin-Brandenburg dagegen sind solche Investitionen teils im Budget des Heimatschutzministeriums verankert. Die deutschen See- und Flughäfen investieren Millionen in Sicherheitsmaßnahmen, sei es für Röntgengeräte, Geländesicherung oder Personalschulungen. Solche Kosten werden auf die Preise aufgeschlagen und letzten Endes dem Kunden angelastet. Höhere Sicherheitsanforderungen bedeuten somit auch immer höhere Kosten. Wer geringere Sicherheitsaulagen erfüllt, hat einen Wettbewerbsvorteil, weil er preiswerter anbieten kann. Positive Tendenzen Im Jahr 2012 sind für die Unternehmen einige positive Entscheidungen im Bereich der Transportsicherheit sowohl auf internationaler als auch europäischer Ebene getrofen worden. Dabei ist zunächst an die gegenseitige Anerkennung des US-Sicherheitsregimes C-TPAT und des europäischen Sicherheitsregimes AEO (zugelassener Wirtschaftsbeteiligter) zu denken. Dadurch proitieren die Unternehmen im EU-US- Handel von schnelleren Kontrollen und geringerem Prüfungsaufwand im transatlantischen Warenverkehr. Auch im Luftfahrtbereich erkennen die USA das Konzept der „sicheren Lieferkette“ seit dem 1. Juni 2012 an, wodurch Doppelprüfungen entfallen. Dies ist ein wichtiger Schritt zur dringend notwendigen Harmonisierung der Sicherheitsanforderungen. In der EU werden die Sicherheitsmaßnahmen bereits vor der Verladung am Flughafen erbracht, weswegen von der „sicheren Lieferkette“ die Rede ist. Die dritte positive Entscheidung ist ein Beschluss der EU-Kommission zur Einrichtung einer permanenten Sachverständigengruppe für den Landverkehr. Experten aus der Wirtschaft sollen mit beratender Stimme dabei sein. Im Luft- und Seeverkehr gibt es ein solches Gremium bereits seit längerem. Risikobasierten Ansatz fördern Anfang 2012 veröfentlichte die US-Regierung ihre „Nationale Strategie zur globalen Lieferkettensicherheit“. Sie beschreibt den strategischen Weg zu mehr Sicherheit für den internationalen Gütertransport und fordert gleichzeitig ihre amerikanische Verwaltung auf, sich stärker mit den Interessen von Handelspartnerstaaten und den Beteiligten der Lieferkette international abzustimmen und zu koordinieren. Danach sollen Güter mit einem geringen Risiko möglichst ungehindert und schnell transportiert werden. Güter, mit einem erhöhten Gefahrenpotential dagegen, sollen stärker kontrolliert werden. Die Strategie ist bereits in Kraft getreten. Diese jüngste US- Sicherheitsstrategie ist ausdrücklich zu begrüßen. Allerdings steht sie im Widerspruch zur 100 % Scanning-Initiative der USA im Seeverkehr. Ursprünglich sollten ab dem 1.- Juli- 2012 sämtliche Seecontainer, die in die USA verschift werden, am Abgangshafen durchleuchtet werden. Der Zeitpunkt des In- Der Autor: Jörg Mosolf LOGISTIK Lieferkette Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 25 krafttretens wurde zunächst auf das Jahr 2014 verschoben. Damit ist die Hofnung verknüpft, dass das Gesetz praxisgerecht angepasst wird. Sowohl der amerikanische Rechnungshof als auch das Heimatschutzministerium äußerten sich kritisch zur 100 %igen Durchleuchtungsinitiative. Diverse Untersuchungen und Pilotprojekte zeigten zudem, dass eine Umsetzung aus technischen und verkehrlichen Gründen nicht praktikabel sei. Obendrein bestehen politische Bedenken. Die zweijährige Übergangszeit bis 2014 sollte genutzt werden, um das Gesetz zum 100 %igen Containerscanning der US-Sicherheitsstrategie zu ändern und stattdessen ein 100 % Screening der Lieferdaten mit risikobasierten Stichproben analog zum bisherigen Verfahren der Container-Security-Initiative durchzuführen. Andersfalls würde der transatlantische Warenverkehr erheblich beeinträchtigt. Auf europäische Unternehmen kämen enorme personelle und inanzielle Belastungen zu. Bei der europäischen Luftfrachtsicherheit gilt bereits ein risikobasierter Ansatz. Entsprechend einer EU-Verordnung muss die Fracht und Post vor dem Verladen sicher sein. Import-, Transit- und Exportfracht müssen seit Januar 2011 entsprechend einer anderen EU- Verordnung vorangemeldet werden, damit der Zoll Risikoanalysen durchführen kann. Wie bereits erläutert, erkennt die USA seit Juni 2012 die ‚sichere Lieferkette’ sowohl für Frachtals auch Passagiermaschinen an. Damit können aufwendige und kostenintensive Doppelprüfungen vermieden werden. Beides, die europäischen Verordnungen zur Luftfrachtsicherheit basierend auf einem Risikoansatz und die gegenseitige Anerkennung von Schutzregimen zwischen der EU und den USA sind als wichtig und richtig zu erachten. Neue Anforderung bei Luftfracht Generell darf Fracht in der EU nur per Flugzeug transportiert werden, wenn sie „sicher“ ist. Fracht kann auf zwei Arten den Status „sicher“ erlangen: Zum einen kann „unsichere“ Fracht durch eine Sicherheitskontrolle als „sicher“ erklärt. Die entsprechenden Untersuchungen führt entweder das Luftfahrtunternehmen selbst oder ein so genannter ‚reglementierter Beauftragter’ durch. Zum anderen kann das produzierende Unternehmen seine Fracht als „sicher“ versenden, wenn es sich als sog. bekannter Versender zertiizieren lässt. Damit gewährleistet es, dass die Ware vor unbefugtem Zugrif und Manipulation geschützt wird. Der Vorteil hierbei liegt auf der Hand: die Ware muss vor Ablug nicht erneut kontrolliert werden, was den Aufwand am Flughafen reduziert und Zeit spart. Logistikdienstleister werden als reglementierte Beauftragte durch das Luftfahrtbundesamt zugelassen. Neu ist, dass ab 25.-März-2013 auch der „bekannte Versender“ diesen Status amtlich durch das Luftfahrtbundesamt erhält. Bis zum 29.-April-2010 hatte der Gesetzgeber es den reglementierten Beauftragten überlassen den Versender als sicher anzuerkennen. Mehrere zehntausend Unternehmen besitzen den Status bekannter Versender, den sie jedoch mit Ablauf der Übergangsfrist beim Luftfahrtbundesamt neu beantragen müssen. Fehlende Umsetzung Allerdings verzögert sich in Deutschland die Umsetzung der geänderten europäischen Anforderungen zur sicheren Lieferkette in nationales Recht. Und das wird negative Folgen für die Wirtschaft haben, denn Ende März- 2013 drohen Staus bei zeitsensibler Luftfracht. Zum 24.-März-2013 endet die Übergangsfrist für bekannte Versender, ohne dass alle bekannten Versender ihren Status durch das Luftfahrtbundesamt bestätigen konnten. Dadurch wird sich das Verhältnis von sicherer und unsicherer Fracht umkehren. Während heute lediglich 10 bis 20 % der Luftfracht unsicher und damit vor Ablug zu untersuchen ist, werden es geschätzte 50 bis 90 % sein. Entsprechende Kontrollkapazitäten an Flughäfen fehlen. Anträge bleiben liegen Die Kontrolle sämtlicher Fracht am Flughafen ist logistisch nicht zu bewältigen. Deshalb ist die sichere Lieferkette so enorm wichtig, da die Beteiligten in der Lieferkette bereits für die Sicherheit der Fracht sorgen. Bislang sind rund 270 Unternehmen als bekannter Versender behördlich zugelassen und zirka 4300 wollen Anträge beim Luftfahrtbundesamt stellen. Da ein Zulassungsverfahren gut ein Jahr dauern kann, werden diese Anträge wohl nicht rechtzeitig vor Ende der Übergangsfrist bearbeitet sein. Auch angesichts der Tatsache, dass die behördlichen Personalressourcen unzureichend sind. Fehlen gesetzlicher Grundlagen Ein Grund für die anfänglich zögerliche Antragstellung seitens der Unternehmen ist das Fehlen klarer Rahmenbedingungen für die Zulassung. Die Umsetzung der europäischen Anforderungen in deutsches Recht erfolgt über das Luftsicherheitsgesetz und deren Folgeverordnungen. Dieses wartet jedoch weiterhin auf seine Novellierung. Das Luftsicherheitsgesetz beindet sich derzeit in der Ressortabstimmung zwischen den zuständigen Ministerien des Bundes, nachdem ein Entwurf eine Zeit lang unbearbeitet blieb - und damit auch die daraus abzuleitenden Verordnungen. Diese regeln die Verfahren und Gebühren. So wird für die Zulassung des bekannten Versenders eine Gebühr fällig, die bislang nicht bezifert werden kann, weil die Gebührenordnung fehlt. Ebenso unklar und damit nicht kalkulierbar sind die Anforderungen an die Personalschulung und den Investitionsumfangs für infrastrukturelle Anpassungen an den Standorten. Unternehmen können damit nicht einschätzen, ob sich das aufwendige Zulassungsverfahren rentiert oder sie ihre Luftfracht preiswerter durch einen Dritten sichern lassen. Darüber hinaus ist in Deutschland nur ein Bruchteil der europäisch empfohlenen Untersuchungsmethoden erlaubt. Während in den europäischen Nachbarstaaten auch Sprengstofspürhunde zugelassen sind, ist eine Zulassung in Deutschland erst in der Vorbereitung. Schnell handeln Damit es nicht zu einem Stau bei zeitkritischer Luftfracht an deutschen Flughäfen kommt, fordern wir schnelle Abhilfe. Die längst überfällige Novellierung des Luftsicherheitsgesetzes samt seiner Folgeverordnungen muss dringend erlassen werden. Für zügige Zulassungsverfahren sollten zudem private Zertiizierer hinzugezogen werden. Gleichzeitig sind ebenso wie in unseren Nachbarstaaten weitere Prüfmethoden und -technologien, wie sie die EU-Verordnung vorsieht, anzuerkennen. Die Logistik braucht an den gefährdeten Stellen eine risikobasierte Sicherheitsarchitektur. In der Luftfahrt wird die gesamte Lieferkette betrachtet und Sicherheitsmaßnahmen allein dort ergrifen, wo ein Risiko besteht. Ein Sicherheitslabel wie der ‚bekannte Versender’, der freiwillig von Unternehmen mit entsprechendem Bedarf erworben werden kann, ist sinnvoll. Der Sachverständigengruppe der Europäischen Kommission fällt die Aufgabe zu, Schwachstellen zu identiizieren und bei Bedarf auch für den internationalen Landverkehr adäquate freiwillige Sicherheitsarchitekturen zu entwerfen. Im Gegenzug muss den Unternehmen ein beschleunigter Warenluss als Mehrwert geboten werden. In Verbindung mit risikobasierten Kontrollen und Maßnahmen des Staates erhalten wir so eine praxisgerechte und eiziente Absicherung der Lieferkette. Dieses Konzept sollte zügig realisiert werden. ■ Jörg Mosolf, Dr. Präsidiumsmitglied DVF, Geschäftsführender Gesellschafter und Sprecher der Geschäftsführung, Horst Mosolf GmbH & Co. KG Internationale Spedition Kontakt: info@verkehrsforum.de Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 26 LOGISTIK Gefahrgüter Safety first beim Gefahrguttranport Falsche Verpackungen, eine unprofessionelle Abfertigung oder eine nicht korrekte Bezeichnung - die Gründe, warum Güter zu einer Gefahr werden können, sind vielfältig. Wird Gefahrgut transportiert, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. J ahr für Jahr und in größer werdendem Umfang werden Güter in der Luft, auf der Straße und auf See transportiert, welche die internationalen Luftfahrtorganisationen „International Civil Aviation Organisation“ (ICAO) und „International Airline Transport Association“ (IATA) als Dangerous Goods, also gefährliche Güter, klassiizieren. Bei der Lufthansa Cargo beispielsweise waren es im vergangenen Jahr über 130 000 Gefahrgutsendungen weltweit, davon über 25 000, die nur auf Frachtern transportiert werden durften („Cargo aircraft only“). Art und Weise des Transports In die Kategorie Dangerous Goods fallen die verschiedensten Substanzen: von Explosivstofen über brennbare Stofe bis zu giftigen oder radioaktiven Substanzen. Nicht alle sind auf den ersten Blick als Gefahrgut erkennbar - wie etwa Frachtstücke mit magnetisierenden Komponenten, bestimmte Batterietypen, Spraydosen aller Art oder auch Autos. Nicht erkannt, falsch verpackt, inkorrekt gekennzeichnet oder dokumentiert, unprofessionell abgefertigt - all dies können Gründe sein, warum die Stofe zu einer Gefahr werden können. Und zwar nicht nur für die Menschen, welche die Fracht verpacken, abfertigen oder verladen oder sich auch nur in der Nähe auhalten. Von Gefahrgütern können auch mögliche Gefahren für das Flugzeug mit Passagieren und Crew, für Gebäude und die Umwelt ausgehen. Kaum ein Produktionsprozess kommt heute ohne Güter der neun IATA-Gefahrgutklassen aus. Komponenten von Produkten werden vielfach an unterschiedlichen Standorten produziert; efektive Logistik spielt in der globalisierten Wirtschaft eine zentrale Rolle. Das gilt für die chemische und pharmazeutische Industrie ebenso wie für die Automobilindustrie und Konsumgüter. Die Frage ist nicht, ob Gefahrgüter transportiert werden, sondern wie sie sicher transportiert werden. Worauf kommt es dabei an? In erster Linie geht es um den sachgerechten Umgang und die Verladung, um die Sicherstellung der erforderlichen Qualiikation aller, die beim Transport von Gefahrgut eine Rolle spielen und um eine wirklich sichere Verpackung. Die Kriterien hierfür sind nicht der individuellen Einschätzung etwa einer Luftverkehrsgesellschaft oder sogar einzelner Mitarbeiter überlassen, sondern detailliert in den von der IATA herausgegebenen Dangerous Goods Regulations (DGR) geregelt - aktuell auf über 900- Seiten. Der Umgang mit dem „DGR-Buch“ will gelernt sein, für den Laien hat es „sieben Siegel“. Die Autoren: Brigitta ebeling, Michael Marx Foto: Lufthansa Cargo Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 27 Anforderungen für am Transport Beteiligte Für jeden am Transportprozess Beteiligten gibt es bestimmte Anforderungen. Er muss auf seine Aufgabe zugeschnittene Lizenzen vorweisen können. Für die Fluggesellschaften heißt dies: Die Ware annehmen und die gefährliche Fracht und ihre Dokumentation „checken“, darf nur, wer in einem Präsenzlehrgang eine sogenannte Category 6 (CAT-6)-Lizenz erworben hat und diese alle zwei Jahre erneuert. Aubauen, ver- und entladen darf, wer eine CAT 8-Lizenz besitzt. Gefahrgüter in der Information an die Piloten („Notiication to Captain“ − NOTOC) ausweisen darf ebenfalls nur ein Mitarbeiter mit CAT 8-Lizenz. Auch für die Versender und Spediteure sind die Anforderungen an ihre Qualiikation entsprechend geregelt. Für das Versenden bzw. Verpacken benötigen Mitarbeiter die Lizenzen CAT- 1 und CAT- 2. Für den Erwerb und das Aufrechterhalten der erforderlichen Lizenzen sind Versender, Spediteure und Luftfahrtunternehmen selbst verantwortlich und müssen diese gegenüber den zuständigen Behörden nachweisen: Gefahrgut versenden darf nur, wer über die geforderte Befähigung verfügt und diese bei einem von den zuständigen Behörden anerkannten Unternehmen erworben hat. Bei Lufthansa Cargo, einem der führenden Luftfrachtanbieter für Gefahrgut, besteht allein das Gefahrgut-Spezialistenteam in der Exportannahme am Drehkreuz Frankfurt aus 19 Mitarbeitern mit CAT- 6-Lizenz. Jedes Jahr schult das Lufthansa-eigene Trainingszentrum in Seeheim über 300 eigene Mitarbeiter sowie Mitarbeiter anderer Unternehmen im sachgerechten Umgang mit gefährlichen Gütern. Jedem Versender sollte stets bewusst sein, dass es eben keine normale Fracht ist, die er verschickt. Und so spielen - neben den grundlegenden Kriterien Streckenangebot, Transportmöglichkeiten (Hat die Airline Frachter für mein „Cargo aircraft only“- Frachtstück? Kann die Airline auch mit radioaktiven, giftigen oder explosiven Substanzen umgehen? ) und preislichen Konditionen - beim Gefahrgut das Vertrauen in Fachkompetenz und Verantwortungsgefühl des Transportpartners eine wesentliche Rolle. Der Transporteur muss die Materie beherrschen. Er darf keine Kompromisse eingehen, wenn es um die korrekte Umsetzung von Regeln geht, auf die sich die DGR- Experten von ICAO und IATA verständigt haben. Das bedeutet erheblichen Aufwand. Es bedeutet, dass alle involvierten Mitarbeiter ständig über Neuerungen und Änderungen informiert sind. Prozesse müssen angepasst werden und Kunden rechtzeitig erfahren, wenn ihre Fracht von solchen Änderungen betrofen ist. Hier geht es ganz wesentlich um Erfahrung und Engagement. Kompromisslose Beachtung von Aulagen und Restriktionen, sorgfältigster Umgang mit Gefahrgut sind letztendlich das ureigene Interesse eines Versenders und des von ihm gewählten Spediteurs - wenn er ruhig schlafen will, so lange seine Fracht in der Obhut des Luftfrachtanbieters ist. Keine Kulanz bei gefährlichen Gütern Auf die Probe gestellt wird das oft langjährige, erprobte Verhältnis zwischen Versender/ Spediteur und Airline, wenn eine Sendung durch die Fluggesellschaft abgelehnt wird: Die Airline entdeckt bei Annahme, dass die Dokumentation nicht vollständig ist, Labels fehlen, die Verpackung beschädigt ist oder nicht der für den Inhalt geforderte Verpackungstyp verwendet wurde. Kulanz - ein Schlüsselbegrif in vielen Branchen - darf es beim Umgang mit gefährlichen Gütern nicht geben. Hier muss die Airline die Annahme der Fracht ablehnen. Der Transportplan kann aus den Fugen geraten, dann muss neu geplant werden. Unerfreulich für alle Beteiligten - vom Versender bis zum Empfänger, der auf die Fracht nun womöglich länger warten muss. Auch wenn die Verantwortung für den Ablehnungsgrund beim Versender liegt, auch wenn der Spediteur in der Verplichtung steht, „ready for carriage“ anzuliefern - in solchen Fällen gilt, dass Versender, Spediteur und Airline mit Blick in die Zukunft gemeinsam Fehler analysieren und aus Fehlern lernen. Für den gefahrlosen Transport von gefährlichen Gütern muss die Transportkette durchgehend höchsten Ansprüchen genügen - ohne Ausnahme: „Safety irst“. ■ Brigitta ebeling Senior Product Manager Care/ td Lufthansa Cargo Brigitta.ebeling@dlh.de Michael Marx Manager Dangerous Goods Regulations Lufthansa Cargo k-michael.marx@dlh.de Jetzt anmelden unter www.dvz.de/ luftfracht Jetzt anmelden unter www.dvz.de/ luftfracht www.dvz.de ? Sie erhalten u.a. Antworten auf folgende Fragen: ̈ Welcher Verlader sollte sich zertifizieren lassen, wer sollte darauf verzichten? ̈ Was ist beim Antrag auf Zertifizierung zum Bekannten Versender zu beachten? ̈ Was offerieren die Security-Berater, was leisten die Schulungsanbieter? ̈ Ist die Aircargo-Kette auf künftig sehr viel „unsichere“ Fracht eingestellt, droht ein Kontrollstau? ̈ Was leisten X-Ray-Geräte, sind Schnüffelhunde eine alternative Form der Kontrolle? 2. DVZ-Konferenz „Luftfrachtsicherheit“ Aircargo-Security: Der Countdown läuft 23. Oktober 2012 Köln/ Bonn Airport 4940_anz_dvz_luftfracht_180x84_v4_test.indd 1 14.09.2012 15: 14: 19 LOGISTIK Seetransport Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 28 Die Freiheit endet an den Küsten Viele Staaten kennen Kabotageverbote und nutzen diese, um das eigene Transportgewerbe gegen Wettbewerber aus dem Ausland zu schützen. Doch welche Rolle spielen diese Handelsbeschränkungen in einer globalisierten Welt? D as Transportwesen ist eine Subfunktion der Volkswirtschaft, deren Aufgabe es ist, Ortsveränderungen für Rohstofe, Zwischenprodukte und Fertigwaren möglichst kostengünstig zu organisieren, damit die Eizienzvorteile der zentralisierten Massenproduktion realisiert werden können. 1 Verbindet man diese Erkenntnisse mit der Außenhandelstheorie 2 , lässt sich nachweisen, dass die Transportnachfrage eine indirekte Nachfrage ist, die sich aus der Preisdiferenz für die gleiche Ware in zwei unterschiedlichen Regionen ergibt. Oder anders ausgedrückt: Die Nachfrage nach Warentransporten - und damit auch der internationale Handel - hängt außer von den Transportkosten auch von der Diferenz der Warenpreise im Quell- und Senkegebiet der Transportrelation ab. Seetransporte spielen im internationalen Handel eine große Rolle, weil sie die preisgünstigste Transportvariante sind und nur wenigen Mengenrestriktionen unterliegen. Aus der Souveränität für die Küstengewässer 3 und deren Nutzung leitet sich das Kabotageverbot für die Seeschiffahrt her. Die Rechtsvorschriften der einzelnen Länder unterschieden sich sehr stark entsprechend ihrer nationalen Interessen und lassen sich in drei Gruppen einteilen (vgl. Tabelle 1). 4 US-Kabotagevorschriften Unmittelbar nach der Unabhängigkeit von England (1789) verboten die Vereinigten Staaten von Amerika jeglichen Handel mittels ausländischer Schife sowie Küstenschiffahrt für ausländische Schife. Geschützt durch diese strengen Vorschriften und durch den Marktdruck der amerikanischen Wirtschaftsverfassung entwickelten sich schnell leistungsstarke und eiziente Reedereien. 1920 wird das Kabotageverbot auf die Küstenschiffahrt beschränkt und für amerikanische Schife werden folgende Kriterien festgelegt: 1. Stapellauf in den USA 2. Registrierung in den USA 3. In amerikanischem Eigentum stehend, d. h. amerikanische Reedereien müssen folgende Anforderungen erfüllen: • Vorstandsvorsitzender muss US-Bürger sein • Mindestens 50 % der Vorstandsmitglieder müssen US-Bürger sein Tab. 1: Kabotagevorschriften und ihre Auswirkungen auf einzelne Länder Strenge Kabotagevorschriften Gemäßigte Kabotagevorschriften Liberale Kabotagevorschriften Bedeutung der Handelslotte groß groß klein Bedarf an nationaler Küstenschiffahrt viel wenig wenig Nationales Interesse an Protektionismus bilateraler Liberalisierung genereller Liberalisierung Beispiele USA, Japan, China, Phillipinen Norwegen, Großbritannien, Dänemark Belgien, Zypern, Israel, Singapur Der Autor: Bernhard Lohmann Foto: HHM / M. Lindner Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 29 • Mindestens 75 % des haftenden Kapitals muss aus den USA stammen. Der Jones Act wurde häuig novelliert; spätestens seit 2006 gelten außerdem folgende Anforderungen um Seetransporte zwischen US-Häfen durchführen zu dürfen: 1. Mindestens 75 % der Besatzung müssen US-Bürger oder Menschen mit ständigem Aufenthaltsrecht in den USA sein 2. Stahl von Reparaturen in ausländischen Werften darf 10 % nicht überschreiten. Diese restriktiven Vorschriften behindern den Wettbewerb zwischen amerikanischen und internationalen Werften; ausländischen Schifen werden Umwege über Häfen in Drittstaaten aufgezwungen. Beides führt zu einer Verteuerung der Gütertransporte zur See gegenüber den Wettbewerbspreisen. Die höheren Transportpreise für die amerikanische Wirtschaft schlagen sich wiederum in höheren Warenpreisen, insbesondere für die Bürger Alaskas (1900 USD jährlich je Haushalt 6 ) und Hawaiis (~- 3000- USD jährlich je Haushalt 7 ) nieder. Dieser volkswirtschaftliche Schaden steht dem nationalen Interesse der USA, über eine technologisch führende und leistungsstarke Werftbranche und ein vom Ausland unabhängiges Transportsystem zu verfügen, gegenüber. Japanische Kabotagevorschriften Japan fordert, dass für Transporte zwischen japanischen Häfen nur Schife und Fähren unter japanischer Flagge eingesetzt werden dürfen. 8 Schife unter japanischer Flagge müssen zu mindestens 50 % in japanischem Eigentum stehen und dürfen ausschließlich japanische Besatzungen beschäftigen. Damit gelten hier ähnliche Vorschriften wie in den USA. Zugelassen sind Kabotagetransporte über viele bilaterale Verträge, wenn es sich um einen internationalen Transport handelt, eine „durchlaufende“ Bill of loading verwendet wird und das Vertragsland japanischen Schifen das gleiche Recht einräumt. Diese Ausnahme erlaubt es zum Beispiel, einem britischen Schif in London Güter für Tokio und Osaka zu laden und nach dem Löschen in Tokio Osaka direkt anzulaufen. Zulässig wäre sogar ein Umladen der Sendung nach Osaka in Tokio, sofern für den Weitertransport die gleiche Bill of loading verwendet wird. Der bilaterale Charakter dieser Ausnahmen verschaft japanischen Reedern einen Wettbewerbsvorteil, weil ihre Schife mehrere ausländische Häfen direkt nacheinander anlaufen und sie so günstigere Frachtraten im internationalen Geschäft anbieten können. Gleichzeitig werden japanische Exportwaren mit geringeren Frachtkosten belegt und international wettbewerbsfähiger. Da Japan ein rohstofarmes Industrieland ist, werden primär Rohstofe importiert, die ebenfalls mit geringeren Frachtkosten belegt sind. Auch das macht die japanische Wirtschaft wettbewerbsfähiger. chinesische Kabotagevorschriften Die Volksrepublik verfügt über den weltweit größten Markt für Küstenschiffahrt. Außerdem ist die chinesische Transportbranche eher schwach entwickelt und arbeitet oft ineizient. Das chinesische Kabotageverbot kennt keine Vorschriften hinsichtlich des Stapellaufs oder der Wartung der Schife. 9 Chinesische Werften brauchen im weltweiten Vergleich keinen Preiswettbewerb zu fürchten; Protektionismus macht hier keinen Sinn. Um Küstenschiffahrt zwischen chinesischen Häfen anbieten zu können, verlangt China; dass 50 % des haftenden Kapitals der Reederei in chinesischer Hand ist. Das heißt, die Küstenschiffahrt steht Joint- Venture-Unternehmen mit ausländischer Kapitalbeteiligung in China ofen. Der Weitertransport internationaler Sendungen zwischen chinesischen Häfen ist ausländischen Schifen grundsätzlich untersagt. 10 Eine Ausnahme stellt hier der Hafen von Hongkong dar; seine Bedeutung im internationalen Handel mit China ist aber rückläuig. China gehört wie Japan und die USA zur ersten Staatengruppe, die ein hohes Interesse an protektionistischen Maßnahmen haben. Trotzdem verfügt die Volksrepublik innerhalb dieser Staatengruppe über die liberalsten Handelsbarrieren für ausländische Wettbewerber auf dem heimischen Markt der Küstenschiffahrt. Das liegt am verhältnismäßig hohen Druck der internationalen Gemeinschaft gegen Diskriminierung und am allgemeinen Interesse jeder Exportnation an geöfneten Märkten in anderen Ländern. eU-Kabotagevorschriften Die Europäische Kommission verfolgt das Ziel, den europäischen Wirtschaftsraum zu liberalisieren und zu harmonisieren. Deshalb gibt es seit 2004 zwischen den Mitgliedstaaten der EU kein Kabotageverbot mehr. Ausnahmen und Übergangsregelungen bestehen noch für Frankreich. Die Bemühungen der Kommission zum weiteren Abbau von Markzugangsbarrieren zielen ausschließlich auf den freien Marktzugang der anderen Mitgliedstaaten, Drittstaaten bleiben davon unberührt. 11 Je nach nationalen Interessen wurde die Liberalisierung des Kabotageverbots für Schife anderer EU-Staaten unterschiedlich in nationales Recht umgesetzt. Das liberalere Kriterium der Registrierung in einem anderen Mitgliedstaat wurde dabei von mehr Mitgliedstaaten angewandt als das strenge der Flagge, unter der das Schif fährt. Obwohl die Küstenschiffahrt im Transportsystem der EU eine zu vernachlässigende Rolle spielt, war bisher eine Liberalisierung nicht durchsetzbar. Auch in den kommenden Jahren ist nicht mit einer weiteren Liberalisierung in der EU zu rechnen. Fazit Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die großen Wirtschaftsnationen in allen Regionen der Erde ihre Verkehrsmärkte stark regulieren und gegen ausländische Wettbewerber abschotten. Das Kabotageverbot stellt hierfür ein geeignetes, etabliertes und akzeptiertes Instrument dar. Diese Entwicklung steht dem Gemeinwohlinteresse eines liberalen Welthandels entgegen, stimmt aber mit den nationalen Interessen sowohl der großen EU-Staaten wie auch der USA und der BRIC-Staaten überein. Dass einige kleine Staaten wie Singapur auf ein Kabotageverbot in der Seeschiffahrt verzichten, spielt aus Welthandelssicht nur eine untergeordnete Rolle, weil bei Seetransporten immer die nationalen Bestimmungen des „Ausfuhr-“ und des „Einfuhrlandes“ beachtet werden müssen. Aus wirtschaftstheoretischer Sicht und im Sinne eines freien und fairen Welthandels sollten diese Handelsbarrieren allerdings abgeschaft werden, um niedrigere Güterpreise realisieren zu können und so die Wohlfahrt der Nationen insgesamt zu mehren. ■ 1 Adam Smith „Vom Wohlstand der Nationen“ (1776) 2 David Riccardo „On the principles of political economy and taxation“ (1917), Ohlin „Handelns Teori (Diss) (1924) 3 UN-Seerechtskonferenzen in Genf (1958), (1960) 4 US Transportministerium von (2003) 5 Merchant Shipping Act/ Jones Act (1920) 6 GAO Report (1988) 7 Government of Hawaii (1992) 8 Japan’s Ship Act (1988) 9 Jia Dashan “Cargo Relay - of diferent impacts on Chinese ports” (2010) 10 Han Jingwei “Cargo Relay - impacts on Chinese shipping enterprises” (2010) 11 EU Resolutionen 954/ 7, 4044/ 86 und 3577/ 92 Bernhard Lohmann, Dipl.