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Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
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2014
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Hubs, Schnittstellen, Infrastrukturen Drehkreuze zukunftsfähig machen POLITIK Bundesverkehrswegeplan 2015 - die Chance nutzen INFRASTRUKTUR Finanzierung der Bundesfernstraßen LOGISTIK Die Efekte der Liberalisierung des-Straßengüterverkehrs MOBILITÄT Langstreckenmobilität - Trends und Zukunftsperspektiven DVF-EXTRA: 30 Jahre Deutsches Verkehrsforum www.internationalesverkehrswesen.de Heft 1 l März 2014 66. Jahrgang Ein Standardwerk zur Entwicklung von Verkehr und Verkehrswirtschaft Technische Daten: ISBN 978-3-87154-493-4, 368 Seiten, Format 140 x 180 mm, Broschur Preis : € 56,50 mit CD-ROM inkl. MwSt., zzgl. Porto Kontakt: DVV Media Group GmbH Telefon: +49/ 40/ 2 37 14 - 440 Fax: +49/ 40/ 2 37 14 - 450 E-Mail: buch@dvvmedia.com Bestellen Sie Ihr Exemplar unter www.eurailpress.de/ viz. Das jährlich neu aufgelegte Statistik- Handbuch „Verkehr in Zahlen“ informiert über nahezu alle Aspekte des Verkehrs einschließlich seiner Stellung in der Volkswirtschaft. Es wird von politischen Entscheidungsträgern, Unternehmen, Banken und der gesamten Transportwirtschaft seit mehr als 30 Jahren genutzt. Diese Informationsquelle gibt eine aktuelle und zuverlässige Übersicht zu allen Daten und Fakten der Mobilität und Verkehrswirtschaft. Verkehr in Zahlen bietet eine verkehrsstatistische Datengrundlage, mit der Strukturveränderungen der Verkehrsmärkte erkannt und Entwicklungen verfolgt werden können. Auf der CD be nden sich umfangreiche Daten, die sich direkt oder als Gra k leicht weiterverarbeiten lassen. Herausgeber ist das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Der Verkehr in Tabellen, Zahlen und Übersichten Jetzt aktuell! Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 3 Frank Straube EDITORIAL Verbindungen von-Schnittstellen für den Verkehr der-Zukunft D as Ihnen vorliegende Heft soll dazu beitragen, Verbindungen in Verkehrssystemen zu verbessern. Technologische, geograische und nutzerorientierte Integrationen von Güter- und Personenverkehren für Wirtschaft und Gesellschaft von morgen sind nicht gelöste Herausforderungen. Integriert meint: die verkehrsträger- und akteursübergreifende Planung und Steuerung nach Eizienz-, Zuverlässigkeits und Nachhaltigkeitskriterien. Informations-, Organisations- und physische Umschlagssysteme sind für den globalen Verkehr mehr denn je notwendig. Um Leitideen für Verkehr von Gütern und Mobilität von Menschen in Internationales Verkehrswesen künftig weiter zu entwickeln, haben wir mit Beginn des Jahres 2014 einen erweiterten Herausgeberkreis gewinnen können. Ausgewiesene Experten mit dem „Blick für das Ganze“ sind bereit, sich zu engagieren. Ich möchte mich im Namen des Verlages hierfür bedanken. Frau Prof. Barbara Lenz (DLR), die Herren Professoren Kay W. Axhausen (ETH Zürich), Hartmut Fricke (TU Dresden), Hans-Dietrich Haasis (ISL Bremen), Sebastian Kummer (WU Wien) und Knut Ringat (DVWG) werden ihre Kompetenzen, ihren Blick und ihre Netzwerke in die thematische Entwicklung der Zeitschrift als Leitmedium Verkehr einbringen. Das Deutsche Verkehrsforum ist eine einzigartige Institution mit weltweitem Modellcharakter. Verkehrsträgerübergreifend arbeiten Wirtschaft und Politik, Verbände und Wissenschaft in einer ganzheitlichen Wertschöpfungsidee zusammen und verbinden den Verkehrssektor mit anderen Bereichen wie Energie, Bau, Telekommunikation. Dieser Anwalt der kundenorientierten, nachhaltigen Mobilität feiert seinen 30. Geburtstag. Internationales Verkehrswesen gratuliert herzlich und dankt für das hochwertige Engagement zum Wohle von Gesellschaft und Wirtschaft. Deutschland hat im aktuellen Logistik- und Verkehrsbenchmark-Wettbewerb der Weltbank den ersten Platz im sogenannten Logistics Performance Index belegt. Auch wenn noch viele Verkehrsthemen ungelöst sind, steht Deutschland durch seine Fähigkeit, im Konsens zu verbinden, in wichtigen Messkriterien vergleichsweise führend in der Welt und kann seine Konzepte exportieren. Die Weltbank startet auf dieser Basis eine Initiative des „fact based policy making“ und wird Regierungen gezielt unterstützen, damit nachhaltige Verkehrssysteme global besser miteinander verzahnt arbeiten und der Welthandelszugang erleichtert wird. Dr.-Ing. E.h. Wilhelm Pällmann, ein großer Verbinder von Welten, Menschen und Netzwerken, ist am 25. Dezember 2013 verstorben. Vorstand in Nahverkehrsgesellschaften, bei der Deutschen Bundesbahn Anfang der 80er Jahre, bei der Deutschen Bundespost bzw. Telekom AG in den 90er Jahren verantwortlich für den Aubau Ost und in den 2000er Jahren als Vorsitzender der Kommission Verkehrsinfrastrukturinanzierung, kurz Pällmann-Kommission genannt, waren beeindruckende Lebensleistungen. Die Reformüberlegungen der Pällmann-Kommission wirken bis heute hinein in die Diskussion über die Verkehrsinfrastrukturinanzierung außerhalb des Bundeshaushaltes. Wir sind Herrn Dr. Pällmann für sein langjähriges, beispielgebendes Engagement dankbar. Die Verkehrswirtschaft arbeitet auf dem von ihm geschafenen Fundament in der Zukunft weiter. Ich freue mich auch in diesem Jahr auf Ihre inhaltlichen Anregungen und fachlichen Beiträge. Ihr Frank Straube frank.straube@tu-berlin.de Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 4 POLITIK 22 Bundesverkehrswegeplan 2015 - die Chance nutzen Carla Eickmann Iven Krämer 26 Weichenstellungen und Impulse im Verkehrswesen Zum Gedenken an Wilhelm Pällmann Andreas Kossak LOGISTIK 48 Logistik - Situation und Entwicklung in Mittel- und Osteuropa Slowenien und Kroatien Martin Lipicnik Dragan Cisic 51 Marktvolatilität im Transport- und Logistikbereich Situation und Handlungsoptionen Paul Wittenbrink 54 Wettbewerbsfähigkeit und Innovation als nachhaltiges Erfolgsrezept Erich Staake 57 Die Efekte der Liberalisierung des Straßengüterverkehrs Sebastian Jürgens Sebastian Keitel Sebastian Gerig WISSENSCHAFT 61 Nachhaltigkeit und Logistik Wie grün sind Deutschlands Güterverkehrszentren? Hans-Dietrich Haasis Feliks Mackenthun Stefen Nestler Thomas Nobel INFRASTRUKTUR 30 Finanzierung der Bundesfernstraßen Thorsten Beckers Jan Peter Klatt Tim Becker 33 Budgetsanierung auf Umwegen: Die österreichische Mauterhöhung Kommentar Sebastian Kummer 34 Infrastrukturmängel führen schon heute zu Beeinträchtigungen Michael Grömling Thomas Puls 37 Kasachstans Entwicklung zum euro-asiatischen Logistik-Hub Günther Teßmann 40 Infrastruktur bremst Entwicklung Brasilien zur Fußball-WM 2014 Dirk Ruppik WISSENSCHAFT 44 Green Roads Further requirements for sustainability evaluation of highway projects Sascha Hofmann Ivan Čadež Foto: Claudia Hautumm/ pixelio.de Foto: dreamstime.com Foto: Erich Westendarp/ pixelio.de THEMA DVF-EXTRA 30 Jahre Deutsches Verkehrsforum 12 30 Jahre DVF - Mobilität als Wohlstandstreiber Franz-Peter Strohbücker 15 »Wichtiger denn je« Ein Gespräch mit Klaus-Peter Müller, Vorsitzender des DVF-Präsidiums 18 Zukunftsprogramm Verkehrsinfrastruktur Florian Eck THEMA THEMA THEMA THEMA THEMA Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 5 INHALT März 2014 MOBILITÄT 65 Stuttgart Services Jörn Meier-Berberich Markus Raupp 68 Nachtzug 2.0 Neue Chancen durch Hochgeschwindigkeitsangebote Thomas Sauter-Servaes Steven Olma 71 Elektromobilität im Alltag Praxisnaher Einsatz in Frankfurt am Main Ansgar Roese 73 Promotionskolleg mobil.LAB Ein wissenschaftliches Drehkreuz für die Zukunft der-Mobilität Gebhard Wulfhorst Torsten Belter Stefan Klug WISSENSCHAFT 76 Langstreckenmobilität - Aktuelle Trends und Zukunftsperspektiven Roman Frick Bente Grimm Tobias Kuhnimhof TECHNOLOGIE DVWG-Nachrichten 95 DVWG - die Vielfalt der Mobilität Knut Ringat 96 Verkehrswissenschaftliche Nachrichten 99 DVWG-Veranstaltungen Sie finden „Internationales Verkehrswesen“ mit umfangreichem Archiv, aktuellen Branchenmeldungen und Terminen unter: www.internationalesverkehrswesen.de RuBRIKEN 03 Editorial 06 Im Fokus 1 1 Kurz + Kritisch 29 Bericht aus Brüssel 86 Stellenbörse 90 Forum Medien, Veranstaltungen, Meinungen 101 Impressum | Gremien 102 Ausblick | Termine AUSGABE 2/ 2014 Transport optimieren erscheint am 16. Mai 2014 80 Handeln statt resignieren Extern verursachte Störungen des ÖPNV strategisch vermeiden Stephan Anemüller 83 Entwicklung einer IVS-Rahmenarchitektur für den Öfentlichen Verkehr in Deutschland Wolfgang Kieslich Michael Weber Foto: Ivanikova/ Fotolia Foto: Stephan Anemüller THEMA THEMA THEMA Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 6 IM FOKUS Europas Bahnen wollen mehr Frauen beschäftigen I n europäischen Bahnunternehmen sind im Schnitt 19,5 % der Mitarbeiter weiblich. In Westeuropa liegt die Rate mit 19,1 % unter der in Osteuropa mit 20,9 %. Bedeutend größer ist die Diferenz bei den Ingenieurinnen: Hier liegt der Frauenanteil bei 11 % in westeuropäischen und 40 % in osteuropäischen Bahnunternehmen. Das geht aus einer Ende Januar veröfentlichten Mitgliederbefragung der Gemeinschaft Europäischer Eisenbahn- und Infrastrukturgesellschaften (CER) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) hervor. Teilgenommen haben von den 74 CER- Mitgliedern 24 aus 19 Ländern der EU, des westlichen Baltikums, der Türkei, der Schweiz und Norwegens. Positionen mit Managementverantwortung auf verschiedenen Hierarchieebenen sind zu 18 % mit Frauen besetzt. Um das Verhältnis zwischen Männern und Frauen anzugleichen, bieten beispielsweise 80 % der befragten Unternehmen unterschiedliche Arbeitszeitmodelle sowie Hilfe bei der Betreuungsorganisation für Kinder und plegebedürftige Angehörige. Doch nur 20 % der Teilnehmer haben Frauenquoten festgelegt, die sie in den nächsten Jahren erreichen wollen. Nur 16,7 % setzen auf Öfentlichkeitsarbeit, um Frauen technische Berufe sowie ihr Unternehmen näher zu bringen. Was machen ÖBB, SBB und DB? Bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) liegt der Frauenanteil an der Beschäftigtenzahl bei nur 11,3 %, bei Führungspositionen bei 6,8 %. Um die Situation zu verbessern, hat der Konzern Grundsätze zur Gleichstellung und eine „Diversity Charta 2020“ verabschiedet. Bis zum Jahr 2020 soll der Frauenanteil bei Neubesetzungen von Führungspositionen, Neueinstellungen und Auszubildenden kontinuierlich auf 20 % sowie bei Weiterbildungsprogrammen der ÖBB-Akademie auf 25 % erhöht werden, steht auf der Internetseite des Unternehmens. In den ÖBB-Inland-AGs und GmbHs soll der Anteil ebenfalls auf 25-% steigen. Spezielle Maßnahmen werden nicht genannt. Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) wollen den Frauenanteil im Konzern bis Ende 2014 generell von 14 auf 18 % steigern. Im Top-Kader streben die SBB laut Unternehmensseite eine Erhöhung des Frauenanteils von 8 auf 15 % an. Um diese Ziele zu erreichen, sind in der Gendermanagement-Strategie des Konzerns unter anderem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Verankerung der Genderperspektive in den Personalprozessen festgelegt. Bei der Umsetzung sollen lexible Arbeitszeitmodelle, „Kidz Care“, das Kaderfrauennetzwerk, Mentoring für Frauen und spezielle Seminarangebote helfen. Die Deutsche Bahn plant laut Internetauftritt, bis 2015 den Anteil von Frauen im Unternehmen auf mindestens 25 % und den Anteil von Frauen in Führungspositionen auf 20 % zu erhöhen. Familienservice, Mentoringprogramm sowie verschiedene Arbeitszeit- und Arbeitsplatzmodelle richten sich an alle Mitarbeiter, doch die Frauenförderung wird ausdrücklich in der Personalplanung, entsprechenden Leitlinien und speziellen Vereinbarungen berücksichtigt. (zp) Egal in welchem Bereich: Bis 2015 will die DB AG den Anteil von Frauen im Unternehmen auf mindestens 25 % erhöhen. Foto: DB AG / Banaszak PKW-Klimaanlagen: Diskussion um Kältemittel geht weiter D ie Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert ein sofortiges Verwendungsverbot für das Kältemittel R1234yf in PKW-Klimaanlagen. Gleichzeitig verlangt der Verein Akteneinsicht bei der EU-Kommission. Er verdächtigt die Hersteller des Produkts der Einlussnahme auf die Kommission und wirft EU-Industriekommissar Antonio Tajani vor, die Sicherheitsrisiken von R1234yf zu ignorieren. Ende Januar wies die DUH in einer Presseerklärung erneut darauf hin, dass die Substanz im Brandfall große Mengen giftigen Gases und Flusssäure freisetze. Die Ergebnisse entsprechender Tests lägen der EU- Kommission vor und seien vom Kraftfahrtbundesamt bestätigt worden. Doch bisher habe sie keine eigenen Tests geplant. Für das kürzlich eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren der Kommission und die Eskalation in der Kältemitteldebatte macht die DUH die Autohersteller mitverantwortlich. Erst nachdem Daimler im Herbst 2012 identische Tests durchgeführt habe, wendete sich der Autokonzern von R1234yf ab und kehrte zurück zum extrem billigen, noch klimaschädlicheren und bereits verbotenen R134a. Die DUH setzt sich für eine schnellstmögliche Umstellung der Kältetechnik auf das natürliche Kältemittel CO 2 ein. Von den Fahrzeugherstellern fordert sie Kompensationszahlungen für jedes in Europa zugelassene Neufahrzeug, das seit 2011 rechtswidrig mit R134a ausgeliefert wird. Auch die Vielzahl von Autoherstellern, die bei den Typgenehmigungen getrickst hätten, um die EU- Richtlinie zu umgehen, sei zur Verantwortung zu ziehen. Die Kompensationszahlung müsse folglich nicht nur die Umweltschäden und den Wettbewerbsvorteil durch die Nutzung von R134a ausgleichen, sondern darüber hinaus einen deutlichen Anreiz zur raschen Einführung der umweltfreundlichen und sicheren CO 2 -Klimatechnik bieten. (zp) Mehr zum DUH-Test unter: http: / / l.duh.de/ p310114. Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 7 IM FOKUS UHH plant mit virtuellem Tool die Hafenerweiterung D er Haldenslebener Industriehafen am Mittellandkanal soll in diesem Jahr im Südhafen ausgebaut werden. Der Betreiber UHH Umschlags- und Handelsgesellschaft Haldensleben mbH erschließt dafür ein weiteres Gebiet. Doch bevor das neue Hafengelände bebaut wird, sind die Planer gefragt: Wie ordnet man die baulichen Strukturen am besten an, um den späteren Betrieb möglichst reibungslos und eizient laufen zu lassen? Wie gestaltet man die Wege- und Verkehrslächen? Wie und wo lassen sich neue Dienstleistungsangebote integrieren? Wie kann die Erweiterung bei laufendem Betrieb des trimodalen Terminals realisiert werden? Die UHH hat sich entschieden, für die Planung ein neuartiges Tool einzusetzen, das der Bereich „virtuell interaktives Training“ des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF entwickelt hat. Die virtuelle Standortplanung bietet eine 3D-Sicht auf die bestehenden Hafenareale und die neue Fläche. Auf dieser Basis können die Planer neue Baulichkeiten oder Strukturen wie Wegenetze, Fahrzeuge, Personen und Bäume integrieren und anpassen, bis der Warenluss funktioniert. Das Tool stellt auch Güter wie Container, Paletten oder Schüttgut dar und analysiert, welche der virtuell entwickelten Varianten die größten Vorteile bietet. Die Sicht auf die Planung kann jederzeit gewechselt werden. Zudem sind aus bestehenden Grundstücksdatenbanken Informationen wie Grundstückspreis, -größe, Baubeschränkungen, Bodenbeschafenheit und vorhandene Infrastruktur in das Programm integriert. Die Forscher des IFF haben ein ganzheitliches System entwickelt, das die Bereiche Raumplanung, logistische Prozesse und Energieeizienz - etwa welche alternativen Energiequellen genutzt werden könnten - umfasst. Kunden können entweder selbst planen oder das Institut damit beauftragen. Auch die Stork Umweltdienste GmbH sowie der Industrie- und Gewerbepark Mittelelbe GmbH haben das neue Tool bereits für Logistikprojekte eingesetzt. (zp) Anhand der realen Verhältnisse vor Ort entsteht am Computer ein genaues, virtuell-interaktives 3D-Modell des gesamten Areals und seiner Umgebung, in dem die Planer sich frei bewegen, Objekte und Wege dynamisch anpassen, Zusatzinformationen integrieren oder Prozesse visualisieren können. Quelle: Fraunhofer IFF Flughafen Hongkong hat weiteres Frachtterminal E ine der größten Frachtumschlaganlagen der Welt hat Ende 2013 am internationalen Flughafen Hongkong den Betrieb aufgenommen. Das neue Terminal ist für einen Durchsatz von 2,6 Mio. t Fracht pro Jahr ausgelegt und erhöht damit die Kapazität der bestehenden Anlagen am Flughafen um 50 % auf 7,4 Mio. t. Cathay Paciic Services Ltd. beauftragte Siemens, das Terminal mit moderner Lager- und Fördertechnik auszustatten sowie die Automatisierung und die elektrische Ausrüstung zu übernehmen. Ein Lagerverwaltungs- und Kommissionierrechner steuert die Anlage und sorgt für besonders hohe Durchsatzraten und damit für möglichst kurze Wartezeiten für Flugzeuge und Lkw. Das neue Gebäude hat eine Betriebsläche von rund 240 000 m 2 mit mehr als 6600 Plätzen für Paletten und Frachtbehälter (Unit Load Devices). Für die Abfertigung beinden sich im Terminal 2550 Rollenförderer, 119 Arbeitsstationen und 170 LKW-Docks. Für Sperrgut wurden zusätzlich 4200 Lagerplätze, 16 automatische Ablage- und Entnahmesysteme und 1900 Rollenförderer integriert. Hongkong ist der größte Frachtlughafen der Welt. Täglich landen etwa 750 Flugzeuge. Rund 45 Frachtluggesellschaften liegen von Hongkong aus internationale Flugziele an. Bereits 1998 hat Siemens am Flughafen Hongkong das Frachtterminal 1 in Betrieb genommen. Es ist für bis zu 2,7-Mio. t Fracht pro Jahr ausgelegt und damit derzeit das größte Frachtterminal weltweit. (zp) Das neue Frachtterminal in Hongkong Foto: Siemens Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 8 Im Fokus ADV ist mit Passagier- und Frachtaufkommen unzufrieden K napp 202 Mio. Passagiere sind im vergangenen Jahr an den 22 internationalen deutschen Verkehrslughäfen ein-, aus- oder umgestiegen. Damit stieg die Zahl der Fluggäste gegenüber 2012 um 0,7 %. Im globalen Luftverkehr wuchs das Passagieraufkommen allerdings um etwa 6 %. Das geht aus der Jahresstatistik des Flughafenverbands ADV hervor, die Ende Januar veröffentlicht wurde. Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des Verbands, führt die Entwicklung in Deutschland auf einen intensiven Wettbewerb und daraus resultierende Streckenstreichungen zurück. Die Netzwerk-Carrier hätten sich in den vergangenen beiden Jahren aus der Fläche zurückgezogen. Das sei nur teilweise durch den im Sommer wieder erstarkten Streckenaubau der Low Cost Carrier ausgeglichen worden. Voraussichtlich hätten nur sechs der internationalen Verkehrslughäfen 2013 ein positives Nettoergebnis erzielt. Im Passagierverkehr legten die Kontinentalverbindungen um 2,5 % gegenüber 2012 zu, die interkontinentalen Verkehre aber nur um 0,4 %. Die innerdeutschen Verkehre sanken um 3,6 %. Vor allem kleinere und mittelgroße Flughäfen mussten im ersten Halbjahr 2013 laut ADV einen deutlichen Verkehrsrückgang hinnehmen. Das Gewicht der umgeschlagenen Luftfracht inklusive Luftpost wuchs gegenüber dem Vorjahr nur um 0,2 % auf fast 4,326-Mio.-t. Der ADV nennt als Gründe die Nachwirkungen der Eurokrise und die instabile wirtschaftliche Lage in weiten Teilen Asiens. Die Gesamtzahl der Flugbewegungen sank 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 3,8 % auf gut 2 Mio. Starts und Landungen. Ursächlich für den Rückgang seien die Konsolidierungsprogramme der Airlines, der Einsatz von größerem Fluggerät sowie die höhere Auslastung der Flugzeuge. Dennoch deutet sich für 2014 ein verhaltener Streckenneuaubau an. Für 2014 erwarten die deutschen Flughäfen laut ADV ein leichtes Passagierwachstum von 2,2 %. Bei der Luftfracht deuten die Indikatoren in der ADV- Prognose auf eine langsame Belebung in 2014 hin. Der Verband verweist jedoch darauf, dass die Luftverkehrssteuer weiterhin ein Wachstumshemmnis sei. Wirtschaftliche Bedeutung der-deutschen Luftfahrt Ebenfalls gegen einseitige Belastungen der deutschen Luftfahrt sprach sich der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) aus. In Kooperation mit dem Ifo-Institut hat der BDL die Bedeutung der Luftfahrt für die deutsche Wirtschaft untersucht. Ein Ergebnis: Für knapp 74 % der Industrieunternehmen in Deutschland sind Flugverbindungen sehr wichtig oder wichtig. Das Ifo-Institut hat mehr als 6800-Antworten ausgewertet. Luftverkehrsstrategie Die deutschen Flughäfen fordern eine nationale Luftverkehrsstrategie mit einem klaren Bekenntnis zur Entwicklung von leistungsfähigen Flughafenstandorten von der neuen Bundesregierung. Das formulierte Dr. Michael Kerkloh, Präsident des Flughafenverbands ADV, auf dem Neujahrsempfang des Verbands, an dem Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt als Festredner teilnahm. Dobrindt erwiderte, ein modernes Land brauche eine moderne, gut funktionierende Infrastruktur. Die Bundesregierung gebe deshalb ein klares Bekenntnis für den Luftverkehr und leistungsfähige Flughäfen. „Wir werden den Luftverkehrsstandort Deutschland stärken und weiter fördern. Ziel ist ein ausgewogener Ausgleich zwischen den ökonomischen Erfordernissen der Flughäfen und den Anforderungen des Umwelt- und Lärmschutzes“, so Dobrindt. Neue Beihilfe-Leitlinien der-Eu-kommission Auf europäischer Ebene tut sich bereits etwas. Mit neuen Vorgaben regelt Brüssel seit Ende Februar, unter welchen Voraussetzungen Flughäfen eine Förderung der öfentlichen Hand erhalten können. „Die EU- Kommission hat erkannt, dass Flughäfen Arbeitsplätze sichern und volkswirtschaftlich von unverzichtbarer Bedeutung sind. Die vorliegenden Beihilfe-Leitlinien sind ein Beitrag zu einer verantwortungsvollen EU-Luftverkehrspolitik. Sie bieten eine Perspektive und die Chance für eine zukunftsweisende Entwicklung der Flughafeninfrastruktur“, fasst Beisel die Bewertung des ADV lobend zusammen. Eine öfentliche Unterstützung sei nun über einen Zeitraum von zehn Jahren möglich. Beisel hoft, dass notwendige Entscheidungen über die öffentliche Förderung von Flughäfen in Brüssel künftig zügig getrofen und langjährig anhängige Verfahren schnell beendet werden. Er fordert, dass die EU-Kommission anerkennt, dass Entscheidungen zur Entwicklung der Flughafeninfrastruktur in die Kompetenz der Mitgliedsstaaten gehören. Hier müsse eine Rückverlagerung erfolgen. An die Bundesregierung gewandt, verlangt Beisel, dass kleinere und mittlere Flughäfen im europäischen Wettbewerb zu anderen Flughafenstandorten nicht benachteiligt werden. Sicherheitseinrichtungen wie etwa die Kosten für Feuerwehren dürften keineswegs den Betriebskosten der deutschen Flughäfen zugerechnet werden, wenn in den Nachbarländern hierfür der Staat aukomme. Zudem appelliert der ADV an das Bundesverkehrsministerium, die von der EU- Kommission vorgesehenen Möglichkeiten zur Anmeldung einer nationalen Regelung zu nutzen, um Auseinandersetzungen mit Brüssel künftig zu vermeiden. (zp) DREI FRAGEN AN … Dr. Michael Kerkloh, Präsident des ADV Herr Dr. Kerkloh, wie kann die Bundesregierung den Flughäfen neue Wachstumschancen eröfnen? Die Liberalisierung des Luftverkehrs in Europa Anfang der 1990er Jahre hat gezeigt, welches Potenzial in einer liberalen Wirtschaftsordnung steckt. Bei der Vergabe von Verkehrsrechten dürfen nicht nur die Interessen Einzelner ausschlaggebend sein, sondern es müssen auch die Interessen von Wirtschaft, Verbrauchern und Flughäfen Berücksichtigung inden. Neue Airlines und Verbindungen müssen grundsätzlich willkommen sein. Welche Botschaften haben Sie noch an die-Politik? Zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Flughäfen braucht es eine zwischen Bund und Ländern abgestimmte Luftfahrstrategie. Eingrife in bestehende Betriebsgenehmigungen lehnen wir entschieden ab. Bedarfsgerecht entwickelte Flughäfen müssen auch in Zukunft Wachstumsperspektiven haben. Im vergangenen Jahr waren selbst von den internationalen deutschen Flughäfen nur wenige proitabel. Was sagen Sie zu der wieder zu erwartenden Schließungsdiskussion? Es wäre falsch, einzelne Standorte vorschnell in Frage zu stellen. Der Wirtschaftsstandort Deutschland proitiert von einem Flughafensystem, in dem sich dezentrale Standorte und Drehkreuze sinnvoll ergänzen. (zp) Foto: ADV Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 9 IM FOKUS USA automatisieren Schienenfern- und -regionalverkehr R und 1100 Streckenkilometer, 124 Stationen und 1500 Fahrzeuge umfassen die beiden meistgenutzten Personennahverkehrslinien der USA. Sie verbinden die nördlichen und östlichen Vororte von New York mit Manhattan. Die Metropolitan Transportation Authority (MTA) hat ein Konsortium mit Bombardier Transportation und Siemens beauftragt, die Zugsicherungssysteme der beiden Pendlerstrecken zu modernisieren. Die beiden Unternehmen wollen das neue Positive Train Control System (PTC-System) für die North Railroad und die Long Island Rail Road im Bundesstaat New York entwickeln, testen und schrittweise bis 2019 in Betrieb nehmen. Das neue Sicherungssystem soll beispielsweise künftig zu hohe Geschwindigkeiten oder Missachtung von Haltesignalen durch Zwangsbremsung verhindern sowie die Beförderungskapazität durch eizientere Nutzung der Strecken erhöhen. Derzeit werden jährlich rund 80 Mio. Fahrgäste auf den Linien befördert. Auch die vorhandene Streckensignaltechnik für die beiden Linien rüstet das Konsortium um. Siemens hat die PTC-Technologie speziell für den nordamerikanischen Markt und gemäß dem vom US-Kongress verabschiedeten Rail Safety Improvement Act von 2008 entwickelt. Dieses Gesetz schreibt die lächendeckende Installation von PTC-Systemen bis Dezember 2015 für Strecken mit regelmäßigem Personentransport im Fern- und Regionalverkehr vor. (zp) Weitere Informationen: www.siemens.com/ mobility-logistics Expressverbindung zwischen Paris und Flughafen kommt I n nur 20 Minuten und ohne Zwischenstopp sollen Schnellzüge künftig die 32 km zwischen dem Pariser Bahnhof Gare de l`Est und dem Flughafen Charles de Gaulle zurücklegen. Geplant ist die Verbindung seit Jahren, doch nun gab die französische Regierung grünes Licht für das mit 1,7 Mrd. EUR budgetierte Projekt „CDG Express“. Von 2017 an wird eine 8 km lange Gleisstrecke zwischen Flughafen und Pariser Schienennetz gebaut. 2023 sollen die ersten Züge fahren. Diese sind dann doppelt so schnell wie auf der heutigen Verbindung. 2013 sind am Flughafen Charles de Gaulle rund 62 Mio. Passagiere gestartet und gelandet. Etwa 8 Mio. nutzten Zugverbindungen von und nach Paris. (zp) (Karte: BD IAURIF - SNCF) Ecomove-Projekt erfolgreich abgeschlossen G eringerer Treibstofverbrauch und weniger CO 2 -Emissionen: Das bieten die Lösungen aus dem europäischen Projekt „eCoMove“ (Cooperative Mobility Systems and Services for Energy Eiciency). Ende 2013 haben die 32 Projektpartner nach drei Jahren Forschungsarbeit ihre Ergebnisse präsentiert. Die Lösungen sollen privaten und gewerblichen Fahrern, Straßenbetreibern und Verkehrsmanagern, Logistikplanern und der Automobilindustrie zugute kommen - und natürlich der Umwelt. Optimierte Routen, reduzierter Treibstofverbrauch und eizientes Verkehrsmanagement standen im Mittelpunkt von Ecomove, unter anderem bewirkt durch Car-2- Car- und Car-2-Infrastruktur-Kommunikation sowie Fahrerschulungen. Die Partner - Behörden, Forschungseinrichtungen, Fahrzeughersteller, Serviceanbieter, Telekommunikationsunternehmen und Infrastrukturbetreiber - haben für Ecomove sechs Pakete bearbeitet: Im Paket „IP-Koordination und -Weitergabe“ sicherten sie die datentechnischen Grundlagen für das Gesamtprojekt. Im zweiten Arbeitspaket wurden Basistechnologien entwickelt, integriert und die technische Koordination über das gesamte Projekt gewährleistet. Für das Arbeitspaket „Ecosmartdriving“ haben die Partner Lösungen zur Unterstützung der Fahrer für eine ökologische Fahrweise zusammengestellt. Das Paket „Ecofreight & Logistics“ konzentrierte sich auf Anwendungen für ökologische LKW-Fahrerassistenz sowie auf das ökologische Fracht- und Logistikmanagement. Im Arbeitspaket „Ecotraicmanagement & Control“ entwickelten die Partner Anwendungen für kooperatives Verkehrsmanagement unter ökologischen Aspekten. Auf Validierung und Evaluierung schließlich lag der Fokus im sechsten Paket. Hier analysierten die Forscher den erwarteten Einluss der verschiedenen, im Projekt erarbeiteten Lösungen auf das Fahrerverhalten, die Mobilität, die Eizienz im Straßennetz sowie die Umwelt. Ergebnis: Ob lernende Karten, dynamische Fahrempfehlungen, Analyse des Fahrverhaltens oder dosierte grüne Welle - mit den untersuchten Methoden kann der gegenwärtige CO 2 -Ausstoß um 4 bis 25 % reduziert werden. Projektpartner wie die PTV Group, Imtech oder Volvo Trucks sind überzeugt, dass kooperative IT-Systeme neue Möglichkeiten für eine nachhaltige Mobilität eröfnen. (zp) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 10 IM FOKUS Umweltfreundliche Schiffe für Nord- und Ostsee im Bau K lar ist längst: Bunkeröl und Schifsdiesel werden künftig nicht mehr die einzigen Treibstofe für Schife sein. Allein die kommenden schärferen Umweltvorschriften in Nord- und Ostsee sowie vor den Küsten der USA machen ein Umdenken erforderlich. Neben Flüssiggas (LNG) werden im Kurzstreckenseeverkehr auch Biogas, Biodiesel, Methanol, Landstrom und Wasserstof eine Rolle spielen. Das geht aus einer Ende Januar veröfentlichten Studie des technischen Dienstleisters DNV GL hervor. Danach könnten rund 20 % der Schiffahrt verschiedene Hybridlösungen nutzen, darunter auch Batterien und andere Speichertechniken. Für die interkontinentalen Langstreckenverkehre zeichnen sich nach Angaben von DNV GL eher LNG und Biodiesel als Brennstofe ab, sobald sie über eine entsprechende Infrastruktur verfügbar seien. Solar- und Windenergie würden dagegen in der kommerziellen Schiffahrt keine große Rolle spielen. Dieselelektrisch plus Scrubber Konkret rüstet die Fährreederei Scandlines beispielsweise ihre vier Fähren auf der Route zwischen Puttgarden und Rødby mit einem Hybridantrieb in Kombination mit einer Abgaswaschanlage aus. Dazu wird vom bisherigen dieselelektrischen Antrieb einer der fünf Dieselmotoren, die Strom für die Ruderpropeller des Schifs liefern, ausgebaut und durch eine große Batterie ersetzt. Bei langsamer Fahrt oder während der Hafenliegezeiten soll die in den Dieselgeneratoren produzierte überschüssige Energie in der Batterie gespeichert werden. Werde mehr Energie benötigt als ein Dieselgenerator produzieren könne, gebe das System diese Energie wieder ab. So könne der Dieselmotor immer mit optimaler Auslastung arbeiten. Mit dieser Betriebsart lassen sich laut Scandlines bis zu 15 % der bisherigen CO 2 -Emissionen einsparen. Zusätzlich werden bis Ende 2014 Scrubber installiert, die den Schwefel-, Stickstof und Feinstaubausstoß um 90 % verringern sollen. Wattfähren fahren mit Strom Um Fährschife mit Elektroantrieb handelt es sich bei den beiden geplanten „Wattenfähren“, mit denen künftig Föhr und Amrum von Dagebüll aus bedient werden sollen - entwickelt und bereedert von Becker Marine Systems aus Hamburg. Geplant ist, dass die Schife ihre Batterien mit Hilfe der am nordfriesischen Wattenmeer verfügbaren Windkraft auladen. Ein Gasmotor zur Stromerzeugung ergänzt den Elektroantrieb. Die Abwärme der Motoren soll in Salzwärmespeichern aufgefangen und nachts zur Beheizung des Hallenbads von Wyk auf Föhr genutzt werden. Doch bevor das Projekt starten kann, muss das Unternehmen sich mit der Wyker Dampfschifs- Reederei (W.D.R.), die bisher auf diesen Linien allein unterwegs ist, über den Zugang zum Föhrer Hafen einigen. Die drei Fahrzeugbrücken in Wyk gehören W.D.R., nicht kommunalen Unternehmen. LNG im Einsatz Die Reederei Aktien-Gesellschaft EMS (AG EMS) hat mit Bomin Linde LNG Ende Januar einen Vertrag zur Lieferung von LNG in Deutschland unterzeichnet. Er sieht vor, die von AG EMS betriebene Personenfähre „MS Ostfriesland“ nach ihrem Umbau ab Mitte 2014 mit dem umweltfreundlichen Treibstof LNG zu versorgen. Das Schif bedient die Nordseeinsel Borkum von Emden aus. Bomin Linde LNG baut zur Versorgung zwei LNG Tanklager in den Häfen von Hamburg und Bremerhaven, die von 2015 an einsatzbereit sein sollen. Der Motor der „MS Ostfriesland“ stammt von Wärtsilä, die auch eine von der zur AG EMS gehörenden Reederei Cassen Eils georderte LNG-Fähre ausrüsten werden. Das Schif erhält neben zwei Dual-Fuel-Motoren unter anderem ein Kälterückgewinnungssystem, mit