-Verkehrswirt Senior Consultant bei Ingenics, Shanghai, Regionalbotschafter der TU Dresden in China bernhard.lohmann@ingenics.cn LOGISTIK Risikomanagement Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 30 Bedrohungen frühzeitig erkennen Unvorhergesehene Umstände, wie der Unfall eines Lkw, bringen ganze Lieferketten zum Stillstand. Der Auftrag kann nicht ausgeführt werden und es entstehen erhebliche Kosten. Ein konsequentes Supply Chain Risk Management macht derartige Szenarien beherrschbar und reduziert die Kosten. E in Lkw hat Material für einen Just-in-time-Prozess bei einem Hersteller (OEM) geladen und verunglückt. Die bereits genutzten Puferbestände beim OEM sind nahezu verbraucht. Aufgrund der langen Distanz zwischen Zulieferer und OEM kann eine Ersatzlieferung nicht zeitgerecht bereitgestellt werden. Die Produktion beim OEM wird unterbrochen. Dadurch können mit dem Kunden des OEM vereinbarte Liefermengen nicht mehr eingehalten werden. Diese Ereigniskette ist mit vielen „Wenndann-Bedingungen“ verbunden und zeigt ansatzweise die Komplexität heutiger Lieferketten. Nicht aufgeführt sind z. B. Mehrfachauswirkungen oder -ursachen. Hier kommt es schnell zu unübersichtlichen Diskussionen an deren Ende mehr Verwirrung als Klarheit steht. Risikomanagement als Unterstützung für Unternehmen Störungen in der Lieferkette sind mit einem konsequenten Supply Chain Risk Management (SCRM) besser beherrschbar und vermeiden erhebliche Kosten. Risikomanagement mit System ist ein wichtiger Weg zur Klarheit. Denn im Kern geht es darum, Transparenz über die aktuelle Risikosituation zu schafen, um so notwendige Entscheidungen für die Zukunft auf einer verlässlichen Basis trefen zu können. Risikomanagement ist dabei auf zukünftige Ereignisse fokussiert und stellt ein zentrales Unterstützungselement der Unternehmenssteuerung dar. Dabei ist es kein Buch mit sieben Siegeln oder nur ein Thema für Fachabteilungen. Doch was genau ist ein Risiko und was bedeutet eigentlich Risikomanagement? Ein Risiko selbst stellt zunächst nur eine Unsicherheit in der Zielerreichung dar und ist deiniert als Summe aus Ursache, Ereignis und Wirkung. Diese Unsicherheit kann sich als Bedrohung, aber auch als Gelegenheit zeigen. Ziel eines Risikomanagements ist es, anhand eines nachvollziehbaren Prozesses zu einer objektivierten Entscheidung zu kommen. Diese Entscheidung kann z. B. in einer Maßnahme bestehen, eine bestimmte Bedrohung zu vermeiden oder deren Eintrittswahrscheinlichkeit zu reduzieren. Solche Entscheidungen werden täglich in der Logistikbranche getrofen, manchmal ohne sich der vorherigen Punkte bewusst zu sein. Risikomanagement steht nicht für sich allein über anderen Feldern, sondern ist integrativer Bestandteil von Projektgeschäft und Business as usual und somit ein wichtiger Teil der Unternehmensführung. Es muss ein in sich konsistentes System sein, was fachspeziisch genutzt wird (vgl. Abbildung 1). SCRM ist die Anwendung von Risikomanagement-Know-how im Supply Chain Management. Einerseits entlang der gesamten Lieferkette, aber auch mit Konzentration auf einzelne Punkte in der Lieferkette. Spricht man über Sicherheit in Transport und Verkehr, spricht man auch über Risikomanagement. Viele assoziieren dies oftmals mit großen Unglücksfällen und Naturkatastrophen, wie z. B. Fukushima oder Aschewolken über Europa aufgrund eines Vulkanausbruchs. Dabei inden sich viele praktische und alltagsrelevante Anwendungsbeispiele. Themen wie Arbeitsschutz, Ladungssicherheit und Gefahrgutwesen seien hier nur als erste Anknüpfungspunkte genannt und sind in Unternehmen präsent. Diese Themen stellen eigene Risikogebiete dar und werden meistens getrennt voneinander betrachtet. Ein Risikomanagementsystem bietet die Die Autoren: christian Beßler, Oliver eggert Abb. 1: Risikomanagement Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 31 Möglichkeit, bisher separat betrachtete Gebiete ganzheitlich und integriert zu steuern und entsprechenden Nutzen daraus zu ziehen. Wichtig ist es, neben der Detailarbeit auch den Blick fürs Ganze zu behalten und dadurch Lücken oder Überschneidungen zu vermeiden. Risikomanagement ist fester Bestandteil des Projektmanagements. Der Detaillierungsgrad nimmt mit zunehmendem Projektfortschritt zu. Risikomanagement in Krisengebieten Logistikprojekte in Krisengebieten stellen besonders hohe Anforderungen an alle Beteiligten und erfordern im Projektmanagement ein durchdachtes SCRM. So ist z. B. die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit von Verkehrsträgern in den seltensten Fällen gegeben und erfordert einen erheblich größeren Organisationsbedarf. Politische Instabilitäten mit zusätzlicher Beeinträchtigung der Verfügbarkeit von Verkehrsträgern, aufgrund der oft unsicheren innenpolitischen Situation, schlechte Wegenetze und damit verbundene deutlich längere Transportzeiten bestimmen die Rahmenbedingungen der Logistikprojekte in Krisenregionen. In einem Food-Supply-Chain-Projekt (Lebensmitteltransporte in allen Kühlzonen: Trocken, Kühl und TK) in einer Krisenregion mussten die grundsätzliche Verfügbarkeit, Kosten und Zuverlässigkeit der unterschiedlichen Verkehrsträger analysiert werden. Ergebnis der Analyse war unter anderem, dass die Eisenbahn als Verkehrsträger nicht zur Verfügung stand, das Schif nur für Teilstrecken eingesetzt werden konnte, Luftfracht zwar möglich, aber vergleichsweise teuer war, und die Straße somit den eigentlichen Hauptverkehrsträger darstellte. Jedoch mussten gerade beim Straßengüterverkehr erheblich größere Bedrohungen wie Überfälle und mögliche terroristische Anschläge beachtet werden. Im Rahmen der Gefahrenreduzierung bei den Straßentransporten wurde eine regelmäßige Änderung der Routenführung vorgenommen. Alternativ zum Straßentransport wurde die Versorgung über den Luftweg geprüft. Der Einsatz von Luftfracht stellte eine gute Alternative für eine kurzfristige Versorgung mit hoher Zuverlässigkeit dar. Die Einbindung eines strategischen Partners für den Lufttransport bot die Möglichkeit, die Auswirkungen eines Risikos (Lieferausfall des Straßentransports) deutlich zu reduzieren. Sie wurde genutzt, um die Lebensmittelversorgung in jedem Fall sicher zu stellen. Es mussten hierfür allerdings deutlich höhere Transportkosten berücksichtigt werden. Um die Gefährdung der Lebensmittellieferungen durch Verzug, Raub oder Verderben zu mindern, wurden diverse Maßnahmen getrofen. Angefangen bei einer Sachversicherung für verdorbene Waren über den Einsatz von lokal vernetzten und erfahrenen Transportanbietern hin zur Implementierung eines Hygienemanagement-Konzeptes (HACCP). Das SCRM stellte sicher, dass es während des Projektes zu keinen für den Kunden spürbaren Lieferengpässen kam. Die Nutzung eines SCRM bei logistischen Projekten in Krisengebieten ist zwingend erforderlich. Wie sieht es nun aber mit der Einführung und Nutzung eines SCRM unter normalen Bedingungen aus? Vierstufiger Beratungsansatz Die Einführung eines SCRM in ein Unternehmen kann stufenweise erfolgen, dabei werden die Kunden mit einem vierstuigen Beratungsansatz, der Flexibilität und Kundenzufriedenheit in den Mittelpunkt stellt, unterstützt. Die vier Stufen können separat aufeinander aubauend beauftragt werden. Der Risikomanagementansatz baut methodisch auf Management of Risk (M_o_R®) auf. Dies bietet eine gute Operationalisierung des weltweit anerkannten Standards ISO 31000. Mitarbeiter der LOG sind zertiiziert und haben intensive Erfahrung im Risikomanagement in internationalen Projekten. Stufe 1: Bestandsaufnahme Im ersten Schritt erfolgt eine systematische Erfassung des Ist-Zustandes der Organisationsstruktur und der bereits vorhandenen Abläufe. Ziel ist es, ein möglichst realistisches Bild des Unternehmens zu erhalten, um alle notwendigen Einlussgrößen und Restriktionen für die spätere Projektdurchführung festzuhalten. Eine Analyse des Änderungsbedarfs und eine Ableitung von Maßnahmen schließt sich an. Am Ende dieser Phase werden die Eckpunkte und das weitere Vorgehen mit dem Kunden abgestimmt. Stufe 2: Konzepterstellung Die Konzepterstellungsphase schließt sich direkt an und setzt die Ergebnisse aus der ersten Phase in ein auf den Kunden zugeschnittenes Risikomanagementkonzept um. Dieses Konzept bildet die Grundlage für die zwei folgenden Schritte der eigentlichen Implementierung in das Unternehmen. Stufe 3: Erfassung der Risikosituation des Unternehmens Aubauend auf dem Konzept wird unter enger Einbindung der später Handelnden im Risikomanagement die Analyse der Risikosituation entlang der Lieferkette durchgeführt. Nach der Risikoanalyse werden passende Maßnahmen entwickelt und zur Entscheidung vorbereitet. Dies geschieht anhand des Risikoregisters und speziischer Risikobewältigungspläne. Stufe 4: Implementierung des Risikomanagementsystems (RMS) in das Unternehmen Bei der Einführung des Risikomanagements verfolgt die LOG einen ganzheitlichen Change Managementansatz, um das SCRM im Bewusstsein der Mitarbeiter zu verankern. Dabei stehen die Handelnden nicht vor einem leeren System, das sie mit der gerade erlernten Methodik füllen müssen. Die Analysemethodik und die entsprechenden Organisationsmittel hat der Anwender bereits in der dritten Phase kennengelernt. Nun werden die Erkenntnisse in den Organisationsrahmen eingepasst und organisationsspeziisch vertieft. Diese Phase ist anfangs von einzelnen Workshops und später durch bedarfsgerechte Coachings geprägt, so dass das RMS im Unternehmen auf eigenen Beinen steht. Möglichst wenig Zusatzaufwand In der Praxis ist ein RMS mit möglichst wenig Zusatzaufwand zu etablieren. Dem Ziel: „Transparenz für Entscheidungen zu gewährleisten“ folgend, empiehlt es sich, das Risikomanagement der Aubauorganisation folgen zu lassen. Grundsätzlich gibt es zwei Lösungen: erstens die zentrale Lösung, d. h. die Bildung einer Stabsstelle oder Abteilung, die Risiken unter Einbindung der Linienverantwortlichen identiiziert, bewertet und Maßnahmen entwickelt. Alternativ bietet sich die dezentrale Lösung an. Hier liegt die Verantwortung für das Risikomanagement auf der Aubauorganisation mit entsprechenden Kommunikations- und Berichtswegen. Weiterhin muss der Kreis der direkt Beteiligten festgelegt werden. Hier bieten sich die Ebenen der Abteilungsleiter aufwärts an. Unterhalb dieser Ebene werden Mitarbeiter miteinbezogen, jedoch auf abgestufte Weise. Das organisatorisch-administrative Rückgrat des Risikomanagements wird über ein Risikomanagementhandbuch bzw. eine Verfahrensanweisung abgebildet. Darin inden sich auch die notwendigen Prozessschritte und sonstigen Werkzeuge zur praktischen Durchführung. Die eigentliche Einführung des Systems wird durch ein Veränderungsmanagement begleitet. Das RMS in Gang zu setzen und es am Laufen zu halten, ist eine Herausforderung für jedes Unternehmen. Es kann jedoch handhabbar gemacht werden. LOGISTIK Risikomanagement Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 32 Da nicht jeder alle Risikobereiche im Blick hat, werden einzelnen Personen Verantwortungsbereiche zugewiesen. Dies geschieht unter deren Einbindung und Mitwirkung, so dass die Last auf mehrere Schultern verteilt wird. Ein begleitendes Coaching hilft den Handelnden, Fragen und Probleme vertrauensvoll zu klären und Sicherheit in der Sache zu erlangen. Nach einem Jahr sollte das eingeführte RMS überprüft werden. Dies kann z. B. in Kombination mit der Vorbereitung auf die Re-Auditierung nach ISO- 9001 erfolgen. Der organisatorische Rahmen wurde beschrieben, aber wie sieht es in der Praxis aus? Die bereitgestellten Methoden und Techniken helfen Risiken übersichtlich darzustellen, sodass sie wie in Abbildung- 2 und Abbildung- 3 dargestellt, schnell erfasst werden können. Wie bei dem Wellenefekt wirkt sich eine Störung in der Supply Chain auf alle anderen Glieder der Logistikkette aus (vgl. Abbildung-2). Wenn die Welle zurückschlägt, treten Folgewirkungen auf, die das Ausmaß des Schadens noch vergrößern (vgl. Abbildung-3). Abb. 2: Auswirkungen einer Störung in der Supply Chain Abb. 3: Folgewirkungen einer Störung in der Supply Chain Fazit Egal, wie gut man sich vorbereitet: Nicht alle Risiken können oder müssen vermieden werden. Bei der Wahl der Risikomaßnahmen gilt es immer, Kosten und Nutzen abzuwägen. Ebenso werden gewisse Risiken bewusst eingegangen, da sie eine Chance für die positive Entwicklung der eigenen Unternehmung darstellen. Risikomanagement ist somit auch immer Chancenmanagement. Voraussetzung für diese Entscheidungen ist ein klares Lagebild über die Risikosituation. Durch den Einsatz erprobter Werkzeuge und Techniken, werden Risiken identiiziert und bewertet. Weiterhin unterstützt die LOG bei der Entwicklung, Steuerung und Überwachung geeigneter Risikomaßnahmen. Abschließend soll nochmals auf den vielfältigen Nutzen hingewiesen werden. Er liegt bei einem konsequenten Supply Chain Risk Management in den folgenden Aspekten: • Transparenz bei der Risikosituation des Unternehmens • Erkennen von Handlungsbedarf • schnellere und fundierte Entscheidungen • deinierte Rollen und Verantwortlichkeiten • klare, durchgängige und aktuelle Methodik • Schafung eigener Risikomanagementkompetenz • System zur Risikofrüherkennung • Unterstützung des Unternehmensziels Durch Supply Chain Risk Management gelingt Unternehmen folglich eine umfassende Absicherung. ■ christian Beßler, Dipl.-Geogr. Teamleiter Logistics Consulting LOG GmbH, Bonn christian.bessler@logmbh.de Oliver eggert, Dipl.-Kfm. Practitioner in M_o_R®, PRINCE2® u. P3O® LOG GmbH, Bonn oliver.eggert@logmbh.de INFRASTRUKTUR Verkehrsnetz TEN-T Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 33 Neufassung des transeuropäischen Verkehrsnetzes Zunehmende Globalisierung, das Fehlen einer gesamteuropäischen Planungsperspektive oder wesentliche Fortschritte von Verkehrstelematik und Antriebstechnologien sind nur einige Gründe für die komplette Neufassung des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-T). Diese berücksichtigt nun die aktuellen Umstände und trägt so dazu bei, die Qualität des Verkehrsnetzes trotz großer Veränderungen zu gewährleisten. Abb. 1: Das transeuropäische Verkehrsnetz 2011: Schienen und Wasserstraßen Quelle: Europäische Kommission, DG MOVE Der Autor: Helmut Adelsberger INFRASTRUKTUR Verkehrsnetz TEN-T Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 34 W ie schon der Maastricht- Vertrag 1992, bildet auch der Vertrag von Lissabon 2009 mit den Zielvorgaben zu Binnenmarkt, zu territorialem, wirtschaftlichem und sozialem Zusammenhalt, zu Wettbewerbsfähigkeit und einem wirksamen Umwelt- und Klimaschutz Grundlage und Rahmen für ein transeuropäisches Verkehrnetz. Seit 1996 die ersten TEN-Leitlinien beschlossen wurden, hat sich im geopolitischen und ökonomischen Umfeld viel verändert: EU- Erweiterung, Klimawandel, Liberalisierung, Verschiebungen auf dem Weltmarkt u. v. m. Trotz zwischenzeitlicher Anpassungen gibt es nicht nur bedeutende Erfolge, sondern auch Rückstände in der Umsetzung: Noch immer bestehen Netzlücken und Engpässe und es fehlen wichtige grenzüberschreitende Verknüpfungen zwischen den Mitgliedsstaaten und nach außen. Das Weißbuch vom März 2011 „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum − hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem" [1] gibt den verkehrspolitischen Handlungsrahmen bis 2050 sowie die grundsätzlichen Ziele der Infrastrukturplanung vor, vor allem höhere Eizienz des Verkehrs bei um 60 % geringeren Schadstof- und CO 2 -Emissionen. Damit abgestimmt liegen nun die Vorschläge der Kommission für Verordnungen über grundlegend überarbeitete Leitlinien für die Transeuropäischen Verkehrsnetze [2] und einen entsprechenden Finanzrahmen, die „Connecting Europe Facility“ (CEF) [3] vor, die in der Finanzperiode 2014 − 2020 neben dem Verkehr auch Energie und Telekommunikation abdeckt. Im Zentrum steht ein Kernnetz der strategisch wichtigsten Teile der TEN-T, das der Fokus von Zuschüssen aus der CEF und spätestens 2030 in Betrieb sein soll. Erstmalig wurde ein europäisches Hauptnetz „aus einem Guss“ im Hinblick auf eine gesamteuropäische Planungsperspektive entwickelt: Eine einheitliche, sachlich fundierte und nachvollziehbare Planungsmethode sichert mit einem gemischt geograischverkehrsplanerischen Ansatz das Gleichgewicht der Hauptaspekte einer strategischen Verkehrsinfrastrukturplanung, nämlich Bewältigung der erwarteten Verkehrsnachfrage und bewusste Gestaltung der Raum- und Erreichbarkeitsstrukturen, jedoch beides mit Bedacht auf eine nachhaltige Nutzung der Infrastrukturen. Neuerstellung der Leitlinien Die bisherigen, zurzeit noch gültigen TEN-T-Leitlinien stammen aus dem Jahr 1996- [4]. Ein relativ dichtes Gesamtnetz wurde aus den Vorschlägen der damals 15 EU-Mitgliedsstaaten zusammengestellt und 14 „vorrangige Vorhaben“ mit einbezogen, die der Europäische Rat von Essen schon 1994 festgelegt hatte. Die weiteren Entwicklungen, wie die Festlegung der Paneuropäischen Verkehrskorridore, der TINA-Prozess (TINA = „Transport Infrastructure Needs Assessment“), die Revision 2004 mit nunmehr 30 „vorrangigen Vorhaben“ sowie die Festlegung von Hauptachsen in die Nachbarländer ist in „Neue Ansätze für die europäische Verkehrs- und Infrastrukturpolitik“ [5] ausführlicher beschrieben. Alle bisherigen Revisionen der TEN-Leitlinien wurden 2010 [6] noch einmal zusammengefasst. Trotz dieser wiederholten Anpassungen hat die Kommission schließlich erkannt, dass es Zeit war, die TEN-T-Politik völlig neu aufzusetzen. Wichtige Treiber waren die zunehmende Globalisierung, die Vorgaben des Vertrags von Lissabon, der fortschreitende Klimawandel, das Fehlen einer gesamteuropäischen Planungsperspektive, Verzögerungen vor allem von grenzüberschreitenden Projekten, wesentliche Fortschritte von Verkehrstelematik und Antriebstechnologien, ein Nebeneinander verschiedener Korridor- und Achsenkonzepte usw. Der „TEN-T Policy Review“ erfolgte in folgenden Schritten: • Ein Grünbuch [7] und eine Öfentliche Erörterung führten zur Konzeption eines zweilagigen Netzes: als Basis ein dichtes Gesamtnetz, im Wesentlichen die bestehenden TEN-T und, als Teilmenge davon, ein Kernnetz der strategisch wichtigsten Elemente des Gesamtnetzes, mit dem Realisierungsziel 2030. • Sechs Expertengruppen [8] bereiteten unter anderem die Grundlage für eine Kernnetzplanungsmethode, die nach einer weiteren „Öfentlichen Erörterung“ 2010 und 2011 weiterentwickelt und mit den Mitgliedsstaaten und Stakeholdern abgestimmt wurde. • Zugleich wurde das Gesamtnetz revidiert, sowie Netzstruktur und -dichte hinsichtlich räumlicher und modaler Ausgewogenheit verbessert. Geeignete Schwellenwerte haben die Anzahl der Häfen und Flughäfen auf ein Maß reduziert, das die nötige Konzentration zulässt. Erstmals wurden auch Road-Rail- Terminals aufgenommen. • Unter dem Motto „from patchwork to network“ wurde mit Hilfe der Planungsmethode das Kernnetz (Abbildung 1) konzipiert. • Die Kommissionsvorschläge für EU-Verordnungen für die neuen TEN-Leitlinien samt Kartenanhang sowie für die CEF wurden am 19. Oktober 2011 veröfentlicht. • Hinsichtlich der neuen TEN-Leitlinien wurde bereits Übereinstimmung, hinsichtlich der CEF teilweise Übereinstimmung im Rat erzielt; nunmehr werden diese Vorschläge im Europäischen Parlament diskutiert. Die gemeinsame Beschlussfassung ist für spätestens Herbst 2013 zu erwarten, so dass diese Gesetze noch vor der Finanzperiode 2014 − 2020 in Kraft treten sollten. die Planungsmethode für das TeN-T-Kernnetz Die erwähnte Kernnetz-Planungsmethode beruht auf einem gemischt geograisch-verkehrsplanerischen Ansatz, getrennt für den Personen- und Güterverkehr, und erfolgt in zwei Stufen: Zunächst wurden primäre Kernnetzknoten festgelegt. Diese wurden im zweiten Schritt zum multimodalen Kernnetz verbunden, wobei sich weitere, sekundäre Kernnetzknoten ergaben. Als primär wurden erstens städtische Kernnetzknoten, zweitens Haupthäfen und drittens Hauptgrenzübergänge zu benachbarten Nicht-EU-Ländern deiniert: Städtische Kernnetzknoten: • die Hauptstädte aller EU-Mitgliedsstaaten; • die MEGA-Städte („Metropolitan European Growth Area“) gemäß ESPON-Atlas 2006; • weitere Großstädte und städtische Ballungsräume mit mindestens 1 Mio. Einwohnern in der entsprechenden „Larger Urban Zone“ (LUZ). Haupthäfen: • See- und Binnenhäfen mit einem jährlichen Umschlagvolumen von mindestens 1 % des entsprechenden EU-Gesamtumschlags in Häfen (bulk und non-bulk, dazwischen linear interpoliert); • jedoch je NUTS1-Region ein Seehafen je Küstenlinie. Hauptgrenzübergänge zu benachbarten Nicht-EU-Ländern: • je Verkehrsträger je ein Grenzübertrittspunkt von jedem EU-Mitgliedsstaat mit Außengrenze zu jedem der ihm benachbarten Nicht-EU-Länder. Diese primären Kernnetzknoten waren entlang von Kanten des Gesamtnetzes nach folgenden Kriterien miteinander zum multimodalen Kernnetz zu verbinden: • Jeder städtische Kernnetzknoten mit allen ihm benachbarten städtischen Kernnetzknoten, also jenen, zu denen der Verkehr vorwiegend direkt - ohne Berührung allenfalls dazwischen liegender „dritter“ städtischer Kernnetzknoten - ließt. Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 35 • Haupthäfen und Hauptgrenzübergänge dem Verlauf der relevanten Verkehrsströme folgend mit dem entsprechenden städtischen Kernnetzknoten im jeweiligen Hinterland, Haupthäfen in der Regel nur für den Güterverkehr. • Personen- und Güterverkehr für Schienenverbindungen getrennt betrachtet, wenn parallele Strecken unterschiedliche Anlageverhältnisse (z. B. HGV-Trassierung, Steigungen) aufweisen oder der Güterverkehr Ballungsräume umfährt. • „Meeresautobahnen“ bilden eine Ergänzung im Sinne der Multimodalität, z. B. um Inselstaaten zu erschließen. • Sämtliche Landgrenzen benachbarter EU-Mitgliedsstaaten haben Zugang zu mindestens einer Kernnetzverbindung. • Da es sich gezeigt hat, dass aufgrund dieser Planugnsmethode rund 90 % der Wasserstraßen ins Kernnetz aufgenommen würden, wurde das gesamte TEN- T-Wasserstraßennetz ins Kernnetz übernommen. • Aus den Hauptknoten und -verbindungen resultieren sekundäre Kernnetzknoten: - die See- und Binnenhäfen, Road-Rail- Terminals und Flughäfen der städtischen Kernnetzknoten, soweit diese im Gesamtnetz enthalten sind. - Binnenhäfen im Schnittbereich der Wasserstraße mit Kernnetz-Schienenverbindungen für den Güterverkehr. Das Kernnetz unterscheidet sich vom Gesamtnetz in vieler Hinsicht nur durch seine prioritäre Fertigstellung bis 2030. Entsprechend der höheren Verkehrsbedeutung seiner Abschnitte und seines europäischen Mehrwerts gibt es aber mitunter besondere Anforderungen, die vor allem auf Interoperabilität über nationale Grenzen hinweg abzielen, z. B. auf der Schiene: Zuglänge 750 m, Achslast 25 t, Elektriizierung und ERTMS-Ausstattung. die Umsetzung und die „connecting europe Facility“ Um die Verfügbarkeit des Kernnetzes bis 2030 in der erforderlichen Qualität sicherzustellen, wurden besonders kritische Abschnitte zu multimodalen Kernnetzkorridoren (Abbildung 2) zusammengefasst, wobei auch bestehende Korridore und Achsen, „vorrangige Vorhaben“ sowie die Schienen- Güterverkehrskorridore [9] berücksichtigt wurden. Dieser Korridoransatz ist nicht als zusätzliche strategische Planungsebene, sondern als Werkzeug für eine möglichst eiziente Implementierung des Kernnetzes zu verstehen. Dazu soll es insbesondere auch entsprechende Vereinbarungen für die Umsetzung der multimodalen Korridore geben, welche die Finanzierung einschließen und von je einem „Europäischen Koordinator“ gesteuert und angetrieben werden sollen. Innerhalb des Kernnetzes könnten diese multimodalen Korridore eine Vorreiterrolle in der Verringerung des CO 2 -Ausstoßes spielen. Dazu soll auch eine besonders ausgeprägte Multimodalität durch eine entsprechend gute Verknüpfung der Verkehrsträger - nicht nur infrastrukturell, sondern auch mittels intelligenter Informations- und Leitsysteme - beitragen. Bis 2030 sollte sich das gesamte Kernnetz aus derartigen „Green Corridors“ aubauen, also eine Art „Green TEN-T“ darstellen. Gemäß dem Vorschlag der Kommission würde die EU mit der CEF in der Finanzperiode 2014 − 2020 zum Ausbau der TEN-T, vor allem des Kernnetzes, mit insgesamt Abb. 2: Die multimodalen Kernnetzkorridore Quelle: Europäische Kommission, DG MOVE INFRASTRUKTUR Verkehrsnetz TEN-T 31,7- Mrd.- EUR beitragen. Dieser Betrag würde 10- Mrd.- EUR einschließen, die aus dem Kohäsionsfonds stammen und für das TEN-T-Kernnetz der Kohäsionsländer reserviert sind. Zu rund 80 - 85 % sollen die CEF-Mittel als Zuschüsse für den Ausbau der Wasserstraße und Schiene des Kernnetzes zur Verfügung stehen, insbesondere von grenzüberschreitenden Abschnitten und Engpässen sowie für „horizontale Prioritäten“ wie Verkehrsinformations- und -leitsysteme oder die Versorgungsinfrastruktur für alternative Treibstofe zur Reduktion der CO 2 -Emissionen. Der Rest würde in alternative Projektinanzierungen ließen, die auch dem Ausbau des Straßennetzes zugute kommen würden. Überdies sieht der Budgetvorschlag für den Kohäsionsfonds weitere 24- Mrd.- EUR vor, die für den Ausbau der TEN-T in den Kohäsionsländern zweckgebunden sind. Ein gutes Verkehrssystem, das den Bedürfnissen von Mensch, Wirtschaft und Umwelt gleichermaßen dient, ist ein wesentliches Asset im globalen Wettbewerb. Noch liegt Helmut Adelsberger, MR Dipl.-Ing. Dr. Nationaler Experte Generaldirektion Mobilität und Verkehr DG MOVE, Brüssel helmut.adelsberger@ec.europa.eu LIteratur [1] Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on Union guidelines for the development of the trans-European transport network, COM (2011) 650/ 2, European Commission, 19.10.2011 [2] Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council establishing the Connecting Europe Facility, COM(2011) 665, European Commission, 19.10.2011 [3] White Paper on Transport „Roadmap to a single European Transport Area - towards a competitive and resource eicient transport system”, European Commission, 28.03.2011 [4] Decision No. 1692/ 96/ EC of the European Parliament and the Council on Community guidelines for the development of the trans-European transport network, 23.07.1996 [5] ADELSBERGER, H.: „Neue Ansätze für die europäische Verkehrs- und Infrastrukturpolitik“, Informationen zur Raumentwicklung, Heft 7/ 8, 2012 [6] Decision No. 661/ 2010/ EU of the European Parliament and the Council on Union guidelines for the development of the trans-European transport network, 07.07.2010 [7] COM (2009) 44 inal: Green Paper „TEN-T a policy review - towards a better integrated trans-European transport network at the service of the common transport policy”, European Commission, 04.02.2009 [8] TEN-T Trans-European Transport Network: „Report of the Expert Groups“, European Commission, Directorate General for Mobility and Transport (DG MOVE), June 2010 [9] Regulation No. 913/ 2010/ EU of the European Parliament and of the Council concerning a European rail network for competitive freight; Oicial Journal of the European Union, 20.10.2010 Europa gerade in dieser Hinsicht weltweit an der Spitze. Die Umsetzung des TEN-T- Kernnetzes bis 2030 und des Gesamtnetzes bis 2050 soll dazu beitragen, dass Europa noch enger zusammenwächst und diesen Vorsprung ausbaut. ■ Europäische Bahnen '12 '13 Verzeichnis der Eisenbahnverkehrs- und infrastrukturunternehmen 29 Länder 1.121 Unternehmen 2.300 Ansprechpartner 13.500 Triebfahrzeuge Die Marktübersicht Europäische Bahnen liefert Ihnen zum Bahnmarkt in Europa einen aktuellen Überblick. In der 6. Aulage inden Sie: Einleitungskapitel zu jedem Land mit Informationen zum aktuellen Stand des Bahnmarkts, zur Marktstruktur sowie Adressen zu Aufsichtsbehörden Übersichts-Streckenkarten zu den behandelten Ländern Und ganz neu, Streckenkarten und Organigramme ausgewählter Unternehmen In Zahlen bedeutet dies: rund 1.121 Unternehmen mit allen Daten zu Gesellschaftern, Management, Historie und Verkehren ein Personenindex mit mehr als 2.300 Einträgen 29 Länder und mehr als 13.500 Triebfahrzeuge der privaten Bahngesellschaften mit ihren Herstellerdaten Diese Datenfülle mit ihrem hohen Qualitätsstandard ist einzigartig in Europa. Mit dem Buch erhalten Sie eine CD-ROM. Diese enthält detaillierte Fahrzeuglisten sowie alle Inhalte des Buches als PDF (Volltextsuche möglich). Bestellen Sie Ihr Exemplar unter www.eurailpress.de/ eb NEU Technische Daten: ISBN 978-3-7771-0437-9 Format 148 x 215mm Preis: EUR 128,- (inkl. MwSt., zzgl. Versand) rabattierter Preis (für Rail.Business Abonnenten): EUR 96,- (inkl. MwSt., zzgl. Versand) Kontakt: DVV Media Group GmbH l Eurailpress Telefon: +49/ 40/ 2 37 14-440 · Fax +49/ 40/ 2 37 14-450 E-Mail: buch@dvvmedia.com 4887_anz_erp_eb_rbs_210x297.indd 1 13.09.2012 12: 23: 07 INFRASTRUKTUR External costs Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 37 Towards a sustainable transport system This report presents the results of an innovative study into the internalisation of external costs and the lessons that can be built on further, especially for a major inland-waterway infrastructure project, the “Saône-Moselle/ Saône-Rhine” (SMSR) project, which in future is going to provide a link between the Mediterranean Basin and Germany as well as the rest of Europe, passing through France. T he European transport sector is facing several major challenges. These include increasingly negative environmental efects of the supply chain, a severe dependence on scarce and increasingly expensive fossil fuels, the growing amount of scientiic evidence of global warming and road congestion (causing nuisance, signiicant time losses and high costs). These challenges call for a shift to a more energy-eicient and sustainable transport system. The challenges facing freight transport in europe The “polluter pays” principle (also known as internalisation of external costs) is generally considered as an economically smart basis for charging for transport. It is a principle that has strong roots in EU legislation and is even mentioned in the EU treaty. What it means is that it is the transport users who pay the cost they impose on society. This solution improves the eiciency of the whole transport system globally, since transport users are encouraged to choose the option that puts the lightest burden on society. In this context, six parties (the European Commission, VNF, RFF 1 , SPW 2 , WenZ 3 and the Ministry of Transport of the Netherlands), representing three countries (France, Belgium and the Netherlands) and the three inland modes of transport (road, inland waterways and rail), commissioned a study to explore the potential for the internalisation of external costs 4 in the particularly congested corridor between Paris and Amsterdam. The Paris-Amsterdam corridor is of major importance for the EU economy. The share of inland-waterway transport (IWT) in this corridor is going to increase sharply as of 2017, when the Seine-Scheldt link is opened. The Seine-Scheldt project is number 30 in the priority list of the TEN-T European projects. It is going to be a cornerstone of improvement for the inland-waterway network in Western Europe by connecting the Paris area with Belgium, the River Rhine and the whole of Germany. This study started with an in-depth assessment of external and infrastructure costs. The authors: Gabriel Mialocq, Jean-Jacques chaban-delmas Fig. 1: The various freight corridors and related projects in Europe INFRASTRUKTUR External costs Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 38 Based on this data, ive internalisation scenarios 5 were developed and assessed by means of a traic model. In addition, complementary assessments were made to cover hypothetical changes in the transport market that are expected but cannot be covered by the traic model alone. This study is unique in that it is the irst indepth analysis of the impacts of the internalisation of external costs applied to a strategic and congested international freight corridor in the European Union. It was both international and multimodal at the same time, so its results may well be of great interest for other parts of Europe where freight transport policy is a major issue. This is particularly the case for the Rhine-Mediterranean corridor. VNF is the organisation in charge of developing the Saône-Moselle/ Saône-Rhine project (SMSR). The SMSR project is a European one and part of the European Union’s Core Network. Its aim is to create a broad-gauge waterway link between the River Rhine and the Mediterranean Sea by constructing a canal between the rivers Saône and Moselle, on the one hand, and between the rivers Saône and Rhine, on the other hand. The project is a European and Mediterranean one. Eight French regions (Alsace, Lorraine, Franche-Comté, Bourgogne, Champagne-Ardenne, Rhône-Alpes, Fig. 2: Relative change in tons per mode and relative change in tonne kilometres within the diferent scenarios Provence-Alpes Côte d’Azur and Languedoc-Roussillon), at least three German federal states (Saarland, Baden-Württemberg and Rhineland-Palatinate), Switzerland and the Benelux regions are involved in this project. The project is to link the Mediterranean and France directly with the whole of Europe and to provide all of central Europe and the regions concerned with a major, high-capacity transport infrastructure towards the south of Europe and onwards from there by maritime shipping to North Africa and Asia. The study presented here is of particular interest for this project and territory, since it could constitute a key element in the economic and inancial feasibility of this inland-waterway project. Impacts of the various scenarios in the “internalisation of external costs” study The results of the study show that internalisation of external costs has signiicant impacts on freight transport in the Paris-Amsterdam corridor. As expected, the impacts are larger for the scenario that integrates the highest price incentives 6 . In that scenario, the tonnes shipped by inland waterway and rail increase by almost one third and one quarter respectively by 2020. However, the sound Eurovignette scenarios, which are more realistic (and are based on the proposed amendment to the current Eurovignette directive) also show a relatively high modal shift to transport by inland waterway and rail. In terms of tonne-kilometres, the inland waterways and rail gain considerably in all the internalisation scenarios (see igure- 2). Load factors increase on account of higher prices, while road hauliers will try to reduce transport distances. Therefore the vehiclekilometres in road transport decrease even more than the numbers of tonnes and tonne-kilometres. All internalisation scenarios result in considerably lower CO 2 emissions: 17 % to 21 % for the Eurovignette scenarios. Also, air-polluting emissions are reduced in all the scenarios (see igure- 3). The congestion levels are almost halved. The scenarios show considerable reductions of external and infrastructure costs. The modal shift from road to rail and inland waterway, the decrease in transport distances related to price increases and the more eicient loading of vehicles all appear to have positive impacts in reducing external and infrastructure costs. The various scenarios also result in a signiicant increase in tax revenues. With the “Eurovignette extended” scenario (which includes harmonised charging for road, rail and inland waterways - scenario 3), tax revenues are almost doubled (see igure- 4). Interestingly enough, the revenues from Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 39 congestion charges are relatively small with all the scenarios. It follows from this that a massive reduction in congestion calls for high charges but limited to a few speciic cases, without much increase of the overall level charged. Strategic prospects derived from the study Implementation of the charging scenarios investigated in this study would require a change in EU legislation. Adopting the Eurovignette Directive-3 in the form in which it is currently proposed would enable Member States to develop some of the most effective pricing measures to emerge from the study. On the other hand, some of the options envisaged by the current legislation are not yet being fully used, such as charging the full infrastructure costs on all roads. In short, this study demonstrates that the internalisation of external costs its perfectly into a policy of improvement for the transport sector in Europe. It helps balance the modal shares between rail, road and inland waterways, to generate additional revenues based on the polluter pays principle and to improve the environmental footprint of transport operations. Finally, it curbs the overall demand for transport. This policy would seem to be more eicient if implemented on a supra-national scale and applied collectively to all modes. Even though it cannot claim to be able to solve the numerous issues of the transport sector alone, it may well constitute a consistent part of a global and sustainable transport policy. discussions on the Saône-Moselle/ Saône-Rhine project • The Saône-Moselle/ Saône-Rhine project is a strategic European one and a key link in connecting France’s network of waterways to the 20 000 kilometres of European inland waterways. In particular, the project aims to link the Mediterranean Basin and the Rhône Basin to several countries and regions in which river transport is well-developed, par- Fig. 3: CO 2 -emission and external costs within the diferent scenarios Fig. 4: Total revenues within the diferent scenarios INFRASTRUKTUR External costs Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 40 ticularly Germany and the regions of Saarland, Baden- Württemberg and Rhineland-Palatinate, but also the Benelux countries, Switzerland and, to the south, Spain and Italy, which will also be able to beneit from the opening up of the Mediterranean Basin to Northern and Central Europe. Internationally, the SMSR opens a new route through Europe to carry goods to the Maghreb and other regions in Africa, the Middle East, Asia and China. • Europe is promoting inland waterways especially with the aim of facilitating the free movement of goods, of improving the environmental footprint of the transport sector and of developing a competitive and multimodal European transport network. The main transport corridors, such as the North-South axis, covered by the Rhine-Mediterranean link through the SMSR project are part of this core network as announced in the European Commission’s proposal of October 2011. They will structure industrial and logistic multimodal corridors to ofer competitive, ecological transport services for industry. • The SMSR project is going to promote a new European multimodal transport chain with close ties with the maritime and inland ports. The creation of the Rhine-Mediterranean link through the SMSR link will contribute to the development of a multimodal transport system and increase the potential for trade between diferent modes of transport (seaports and their extended hinterlands, inland ports, multimodal platforms, and so on). The project will integrate several multimodal platforms all along the canal. These inland ports will allow the positive development of multimodal chains of transport, bringing together inlandwaterway, rail and road transport for the beneit of shippers. The major stake for Germany and the regions concerned by the project is to develop cheaper access to the Mediterranean and the maritime ports around the southern arc (Marseille, Sète, Barcelona and Genoa), through a massively expanded, safe, environmentally friendly and competitive transport mode. Thanks to this new inland-waterway corridor, the connections between industries located in regions crossed by the project (Saarland, Baden-Württemberg and Rhineland-Palatinate as well as Rhône-Alpes or Provence-Alpes Côte d’Azur, for example) will be improved. This new infrastructure will create a major north-south inland waterway and multimodal corridor that will complement the already existing Rhine corridor and the East-West Danube corridor. It will position Germany and France as the heart of multimodal and inland-waterway transport. • Charging for external costs as a tool for building the European multimodal network The conclusions of the above study are of great interest a far as the Rhine-Mediterranean corridor and SMSR project are concerned. In a nutshell, the indings of the study show that levying rational, multimodal and green charges based on the internalisation of external costs is a suitable means of: - increasing the traic on “alternative modes” such as rail and inland waterways and decreasing road traic - improving the quality of the whole transport chain especially as regards transport’s environmental footprint, and - helping procure inancial resources for priority infrastructure projects. A few years ago, Germany jumped into charging for road use with its “LKW-Maut”. In France, charging tolls for the use of roads, railways and inland waterways is a long-standing practice and well accepted. The next step for positive transport policy and levying charges could be to relect on how such an internalisation of external costs could be implemented along the Rhine-Mediterranean corridor in particular. In 2013, a public debate is going to be organised on the SMSR project. The Benelux countries, Switzerland and Germany as well as the regions concerned are key partners in the project. Several meetings are to be held in the regions concerned and the question of inances will be of primary interest. The internalisation of external costs is a fair, competitive and sustainable way of making it possible to develop interconnecting multimodal infrastructures such as the SMSR. The implementation of multimodal charging based on internalisation of external costs for priority corridors such as the SMSR will be a key point in the development of the SMSR project, in its credibility and in its feasibility. ■ 1 Réseau Ferré de France (RFF) is the French national railway-infrastructure manager. 2 Service Public de Wallonie (SPW) is the ministry in charge of transport for the Walloon region. 3 Waterwegen en Zeekanaal (WenZ) is the manager of inland-waterway infrastructure for the Flemish region. 4 The study was conducted by a consortium composed of CE Delft, Infras, Alenium and Herry. The traic model was run by the Setec-Stratec consortium. 5 5 internalisation scenarios are studied: MSCP scenario (Marginal Social Cost Pricing); Eurovignette Basic scenario (internalisation of external costs only for the road); Eurovignette extended scenario (internalisation of external costs for the three modes); Target oriented scenario (internalisation of external costs for the three modes + higher price signal for the road in order to reach environmental target); Eurovignette Boiteux scenario (internalisation of external costs for the three modes but based on the French “Boiteux” values). 6 The “Target oriented” scenario increases the costs of road more heavily in order to reach the dual target of a high modal shift and a strong decrease in externalities. The “Eurovignette basic” scenario is considered the most realistic in the short term. It increases the cost of road only. The “Eurovignette extended” scenario is more cooperative (internalisation for all three modes). It increases the costs of road more, given that transport by rail and inland waterway produces only a low level of externalities. 7 The Saône-Moselle/ Saône-Rhine project is a major inlandwaterway infrastructure project that aims at linking the Mediterranean Basin and the River Rhône to the Rhine Basin and the whole of continental Europe. 8 Voies Navigables de France (VNF) is the French national manager of inland waterways. It manages 6700 km of rivers and canals and employs 5000 people. It is in charge of developing the network and inland-waterway traic. Gabriel Mialocq Former Head of the Saône-Moselle/ Saône-Rhine project, Voies Navigables de France 8 Research Programme Oicer European Commission, Brussels Gabriel.Mialocq@ec.europa.eu Jean-Jacques chaban-delmas Head of Economics and Finances Voies Navigables de France jeanjacques.chabandelmas@vnf.fr authorS INFRASTRUKTUR Non-Aviation Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 41 Steigerung von Parkerlösen an europäischen Verkehrslughäfen Europäische Flughäfen verdienen weniger mit Parkgebühren als andere Airports weltweit. Welche Marketingmaßnahmen können helfen, einerseits die Bedürfnisse der Kunden zu erfüllen und andererseits die Einnahmen der Flughäfen zu steigern? D ie Vermarktung und Vermietung von Flächen an einem Flughafen, das sogenannte Non-Aviation Geschäft, wird für Airports zunehmend wichtiger. So können die Erlöse aus Einzelhandel, Gastronomie, Werbung und Parken an einem internationalen Verkehrslughafen heutzutage bereits mehr ausmachen als die Umsätze aus dem traditionellen Kerngeschäft, der Passagier- und Frachtabfertigung (vgl. A.T. Kearney 2007). Abbildung 1 zeigt den Anteil der Non-Aviation-Erlöse am Gesamtumsatz der zehn größten europäischen Flughäfen nach Passagierzahlen. Dieser lag im Jahr 2011 bei durchschnittlich 34 % und damit zehn Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der 53 größten amerikanischen Airports (vgl. Leigh Fisher Management Consultants 2012). Nicht alle europäischen Flughäfen partizipieren in gleicher Weise vom Trend der seit Jahren steigenden Umsätze aus nicht-lugverkehrsbezogenen Geschäftsaktivitäten: So stammt in London-Gatwick, München oder Rom-Fiumicino bereits je- Abb. 1: Anteil Non-Aviation-Erlöse und Anteil Parkerlöse der zehn größten europäischen Flughäfen der zweite Euro des Gesamtumsatzes aus Pachterlösen, Mieteinnahmen und Parkgebühren. Die Bewirtschaftung des Parkraums rund um einen Flughafen wurde lange Zeit stiefmütterlich behandelt. Auch heute noch bleibt das Parkraummanagement an europäischen Airports mit einem Anteil von durchschnittlich 17 % an den gesamten Non- Aviation-Umsätzen hinter internationalen Benchmarks zurück (vgl. Abbildung-1). Amerikanische Airports erwirtschafteten im gleichen Zeitraum annähernd das Dreifache gemessen an den gesamten Non-Aviation-Erlösen (vgl. Leigh Fisher Management Consultants 2012). Allerdings fällt auf, dass manche europäische Flughäfen erfolgreicher bei der Vermarktung ihrer Parklächen sind als andere. So verdiente der Flughafen Amsterdam Schiphol im Jahr 2011 gemessen an den Non-Aviation-Erlösen zehn Prozentpunkte mehr mit seinem Parkierungsgeschäft als beispielsweise der Flughafen Frankfurt am Main (vgl. Abbildung- 1). Wie lassen sich diese Unterschiede erklären? Zunächst muss konstatiert werden, dass Flughäfen zuweilen ihre Non-Aviation-Aktivitäten anders deinieren und im Geschäftsbericht unterschiedlich ausweisen. Auf die mangelnde Vergleichbarkeit wiesen bereits Zenglein/ Müller im Jahr 2007 hin. Andererseits existiert eine Reihe von Faktoren, welche als Erklärung für die unterschiedliche Performance der aus dem Parkraummanagement erzielten Erlöse herangezogen werden können (vgl. Fürst et al. 2011). Flughafenparken ist ein kompetitiver Markt Während die meisten infrastrukturellen Gegebenheiten eines Flughafens und seines Umfelds über Jahre hinweg exogen determiniert sind, kann ein Airport letztlich nur auf seine Kunden und den Wettbewerb aktiv Einluss nehmen (vgl. Abbildung- 2). Flughafenparken ist ohne jede Frage ein kompetitiver Markt. Allein in Deutschland konkurrieren über 150 Unternehmen, sog. Of-Airport-Anbieter, mit ihren Parkangeboten außerhalb des Flughafengeländes um Passagiere, die mit dem eigenen PKW anreisen (vgl. Aschenbeck 2011). So verwundert es kaum, dass an einigen internationalen Flughäfen Of-Airport-Anbieter bereits mehr als die Hälfte aller Langzeit-Parkplätze stellen (vgl. ACRP 2009). Mit aggressiver Preiskommunikation und kostenlosen Zusatzdienstleistungen vermarkten diese vermehrt international agierenden Unternehmen ihre Parkplätze ausschließlich über das Internet oder Reisebüros. Ein Beispiel dieser stark wachsenden Of-Airport-Konkurrenz ist die Firma Holiday Extras. Entscheidend für deren Erfolg ist neben attraktiven Tarifen der Wunsch vieler Fluggäste, ihren Parkplatz bereits vor Antritt der Reise zu reservieren. Verweildauer und Zahlungsbereitschaft bestimmen Kundenpotenzial Ähnlich dem Kerngeschäft eines Flughafens, der Passagier- und Frachtabfertigung, sind auch für das Parkgeschäft die Flug- Der Autor: Mark Friesen INFRASTRUKTUR Non-Aviation Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 42 Abb. 3: „Parking à la carte”-Ansatz der Parkprodukte an Flughäfen Abb. 2: Treiber von Parkerlösen an Flughäfen passagiere die wichtigste Nachfragergruppe. Dabei stehen im Wesentlichen diejenigen Fluggäste im Fokus, die ihre Reise an ein- und demselben Flughafen beginnen und wieder beenden, sog. O&D Passagiere. In Paris machten diese im letzten Jahr beispielsweise 76 % aus. Dieses Kundenpotenzial lässt sich aufgrund seines Parkverhaltens in zwei verschiedene Gruppen unterteilen: Kurzzeit- und Langzeitparker. Letztere haben eine durchschnittliche Verweildauer von mehr als einer Woche. Sie machen den Großteil der Parkerlöse an einem Flughafen aus (vgl. Leigh Fisher Management Consultants 2012). Kurzzeitparker hingegen sind Kunden, die üblicherweise weniger als sechs Stunden an einem Flughafen parken, z. B. Holer und Bringer, Flughafenbesucher oder -angestellte. Die Wahl eines Flughafenparkplatzes wird maßgeblich durch die Zahlungsbereitschaft determiniert. Parkkunden, die aus privaten Gründen ihre Flugreise antreten, gelten als eher preissensitiv. Geschäftsreisende stellen die zweite große Kundengruppe dar und gelten beim Parken als eher preisunelastisch. Airport-Anbietern zu bestehen, sind Produktinnovationen zwingend erforderlich. Denn ein Parkplatz ist grundsätzlich eine homogene und austauschbare „Commodity“, die produktseitig nur wenig Spielraum für Diferenzierungen lässt. Insbesondere Geschäftsreisende, die Zeitersparnis und „Convenience“ schätzen, sind jedoch bereit, für mehrwertstiftende Parkprodukte und -services Prämien zu bezahlen (vgl. ACRP 2010). Damit sind jedoch nicht nur die auch bereits von Of-Airport-Firmen angebotenen Zusatzdienstleistungen wie Valet-, Sicherheits- oder XXL-Parken gemeint, sondern: • „Pay per Use“-Parken in Form von Wert-, Saison- oder Dauerparkkarten für Vielparker • reservierte Stellplätze zur unbegrenzten Nutzung für Vielparker (z. B. Flughafen Boston Logan) • Valet-Parken mit direkter Check-in Möglichkeit am Parkplatz (z. B. Flughafen München) • „Park and Call“-Zonen für auf den Anruf von ankommenden Fluggästen wartende Holer und Bringer (z. B. Flughafen Salt Lake City) • Ultrakurzzeit-Parken auf beschrankter und kostenplichtiger Terminalvorfahrt anstelle kostenfreier Parkbuchten (z. B. Flughafen Paris Charles de Gaulle) Professionelles Preismanagement birgt hohes erlöspotenzial Ein professionelles Preismanagement hat wirtschaftlich die größte Hebelwirkung auf die Parkerlöse. Könnte beispielsweise der Flughafen München bei seinen annähernd 7 Mio. Parkierungskunden pro Jahr eine durchschnittliche Tariferhöhung von 2 % durchsetzen, würde dies zu einem Umsatzplus von ca. 1,4 Mio. EUR pro Jahr führen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Parkplätzen an einem Flughafen relativ unelastisch reagiert, d. h. Preisanpassungen mittelbis langfristig keinen Rückgang der Parkierungsvorgänge nach sich ziehen. Das mag daran liegen, dass die meisten Parkkunden nur gelegentlich am Flughafen parken, so dass ihr Preiswissen weniger stark ausgeprägt ist. Parken an europäischen Flughäfen ist im Terminalbereich weltweit am teuersten (vgl. ACI 2009). Deshalb sollte das Preismanagement weniger auf das Tarifniveau bestehender Parkprodukte abzielen, als auf neue, aus anderen Dienstleistungsindustrien bereits bekannte Tarifmodelle: • dynamische Parktarife: Parkpreise variieren in Abhängigkeit des Buchungszeitpunkts und der Kapazitätsauslastung (z. B. Flughafen Kopenhagen) Die beschriebene Intensität des Wettbewerbs und die Heterogenität der Nachfrager stellen europäische Flughäfen mehr denn je vor die Herausforderung, ihr Parkraummanagement durch kundengerechte Marketinginnovationen so zu verbessern, dass die Parkerlöse relativ ein internationales Niveau erreichen. Maßgeschneiderte Parkprodukte Heterogene Kundenstrukturen verlangen nach diferenzierten Parkprodukten an Flughäfen, die den unterschiedlichen Bedürfnissen und Zahlungsbereitschaften gerecht werden. Um die Selbstselektion für Kunden zu erleichtern, folgen Flughäfen üblicherweise der Logik: terminalnahes Parken in Laufdistanz für preisunsensible Geschäftsreisende und terminalentferntes Langzeitparken für Privatreisende mit geringerer Zahlungsbereitschaft. Dabei bestimmt die Entfernung zum Terminal die Wertigkeit der unterschiedlichen Parkprodukte, was auch als „À la carte“-Parken bezeichnet werden kann. (vgl. Abbildung-3). Um in dem intensiven Wettbewerb mit Of- Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 43 • strategische Parktarife: Temporäre Reduzierung der Parktarife, um Neukunden und Kunden von Of-Airport-Anbietern zu gewinnen (z. B. Flughafen San Francisco) • psychologische Parktarife: - Gutscheine, Rabattierungen oder Upgrades, um „Upsell“ zu fördern (z. B. Flughafen Dallas) - Wochenend- oder Wochen-Flatrates für bessere Berechenbarkeit und Transparenz - Verkürzung der Tariftaktung für genauere Anpassung an Parkdauer (z. B. Flughafen Madrid) Glaubhafte Preiskommunikation ist erfolgskritisch Parktarifanpassungen an Flughäfen erregen zuweilen mehr Aufmerksamkeit in der öffentlichen Wahrnehmung als dem Betreiber der Parkplätze lieb sein kann. „Abzocke am Airport“, „Parken am Flughafen ist Luxus“ oder „Parken so teuer wie Fliegen“ sind nur einige der zahlreichen Überschriften von kritischen Artikeln über die Parkpreise an deutschen Flughäfen. Um solch negative Presse zu vermeiden, ist eine proaktive, glaubhafte und breit angelegte Kommunikation der Tarifänderungen in allen Kanälen zu empfehlen, die darauf hinweist, dass: • Die meisten Parktarife unverändert bleiben und manche sogar reduziert werden. • Preisanpassungen in der Regel nicht alle Abb. 4: Pre-Booking am Flughafen Frankfurt am Main Kunden betrefen. Privatreisende oder Urlaubsparker proitieren nach wie vor von günstigen Langzeitparktarifen oder -rabatten. • Die Tarifanpassungen Parkhäuser oder -plätze betrefen, deren Preise seit Jahren konstant gehalten wurden. Ziel muss es sein, in der Kundenwahrnehmung das Preisimage des teuren Flughafenparkens abzuschwächen, indem vermehrt der Kundennutzen des terminalnahen Parkens ins Zentrum der Kommunikation rückt, ohne dabei günstige Parkalternativen zu verschweigen. Kunden wollen Parkplätze vorab buchen Die Zeiten, dass Passagiere erst nach der Ankunft am Flughafen ihr Parkticket bezahlen, scheinen vorbei. Mehrere Untersuchungen zeigen, dass über 80 % der Kunden das Bedürfnis haben, bereits vor Reiseantritt ihren Parkplatz am Flughafen zu reservieren (vgl. Groß/ Schneider 2012 und ACRP 2009). Beim sog. Pre-Booking stehen Kunden grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung: online im Internet oder stationär im Reisebüro. Letzteres kann direkt über seine Buchungssysteme auf gelistete Parkplätze zugreifen. 