dem die niedrige Temperatur des LNG genutzt werden kann, um die Klimaanlagen an Bord mit Kälte zu versorgen. Das senkt den Energieverbrauch der Kältekompressoren und damit die Betriebskosten der Fähre. Sie soll von 2015 an zwischen Cuxhaven und Helgoland fahren. Zur Versorgung von Kreuzfahrtschifen während der Hafenliegezeiten mit Strom soll bereits im Sommer eine von 15 geplanten LNG-Hybrid-Barges ausgeliefert werden. Becker Marine Systems und Aida Cruises haben die Einheiten gemeinsam entwickelt, die erste wird in Hamburg stationiert. Sie erhält fünf Generatoren von Zeppelin Power Systems, die mit Flüssiggas angetrieben insgesamt eine elektrische Leistung von 7,5 MW erzeugen. Methanol treibt Tanker an DNV GL hat im Januar einen mit Methanol betriebenen Tanker klassiiziert. Die Serie von vier Schifen mit jeweils 50 000 tdw haben die schwedische Reederei Marinvest und das norwegische Schiffahrtsunternehmen Westfal-Larsen bestellt. Sie werden mit MAN-Zweitakt-Dual-Fuel-Motoren ausgerüstet und sollen ab 2016 abgeliefert werden. DNV GL zufolge ist der schwefellose Kraftstof mit niedrigem Flammpunkt zunehmend interessant für die maritime Industrie, da er die künftigen SO x -Grenzwerte in Emissionskontrollgebieten erfüllt. Bauliche Sicherheitsmaßnahmen sind beispielsweise die Position der Tanks und der Kraftstofrohrleitungen sowie ein sekundäres System zur Kraftstofaufnahme und ein automatisches Leck-Warnsystem. Schifsmotoren können für den Einsatz von Methanol als Kraftstof nachgerüstet werden. (zp) Dieselmotor und Batterien sorgen künftig für besonders energieeiziente Fährverkehre zwischen Puttgarden und Rødby. Quelle: Scandlines Dieselmotor Abgaswäscher Generator A B Steuerungsautomatik Batterien Energiespeicherungssystem Schalttafel E-motor E-motor Propeller Propeller HYBRID FERRY Der Motor arbeitet am e ektivsten bei einer Auslastung von 85-90%. Überschüssige Energie wird in den Batterien gespeichert. Der Motor arbeitet am e ektivsten bei einer Auslastung von 85-90%. Energie von den Batterien trägt zum Antrieb bei. Langsame Geschwindigkeit Hohe Geschwindigkeit Antrieb Antrieb Batterien Motor Motor Batterien Hybridfähre Der Generator produziert über die Schalttafel Energie für das Energiespeicherungssystem. Das Energiespeicherungssystem liefert Energie zur Schalttafel. A B Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 11 Gerd Aberle KURZ + KRITISCH »Die Große Koalition führt mit ihrer plakativen Harmoniebestrebung dazu, dass Kritik an der enttäuschenden und auch im Vollzug unsicheren Finanzplanung politisch kaum hörbar ist.« Auf der Verliererstraße … Z wei Monate lang wurde der Koalitionsvertrag ausgehandelt. Der Verkehrsteil des Kapitels „Deutschlands Zukunft investieren: Infrastruktur“ bietet zwar umfassende Problembeschreibungen und allgemein formulierte Absichtserklärungen, ist aber bei nüchterner Betrachtung kaum mehr als eine große Enttäuschung. Dies vor allem nach den überzeugenden und auch von den Länderverkehrsministern mit dem Votum des (damaligen) Bundesverkehrsministers einstimmig befürworteten Aussagen der Daehre- Kommission, danach ergänzt durch den Bodewig-Bericht. Der jährliche zusätzliche Investitionsbedarf zur Substanzerhaltung der Verkehrsinfrastruktur aller Gebietskörperschaften einschließlich unabdingbarer Nachholinvestitionen wurde letztlich mit 6,3 Mrd. EUR bezifert. Umso größer ist die Verärgerung über die gegenüber den Vorstellungen der Arbeitsgruppe Verkehr der Koalitionäre von den Haushältern auf insgesamt 5 Mrd. EUR, also um jährlich 1,25 Mrd. reduzierte, Anhebung der investiven Bundesmittel in der neuen Legislaturperiode. Aber Vorsicht: Es handelt sich nur um eine Plangröße, deren Realisierungsgrad von vielen Faktoren abhängig ist. Etwa von der Fortsetzung der sehr positiven wirtschaftlichen Entwicklung und den hieraus folgenden hohen Steuereinnahmen, vom Nichteintritt neuer Belastungen aus der Euro-Finanzkrise oder sonstiger noch unabwägbarer Haushaltsbelastungen. Übrigens zeigt ein Rückblick auf die vergangene Legislaturperiode, dass dort in fast gleicher Höhe investive Zusatzmittel wie jetzt geplant durch Sonderzuweisungen gelossen sind, allerdings ohne nennenswerte Entlastungswirkung beim dramatischen Substanzabbau der Verkehrsinfrastruktur. Die Große Koalition führt mit ihrer plakativen Harmoniebestrebung dazu, dass Kritik an der enttäuschenden und auch im Vollzug unsicheren Finanzplanung politisch kaum hörbar ist, vielmehr geschlossen die Kritik abgewehrt wird. Die Reihen sind (noch) fest geschlossen. Die Unsicherheit, ob überhaupt 5 Mrd. EUR für 4 Jahre zusätzlich investiv in die Verkehrsinfrastruktur ließen, wird durch das Vorpreschen einzelner Ressorts weiter verstärkt. So hat die neue Arbeitsministerin ihr spezielles Rentenkonzept mit Finanzmittelerfordernissen von 160 Mrd. EUR bis 2030, also über 15 Mrd. jährlich, ofensiv vorgestellt. Das Bildungsministerium verspricht eine deutliche Anhebung der Bafög-Mittel. Der Verteilungskampf hat bereits begonnen; dies zeigen auch die vielen Begehrlichkeiten, den 2019 auslaufenden Soli-Zuschlag für andere Ausgabenzwecke umzuwidmen. Der Steuerzahler wird erst gar nicht gefragt. Völlig ofen bleibt für die Verkehrspolitik, wie die notwendige Erhöhung der Regionalisierungsmittel zu inanzieren ist und ob und wie die für den ÖPNV so wichtigen GVFG-/ Entlechtungsmittel ab 2019 dotiert werden. Ähnliches gilt hinsichtlich der Mittel für die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zur Substanzerhaltung der Bahninfrastruktur, die dringend angehoben werden müssen. Und noch etwas fehlt im Koalitionsvertrag: die von den Finanzierungskommissionen geforderte und von vielen Experten dringend angemahnte Schafung von Finanzierungsfonds für die Verkehrsinfrastruktur. So stehen die Verlierer der Koalitionsverhandlungen fest: die Verkehrspolitik und mit ihr die Verkehrsträger und die auf eine leistungsfähige Infrastruktur angewiesenen Bürger und Unternehmen. Verloren hat aber auch die Glaubwürdigkeit der Politik, die konsumptive Ausgaben höher bewertet als die Zukunftssicherung der verkehrsinfrastrukturellen Grundlagen der Gesellschaft. ■ Prof. Gerd Aberle zu Themen der Verkehrsbranche Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 12 DVF-EXTRA 30 Jahre Deutsches Verkehrsforum 30 Jahre DVF Mobilität als Wohlstandstreiber Die Wirtschaftsvereinigung Deutsches Verkehrsforum engagiert sich europaweit für bezahlbare, faire, umweltfreundliche und bessere Mobilitätsbedingungen zum Wohle von Unternehmen und Nutzern. Begonnen hat das Engagement vor exakt 30 Jahren als Förderverein Verkehrsforum Bahn e.V. Der Autor: Franz-Peter Strohbücker B onn am 10. September 1984: Vertreter zahlreicher bahnnaher Betriebe und Zulieferer trefen sich zur Gründung eines Interessenverbands. AEG Telefunken, Bremer Lagerhaus-Gesellschaft, Deutsche Eisenbahn- Consulting GmbH, Deutsche Verkehrskreditbank, Preussag AG, Schenker & Co., Siemens AG, Thyssen Industrie AG und Transfracht Deutsche Transportgesellschaft mbH heben gemeinsam den Förderverein Verkehrsforum Bahn e.V. aus der Taufe. Nicht mit dabei ist überraschender Weise die damalige Deutsche Bundesbahn. Doch als Sondervermögen des Bundes soll- sie keine aktive politische Interessenvertretung betreiben. Wie weitsichtig die- Gründungsmitglieder schon damals agieren, lässt sich aus einem Passus der Satzung ablesen. Zum Thema Vereinszweck- heißt es: „Er setzt sich für leistungsfähige, marktgerechte, energiesparende und umweltfreundliche öfentliche Verkehrssysteme ein.“ Das lässt sich weit fassen und bedeutet keineswegs eine Beschränkung auf die Bahn, obwohl deren Unterstützung zunächst eindeutig im Vordergrund steht. Kein Wunder, denn Initiator des Forums ist - der oiziellen Bahn-Abstinenz zum Trotz - Dr. Reiner Maria Gohlke, damals Präsident der Deutschen Bundesbahn. Allerdings muss er bald feststellen, dass die Gründung eines solchen Forums bei Politik und Wirtschaft zunächst wenig auf die erwartete Gegenliebe stößt, sondern eher Widerstand hervorruft. Das ändert sich freilich schlagartig, als der Ehrenvorsitzende der Deutschen Bank, der ubiquitäre Dr. Hermann Josef Abs, die Führungsrolle übernimmt und der aus der Führungsriege der Deutschen Bahn stammende Dr. Wilhelm Bender zum Geschäftsführer bestellt wird. Das Duo setzt zunächst verstärkt auf Öfentlichkeitsarbeit und Mitgliederwerbung und es initiiert vier Arbeitskreise: „Verkehrswissenschaften“, „Verkehrstechnologie“, „Verkehrsrecht“ und „Kooperation mit ausländischen Bahnen“. Schnelles Wachstum Unter dem neuen Spitzenduo steigen auch die Mitgliedszahlen rasch. Bereits Anfang 1986 zählt das Verkehrsforum Bahn bereits 70 Teilnehmer, und im November tritt mit der Deutschen Lufthansa das 100. Mitglied bei. Ein erster wichtiger Meilenstein im Wirken des noch jungen Verbandes ist die Erarbeitung eines vollständigen Gesetzentwurfs zur Novellierung des Bundesbahn- Gesetzes 1986 durch den neu geschafenen Arbeitskreis „Deutsche Bundesbahn als Unternehmen“. Hermann-Josef Abs begründet das Engagement so: „Die Bahn, die morgen ihre volkswirtschaftliche Aufgabe erfüllen soll, kann nicht die Bahn von heute sein, die auf Grund zahlreicher vorgegebener oder gewachsener Hemmnisse und Entwicklungen eigentlich die Bahn von gestern ist.“ Rückblickend lässt sich festhalten, dass die Bahnreform von 1994 eine der wichtigsten Errungenschaften ist, die das Verkehrsforum Bahn initiiert hat. Fünf Jahre nach der Gründung des Forums ist es Zeit für eine erste Rückschau: Die dazu veranstaltete kleine Ausstellung im Foyer der DB-Hauptverwaltung in Frankfurt/ Main trägt den Titel „5 Jahre Verkehrsforum Bahn - Partnerschaft mit Perspektiven“. Sie gibt einen Überblick über das bisher Erreichte und zeigt - im Wortsinn - wohin die Reise gehen soll. Das Spektrum der Themen nimmt fortan ebenso zu wie die Vielfalt der Mitgliedsunternehmen. Anfang der 1990er Jahre stehen „Kombinierter Verkehr“ und „Modal-Split- Prognosen“ im Fokus, was zum Beitritt ainer Unternehmen führt. Konsequenter Namenswechsel Ganz wesentlichen Einluss auf die Aufgaben und Ziele des Forums nimmt im ausklingenden 20. Jahrhundert in Folge der Wiedervereinigung die Zusammenführung von Deutscher Bundesbahn und Deutscher Reichsbahn. Auf der Agenda steht zudem der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, vor allem im Hinblick auf die neuen Ost-West-Verbindungen mit ihrer verstärkten Bedeutung. Folge: Die Satzung des Verkehrsforums wird entsprechend ergänzt und weitere Verkehrsträger inden Aufnahme. Schließlich sind alle Arten von Verkehrsträgern im Förderverein vertreten mit der Konsequenz, auch den Na- Anfang der Neunziger stehen Kombinierter Verkehr und Modal-Split-Prognosen im Fokus. (Foto: Kombiverkehr Deutsche Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 13 30 Jahre Deutsches Verkehrsforum DVF-EXTRA men zu ändern. 1992 häutet sich der etwas spröde klingende „Förderverein Verkehrsforum Bahn e.V.“ zum plakativeren „Deutsches Verkehrsforum e.V.“ Zehnjähriges Bestehen Zwei Jahre später, anlässlich des nunmehr zehnjährigen Bestehens formuliert Dr. Hellmuth Buddenberg, Ex-Vorstandsvorsitzender der Deutschen BP AG und DVF-Präsidiumsvorsitzender von 1989 bis 1998: „Angesichts der ökologischen, zunehmend aber auch ökonomischen Probleme beim Verkehrswegebau ist ein Verkehrssystem für die mobile Gesellschaft von morgen nur als ein integriertes Verkehrssystem vorstellbar.“ Auf Buddenberg folgt im Jahr 1998 Dr.- Heinz Dürr, früherer Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn und Aufsichtsratsvorsitzender der Dürr AG, als Präsidiumsvorsitzender. Bis 2004 hat er diese Position inne und ist noch heute Ehrenpräsident des DVF. Im Führungsgremium des DVF erkennt man rechtzeitig die enorme Bedeutung der Vernetzung verschiedener Verkehrsträger auch im virtuellen und elektronischen Bereich, was folgerichtig 1996 zur Schafung des Lenkungskreises „Telematik / Telekommunikation“ führt. Das gebündelte Expertenwissen indet seinen Niederschlag in weiteren Lenkungs- und Gesprächskreisen: „Bahntechnologie“, „Güterverkehr“, „Infrastruktur“ und „Luftverkehr. 1999 gründet Detthold Aden als damals neuer Chef der BLG Logistics Group AG & Co. KG den Lenkungskreis „Häfen/ Schiffahrt“, den er bis zu seinem Ruhestand 2013 leitet. Umzug nach Berlin Wie viele nationale und internationale Interessenverbände folgt auch das DVF dem Exodus aus Bonn und beschließt den Umzug nach Berlin, der im Jahr 2000 stattindet. Hier ist jetzt die Bundespolitik zu Hause, und hier lassen sich die politisch wichtigen Kontakte am besten knüpfen und plegen. Besonders nachhaltig wirkt bis heute die aus dem Lenkungskreis „Luftverkehr“ hervorgegangene „InitiativeLuftverkehr für Deutschland“. Ihre vier Gründungsunternehmen Deutsche Lufthansa AG, Flughafen Frankfurt AG, Flughafen München GmbH und Deutsche Flugsicherung GmbH machen es sich zum Ziel, eine deutliche Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen und die Senkung der Kosten am Luftverkehrsstandort Deutschland zu erreichen. Zu Beginn des neuen Jahrtausends drängen weitere Themen in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit: Lärm durch Luftverkehr spielt jetzt in der verkehrspolitischen Debatte eine ebenso wichtige Rolle wie unterschiedliche Betreibermodelle für den Straßenverkehr, die zunehmende Liberalisierung im Schienenverkehr oder der Marktzugang in den europäischen Häfen. An der Spitze des Verbands gibt es in den folgenden Jahren einige personelle Veränderungen. Von Elmar Haas, der seit 1992 die DVF-Geschäftsleitung innehat, übernimmt im Sommer 2002 Thomas Hailer diese Aufgabe. Von 2004 bis 2007 agiert Wilhelm Bonse-Geuking, ehemals Vice President Deutsche BP AG Group und Senior Advisor BP plc, als Vorsitzender des Präsidiums. Er kommt zu der trefenden Erkenntnis, dass www.hamburgsud.com Das Deutsche Verkehrsforum feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen. Seit der Gründung am 10. September 1984 hat sich der Verein zu einer bedeutsamen Stimme der gesamten Verkehrswirtschaft entwickelt. Ihr stetiger Einsatz für eine Stärkung der Mobilität in Deutschland wird in Politik, Medien und Gesellschaft anerkannt. Die Hamburg Süd gratuliert und wünscht weiterhin viel Erfolg. No matter what. Wir gratulieren. Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 14 DVF-EXTRA 30 Jahre Deutsches Verkehrsforum es einer Sisyphos-Aufgabe gleichkommt, der „Öfentlichkeit und der Politik die Bedeutung von Mobilität zu vermitteln.“ Aber er und das Deutsche Verkehrsforum stellen sich unermüdlich dieser Bestimmung. Nur zwei Jahre (von 2007 bis 2008) leitet der einstige Gründungsgeschäftsführer Dr. Wilhelm Bender den Wirtschaftsverband als Präsidiumsvorsitzender. Von ihm übernimmt Klaus-Peter Müller, als Aufsichtsratsvorsitzender der Commerzbank AG ein prominenter Vertreter der Finanzbranche, den Posten. Sein Credo: „Mobilität ist die Grundlage für Wohlstand und wirtschaftliche Leistungskraft.“ EU als neue Herausforderung Die verschiedenen Institutionen der Europäischen Gemeinschaft greifen immer stärker und tiefer in Verkehrsbelange der einzelnen Mitgliedsstaaten ein, was - je nach Sichtweise - auch zu massiven Benachteiligungen deutscher Unternehmen führt. Als Beispiel mag hierfür das so genannte „Port Package“ dienen, mit dem die EU den Zugang zu den europäischen Häfen regulieren will. Zwei Versuche einer solchen aus DVR- Sicht schädlichen „Überregulierung“ kann das Forum in Zusammenarbeit mit anderen Branchenverbänden erfolgreich verhindern; derzeit wird in Brüssel über den dritten Anlauf der EU-Kommission entschieden. Zur Europawahl 2006 wird vom DVF die „Agenda Mobilität für Europa“ den Vertretern der EU-Kommission und des Europa Parlaments vorgestellt. Darin präsentiert der Wirtschaftsverband seine Vorstellungen von einem fairen, unbürokratischen und liberalisierten Wettbewerb innerhalb der EU. Mit dem „Grünbuch Stadtverkehr“ warnt der Verband überdies ein Jahr später vor zu starken Eingrifen der EU-Kommission in die Souveränität, der Städte und Gemeinden. Außer der verstärkten Aufmerksamkeit für europäische Verkehrspolitik begleitet das DVF auch die nationale Verkehrspolitik weiterhin kritisch. Zentrales Thema ist die bedarfsgerechte Ausgestaltung und Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur. Dies hat auch der neue Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt (CSU), erkannt: „Unser künftiger Wohlstand wird maßgeblich davon abhängen, wie wir unsere Infrastruktur ausbauen und organisieren. Dazu müssen wir mehr und intelligenter investieren.