75 % der auf diesem Weg durchgeführten Reservierungen entfallen im Übrigen auf die Of-Airport-Parkplätze von Holiday Extras (vgl. Groß/ Schneider 2012). Andere Flughäfen vertrauen auf die eigene Website als Buchungsplattform wie z. B. der Frankfurter Flughafen (vgl. Abbildung- 4) oder bedienen sich anderer Reservierungsplattformen wie Chauntry, Skyparking.com oder Airportparkingreservations.com. Europäische Flughäfen haben das Potenzial des Online-Vertriebs erkannt. So wird jede zweite Parkplatztransaktion in London- Heathrow mittlerweile über das Internet abgewickelt. Allerdings scheuen viele Airports nach wie vor die Integration ihrer Flughafenparkplätze in die klassischen Buchungssysteme des stationären Vertriebs. Fazit Der Anteil der Parkerlöse an den gesamten Non-Aviation-Umsätzen europäischer Verkehrslughäfen bleibt hinter internationalen Benchmarks zurück. Zwar setzten die europäischen Flughäfen mit durchschnittlich über 2000 EUR pro Stellplatz jährlich sogar mehr um als ihre amerikanischen Pendants (vgl. National Parking Association 2010), jedoch schöpfen sie im Vergleich zu den US- Airports ofenkundig ihr O&D Passagierpotenzial nicht vollständig aus. Die Umsetzung der vorgestellten Marketingmaßnahmen sollte dazu beitragen, die Parkerlöse an europäischen Verkehrslughäfen kurzbis mittelfristig zu steigern. ■ Mark Friesen, Dr. Selbständiger Unternehmensberater und Lehrbeauftragter für Betriebswirtschaftslehre, Universität St. Gallen mark.friesen@quinta-consulting.de LIteratur ACI: Airport Service Quality, Best Practice Report, Parking Facilities, Genf 2009 ACRP: Guidebook for Evaluating Airport Parking Strategies and Supporting Technologies, Report 24, Washington 2009 ACRP: Handbook to Assess the Impacts of Constrained Parking at Airports, Report 34, Washington 2010 ASCHENBECK, A.: Geballte Of-Airport-Power, in: fvw, 2011 (16), S. 32 A.T. KEARNEy: Airport Studie 2008, Internationale Studienergebnisse, Düsseldorf 2008 FÜRST, F./ GROß, S./ KLOSE, U./ SCHNEIDER, S.: Die Bedeutung des Non-Aviation-Segments an Flughäfen, in: Internationales Verkehrswesen, 2011 (63), S. 26-29 GROß, S./ SCHNEIDER, S.: Parken an Flughäfen - Bedeutung im deutschen Reisebürovertrieb, Hrsg.: Arbeitsbereich Tourismus des Kompetenzzentrums für Informations- und Kommunikationstechnologie, Tourismus und Dienstleistungen an der Hochschule Harz, Wernigerode 2012 Leigh Fisher Management Consultants: 2012 ACI/ IPI Parking Survey Results, San Francisco 2012 National Parking Association: Parking in America - The Third Annual Review of Parking Rates in North America, Washington, 2010 ZENGLEIN, M. J./ MÜLLER, J.: Non-Aviation Revenue in the Airport Business - Evaluating Performance, Measurement for a Changing Value Proposition, GAP Project Working Paper, Berlin 2007 INFRASTRUKTUR Parksysteme Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 44 Bis zu 200 zusätzliche Autos lassen sich im Hohlraum einer Spiralrampe unterbringen. Graik: Skyline Parking AG Automatisches Parken an Flughäfen Parkplätze sind Mangelware. Besonders an Plätzen mit großem Verkehrsaufkommen, beispielsweise Flughäfen, kommt es zu Engpässen. Häuig wird der Raum in den vorhandenen Parkhäusern nicht optimal genutzt. Eine neue Technologie kann Abhilfe schafen. B ei vielen - vor allem an Flughäfen bereits existierenden konventionellen Parkhäusern - verschwenden Auf- und Abfahrtrampen, Manövrierlächen, Treppen, Notausgänge etc. wertvollen Raum. Der umbaute Raum pro Auto beträgt bei herkömmlichen Anlagen rund 100 m 3 , obwohl ein Auto nur etwa 20 m 3 - also ein Fünftel dieses Volumens - benötigt. Somit wird insgesamt 80 % des Raumes verschwendet, der für das eigentliche Parken benötigt werden könnte. Nicht so bei automatischen Anlagen: Hier werden für das Befördern der Fahrzeuge mechanische Geräte verwendet; auf Rampen, Treppen, Notausgänge, Personenlifte, Beleuchtung und Lüftung etc. kann weitgehend verzichtet werden. Spiralrampen verschwenden Parkraum Auf- und Abfahrrampen gibt es in den unterschiedlichsten Ausführungen. Aus Sicht des Autofahrers sind Spiralrampen die wohl beliebtesten - einmal das Steuer einschlagen und in einigen Runden ist man auf der entsprechenden Etage angelangt. Aus Sicht des Parkhausbesitzers und -betreibers sieht das allerdings anders aus: Die Spiralrampen rauben wertvollen Raum, auf dem Autos abgestellt werden könnten (vgl. Abbildung). Die Zylinder im Kern von Parkhäusern mit spiralförmigen Aufahrtsrampen weisen meist einen Durchmesser von etwa 20 m und mehr auf; ihr Innenraum mit rund 14 m Durchmesser bleibt meist ungenutzt. In einem Parkhaus mit zehn Etagen sind somit rund 6000 m 3 des Raumes leerstehend und dies in einer Zeit, wo jedes zusätzlich geparkte Auto zur Proitabilität eines Parkhauses beiträgt. Die Schweizer Firma Skyline Parking AG, spezialisiert auf fortschrittliche automatische Parking-Systeme mit hoher Stelldichte und schnellen Fördermitteln, hat es sich zum Ziel gesetzt, diese Räume zu nutzen. Dazu wurde eine Technologie entwickelt, mit der die Hohlräume im Zentrum von Spiralrampen mit zusätzlichen Parkplätzen ausgerüstet werden können (vgl. Abbildung). Mit dieser Technologie lassen sich pro Deck bis zu neun zusätzliche Autos lagern, in einem Parkhaus mit zehn bis zwölf Etagen inden somit 15 bis 20 solcher Decks, also bis zu 180 Autos Platz. Der Benutzer fährt auf der untersten oder obersten Ebene in eine Einfahrtbox, zieht die Handbremse an, steigt aus und bestätigt der Fördermaschine, dass diese sein Fahrzeug einparken kann. Von dort wird das Auto auf einem Förderband auf die Liftplattform verschoben und macht die Einfahrtbox für den nächsten Kunden frei. Während dieser mit seinem Auto einfährt, wird das andere Fahrzeug in wenigen Sekunden auf eine der freien Stellplatten befördert. Beim Ausparken erfolgt dies in umgekehrter Reihenfolge. Der Fahrer steckt das Ticket oder die Kreditkarte in den Zahlungsautomaten (oder gibt den Code ein) und sein Fahrzeug wird in Abfahrtrichtung in die Übernahmebox gestellt. erhöhung der Parkplätze bis zu 15 % Da Computer und Maschine dem Benutzer das Suchen eines freien Parkplatzes und das Manövrieren abnehmen, sind diese automatischen „Rampen-Parkplätze“ die bevorzugten Plätze im Parkhaus. Weil in einem bestehenden Parkhaus nebst diesen Parkplätzen noch viele andere zur Verfügung stehen, ist es kein Problem, wenn ein großer Ansturm die Förderleistung des Systems auf die Probe stellt. Die Installation der Technik erfolgt ohne wesentliche Einschränkung des täglichen Parkhausbetriebes und benötigt nur wenig Zeit. Da in bereits existierenden Parkhäusern die Bezahlungs- und Zutrittssysteme schon vorhanden sind und die bestehende Baustatik genutzt werden kann, ergibt sich mit dieser Technik ein wirtschaftliches Add-on; mit geringen Investitionen, ohne zusätzliche Gebäude bzw. Grundstücke lässt sich die Anzahl der Parkplätze um bis zu 15 % erhöhen, was sich auf die Proitabilität eines Parkhauses deutlich positiv auswirkt. ■ Frido Stutz Vorstandsvorsitzender Skyline Parking AG, Winterthur (Schweiz) f.stutz@skyline-parking.com Der Autor: Frido Stutz Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 45 I m BMVBS sind die Arbeiten für einen neuen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2015 angelaufen. Der zuletzt 2003 aufgestellte BVWP liefert nach bisheriger Praxis in regelmäßigen Abständen von etwa 10 bis 15 Jahren eine umfassende fachliche Basis für die konkrete verkehrsinfrastrukturbezogene Investitionsplanung, die für Straße und Schiene verbindlich in den sog. Bedarfsplänen erfolgt. Die Bedarfspläne werden von der Bundesregierung alle fünf Jahre dahingehend überprüft, ob die ausgewiesenen Infrastrukturprojekte wirtschaftlich und verkehrstechnisch notwendig sind. Das Verfahren der gesamtwirtschaftlichen Bewertung der erwogenen Verkehrsprojekte in der Bundesverkehrswegeplanung umfasste bisher schon recht aussagekräftige Umweltprüfungen. Neben bestimmten umweltbezogenen Bewertungskriterien in der Nutzen-Kosten-Analyse wurden für die einzelnen Projekte sog. Umweltrisikoeinschätzungen (URE) durchgeführt. Mit der Umsetzung der Richtlinie 2001/ 42/ EG zur Strategischen Umweltprüfung (SUP-RL) in deutsches Recht sind jedoch erstmalig gesetzlich deinierte Anforderungen zu erfüllen. Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) bestimmt in § 14b Abs. 1 in Verbindung mit § 19b, dass zukünftige Verkehrswegeplanungen des Bundes einschließlich Bedarfspläne nach einem Verkehrswegeausbaugesetz des Bundes einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) zu unterziehen sind. Nach anfänglich intensiver Diskussion hat sich die Aufassung durchgesetzt, dass sich die SUP-Plicht aufgrund der besonde- Strategische Umweltprüfung für den Bundesverkehrswegeplan Die Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) für einen komplexen Plan wie den BVWP ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Neben einer Bewertung des einzelnen Vorhabens ist erstmalig auch eine Aussage zu den Umweltauswirkungen des Bundesverkehrswegeplans insgesamt gefordert. Derzeit laufen Arbeiten, das im vorliegenden Aufsatz skizzierte SUP-Konzept in den Aufstellungsprozess des BVWP 2015 zu integrieren. Die Autoren: Stefan Balla, dieter Günnewig, Marie Hanusch Foto: Dieter Grünnewig INFRASTRUKTUR Wissenschaft INFRASTRUKTUR Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 46 Neue Verfahrensanforderungen Die SUP ist mit ihren im UVPG festgeschriebenen inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Anforderungen als unselbstständiger Teil in das Verfahren zur Aufstellung oder Änderung des BVWP zu integrieren. Das Verfahren zur Aufstellung des BVWP unterliegt damit zukünftig speziellen umweltrechtlichen Anforderungen. Das entwickelte SUP-Konzept ist so umfassend ausgestaltet, dass bei entsprechender Anwendung auf den BVWP eine zusätzliche SUP zur anschließenden Aufstellung der sektoralen Bedarfspläne nicht oder allenfalls ergänzend erforderlich werden soll. Damit soll im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten vermieden werden, dass auf Bundesebene für die Verkehrsträger Straße und Schiene zwei SUP-Verfahren durchgeführt werden müssen. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich bei der Aufstellung der sektoralen Bedarfspläne - z. B. aufgrund weitreichender Planänderungen oder wesentlicher neuerer Erkenntnisse zu den umweltbezogenen Datengrundlagen - keine neuen, zusätzlichen oder maßgebend veränderten Aspekte der Auswirkungen auf die Umwelt ergeben. Unter Berücksichtigung der Ausgangslage des BVWP 2003, der Vorgaben des BMVBS und der Diskussionen in der projektbegleitenden Arbeitsgruppe wurde der in Abbildung-1 dargestellte Verfahrensablauf mit integrierter SUP erarbeitet. Wesentliche, aus der SUP resultierende neue Verfahrensschritte sind die Festlegung des inhaltlichen Untersuchungsrahmens (Scoping), die Erstellung eines Umweltberichtes sowie die formelle Behörden- und Öfentlichkeitsbeteiligung. Grundlage der formellen Beteiligung ist der Umweltbericht und der Referentenentwurf zum BVWP. Diese Unterlagen sind für die Dauer von mindestens einem Monat bundesweit öfentlich zugänglich zu machen. Hierfür bietet sich insbesondere das Internet an, wobei eine zusätzliche Auslegung analoger Unterlagen an ausgewählten Orten zu empfehlen ist. Die Bürgerinnen und Bürger haben auf dieser Informationsgrundlage die Möglichkeit, zu den Unterlagen schriftlich Stellung zu nehmen. Im Anschluss an die formelle Beteiligung und der daran anknüpfenden Überprüfung des Umweltberichts folgt die Erarbeitung des Regierungsentwurfs zum BVWP. Dieser bildet die Grundlage für den abschließenden Beschluss des BVWP durch die Bundesregierung (Kabinettsbeschluss). Dabei müssen die Ergebnisse der Beteiligungen sowie der Überprüfung des Umweltberichts berücksichtigt werden. Die in Abbildung-1 vorgeschlagene Vorgehensweise beinhaltet nur die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestplichten zur Öfentlichkeitsbeteiligung. Bereits zum BVWP- 2003 hat das BMVBS auch die Einzelergebnisse des Bewertungsverfahrens sowie weitere relevante Hintergrundinformationen im Internet verfügbar gemacht. Angesichts ren rahmensetzenden Funktion für alle weiteren Ebenen der Verkehrswegeinfrastrukturplanung auch auf den BVWP erstreckt. 1 Um die daraus resultierenden neuen verfahrensbezogenen und inhaltlichen Anforderungen zu konkretisieren, hat das BMVBS bereits im Jahr 2007 eine Konzeption zur Integration einer SUP in die Bundesverkehrswegeplanung in Auftrag gegeben. Im Sommer 2010 wurde der Endbericht des dazu durchgeführten Forschungsvorhabens vorgelegt (Günnewig et al. 2010). 2, 3 Innerhalb des Vorhabens wurden die Inhalte und das Verfahren des letzten BVWP 2003 als Basis für die Konzeption einer SUP für einen zukünftigen BVWP zu Grunde gelegt. Derzeit wird im BMVBS daran gearbeitet, das Konzept in eine anwendungsreife Methodik zu übersetzen. Abb. 1: Verfahrensschritte der Neuaufstellung eines BVWP mit SUP (durch die SUP veranlasste Verfahrensschritte sind blau gekennzeichnet) Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 47 INFRASTRUKTUR Wissenschaft insgesamt (Gesamtplanwirkungen), sondern auch auf den Entscheidungsprozess der Zuordnung und Priorisierung des einzelnen Projektes zu einer Bedarfsklasse zu beziehen. Mit der Aufnahme eines Neu- und Ausbauvorhabens in den BVWP wird konkret und für nachfolgende Planungsebenen bindend über den verkehrlichen Bedarf für dieses Vorhaben entschieden. Die SUP hat gerade die Aufgabe, derartige planerische Entscheidungen mit rahmensetzendem Charakter für nachfolgende Zulassungsverfahren zu überprüfen. Eine inhaltliche Prüfung und Berücksichtigung von Umweltaspekten bei der konkreten Bedarfsfeststellung für einzelne Projekte ist im Fernstraßenausbaugesetz (FStrAbG) und im Bundesschienenwegeausbaugesetz (BS- WAG) auch fachgesetzlich verankert, so dass auch bisher eine Umweltrisikoeinschätzung der Vorhaben durchgeführt worden ist. Insgesamt ergeben sich somit für das inhaltliche SUP-Konzept zum BVWP die in Abbildung- 2 dargestellten Prübausteine. Mit den Umweltbeiträgen zur Gesamtplanbewertung und zur Einzelprojektbewertung ist jeweils auch die Frage einer angemessenen SUP-Alternativenprüfung verbunden. Der SUP-konforme Umweltbeitrag zum Projektbewertungsverfahren kann unter Weiterentwicklung der bereits zum BVWP-2003 angewendeten Methodenbausteine (Umweltrisikoeinschätzung und Nutzen-Kosten-Analyse) weiterhin modular erarbeitet werden. Die Weiterentwicklung folgt dem Grundprinzip, Auswirkungen auf einzelne Umweltfaktoren anhand ausgewählter Umweltindikatoren in der Sach- und in der Wertdimensider aktuellen politischen Debatte zur Verbesserung der Akzeptanz von Großvorhaben ist vom BMVBS auch zum BVWP- 2015 eine frühzeitige und über die formelle SUP-Beteiligung hinausgehende Öfentlichkeitsbeteiligung geplant. Ein aktuelles Konzept dazu hat das BMVBS im Frühsommer- 2012 vorgestellt (BMVBS- 2012). Dabei wird davon ausgegangen, dass eine ofene und frühzeitige öfentliche Diskussion über das „Ob“ eines strittigen Verkehrsprojektes akzeptanzfördernd auch für nachfolgende Planungsverfahren ist. Konkret geplant sind derzeit kontinuierliche Internet-Informationen, von der Konzeptphase bis zum Kabinettsbeschluss. Konsultationsbzw. Informationsveranstaltungen sollen frühzeitig bereits zu Inhalt und Methodik der Verkehrsprognose und zur Bewertungsmethodik stattinden. Darüber hinaus sollen die angemeldeten Verkehrsprojekte bereits frühzeitig im Internet bekannt gegeben werden. Das UVPG verlangt auch nach endgültiger Aufstellung des BVWP eine Auseinandersetzung mit den Umweltauswirkungen auf der Grundlage von speziischen Überwachungsmaßnahmen. Ein entsprechendes Monitoringkonzept ist bereits in den Umweltbericht aufzunehmen. Das Monitoring sollte sich dabei an den auch im Rahmen der SUP betrachteten Indikatoren orientieren. Zeitlich bietet sich die Phase der Bedarfsplanüberprüfung als Anknüpfungspunkt für das Monitoring an. Prüfgegenstand der SUP zum BVWP Die Inhalte bzw. der Prüfgegenstand der SUP ergeben sich aus den konkreten inhaltlichen Aussagen bzw. planerischen Festlegungen im BVWP. Für das Forschungsvorhaben wurde der Prüfgegenstand der SUP am Beispiel der Inhalte und Entscheidungen des BVWP 2003 abgeleitet. Inhaltliche Konzeptionen für einen zukünftigen BVWP können die Planentscheidungen allerdings auch wesentlich erweitern bzw. modiizieren. 4 Von den konkreten planerischen Entscheidungen innerhalb des BVWP-Aufstellungsverfahrens wurden politische Grundsatzentscheidungen, die dem BVWP vorgelagert sind, abgegrenzt. Derartige politische Programme und Strategien werden von der SUP-Richtlinie ausdrücklich nicht erfasst. In diesem Sinne wurde im Vorhaben davon ausgegangen, dass Festlegungen zur verkehrlichen Grundsatzstrategie sowie die Strukturdaten- und Verkehrsprognose zum BVWP und die daran anknüpfende verkehrliche Engpassanalyse nicht als originäre planerische Entscheidung des BVWP und damit als nicht SUPprüfplichtig einzustufen sind. Die Projektauswahl und Priorisierung einzelner Projekte im BVWP ist die bisherige und auch in Zukunft zu erwartende zentrale Entscheidungsebene des BVWP. Gewichtige rechtliche und fachliche Gründe sprechen dafür, die SUP nicht nur auf die Umweltauswirkungen des BVWP Abb. 2: Prüfgegenstände und inhaltliche Beiträge der SUP zum BVWP INFRASTRUKTUR Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 48 graphischen Informationssystems vorgenommen werden. Dadurch wird im Ergebnis eine quantiizierte Bilanz der Summe der Umweltauswirkungen der einzelnen Verkehrsinfrastrukturprojekte erstellt, die es ermöglicht, die Konformität eines zukünftigen BVWP mit den umweltbezogenen Grundsatzprogrammen der Bundesregierung zu überprüfen (z. B. hinsichtlich Flächenverbrauch oder CO 2 -Minderung). Für die Ersatz- und Erhaltungsmaßnahmen wurden im BVWP bisher nur pauschal die zugewiesenen Finanzmittel je Verkehrsträger genannt. Demensprechend ist auch in der SUP nur eine überschlägige Abschätzung voraussichtlicher Umweltauswirkungen bestimmter Typen von Ersatz- und Erhaltungsmaßnahmen möglich. Relevante Umweltindikatoren Um die für die inhaltliche Umweltprüfung relevanten Indikatoren zu identiizieren, wurden zum einen die Hauptwirkungen der mit dem BVWP umfassten Verkehrswegeprojekte, zum anderen die auf der Ebene des BVWP relevanten, d. h. im Sinne des UVPG „geltenden“ Ziele des Umweltschutzes analysiert. Für den BVWP geltende Ziele des Umweltschutzes ergeben sich dabei primär aus dem Europarecht, Bundesgesetzen sowie aktuellen politischen Programmen der Bundesregierung, z. B. der Nachhaltigkeitsstrategie oder der Biodiversitätsstrategie. Die Indikatoren wurden soweit möglich aus den bisherigen BVWP-Projektbewertungsverfahren, aber auch aus bestehenden bundesweiten Umweltindikatorenkatalogen - v. a. Katalog der Länderinitiative Kernindikatoren und Kernindikatorensystem des Umweltbundesamtes - abgeleitet. Der in Tabelle-1 dargestellte Vorschlag eines Indikatorenkatalogs für die inhaltliche Umweltprüfung lässt sich sowohl auf den Umweltbeitrag zur Einzelprojektbewertung als auch auf den Umweltbeitrag zur Gesamtplanbewertung anwenden. Weitere Details zur Operationalisierung der Indikatoren enthält der Bericht zum Forschungsvorhaben, der auf Anfrage beim BMVBS erhältlich ist. Schlussfolgerungen Die Durchführung einer SUP für einen komplexen Plan wie den BVWP ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Das im Auftrag des BMVBS 2010 erarbeitete SUP-Konzept ist mit Umweltbeiträgen für die Projektbewertung und für eine darüber hinaus gehende Gesamtplanbewertung erstmals zweistuig angelegt und erfordert sorgfältige und transparente Bewertungen der Umweltauswirkungen. Die Ergebnisse sind umfassend zu dokumentieren und der Öfentlichkeit möglichst frühzeitig zugänglich zu machen. Auf der Ebene der Projektbewertung wird - wie bereits zum BVWP- 2003 - auch zukünftig von besonderer Bedeutung sein, inwieweit es gelingt, die nicht monetarisierten Umweltaspekte mit der monetarisierenden Projektbewertung der Nutzen-Kosten-Analyse zu einem ausgewogenen on zu ermitteln und erst in einem zweiten Schritt zu einem projektbezogenen Gesamtergebnis zu aggregieren. Die auf Umweltauswirkungen ausgerichteten Bewertungskriterien und -verfahren der Nutzen-Kosten-Analyse können überwiegend unverändert in die SUP integriert werden. Umweltbeitrag zur Gesamtplanbewertung Für die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Gesamtplanauswirkungen war ein gänzlich neuer inhaltlicher Methodenbaustein als Umweltbeitrag zur Gesamtplanbewertung zu entwickeln. Zu berücksichtigen waren dabei neben den Gesamtplanauswirkungen der Ersatz- und Erhaltungsmaßnahmen vor allem diejenigen der Aus- und Neubauprojekte. Nur letztere wurden im BVWP bisher konkret benannt und haben in der Regel auch relevante Umweltauswirkungen. Es geht darum, die für die einzelnen Projekte ermittelten Umweltauswirkungen über alle Projekte der Bedarfsklassen (vordringlicher/ weiterer Bedarf ) aufzusummieren. Für die aus dem NKA-Verfahren stammenden Indikatoren ist in der Regel eine gesamthafte Berechnung der jeweiligen Auswirkungen (z. B. Emissionsmengen) auf der Basis des deinierten Prognosenullfall- und Planfall-Verkehrswegenetzes vorzunehmen. Bezüglich der nicht monetarisierten Indikatoren, die sich auf bestimmte Flächenbeanspruchungen bzw. -beeinträchtigungen oder Zerschneidungswirkungen beziehen, kann ebenfalls eine summarische Betrachtung aller Projekte einer Bedarfsklasse anhand eines geo- Nr. Kurzbeschreibung des Indikators 1 Veränderung der Lärmimmissionen im besiedelten Bereich (Lärm-Einwohner- Gleichwert) (Nutzen-Kosten-Analyse) 2 NO X -Immissionen bezogen auf betrofene Einwohner (Schadstof-Einwohner- Gleichwerte) (Gesundheits- und Gebäudeschäden) (Nutzen-Kosten-Analyse) 3 Immissionen von Staub, Benzol und Benzo(a)pyren (krebserregende Luftschadstofe) und Todesfallrisiko in Bezug auf Krebserkrankungen (Nutzen-Kosten- Analyse) 4 Inanspruchnahme/ Beeinträchtigung von Naturschutzvorranglächen mit herausragender Bedeutung (Natura 2000-Gebietsnetz/ Naturschutzgebiet/ Nationalpark/ Biosphärenreservat - Kern- und Plegezonen/ Ramsar-Feuchtgebiet, Naturschutzgroßprojekt des Bundes, UNESCO-Weltnaturerbe) 5 Erhebliche Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten (Natura 2000-Verträglichkeitseinschätzung) 6 Inanspruchnahme von unzerschnittenen Kernräumen (UFR 250) der BfN-Lebensraumnetzwerke 7 Zerschneidung von unzerschnittenen Großräumen (UFR 1.000/ 1.500) und national bedeutsamen Achsen der BfN-Lebensraumnetzwerke 8 Überregional wirkende Emission von CO, Kohlenwasserstofen, NO X , SO 2 und Stäuben (Vegetationsschäden) (Nutzen-Kosten-Analyse) 9 Flächeninanspruchnahme (versiegelte/ überbaute Flächen) 10 Durchfahrung von Überschwemmungsgebieten nach § 31b WHG 11 Durchfahrung von Wasserschutzgebieten nach § 19 WHG 12 Emission von CO 2 (Leitkomponente für Treibhausefekt) (Nutzen-Kosten-Analyse) 13 Zerschneidung unzerschnittener verkehrsarmer Räume (UZVR > 100 qkm nach BfN) 14 Veränderung des Lärmimmissionspegels in Erholungs- und Freilächen (Nutzen- Kosten-Analyse) 15 Inanspruchnahme/ Beeinträchtigung Naturparke/ Landschaftsschutzgebiete/ UNESCO-Weltkulturerbe/ Biosphärenreservate (soweit nicht unter Indikator 4 erfasst) Tab 1: Diskussionsstand zum Indikatorenkatalog für die SUP zum BVWP SUP-Gesamtergebnis zu verbinden. Mit dem vorgeschlagenen inhaltlichen Konzept wird es zukünftig auch möglich sein, die Kohärenz des BVWP mit wesentlichen umweltbezogenen Zielsetzungen der Bundesregierung - z. B. zur Reduktion der Flächeninanspruchnahme oder zur Reduktion der Emission von Kohlendioxid - zu überprüfen. Die SUP kann besonders wirkungsvoll sein, wenn sie frühzeitig vorbereitet und in alle relevanten Verfahrensschritte des BVWP- Verfahrens integriert wird. Bei allen Fortschritten, die mit der SUP bezogen auf das Verfahren und die Inhalte der Bundesverkehrswegeplanung erreichbar sind, ist die SUP als unselbständiges Verfahren jedoch nicht in der Lage, dem BVWP eine völlig neue verkehrs- und umweltplanerische Ausrichtung zu geben. Eine strategische Verkehrspolitik im weiteren Sinne, die sich den vielfältigen neuen Anforderungen z. B. im Hinblick auf den Klimawandel stellt, kann die SUP zwar unterstützen, aber ohne den entsprechenden politischen Willen nicht bewirken. ■ 1 Siehe dazu die Begründung zum Entwurf des SUPG, BT-Drs. 15/ 3441, S. 39 zu § 19b Abs. 1 UVPG. 2 Das FE-Vorhaben 96.0904/ 2007 wurde federführend durch die Bosch & Partner GmbH in Kooperation mit der TU Berlin Fachgebiete Landschaftsplanung, insb. Landschaftsplegerische Begleitplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung sowie Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik, der Kanzlei Dr. Dammert & Steinforth, Leipzig, der Planco Consulting GmbH, Essen sowie Prof. A. Hoppenstedt bearbeitet. Während der Bearbeitung fanden intensive Beratungen innerhalb eines Forschungsbegleitkreises, bestehend aus Vertretern verschiedener Abteilungen des BMVBS des BMU, des Umweltbundesamtes, des Bundesamtes für Naturschutz sowie der Bundesanstalt für Gewässerkunde statt. 3 Nähere Details sowie umfängliche Literaturbelege enthält der auf den Internetseiten des BMVBS zum Download bereitgestellte FE-Bericht (siehe www.bmvbs.de/ cae/ servlet/ contentblob/ 78384/ publicationFile/ 51174/ bvwp-2015-sup-endbericht.pdf). 4 Siehe dazu weitergehend z.B. Wissenschaftlicher Beirat für Verkehr 2010, Köppel et al. 2004. LIteratur BMVBS (2012): KoNzEPT zUr ÖFFENTLICHKEITSBETEILIGUNG IM rAHMEN DEr ErArBEITUNG DES BUNDES- VErKEHrSWEGEPLANS 2015. STAND: JUNI 2012, HTTP: / / WWW.BMVBS.DE/ CAE/ SErVLET/ CoNTENTBLoB/ 86974/ PUBLICATIoNFILE/ 59592/ BVWP-KoNzEPT-oEFFENTLICHKEITSBETEILIGUNG.PDF. GÜNNEWIG, D., BALLA, S., HANUSCH, M., rIEGEr, G.J., rIECKEN, P. (2010): ErArBEITUNG EINES KoNzEPTS zUr „INTEGrATIoN EINEr STrATEGISCHEN UMWELTPrÜFUNG IN DIE BUNDESVErKEHrSWEGEPLANUNG“ ENDBErICHT zUM FE-VorHABEN 96.0904/ 2007 IM AUFTrAG DES BMVBS, HTTP: / / WWW.BMVBS.DE/ CAE/ SErVLET/ CoNTENTBLoB/ 78384/ PUBLICATIoNFILE/ 51174/ BVWP-2015-SUP-ENDBErICHT.PDF KÖPPEL, J., LANGENHELD, A., PETErS, W., WENDE, W., GÜNNEWIG, D., HANUSCH, M., HoPPENSTEDT, A., KrAETzSCHMEr, D., LAMBrECHT, H., GASSNEr, E. (2004): ANForDErUNGEN DEr SUP-rICHTLINIE AN BUN- DESVErKEHrSWEGEPLANUNG UND VErKEHrSENTWICKLUNGSPLANUNG DEr LäNDEr. = UBA-TExTE 13/ 04. WISSENSCHAFTLICHEr BEIrAT FÜr VErKEHr (2010): STrATEGIEPLANUNG „MoBILITäT UND TrANSPorT“. FoLGErUNGEN FÜr DIE BUNDESVErKEHrSWEGEPLANUNG. INTErNATIoNALES VErKEHrSWESEN (62), HEFT 4/ 2010, S. 20-29. dieter Günnewig, Dr. Bosch & Partner GmbH d.guennewig@boschpartner.de Marie Hanusch, Dr. Bosch & Partner GmbH m.hanusch@boschpartner.de Stefan Balla, Dr. Bosch & Partner GmbH s.balla@boschpartner.de Wo es auf reibungslose Arbeitsabläufe ankommt, sind intelligente Lösungen gefragt. Die bekommen Sie von Hörmann, und zwar komplett aus einer Hand: Ladebrücken, Torabdichtungen, Vorsatzschleusen und Industrietore, perfekt aufeinander abgestimmt und für jede Situation das passende System. Flexible Schnelllauftore mit SoftEdge-Anfahrschutz Komplett-Lösungen für mehr Effizienz Moderne Logistik mit intelligenten Docking Systemen Mehr Infos unter: www.hoermann.de Tel. 0 18 05-750 100 * * *0,14 €/ Min. aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 €/ Min. MOBILITÄT ÖPNV-Tarifmodelle Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 50 Wirtschaftliche Bewertung eines elektronischen Tarifs Das elektronische Fahrgeldmanagement eröfnet im ÖPNV neue Möglichkeiten der Tariierung. Ein innovatives Tarifmodell wird vorgestellt und auf seine Praxistauglichkeit geprüft: Orientiert sich das Tarifmodell an den Anforderungen der Kunden bzw. ist es auch für Selten- und Nichtnutzer attraktiv? Berücksichtigt es die unternehmerischen Interessen des Mobilitätsdienstleisters? I n zahlreichen Regionen Deutschlands wird derzeit die Umsetzung des elektronischen Fahrgeldmanagements (EFM) vorangetrieben. Die Forschungsaktivitäten im Bereich des EFM zielten bisher überwiegend auf die technische Entwicklung und ihre Realisierbarkeit ab. Die Weiterentwicklung von tarilichen Eigenschaften blieb meist unberücksichtigt [1]. Ansätze bei elektronischer Tariierung liefern z. B. die Forschungsvorhaben Chiptarif [2] und intermobil Region Dresden [3]. Einige Tarifmodelle, die auf dem EFM basieren, wurden bereits in den Praxisbetrieb überführt. Allerdings stellte sich der Erfolg hinsichtlich Mehrnutzung und Ertragsverbesserung häuig nicht wie erhoft ein - zumindest lassen sich keine Belege für einen positiven Efekt inden. Eine mögliche Schwäche könnte sein, dass EFM-Tarifmodelle bislang lediglich bestehenden Tarifen hinzugefügt und die sich neu eröfnenden Möglichkeiten zu wenig genutzt werden. Um Nachfrage- und Erlöspotentiale zu heben, bedarf es innovativer Strategien bei der Gestaltung und Einführung des EFM. Abb. 1a: Macht das FlexAbo die ÖV-Nutzung einfacher? Quelle: Quast [4] Abb. 1b: Macht der TagesBestPreis die ÖV-Nutzung einfacher? Quelle: Quast [4] Tarifmodell und -strategie Die Stadtwerke Münster (SWMS) beginnen im August 2012 mit der schrittweisen Einführung elektronischer Tarife. Als Nutzermedium dient eine kontaktlose Chipkarte auf der Grundlage von (((eTicket Deutschland (VDV-KA). Vorausgegangen sind intensive Analysen zum optimalen Tarif. Bei der Tarifgestaltung war zu berücksichtigen, dass der mit 38 % hohe Radanteil am Münsteraner Modal Split insbesondere bei kurzen und mittleren Entfernungen weitgehend auf Kosten des ÖPNV geht. Dagegen ist der MIV-Anteil mit 36 % ähnlich hoch wie in anderen Städten vergleichbarer Größe. Gemeinsam mit den SWMS wurde ein neuartiges Tarifmodell mit einem Tagestarif und einem Monatstarif im Abonnement entwickelt. Zentrales Element des Tagestarifs ist der sogenannte TagesBestPreis: Jede Fahrt wird zunächst als einzelne Fahrt erfasst. Überschreiten die Kosten einen maximalen Betrag, werden keine weiteren Fahrten berechnet. Der Monatstarif im Abo zeichnet sich durch einen Pauschalpreis - den des sogenannten FlexAbos - aus. Das FlexAbo berechtigt zu beliebig vielen Fahrten ab 8 Uhr. Für Fahrten vor 8 Uhr werden montags bis freitags zusätzlich Ergänzungsfahrten berechnet. Die monatlichen Gesamtkosten einschließlich aller Ergänzungsfahrten werden beim FlexAbo durch einen Maximalbetrag abgedeckt. Mit einer Niedrigpreisstrategie soll das FlexAbo im Sinne einer Preis-Mengenstrategie für eine hohe Marktdurchdringung sorgen und gleichzeitig die Bindung zu bisher nur schwer erreichbaren Zielgruppen festigen. Erlösrisiken durch einen geringeren Verkaufspreis sind durch Mengeneffekte auszugleichen bzw. werden durch die Sperrzeit bis 8 Uhr gemindert. Die separate Bepreisung der morgendlichen Spitzenlast schaft einen Anreiz, Fahrten in nachfrageschwächere Zeiten zu verlagern. Für nicht verlagerbare Fahrten besteht vermutlich eine höhere Wertschätzung, die mit Ergänzungsfahrten zum FlexAbo erschlossen wird. Die Autoren: Ferry Quast, Gerhard Probst, Stefan Lämmer, Reinhard Schulte Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 51 Abb. 3a: Erwartetes Nachfrageverhalten von (9 Uhr) MünsterAbonnenten bei variierendem FlexAbo-Preis. Quelle: Quast [4 Abb. 3b: Erwartetes Nachfrageverhalten von (9 Uhr) MünsterAbonnenten bei variierendem TagesBestPreis. Quelle: Quast [4] empirische Untersuchung Um Anhaltspunkte zu erhalten, mit welchen Erfolgspotenzialen das neue Tarifmodell verbunden ist, wurde gemeinsam mit den SWMS eine empirische Untersuchung als mündliches Interview mit 342 Probanden durchgeführt. Gegenstand der Untersuchung war die Akzeptanz von elektronischer Karte und Tarikonzept. Den Schwerpunkt bildete die Analyse des Wechselverhaltens zwischen Tages- und Monatstarif 1 . Wichtiges Instrument zur Erhebung der Präferenzen war die Choice-Based Conjoint-Analyse. Grundauswertung Anhaltspunkte für die Akzeptanz des neuen Tarifs liefert die Einschätzung, dass das FlexAbo bzw. der TagesBestPreis die ÖV-Nutzung - tarilich gesehen - einfach machen. Zunächst zum FlexAbo: Über 80 % der Befragten stimmen voll oder zumindest eher zu, dass das Abo die Nutzung einfach gestaltet (vgl. Abbildung 1a). Auch bei einer diferenzierten Betrachtung der Nutzergruppen wird stets ein hoher Anteil an Zustimmung erreicht. Den Spitzenwert nehmen mit gut 92 % interessanterweise Nichtnutzer ein. Dies ist ein erstes Zeichen dafür, dass das FlexAbo die Nutzungsschwelle zum Bus fahren senken und zur Erschließung neuer Stammkunden beitragen könnte. Die Zustimmung dafür, dass der Tages- BestPreis die ÖV-Nutzung einfach macht, scheint zunächst geringer zu sein als beim FlexAbo (vgl. Abbildung 1b). Quantitative Analyse Mit der Choice-Based Conjoint-Analyse (CBCA) wird untersucht, welche Tarife die Nutzer bei verschiedenen Preiskombinationen bevorzugen. Entscheidender Vorteil der CBCA ist, bei der Befragung iktive Kaufentscheidungen umfassend und realitätsnah nachbilden zu können. Jede iktive Kaufentscheidung entspricht der Wahl einer aus drei Produktalternativen (vgl. Abbildung 2). Zur Wahl standen je ein hypothetischer Tages- und Monatstarif sowie die No-Choice-Option. Die Auswahlsituationen (Choice-Sets) wurden dem Probanden sukzessiv vorgelegt und das jeweils präferierte Produkt abgefragt. Probebefragungen auf Basis des vollständigen Designs mit neun Experimenten zeigten, dass nach der Bewertung von ungefähr vier Choice-Sets Ermüdungserscheinungen der Probanden deutlich werden. Aus diesem Grund wurden die Choice-Sets bei jedem Probanden variiert, und zwar so, dass der Preis - ausgehend von einem moderaten Preisniveau - in Richtung der individuellen Zahlungsbereitschaft entweder gesenkt oder erhöht wird. Der Vorteil dieser Methode ist, dass nach maximal sechs (in der Regel drei bis vier) Entscheidungen auf das Wahlverhalten für alle anderen Choice-Sets geschlossen werden kann. Das FlexAbo wurde dabei zwischen 29 und 39- EUR und der TagesBestPreis zwischen 3,70 und 4,70- EUR variiert. Der Maximalpreis des Monatstarifs war auf 50- EUR und der Preis für Ergänzungsfahrten auf 1,80-EUR ixiert. Modellierung der auswahlbasierten Abfrage Aus den wahlbasierten Entscheidungen der Befragten sind nun die individuellen Nutzen- und Präferenzstrukturen abzuleiten. Die CBCA greift hierbei auf das Multinomiale Logit-Modell (MNL) zurück. Schrittweise wurden die Merkmale, die einen signiikanten Einluss auf das Entscheidungsverhalten vermuten lassen, in das Modell integriert und deren Einlussstärke geschätzt. Wie zu erwarten, wurden durch eine Segmentierung nach Ticketart und separater Schätzung tendenziell bessere Modellanpassungen erzielt. Insbesondere das Segment der 9 Uhr MünsterAbo- und MünsterAbo-Nutzer 2 erlangt einen zu- Abb. 2: Den Probanden wurden bis zu sechs Choice-Sets vorgestellt, aus denen sie jeweils eine Auswahlentscheidung zu trefen hatten. Quelle: Quast [4] MOBILITÄT ÖPNV-Tarifmodelle Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 52 friedenstellenden Modell-Fit 3 . Aus diesem Grund vertiefen die folgenden Ausführungen das Entscheidungsverhalten speziell dieser Nutzergruppe. Abbildung 3a zeigt die kompetitive Preisresponsefunktion, wenn der Preis des FlexAbos zwischen 20 und 40-EUR variiert und der TagesBestPreis konstant 4,20- EUR beträgt. Es wäre zu vermuten gewesen, dass die Wahlwahrscheinlichkeit des FlexAbos bei geringen Preisen nahe 100 % ist und erst ab etwa 32- EUR, dem aktuellen Preis für das 9 Uhr MünsterAbo, abfällt. Die Wahlwahrscheinlichkeit beträgt jedoch bei einem attraktiven Preis in Höhe von 25-EUR „nur“ 78 %. Beinahe 15 % der (9 Uhr) MünsterAbonnenten entscheiden sich für No- Choice. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass die Zahlungsbereitschaft geringer ist als der Maximalpreis in Höhe von 50- EUR oder, dass das elektronische Ticket generell abgelehnt wird. Erstaunlicherweise wird mit einem steigenden Preis verstärkt die No-Choice-Option gewählt. Es wäre eher zu erwarten gewesen, dass auf den TagesBest- Preis ausgewichen wird. Im oberen Preisbereich - zwischen 35 und 40- EUR - ist die Zustimmung für das FlexAbo verhältnismäßig hoch. Die Vermutung, dass insbesondere Abonnenten eine sehr hohe Zahlungsbereitschaft für das FlexAbo besitzen, erweist sich als richtig. Es ist jedoch weiterhin nicht auszuschließen, dass die hohen Wahlwahrscheinlichkeiten durch Probanden entstehen, die ihre Entscheidung nach der Höhe des Maximalpreises trefen. Ergänzend ist das Entscheidungsverhalten bei variierendem TagesBestPreis zu untersuchen. Hierzu sei das FlexAbo auf 34-EUR ixiert. In Abbildung 3b ist zu erkennen, dass die Wahlwahrscheinlichkeit des TagesBest- Preises nur bei Preisen zwischen 3 und 4-EUR mehr als 10 % beträgt. Des Weiteren scheint die Höhe des TagesBestPreises einen geringen Einluss auf die No-Choice- Option zu haben. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Zielgruppe dem eTicket prinzipiell kritisch gegenübersteht oder die Zahlungsbereitschaft geringer als der Maximalpreis ist. erlössimulation Anhand der berechneten Marktanteile sind nun die erlösoptimalen Preise für das FlexAbo und den TagesBestPreis bei der Gruppe der (9 Uhr) MünsterAbonnenten abzuleiten. Es werden acht Erlösszenarien formuliert, die sich in ihren Annahmen unterscheiden. Beispielhaft sei mit Abbildung 4 ein Erlösszenario dargestellt, dem folgende Annahmen zugrunde liegen: • Das Nutzungsverhalten bei morgendlichen Fahrten ändert sich trotz der diferenzierten Bepreisung nicht. • Der Nutzer wird, da er die Fahrtenzahl für einen Monat ex ante nicht abschätzen kann, die Ausgaben für den Tages- BestPreis tendenziell unterschätzen. Das Erlösgebirge weist für einen hohen TagesBestPreis ein relativ laches Erscheinungsbild auf (Bereich 1). Der erlösoptimale Preis des FlexAbos ist gleichzeitig 33- EUR (Bereich 2). Interessanterweise nehmen die Erlöse mit einem günstigen TagesBestPreis und einem FlexAbo im oberen Preisbereich erheblich zu (Bereich 3). Sieht man von den Randbereichen ab, lässt sich für kein Szenario ein eindeutiges Erlösmaximum bestimmen. Das Erlösoptimum stellt sich jedoch bei einem Preis ein, der außerhalb der gewählten Preisspanne liegt. Ein als niedrig empfundener Tages- BestPreis ist möglicherweise ein Ansatz, massive Erlöse zu generieren. Allerdings ist dieses Optimum von statistischen Unsicherheiten begleitet und kann nicht ohne weitere Überprüfung empfohlen werden. In einem nächsten Schritt werden die derzeit erwirtschafteten Erlöse den erwarteten Erlösen gegenüber gestellt. Dabei zeigt sich, dass im Vergleich zum Status quo zumindest bei Nutzern eines Münster- oder 9 Uhr MünsterAbos keine Mehrerlöse zu erwarten sind. erlösintensivierung Die dynamischen Monats- und Tagestarife bieten allerdings gleichzeitig das Potential, neue Nutzergruppen zu erschließen. In der empirischen Untersuchung wurde festgestellt, dass besonders Nichtnutzer die tarilich einfache Handhabung des FlexAbos schätzen. Ein Indiz für die Kauf- und Nutzungsbereitschaft liefert folgendes Statement: „Wenn es das FlexAbo gibt, würde ich mich eher für eine Fahrt mit dem Bus entscheiden.“ Etwa 40 % der Nichtnutzer stimmen der Aussage zu oder eher zu. Für Gelegenheitsnutzer und Nutzer von Monats- und Wochentickets ergibt sich ein ähnliches Bild. Die Frage lässt sich präzisieren, indem die Bereitschaft mehr Bus zu fahren für folgenden Preisvektor getestet wird: Das FlexAbo wird für 34- EUR angeboten, der Maximalpreis beträgt 43- EUR. Interessanterweise geben rund 15 % der breiten Masse der Nichtnutzer an, mit diesem Ticket mehr Bus zu fahren. Fazit und Handlungsempfehlungen Der häuig mit dem EFM in Verbindung gebrachte Bestpreis stellt eine interessante tariliche Gestaltungsmöglichkeit dar. Allerdings sind die damit verbundenen Kannibalisierungsefekte nicht zu vernachlässigen und das Tarifsystem, auf welchem der Bestpreis angewendet wird, zu überarbeiten. Die Bandbreite hierfür ist vielfältig. In Münster Abb. 4: Erlösszenerio für (9 Uhr) MünsterAbonnenten: Preis des FlexAbos variiert zwischen 20 und 40 EUR, die Höhe des TagesBestPreises zwischen 3 und 6 EUR. Quelle: Quast [4] Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 53 LIteratur [1] PROBST, GERHARD; HEDEL, RALF: Ertragsmanagement und eTicket: Handlungsmöglichkeiten für Kunden- und Ertragsorientierung. Vortrag, beka-Seminar: Wirtschaftlichkeit von eTicket-Projekten, Berlin, März 2010 [2] ACKERMANN, TILL; ANDERS, JAN; FISCHER, ELKE; FOLLMER, ROBERT: Möglichkeiten des Chiptarifs: Wege zum elektronischen Tarif im öfentlichen Personennahverkehr. In: Der Nahverkehr 19 (2001), Nr. 5, S. 8-15 [3] GRÜNDEL, TORSTEN: Ein Beitrag zur automatisierten Berechnung von Leistungsparametern des ÖPNV mittels Daten aus elektronischen Fahrgeldmanagementsystemen. Dresden: TUDpress, 2006, Dresdner Forschung: Verkehrswissenschaften (Doktorarbeit) [4] QUAST, FERRy: Empirische Untersuchung von Strategien zur Gestaltung und Einführung des elektronischen Fahrgeldmanagements - unter besonderer Berücksichtigung tarilicher Merkmale. 2011 (Diplomarbeit) Ferry Quast, Dipl.-Verkehrswirtschaftler Consultant Probst & Consorten Marketing- Beratung, Dresden f.quast@probst-consorten.de Gerhard Probst, Dipl.-Volkswirt Geschäftsführer Probst & Consorten Marketing- Beratung, Dresden g.probst@probst-consorten.de Stefan Lämmer, Dr.-Ing. Lehrstuhlvertreter Professur für Verkehrsökonometrie und -statistik, TU Dresden stefan.laemmer@tu-dresden.de Reinhard Schulte, Dipl.-Geogr. Hauptabteilungsleiter Nahverkehrsmanagement, Stadtwerke Münster r.schulte@stadtwerke-muenster.de ist es besonders vielversprechend, durch eine preisaggressive Teillatrate in Form eines innovativen Abonnements neue Nutzergruppen zu erschließen und langfristig zu binden. In Betracht kommen z. B. die zahlreichen Radfahrer in Münster, die momentan kein Bindungsprodukt haben. Dies kann in anderen Verkehrsräumen anders sein - die individuelle Situation des jeweiligen Verkehrsmarkts sollte zu unterschiedlichen Lösungsansätzen führen. Bei allem analytischen Aufwand zeigt die Praxiserfahrung, dass eine derart tiefgreifende Erneuerung der Tariierungslogik einer strukturierten Migration sowie kommunikativer Begleitung bedarf. Eine uninspirierte Umstellung sorgt für Wanderungen aus dem höherpreisigen Abonnement - ohne jedoch Mehreinnahmen durch Neukunden zu realisieren. Die vorliegende Untersuchung ist keine komplette Abbildung des Marktes - es gibt noch zahlreiche spannende Aspekte, die einer tieferen Analyse bedürfen. Diese reichen von den Hemmnissen der Registrierung für elektronische Angebote bis zur tarilichen Verknüpfung mit alternativen Mobilitätsformen, wie z. B. Carsharing. ■ 1 Im Gegensatz zur tatsächlich implementierten Tariierungslogik in Münster wurden bei der empirischen Untersuchung Fahrten vor 9 Uhr mit dem TagesBestPreis nicht erfasst. In der morgendlichen Spitzenlast wurde ein Ticket, das preislich der Ergänzungsfahrt entspricht, vorausgesetzt. 2 Im Nachfolgenden wird - wenn sowohl Nutzer des MünsterAbos als auch Nutzer des 9 Uhr MünsterAbos angesprochen sind - die Bezeichnung „(9 Uhr) MünsterAbonnenten“ verwendet. 3 Korrigiertes R2 = 0,350 www.internationalesverkehrswesen.de/ app DVV Media Group GmbH | Tel. +49 40/ 237 14-114 | Fax +49 40/ 237 14-104 | E-Mail: kirsten.striedieck@dvvmedia.com Mobilität, Logistik, Infrastruktur, Technologie und Politik: Wer sich ein Urteil bilden will, sollte umfassend informiert sein. JETZT 3 IN 1: Printausgabe e-Paper App-Ausgabe & (Eurailpress-Kiosk) Die digitalen Ausgaben sind für Abonnenten kostenlos! Registrieren Sie sich einfach unter www.internationalesverkehrswesen.de/ app und wir senden Ihnen Ihre persönlichen Zugangsdaten. Sie haben kein Abonnement? Unter www.eurailpress.de/ kiosk können Sie die App herunterladen und das Angebot kostenlos testen. Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 55 Mobilität und Lebensqualität in Ballungsräumen Seit mehreren Jahren schon gibt es eine intensiv geführte Debatte zur Elektromobilität und zu anderen neuen Mobilitätsformen. Dabei haben sich jedoch die Belastungen durch den Autoverkehr insbesondere in Ballungsräumen nicht wesentlich verringert. Mobilität ist zwar ein wichtiger Bestandteil des sozialen Lebens und damit der Lebensqualität, darf aber nicht nur auf das Auto konzentriert verstanden werden. E ines der elf Kapitel, die der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) in seinem aktuellen Umweltgutachten „Verantwortung in einer begrenzten Welt“ im Juni 2012 veröfentlicht hat, heißt „Mobilität und Lebensqualität in Ballungsräumen“. Das Kapitel gehört damit zu den Umweltthemen, für die der Umweltrat einen besonderen Handlungsbedarf sieht. Die meisten Menschen in Deutschland leben in Ballungsräumen. In diesen dicht besiedelten, stark vom Verkehr geprägten Gebieten belasten Autos die Lebensqualität durch Luftschadstofe, Lärmemissionen und Unfallrisiken. Gleichzeitig verringert der Autoverkehr das Angebot an ruhigen und grünen Flächen, zerschneidet Lebens- und Aufenthaltsräume und schränkt darüber hinaus die Mobilität von nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern, wie zum Beispiel Kindern, erheblich ein (Abbildung- 1). Autozentrierte Infrastrukturen führen dazu, dass die Erreichbarkeit von Zielen für Menschen ohne Auto erschwert wird. Zudem sind die Belastungen sozialräumlich ungleich verteilt: sozial schwächer gestellte Menschen werden überproportional durch Luftschadstofe und Lärm belastet. Lebensqualität in Ballungsräumen Ballungsräume spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer nachhaltigen Gesellschaft: In verdichteten Siedlungsgebieten können Ressourcen wie Energie, Flächen oder Infrastrukturen efektiver genutzt werden. In Ballungsräumen kann darüber hinaus die Erreichbarkeit von Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, ärztlicher Versorgung und ähnlichen Einrichtungen für alle Bewohner besser sicher gestellt werden als auf dem Land, wo dies auch angesichts des demograischen Wandels immer schwieriger wird. Insofern hat die Frage der Lebensqualität in Ballungsräumen eine zunehmende Relevanz. Ziel sollte es sein, die Lebensqualität aller Menschen in den Ballungsräumen zu erhalten und zu verbessern. Dazu ist insbesondere ein umweltgerechter Verkehr notwendig. Prognosen, wie sich der Personenverkehr in Zukunft entwickeln wird, zeigen kein eindeutiges Bild. Bereits seit Jahren wachsen die Personenverkehrsleistung und der motorisierte Individualverkehrnur in sehr geringem Umfang. Ob es zukünftig eine Zu- oder Abnahme des Autoverkehrs geben wird, hängt - neben der Bevölkerungsentwicklung - unter anderem von der Wirtschaftsleistung sowie von der Preisentwicklung im motorisierten Individualverkehr und beim öfentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ab. Die Autoren: Miriam dross, Markus Salomon, elisabeth Schmid, christian Simon Foto: Miriam Dross MOBILITÄT Umweltgerechter Verkehr MOBILITÄT Umweltgerechter Verkehr Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 56 Abb. 1: Flächenbeanspruchung durch den ließenden Verkehr Quelle: [1] Auch in Bezug auf das Mobilitätsverhalten lassen sich für die Zukunft keine eindeutigen Trends ablesen. Einerseits weisen Untersuchungen darauf hin, dass die Automobilität bei den Senioren leicht ansteigt, andererseits kann ein leichter Rückgang der Pkw-Nutzung und eine zunehmende Multimodalität bei Jugendlichen verzeichnet werden. Gleichzeitig gibt es insbesondere in Ballungsräumen ein wachsendes Interesse am Zufußgehen und am Fahrradfahren. Unabhängig von den Beweggründen für das veränderte Mobilitätsverhalten von Jugendlichen sollte dieses als ein Ansatzpunkt für eine zukünftige, nachhaltige Mobilität genutzt werden. Leitbild für eine nachhaltige Mobilität sollte sein, die Belastungen, die durch den Autoverkehr entstehen, so weit wie möglich zu vermindern. Gleichzeitig darf die Mobilität und die Erreichbarkeit wichtiger Ziele nicht eingeschränkt werden. Das bedeutet konkret, den Anteil des Autoverkehrs zu verringern, ihn langsamer und sauberer zu machen sowie in den Umweltverbund (Fuß- und Fahrradverkehr sowie ÖPNV) zu investieren und ihn verstärkt zu fördern. Dafür lassen sich Qualitätsziele formulieren, die sich beispielweise auf eine saubere Luft, die Verkehrssicherheit, lärmarme Aufenthaltsräume sowie die Anzahl der Grünlächen im direkten Wohnumfeld beziehen. Außerdem sollten Ziele für den Modal Split (Verkehrsmittelwahl) und den Umweltverbund aufgestellt werden. Aus den Qualitätszielen lassen sich konkrete Indikatoren ableiten, anhand derer die Zielerreichung überprüft werden kann. Maßnahmen für umweltgerechten Verkehr Der SRU hat im Umweltgutachten 2012 eine Reihe von Maßnahmen dargestellt, die den umweltgerechten Verkehr in Ballungsräumen fördern können. Zunächst ist es grundsätzlich wichtig, für Kostentransparenz und -internalisierung im Verkehr zu sorgen. Zahlreiche inanzielle Fehlanreize sowie direkte und indirekte Subventionen des privaten Autoverkehrs tragen zu einer autozentrierten Struktur bei. Eine Untersuchung umweltschädlicher Subventionen kommt zu dem Ergebnis, dass im Verkehrssektor im Jahr 2008 Subventionen in Höhe von 23 Mrd. EUR zur Belastung der Umwelt beitrugen [4]. Dazu zählen neben der Entfernungspauschale die Energiesteuervergünstigung für Dieselkraftstof und die niedrige Besteuerung privat genutzter Dienstwagen. Diese Subventionen sollten auf Bundesebene überprüft und neu gefasst werden. Die weitere Verbesserung des Emissionsverhaltens von Fahrzeugen ist notwendig und sollte durch die Weiterentwicklung der Emissionsvorschriften für Kraftfahrzeuge unterstützt werden. Umweltzonen sollten so fortentwickelt werden, dass sie auch zukünftig die Einführung emissionsarmer Autos fördern und neben der Feinstaubbelastung zudem die Emissionen anderer Schadstofe in den Innenstädten mindern. Die Einführung von Elektrofahrzeugen ist - wenn diese mit regenerativ erzeugter Elektrizität versorgt werden - eine wichtige Maßnahme, um Lärm- und Schadstofemissionen und Treibhausgase zu reduzieren. Allerdings können mit Elektrofahrzeugen viele andere Belastungen des Verkehrs nicht reduziert werden. Elektrofahrzeuge könnten aber in Bereichen, in denen ein Verzicht auf Pkw oder Lkw schwierig ist, zum Beispiel im innerstädtischen, kleinteiligen Lieferverkehr, eine beudetende Rolle spielen. Die Förderung der Bundesregierung sollte sich hierauf konzentrieren. Verlagerung des motorisierten Individualverkehrs Darüber hinaus ist es aber zentral, den ÖPNV sowie den Fahrrad- und Fußverkehr zu fördern. Die Bedeutung des ÖPNV für die Mobilität der Menschen ist hoch: 2010 wurden in Deutschland täglich fast 30 Mio. Fahrten im ÖPNV unternommen [5]. Im Vergleich zu 2005 zeigt sich ein fortgesetzter Zuwachs der Fahrgastzahlen. Daher benötigen die Kommunen auch nach Auslaufen bestehender Finanzierungsinstrumente weiterhin inanzielle Unterstützung für den Erhalt des ÖPNV. Aus diesen Gründen empiehlt der SRU ein ÖPNV-Finanzierungsgesetz des Bundes. Die Ausweitung des Fahrradverkehrs besitzt ein großes Potenzial für die Verlagerung des motorisierten Individualverkehrs, Abb. 2: Modal Split in deutschen Städten Quelle: [3] Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 57 in den Ballungsräumen, wo 50 % aller Pkw- Fahrten kürzer als 5 km sind [6]. Gerade bei dieser Entfernung sind aber Auto und Fahrrad von Tür zu Tür gleich schnell, bei kürzeren Strecken ist das Fahrradfahren sogar schneller. Der Nationale Radverkehrsplan 2002 bis 2012 enthielt zwar einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Förderung des Fahrradverkehrs, erzielte jedoch nur begrenzte Umsetzungserfolge. Der Nationale Radverkehrsplan soll durch einen Folgeplan für den Zeitraum von 2013 bis 2020 fortgeführt werden. Wünschenswert wäre es, in diesen nunmehr auch quantiizierte Ziele zum Modal Split und zu gefahrenen Fahrrad-Kilometern aufzunehmen. Ein umweltfreundlicher Verkehr erfordert eine vorausschauende und langfristige Planung. Es ist insgesamt notwendig, den öfentlichen Raum in Ballungsräumen gerechter zu verteilen und die Geschwindigkeiten der Verkehrsteilnehmer anzugleichen. Dies bedeutet eine fahrrad- und fußgängerfreundliche Infrastruktur mit Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit für motorisierte Fahrzeuge in Innenstädten. Auch die Parkraumbewirtschaftung ist - wenn sie richtig ausgestaltet wird - ein wichtiges Instrument zur Steuerung der Platzinanspruchnahme im öfentlichen Raum und zur Reduzierung des Autoverkehrs. In den meisten Ballungsräumen Deutschlands fehlen verbindliche integrierte Konzepte, die mit anderen Planungen, zum Beispiel im Hinblick auf Luftreinhaltung und Lärm, aber auch der Stadtplanung, koordiniert sind. Dazu tritt der nicht problemadäquate Raumbezug: Die einzelnen Kommunen können wesentliche verkehrserzeugende Bedingungen nicht beeinlussen, weil ihre Planungen die umliegende Region, die wegen der Verlechtungen der Verkehre von hoher Bedeutung ist, nicht erfassen. Ziel einer integrierten Verkehrsentwicklungsplanung sollte es sein, die Lebensqualität in den Ballungsräumen zu erhalten und zu verbessern. Wie dargestellt, kann dies insbesondere durch die Förderung des Umweltverbundes gelingen. Ein hoher Anteil des Fahrrad-, Fuß- und ÖPNV-Verkehrs am Personenverkehrsaukommen in Ballungsräumen gewährleistet eine hohe Mobilität und Erreichbarkeit, gleichzeitig werden die Belastungen durch den Autoverkehr verringert. Dort, wo es einen attraktiven ÖPNV und gute Möglichkeiten für Fahrradfahrer und Fußgänger gibt, ist der Anteil des Umweltverbundes am Modal Split regelmäßig hoch (Abbildung- 2). LIteratur [1] BRACHER, T., BACKES, T., URICHER, A. (2002): Möglichkeiten der Umweltentlastung und Kostenreduzierung im Verkehr durch Verkehrsplanung − mit Leitfaden für die LCTP-Anwendung in Kommunen, Berlin: Umweltbundesamt. UBA-Texte 23/ 02. [2] SRU (Sachverständigenrat für Umweltfragen) (2012): Umweltgutachten 2012. Verantwortung in einer begrenzten Welt. Berlin: Erich Schmidt. [3] UBA (Umweltbundesamt) (Hrsg.) (2009c): Daten zum Verkehr. Ausgabe 2009. Dessau-Roßlau: UBA. [4] SCHRoDE, A., BURgER, A., ECKERMAnn, F., BERg, H., THIELE, K. (2010): Umweltschädliche Subventionen in Deutschland. Aktualisierte Ausgabe 2010. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt. [5] Destatis: Pressemitteilung vom 7. April 2011 [6] Bundesregierung (2007): Zweiter Bericht der Bundesregierung über die Situation des Fahrradverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland. Unterrichtung durch die Bundesregierung. Berlin: Bundesregierung. S. 6. Miriam dross, ass. jur., LL.M. Wissenschaftliche Mitarbeiterin Sachverständigenrat für Umweltfragen Berlin Miriam.Dross@umweltrat.de Markus Salomon, Dr. Wissenschaftlicher Mitarbeiter Sachverständigenrat für Umweltfragen Berlin Markus.Salomon@umweltrat.de elisabeth Schmid, Dr. Wissenschaftliche Mitarbeiterin Sachverständigenrat für Umweltfragen Berlin elisabeth.Schmid@umweltrat.de christian Simon Stellvertretender Generalsekretär Sachverständigenrat für Umweltfragen christian.simon@umweltrat.de Weitere Potenziale können erschlossen werden, denn Befragungen zeigen, dass auch ein großer Anteil der Autofahrer dem Umweltverbund grundsätzlich positiv gegenüber steht. Daher regt der SRU an, dass sich Ballungsräume das Ziel setzen, bis 2025 ihren Anteil des Umweltverbundes am Modal Split um 20 % zu erhöhen. Langfristig wäre ein Anteil des Umweltverbundes von 70 bis 80 % für die Entwicklung eines nachhaltigen Verkehrs zielführend. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen heute und in den kommenden Jahren die Weichen gestellt werden. ■ S-Park unterirdischer Schacht Skyline Parking AG : : Parken neu definiert Automatische Parksysteme Vorteile Platzeffizienz Geschwindigkeit Redundanz Rentabilität Umweltfreundlichkeit Sicherheit Produkte Skyline T-Park L-Park S-Park C-Park R-Park www.skyline-parking.com Lagerhausstrasse 3, 8400 Winterthur info@skyline-parking.com C-Park Park & Ride L-Park laterale, in Gebäude integrierte Lösung T-Park Parking Turm R-Park Autos im Kern der Spiral-Rampe TecHNOLOGIe Interview Gerhard Steiger Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 58 Je mehr Fahrzeuge ausgerüstet sind, desto sicherer Laut UNO-Angaben kommen jedes Jahr weltweit rund 1,3 Mio. Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben, etwa 50 Mio. werden verletzt. 90 % aller Unfälle entstehen durch vorangegangene Fahrfehler. Die Daten der internationalen Unfallforschung sind auch Basis für die Entwicklung wirksamer Fahrerassistenzsysteme. Welches System wie ausgereift ist und wo die Zukunft liegt, hat Kerstin Zapp mit Gerhard Steiger, dem Vorsitzenden des Bosch-Geschäftsbereichs Chassis Systems Control, besprochen. herr Steiger, innerhalb von zehn Jahren könnte laut uno-Bericht die Zahl der verkehrstoten auf weltweit 1,9 Mio. Menschen jährlich klettern - maßgeblich getrieben durch den stark wachsenden Straßenverkehr in Schwellenländern. Ist diese entwicklung durch Fahrerassistenzsysteme aufzuhalten? Damit diese schreckliche Prognose nicht Realität wird, sind alle Beteiligten gefordert: die Politik, die Verbände, die Automobilindustrie und auch die Autofahrer selbst. Assistenzsysteme können einen wichtigen Beitrag leisten. Sie helfen dem Fahrer, kritische Situationen früher zu erkennen und sie besser zu meistern. Unfälle lassen sich so verhindern oder zumindest abschwächen. Systeme wie das Elektronische Stabilitätsprogramm ESP konnten die Zahl der Verkehrstoten bereits deutlich reduzieren, und künftige Funktionen werden einen weiteren bedeutenden Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten - vorausgesetzt, möglichst viele Fahrzeuge werden damit ausgestattet. aber die Systeme sind nicht billig, werden bisher kaum für kleine und günstige Fahrzeuge angeboten und in den Schwellenländern ist die Kaufkraft geringer als in der westlichen welt. wie wird dieser Konlikt gelöst? In den vergangenen Jahren haben Hersteller und Zulieferer die Systeme stetig weiterentwickelt. Sie wurden einerseits immer leistungsfähiger und andererseits immer günstiger. In den etablierten Märkten wird daher eine immer größere Zahl an Funktionen in immer kleineren Fahrzeugklassen angeboten - und dieser Trend wird sich fortsetzen. Wir bei Bosch haben das Ziel „Sicherheit für alle“. Das heißt, wir entwickeln nicht nur neue Assistenzsysteme und Funktionen, sondern treiben Innovationen voran, die die bestehenden Systeme kostengünstiger machen und so den Einsatz auch in preisgünstigen Fahrzeugen in Schwellenländern ermöglichen. So haben wir für Länder wie Brasilien und Indien kostengünstige Antiblockiersysteme und Airbag-Steuergeräte entwickelt, die wir auch großteils vor Ort fertigen. Im kommenden Jahr 2013 bringen wir beispielsweise einen kostengünstigen Mittelbereichs-Radarsensor auf den Markt, der sich insbesondere für den Einsatz in der Mittel- und Kompaktklasse eignet. Darüber hinaus lassen sich Sensoren oft mehrfach verwenden: Multifunktions-Kamerasysteme etwa ermöglichen in der Regel bis zu vier Funktionen wie Verkehrszeichenerkennung, eine intelligente Lichtsteuerung, Spurhaltesysteme und eine Objekterfassung, die die Adaptive Cruise Control (ACC) -Funktion unterstützt. welche techniken würden Sie als Basisausstattung bezeichnen, welche als „nice to have“? Zahlreiche internationale Studien belegen, dass ESP der wichtigste Lebensretter nach dem Sicherheitsgurt ist. Bei Motorrädern sehen wir das Antiblockiersystem an erster Stelle. Zu den Systemen mit einem nachgewiesenen Sicherheitsnutzen können auch das vorausschauende Notbremssystem und die Spurhaltesysteme hinzugerechnet werden. Aber auch komfortsteigernde Assistenzsysteme wie zum Beispiel das ACC Stop&Go bieten dem Autofahrer sinnvolle Unterstützung. Mehr als 75 Mio. eSP-Systeme hat Bosch seit dem Serienstart 1995 gefertigt und damit vor allem Schleuderunfälle verhindert. hat das eSP noch verbesserungspotenzial, und wie sehen die vernetzungsmöglichkeiten aus? Weltweit hat erst jeder zweite neu produzierte Pkw den Schleuderschutz an Bord. Allein in einer steigenden Ausstattungsrate liegt also noch ein ungeheures Potenzial. Die Vernetzung des ESP mit Umfeldsensoren macht zudem neue Sicherheitsfunktionen möglich. Mithilfe von Radarsensoren lassen sich beispielsweise Funktionen wie ACC und der vorausschauende Notbremsassistent realisieren. Videosensoren sind Teil von Nachtsicht- und Spurhaltesystemen, einer intelligenten Lichtsteuerung und einer Verkehrszeichenerkennung. Ultraschallsensoren wiederum kommen beim automatisierten Einparken zum Einsatz. Das eSP muss ab 2014 innerhalb der eu in alle neufahrzeuge eingebaut werden, in den uSa ist es schon Plicht. Bei Lkw und Bussen ab 3,5 t sind zusätzlich von 2015 an Spurhalte- und notbremsassistenz für neuzulassungen bindend. Gibt es die Möglichkeit, ältere Fahrzeuge nachzurüsten? Die Antwort hierzu ist leider Nein. ESP kann nicht nachgerüstet werden. Um den Fahrer in allen Situationen bestmöglich zu unterstützen, wird das Eingrifsverhalten des Systems sehr aufwändig an das jeweilige Fahrzeugmodell angepasst. Faktoren wie Fahrzeuggewicht, Schwerpunktlage, Radstand und Motorleistung werden unter anderem berücksichtigt - und nicht zuletzt das vom Automobilhersteller gewünschte modellspeziische Fahrverhalten. Dieser Aufwand ist nachträglich nicht mehr ver- Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 59 tretbar. Dies gilt grundsätzlich auch für alle leistungsfähigeren Assistenzsysteme. Ist die weiterentwicklung der assistenz- und Sicherheitssysteme auch der wachsenden Mobilität im alter geschuldet? Fahrerassistenzsysteme greifen diese Bedürfnisse auf und unterstützen und entlasten den Fahrer im zunehmenden Verkehrsgeschehen. Aber nicht nur ältere, auch jüngere Menschen wissen Komfort und Sicherheit durchaus zu schätzen. Stichwort Menschen: einige fühlen sich nicht entlastet, sondern bevormundet. wie weit entscheidet der Fahrer noch allein? Die heutigen Sicherheitssysteme bevormunden den Fahrer nicht, sondern unterstützen in kritischen Situationen - so greift ESP erst ein, wenn das Fahrzeug zu schleudern droht. Ein weiteres Beispiel: Beim vorausschauenden Notbremssystem kann der Fahrer jederzeit durch Lenken oder Gasgeben die Fahrverantwortung wieder übernehmen und das System übersteuern. ein anderer Diskussionspunkt ist, dass einige techniken noch nicht ausgereift sein sollen. wo trift das zu? In Serie beindliche Systeme sind vielfach erprobt - in Fahrsimulatoren und in umfangreichen Feldversuchen. Aber natürlich gibt es Projekte, an denen wir derzeit arbeiten und die erst in den kommenden Jahren auf den Markt kommen. Ein Beispiel ist die Objekterkennung. Sie ist eine große Herausforderung für die Entwickler, es wurde aber bereits Erhebliches geleistet. So ließt die Fußgängererkennung zunehmend in Serienfunktionen ein - beispielsweise in unser Nachtsichtsystem. Auch die Nutzung von Navigationsdaten zur Warnung vor scharfen Kurven steht in den Startlöchern. An der Kommunikation des Autos mit anderen Fahrzeugen und der Infrastruktur arbeitet die ganze Branche derzeit sehr intensiv. Bosch beteiligt sich unter anderem am Feldversuch „simTD“ im Großraum Frankfurt. Eine maßgebliche Verbreitung von Funktionen, die der Sicherheit dienen und den Verkehrsluss optimieren werden, ist aber erst in einigen Jahren zu erwarten. um wie viel geringer ist heute schon die Gefahr, an einem unfall beteiligt zu sein, für Fahrzeuge, die mit Systemen wie eSP, abstandsregler und Spurhalteassistent ausgestattet sind? Nutzenanalysen für Sicherheitssysteme sind sehr komplex, und bisherige Untersuchungen konzentrieren sich immer auf eine speziische Funktion. Ein besonders großes Plus an Sicherheit bietet zahlreichen internationalen Studien zufolge das ESP. Wären alle Fahrzeuge damit ausgestattet, ließen sich 80 % aller Schleuderunfälle verhindern. Eigene Auswertungen der GIDAS- Datenbank zeigen, dass eine durchgängige Ausrüstung mit Spurhalteassistenten jeden vierten relevanten Unfall in Deutschland verhindern könnte. Das entspricht mehr als 4200 Unfällen mit Personenschaden. Die gleichen Daten lassen auch den Schluss zu, dass ein vorausschauendes Notbremssystem die Zahl der Aufahrunfälle mit Personenschaden in Deutschland um bis zu 72 % senken würde. Notbremssysteme für Geschwindigkeiten unter 30 km/ h könnten dem Allianz-Zentrum für Technik zufolge jährlich über 500 000 Bagatellunfälle allein in Deutschland verhindern. herr Steiger, vielen Dank für dieses Gespräch. Gerhard Steiger seit dem 1. Januar 2012 Vorsitzender des Bereichsvorstands des geschäftsbereichs „Chassis Systems Control“ im Unternehmensbereich Kraftfahrzeugtechnik der Robert Bosch gmbH. ZUR PeRSON Im Jahr 2011 gab die Robert Bosch gmbH rund 4,2-Mrd.-EUR für Forschung und Entwicklung aus und meldete weltweit mehr als 4100-Patente an. Das Unternehmen hat unter anderem das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) entwickelt und bereits 1978 das erste elektronisch gesteuerte Antiblockiersystem (ABS) auf den Markt gebracht. Der Bereich Kraftfahrzeugtechnik ist der größte der Bosch-Gruppe und trug 2011 mehr als 30-Mrd.-EUR oder 59 % zum Umsatz bei. Das Unternehmen ist Partner der Informationskampagne „Bester Beifahrer“ des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR). ZUM UNTeRNeHMeN ■ Fotos: Bosch TecHNOLOGIe Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 60 L ange Zeit waren Fahrzeugkombinationen (Fz-Kombinationen), die über die in der StVZO festgelegten Maximaldaten hinausgehen, ugs. Gigaliner, in Deutschland umstritten. Inzwischen läuft der Feldversuch mit den sog. Lang-Lkw in sieben Bundesländern. Wie die Fz-Kombination eines Lang-Lkw konkret aussieht, ist nicht deiniert. Festgelegt sind nur die zulässige Maximallänge von 25,25 m sowie das zulässige Gesamtgewicht von 44 t (sog. Eurocombi). Es gibt zahlreiche Kombinationen, die diesen Randbedingungen gehorchen; einige Beispiele sind in Abbildung-1 dargestellt. Eine Fz-Kombination, ein Standard-Lkw mit angehängtem Dolly und darauf aufgesetztem Sattelaulieger wurde zu Testzwecken eines weiter entwickelten Schleppkurven-Messverfahrens mit diferentiellem kinematischen GPS verwendet. Die Fz-Kombination ist allerdings länger als das zulässige Lang-Lkw-Maß, weshalb eine Untersuchung ihrer Kurvengängigkeit besonders aufschlussreich ist. Über viele Aspekte der Lang- Lkw in allen möglichen Kombinationen wurde in letzter Zeit kontrovers diskutiert. In der Untersuchung kann lediglich der Aspekt der Kurvengängigkeit speziell dieser Fz-Kombination mit präzisen Messdaten belegt werden. Messverfahren und Postprocessing-Software An der Universität der Bundeswehr München, Fakultät für Bauingenieur- und Vermessungswesen, wird seit einigen Jahren das in Zusammenarbeit des Instituts für Geodäsie und des Instituts für Verkehrswesen und Raumplanung entstandene zentimetergenaue Schleppkurven-Messverfahren, beruhend auf kinematischem DGPS (diferentiellem GPS), weiterentwickelt. Als Vorbereitung für den Test wird jedes in sich starre Fahrzeug bzw. jeder gelenkige Fahrzeugteil eines mehrgliedrigen Zuges oder eines Gelenkfahrzeugs mit zwei GPS-Antennen bestückt. Zur Gewinnung der Grundrissprojektion der Fahrzeugaußenkonturen werden die Positionen der Wagenkasteneckpunkte und der Antennen in einem lokalen fahrzeugbezogenen Koordinatensystem eingemessen. Auf diese Weise kann man den Fahrzeuggrundriss (ohne überstehende Teile wie Spiegel usw.), der vereinfacht als Rechteck dargestellt wird, und die relative Lage der Antennenpositionen dazu bestimmen. Das Programm ist aber auch dafür ausgelegt, erforderlichenfalls kompliziertere Fahrzeugumrisse, z. B. mit einspringenden Ecken wie sie bei Flugzeugen vorkommen, aufzunehmen. Dann wird der Umriss durch ein Polygon mit entsprechend vielen aufzunehmenden Punkten angenähert. Die am Erfassungsrechner per Kabel angeschlossenen GPS-Empfänger geben im 10 Hz-Takt Daten im NMEA-Format aus, die gespeichert werden. Darin enthalten sind u. a. die notwendigen Informationen GPS-Zeit, Koordinaten der momentanen Antennenposition und Qualität der Messung. Mit den in den Empfängern hinterlegten Transformationsparametern werden die 2D-Lagekoordinaten (Rechts- und Hochwert) unmittelbar vom Empfänger berechnet und ausgegeben. Mit den vorab erfassten Antennenpositionen im lokalen Fahrzeugsystem können so die Fahrzeugecken im übergeordneten Koordinatensystem (GK-Landeskoordinaten) bestimmt werden. Die kartierten Verbindungen der Fahrzeugeckpunkte im übergeordneten System ergeben eine Folge von „Momentanbildern“ der Fahrzeugposition. Bei dichter Momentanbildfolge lässt sich daraus per Augenschein die beanspruchte Schleppkurvenläche erkennen. Die mathematische Lösung ist etwas komplizierter. Die exakte Ermittlung der Einhüllenden der von einem Fahrzeug in enger Kurvenfahrt überstrichenen Fläche, also der Schleppkurve im landläuigen Sinn, ist kein triviales Problem. Bei der theoretischen Erzeugung mit den handelsüblichen Simulationsprogrammen im Straßenwesen, die die Vorgabe einer Leitlinie voraussetzen, Schleppkurven von Lang-Lkw Der Einsatz von Lang-Lkw auf Deutschlands Straßen gilt als umstritten. Ein häuiges Argument für die Kritik an den Fahrzeugen ist ihre unzureichende Kurvengängigkeit, die den Verkehr behindert. Ob diese Beurteilung der Wahrheit entspricht, wurde mit Hilfe des GPS-Schleppkurven-Messverfahrens überprüft. Die Autoren: Wolfgang Wirth, Serif caliskan, Jessica Glabsch, Stefan Schuhbäck Abb. 1: Mögliche Kombinationen von Lang-Lkw Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 61 TecHNOLOGIe Wissenschaft aufgezeichneten Wagenkästen oder auch nur jeder n. Wagenkasten (n = Element der natürlichen Zahlen) dargestellt werden. Die aufgezeichnete Messfahrt kann am Bildschirm verfolgt werden, indem nacheinander jede einzelne Position angeklickt, d. h. jedes einzelne Wagenkasten-Momentanbild farbig hervorgehoben werden kann. Auch Daten aus dem Fahrzeug-CAN-Bus, die während der Schleppkurvenmessfahrt aufgenommen werden, wie der Lenkradwinkel, können synchron zu dem Datenstrom der GPS- Antennen zugespielt werden, so dass sie für die Auswertung zur Verfügung stehen. Die Winkelgeschwindigkeit beim Lenkradeindrehen kann z. B. als Indikator für die Steuerungsbequemlichkeit bzw. -unbequemlichkeit herangezogen werden. Die Software erlaubt die Darstellung eines Lenkradwinkeldiagramms mit der Zeitachse als Abszisse. Wiederum kann man im Programm ein Wagenkasten-Momentanbild anklicken, wobei der synchrone Kurvenpunkt im Diagramm farbig erscheint. Testfahrzeuge Die für den Test zur Verfügung stehende Fz- Kombination (Abbildung-2) bestand aus: • Lkw MAN TGS 26.400 6 x 2 - 4 LL mit Krone Cool-Carrier-Kühlkoferaubau • Dolly Krone ZZB 18 eLZ • Sattelaulieger Krone Standard. Die Fz-Kombination hat eine rechnerische Gesamtlänge von 26,03 m, übertraf also die zulässige Lang-Lkw-Länge um rund einen Dreiviertelmeter. Damit hat es Folgendes auf sich: Viele Dollys haben eine längenverstellbare Deichsel. Um Fehleinstellungen, wie sie im praktischen Güterverkehr nicht auszuschließen sind, zu simulieren, hat man ein Worst case-Szenario inszeniert und die Länge der Testkombination auf rund 26 m eingestellt. Das lag aus zwei Gründen nahe: Erstens war es einer der letzten Tests auf privatem Werksgelände vor dem Großversuch auf den öfentlichen Straßen. Zweitens lag man mit der Überlänge auf der sicheren Seite: Wenn die Testkombination die Bedingungen der engen Kurvenfahrt erfüllt, dann erfüllt sie der reguläre Lang-Lkw mit 25,25 m Gesamtlänge allemal. Das MAN-Zugfahrzeug hat zwei angetriebene und vier gelenkte Räder. Der Krone Dolly ist ein zweiachsiges Drehgestell, dessen Vorderräder stellt sich die Frage, inwieweit ein Durchschnittsfahrzeugführer bei einer realen Fahrt derjenigen Leitlinie folgt, die in der Simulationssoftware unterstellt wird (vgl. auch [5]). Bei der empirischen Aufnahme real gefahrener Schleppkurven wird leicht übersehen, dass es nicht ausreicht, die Trajektorien der Wagenkasteneckpunkte oder der Hinterachsenendpunkte zu betrachten. Vielmehr müssen für die Momentanbilder in beliebig dichter Folge die Wagenkanten konstruiert werden. Wie leicht man hier einem Trugschluss unterliegen kann, zeigt u. a. [1], S.-4; denn insbesondere bei mehrgliedrigen Fahrzeugen und/ oder der Durchfahrung gegengekrümmter Kurven bleibt die Lage des auf der konkaven Seite maßgebende Berührpunkts zwischen Einhüllender und Tangentenkurvenschar in Bezug auf den Fahrzeugumriss nicht ix, sondern wandert auf der seitlichen Wagenkastenkante. Mathematisch gesprochen handelt es sich um die beidseitige Ermittlung der Enveloppe, der Einhüllenden einer Kurvenschar. Eine Lösung dieser Aufgabenstellung, die wegen ihrer Komplexität z. B. nicht einfach mit der Delaunay- Triangulation zur Hüllkurvenermittlung einer Punktwolke bewältigt werden kann, ist in [3] entwickelt. Die je Fahrzeugglied durchzuführenden Operationen in Stichworten: Interpolation der Momentanbilder in beliebiger Dichte durch Konstruktion der Eckpunkttrajektorien mittels kubischem Spline - Bestimmung des Momentanpols mittels der Eckpunkt-Geschwindigkeitsvektoren - Beschreibung des Wagenkastengebiets mittels Ungleichungen - Konstruktion der beidseitigen Randkonturen, wobei die innere Enveloppe dem „langsamsten“ Punkt, die äußere dem „schnellsten“ Punkt entspricht - Lösung einer Optimierungsaufgabe „Suche nach dem Punkt mit Minimalabstand zum Momentanpol“, um den o. g. Berührpunkt auf der Einhüllenden zu inden - Sortieren der ermittelten Enveloppe- Stützpunkte mittels eines speziell entwickelten Algorithmus, um per Interpolation konsistente Hüllkurven zu erhalten - ggf. Überlagerung der Schleppkurvenlächen der einzelnen Fahrzeugglieder. Die Postprocessing-Software bietet beide Darstellungsformen an: Wagenkasten-Momentanbilder oder Umrissdarstellung der Schleppkurvenläche. Im ersten Fall können wahlweise alle 4,80 1,35 2,57 3,45 2x0,70 26,03 1,57 2,73 2,00 2,00 Abb. 2: Für den Test verwendete Lang-Lkw-Kombination TecHNOLOGIe Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 62 Die Kleinen Kreisverkehre, die schon für die herkömmlichen Lastzüge und 15 m-Reisebusse manchmal schwierig zu befahren sind, wurden an zwei Varianten getestet, und zwar an der kleinsten und an der größten Innerorts-Ausführung gemäß [2] mit Außendurchmessern von 26 m bzw. 40 m. Der 40 m-Kreisverkehr stellt besonders wegen der geringen Breite der Ringfahrbahn gemäß [2] für Langfahrzeuge eine Herausforderung dar. Wie in [6] nachgewiesen, sind einzelne Eckausrundungsvorgaben in [2] für ein problemloses Befahren zu gering angesetzt. Deswegen wurden beim hier vorliegenden Schleppkurventest in beiden Situationen mit Kreisverkehren jeweils nur der Innenkreis (Kreisinselkante), der Außenkreis sowie die Ränder der Kreiszu- und ausfahrten (Fahrbahnteilerkante, Fahrstreifenaußenkante) markiert, nicht jedoch die Ausrundungen im Übergang von den Zubzw. Ausfahrten zur Ringfahrbahn. Die Fahrstreifenbreite der Kreiszufahrten wurde mit 3,50 m, die Breite der Kreisausfahrten mit 3,75 m angenommen, unter Zugrundelegung eines 2,50 m breiten parallellankigen Fahrbahnteilers. Die gewählten Fahrstreifenbreiten entsprechen dem Mittelwert für Innerortslage, der mit dem Mindestwert für Außerortslage des Kreisverkehrs identisch ist, jeweils nach Tab.-3 in [2]. Die Markierung der Fahrbahnbzw. Fahrstreifenränder erfolgte mit gelber Fettkreide, zusätzlich wurden in Abständen von ca. 1 m Holzklötze an der Markierung entlang auf die Fahrbahn aufgelegt, um den dreidimensionalen Eindruck eines Bordsteins für den Kraftfahrer zu simulieren - diese Vorgehensweise hat sich bei den früheren Schleppkurventests des Instituts für Verkehrswesen und Raumplanung der Universität der Bundeswehr München bewährt. An den - dreiarmig konzipierten - K leinen Kreisverkehren wurden jeweils zwei unterschiedliche Manöver durchgeführt: Eine 1/ 2-Kreisdurchfahrt und eine 3/ 4-Kreisdurchfahrt - das sind diejenigen Manöver, bei denen gegensinnig gekrümmte Kurven durchfahren werden müssen. Im Gegensatz dazu ist das bei einer 1/ 4-Kreisdurchfahrt nicht der Fall. Bezüglich der Knotenpunktgeometrie der Kreisverkehre ist anzumerken, dass die Achsen der Knotenpunktarme-1 und 2 in einer Durchmesserlinie lagen (Drehung um 180°), sowie dass aufgrund der Randbedingungen des Testgeländes die Achse des 3. Armes nicht symmetrisch in 270° angelegt werden konnte, sondern bei etwa 285° lag. Schließlich gab es noch eine Testsituation „freie Fahrt“, bei der keine geometrischen Vorgaben einer Verkehrsanlage markiert waren. Dabei sollte der Kraftfahrer einen Wendekreis mit kleinstmöglichem Außendurchmesser, also mit vollem Lenkradeinschlag bzw. praktisch möglichem maximalem Lenkwinkel, fahren. Die Situation wurde aus Zeitgründen nur im Uhrzeigersinn durchfahren, weil dieser Fall insbesondere für die Eckenausrundung beim Rechtsabbiegen automatisch aktiv gelenkt werden, wobei der Radeinschlag mechanisch in Abhängigkeit vom Deichselwinkel erfolgt (vgl. Abbildung-3). Das Ladevolumen der gesamten Kombination beträgt ca. 157 m 3 bei einem Gesamtgewicht von 44 t. Im Vergleich dazu beträgt das Ladevolumen bei einem herkömmlichen Gliederzug (Lkw mit Anhänger) ca. 120 m3, bei einem herkömmlichen Sattelzug 90 bis 100 m 3 jeweils bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 t. Testprogramm und -durchführung Das Testprogramm konzentrierte sich auf die StVZO-Vorgabe zu den Kurvenlaufeigenschaften sowie auf den Kleinen Kreisverkehr. Das detaillierte Testprogramm ist Tabelle-1 zu entnehmen. Der sog. BO-Kraftkreis gemäß §- 32 StVZO als Grundvoraussetzung für ein allgemein zugelassenes Straßenkraftfahrzeug wurde im und gegen den Uhrzeigersinn durchfahren (vgl. Abbildung-4). Abb. 3: Krone-Dolly, aktiv gelenkt − Typ: ZZB 18 elZ Abb. 4: Testsituation BO-Kraftkreis Foto: Roman Dittrich, Ellen Marsmann Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 63 TecHNOLOGIe Wissenschaft am Kreisringinnenrand, also zwischen konkaver Hülle der Schleppkurvenläche und BO-Kraftinnenkreis, eine von der Fahrzeugkombination unüberstrichene Kreisringläche von ca. 1 m Breite. Das bedeutet, dass die Fz-Kombination den im BO-Kraftkreis unterstellten maximalen Verbreiterungsbedarf nur zu ca. 80 % ausschöpft. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Fz-Kombination auch eine noch engere konstante Kreisfahrt vollführen könnte, wobei der BO-Kraftinnenkreis die konkave Einhüllende der Schleppkurvenläche bildet und somit der maßgebend ist. Die Situation kann auch zur Befahrbarkeitsprüfung kleinster Wendeanlagen und U-Turns herangezogen werden, da bei Lenkwinkelvolleinschlag Symmetrie zwischen Rechts- und Linksfahrt unterstellt werden kann. Der Test wurde am 12.09.2011 auf der Teststrecke-II der MAN in München bei schönem Wetter durchgeführt. Die Fahrzeuge waren unbeladen, die Hinterachse des Zug-Lkw war angehoben. ergebnisse Das Wichtigste vorab: In den getesteten Fällen blieben die Schleppkurvenlächen der Fz-Kombination bis auf wenige Ausnahmen, in denen eine Wagenkastenecke die Grenzkonturen geringfügig überschritt, innerhalb der vorgegebenen Fahrbahnbzw. BO-Kraftkreisbegrenzungen. In den Abbildungen- 5 bis 8 ist im Interesse der Übersichtlichkeit jeweils nur jeder 5. Wagenkasten dargestellt - das entspricht einer Taktfrequenz der Momentanbilder von 2 Hz. Jeweils eine Wagenkastenposition ist farbig hervorgehoben, um den oben beschriebenen Software-Effekt des „Anklickens“ zu veranschaulichen. Wegen kurzer GPS-Ausfälle können jedoch einzelne Wagenkastenbilder fehlen. Das Programm bietet die Möglichkeit, diese durch Interpolation zu simulieren, wovon hier aber kein Gebrauch gemacht wurde; wählt man die 10 Hz-Darstellung mit allen Wagenkästen, so stellt das Fehlen eines Momentanbildes keine Einschränkung für die augenscheinliche Beurteilung dar. In den Abbildung- 6 und 7 entsprechen die rot eingetragenen Eckausrundungen den Innerorts- Mittelwerten nach Tab.-4 in [2] bzw. den für einen herkömmlichen Sattelzug erforderlichen Werten nach Tab.-1 in [6]. In der Testsituation BO-Kraftkreis zeigte sich, dass bei Fahrten im Uhrzeigersinn die für die konvexe Einhüllende maßgebende vordere Fahrzeugecke etwas exakter auf dem als Leitlinie fungierenden BO-Kraftaußenkreis geführt werden konnte (Abbildung 5) als bei Fahrten gegen den Uhrzeigersinn; das könnte mit den Sichtverhältnissen für den Kraftfahrer bei Linkssteuerung zusammenhängen. In jedem Fall aber verblieb Testsituation AußenØ d InnenØ d Ringfahrbahnbreite B Manöver Wiederholungen BO-Kraftkreis 25 m 10,60 m 7,20 m im Uhrzeigersinn 3 Vollkreisfahrten ununterbrochen gegen Uhrzeigersinn 5 Volkreisfahrten ununterbrochen - Kleiner Kreisverkehr groß - 40 m 27 m 6,50 m ½-Kreis-Durchfahrt 3 Durchfahrten ¾-Kreis-Durchfahrt 3 Durchfahrten Kleiner Kreisverkehr klein - 26 m 8 m 9,00 m ½-Kreis-Durchfahrt 3 Durchfahrten ¾-Kreis-Durchfahrt 3 Durchfahrten „freie“ engste Kreisfahrt keine geometrischen Vorgaben im Uhrzeigersinn 3 Fahrten Tab. 1: Testprogramm 0 5 10 15 20 25m ÿ 10,60 m ÿ 25,00 m Abb. 5: Ergebnisbsp. BO-Kraftkreis (1 Umfahrung im Uhrzeigersinn) Ø 25,00 m Ø 10,60 m TecHNOLOGIe Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 64 unüberstrichene Kreisring am Außenrand liegen sollte. Bekanntlich ist aber ein Entlangsteuern der Fz-Kombination - wie eines jeden mehrgliedrigen Zuges - mit einer entsprechenden Zielvorgabe mittels der herkömmlichen Lenkungsmechanismen nicht möglich. Man könnte die gestellte Frage allenfalls mit Hilfe einer langwierigen Testreihe beantworten. Zur Klärung der Frage können aber die Ergebnisse der Testsituation „freie engste Kreisfahrt“ (vgl. Abbildung-8) herangezogen werden. Im Kleinen Kreisverkehr mit 40 m Durchmesser und seiner relativ engen Ringfahrbahn zeigt sich an den auch für den herkömmlichen Sattelzug kritischen Stellen ein Berühren der Schleppkurvenläche bzw. ein leichtes Überschreiten der Bordsteinkonturen. Insbesondere erscheinen die mit 3,50 m bzw. 3,75 m bemessenen Zu- und Ausfahrten für den getesteten Lang-Lkw etwas zu eng (Abbildung 6), wobei auch dieses Phänomen schon beim herkömmlichen Sattelzug beobachtet wurde [4]. Beim Kleinen Kreisverkehr mit 26 m Durchmesser und seiner vergleichsweise breiten Ringfahrbahn sind derlei Probleme nicht zu beobachten (Abbildung 7). In dieser Abbildung sind die Wagenkästen außerdem mit einem gelben Schleier unterlegt, der die nach [3] ermittelte eigentliche Schleppkurvenläche darstellt. Außerdem ist in Abbildung- 7 das Lenkradwinkel-Diagramm für diese Testfahrt angegeben. Anzumerken ist, dass bei dem durchgeführten Test die Werte des Lenkradwinkels nicht vom CAN-Bus abgenommen, sondern von einem Messlenkrad abgegriffen wurden, das von der Abteilung Engineering Research Prototypes zur Verfügung gestellt und eingebaut wurde. Für die Umfahrung der Testsituation „freie engste Kurvenfahrt mit maximalem Lenkwinkeleinschlag“ wurden Referenzkreise mit den Durchmessern 20 m (außen) und 3 m (innen) als Anhaltspunkt für die Krümmungsgrößenordnungen gewählt. Es zeigt sich, dass die Fz-Kombination beim Rechtsabbiegen einer Kreisbogen- Eckausrundung mit einem Radius von 1,50 m folgen könnte. Allerdings würde der Zug dann eine Fahrstreifenbreite von ca. 8,50 m benötigen, also deutlich mehr als im BO-Kraftkreis. Beachtlich ist aber, dass das Testfahrzeug dabei auch mit ca. 20 m Außendurchmesser der Schleppkurve deutlich unter dem BO-Kraftkreis bleibt, etwa 5 m unter der StVZO-Vorgabe. Für die Befahrbarkeit von Wendekehren oder die Konstruktion von U-Turns ist dies ein wichtiger Befund. Resümee Die oben beschriebene Fahrzeugkombination konnte alle Testsituationen problemlos befahren - und das, obwohl sie die für Lang-Lkw amtlich vorgegebene Maximallänge um 78 cm überschritt. Der Preis für diese Befahrbarkeit sind allerdings ein höherer Reifenverschleiß und eine etwas stärkere Beanspruchung der Fahrbahnbe- 0 10 20 30 40 50m 0 10 20 30 40m 5 10 15 20 Zeit [s] -720 -360 0 360 Lenkradwinkel [∞] Abb. 6: Ergebnisbsp. Kleiner Kreisverkehr D = 40 m 3/ 4-Kreis-Durchfahrt Abb. 7: Ergebnisbsp. Kleiner Kreisverkehr D = 26 m 3/ 4-Kreis-Durchfahrt (Schleppkurvenläche gelb hinterlegt) mit Lenkradwinkel-Diagramm Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 65 TecHNOLOGIe Wissenschaft festigung im Vergleich zur Kreuzung, ein Sachverhalt, der schon von der engen Kurvenfahrt herkömmlicher schwerer Großfahrzeuge bekannt ist. Auch wenn davon auszugehen ist, dass Lang-Lkw-Fahrer kreisverkehrsintensive Abschnitte des Innerortsnetzes schon im eigenen Interesse meiden, kann dennoch eine konkrete Empfehlung aus dem Test abgeleitet werden: Bei den Breitenmaßen der Zu- und Ausfahrten von Kleinen Kreisverkehren sollte der Planer die nach [2] jeweils größeren Werte von 3,75 m bzw. 4,00 m und 4,00 m bzw. 4,50 m verwenden. Da die Lang-Lkw erwartungsgemäß das Autobahnnetz bevorzugen werden, sollte man bei den Rampenquerschnitten auf die alte Randstreifenbreite von 50 cm statt der derzeit aktuellen, aus fragwürdigen Sparmotiven reduzierten Breite von 25 cm zurückgreifen. Gelegenheit dafür würden die anstehenden Corrigenda der Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA) bieten. Die Befahrbarkeit herkömmlicher Straßenanlagen mit der getesteten Fahrzeugkombination, insbesondere wenn sie auf das reguläre Lang-Lkw- Maß gekürzt ist, stellt jedenfalls kein Problem dar. Die Institute der Universität der Bundeswehr München danken der MAN Truck & Bus AG und der Krone GmbH für die Bereitstellung der Fahrzeuge und insbesondere der Abteilung Engineering Research Prototypes (ERP) für die messtechnische Unterstützung und die Bereitstellung der Teststrecke II. ■ Stefan Schuhbäck, Dipl.-Ing. Wissenschaftlicher Mitarbeiter Lehrstuhl Verkehrswesen und Straßenverkehrsanlagen Univ. der Bundeswehr München stefan.schuhbaeck@unibw.de Jessica Glabsch, Dipl.-Ing. Wissenschaftliche Mitarbeiterin Institut für Geodäsie Univ. der Bundeswehr München jessica.glabsch@unibw.de Serif caliskan, M. Eng. Dipl.-Ing. (FH) Wissenschaftlicher Mitarbeiter Institut für Verkehrswesen und Raumplanung Univ. der Bundeswehr München serif.caliskan@unibw.de Wolfgang Wirth, Prof. Dr.-Ing. Institut für Verkehrswesen und Raumplanung Univ. der Bundeswehr München wolfgang.wirth@unibw.de LIteratur [1] BASt (Hg.), „Auswirkungen von neuen Fahrzeugkonzepten“, Schlussbericht (Juli 2008) [2] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Hg.), Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren (Köln, 2006) [3] PRACHHART, Max Michael, „numerische Bestimmung der beidseitigen Randkonturen von gPS-aufgemessenen Schleppkurvenlächen“, Studienarbeit an der Univ. der Bundeswehr München (März 2011) [4] SoBoTTA, rüdiger, Überprüfung des Entwurfsparameter für Kreisverkehre mit empirischen Schleppkurven, Schriftenreihe des Instituts für Verkehrswesen und raumplanung der UniBw, Heft 49 (Neubiberg 2007) [5] WIrTH, Wolfgang, „Fahrkurven ja, aber die richtigen“, Internationales Verkehrswesen (Juni 2001), S. 288 - 291 [6] WIrTH, Wolfgang et al., „Flächenbedarf und Befahrbarkeit Kleiner Kreisverkehre“, Straßenverkehrstechnik (April 2009), S. 216 - 219 ÿ 3m ÿ 20m Abb. 8: Ergebnisbsp. „freie“ engste Kreisfahrt (1 Umfahrung im Uhrzeigersinn) Ø 20 m Ø 3 m Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 66 Thema: Mehr Wirtschaftlichkeit im Schienengüterverkehr durch Einsatz moderner Daten-IT 20. November 2012 - Hilton Berlin www.eurailpress.de/ rail-efficiency Moshe Rappoport Executive Technology Briefer, IBM Research Zürich Dipl.-Ing. Dirk Esters HaCon Ingenieurgesellschaft mbH, Head of Business Development Dr. Thomas Rieckenberg International Railway Technology Consulting Rainer Wilke Chairman UIC-Raildata Prof. Dr.-Ing. habil. Jürgen Siegmann TU Berlin, Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb Dr. Eckhart Schultes Victor Behrends Eureka Navigation Solution AG, Director Business Development RailEfficiency 2012 Veranstalter: In Kooperation mit: Unterstützt durch: Kontakt: Nicole Hagen - Tel: +49/ 40/ 237 14-262 E-Mail: nicole.hagen@dvvmedia.com JETZT ANMELDEN! Mehr Informationen und das Veranstaltungsprogramm inden Sie unter: www.eurailpress.de/ rail-efficiency Auf der RailEfficiency Konferenz 2012 ▪ werden Datenaustausch-Lösungen und mobile Telematik- und Informationssysteme anhand von Beispielen erläutert. ▪ berichten Logistiker über ihre Erfahrungen zur Optimierung der Informationslüsse. ▪ wenden wir den Blick in die Zukunft und zeigen Wege zur Steigerung der Eizienz im Transportwesen auf. ▪ lernen Sie Key-Player, Strategen und Spezialisten aus den Bereichen Telematik und IT kennen. ▪ nehmen Sie an einer spannenden Fachdiskussion über Transport-Information im Schienengüterverkehr teil. INdUSTRIe+TecHNIK Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 67 Daimler Buses Großaufträge aus Singapur und Brasilien 450 Mercedes-Benz Stadtbusse vom Typ Citaro liefert Daimler Buses ab sofort bis einschließlich 2015 nach Singapur. Auftraggeber ist der Verkehrsbetrieb SBS Transit, der für einen Großteil des öfentlichen Busverkehrs in der Metropole zuständig ist. 520 Stadtbusse für den Nahverkehrseinsatz in Fortaleza im Nordosten Brasiliens und in Ribeir-o Preto (Provinz S-o Paulo) soll Daimler ebenfalls liefern. Brasiliens Großstädte rüsten sich schon heute mit Flottenerneuerungen und Infrastrukturmaßnahmen für das erwartete erhöhte Verkehrsaufkommen zur Fußball-WM 2014 und den Olympischen Spielen 2016. 