“ Das Forum hat dazu unlängst in einem Positionspapier mit dem Titel „Zukunftsprogramm Verkehrsinfrastruktur“ eigene Lösungsvorschläge vorgestellt, die helfen sollen, dass den politischen Statements auch Taten folgen. Weil für die Akzeptanz von Verkehr und Infrastruktur die Lärmreduktion immer wichtiger wird, hat das DVF 2012 einen bislang einmaligen, übergreifenden Aktionsplan für alle Verkehrsträger entwickelt. Seine Grundelemente erlangen nicht nur nationale Beachtung in der Politik, sondern inden auch ihren Niederschlag im Koalitionsvertrag der Großen Koalition. Im Luftverkehr wendet sich das DVF beständig gegen die vom früheren Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer (CSU) einst als „giftiges Wirkungsdreieck“ titulierte Mehrfachbelastung der Branche durch den wettbewerbsverzerrenden EU-Emissionshandel, drohende Nachtlugbeschränkungen und die Luftverkehrssteuer. Bei der Schiene kämpft das DVF insbesondere für schnellere Zulassungsprozesse der Züge in Deutschland und Europa sowie für eine gleichmäßige Marktöfnung in der gesamten EU. Im Hafenbereich ist ein Prioritätenkonzept für Erhalt und Ausbau der Hinterlandverkehre die größte Baustelle neben der bereits erwähnten EU-Regulierung des Marktzugangs zu den Häfen. Kompetente Think Tanks Bis heute ist das DVF europaweit die einzige verkehrsträgerübergreifende Wirtschaftsvereinigung. Sie wird getragen von aktuell rund 170 Mitgliedern, darunter zahlreiche Marktführer im Verkehrsbereich - aber auch aus der Finanz- und Bauwirtschaft sowie dem Beratungssektor. Das DVF vereint Hersteller, Dienstleister und Nutzer von Mobilität - vom international tätigen Konzern bis zu kleinen Unternehmen. In acht Lenkungskreisen werden Stellungnahmen, Positionspapiere, Aktionspläne und Strategien erarbeitet: Diese Think Tanks gibt es zu den Bereichen Bahntechnologie, Güterverkehr, Häfen und Schiffahrt, Infrastruktur, Luftverkehr, Schienenverkehr, Straßenverkehr sowie Telematik/ Telekommunikation. Die Aussagen des DVF spiegeln also die Kompromissmeinung der Mobilitätsbranche wider und nicht lediglich Einzelinteressen der jeweiligen Verkehrsträger oder -unternehmen. Die große Klammer und das gemeinsame Ziel aller Mitglieder des DVF ist es, wie vor 30 Jahren bei seiner Gründung, die Mobilität in Deutschland - und Europa - voranzubringen: vernetzt, nachhaltig und international wettbewerbsfähig, damit der Wohlstand, die Lebensqualität der Bürger und die Leistungsfähigkeit der Unternehmen gewahrt bleiben. Um dies zu erreichen und die Rahmenbedingungen für die Verkehrsbranche zu verbessern mischt sich das DVF in die politischen Entscheidungsprozesse als kritischer und konstruktiver Ratgeber ein. Heinz Dürr sagte dazu einmal: „Die Politik braucht einen Gesprächspartner, und hier ist das Verkehrsforum die Plattform, auf der alle Verkehrsträger sich eininden können. Wo sie die Fakten, die Tatsachen, die Trends darlegen können, die einfach für das Thema Verkehr entscheidend sind.“ In diesem Sinn will das DVF auch künftig den Dialog mit der Politik fortführen. ■ Franz-Peter Strohbücker Fachjournalist, Gf. Vorsitzender im Verband der Motorjournalisten e.V. , Stuttgart fps@fpsredaktionsbuero.de Seit einigen Jahrzehnten spielt die Lärmdiskussion vor allem im Luftverkehr eine wichtige Rolle. (Foto: Ulla Trampert/ pixelio.de) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 15 Interview Klaus-Peter Müller DVF-EXTRA »Wichtiger denn je« Das Deutsche Verkehrsforum (DVF), die verkehrsträgerübergreifenden Interessenvertretung des Verkehrssektors, feiert 2014 sein 30-jähriges Bestehen. Haben sich seit damals die Arbeitsschwerpunkte verändert? Welchen Einfluss hat das DVF in Europa - und welche Herausforderungen bringt die Zukunft? Ein Gespräch mit dem Vorsitzenden des DVF-Präsidiums, Klaus-Peter Müller. Herr Müller, gleich zu Beginn eine eher ungewöhnliche Frage: Warum wurden Sie, ein Mann aus dem Finanzsektor, Präsidiumsvorsitzender des Deutschen Verkehrsforums - einer doch ganz anderen Branche? Beim Deutschen Verkehrsforum ist es gute und sinnvolle Tradition, dass der Präsidiumsvorsitzende kein Vertreter eines bestimmten Verkehrsträgers ist. So soll die Neutralität bewahrt bleiben. Daher hat mich der damalige Vorsitzende, Professor Wilhelm Bender, der als Vorstandsvorsitzender der Fraport AG interimsweise den Posten übernommen hatte, darauf angesprochen. Ich kannte das Verkehrsforum schon seit langem aus meiner Zeit als ich bei der Commerzbank unter anderem für Infrastrukturinanzierung zuständig war. Die Aufgabe des DVF-Vorsitzenden schien mir sehr spannend, denn die Finanzierung und Abwicklung von Infrastrukturmaßnahmen wie bei öfentlich-privaten Partnerschaften ist für die den Bankensektor heute immer noch ein großes Thema. Unser Bankensektor ist ja auch auf funktionierende Verkehrsverbindungen angewiesen. Frankfurt beispielsweise wäre ohne den internationalen Flughafen, die schnelle Anbindung per Bahn und das hervorragend ausgebaute Straßen- und ÖPNV-Netz nicht Deutschlands größter Finanzplatz. Die Verkehrsinfrastruktur ist und bleibt die Grundlage für ein hoch entwickeltes Industrie- und Dienstleistungsland wie Deutschland. Seit 30 Jahren setzt sich das Deutsche Verkehrsforum für den Verkehrssektor ein. Hat der Verband als einzige verkehrsträgerübergreifende Interessenvertretung in Europa nicht ausgedient angesichts der zahlreichen Branchen- und Unternehmensverbände? Im Gegenteil: Wir brauchen heute im Zeitalter der integrierten Verkehrspolitik mehr denn je einen Verband, der als Sprachrohr der gesamten Mobilitätsbranche den gemeinsamen Nenner gegenüber der Öfentlichkeit und der Politik vertreten kann. Wenn wir eine Empfehlung oder eine Forderung aussprechen, so tun wir das im Namen der ganzen Verkehrsbranche - und das hat schon ein großes Gewicht. Das merken wir immer wieder bei unsren politischen Gesprächen in Berlin und Brüssel. Nicht ohne Stolz können wir sagen, dass von Beginn an hochkarätige Persönlichkei- DVF-EXTRA Interview Klaus-Peter Müller Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 16 Klaus-Peter Müller, (69), kam nach klassischer Banklehre 1966 zur Commerzbank und bekleidete dort bis 1990 verschiedene Positionen in Düsseldorf, Duisburg und New York, später als Generalbevollmächtigter Leiter Zentrale Abteilung für Firmenkunden und Leiter Zentrale Abteilung „Aufbau Ost”. Seit 1990 war er Mitglied des Vorstands und ab 2001 dessen Sprecher, seit Mai 2008 Vorsitzender des Aufsichtsrats. Die Finanzakademie der Russischen Föderation in Moskau verlieh ihm 2004 die Ehrendoktorwürde. Von 2005 bis 2009 war er Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, von 2008 bis 2013 Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex. Seit 2007 ist Klaus-Peter Müller Honorarprofessor der Frankfurt School of Finance & Management und seit 2008 Vorsitzender des Präsidiums des Deutschen Verkehrsforums in Berlin. ZUR PERSON ten unsere Arbeit begleitet und gefördert haben. Als Gründungsväter möchte ich zunächst Dr. h.c. Hermann Josef Abs von der Deutschen Bank AG und auch damaliger Gründungspräsident nennen, ebenso Dr. Reiner Maria Gohlke, damals Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Bundesbahn. Ihre Weitsicht und ihr Engagement haben dazu geführt, das der Verein „Verkehrsforum Bahn“ gegründet wurde. Die Funktion als Vorsitzender des Präsidiums gab es als solches noch nicht, aber Dr. Horst Matthies, Mitglied des Vorstandes der Preussag AG, hat den Vorsitz de facto bis 1989 übernommen. Die Vorsitzenden des Präsidiums in den letzten 30 Jahren spiegeln die Bedeutung des DVF als Plattform und Impulsgeber für die deutsche Verkehrswirtschaft wider. Und schauen Sie sich unser aktuelles Präsidium an: Dort inden Sie hochkarätige Führungspersönlichkeiten von Unternehmen, die unverzichtbar für die deutsche Wirtschaft sind, und alle setzen sich für dasselbe Ziel ein. Das ist schon eine tolle Sache, die es so in ganz Europa kein zweites Mal gibt. Deshalb war es absolut richtig, das ursprüngliche Verkehrsforum Bahn 1992 in die heutige Gesamtinteressenvertretung Deutsches Verkehrsforum überzuleiten. Und wo sehen Sie heute den übergeordneten Schwerpunkt? Da muss ich nur mit ofenen Augen durch Deutschland fahren: Überall sieht man inzwischen die Spuren von Verschleiß. Brücken werden gesperrt, Schlaglöcher nur provisorisch gestopft, die dann im nächsten Winter noch größer werden, Schleusen sind nach über 100 Jahren Dauerdienst nicht mehr einsatzfähig und bei der Bahn sind die Haupttrassen bis zum äußersten ausgelastet, weil Güter- und Personenverkehr und sogar die S-Bahn darauf fahren. Zudem sind bei der Bahn von 3400 Stellwerken ein Drittel im Durchschnitt 80 Jahre alt und die Hälfte älter als 40 Jahre. Von den rund 25 000 Eisenbahnbrücken in Deutschland sind über 30 Prozent älter als 100 Jahre, 1400 müssten saniert werden. Geld gibt es aber nur für etwa 125 Brücken pro Jahr. Dies als exemplarisches Beispiel bei der Bahn - bei anderen Verkehrsträgern ist die Infrastruktur ebenfalls marode. Das kann doch für ein exportabhängiges und hochtechnisiertes Land wie Deutschland nicht so bleiben. Kurzum, unsere Verkehrswege müssen dringend saniert und an einigen Stellen auch neu- oder ausgebaut werden. Das Geld für Investitionen ist immer zu knapp. Das war vor 30 Jahren nicht anders. Glauben Sie, dass man daran etwas ändern kann? Mehr Geld allein ist nicht die Lösung. Was wir jetzt wirklich brauchen, ist ein echtes Reformpaket für Finanzierung und Bewirtschaftung. Die Dringlichkeit zum Handeln mahnt die Verkehrswirtschaft schon lange an. Aber einmalig ist der große Konsens, den wir neuerdings erleben: Die Konferenz der Verkehrsminister der Bundesländer hat einstimmig mehr Investitionen für die Verkehrswege gefordert, und das Thema ist mittlerweile auch in der Öfentlichkeit angekommen. Diesen nie da gewesenen Konsens sollten wir jetzt nutzen - ich bezeichne es als „window of opportunity“. Reformthemen wie die Priorisierung der Investitionsvorhaben nach übergeordneter verkehrlicher Dringlichkeit sowie eine Überjährigkeit und Zweckbindung von Finanzmitteln sind ein notwendiger Teil eines Ganzen. Dennoch: Mehr Eizienz bei der Mittelverwendung allein reicht nicht, es muss auch insgesamt deutlich mehr investiert werden. Und hier beindet sich die öfentliche Hand in allererster Linie in der Plicht. Der allgemein anerkannte Mehrbedarf beläuft sich auf 4 Mrd. EUR pro Jahr allein für die Bundesverkehrswege. Die Koalition will in der gesamten Legislaturperiode leider nur 5 Mrd. EUR mehr für die öfentliche Verkehrsinfrastruktur ausgeben. Das reicht natürlich nicht, daher müssen Einnahmen aus Nutzerentgelten „on top“ in den Verkehrshaushalt ließen. Zurück zum Verkehrsforum: Die breite Aufstellung ist bestimmt nicht ganz einfach. Wie kann man die teilweise gegenläufigen Interessen einzelner Verkehrsträger zusammenbringen? Die Einstellung in der Verkehrswirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren stark geändert, und zwar hin zu einem Verständnis, dass jeder Verkehrsträger für sich seine Stärken hat und diese im gemeinsamen Miteinander am besten ausspielen kann. Die Zeit der Ideologien und Grabenkämpfe ist Gott sei Dank weitestgehend vorbei. Das DVF hat sich seit jeher das integrierte Verkehrssystem auf die Fahnen geschrieben. Mehr und mehr wird dies zur gelebten Realität. Und ich glaube, wir konnten erreichen, dass dies bei den Verantwortlichen in den Unternehmen und der Politik angekommen ist. Zudem haben meines Erachtens die Gemeinsamkeiten durch die zunehmende Komplexität und schwierigeren Herausforderungen in der Mobilitätswelt zugenommen. Alle sind an einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur, an vernünftiger ökologischer Regulierung, an besserer Vernetzung untereinander, an einem starken Logistikstandort Deutschland und an fairen internationalen Wettbewerbsbedingungen interessiert. Das thematisieren wir bei uns im DVF und legen Lösungsvorschläge vor. Wir beziehen Stellung über unsere Positionspapiere und Umfragen oder in öfentlichen Veranstaltungen. Diese Objektivität und Kompetenz wird in der Politik, Wirtschaft und auch Wissenschaft gehört und geschätzt. Wie sehen Sie die Zukunft des DVF? Ich inde, auch 30 Jahre nach Gründung des einstigen „Verkehrsforum Bahn e.V.“ hat das heutige Deutsche Verkehrsforum nichts an seiner Aktualität eingebüßt. Ich denke, dass es auch für die nächsten 30 Jahre viel zu tun gibt für das DVF, denn der Bedarf an einer intakten Verkehrsinfrastruktur und einer vernetzen, nachhaltigen Mobilität ist ja keine kurzlebige Modeerscheinung. Mobilität ist und bleibt ein elementares Bedürfnis. Mobilität ist die Grundlage für unsere Lebensqualität, unseren Wohlstand und die wirtschaftliche Leistungskraft unseres Landes. Es gilt, diese zu bewahren und weiterzuentwickeln. Daher ist unsere Stimme wichtiger denn je. ■ HOCHLEISTUNG I PRÄZISION I ZUVERLÄSSIGKEIT www.plassertheurer.com Plasser & Theurer und Plasser sind international eingetragene Marken Wir gratulieren dem Deutschen Verkehrsforum zum 30jährigen Bestehen. Plasser & Theurer steht für Pioniergeist und höchste Leistung in den Bereichen Technologie, Qualität und Nachhaltigkeit. Wir erkennen neue Anforderungen und setzen Maßstäbe für den wirtschaftlichen Gleisbau. HOCHLEISTUNG I PRÄZISION I ZUVERLÄSSIGKEIT Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 18 DVF-EXTRA Verkehrsinfrastruktur Zukunftsprogramm Verkehrsinfrastruktur Unterlassene Investitionen in die Infrastruktur haben weitreichende negative Folgen für den Standort Deutschland. Das Deutsche Verkehrsforum (DVF) hat sein „Zukunftsprogramm Verkehrsinfrastruktur“ auf den neuesten Stand gebracht. Es ist dies ein Zehn-Punkte-Programm, das einen realistischen Zustandsbericht, die überfällige strukturelle Reform der Finanzierung und die finanziellen Möglichkeiten thematisiert. Das Ziel: eine ganzheitliche, langfristig ausgerichtete Strategie für Deutschlands Verkehrsinfrastruktur. Der Autor: Florian Eck D er schlechte Zustand von Deutschlands Straßen, Schienen und Wasserwegen ist ofensichtlich. Seit 2012 hat sich die Situation unter anderem durch Brückensperrungen und zeitweise Ausfälle der Schleusen des Nord-Ostseekanals weiter verschärft. Die Investitionsquote im Bundeshaushalt wurde von 12,5 % im Jahr 1998 auf 9,6 % im Jahr 2012 zurückgefahren. Die sog. Daehre-Kommission zur „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturinanzierung“ hat hier mit ihren Fakten für Transparenz gesorgt und Pionierarbeit geleistet. Die sog. Bodewig-Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturinanzierung“ hat Konzepte erarbeitet und damit in großen Teilen Konsens bei Politik und Wirtschaft erzielt. Zwei Ergebnisse sind hier hervorzuheben: 1. Die jährliche Instandhaltungslücke (Erhaltung und Ersatzinvestitionen) wurde mit rund 7,2 Mrd. EUR ermittelt. So viel braucht man mindestens jedes Jahr, um den Erhalt und Nachholbedarf bei Bund, Ländern und Kommunen für Straßen, Schienen und Wasserwege zu inanzieren. 