135 Mercedes-Benz Stadtbusse mit BlueTec-5-Technologie gehen nach Fortaleza, 390 Busfahrgestelle werden nach Ribeir-o Preto geliefert. Mercedes-Benz do Brasil ist der größte Nutzfahrzeughersteller Lateinamerikas. In S-o Bernardo do Campo betreibt die Daimler AG das größte Werk außerhalb Deutschlands und das einzige, in dem an einem Standort Lkw, Busfahrgestelle und Aggregate wie Motoren, Getriebe und Achsen sowie Lkw-Fahrerhäuser produziert werden. (zp) IAA Nutzfahrzeuge Weiterhin in Hannover Mindestens bis 2020 wird die Messe IAA Nutzfahrzeuge weiterhin am Standort Hannover stattinden. Der Verband der Automobilindustrie (VDA), Ausrichter und Organisator der Internationalen Automobil-Ausstellung Nutzfahrzeuge, und die Deutsche Messe AG, Hannover, haben einen entsprechenden Vertrag geschlossen für 2014, 2016, 2018 und 2020. (zp) Mercedes-Benz Actros-Tempomat spart diesel Im neuen Mercedes-Benz Actros ist sie erstmals eingebaut: die „Predictive Powertrain Control“. Mit diesem Tempomaten soll der Kraftstofverbrauch der Lkw um weitere 3 % reduziert werden können. Das Gerät kennt aufgrund eines eingebauten GPS-Positionsbestimmungssystems, gekoppelt mit geodätischen Daten, die vor ihm liegende Topograie und kann dadurch verbrauchsoptimal agieren. Darüber hinaus greift der GPS-Tempomat auch in die Getriebesteuerung ein, was besonders an Steigungen zu einem geringeren Treibstofverbrauch beitragen kann. Die Predictive Powertrain Control steht für eine neue Technik, die bereits im Fahrzeug vorhandene Technik mit externen Daten aus der Umgebung zusammenführt. (zp) Volvo Neue FH-Generation Die Weltpremiere fand kurz vor der IAA Nutzfahrzeuge bereits Anfang September statt: der schwedische Lkw-Hersteller Volvo hat die neue Generation der Fernverkehrsbaureihe FH vorgestellt. Im Rahmen des Modellwechsels haben die Ingenieure ein von Grund auf neues Fahrzeug konstruiert mit optionaler Einzelradaufhängung an der Vorderachse, neuem D13-Euro-VI-Motor mit 460 PS und optimiertem Antriebsstrang „I-Torque“. Letzterer ist so ausgelegt, dass er bereits bei niedrigen Drehzahlen ein hohes Drehmoment zur Verfügung stellt. Die Leistung bringt die ebenfalls neue Doppelkupplungsvariante des automatisierten I-Shift-Getriebes auf die Straße. In Verbindung mit dem intelligenten Tempomaten „I-See“ soll sich so der Kraftstofverbrauch im Vergleich zur Vorgängerbaureihe um gut 10 % senken lassen. (ben/ zp) RCA Isu forciert Die österreichische Güterbahn Rail Cargo Austria (RCA) will in Deutschland das Interesse an ihrem Umschlagsystem Isu stärken. Es öfnet nicht kranbaren Sattelauliegern den Zugang zum unbegleiteten Kombinierten Verkehr. Dies ist laut RCA besonders für Verkehre mit Mittel- und Südosteuropa interessant, wo kranbare Aulieger noch nicht gängig sind. RCA hat Isu im August an mehreren Terminals in Norddeutschland vorgestellt und auf die Vorteile verwiesen: einfach, schnell, robust, nur geringe Anpassungen am Terminalequipment erforderlich und für alle üblichen Waggontypen geeignet. (zp) Das Isu-System im Einsatz Foto: Arndt DLR citylogistik mit elektro-Lastenrädern „Ich ersetze ein Auto“ heißt das Pilotprojekt des Instituts für Verkehrsforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative wird darin untersucht, wie sich Elektrolastenräder in den städtischen Kurierdienstalltag integrieren lassen. In den nächsten zwei Jahren sollen 40 elektrisch betriebene Lastenräder durch die Straßen von Berlin, Hamburg, München, Düsseldorf, Leipzig, Bremen, Nürnberg und Mainz rollen und hierbei herkömmliche, mit Verbrennungsmotor betriebene Transportfahrzeuge im städtischen Wirtschaftsverkehr ersetzen. Der Versuch knüpft dort an, wo Auslieferungen mit dem normalen Fahrrad aufgrund der Größe oder des Gewichts der Sendung nicht mehr möglich sind und dennoch der Einsatz von Autos vermieden werden soll. Die Räder erlauben eine Zuladung von 100 kg bei einer elektrischen Reichweite von bis zu 90 km. Das Fassungsvermögen entspricht ungefähr zwei Umzugskartons. Die Forscher am DLR gehen davon aus, dass in urbanen Teilräumen bis zu 85 % der Autokurierfahrten ersetzt werden könnten. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) fördert das Projekt. (zp) Ein Lastenrad mit Elektromotor im Einsatz Foto: DLR INdUSTRIe+TecHNIK Fraunhofer IZFP Thermographieprüfung von eisenbahnrädern Das Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP hat auf der diesjährigen InnoTrans die Vorteile der Prüfung eines Eisenbahnrads mit der induktiv angeregten Thermographie gezeigt. Bei diesem Verfahren wird das Rad gedreht und über ein Spulensystem werden Wirbelströme induziert, die sich in den oberlächennahen Bereichen ausbreiten. Fehler wie zum Beispiel Risse stören die Ausbreitung dieser Wirbelströme. Dadurch entstehen charakteristische Temperaturfelder in deren Umgebung. Diese lassen sich mit einer Wärmebildkamera aufzeichnen. Im Gegensatz zur derzeit für die Oberlächenprüfung etablierten Magnetpulverprüfung sind eine automatisierte Aufnahme und objektive Auswertung der Bilddaten möglich. Auch verdeckte Fehlstellen können durch dieses Verfahren nachgewiesen werden. Anders als bei der Magnetpulverprüfung liefern die Messwerte eine Information über die Fehlergeometrie, insbesondere auch über die Tiefe von Oberlächenrissen. Zudem ist das Verfahren umweltfreundlich, da es keine chemischen Substanzen zur Anzeige der Fehler benötigt. (zp) CSR Metrofahrzeuge für Ankara Der chinesische Waggonhersteller CSR Zhuzhou Electric Locomotive hat die Ausschreibung zur Lieferung von 342 Metrowagen für Ankara gewonnen. Der Auftrag hat einen Wert von umgerechnet 300- Mio.- EUR. Der in der Türkei gefertigte Anteil an den Wagen soll während der Lieferphase von 30 % auf 51 % steigen. Dafür plant CSR in der Türkei den Aufbau eines eigenen Werks für den europäischen und den nordafrikanischen Markt sowie für den Nahen und Mittleren Osten. (cm/ zp) Stadler Neue Schienenfahrzeuge vorgestellt Gleich fünf neue Fahrzeuge hat die Stadler Rail Group auf der InnoTrans im September präsentiert. Die Umweltfreundlichkeit der Fahrzeuge hinsichtlich Wartung, Verbrauch und Herstellung, gepaart mit technischen Innovationen und maßgeschneiderten Konzepten, stand im Vordergrund. Auf dem Messegelände waren drei Triebzüge, eine Straßenbahn und eine Hybridlok zu besichtigen, jeweils angepasst an die unterschiedlichen Wünsche der Kunden. Eine echte Premiere war der neue Stadtbahnwagen DT 8.12 für die Stuttgarter Straßenbahn SSB in der Tango-Familie. Die hochlurige, zweiteilige Stadtbahn hat eine Länge über Kupplung von 39,1 m und bietet 106 Sitzsowie 146 Stehplätze. Gegenüber dem Vorgängermodell wurde die Gesamtantriebsleistung um 40 kW auf 1 MW erhöht. So können die Steigungs- und Gefällstrecken in Stuttgart sowie das voraussichtlich höhere Fahrzeuggewicht durch die neuen Anforderungen an die Crash-Sicherheit gemeistert werden. Gezeigt wurden auch zwei jeweils vierteilige Kiss-Doppelstockzüge mit unterschiedlicher Ausstattung für den deutschen bzw. schweizerischen Markt, die von Dezember 2012 an im Einsatz sein werden. (cm/ zp) USA Pkw sollen sparsamer werden In den USA verkaufte Neuwagen dürfen von 2025 an nur noch halb so viel Kraftstof verbrauchen wie bisher. Pkw sollen künftig mit durchschnittlich 4,3 l pro 100 km auskommen (Flottendurchschnittswert der Hersteller). Der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase soll so um 6-Mrd.-t pro Jahr sinken. Im vergangenen Jahr hat der Verbrauch auf den Highways nach Angaben des Verkehrsministeriums im Schnitt bei 8,6 l gelegen. Der Schritt soll helfen, die US- Wirtschaft anzukurbeln und unabhängiger von ausländischem Öl zu machen. Allerdings gibt es Ausnahmen für Pick-up-Trucks und Geländewagen: Während der Verbrauch von Pkw von Jahr zu Jahr um 5 % sinken soll, sind es bei den schweren, geländegängigen Fahrzeugen im Schnitt zunächst lediglich 3,5 %. Anders könnten die Hersteller die typischen Eigenschaften dieser Wagen, wie eine hohe Zuladung und Anhängelast, nicht erhalten, begründete der Gesetzgeber die Ausnahme. (zp) Vossloh Stadtbahnen für chemnitz Vossloh hat vom Zweckverband Verkehrsverbund Mittelsachsen (ZVMS) den Auftrag über acht Zweisystem-Stadtbahnen für das Chemnitzer Modell erhalten. Vossloh Kiepe ist als Konsortialführer verantwortlich für Antriebstechnologie, Traktionsausrüstung, den Bordnetzumrichter inklusive Steuerung sowie für die Heizung-Klima-Lüftungsanlagen. Vossloh Rail Vehicles ist zuständig für den Wagenkasten, die Drehgestelle und die gesamte Innenausstattung der Fahrzeuge. Die ersten Einheiten sollen 2014 ausgeliefert werden. Die ersten acht Bahnen sollen 42,3- Mio.- EUR kosten. Die Finanzierung läuft größtenteils über das EFRE-Programm der EU (mehr als 31 Mio. EUR), der ZVMS steuert knapp 11 Mio. EUR bei. (cm/ zp) www.eurailpress.de/ books Accessible Boarding ISBN 978-3-7771-0448-5, 44 pages Price 25,- (incl. VAT, excl. postage) Accessible Boarding Technology and Service Concepts, Experiences and Reccommendations ISBN 978-3-7771-0448-5 ISSN 0079-9548 www.eurailpress.de/ rtr € 25,- / 2012 RAIL TECHNOLOGY REVIEW RTR Special Order your copy now: www.eurailpress.de/ ab New Maintenance & Renewal S p e c i a l ISBN 978-3-7771-0367-9 RAIL TECHNOLOGY REVIEW RTR Special ISBN 978-3-7771-0433-1 www.eurailpress.de/ rtr € 35,- / 2011 SLAB TRACK High Speed and Mass Rapid Transit (MRT)/ Light Rail Transit (LRT) S p e c i a l ISBN 978-3-7771-0382-2 The German High Speed Rail System Evolution · Quality · Track construction EUROPEAN RAIL TECHNOLOGY REVIEW RTR Special Wayside Train Monitoring Systems - an actual overview ISBN 978-3-7771-0426-3 ISSN 0079-9548 www.eurailpress.de/ rtr € 35,- / 2011 NGT - Next Generation Train ISBN 978-3-7771-0435-5 ISSN 1869-7801 www.eurailpress.de/ rtr € 25,- / 2011 RAIL TECHNOLOGY REVIEW RTR Special 4946_anz_erp_rtr_210x99.indd 1 14.09.2012 10: 51: 50 Siemens Signaltechnik für Algerien Der Bahnautomatisierungsspezialist Estel RA, ein Gemeinschaftsunternehmen der algerischen Staatsbahn SNTF und Siemens, wird die Strecke von Mecheria nach El Bayadh mit Signal- und Telekommunikationsanlagen ausrüsten. Auftraggeber ist die algerische Eisenbahnagentur ANESRIF. Das Auftragsvolumen für Siemens beträgt rund 69 Mio. EUR. Die Inbetriebnahme ist für Herbst 2015 geplant. Die fünf Stationen und 129 km umfassende Bahnstrecke wird von Siemens mit dem Zugsicherungssystem „Trainguard 100“ für ETCS Level- 1, dem automatischen Betriebsleitsystem „Vicos“ sowie fünf elektronischen Stellwerken vom Typ „Simis W“ ausgestattet. (cm/ zp) Alstom/ FSI Translohr übernommen Alstom, der strategische Investitionsfond (Fonds Stratégique d'Investissement, FSI) und Lohr Industrie haben Mitte Juni beschlossen, dass Alstom (51%) und FSI (49%) Translohr, den Hersteller von gummibereiften Straßenbahnen, für 35 Mio. EUR zu 100 % übernehmen. Die Pariser Verkehrsbetriebe RATP haben auf 5,1 Mio. EUR Forderungen gegen Translohr wegen Verzögerungen verzichtet und so die Einigung ermöglicht. Die RATP hat ein besonderes Interesse, dass Translohr noch Gummi-Trams produzieren kann, da mehrere Translohr-Linien und -Tunnel im Großraum Paris fast fertig sind und eine Umstellung auf Stahl-Trams den Betriebsbeginn weiter verzögern würde. (wkz/ zp) Alstom Betriebssystem für Schwebebahn Für rund 20 Mio. EUR soll Alstom Transport Deutschland ein neues Betriebssystem für die Wuppertaler Schwebebahn liefern. Geplant ist, im Juli 2014 die ersten Züge auszurüsten, im Herbst 2015 soll der kommerzielle Betrieb mit 18 Zügen starten. Alle 31 neuen Wagen sowie der historische Kaiserwagen sollen bis April 2016 ausgerüstet sein. Statt nach Streckensignalen richten sich die Fahrer dann künftig nach einem Bordcomputer. Jeder Zug erhält ein eigenes Bordrechnersystem, das auf einem Display alle erforderlichen Informationen anzeigt. Mit dem neuen Betriebssystem wollen die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) den Takt verdichten und die Fahrtzeiten verkürzen. (cm/ zp) Voith Konzept für neuen Fahrzeugkopf Auf der Bahntechnikmesse InnoTrans im September hat die Voith Turbo GmbH & Co. KG das variable Fahrzeugkopfkonzept Galea vorgestellt. Laut Hersteller verbindet es maximale Flexibilität mit geringem Gewicht, niedrigem Energieverbrauch, guten Schall- und Wärmedämmeigenschaften sowie höchsten Sicherheitsansprüchen. Der Galea-Kopf kann individuell an jeden Fahrzeugrahmen angepasst werden und ist fast vollständig aus Faserverbundkunststofen (FVK) gefertigt. Faserverbundkunststofe erlauben neben der Leichtbauweise das Gestalten komplizierter Geometrien und Freiformlächen. Damit können aerodynamische Außenkonturen einfacher und kostengünstiger hergestellt werden. Auch die Integration einzelner Verzehrelemente in bestehende Fahrzeugkonzepte ist laut Voith möglich: beispielweise A-Säulen aus Glasfaser, Kupplungen mit Glasfaser-Verformungsrohr oder Crash-Absorber. Fahrzeugköpfe der Galea-Serie sind für Züge mit Geschwindigkeiten von maximal 200 km/ h ausgelegt. (zp) Galea-Crashkopf Quelle: Voith Turbo € RTR 4946_anz_erp_rtr_210x99.indd 1 14.09.2012 10: 51: 50 Kontakt: DVV Media Group GmbH, Nordkanalstr. 36, 20097 Hamburg, Germany, Telefon: +49 40/ 237 14-440, E-Mail: buch@dvvmedia.com Technische Daten: ISBN 978-3-7771-0439-3, 166 Seiten, Format 205 x 235 mm, Hardcover, Preis: € 42,00 inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten Was ist ein Verbund? Warum gibt es ihn? Was macht der MVV genau? Wie hat sich in den vergangenen 40 Jahren alles entwickelt? Nach einer Zeitreise durch Themen wie Verbundtarif, Fahrgastinformation, Öfentlichkeitsarbeit und Verkehrsforschung ziehen die Autoren Bilanz und bieten einen Blick sowohl auf die Gegenwart als auch auf die Zukunft des MVVs. Zahlreiche Grußworte runden das Geburtstagsbuch ab. Jetzt bestellen unter www.eurailpress.de/ mvv Das MVV - Geburtstagsbuch Vierzig Jahre Münchener Verkehrs- und Tarifverbund NEU! INdUSTRIe+TecHNIK Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 70 Volvo Luftfahrtsparte verkauft Der britische Automobil- und Luftfahrtzulieferer GKN hat die Luftfahrttochter Volvo Aero vom Lkw-Hersteller Volvo übernommen. Volvo Aero baut unter anderem Gehäuse für Flugzeugtriebwerke in Schweden, Norwegen und den USA. GKN soll umgerechnet 788- Mio.- EUR für die Volvo-Tochter bezahlt haben. (rh/ zp) Voith Schifssteuerung vorgestellt Neben dem neuen Abwärmenutzungssystem SteamTrac hat die Voith Turbo GmbH & Co. KG auf der diesjährigen SMM in Funktionsmodellen einen neuen Steuerstand und den Voith Radial Propeller vorgestellt. Erstmals präsentierte Voith die Eigenentwicklung eines Regelungssystems, das für Steuerung und Antrieb bei Schifen mit Voith Schneider Propellern oder Voith Radial Propellern verantwortlich ist. Das Funktionsmodell eines Steuerstands zeigt alle Brückenkomponenten wie Joystick, Steuerrad oder Fahrgeber. Es zeigte den SMM-Besuchern, wie schnell und exakt die neue Steuerung arbeitet. Ende 2012 wird die Steuerung erstmals in einer Doppelendfähre verbaut. Ab Mitte 2013 ist sie als Serienprodukt verfügbar. (zp) Plasser & Theurer Gleisinstandhaltungstechnik für Saudi-Arabien Für den Einsatz beim derzeit größten Eisenbahnprojekt der arabischen Welt, dem „North-South Project“, liefert Plasser & Theurer zwölf Maschinen zur Gleis- und Weichenbearbeitung an die Saudi Railway Company (SAR). Dabei handelt es sich um vier „SRM 500“ Sandräummaschinen, drei Nivellier-, Hebe-, Richt- und Stopfmaschinen für Gleise und Weichen „Plasser 08-16 SH“, zwei dynamische Gleisstabilisatoren „DGS 90 N“ sowie drei Schotterplaniermaschinen „PBR 500“. Die SAR will die Plasser 08-16 SH, den DGS 90 N und die PBR 500 kombiniert als mechanisierten Durcharbeitungszug (MDZ) einsetzen. Das North-South-Project besteht aus zwei Hauptlinien für den Güter- und den 200 km/ h schnellen Personenverkehr: Eine beginnt in Riyadh und verläuft in Richtung Nordwesten nach Al-Haditha nahe der jordanischen Grenze. Die zweite reicht von Az Zabirah Junction, etwa in der Mitte der ersten Hauptlinie, bis nach Ras Az Zawr am Arabischen Golf. Darüber hinaus werden noch einige Nebenlinien errichtet und mit den bestehenden verbunden. Die Gesamtlänge des eingleisigen Projekts soll 2400 km betragen. (zp) Det Norske Veritas energieeiziente APL-Frachter werden gebaut Zehn Containerschife für jeweils 13 8000-TEU hat die Reederei APL, Singapur, bei der koreanischen Hyundai-Werft in Auftrag gegeben. Es handelt sich um besonders energieeiziente Frachter, die APL zusammen mit Det Norske Veritas (DNV) entwickelt hat. Ein verändertes Rumpfdesign, Reduktion der Leistung der Hauptmaschine und Wärmerückgewinnung aus Abgasen ermöglichen eine erhebliche Reduktion des Treibstofverbrauchs. Das erste Schif ist bereits in Bau und wird 2013 ausgeliefert. (zp) Marine Service LNG-Tankcontainer Für Schife, die auf Liquiied Natural Gas (LNG) als Brennstof umgerüstet werden sollen, hat das Ingenieurbüro Marine Service GmbH auf der Schifbaumesse SMM eine Tanklösung präsentiert. Die LNG-Tankcontainer im Format mobiler Standardcontainer bieten eine Möglichkeit, Flüssiggas zu bunkern und damit das Antriebssystem zu versorgen. So können auch ältere Schife leichter auf ein LNG-System umgestellt werden. (zp) Fraunhofer LBF Neuer Schutz vor vereisten Flügeln Vereisen die Traglächen von Flugzeugen, treibt das die Treibstofkosten in die Höhe durch wachsenden Luftwiderstand sowie steigendes Gewicht und beeinträchtigt die Sicherheit. Darum wird bisher entweder die Abwärme der Triebwerke in Hohlräume in den Flügelvorderkanten geleitet zur Enteisung während eines Flugs oder es werden Gummimatten integriert, die bei Bedarf aufgepumpt werden und das Eis so von der Oberläche „sprengen“. Ein großer Nachteil beider Technologien ist allerdings der hohe Energiebedarf. Zudem lassen sie sich nicht oder nur schwer mit Faserverbundwerkstofen kombinieren, die im Flugzeugbau zunehmend eingesetzt werden. Auf der Luftfahrtmesse „ILA Berlin Air Show“ haben Mitte September Forscher am Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF neue Möglichkeiten gezeigt, um die Flügel eisfrei zu halten. Sie integrieren Nanomaterialien in den Werkstof der Traglächen, die eine elektrisch leitende Schicht erzeugen und den Flügel beheizen. Da die elektrisch leitende Schicht ins Material eingebaut ist, wird sie durch das darüber liegende Gewebe geschützt. Zudem ist kein Metall integriert. Das verbessert den Blitzschutz und beugt einer schnellen Materialermüdung vor. Den ersten Test hat die Flügelheizung bereits im Windkanal bei Temperaturen von minus 18°C und relevanten Windgeschwindigkeiten bestanden. Einen weiteren Ansatz verfolgen Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Bremen. In einem EU- Projekt, das im Herbst 2012 starten soll, entwickeln sie neue technische Lösungen, um das Eis mechanisch von den Flügeln zu entfernen, etwa mit Materialien, die bei Temperaturänderungen ihr Volumen ändern und so das Eis von ihrer Oberläche sprengen. Darüber hinaus forscht das IFAM an hydrophoben Beschichtungen, die Wasser abstoßen. Sie sollen unter anderem vor dem Eis schützen, das sich aus dem von den Flügelvorderkanten abgeschmolzenen Eis bildet. (zp) Germanischer Lloyd Scandlines-Fähren ohne Emissionen Wenn sich die Eröfnung der festen Fehmarnbelt-Querung noch weiter als bis 2021 verschiebt, könnte sich für die Reederei Scandlines eventuell der Bau emissionsloser Fähren für die Route zwischen Deutschland und Dänemark rechnen. Das Projekt „Zero“ hat die Reederei zusammen mit dem Germanischen Lloyd auf der Schifbaumesse SMM Anfang September vorgestellt. Die vier Einheiten sollen durch Batterien angetrieben werden, die über Wasserstofzellen mit Energie versorgt werden, die aus überschüssiger Windkraft an Land erzeugt wurde. Jeweils vier Flettner-Rotoren, die durch ihre Rotation mit dem so genannten Magnus-Efekt für den Vortrieb der Schife sorgen, sollen zusätzlich eingesetzt werden. (zp) Eine Sandräummaschine im Einsatz für die SAR Foto: Plasser & Theurer Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 71 v erK e hr Sw I S S e n S c h a FtL I c h e n ac hrI c hte n Mitteilungsblätter der Deutschen verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.v. 5. Heft Sept./ Okt. 2012 Neues aus dem JUNGEN FORUM L iebe Mitglieder und Freunde des Jungen Forums, liebe Mitglieder und Freunde der DVWG, seit einem halben Jahr ist der Bundesvorstand des Jungen Forums für die Wahlperiode 2012- 14 nun in seiner neuen Zusammensetzung im Amt. Er repräsentiert weiterhin die verschiedenen Regionen (und Bezirksvereinigungen) Deutschlands und setzt sich wie folgt zusammen: Dr. Barbara Hüttmann (BV Hamburg) als Bundesvorsitzende, Nils-Friso Weber (BV Berlin-Brandenburg) als stellvertretender Bundessprecher für Kommunikation und Fabian Dobeschinsky (BV Württemberg) als stellvertretender Bundessprecher für Finanzen. Als Beisitzer unterstützen uns Teresa Krohn (BV Württemberg) und Ferry Quast (BV Sachsen). Den beiden ausgeschiedenen Mitgliedern des Bundesvorstands, Hendrik Ammoser und Frank Legler, danken wir an dieser Stelle noch einmal sehr herzlich für ihre tolle Arbeit! Wir freuen uns darüber hinaus auf eine Fortsetzung der guten Zusammenarbeit mit allen weiteren Mitstreitern in der DVWG! Ein besonderes Anliegen ist es uns, neue Mitglieder für das Junge Forum und somit für die DVWG zu begeistern. Im vergangenen Jahr lief die „Marketingkampagne“ an, gezielt Professoren und Dozenten von Lehrstühlen mit Verkehrsbezug an Hochschulen in ganz Deutschland anzusprechen. Diese wollen wir als „Multiplikatoren“ für die DVWG gewinnen und den jeweiligen Studierenden „Lust auf die DVWG“ machen. Die Werbepräsentation des Jungen Forums haben wir in den vergangenen Wochen noch einmal umfassend inhaltlich und optisch überarbeitet. Haben Sie Interesse? Wir stellen Ihnen unsere Präsentation gern zur Verfügung und freuen uns auf Ihre Nachricht, wenn Sie uns bei der Mitgliederwerbung an den Hochschulen unterstützen möchten! Der Herbst 2012 bietet den Mitgliedern und potenziellen Interessenten des Jungen Forums zahlreiche Highlights: Zunächst führt uns die diesjährige Fachexkursion des Jungen Forums vom 26.-28. September 2012 nach Hamburg. Passend zum Jahresthema 2012 der DVWG haben wir ein hochwertiges und vielseitiges Programm unter dem Titel „Nachhaltige Mobilität und Logistik 2030 - zwischen Ideal und Pragmatismus. Erfahrungen aus der European Green Capital 2011: Hamburg“ zusammengestellt. Die Fachexkursion beginnt mit einer Auftaktveranstaltung im Konferenzstil in den Räumen der DVV Media Group GmbH mit Vorträgen u. a. von Vertretern der Hamburg Port Authority, der Handelskammer Hamburg, der Deutschen Bahn AG sowie der TU Hamburg-Harburg. An den daraufolgenden Tagen erwartet die Teilnehmer ein abwechslungsreiches Programm mit zahlreichen Besichtigungen und Fachvorträgen vor Ort, u. a. der HHLA-Containerterminals, dem U4-Neubau- Projekt in der HafenCity, dem Airbus-Werk in Hamburg-Finkenwerder sowie dem DUSS- Umschlagterminal Hamburg-Billwerder. Am 20. Oktober 2012 steht das „8. Verkehrswissenschaftliche Zukunftsforum“ in Fulda − wie immer kombiniert mit der Bundesdelegiertenkonferenz des Jungen Forums − auf dem Programm. Der Henry-Lampke-Preisträger- 2012, Ferry Quast, stellt vor, wie sich innovative elektronische Tarife im ÖV unter Marktforschungsaspekten untersuchen lassen. In einem weiteren Vortrag präsentiert Christoph Gipp internationale Projekte aus seiner Arbeit bei DB International. Mit Martin Jares aus Prag begrüßen wir darüber hinaus einen Referenten aus dem Ausland, der seine Dissertation zu integrierten Verkehren im öfentlichen Verkehr vorstellen wird. Im Anschluss an die Vorträge erwartet die Teilnehmer ein weiterer Programmhöhepunkt: das Netzwerkgespräch, in dem Prof. Dr. Sönke Reise vom Bereich Seefahrt der Hochschule Wismar über seinen berulichen Werdegang berichtet. Vom 6. - 10. November 2012 indet dann die Fachexkursion zum 10. European Transport Congress nach Budapest statt, die vom Jungen Forum der DVWG, dem Österreichischen Jungen Forum und dem Europäischen Jungen Forum gemeinsam organisiert wird: Nach der Ankunft in Wien und einem Kennenlernen der österreichischen Teilnehmer besichtigen wir die Baustelle des neuen Wiener Hauptbahnhofes sowie das neue Terminal des Flughafens Wien-Schwechat. Anschließend geht es dann weiter nach Budapest, wo der 10. European Transport Congress im Mittelpunkt steht. Das Programm wird mit einer Stadtrundfahrt mit einer historischen Straßenbahn und einer Bootsfahrt auf der Donau abgerundet. Anmeldungen für die Teilnahme an der Exkursion sind zu einem studierendenfreundlichen Preis zwischen 199 und 350-EUR − je nach gewählter Option − unter jungesforum@dvwg.de möglich. Weitere Veranstaltungen des Jungen Forums: • Ab Oktober 2012: 11. DVWG-Seminar Verkehrsgeschichte in Dresden • 23. März 2013: 9. Verkehrswissenschaftliches Zukunftsforum mit Bundesdelegiertenkonferenz in Fulda Wir freuen uns, Sie auf einer unserer Veranstaltungen begrüßen zu dürfen! Ihre Dr. Barbara Hüttmann dVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 72 Integration neuer Verkehrsformen in den ÖPNV A m 22. Mai 2012 referierte Dipl.-Ing. Stadtbaudirektor Klaus Lorenz, Stabsstellenleiter des Amtes für Verkehrsmanagement der Landeshauptstadt Düsseldorf, zum Thema „Neue Mobilität auf dem Vormarsch, Integration neuer Verkehrsformen in den ÖPNV“. Das Thema „Multimodalität“ und das veränderte Mobilitätsverhalten vor allem jüngerer Menschen beherrschen derzeit die aktuellen verkehrspolitischen Diskussionen. Dabei gehen die ersten Ansätze zu einer Verknüpfung der Verkehrsarten bis in die 1950er Jahre zurück: Zu dieser Zeit wurden bereits die ersten Park and Ride-Anlagen errichtet, insbesondere in den Regionen, die eine gemeindeübergreifende Regionalplanung betrieben. Im Großraum Düsseldorf, so wie in ganz NRW, konnten die Umlandgemeinden von Großstädten nur selten für die Errichtung von P+R-Anlagen für Berufspendler gewonnen werden. Als in den 1980er Jahren der Bau dieser Anlagen auch in NRW forciert wurde, standen die hierfür geeigneten Flächen häuig nicht mehr zur Verfügung. Mit den derzeit bestehenden Anlagen hält Lorenz die Entwicklung für weitestgehend abgeschlossen. Die Ansätze der 1990er Jahre für „Innovative P&R-Servicestationen“ (so z. B. das VRR-Konzept) haben sich als nicht inanzierbar und wirtschaftlich nicht tragfähig erwiesen. Bike and Ride, also die Fahrt mit dem Fahrrad zum Bahnhof dagegen, hatte es eigentlich zu allen Zeiten gegeben. Mangels baulicher Investitionen war dieses Kon- Axel Sindram, Bezirksvereinigung Rhein-Ruhr Das Rheinbahn-Ticket „Mobil in Düsseldorf“ verbindet Bahn, Bus, Auto und Rad auf nur einer Chip-Karte Foto: Rheinbahn zept jedoch nicht in den Blickpunkt der Verkehrsplanung geraten. Seit den 1980er Jahren haben sich auch hier Veränderungen ergeben, indem S-Bahn-Stationen und z. T. auch Haltestellen der kommunalen ÖV mit Fahrrad-Abstellanlagen bis hin zu abschließbaren Fahrradboxen ausgerüstet wurden. Hier sieht Lorenz weiterhin einen steigenden Bedarf. Ziel sollte es sein, die Fahrradmitnahme in den Zügen durch Mietfahrräder an den Stationen zu ersetzen. Car-Sharing entstand etwa in der Mitte der 1990er Jahre zunächst als Nischenprojekt engagierter Bürger und Vereine. Im zweiten Ausbauschritt kamen Kooperationen mit den örtlichen Verkehrsunternehmen zustande, welche die Vereine bei der Abwicklung des Geschäfts unterstützten, Vorzugskonditionen für ÖPNV-Zeitkarteninhaber vereinbarten oder die Organisation komplett übernahmen. Ab 2005 traten mit einigen Mineralölkonzernen erstmals überregionale Großanbieter in den Markt ein, wobei einige Angebote allerdings nicht über einen Marketingversuch hinauskamen. Das Angebot „Flinkster“ der DB AG war dagegen bereits als dauerhafte Ergänzung des SPV-Angebotes ausgelegt. Seit 2012 bieten nunmehr auch Pkw-Hersteller Lösungen für Car-Sharing an, wobei das Angebot zunächst probehalber auf Großstädte wie u. a. Berlin, Hamburg und Düsseldorf ausgelegt ist. Haupteinsatzbereiche und Standorte sind vor allem die Innenstädte und dort vor allem gründerzeitliche Stadtquartiere mit hohem Parkdruck. Dabei sind alle Anbieter um Kooperation mit den örtlichen ÖPNV-Unternehmen bemüht. Mietfahrräder werden in Düsseldorf ebenfalls von mehreren Organisationen angeboten. Nach einer Probezeit hat man sich hier doch letztlich gegen ein freies Abstellen der Räder im öfentlichen Verkehrsraum und für eine Lösung mit festen Entleihstationen entschieden. Mittlerweile fast landesweit lächendeckend wird das kommunale Pendlerportal „Mitpendler NRW“ angeboten, welches seit 2008 durch den VRR koordiniert wird. Die Vermittlung von Mitfahrgelegenheiten/ Pendlerfahrgemeinschaften hat damit ebenfalls die Integration in den ÖPNV erreicht, obwohl anfänglich seitens der ÖV-Anbieter Bedenken gegen eine Einbeziehung von Pkw-Verkehren in die Produktpalette bestanden hatten. Der Referent führte hier anhand von Berechnungsbeispielen vor, welche enormen Einsparungen ein Privathaushalt erzielen könnte, in dem regelmäßige Berufspendelfahrten durch eine Mitfahrt oder Mitnahme ersetzt würde, wobei sogar lediglich die Kraftstokosten und Stellplatzmieten in Ansatz gebracht worden waren. Würde die Mehrzahl der 490 000 Berufspendler nach Düsseldorf an diesem Angebot teilnehmen, ergäben sich Einsparungen und damit Kaukraftgewinne in zweistelliger Millionenhöhe pro Jahr. Aus dieser Vielzahl ergänzender Angebote multimodaler Mobilität ergeben sich für die klassischen ÖPNV-Anbieter zusätzliche Herausforderungen: Zunächst muss der ÖPNV insgesamt qualitativ aufgewertet werden um seiner Aufgabe, die Basismobilität in Städten zu bilden, auch gerecht werden zu können. Hierzu gehörten vor allem ein behinderungsfreier zügiger Betriebsablauf und eine umfassende Fahrgastinformation auch in Störfällen. Darüber hinaus müssen die neuen Angebote der multimodalen Mobilität von den ÖPNV- Unternehmen vermarktet und kommuniziert sowie ein einheitliches Tarifangebot für multimodale Mobilität erstellt werden. Hierzu ist in Düsseldorf mit dem „Mobil in Düsseldorf-Ticket“ ein erster Ansatz vorhanden. In der anschließenden Diskussion fanden die Pionierleistungen, die die Stadt Düsseldorf auf dem Gebiet der multimodalen Mobilität erbracht hat, sehr viel Anklang. ■ rhein-ruhr@dvwg.de Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 73 dVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Oberhavel Verkehrsgespräche 2012 „Mobilität der Zukunft - Welche Rolle spielt der ÖPNV? “ A m 24. August 2012 hat die Bezirksvereinigung Berlin-Brandenburg unter Federführung des Jungen Forums gemeinsam mit der Oberhavel Holding bereits zum zweiten Mal erfolgreich die Oberhavel Verkehrsgespräche durchgeführt. Sie haben sich als internationaler Erfahrungsaustausch zwischen Verkehrsexperten aus EU-Staaten Mittel- und Osteuropas etabliert und standen in diesem Jahr unter dem Motto „Mobilität der Zukunft - Welche Rolle spielt der ÖPNV? “. Diese ganztägige Fachveranstaltung indet in interessanter Umgebung, dem Ziegeleipark Mildenberg nördlich von Berlin, statt. Die fachliche Leitung der Veranstaltung lag in diesem Jahr bei Prof. Dr.-Ing. Gerd-Axel Ahrens, dem Lehrstuhlinhaber für Verkehrs- und Infrastrukturplanung an der Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ der Technischen Universität Dresden. Er hat neben der Moderation der Veranstaltung mit einem Einführungsvortrag zum Thema „Mobilität im Umbruch: Neue Orientierungen für den ÖPNV“ die fachlichen Grundlagen für den weiteren Verlauf der Veranstaltung gelegt. Im weiteren Verlauf haben der Abteilungsleiter Verkehr im Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Egbert Neumann, und der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg ihre jeweilige Sicht und Rolle auf die Mobilität der Zukunft dargestellt. In internationalen Block der Veranstaltung nach einer Führung durch den Ziegeleipark hat dann Christoph Schaakamp an einem erfolgreichen Beispiel aus Großbritannien erläutert, wie man mit einem hochwertigen Busverkehr neue Märkte für den ÖPNV erschließen kann. In einem weiteren Beitrag erläuterte Marceli Jakubowski aus dem Marschallamt Województwa Wielkopolskiego das Konzept der Regionalbahn für die Metropolregion Poznan aus der Sicht seiner Wojewodschaft. Petr Vychodyl von der Tschechischen Staatsbahn Ceske Drahy (CD) erläuterte die Bedeutung des grenzüberschreitenden ÖPNV zwischen Deutschland und Tschechien. Zum Abschluss dieses Themenblocks berichtete Pontus Lindberg, Regionsrat, Vorsitzender des Entwicklungsausschusses der Region Skane, über den ÖPNV in Schweden und insbesondere in der Region Skane. Im letzten Block der Veranstaltung sind aus den einzelnen Regionen in Deutschland Nils-Friso Weber, Bezirksvereinigung Berlin-Brandenburg Abb. 1: Feldbahn-Exponat im Ziegeleipark Mildenberg Abb. 2: Tonschneider zur Herstellung von Ziegeln Beispiele für die Rolle des ÖPNV in der Mobilität der Zukunft geschildert worden. So berichtete Nils-Friso Weber vom Landkreis Barnim über die Herausforderungen an den ÖPNV im ländlichen Raum im Dunstkreis einer Metropole an Hand von Beispielen aus seinem Landkreis. Im Anschluss daran stellte Dietmar Weiß die dazu passenden Fahrzeugkonzepte für die Mobilität von morgen dar. Weiter stellte Walter Noet vom Rhein-Main Verkehrsverbund „Elemente des integrierten multimodalen Mobilitätsdienstleisters - Die Rolle des elektronischen Ticketings“ vor. Eindrucksvoll zusammengefasst wurden diese Beispiele durch Prof. Dr. em. Gerd Aberle von der Universität Gießen. Bei einem gemeinsamen Abendessen und Networking im Restaurant Schlosswirt Meseberg konnten die Teilnehmer diese gelungene Veranstaltung ausklingen lassen. Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass die Resonanz auf diese Veranstaltung durchweg positiv war, so dass beide Partner beabsichtigen, auch im Jahr 2013, (voraussichtlich am 23. August 2013) erneut die Oberhavel Verkehrsgespräche gemeinsam durchzuführen. ■ berlin-brandenburg@dvwg.de dVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 74 Hamburg 04./ 05.12.2012 Jahresverkehrskongress II Postfossile urbane Mobilität und Logistik 8./ 9.11.2012 10. europäischer Verkehrskongress der ePTS Neue Wege im Stadtverkehr epts2012.ktenet.hu/ szallas.php? lang=eng Budapest Fulda 19.10.2012 Geschäftsführersitzung 20.10.2012 8. Verkehrswissenschaftliches Zukunftsforum Bundesdelegiertenkonferenz des Jungen Forums Hamburg 05.12.2012 Bundesdelegiertenversammlung (s. ausführliche einladung rechts) ➼ dVWG Hauptgeschäftsstelle Agricolastraße 25 10555 Berlin Tel. 030.293606 0 Fax 030.293606 29 eMail: hgs@dvwg.de Internet: www.dvwg.de Einladung für Delegierte und Mitglieder der DVWG zur Bundesdelegiertenversammlung 2012 Gemäß § 9 Zifer 5 der gültigen Satzung vom 6. Mai 2010 beruft das Präsidium der DVWG die Bundesdelegiertenversammlung 2012 (Mitgliederversammlung im Sinne § 32 BGB) für Mittwoch, den 5. Dezember 2012 um 15.00 Uhr nach Hamburg ein. Tagungsort ist das RAMADA HOTEL Hamburg-Bergedorf, Holzhude 2, 21029 Hamburg. Vorläufige Tagesordnung: TOP 1 Eröfnung durch den Präsidenten und Festlegung der Tagesordnung TOP 2 Genehmigung des Protokolls der Bundesdelegiertenversammlung vom 9.05.2012 in Karlsruhe TOP 3 Bericht des Präsidiums TOP 4 Bericht des Jungen Forums TOP 5 Bericht Europäische Plattform für Verkehrswissenschaften (EPTS) TOP 6 Ergebnisse der Klausurtagung „Mitgliederofensive“ und Mitgliederbefragung 2012 TOP 7 Anfragen und Diskussion zu TOP 3-6 TOP 8 Diskussion und Beschluss Wirtschaftsplan 2013 TOP 9 Entlastung des Präsidiums TOP 10 Wahl des Präsidiums TOP 11 Ehrungen TOP 12 Sonstiges Die Bezirksvereinigungen werden gebeten, ihre ordnungsgemäße Vertretung durch Delegierte sicherzustellen (§ 11 Zifer 3 der Satzung). Anträge zur Tagesordnung bitten wir bis zwei Wochen vor dem Sitzungstermin bei der Hauptgeschäftsstelle einzureichen (§ 12 Zifer-2 der Satzung). Berlin, den 1. Oktober 2012 Das Präsidium: Prof. Knut Ringat Dr. Karin Jäntschi-Haucke Dipl.-Ing. Karlheinz Schmid Prof. Dr.-Ing. Jürgen Siegmann Dr. Barbara Hüttmann Zentrale veranstaltungen Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 75 dVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Bezirk eMail Niedersachsen-Bremen niedersachsen-bremen@dvwg.de 09.10.2012, 13.30 Uhr Hinterlandverkehr: ein Wettbewerbsfaktor in der Sackgasse? Referenten: Prof. Dr. Klaus Harald Holocher, Jade Hochschule Elsleth Benjamin Brügelmann, EUROGATE GmbH & Co. KGaA, KG, Axel Kröger, Konrad Zippel Spediteur GmbH & Co KG, Hamburg Thore Arendt, Studiengesellschaft für den kombinierten Verkehr e.V., Berlin Ort: Novotel Hannover, Podbielskistr. 21-23, 30163 Hannover Nordbayern nordbayern@dvwg.de 18.10.2012, 16.00 Uhr die Stadt-Umland-Bahn Referent: Dipl.-Kaufm. Andreas Mäder Ort: Verkehrsmuseum Nürnberg, Lessingstr. 6 15.11.2012, 16.00 Uhr Stand und Perspektiven des Städtetourismus für Nürnberg Referent: Frau Yvonne Coulin Ort: Verkehrsmuseum Nürnberg, Lessingstr. 6 Rhein-Main rhein-main@dvwg.de 11.10.2012, 18: 00 Uhr Prof. dr. dr. h.c. Gerd Aberle im JuFo-diskurs Ort: Deutsche Bahn AG, Stephensonstraße 1, Raum T1 9.5, 60326 Frankfurt am Main im Anschluss Mitgliederversammlung des Jungen Forums Hamburg hamburg@dvwg.de 24.10.12, 17.00 Uhr Forum Luftverkehr Vortrag „Logistik bei Lufthansa Technik“ mit anschließender Besichtigung Ort: Lufthansa Technik AG, Trefpunkt Haupteingang, Weg beim Jäger 193, Hamburg Referenten: Bernhard Conrad, Senior Vice President, Lufthansa Technik AG; Andreas Meisel, Managing Director, Lufthansa Technik Logistik GmbH 07.11.2012, 17: 00 dVWG kontrovers: „Versinkt Hamburg im Baustellenchaos? “ Vortrag und Diskussion zum Thema Straßenbau- und Baustellenproblematik Referenten: Carsten Willms, Verkehrspolitischer Sprecher, ADAC Hansa Dr.-Ing Hans-Jürgen John, Geschäftsführer, Meyer & John GmbH & Co. KG Christoph Schröder, Amt für Verkehr und Straßenwesen, Freie und Hansestadt Hamburg Ort: HHLA, Bei St. Annen 1, Hamburg 09.11.2012, 9.00 Uhr 8. Hamburger Hafentag (Junges Forum) Leitung und Moderation: Prof. Dr. Jan Ninnemann, Hanseatic Transport Consultancy Ort: Handelskammer Hamburg, Raum „Merkur“, Adolphsplatz 1, Hamburg Südbayern e.V. suedbayern@dvwg.de 11.10.2012, 17.00 Uhr Gemeinschaftsveranstaltung mit dem Jungen Forum der dVWG Südbayern: U-Bahnhöfe neu erfinden − Notwendige Bestandssanierung unter Image- und Kostenaspekten Referenten: Herbert König, GF Stadtwerke München, Unternehmensbereich Verkehr, Vorsitzender Geschäftsführer Münchner Verkehrsgesellschaft, München Markus Schöning, Leiter Bautechnik/ Bauwerksprüfung, Stadtwerke München, Ort: Zentrale der Stadtwerke München, Emmy-Noether-Str. 2, 80287 München Nach den Vorträgen fährt ein MVG-Bus zum Marienplatz, wo vor Ort im Untergeschoss die Sanierungsprojekte besichtigt und erläutert werden. 20.10.2012, 19.00 Uhr Besuch des Werksmuseums der MTU Aero Engines Entwicklung der Luftfahrtantriebe: historische Flugmotoren und Triebwerke Innovative Technologien und Konzepte für die Flugzeuge der Zukunft Ort: MTU Aero Engines - Werksmuseum 26.10.2012, 14.00 Uhr Besuch der Verkehrsrechenzentrale der Autobahndirektion Südbayern: - Verkehrsmanagement im südbayerischen Autobahnnetz - Methoden und Schwerpunkte - Aufgaben und Betrieb der Verkehrsbetriebszentrale Südbayern Referenten: Ltd. BD Franz Custodis, Abteilungsleiter Betrieb und Verkehr der Autobahndirektion Südbayern, München Christian Mayr, Leiter der Verkehrs- und Betriebszentrale der Autobahndirektion Südbayern, München BD Gerald Reichert, Sachgebietsleiter Verkehr, Telematik, Verkehrsrechner- und Betriebszentrale der Autobahndirektion Südbayern Ort: München, Verkehrsrechenzentrale der Autobahndirektion Südbayern, Heidemannstr. 219, 80939 München 8.11.2012, 17.00 Uhr Mitgliederforum der DVWG Südbayern Von und für uns - Mitglieder stellen ihre Projekte im Verkehrsbereich vor im Anschluss Führung Sonderausstellung „Elektromobilität“ Ort: Deutsches Museum München, Verkehrszentrum veranstaltungen der Bezirksvereinigungen Württemberg wuerttemberg@dvwg.de 29.10.2012, 17.00 Uhr Car-Sharing und Elektromobilität bei der Deutschen Bahn Referent: Dipl.-Ing. Rolf Lübke, Vorsitzender der Geschäftsführung, DB FuhrparkService GmbH Ort: Verband Region Stuttgart, Sitzungssaal im 5. OG, Kronenstraße 25 26.11.2012, 17.30 Uhr Weißbuch Verkehr der EU-Kommission und Transeuropäische Netze Referent: Prof. Dr. Werner Rothengatter, Emeritus, Karlsruhe Institute of Technology (KIT) Ort: Verband Region Stuttgart, Sitzungssaal im 5. OG, Kronenstraße 25 SeRVIce Impressum | Termine Herausgeber Dr.-Ing. Frank Straube, Professor an der Technischen Universität Berlin, Institut für Technologie und Management, frank.straube@tu-berlin.de Herausgeberassistenz Berlin: Axel Haas haas@logistik.tu-berlin.de Verlag DVV Media Group GmbH Postfach 101609, D-20010 Hamburg Nordkanalstr. 36, D-20097 Hamburg Telefon (040) 2 37 14-01 Geschäftsleitung: Dr. Dieter Flechsenberger (Geschäftsführender Gesellschafter) Geschäftsführer: Martin Weber Detlev K. Suchanek (Verlagsleiter Technik & Verkehr) detlev.suchanek@dvvmedia.com Verlagsredaktion Dr. Bettina Guiot (verantw.), (Durchwahl: -241) bettina.guiot@dvvmedia.com Telefax Redaktion: (040) 2 37 14-205 Freie Mitarbeit: Kerstin Zapp kerstin.zapp@dvvmedia.com Dr. Karin Jäntschi-Haucke, hgs@dvwg.de (verantw. DVWG-Nachrichten) Anzeigen Silke Härtel (verantw. Leitung) (Durchw.: -227) silke.haertel@dvvmedia.com Sophie Elfendahl (Durchwahl: -220) sophie.elfendahl@dvvmedia.com Telefax Anzeigen: (040) 2 37 14-236 Gültig ist die Anzeigenpreisliste Nr. 49 vom 1. Januar 2012. Vertrieb Riccardo di Stefano Bezugsgebühren: Abonnement-Paket Inland: EUR 182,00 (inkl. Porto zzgl. 7 % MwSt.); Abonnement-Paket Ausland: EUR 198,00 (inkl. Porto). Mitglieder der DVWG erhalten die Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Einzelheft: EUR 35,00 (im Inland inkl. MwSt.) zzgl. Versand. Das Abonnement-Paket enthält die jeweiligen Ausgaben als Print, Digital und E-Paper sowie den Zugang zum Gesamtarchiv der Zeitschrift. copyright: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags vervielfältigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fällt insbesondere auch die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-Rom. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Abbildungen übernimmt der Verlag keine Haftung. Layoutkonzept: Helmut Ortner Titelbild: Titellayout: Getty Images Karl-Heinz Westerholt druck: Knipping Druckerei und Verlag GmbH, Düsseldorf Herstellung: TZ-Verlag & Print GmbH, Roßdorf, www.tz-verlag.de Internationales Verkehrswesen Leser- und abonnentenservice Tel. (040) 23714-260 | Fax: (040) 23714-243 Oizielles Organ: Mitglied/ Member: Eine Publikation der DVV Media Group ISSN 0020-9511 8.-12.10.12 Los Angeles (USA) Fiata weltkongress Info: Fiata glattbrugg, Schweiz Tel. +41 43 211 65 00, Fax +41 41 43 211 65 65 www.iata.com 9.-10.10.12 Nürburgring (D) 2. Forum Ladungssicherung Info: SVV-Süddeutscher Verlag Veranstaltungen, Landsberg Tel. +49 (0)8191/ 125-120 info@sv-veranstaltungen.de www.sv-veranstaltungen.de 11.10.12 Darmstadt (D) Mobilität für morgen − 10. Hessischer Mobilitätskongress Info: HA Hessen Agentur, Wiesbaden Tel. +49 (0)611/ 95 017-8493 oliver.zarski@hessen-agentur.de www.mobil-in-hessen.de 16.-17.10.12 Hamburg (D) 23. Internationale Binnenschiffahrts-Gefahrgut-Tage Info: SVV Süddeutscher Verlag Veranstaltungen, Landsberg Tel. +49 (0)8191/ 125-627, Fax +49 (0)8191/ 125-97 627 www.sv-fachveranstaltungen.de 17.-19.10.12 Tanger (Marokko) 3 rd UIC Global Rail Freight Conference GRFC Info: International Union of Railways, Paris Tel. +33 1 44 49 21 33 decossart@uic.org www.uic.org 17.-19.10.12 Berlin (D) 29. Deutscher Logistik-Kongress Info: Bundesvereinigung Logistik BVL, Bremen Tel. +49 (0)421 / 173 84 0, Fax +49 (0)421 / 16 78 00 bvl@bvl.de www.bvl.de 22.-24.10.12 Leipzig (D) new mobility - Konzepte für die Mobilität von morgen Info: Leipziger Messe info@leipzig.de www.leipzig.de/ de/ business/ newsarchiv/ 2011/ new-mobility-Konzepte-fuer-die-Mobilitaet-von-morgen-21443.shtml 23.-24.10.12 Leipzig (D) 3. Internationale Trolleybus Konferenz „Neue Horizonte im Stadtverkehr innovative elektrische Stadtbussysteme ebnen den Weg zur postfossilen Gesellschaft" Info: TrolleyMotion alexandra.scharzenberger@s2a-consulting.com, www.trolleymotion.com 23.-24.10.12 Amsterdam (NL) Ofshore Energy Info: Navingo Tel. +31 (0)10 209 2634, Fax +31 (0)10 436 8134 fh@navingo.com, www.ofshore-energy.biz 6.-7.11.12 Dresden (D) 8. VDI-Tagung „Innovative Fahrzeugantriebe“ Info: VDI Wissensforum GmbH, Düsseldorf Tel. +49 (0)211/ 62 14-641, Fax +49 (0)211/ 62 14-154 wissensforum@vdi.de www.vdi.de/ fahrzeugantriebe 8.-9.11.12 Fulda (D) 12. Signal+Draht-Kongress Info: DVV Media Group GmbH, c/ o punktgenau GmbH Tel. +49 (0)40 237 14-470, Fax +49 (0)40 237 14-471 eurailpress-events@dvvmedia.com 20.-21.11.12 Nürnberg (D) 5. Symposium IDMVU Info: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) berlin@dmb-bau.de www.dmb-bau.de/ veranstaltungen 20.-23.11.12 Basel (CH) PACK&MOVE Info: MCH Messe Schweiz (Basel) AG Tel. +41 58 206 22 33 christine.kern@messe.ch www.packmove.ch 27.-29.11.12 Amsterdam (NL) Intermodal Europe 2012 Informa Group plc, London Tel. +44 207 017 5000 sophie.ahmed@informa.com www.intermodal-events.com TERMINE + VERANSTALTUNGEN 08.10.2012 bis 29.11.2012 Weitere Veranstaltungen inden Sie unter www.internationalesverkehrswesen.de, www.dvwg.de www.eurailpress.de, www.schifundhafen.de, www.dvz.de Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 77 HeRAUSGeBeRBeIRAT Internationales Verkehrswesen Ben Möbius Dr., Abteilungsleiter Mobilität und Kommunikation des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Berlin Gerd Aberle Dr. rer. pol. Dr. h.c., Professor emer. der Universität gießen und Ehrenmitglied des Herausgeberbeirats Ralf Nagel Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Hamburg August Ortmeyer Dr., Leiter der Abteilung Dienstleistungen, Infrastruktur und Regionalpolitik im Deutschen Industrie und Handelskammertag (DIHK), Berlin Uwe clausen Univ.-Prof. Dr.-Ing., Institutsleiter, Institut für Transportlogistik, TU Dortmund & Fraunhofer Institut für Materialluss und Logistik (IML), Vorsitzender, Fraunhofer Allianz Verkehr Michael P. clausecker MBA Vorsitzender der geschäftsführung Bombardier Transportation gmbH, Berlin christian Piehler Dr.-Ing., Programmdirektor Verkehr Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Köln Ronald Pörner Prof. Dr., Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland e. V. (VDB), Berlin Florian eck Dr., stellvertretender geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums e.V., Berlin Annegret Reinhardt-Lehmann Bereichsleiterin, Kundenmanagement Fraport Ag, Frankfurt/ Main Michael engel Dr., geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften e. V. (BDF), Berlin Alexander eisenkopf Prof. Dr. rer. pol., Phoenix-Lehrstuhl für Allgemeine BWL & Mobility Management, Zeppelin University, Friedrichshafen Tom Reinhold Dr.-Ing., Leiter Sonderprojekte DB Mobility Logistics Ag Frankfurt Ottmar Gast Dr., Sprecher der geschäftsführung der Hamburg-Süd Kg, Hamburg Knut Ringat Prof., Präsident der DVWg und Sprecher der geschäftsführung der Rhein-Main-Verkehrsverbund gmbH, Hofheim am Taunus Jürgen Siegmann Prof. Dr.-Ing. habil., Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb, TU Berlin, und Vizepräsident der DVWg Alexander Hedderich Dr., Vorsitzender der geschäftsführung der DB Schenker Rail gmbH und Mitglied des Executive Board der Deutsche Bahn Ag, Berlin erich Staake Dipl.-Kfm., Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen Ag, Duisburg Wolfgang Stölzle Prof. Dr., ordinarius, Universität St. gallen, Leiter des Lehrstuhls für Logistikmanagement, St. gallen Wolfgang Hönemann Dr., geschäftsführer Intermodal der Wincanton gmbH, Mannheim Ute Jasper Dr. jur., Rechtsanwältin Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek, Düsseldorf Josef Theurer Dr. Techn. h. c. Ing., geschäftsführer Plasser & Theurer, Linz christoph Klingenberg Dr., Bereichsleiter Information Management und Chief Information oicer der Lufthansa Passage Airlines, Frankfurt/ Main Matthias von Randow Hauptgeschäftsführer Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Berlin Sebastian Kummer Prof. Dr., wissenschaftlicher Leiter der ÖVg und Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik, Wien Peer Witten Prof. Dr., Vorsitzender des Aufsichtsrats der Hamburger Hafen und Logistik Ag (HHLA), Hamburg, und Sprecher der Logistik-Initiative Hamburg Oliver Wolf Hauptgeschäftsführer Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Köln Werner Lundt Dipl.-Ing., Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schifbau und Meerestechnik e. V., Hamburg Wettbewerbsfähigkeit sichern! Herausgeberbeirat Michael clausecker zur Zulassung von Zügen D ie Zulassung von Zügen ist für uns Hersteller ein unerlässlicher Schritt, um neue Züge in den Markt zu bringen. Wir realisieren Innovationen oftmals zuerst in Deutschland, wo der Wettbewerb auf dem Netz groß und der Betrieb heute dennoch sicherer denn je ist. Gleichwohl muss sich auch die Zulassung von Zügen weiterentwickeln. Gegenwärtig steht ein Drittel der Jahresproduktion unserer deutschen Bahnindustrie auf dem Abstellgleis und wartet auf den Abschluss der Zulassung. Das darf so nicht weitergehen. Wo sich heute einzelne Bearbeiter in der Plicht fühlen, müssen morgen transparente und verlässliche Prozesse die Zulassung absichern. Genau wie bei Flugzeugen und Autos gilt es, Verantwortung in die Hände unternehmerisch geführter und leistungsfähiger Gutachterorganisationen zu legen. So kann es gelingen, die termingerechte Lieferung von neuen Zügen und die damit geplante Verkehrsversorgung zu gewährleisten. So schafen wir es auch, mehr Fahrgäste mit der umweltfreundlichen Bahn zu befördern und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Branche zu sichern. »Mit transparenten und verlässlichen Prozessen die Zulassung optimieren! « GASTKOMMeNTAR Harald Zulauf Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 78 »Großprojekte brauchen proaktive Kommunikation! « A ußen vor blieben die Gegner von Stuttgart- 21 in der Frühphase des Projekts keinesfalls. In einem Planfeststellungsverfahren hatten sie die Chance, ihren Einwänden Gehör zu verschafen. 11 500 Einsprüche nennt die IG Bürger für Baden-Württemberg e. V. auf ihrer Website www.fuerstuttgart21.de. Die parlamentarische Legitimation erfuhr das Projekt ebenfalls: in Stuttgart, wo Gemeinderat und Landtag deutlich zustimmten, und selbst im Deutschen Bundestag. Die bloße Konzentration darauf, rechtliche Vorgaben zu erfüllen, birgt allerdings Gefahr. Denn wer seine Sache nicht auch proaktiv nach außen ofen kommuniziert, muss unter Umständen mit einem öfentlichen Nachspiel rechnen. Für den Großteil der Stuttgarter mag der Tiebahnhof in den Neunzigern weit entfernt gewesen sein. Als die Bauarbeiten begannen, war das anders. Demonstrationen folgten - man fühlte sich nicht ausreichend informiert. Wie in und um Berlin. Die Deutsche Flugsicherung schlug im September- 2010 für den neuen Airport BBI Startrouten vor, die von denen im Planfeststellungsbeschluss abwichen. Das war rechtlich durchaus legitim, nur informierte darüber lange niemand die Öfentlichkeit. Berlins und Brandenburgs Regierungschefs räumten damals Deizite in der Kommunikation ein. Mit Blick auf das Bahnhofsprojekt in Stuttgart sprach Thomas Strobl, Baden-Württembergs CDU-Generalsekretär, gar von einem „Kommunikations-GAU“. Unrecht hatte er sicher nicht. Den Verantwortlichen in Stuttgart und Berlin fehlte es schlichtweg an Proaktivität in der Außendarstellung. Abseits des „rechtlichen Plichtprogramms“, so war man lange der Meinung, seien kaum kommunikative Anstrengungen erforderlich. Doch der Bedarf der Bürger an umfassender Kommunikation hat in den letzten Jahren zugenommen - der Social-Media-Siegeszug bietet nur ein Beispiel. Ein Vorbild in Sachen Dialog kann die Schweiz, das Mekka der Referenden, sein. Initiativ-Kommunikation ist bei Großprojekten eine Notwendigkeit, wie der kleine Alpenstaat mustergültig vorführt. Und so kommt es nicht von ungefähr, dass die Schweizer Bevölkerung ihrer Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) trotzdem mehrfach das Vertrauen aussprach, obwohl die Kostenschätzungen immer wieder erhöht wurden. Die Schweizer fühlten sich gut informiert und dieses erreichte Kommunikationsziel war auch für ihr positives Votum ausschlaggebend. Die Conclusio: Bei großen Verkehrsvorhaben ist es wichtig, parallel zu den rechtlichen Planfeststellungsverfahren, frühzeitig auch auf die Öfentlichkeit zuzugehen. Es gilt, potenzielle Gegner zu identiizieren sowie die passenden Kommunikationsmaßnahmen und -kanäle zu sondieren. Auch sollte der mögliche Krisenfall Berücksichtigung inden: bei Verkehrsprojekten etwa die Szenarien Finanzierungs-, Umwelt- und Zeitprobleme. Die Durchführung der Informationskampagne muss vor allem eines prägen: Transparenz und Glaubwürdigkeit. Um ihr Projekt zu kommunizieren, sollten Träger Nähe demonstrieren. Dazu gehören sicher lokale Infoveranstaltungen mit den Verantwortlichen. Dazu gehört jedoch auch die Präsenz in sozialen Medien - die Projektgegner wissen Facebook und Youtube deinitiv zu schätzen. Zum anderen bedingt Glaubwürdigkeit, nicht nur leidenschaftlich Vorteile deutlich zu machen, sondern zugleich frühzeitig und ernsthaft auf Ängste oder gegnerische Ansichten einzugehen. Zu lange schienen Politik und Bahn bei S21 auf rechtlicher Sicherheit zu beharren. Ofenheit ist eine grundlegende Tugend. Hätten die Verantwortlichen beim Airport-Projekt die Praxis der Startroutenfestlegung früher in die Öfentlichkeit getragen, wäre der Aufschrei damals wohl auch groß gewesen - Täuschung hätte man später jedoch niemandem vorgeworfen. Wer mögliche Probleme proaktiv kommuniziert, der agiert, statt in den Medien zum Getriebenen zu werden. Zwar liegt selbst in proaktiver Kommunikation das Risiko, potenzielle Gegner auf den Plan zu rufen. Doch helfen die gewonnene Transparenz und Glaubwürdigkeit im Zusammenspiel mit einem Planfeststellungsverfahren, später öfentlichen Ärger zu minimieren. Rechtzeitige proaktive Kommunikation hilft, Befürworter zu mobilisieren und Kritiker vielleicht zu überzeugen - zumindest aber gibt sie allen das Gefühl, informiert und gehört zu werden. ■ Harald Zulauf ist seit 1993 geschäftsführer der MEDIA ConSULTA Deutschland gmbH und seit 2001 CEo der MC International Holding Ag. MC ist eine internationale Full-Service-Agentur, deren netzwerk sich auf 68 Staaten weltweit erstreckt. ZUR PeRSON Foto: Media Consulta Antrag auf persönliche Mitgliedschaft (Jahresbeitrag 96 EUR/ Studierende 48 EUR) Eintritt zum Titel, Vorname, Name Beruf, Amtsbezeichnung Geburtsdatum Anschrift (privat) - Straße, Haus-Nr. PLZ, Ort Telefon (privat) Fax (privat) E-Mail (privat) Firma, Institution (dienstlich) Anschrift (dienstlich) - Straße, Haus-Nr. PLZ, Ort Telefon (dienstlich) Fax (dienstlich) E-Mail (dienstlich) Interessensgebiete (Zutreffendes bitte ankreuzen) Personenverkehr Güterverkehr Verkehrsinfrastruktur Verkehrslogistik Kombinierter Verkehr Verkehrssicherheit Verkehrspolitik Straßenverkehr Luftverkehr Schienenverkehr ÖPNV Seeverkehr Binnenschifffahrt Fußgänger- und Radverkehr Verkehrsplanung Verkehrstechnik Verkehr und Umwelt Verkehrsforschung Telematik und Verkehrsmanagement Verkehrswirtschaft Verkehrsrecht Wenn Sie den schriftlichen Kontakt mit der DVWG bzw. die Lieferung der Organzeitschrift „Internationales Verkehrswesen“ an eine dienstliche Adresse wünschen, wählen Sie bitte Kontakt „dienstlich“. Bitte beachten Sie, dass die Angabe der privaten Adresse für eine Anmeldung zwingend erforderlich ist! Kontakt: privat dienstlich Bezug der Zeitschrift „Internationales Verkehrswesen“: ja nein Interesse an Informationen zum Jungen Forum der DVWG: ja nein Ort/ Datum Unterschrift Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft e.V. Tel.: 030 / 293 60 60 Fax: 030 / 293 60 629 Agricolastraße 25 www.dvwg.de 10555 Berlin hgs@dvwg.de Preisnachlass beim Bezug der Publikationen unserer Schriftenreihe (Bücher und CDs) Aufbau neuer und Vertiefung bestehender Kontakte im Bereich des Verkehrswesens auf deutscher und europäischer Ebene Gebührenermäßigung bei zentralen wissenschaftlichen Veranstaltungen der DVWG exklusiver Zugang zum Internetportal der DVWG (Mitgliederbereich und Download) Bezug der renommierten Fach- und Organzeitschrift „Internationales Verkehrswesen“ persönliche Einladung zu den Veranstaltungen Ihrer Bezirksvereinigung und der Hauptgeschäftsstelle Mitarbeit im Jungen Forum der DVWG (für Mitglieder bis 40 Jahre) Wir sind in Bewegung! jährliche Fachexkursionen ins Ausland (2010 - China, 2011 - Kanada) ... Kommen Sie mit! PREISE! DIE ROTE KR AF TSTOFF- K ARTE GEGEN HOHE D I E F L O T T E N K A R T E , D I E 2M A L S PA R E N K A N N . 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