2. Allein der Bund müsste in seine Verkehrswege mindestens 5 Mrd. EUR mehr pro Jahr investieren. Derzeit stellt der Bund für den Erhalt, Aus- und Neubau aber nur rund 10 Mrd. EUR statt der notwendigen 15 Mrd. EUR zur Verfügung. Die durchschnittliche jährliche Preissteigerung im Verkehrswegebau von mehr als 2 % reduziert das reale Investitionsbudget weiter. Qualität der Verkehrswege sinkt Die Engpässe und der Erhaltungsbedarf machen sich bereits heute an vielen Stellen bemerkbar: • Schon jetzt ist die Lage bei 7 % der Brücken auf Bundesstraßen kritisch und bei 28 % nur noch ausreichend. • Den bisher aufgelaufenen Nachholbedarf zum Erhalt der Gemeindestraßen bezifert die Daehre-Kommission auf rund 23 Mrd. EUR (2013), jedes Jahr kommen weitere 950 Mio. EUR hinzu. Bei U-, Stadt- und Straßenbahnen sind es 4,33 Mrd. EUR (2013), das jährliche Instandhaltungsdeizit liegt hier bei rund 330 Mio. EUR. • Bei den Bundesschienenwegen beläuft sich der Nachholbedarf aktuell auf rund 30 Mrd. EUR. Bei der DB Netz AG beträgt das Durchschnittsalter der fast 25 000 Brücken 55,9 Jahre, über 9000 Brücken sind dabei 100 Jahre oder älter. • Auch im System der deutschen Wasserstraßen hat sich ein kritischer Rückstand bei Erhaltungs- und Erneuerungsmaß- Foto: Thorben Wengert/ pixelio.de Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 19 Verkehrsinfrastruktur DVF-EXTRA nahmen aufgestaut. Gemessen am Bedarf fehlen jedes Jahr 500 Mio. Euro. Erprobte Lösungen Unterlassene Infrastrukturinvestitionen verteuern langfristig Erhalt und Sanierung der Verkehrswege, gefährden die Verkehrssicherheit, schaden der Umwelt durch staubedingte Emissionen, behindern die Logistik und gefährden somit das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand unserer Gesellschaft. Die kameralistische Haushaltsführung im Verkehrsetat schaft jedoch mangels Langfristperspektive, Durchinanzierung und Überjährigkeit nicht die dringend notwendige Planungssicherheit und Flexibilität für die Infrastrukturbetreiber. Es gilt daher, die Systemfehler in Deutschlands Verkehrsinfrastrukturpolitik zu beseitigen. Lösungsansätze hierfür liegen bereits vor: • Mindestens 10 % Eizienzgewinn bringen nach Aussage der Bodewig-Kommission eine Durchinanzierung von Projekten und eine solide zentrale Steuerung. Umsetzbar ist dies beispielsweise mit Fonds sowie einer Verkehrsinfrastruktur-Managementgesellschaft des Bundes. • Der Kreis Westfalen-Lippe hat die Bewirtschaftung seiner Kreisstraßen über 24,5 Jahre ausgeschrieben. Die ausführende Firma lag mit ihrem Angebot 10 % unter den veranschlagten Kosten der öfentlichen Hand. • In Südkorea prüft eine unabhängige Kommission Projektvorschläge der öffentlichen Hand auf Plausibilität der Kosten und zutrefendes Nutzen-Kosten- Verhältnis. Die Kostenüberschreitungen gingen von 122 % auf 41 % zurück. • Der britische Staat löst sein Liquiditätsproblem unter anderem dadurch, dass er über eine Plattform für kleinere Pensionsfonds rund 24 Mrd. EUR über die nächsten 10 Jahre für Infrastrukturinvestitionen einsammelt. Das DVF hat solche Best Practices in einem „Zukunftsprogramm Verkehrsinfrastruktur“ zusammengefasst, das die notwendige Transparenz über den Zustand der Infrastruktur mit der überfälligen strukturellen Reform der Finanzierung und der unabdingbaren inanziellen Unterfütterung kombiniert. Diese Verknüpfung ist im Koalitionsvertrag unterblieben und muss nun nachgeholt werden. Ergebnis muss eine ganzheitliche, langfristig ausgerichtete Strategie für unsere Verkehrsinfrastruktur sein. Eine aktualisierte Fassung des Zukunftsprogramms wurde am 10. März 2014 der Öffentlichkeit vorgestellt und mit Verkehrs- und Haushaltspolitikern diskutiert. Es setzt sich aus zehn wesentlichen Handlungsfeldern zusammen: 1. Zustand dokumentieren, Finanzbedarf ofen legen Eine nachhaltige und zielgerichtete Investitionsstrategie im Verkehrssektor benötigt genaue Informationen über den Zustand und die Leistungsfähigkeit der Verkehrswege. Ein alle Netze umfassender Verkehrsinfrastrukturbericht muss dazu alle zwei Jahre die vorhandenen Informationen von Bund, Ländern und Kommunen konsolidieren sowie Informationslücken abdecken. Der Bericht dient zum optimalen Einsatz knapper Finanzmittel, zur Erfolgskontrolle und zur Erhöhung der Transparenz gegenüber der Öfentlichkeit. Darum ist es besonders wichtig, den im Koalitionsvertrag vorgesehenen regelmäßigen Verkehrsinfra-strukturbericht sofort umzusetzen. 2. Vorhandene Kapazität ausschöpfen, Sicherheit optimieren Die bedarfsgerechte Anpassung der Verkehrsinfrastruktur braucht Zeit, daher gilt es umso mehr, die vorhandene Verkehrsinfrastruktur optimal zu nutzen.. Maßnahmen sind hierbei beispielsweise der vermehrte Einsatz von Verkehrsleit- und -informationssystemen, optimale Betriebszeiten für die Flughäfen, die Umsetzung des Single European Sky und die Fortsetzung des Baustellenmanagements gemäß Koalitionsvertrag (u. a. Nachtbaustellen, Verwaltungskooperation). 3. Gezielt investieren Alleine beim letzten Bundesverkehrswegeplan (BVWP) sind noch Projekte mit vorliegendem Planungsrecht in Höhe von rund 52- Mrd. EUR ofen. Da im Bundeshaushalt bereits ein Großteil der Mittel durch laufende Projekte gebunden ist, würde die Abinanzierung des Projektrückstaus etwa 70- Jahre dauern. Darum müssen die knappen Finanzmittel bei Erhalt, Aus- und Neubau zielgerichtet in diejenigen Projekte investiert werden, die das beste Nutzen-Kosten-Verhältnis aufweisen und wesentliche Verbesserungen für das Gesamtnetz bringen. Ein positives Signal ist vor diesem Hintergrund die Ankündigung für ein „nationales Prioritätenkonzept“ im Koalitionsvertrag, in das 80 % der Mittel für Aus- und Neubau ließen sollen. Auch im Luftverkehr muss priorisiert werden: Der Ausbau der Flughäfen muss sich auf diejenigen Flughäfen konzentrieren, mit denen der Luftverkehrsstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb steht. 4. Substanz erhalten Wichtigste Maßnahme zum Erhalt der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur als Kapitalstock unserer Volkswirtschaft ist die langfristige Mittelbindung bei allen Verkehrsträgern für Erhaltungsmaßnahmen und Betrieb. Dazu muss die LufV-Schiene über 2015 hinaus schnellstmöglich verlängert und die Mittel nachfragegerecht - wie von der Daehre-Kommission gefordert - auf 4,2- Mrd. EUR aufgestockt werden. Positiv ist das Bekenntnis im Koalitionsvertrag für den Erhaltungsbedarf von Zulaufstrecken der NE-Bahnen. Darüber hinaus muss eine „LuFV-Fernstraße“ aufgebaut werden. Insgesamt muss die öfentliche Hand hier lernen, unternehmerisch zu handeln, indem geeignete Instrumente der Doppik auch bei den Investitionen der öfentlichen Hand genutzt werden. Es gilt Investitionen, Abschreibungen und Betriebskosten in den öffentlichen Haushalten zu verknüpfen, um die Qualität und den Wert der Verkehrswege transparent zu machen und zu wahren. 5. Finanzierung reformieren Eine Finanzierungsreform ist die größte Herausforderung im Zukunftsprogramm. In einem ersten Schritt muss die Flexibilität für einen eizienten Mitteleinsatz erhöht werden (Überjährigkeit, Durchinanzierung, mehrjährige Budgetierung). Die öffentliche Hand muss die hierfür notwendigen Voraussetzungen entsprechend den Empfehlungen der Bodewig-Kommission z.B. durch Fonds, Sondervermögen, Selbstbewirtschaftung und Verplichtungsermächtigungen schafen. Ebenso muss das System von geschlossenen Finanzierungskreisläufen schrittweise ausgebaut werden. Dies kann in einem ersten Schritt die vollständige direkte Zuweisung der LKW-Maut an die VIFG bedeuten. Gleichermaßen könnten die Gewinne der Infrastrukturgesellschaften der DB und die Bahndividende an einen Fonds abgeführt werden, aus dem Schienennetzinvestitionen überjährig bestritten werden. © lichtkunst.73/ pixelio.de Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 20 DVF-EXTRA Verkehrsinfrastruktur Wirklich entfalten kann sich eine Finanzierungsreform nur durch eine Institutionalisierung. So sollte in einem weiteren Reformschritt eine Verkehrsinfrastruktur-Managementgesellschaft des Bundes zur Bewirtschaftung der Mittel für die Straße und ggf. auch Wasserstraße eingerichtet werden und mittelfristig die Kompetenzen von VIFG und DEGES integrieren. Ehe die im Koalitionsvertrag vorgesehene Ausweitung der Nutzerinanzierung umgesetzt wird, müssen allerdings belastbare Zugeständnisse der Politik hinsichtlich Zweckbindung, Zusätzlichkeit und Bezahlbarkeit erfolgen. Nur so kann das Vertrauen der Bürger und der Wirtschaft in die Verkehrsinfrastrukturpolitik zurück gewonnen werden. Die Grundelemente dafür sind im Koalitionsvertrag vorhanden, sie müssen jetzt umgesetzt werden. 6. Privates Kapital stärker einbinden, ÖPP-ausbauen Ergänzend zur Infrastrukturinanzierung durch die Öfentliche Hand muss es möglich sein, privates Kapital stärker zu beteiligen, wenn dadurch Projekte rascher und eizienter realisiert und betrieben sowie Qualitätsverbesserungen erreicht werden können. Die Bautätigkeit der deutschen Schienenverkehrsunternehmen trägt bereits heute privatwirtschaftliche Züge und bindet private Mittel der Bahnunternehmen ein. Mit den sog. F-, A- und V-Modellen gibt es im Straßenverkehr gute Erfahrungen hinsichtlich Kosten- und Termintreue: Die A8 München - Augsburg wurde als ÖPP in 4 statt 8 Jahren realisiert, mit Kosteneinsparungen von durchschnittlich 14 %; bei der A4 Hessen- Gotha gab es nur 1-2 % Nachträge. Der im Koalitionsvertrag angekündigte transparente Umgang mit ÖPP als Beschaffungsvariante muss jetzt von der öfentlichen Hand umgesetzt werden. Auch bei Erhaltungsmaßnahmen und Teilnetzen können ÖPP-Modelle mit ihrer Lebenszyklusbetrachtung mehr Eizienz bringen. 7. Investitionen auf hohem Niveau verstetigen Die Öfentliche Hand wird nicht aus der Plicht zur Daseinsvorsorge entlassen. Daher müssen die notwendigen Mittel für Erhalt, Aus- und Neubau von Verkehrsinfrastruktur aus dem Bundeshaushalt konstant über einen längeren Zeitraum hinweg zur Verfügung stehen. Schwankungen gefährden die Planungssicherheit. Dazu müssen die im Koalitionsvertrag zugesicherten 5- Mrd. EUR zusätzliche Mittel (1,25 Mrd. EUR p.a.) abgesichert und aufgestockt werden. Insgesamt müssen die Bundesmittel für Investitionen in die Bundesverkehrswege auf 15 Mrd. EUR pro Jahr verstetigt werden. Ebenso muss schnellstmöglich Einigung über die Fortschreibung der kommunalen Verkehrsinfrastruktur-inanzierung ab 2019 erzielt werden. Wichtig sind dabei eine nachfragegerechte Dynamisierung der Mittel und eine Zweckbindungsverplichtung für kommunale Verkehrsprojekte durch die Länder. 8. Eizienzbewusst ausschreiben, vergeben und steuern Bei der Ausschreibung und Vergabe, aber auch bei der späteren Projektsteuerung, werden Erfolg oder Misserfolg eines Verkehrsinfrastrukturprojektes mit vorbestimmt und die Qualität und Gesamtkosten eines Vorhabens beeinlusst. Mittlerweile gibt es auch hier bewährte Verfahren und Werkzeuge, die sich in anderen Staaten bereits bewährt haben. Dies sind u. a. eine Durchinanzierung von Projekten und eine solide zentrale Steuerung, eine Plausibilitätsprüfung von Kosten und Nutzen-Kosten-Verhältnis durch die Flyvsberg-Methode oder das „Partnering“, bei dem Eizienzgewinne der Unternehmen mit der öfentlichen Hand geteilt werden - Verluste aber auch. Großprojekte haben zudem gezeigt, dass eine Stärkung qualitativer Faktoren bei Ausschreibung und Vergabe (z.B. über das Zwei-Umschlagsverfahren) ebenso notwendig ist wie eine Risikobudgetierung. Gerade die öfentliche Hand ist aufgerufen, den sog. „Fluch der ersten Zahl“ zu vermeiden, indem Baukosten solide und ohne politischen Druck kalkuliert werden. 9. Bürokratie abbauen, Umsetzung beschleunigen Um die vorhandenen Finanzmittel rasch, efektiv und gezielt einzusetzen, muss schneller Baureife für bedeutende Verkehrsprojekte geschafen werden. Maßnahmen sind hier beispielsweise eine frühzeitige, angemessene Bürgerbeteiligung („Public Governance“) oder die Bündelung von Entscheidungskompetenzen im Rahmen der Raumordungs- und Planfest-stellungsverfahren und die Vermeidung von Doppelprüfungen. Auch der im Koalitionsvertrag angesprochene Planungsvorrat für Schienenverkehrsprojekte hilft. 10. Vernetzung ausbauen, europäisch handeln Die Schnittstellen des Wirtschafts- und Personenverkehrs müssen systematisch verbessert werden, so dass jeder Verkehrsträger seine speziische Stärke einbringen kann und damit das System als Ganzes gewinnt. Beim Transeuropäischen Verkehrsnetz muss die europäische Ko-Finanzierung der besonderen Rolle Deutschlands als am stärksten belastetes Transitland Rechnung gerecht werden. Die Politik bei Bund und Ländern hat die Systemfehler der Verkehrsinfrastrukturpolitik seit Jahren gekannt und nicht gehandelt. Es wurde in Deutschland und Europa zu wenig in die Verkehrswege investiert, falsche Prioritäten gesetzt, der Erhalt vernachlässigt und die jährliche Haushaltsführung beibehalten. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung zeigt gute Lösungsansätze, die jedoch umgehend konkretisiert, umgesetzt und ergänzt werden müssen. ■ Florian Eck, Dr. Stellv. Geschäftsführer, Deutsches Verkehrsforum e.V., Berlin eck@verkehrsforum.de © Gustavo Alabiso/ Deutsche Bahn Lg"uv“tmgt"fgt"Xgtmgjt"¦wpkoov."fguvq"ykejvkigt"kuv."fcuu" gt"¦wxgtn“uuki"hnkǧv"Ï"h¯t"mqohqtvcdngu"Tgkugp"wpf"cvvtcmvkxg." ygvvdgygtduh“jkig"Uv“fvg"wpf"Tgikqpgp0"Fc¦w"dkgvgp" ykt" Kjpgp"gkp"gkp¦kictvki"wohcuugpfgu"Rqtvhqnkq<"kpvgitkgtvg" N…uwpigp"h¯t"Xgtmgjtu/ "wpf"Rctmtcwoocpcigogpv."kppq/ xcvkxg"Xgtmgjtukphqtocvkqpu/ ."Ocwv/ "wpf"Vkemgvkpi/ U{uvgog" uqykg"očiguejpgkfgtvg"Ugtxkeg/ "wpf"Dgtcvwpiungkuvwpigp0" ukgogpu0eqo1oqdknkv{ Wpf"Kpvgitcvkqp"igjv"h¯t"wpu"pqej"ygkvgt0"Okv"wpugtgo" wohcuugpfgp"Mpqy/ jqy"¦wt"Qrvkokgtwpi"fgu"Xgtmgjtu" cwh"Uvtčg"wpf"Uejkgpg"ygtfgp"ykt"okv"kpvgnnkigpvgt"KV"cnng" Xgtmgjtuvt“igt"koogt"rgthgmv"okvgkpcpfgt"xgtpgv¦gp"Ï" fcokv"Tgkugpfg"pqej"uejpgnngt."ukejgtgt"wpf"gpvurcppvgt" xqp"C"pcej"D"igncpigp0"Fkg"Vgejpqnqikgp"fc¦w"ukpf"fc0" Fkg"Mqp¦grvg"cwej0"Ncuugp"Ukg"wpu"igogkpuco"fkg"Oqdknkv“v" xqp"oqtigp"iguvcnvgp0"Gzrgtkgpeg"kpvgitcvgf"oqdknkv{0 """"""""Cpuygtu"hqt"kphtcuvtwevwtgu"("ekvkgu0 C3; 322/ X; 23/ H337 Bequemer umsteigen vom Auto in die Metro. Und weiter zum Strand. Okv"kpvgnnkigpvgt"Xgtpgv¦wpi"xqp"C"pcej"D0 Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 22 Bundesverkehrswegeplan 2015 - die-Chance-nutzen Erwartungen an den BVWP 2015 zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen Die Verkehrswegeplanung in Deutschland gerät seit einiger Zeit und in den kommenden Monaten zunehmend in den Mittelpunkt des öfentlichen Interesses, denn nach 2003 wird mit dem neuen Bundesverkehrswegeplan eine neue Grundlage für die Entwicklung der Bundesinfrastruktur vorliegen. Auf dem Weg dorthin bzw. im Erstellungsprozess soll vieles anders und manches besser gemacht werden als in den Vorgängerprozessen. Die Erwartungen sind entsprechend hoch. Aus einem nördlichen Blickwinkel stellt sich insbesondere die Frage, ob der neue Bundesverkehrswegeplan geeignet sein wird, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen nachhaltig und substanziell zu stärken. Die Autoren: Carla Eickmann, Iven Krämer D ie Anerkennung der Bedeutung der deutschen Seehäfen fußt auf einem breiten politischen Konsens, was sich darin zeigt, dass die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen sowohl im bisherigen wie auch im neuen Berliner Koalitionsvertrag und auch in den strategischen Zielrichtungen der meisten Parteien fest verankert ist. Als zentrale Handlungsfelder werden diesbezüglich zumeist und zu Recht die seewärtigen Zufahrten und die Hinterlandanbindung benannt. Im neuen Berliner Koalitionsvertrag wird für besonders dringende und schnell umzusetzende überregional bedeutsame Vorhaben im neuen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) ein „nationales Prioritätenkonzept“ angekündigt, zu dem auch der Ausbau hoch belasteter Seehafenhinterlandanbindungen gehören soll. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand, denn seit dem letzten Bundesverkehrswegeplan haben sich die Rahmenbedingungen für die deutschen Häfen nicht allein durch die tiefgreifende Wirtschafts- und Finanzkrise erheblich verändert. So sind in der Zwischenzeit weit überwiegend Schife in Fahrt gekommen, deren Dimensionen und Kapazitäten Anfang der 2000er Jahre noch von vielen Experten für illusorisch gehalten worden sind. Zudem wurde von den Küstenländern und der Hafenwirtschaft dem generellen Wachstum des Seehandels folgend erheblich in den Ausbau der Umschlagkapazitäten investiert. Damit einhergehend verzeichnet der Hafenhinterlandverkehr der deutschen Seehäfen insbesondere auf der Schiene kontinuierlich Zuwächse, die immer wieder und immer stärker die bestehenden Engpässe in der Infrastruktur ofenbaren. Besonders ofenkundig wurde dies, da in der Phase der Krise in Hamburg und Bremerhaven zwischenzeitlich zwar Rückgänge im Seegüterumschlag zu verzeichnen waren, zeitgleich Foto: Erich Westendarp/ pixelio.de POLITIK Verkehrswegeplanung Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 23 Verkehrswegeplanung POLITIK aber die Schienentransportmengen von und zu den Häfen weiter anstiegen. Allgemein gilt, dass die wesentlichen Transportmittel im Hafenhinterlandverkehr die Straße für die kürzeren und die Schiene für die weiteren Entfernungen sind. Mit dem Aufschwung des Hafenhinterlandverkehrs in den letzten Jahren hat der Güterverkehr auf der Schiene generell eine neue Aufmerksamkeit und Bedeutung erfahren. Konkret sei hier angeführt, dass von und nach Hamburg inzwischen über 2 Mio. TEU und von und nach Bremerhaven mehr als 1 Mio. TEU pro Jahr über die Schiene befördert werden. Das entspricht einer Verdopplung der Schienentransportmengen innerhalb nur weniger Jahre. Aufgrund der prinzipiell guten Möglichkeiten, große Mengen in kurzer Zeit aus und zu den Häfen zu bringen, ist der Verkehrsträger Schiene insofern das angestrebte Verkehrsmittel bei Konzeption und Ausbau der Seehäfen. Der Bundesverkehrswegeplan eignet sich grundsätzlich als konzeptionelles Instrument für die Anpassung der Hafenhinterlandanbindung. Die Ergänzung der Bundesschienenwege und der Bundesfernstraßen muss auf Basis des BVWP komplementär zur Entwicklung der deutschen Seehäfen umgesetzt werden. Auch das Bundeswasserstraßennetz verbindet viele Seehäfen mit dem Hinterland und mit bedeutenden Wirtschaftsräumen. Allerdings bleibt dieser Verkehrsträger bislang hinter seinen Möglichkeiten bei der Hinterlandanbindung zurück. Auch hier könnte der BVWP als strategisches Instrument ausgerichtet werden. Aktuell beindet sich der Bundesverkehrswegeplan 2015 in der Vorbereitung. Er soll zu einem bedarfsgerechten Ausbau der Bundesverkehrswegenetze im Jahr 2030 führen. Bisher hat der Bund zum neuen BVWP den Entwurf der Grundkonzeption und die Eckdaten der Seeverkehrsprognose veröfentlicht. Im Folgenden wird auf Basis dieser beiden Werke analysiert, inwieweit der neue Bundesverkehrswegeplan eine Verbesserung der Hinterlandanbindungen und damit eine tatsächliche Stärkung der deutschen Seehäfen erwarten lässt. Die bislang gültige Grundlage für Bewertungen von Infrastrukturmaßnahmen des Bundes war eine Prognose für das Jahr 2025. Der Seeverkehrsteil dieser Prognose war gekennzeichnet durch sehr große Wachstumserwartungen zwischen 2004 und 2025. Gleichzeitig wurde mit Blick auf die bereits damals benannten Engpässe im Hinterland darauf hingewiesen, dass einige Häfen hinter ihren Entwicklungsmöglichkeiten zurück bleiben würden. Insofern lässt sich feststellen, dass der bisherige Bundesverkehrswegeplan 2003 bereits von seiner Anlage her nicht darauf ausgerichtet war, die erwarteten Verkehrsmengen im Hafenhinterlandverkehr tatsächlich abwickeln zu können. Engpässe waren zwar erkannt und beschrieben worden, doch die- geplanten Maßnahmen wären kapazitiv- und zeitlich nicht ausreichend gewesen, um den verkehrlichen Erwartungen gerecht zu werden. Hierin liegt ein Dilemma, das nur durch die zwischenzeitliche Wirtschafts- und Finanzkrise etwas entspannter zu sehen ist und im neuen Bundesverkehrswegeplan keinesfalls wiederholt werden sollte. Da die meisten Engpässe im Seehafenhinterlandverkehr nach wie vor vorhanden sind bzw. sich angesichts der verkehrlichen Entwicklung in der letzten Dekade weiter verschärft haben, bestand bei den Küstenländern im Hinblick auf die neue Prognose für den BVWP 2015 zunächst die deutliche Befürchtung, dass das Entwicklungspotenzial der Häfen wegen der Mängel im Hinterland erneut nicht ausreichend berücksichtigt werden könnte. Dieses hätte konsequenterweise zu einem Zirkelschluss für den neuen Bundesverkehrswegeplan geführt, nach der Devise: Da mangels Hinterlandanbindung ein geringeres Umschlagaukommen zu erwarten ist, wird anschließend auch kein entsprechender Ausbaubedarf im Hinterland identiiziert. Nach mehreren Diskussionen und Abstimmungen scheint diese Gefahr aktuell nicht mehr gegeben zu sein, denn nach einer aktuellen Aussage des Gutachters der neuen Seeverkehrsprognose wurden die neuen Daten ohne Restriktionen im Hinterland und auch ohne Restriktionen in den Häfen ermittelt. Auf Basis der im Jahr 2013 veröfentlichten, noch vorläuigen Daten geht der Bund davon aus, dass der Umschlag der deutschen Seehäfen von 2010 bis 2030 um 74 % bzw. um durchschnittlich 2,8 % p.a. steigen wird. Das Umschlagvolumen wird demnach von insgesamt 269 Mio. t auf 468-Mio. t steigen. Bezogen auf den Containerverkehr geht der Bund von einem Wachstum der Umschlagmengen in den deutschen Häfen von 13 auf 30 Mio. TEU (Bild 1) aus. Damit bleibt die neue Seeverkehrsprognose für Deutschland für das Jahr 2030 unter den vorherigen Prognosewerten von 759 Mio. t für 2025. Begründet werden diese zum Teil deutlich abweichenden Ergebnisse mit der unterschiedlichen Einbeziehung von Fahrzeug- und Leergewichten sowie insbesondere mit den in einigen Häfen nach wie vor spürbaren Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise. Noch ist nicht abschließend geklärt, ob und inwieweit die Küstenländer sowie die deutsche Hafenwirtschaft diese neuen Einschätzungen des Bundes teilen bzw. inhaltlich mittragen, doch die Debatte darüber wurde längst begonnen. Die zentrale Frage wird im weiteren Prozess sein, wie sich die neu deinierten Umschlagwerte der Seeverkehrsprognose in den Bedarfen für den Hinterlandverkehr niederschlagen. Es ist nicht nur sehr erstaunlich, sondern angesichts der tatsächlich gewonnenen Erfahrungen geradezu grotesk, dass die relativ hohen Umschlagwerte der alten Seeverkehrsprognose für 2025 in der Umlegung keine Engpässe in Nordsee; 12,8 Nordsee; 29,8 Ostsee; 0,3 Ostsee; 0,2 0 5 10 15 20 25 30 2010 2030 Umschlag in Mio.TEU Bild 1: Entwicklung der Container-Hinterlandverkehre auf der Schiene in Tausend TEU »Die Chance, den neuen Bundesverkehrswegeplan zur Lösung-der Aufgaben im Hafenhinterlandverkehr zu nutzen, darf nicht vertan werden.« Martin Günthner, Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, Freie Hansestadt Bremen POLITIK Verkehrswegeplanung Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 24 den bekannten neuralgischen Bereichen aufgezeigt hatten (Bild 2). Auf Basis der Verkehrsprognose 2025 wurde im Jahr 2010 eine Überprüfung der Bedarfspläne Straße und Schiene des BVWP’03 durchgeführt. Auch hier iel auf, dass insbesondere für die Schienennetze in den Ballungsräumen keine Engpässe erkannt wurden, obwohl diese schon damals tagtäglich erfahrbar waren. Weder die Probleme im Knoten Hamburg noch im Knoten Bremen wurden damals als besonders dringende Handlungsfelder benannt. Lediglich für den Korridor Hannover - Hamburg / Bremen ergab sich aus der Überprüfung ein erkennbarer Handlungsbedarf, denn die positive Bewertung der Y-Trasse in modiizierter Form führte zu einem Weiterverfolgen dieses Großprojektes durch Bund und DB. Wenn der neue BVWP 2015 zu einer Stärkung der deutschen Seehäfen führen soll, muss den Schienenwegen in den Ballungsräumen ein besonderes Augenmerk zukommen, da hier jeweils die Aufgaben des Güterverkehrs mit den Aufgaben des Personenfernverkehrs und ganz besonders mit den Aufgaben des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) gebündelt betrachtet werden müssen. Es wäre nicht redlich und nach hiesiger Einschätzung nicht akzeptabel, die Entwicklung im SPNV aus der Aufgabe des BVWP auszuklammern und die Kapazitätsreserven der Ballungsräume vornehmlich dem Güterverkehr zuzuordnen. Sollte also der Bund den dringenden Handlungsbedarf in den großen Schienenknoten verkleinern, indem er die zukünftigen Bedarfe des SPNV ausklammert, wäre dieses ein Selbstbetrug am bundeseigenen Schienennetz. Ziel der Vorbereitungen für den BVWP 2015 muss es sein, den Bedarf an Kapazitäten aus allen Funktionen in die Bewertung aufzunehmen. Bei der Veröfentlichung der Ergebnisse für die gesamte Prognose wird sich zeigen, ob sich das erwartete Verkehrsaukommen an der tatsächlich zu erwartenden Entwicklung oder an möglicherweise bereits gedanklich verankerten Beschränkungen des Infrastrukturausbaus orientieren wird. Das gesamte Vorgehen zum Bundesverkehrswegeplan 2015 hat das BMVBS in einem Entwurf einer Grundkonzeption Anfang 2013 veröfentlicht. Das Konsultationsverfahren hierzu (Stand Januar 2014) ist noch nicht abgeschlossen. Die in der Grundkonzeption aufgezeigte Herangehensweise erscheint in sich schlüssig und plausibel. Der Vorzug der Erhaltung gegenüber Aus- und Neubau ist überzeugend. Bei der Aufstellung der Ziele für den neuen BVWP ist bislang allerdings zu erkennen, dass der Anbindung der deutschen Seehäfen keine besondere Würdigung zukommt, denn es fehlt ein Oberziel „Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen“. Das bislang im Entwurf der Grundkonzeption genannte Oberziel „Sicherstellung der Güterversorgung und Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen“ ist für eine Stärkung der deutschen Seehäfen nicht ausreichend geeignet. Aus einem Oberziel Hafen ließen sich analog zu den weiteren Oberzielen folgende abgeleitete Ziele benennen: Substanzerhaltung, Verbesserung Verkehrsluss/ Engpassbeseitigung, Zuverlässigkeit von Transporten, Transportkostensenkungen und die Verbesserung der Erreichbarkeiten. Diese abgeleiteten Ziele sind Bestandteile anderer Oberziele. Somit kann die Relevanz der Hafenhinterlandverkehre in erster Linie über das abgeleitete Ziel der Beseitigung von Engpässen unterstrichen werden. Hierfür kommt es dann auf die Ergebnisse der Verkehrsprognose 2030 an. Die von der der alten Bundesregierung getrofene Aussage, die Anbindung der Häfen in die Bewertungsmethode aufzunehmen, könnte den hier genannten Bedenken entgegenwirken. Neben der Frage der Ziele für den BVWP 2015 ist in Bezug auf den Hafenhinterlandverkehr nach den Kriterien für die Priorisierung zu fragen. Denn diese Bewertung entscheidet über die Einordnung der Maßnahmevorschläge in die Dringlichkeitskategorien. Da der BVWP 2015 nicht wie bisher vorrangig eine Aulistung der als notwendig erkannten Maßnahmen beinhalten soll, sondern mit dem konkreten Anspruch einer Finanzierbarkeit aufgestellt wird, werden die einzelnen Maßnahmen entsprechend stark priorisiert werden müssen. Bei den Neu- und Ausbauvorhaben wird eine neue Dringlichkeitskategorie VB+ für Maßnahmen mit einem hohen Nutzen-Kosten-Verhältnis und einer verhältnismäßig geringen Umweltbetrofenheit eingeführt. Eine Bewertung der einzelnen Maßnahmen im Priorisierungsprozess für den Hafenhinterlandverkehr ist auch wieder abhängig von den entsprechenden Priorisierungskriterien. Die bislang genannten Kriterien in der Grundkonzeption lassen eine besondere Wertschätzung für die Bedarfe der Ha- Bild 2: Engpassdarstellung in Grundkonzeption BVWP 2015 auf Basis Prognose 2025 Blau = keine Einschränkung. Schwarz = Vollauslastung. Rot = Überlastung (Quelle: http: / / www.bmvi.de/ SharedDocs/ DE/ Anlage/ VerkehrUndMobilitaet/ bvwp-2015-grundkonzeption-entwurf.pdf) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 25 Verkehrswegeplanung POLITIK fenanbindung nicht erkennen. So ließe sich besonders gut das Kriterium Zuverlässigkeit des Verkehrslusses für die Hafenhinterlandanbindungen nutzen. Dieses Kriterium wird in der Grundkonzeption als Teil der gesamtwirtschaftlichen Bewertung betrachtet. Als eigenständiges Kriterium könnte die Zuverlässigkeit der Transporte im direkten Hafenhinterland bewertet werden. Diese Zuverlässigkeit prägt in immer stärkerem Maße die Wettbewerbsfähigkeit der Seehäfen. Allerdings gehört hierzu eine gezielte Herangehensweise zum Umgang mit der Deinition Zuverlässigkeit. Die bisherige Herangehensweise des Bundes zu diesem Kriterium ist nicht ausreichend, denn während bei der Straße die Zuverlässigkeitsdeinition über zusätzliche Zeitbedarfe erfolgt, werden bei der Schiene Auslastungsgrade und bei der Wasserstraße die Abladetiefe betrachtet. Mit solch eng gefassten Kriterien kann die Zuverlässigkeit des Verkehrslusses per Schiene oder Binnenschif jedoch nicht sachgerecht bewertet werden. Für das Schienennetz müsste zur Sicherung der Zuverlässigkeit des Verkehrslusses eine Betriebsqualität angestrebt werden, die den Abbau von Störungen ermöglicht. Ebenso könnte das prinzipiell in der Grundkonzeption verwendete Kriterium der Erreichbarkeit für Hafenhinterlandanbindungen genutzt werden. Das raumordnerische Ziel Erreichbarkeit ist hervorragend auch auf den Hafenhinterlandverkehr anwendbar und sollte daher nicht wie bislang im Entwurf der Grundkonzeption auf den Personenverkehr beschränkt bleiben. Auch wenn dieses Kriterium Erreichbarkeit für den gesamten Güterverkehr derzeit sehr komplex erscheint, so ist eine Anwendung auf Seehäfen durchaus denkbar und plausibel. Auch bei den Wasserstraßen könnte eine Korrektur bei den Priorisierungskriterien zu einer besseren Einbindung dieses Verkehrsträgers in den Hafenhinterlandverkehr führen. Neben dem Nutzen-Kosten-Verhältnis werden hier nur die Ergebnisse der umstrittenen Wasserstraßenkategorisierung herangezogen. Es würde sich gerade bei den Wasserstraßen anbieten, auch eine hohe raumordnerische Bedeutung im Sinne von Erreichbarkeit der (See-)Häfen in die Bewertung einzubeziehen. Ebenso wäre es sinnvoll, wenn wie beim Verkehrsträger Straße auch bei der Wasserstraße und bei der Schiene ein anstehender Erhaltungsbedarf in die Bewertung aufgenommen würde. Im neuen Berliner Koalitionsvertrag wird angekündigt, dass bei der Prioritäteneinstufung weitere Kriterien neben der Tonnage berücksichtigt werden. Hierin kann ein Schritt in die richtige Richtung liegen. Nach der Frage der Ziele und der Priorisierungskriterien sind noch die möglichen Maßnahmekategorien zu beleuchten. Die vom Bund entworfene Grundkonzeption sieht bei der Kategorie Ausbau sehr unterschiedliche Möglichkeiten für die jeweiligen Verkehrsträger vor. So sind beim Straßenbau Verkehrsmanagementmaßnahmen in der Maßnahmekategorie „Ausbau“ deiniert, was nicht bei den Netzen Schiene und Wasserstraße zutrift. Es ist jedoch zu bedenken, dass auch im Schienenverkehr Maßnahmen an der Leit- und Sicherungstechnik kapazitätssteigernd wirken können. Ebenso können bei der Wasserstraße mit Verkehrsmanagementmaßnahmen aufwändige Ausbaumaßnahmen ergänzt oder in bestimmten Bereichen, wie engen Flussbögen gar ersetzt werden. Hinsichtlich der Finanzierung des BVWP 2015 wird im Entwurf der Grundkonzeption darauf hingewiesen, dass für den SPNV wie bisher das Gemeindeverkehrsinanzierungsgesetz bereit steht. Das heißt, dass die Bewertung der BVWP-Schienenmaßnahmen die Belange des SPNV außen vor lässt. Da es keine SPNV-Finanzierungsinstrumente gibt, die bis zum BVWP-Horizont 2030 reichen, fehlt beim Verkehrsträger Schiene ein schlüssiges Finanzierungskonzept. Dieses trift dann insbesondere auf die Ballungszentren zu. In diesem Zusammenhang ist auf GG Artikel 87 e hinzuweisen, wonach der Bund gewährleisten muss, dass insbesondere den Verkehrsbedürfnissen zum Wohl der Allgemeinheit beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes Rechnung getragen wird. Diese Aufgabe gilt für alle Verkehrsarten auf dem Schienennetz. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Ansatz des neuen BVWP 2015 prinzipiell gut ist. Die große Chance und Notwendigkeit, dieses Instrument für die dringend gebotene Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen zu nutzen, wird bislang allerdings nicht ausreichend erkennbar. Neben der mangelnden Einbeziehung des Themas Hafenhinterlandanbindung bei der Zielsetzung, der Priorisierung und den Maßnahmekategorien erscheint im Wesentlichen die Ableitung des Bedarfs über die Prognose kritisch. Die bisherige Seeverkehrsprognose und deren Umlegung jedenfalls waren nicht geeignet, die Engpässe im Hafenhinterland eindeutig zu identiizieren. Ein Vorteil, wenn nicht gar eine Notwendigkeit für die deutsche Hafenentwicklung wäre es, wenn die Betrachtung der Maßnahmen im BVWP 2015 stufenweise erfolgen könnte. Bis zum Zieljahr 2030 wird es unstreitig eine dynamische Entwicklung des gesamten Seeverkehrs und des Hafenhinterlandverkehrs geben. Einige Maßnahmen im Hinterland sind schon heute dringend erforderlich, andere werden absehbar vor 2030 erforderlich sein. Die alleinige Betrachtung eines Zielhorizontes wird der heterogenen Entwicklung der vielen Hafenstandorte nicht gerecht. Die Ersteller des BVWP 2015 müssen dem Kriterium der Zuverlässigkeit von Gütertransporten besondere Aufmerksamkeit widmen, denn gerade im Schienencontainerverkehr sind zeitlich eng getaktete Umläufe von höchster Bedeutung. Störungen oder Verspätungen in einzelnen Streckenabschnitten, in Häfen oder Hinterlandterminals haben unmittelbare Auswirkungen auf die gesamte Logistikkette. Sollte zudem die Realisierung einer grundlegenden Lösung für den Korridor Hannover - Hamburg/ Bremen bis zum Jahr 2030 gefährdet sein, dann ist zwingend ein- Bündel von Maßnahmen erforderlich, um ein Minimum der erforderlichen Kapazität mit vorauslaufenden Projekten zu sichern. ■ Carla Eickmann, Dr. Stellv. Leiterin Referat für Verkehrspolitik, Mobilität, Logistik im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Hannover carla.eickmann@mw.niedersachsen.de Iven Krämer Leiter Referat Hafenwirtschaft, Logistik, Hafeninfrastruktur beim Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, Bremen iven.kraemer@wuh.bremen.de »Prognose und Maßnahmebewertung für die Aufstellung des-neuen BVWP müssen geeignet sein, die heute schon vorhandenen und die zusätzlich absehbaren Probleme zu lösen. Der bisherige Bundesverkehrswegeplan 2003 wird dieser Aufgabe noch nicht gerecht.« Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr POLITIK Nachruf Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 26 Weichenstellungen und Impulse im Verkehrswesen Zum Gedenken an Wilhelm Pällmann Am 25. Dezember 2013 ist Dr.-Ing. E.h. Wilhelm Pällmann im Alter von 79 Jahren in Frankfurt am Main verstorben. Die Vielfalt und Nachhaltigkeit der Weichenstellungen und Impulse im Verkehrswesen in den vergangenen Jahrzehnten, die mit seinem Namen verbunden sind, ist wohl mit Fug und Recht als einzigartig einzuordnen. Dabei handelt es sich um ein Potential, das in vieler Hinsicht Wege in die Zukunft gewiesen hat und weiterhin weist - ganz im Sinne eines von Wilhelm Pällmann gern zitierten Satzes aus der Feder des deutschen Philosophen Odo Marquard: „Zukunft braucht Herkunft“. Der Autor: Andreas Kossak A ls Titel für das Buch über sein Lebenswerk bot sich die klassische Formel „ceterum censeo“ an („im Übrigen bin ich der Meinung“) [1]. Wilhelm Pällmann hat sie häuig benutzt, so z. B. in Verbindung mit einem Satz des preußischen Staatsrechtlers von Kirchmann aus dem Jahre 1847: „Drei berichtigende Worte des Gesetzgebers, und ganze Bibliotheken werden Makulatur! “ Darin ist eine wesentliche Komponente seines Denkens und Handelns „auf den Punkt gebracht“, nämlich, Sensibilität für „Denkblockaden“ zu entwickeln, sich nicht im Gestrüpp zwischen „Ideologie und Wirklichkeit“ zu verlaufen, zu erkennen, wenn „Idee und Wirklichkeit“ auseinander fallen oder wenn „Tatsachen durch Semantik“ verdrängt zu werden drohen. „Denkblockaden wider den schöpferischen Geist“ war dann auch folgerichtig der Titel und Gegenstand seines Festvortrags anlässlich der Verleihung der Würde eines Dr.-Ing. Ehren halber [2]. Für einen „gelernten“ Juristen war das eine nicht gerade nahe liegende Ehrung, für das Wirken von Wilhelm Pällmann aber eine sehr bezeichnende. Der Rede wurde nicht von ungefähr wiederholt der Status eines Regelbuchs für Top-Manager zugesprochen. GVFG, Produktprofil Stadtbahn, Paratransit In der Welt des Verkehrswesens wird Wilhelm Pällmann heute meist erst mit seiner Position als Vorstandsvorsitzender der Hannoverschen Nahverkehrsgesellschaft üstra „verortet“. Tatsächlich war er jedoch bereits erheblich früher im Verkehrssektor zuhause. Im Jahr 1964 war er als Assessor in den Dienst der Deutschen Bundesbahn eingetreten; im September 1965 wurde er zum Bundesbahnrat ernannt. Von 1966 bis 1971 stand er in Diensten der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung - zunächst im Rang eines Regierungsrates, zuletzt als Regierungsdirektor. Dort war er unter anderem Grundsatzreferent für Verkehrspolitik und Verkehrswirtschaft; in dieser Funktion war er in einer Bund/ Länder-Arbeitsgruppe an der Vorbereitung des Gemeindeverkehrsinanzierungsgesetzes (GVFG) beteiligt. Im Jahre 1971 wechselte er nach Hannover, zunächst als Geschäftsführer der Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Hannover mbH. Ab 1972 war er Sprecher der Geschäftsführung, von 1974 - 1982 Vorsitzender des Vorstands der üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG und in Personalunion weiter Sprecher der Geschäftsführung der Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Hannover mbH. In diesen Funktionen betrieb er unter anderem die Weiterentwicklung der „guten alten“ Straßenbahn zu einem modernen Schienennahverkehrssystem. Damit stand er im Widerspruch zur damals in der deutschen Nahverkehrswirtschaft verbreiteten Ideologie der völligen Trennung des Automobilverkehrs und der städtischen Bahnsysteme, der zahlreiche Straßenbahnsysteme zum Opfer ielen. Wilhelm Pällmann gilt als einer der Väter der modernen Stadtbahnen und damit der Renaissance der Straßenbahnen nicht nur in Deutschland, sondern weltweit [3]. Dabei hat er die städtischen Bahnen nie ausschließlich auf ihre Funktion als öfentliches Verkehrsmittel verkürzt. Er hat sie immer auch und im Besonderen als Struktur bildende und Struktur stabilisierende Instrumente einer aktiven Stadt- und Regionalentwicklungspolitik gesehen sowie als wichtige das Stadtbild und die Stadtidentität prägende Komponenten eingeordnet und behandelt; das Design der Fahrzeuge, Haltestellen und Anlagen der üstra legen bis heute beredtes Zeugnis davon ab. Nicht nur mit der Stadtbahn stand er im Widerspruch zur in der deutschen Nahverkehrswirtschaft damals weit verbreiteten „Weltsicht“. In seiner Eigenschaft als VÖV- Präsident hatte er anlässlich der Eröfnung des Fach-Symposiums im Rahmen der internationalen Verkehrsausstellung (IVA) in Hamburg 1979, neben die „Busse und Bahnen“ als dritte Säule des ÖPNV den „Paratransit“ gestellt [4]. Dieser Begrif stand damals (und steht noch heute international) für die „unkonventionellen Betriebsformen von PKW, Taxi und Bus“ bzw. die „lexiblen Betriebsformen des ÖPNV“; das wurde von vielen seiner Kollegen gleichsam als Nestbeschmutzung empfunden. Heute ist das längst kein Streitpunkt mehr; Bedarfsbusse, Sammeltaxen, Car-Sharing, Disco-Busse und vieles mehr sind selbstverständliche Bestandteile des ÖPNV. Vor dem Hintergrund des sich vollziehenden soziographischen Wandels und seiner Konsequenzen für die Nachfragestrukturen im ÖPNV wird die Bedeutung der betrefenden Betriebsformen in Zukunft noch erheblich zunehmen. Ein weiteres typisches Beispiel für die Weitsicht von Wilhelm Pällmann war sein Einsatz für die Weiterentwicklung des Un- Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 27 Nachruf Politik ternehmensverbandes VÖV zu einem Branchenverband, der dann später mit der Umwandlung zum Verband Deutscher Verkehrsunternehmen Wirklichkeit wurde. iCE, Modernisierung und Regionalisierung SPNV, trennungsrechnung Nach seinem Wechsel in den Vorstand der Deutschen Bundesbahn im Jahr 1982 setzte er sich mit großer Energie dafür ein, dass die Eisenbahn in Deutschland schnellstmöglich Anschluss an die weltweiten Entwicklungen im Schienenschnellverkehr indet [5]. Der in den 1970er Jahren eingeleitete Prozess einer eher moderaten Beschleunigung war nach seiner Überzeugung unzureichend und würde bedeuten, dass die Schiene gegenüber der Straße noch mehr an Boden verliert, als das aufgrund des in den Jahrzehnten vorher erfolgten „Umbaus der Republik“ nach den Maßstäben des Automobilverkehrs ohnehin nicht mehr zu verhindern war. Er drängte darauf, schnellstmöglich den wichtigen Schritt weiter zu gehen, den die Japaner 10 Jahre vorher mit der Inbetriebnahme des Shinkansen gegangen waren und dem die Franzosen mit dem TGV gerade folgten, während die DB in ihren seinerzeit aktuellen Zielplanungen immer noch einen Schritt hinter dem Status zurückgeblieben war, der mit dem „Fliegenden Hamburger“ 50 Jahre vorher in Deutschland bereits in Anfängen erreicht war. Der damalige Ordinarius für Eisenbahnwesen an der Universität Hannover, Prof. Rolf Kracke, hat sich als „Zeitzeuge“ dafür verbürgt, dass die Inbetriebnahme des ICE in Deutschland ohne das pragmatische Handeln von Wilhelm Pällmann erst wesentlich später als 1991 Realität geworden wäre [1] - und Pällmanns Blick ging von vornherein weiter. Der landesweite schnelle Schienenpersonenverkehr war für ihn das Instrument für eine „Verschweizerung der Bundesrepublik“; den ICE sah er als die „Stadtbahn Deutschland“. Sein Ziel war von Anfang an die „Schnellbahn Europa“ [6], die horizontale Integration der Bahnen auf europäischer Ebene auf höchstem technischem und infrastrukturellem Niveau; dass deren Realisierung immer noch erst in den Anfängen steckt, war ein von ihm immer wieder angesprochenes und bedauertes Manko. Wilhelm Pällmann setzte sich vehement für ein „neues Eisenbahnverständnis“ ein. Er thematisierte die Probleme der Positionierung der Bahn bzw. der öfentlichen Verkehrsunternehmen im „Spannungsfeld zwischen Staat und unternehmerischem Handeln“, unter den mit der stürmischen Entwicklung des Automobilverkehrs und dem politischen Handeln in diesem Zusammenhang drastisch veränderten Rahmenbedingungen [7]. Als Lösungsansatz veranlasste und propagierte er die „Trennungsrechnung“, also die Abgrenzung „eigenwirtschaftlicher“, „gemeinwirtschaftlicher“ sowie „staatlicher“ Aufgaben und forderte die Berücksichtigung der „volkswirtschaftlichen“ Bedeutung der Bahnen für Gesellschaft, Wirtschaft, Siedlung und Umwelt. Die „gemeinwirtschaftlichen Leistungen“ gehörten im Bundesbahnvorstand zu seinen Aufgabenschwerpunkten; das betraf in erster Linie den damals hochdeizitären Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Neben seinem Zuständigkeitsbereich für „Steuerung und Planung“ des Gesamtunternehmens, war er verantwortlich für den ÖPNV. Wer den SPNV sowie das Selbstverständnis der Bundesbahner davon zu Beginn der 1980er Jahre noch erlebt und den Wandel bis Anfang der 1990er Jahre verfolgt hat, erkennt deutlich die Handschrift Wilhelm Pällmanns [8]. Für vieles, was heute die Qualität des seit der „Regionalisierung“ für die Deutsche Bahn so lukrativen SPNV ausmacht, wurden seinerzeit die Grundsteine gelegt; dazu gehörten: • die Produktdiferenzierung des SPNV mit ausgeprägten Markenproilen, • der integrale Taktfahrplan, • moderne Triebzüge (dann auch Leichttriebwagen für Nebenstrecken), • die Wiedereinführung von Doppelstockwagen im SPNV, • das Durchforsten nicht mehr zeitgemäßer Vorschriften etc. Mit dem von Wilhelm Pällmann betriebenen Abschluss von „Ländervereinbarungen“ öfnete sich die Bundesbahn den Länderverwaltungen und nahm sie gleichzeitig in die Plicht zur Kooperation. Die Abgabe erster Nebenstrecken an Nichtbundeseigene Bahnen (NE) markierte die ersten Schritte auf dem Weg zu einer faktischen Regionalisierung des SPNV, die er für geboten hielt; damit verbunden war das Anerkenntnis, dass auch andere Unternehmen qualiiziert „Eisenbahn spielen“ können - ein Brocken, den zu schlucken für gestandene Bundesbahner zunächst alles andere als einfach war. Der Stilllegung nachfragearmer, hoch deizitärer Strecken stand er diferenziert gegenüber. Er war davon überzeugt, dass sich die Nachfragesituation durch Einführung innovativer Angebotsproile je nach lokalen bzw. regionalen Gegebenheiten durchaus entscheidend zum Positiven verändern könnte. Modernisierung Schienengüterverkehr, Partnerschaft Straße - Schiene Als Wilhelm Pällmann die Verantwortung für den Geschäftsbereich Güterverkehr der Bundesbahn übernahm, veranlasste er zu allererst eine systematische Analyse des gesamten Güterverkehrs, der Güter- und Logistikstrukturen, der Positionierung der Bild 1: Dr.-Ing. E.h. Wilhelm Pällmann (Foto: privat) POLITIK Nachruf Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 28 Bahn in diesem Sektor sowie der Rahmenbedingungen, die dazu geführt hatten; das war typisch für sein Handeln und indet sich in jeder neuen Aufgabe/ Herausforderung wieder. Aus den Ergebnissen der Analysen zog er nicht nur den Schluss, wo und wie die Bahn besser werden könne (Systemzüge, schneller Güterverkehr - Nachtsprung); vielmehr rückte er die Kooperation der Verkehrsträger in den Vordergrund (Kombinierter Verkehr, “nicht gegeneinander, sondern miteinander“). Entgegen dem traditionellen Credo der eingeleischten Bahner vertrat er die Überzeugung, dass die Straße nicht der Konkurrent oder gar der Feind der Schiene sei, sondern der Partner [10]. Mit dem Fall der Mauer und der nachfolgenden Wiedervereinigung veränderten sich die Rahmenbedingungen auch für die Bahnen erneut drastisch. Noch vor der Entscheidung für eine Zusammenführung beider Staatsbahnen zur „Deutschen Bahn“, setzte die Bundesregierung eine „Regierungskommission Bundesbahn“ ein. Die legte 1991 ihre Empfehlungen für eine Bahnstrukturreform vor; eine wichtige Komponente davon war die „Regionalisierung“ des SPNV/ ÖPNV. Wer auch nur die Vorträge und Veröfentlichungen von Wilhelm Pällmann bis zu diesem Zeitpunkt nachliest, wird unschwer erkennen können, dass die Kommission in vieler Hinsicht auf seiner „Denke“ bzw. seinen Weichenstellungen aubauen konnte und tatsächlich aufgebaut hat. Verbindung von physischer und nicht-physischer Mobilität Im Jahr 1991 übernahm Wilhelm Pällmann eine wahre Herkulesaufgabe im Vorstand der Deutschen Telekom. Als Verantwortlicher für den „Aubau Ost“ sollte er binnen weniger Jahre ein marodes, völlig überaltertes Telekommunikationssystem mit vergleichsweise sehr geringer Versorgungsdichte auf den modernsten Stand bringen und mit der Infrastruktur im Westen des Landes integrieren. Verlauf und Erfolg des Programms gelten heute als Paradebeispiel für das erfolgreiche Management sehr großer Infrastrukturprojekte unter erschwerten Bedingungen - sowohl in inanzieller, technischer und organisatorischer Hinsicht, als auch für die gerade in dem betreffenden Zusammenhang überaus wichtige Komponente der Menschenführung. Wilhelm Pällmann hat den Wechsel von der Bahn zur Telekom niemals als Bruch in seiner berulichen Laubahn gesehen. Physische und nicht-physische Kommunikation und Mobilität waren für ihn „zwei Seiten derselben Medaille“. Auch hier ging es ihm nicht um Konkurrenz, sondern um Kooperation, um Ergänzung und um sinnvolle Aufgabenteilung. Frühzeitig hat er sich für die Förderung der Verkehrstelematik eingesetzt. Die Unterstützung der elektronischen Gebührenerhebung im Straßenverkehr und deren Nutzung als Instrument der Verkehrslenkung sowie die immer wieder angemahnte lächendeckende Einführung des elektronischen Ticketing, sind eine logische Fortführung dieser Linie. Pällmann-Kommission Die Zeit nach seinem selbst bestimmten Ausscheiden aus dem „aktiven Berufsleben“ in 1995 gestaltete sich vor diesem Hintergrund erwartungsgemäß eher als „Unruhestand“. Die Wertschätzung seines Rates fand ihren deutlichsten Niederschlag in der Berufung zum Vorsitzenden der „Kommission Verkehrsinfrastrukturinanzierung“ durch die Bundesregierung im Herbst 1999 - seither in der Regel als „Pällmann-Kommission“ bezeichnet. Der Schlussbericht der Kommission vom 5. September 2000 trägt ebenfalls unverkennbar die Handschrift von Wilhelm Pällmann [11]. Als zentraler Befund wurde konstatiert: „Die traditionelle Form der Finanzierung hat sich als ungeeignet erwiesen, eine qualiizierte Erhaltung und Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastrukturen zu gewährleisten“. Dazu gehörte nicht zuletzt auch das Aussprechen von politisch damals eher nicht opportunen Wahrheiten. Das betraf insbesondere die Einordnung des Zustands der Infrastrukturen aller Verkehrsträger als „gravierende Instandhaltungskrise“ in Folge einer „bereits langfristig latenten beträchtlichen Unterinanzierung“; die der Bundesverkehrswegeplanung traditionell zugrunde liegenden Szenarien und Prognosen wurden weitgehend als „Lebenslügen der deutschen Verkehrspolitik“ klassiiziert. Im Kern empfahl die Kommission einen systematischen Paradigmenwechsel zur „Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur durch den Nutzer, Nutznießer und/ oder Veranlasser, soweit das unter den jeweiligen Rahmenbedingungen der einzelnen Verkehrsträger möglich ist“ - als fairste, eizienteste und nachhaltigste Lösung. Der Formulierung der Empfehlungen ging auch in diesem Fall eine sorgfältige Analyse der Entwicklungen seit dem Zweiten Weltkrieg voraus sowie ein Blick über die Grenzen. Der Bericht der Kommission gilt seither als „Lehrbuch für Verkehrsinfrastruktur-Politik“. ■ LITERATUR  [1] Kossak, A. (Hrsg.): Dr.-Ing. E.h. Wilhelm Pällmann - Ceterum Censeo, ausgewählte Reden, Vorträge, Veröfentlichungen; Deutscher Verkehrsverlag, Edition Internationales Verkehrswesen, Hamburg 2007  [2] Pällmann, W.: Denkblockaden wider den „schöpferischen Geist“; Festrede anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde am 20. Dezember 1990 in Hannover  [3] Pällmann, W.: Moderne Stadtbahn - Bilanz zu Beginn der 80er Jahre; Vortrag anlässlich des UITP-Kongresses 1981 in Dublin  [4] Pällmann, W.: Weltweite Entwicklungstendenzen im Nahverkehr; Vortrag anlässlich der Eröfnung „Internationales Symposium Verkehrstechnologie“ am 18. Juni 1979 in Hamburg  [5] Pällmann, W.: Mit der Bahn in das nächste Jahrtausend; in „Jahrbuch des Eisenbahnwesens“ 1984  [6] Pällmann, W.: Schnellbahn Europa, eine realistische Vision; Vortrag anlässlich der „STUVA-Tagung 1989“  [7] Pällmann, W.: Die Deutsche Bundesbahn im Spannungsfeld zwischen Politik und unternehmerischem Handeln; in „Festschrift zum 50. Bestehen des Instituts für Verkehrswissenschaft an der Universität Münster“ im April 1984  [8] Pällmann, W.: Zukunftsstrategien der Bundesbahn im öfentlichen Personennahverkehr; in „Jahrbuch des Eisenbahnwesens 1987“  [9] Pällmann, W.: Strategische Überlegungen zum Eisenbahngüterverkehr; Vortrag an der Universität Hannover am 27. Oktober 1987 [10] Pällmann, W.: Die Straße als Partner der „Bahn der Zukunft“ - Anforderungen an die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur; Vortrag bei der „Aktionsgemeinschaft Rationeller Verkehr“ am 5. September 1988 in Bonn [11] Kommission Verkehrsinfrastrukturinanzierung: Schlussbericht vom 5. September 2000 Andreas Kossak, Dr.-Ing. Inhaber Kossak Forschung & Beratung, Hamburg drkossak@aol.com Bild 2: Bis ins hohe Alter war Wilhelm Pällmann ein gefragter Redner. (Foto: TU Dresden) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 29 A nfang Februar war es klar: Das 4. Eisenbahnpaket, seit mehr als einem Jahr verkehrspolitischer Dauerbrenner in der EU, hat selbst in Teilen keine Chance mehr, in der laufenden Legislaturperiode verabschiedet zu werden. Die Griechen, die derzeit die Geschäfte im Rat der nationalen Verkehrsminister führen, zucken mit den Schultern. Sie schafen es nicht, mit dem letzten von drei technischen Einzelgesetzen rechtzeitig fertig zu werden. Das Scheitern des Gesetzes freut alle, die zwar ständig vom gemeinsamen europäischen Eisenbahnraum schwadronieren, in dem Züge ohne technisch erzwungene Aufenthalte vom Finnischen Meerbusen bis zur Straße von Gibraltar rollen können. Die aber, wenn es drauf ankommt, nur ihr nationales Vorgärtchen sehen und keine Kompetenzen ihrer Behörden an eine europäische Eisenbahnagentur abtreten wollen. Das Scheitern ärgert all jene - etwa im Europäischen Parlament (EP) -, die mehr als ein Jahr intensiv gearbeitet haben, um zumindest den „technischen“ Teil des von Anfang an hoch umstrittenen Gesetzesvorschlags der EU-Kommission noch bis zum Ende der Legislaturperiode unter Dach und Fach zu bringen. Denn sie sind überzeugt, dass der Gemeinsame Europäische Binnenmarkt mit 26 national ausgerichteten und nur schwer kompatiblen Eisenbahnsystemen nicht funktionieren kann. Das bedauernswerte Schicksal des 4. Eisenbahnpakets droht auch anderen Gesetzesvorhaben. Die Schattenberichterstatter für das Hafenpaket haben eine Sitzung platzen lassen, weil sie ihre Arbeit in der vorgesehenen Zeit nicht schafen konnten. Eine korrekte und mutige Entscheidung, obwohl jetzt in den Sternen steht, ob das Gesetz in der laufenden Legislaturperiode noch wie geplant über die Bühne gebracht werden kann. Genau wie „Maße und Gewichte“ bei LKWsind mehrfach Abstimmungen verschoben worden. Das macht es auch hier ungewiss, wann das Gesetz verabschiedet wird. Torschlusspanik und Hektik! Das ist es, was sich seit einigen Wochen in Brüssel und Straßburg beobachten lässt. Eile und die Sorge, es nicht mehr zu schafen, werden vor allem die Parlamentarier auch in den nächsten Wochen plagen. Denn am 17. April kommt das EP zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode zusammen. Alle Gesetzgebungsverfahren, die bis zum Ende dieser Sitzung von den Abgeordneten nicht zumindest in Erster Lesung behandelt worden sind, haben eine ungewisse Zukunft. Entsprechend groß ist die Versuchung, alles bis dahin fertig zu kriegen. So oder so. Deshalb hasten Parlamentarier und Beamten der nationalen Botschaften bei der EU von einer Trilogverhandlung zur nächsten. 14 „Schatten“- und einen eigenen Bericht hatte die liberale Abgeordnete im Verkehrsausschuss, Gesine Messner (FDP), Anfang Februar auf dem Tisch. Daneben muss sie sich noch mit den Änderungsanträgen für die Berichte anderer beschäftigen, über die sie abstimmen soll. Als wäre das noch nicht genug, wirft der beginnende Europawahlkampf seine Schatten voraus. Viele Abgeordnete müssen ihre Arbeitszeit in Brüssel und Straßburg verkürzen, um sich für ihre Wiederwahl einsetzen zu können. Teilweise kämpfen sie daheim noch für „sichere“ Listenplätze. Kurzum: Bei aller Arbeit im Hohen Haus sind sie schon im Wahlkampfmodus. „Ich sag ganz ehrlich“, ofenbart einer, „ich bin geistig schon mehr bei meinen Wahlkampfplakaten als bei den Themen, um die es hier geht.“ Zum einen ist das ein bekanntes Phänomen am Ende einer jeden Legislaturperiode. Zum anderen rächt sich jetzt, dass die EU-Kommission gerade in der aktuellen Periode noch kurz vor Toresschluss und damit viel zu spät eine Reihe von wichtigen Gesetzesvorschlägen auf den Weg gebracht hat. Die hätte sie besser über die gesamten fünf Jahre verteilt. Bei einigen scheint das im Rückblick durchaus möglich gewesen zu sein. Mit einer früheren Vorlage hätte die Brüsseler Behörde Stress vor Toresschluss vermindern können. So stehen die Parlamentarier vor der Wahl, sorgfältig zu arbeiten und damit zu riskieren, dass ihr Gesetz es nicht mehr schaft bis zum Ende der Legislaturperiode. Oder zu schludern. Geschludert haben etwa drei polnische Abgeordnete, die sogar vergaßen, ihren eingereichten Änderungsvorschlag 441 beim 4. Eisenbahnpaket so zu verändern, dass nicht jeder sofort erkennen konnte, dass die polnische Staatsbahn PKP ihnen die Hand geführt hatte. Geschludert hat aber auch ein so versierter und leißiger Verkehrspolitiker wie der Fraktionsvorsitzende der Konservativen im EP-Verkehrsausschuss. Der Belgier Mathieu Grosch, verantwortlich für einen Teil des 4. Eisenbahnpakets, legte einen Bericht vor, der es erkennbar allen recht machen will. Vielleicht fürchtete Grosch einfach, dass ein Thema, mit dem er sich viel Mühe gegeben hat, in der nächsten Legislaturperiode von- einem anderen in die Hand genommen wird. Diese Sorge treibt- auch andere Abgeordnete um: Sie haben sich lange mit einem -Thema beschäftigt - und wollen es in ihrem Sinne vollendet wissen. Die Balance zwischen notwendiger Sorgfalt und erforderlicher Eile ist schwierig. Dort, wo sie nicht zu halten ist, sollten die Abgeordneten sich für die Sorgfalt entscheiden. Auch, wenn das enttäuschend ist. Für sie und für alle, die auf die Gesetze warten. ■ Werner Balsen EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Verkehrs-Zeitung B E R I C H T A U S B R Ü S S E L VON WERNER BALSEN Europa im Wahlkampfmodus Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 30 Finanzierung der Bundesfernstraßen Eine ökonomische Analyse von institutionellen Lösungen und Einnahmequellen Die derzeitige institutionelle Lösung zur Finanzierung der Bundesfernstraßen weist umfangreiche Deizite auf. Diesen sollte mit einer verstärkten politischen Selbstbindung im Rahmen überjähriger Finanzierungslösungen unter Rückgrif auf geeignete Einnahmequellen wie beispielsweise eine Mineralölsteuer, eine KFZ-Steuer und eine gegebenenfalls weiterentwickelte LKW-Maut begegnet werden. Die Autoren: Thorsten Beckers, Jan Peter Klatt, Tim Becker D ie Finanzierung der deutschen Verkehrsinfrastrukturen und in diesem Zusammenhang auch der Bundesfernstraßen ist ein aktuelles Thema in der politischen Diskussion. 1 Dies zeigen nicht zuletzt die von der Verkehrsministerkonferenz in den vergangenen Jahren eingesetzten Kommissionen zur Verkehrsinfrastrukturinanzierung („Daehre-Kommission“ und „Bodewig- Kommission“) sowie die laufende Diskussion über die Einführung einer PKW-Maut. Weiterhin weisen die Veröfentlichungen im Rahmen der Vorbereitungen für einen neuen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) darauf hin, dass zukünftig - wie in anderen Ländern (z. B. in der Schweiz) erfolgreich praktiziert - für die Investitionsplanung und das Design von Finanzierungslösungen verstärkt integrierte Ansätze verfolgt werden. Hierauf deutet die neue Projektkategorie „Vordringlicher Bedarf Plus“ (VB+) in der vom BMVI (vormals BMVBS) veröffentlichten Grundkonzeption des Bundesverkehrswegeplans hin. In diesem Artikel wird die Finanzierung der Bundesfernstraßen aus ökonomischer Sicht untersucht, wobei sowohl das Design institutioneller Lösungen hinsichtlich Bereitstellung und Finanzierung als auch der Rückgrif auf Einnahmequellen thematisiert werden. Defizite der institutionellen Lösung im Status quo Das derzeitige System für die Bereitstellung und Finanzierung der Bundesfernstraßen geht mit verschiedenen Deiziten einher: Es führt unter anderem dazu, dass in unzureichendem Maße Finanzmittel für Vorhaben bereitgestellt werden, die aus verkehrlicher Sicht besonders bedeutsam sind. Infolgedessen werden prioritäre Kapazitätserwei- INFRASTRUKTUR Finanzierung Foto: Claudia Hautumm/ pixelio.de Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 31 Finanzierung INFRASTRUKTUR terungsinvestitionen nicht oder lediglich verspätet realisiert. Zu den Kapazitätserweiterungsprojekten, die aus volkswirtschaftlicher Sicht eine besonders hohe verkehrliche Priorität aufweisen, dürften insbesondere Ausbauvorhaben zur Kapazitätsengpassbeseitigung bei den Bundesautobahnen zählen. Ferner werden mit den Finanzmitteln, die für kapazitätserweiternde Investitionsmaßnahmen zur Verfügung stehen, in der Regel diverse Vorhaben im Bereich der Bundesfernstraßen gleichzeitig realisiert. Infolgedessen werden häuig Projekte, die aus planerischer Sicht in ihrer Gänze baureif sind, nur stückchenweise umgesetzt, so dass über mehrere Jahre hinweg jeweils nur relativ kurze Abschnitte gebaut werden. Neben höheren Kosten wird durch die stückweise Realisierung von Kapazitätserweiterungsinvestitionen oftmals lediglich ein unterproportionaler verkehrlicher Nutzen in Relation zum erfolgten Finanzmitteleinsatz erzeugt, da Neubauprojekte teilweise zunächst im „Nirgendwo“ enden und bei Ausbauvorhaben der Kapazitätsengpass oftmals lediglich verschoben wird, bis die gesamte Strecke fertiggestellt ist. Reform der institutionellen Lösung für die Bereitstellung und Finanzierung Um diesen Ineizienzen entgegenzuwirken, sollte im Zusammenhang mit der Bereitstellung und Finanzierung der Bundesfernstraßen insbesondere eine verstärkte politische Selbstbindung innerhalb des haushaltsrechtlichen Rahmens angestrebt werden. Für diesen Zweck sollte eine überjährige Fixierung von Finanzmitteln, beispielsweise für einen Zeitraum von etwa fünf Jahren, zugunsten von prioritären (Ausbau-)Projekten bei den Bundesautobahnen sowie der Erhaltung und des Betriebs des bestehenden Netzes in Betracht gezogen werden. Die Umsetzung einer solchen überjährigen Finanzmittelixierung, die sich innerhalb des haushaltsrechtlichen Rahmens vollzöge, weshalb diese im Folgenden auch als haushaltsintegrierter Fonds bezeichnet wird, kann grundsätzlich sowohl über eine rein gesetzliche Regelung als auch über eine vertragliche Lösung, die dann auf Basis einer gesetzlichen Grundlage mit einer in geeigneter Weise ausgestalteten öfentlichen Gesellschaft abgeschlossen wird, erfolgen. In Abhängigkeit der konkreten Ausgestaltung könnte Letztere jedoch neben erhöhten Transaktionskosten zu nicht intendierten Flexibilitätsverlusten und Steuerungsproblemen führen, weshalb bei einer Gesamtbetrachtung eine rein gesetzliche Regelung sinnvoller erscheint. Um die Transaktionskosten einer adäquaten Finanzmittelbereitstellung für den Bereich der politischen Selbstbindung weiter zu reduzieren, könnte die überjährige Finanzmittelixierung ggf. mit einer Zweckbindung von Zahlungen der Straßennutzer verknüpft werden, deren Höhe bei Ausgabenvariationen entsprechend anzupassen wäre. Hierfür könnte beispielsweise auf einen absoluten Anteil der LKW-Maut-Einnahmen als Sockelbetrag zurückgegrifen werden, der um Teile des KFZund/ oder Mineralölsteueraukommens ergänzt wird. Eine sehr weitgehende politische Selbstbindung in Form einer umfangreichen Delegation von Finanzierungsaufgaben an eine haushalts- und Maastricht-neutrale kreditfähige öfentliche Gesellschaft, zu der beispielsweise die Verkehrsinfrastrukturinanzierungsgesellschaft (VIFG) ausgebaut werden könnte, stellt hingegen keine geeignete Alternative für die Finanzierung des Bundesfernstraßenbzw. -autobahnnetzes dar. Unabhängig von etwaigen rechtlichen Restriktionen im Hinblick auf die Übertragung der Bundesautobahninanzierung an einen haushaltsfernen Fonds ginge diese starke Form der politischen Selbstbindung mit einem erheblichen Flexibilitäts- und politischen Steuerungsverlust einher und ist aus ökonomischer Sicht abzulehnen. Neben einer verstärkten politischen Selbstbindung bei der Bereitstellung und Finanzierung sollten weitere Ansatzpunkte für Reformen geprüft werden, die mit der institutionellen Lösung für die Bereitstellung und Finanzierung der Bundesfernstraßen zusammenhängen und insbesondere die Bund-Länder-Beziehungen im Rahmen der Auftragsverwaltung betrefen. Dabei sollte der Bund Kapazitätserweiterungsinvestitionen mit einer hohen Fernverkehrsrelevanz, welche Gegenstand einer politischen Selbstbindung sind, eigenständig priorisieren. Andernfalls könnte die verstärkte politische Selbstbindung bei der Fernstraßeninanzierung unter Umständen umgangen werden. Einnahmequellen - Interdependenzen mit der institutionellen Lösung sowie Bewertungskriterien Für die Finanzierung der Bundesfernstraßen kann grundsätzlich eine Vielzahl von Einnahmequellen herangezogen werden. Dies gilt insbesondere bei institutionellen Lösungen, die sich innerhalb des haushaltsrechtlichen Rahmens beinden, wie es auch bei einer überjährigen Finanzmittelixierung in Form eines haushaltsintegrierten Fonds der Fall wäre. In diesem Fall können für die Fernstraßeninanzierung sowohl Nutzergebühren als auch Steuern genutzt werden. Demgegenüber erfordern institutionelle Lösungen außerhalb des haushaltsrechtlichen Rahmens, wie z. B. ein haushaltsferner Fonds, zwangsläuig den Rückgrif auf Nutzergebühren, da Steuern ausschließlich in den Haushalt ließen können. Demnach besteht ein weiterer Vorteil eines haushaltsintegrierten Fonds darin, dass der ganze Möglichkeitsraum der potenziell zur Verfügung stehenden Einnahmequellen genutzt werden kann. Folglich kann bei dem hier empfohlenen Modell eines haushaltsintegrierten Fonds die Struktur der Einnahmequellen, die zur Finanzierung der Bundesfernstraßen bzw. Verkehrsinfrastruktur herangezogen werden sollen, ausschließlich unter Berücksichtigung ihrer wohlfahrtsökonomischen Wirkungen festgelegt werden, ohne etwaige Restriktionen im Hinblick auf ihre Kompatibilität mit der institutionellen Lösung beachten zu müssen. Eine adäquate Bewertung alternativer Einnahmequellen muss sowohl die jeweiligen allokativen Efekte - z. B. Kosten der Finanzmittelerhebung, negative Verdrängungswirkungen sowie positive Lenkungswirkungen - als auch distributive Efekte - d. h. ihre verteilungs- und sozialpolitischen Implikationen - enthalten. Eignung von PKW-Benutzungsgebühren Bei einer solchen wohlfahrtsökonomischen Bewertung dürfte kurz- und mittelfristig die Fernstraßen-Maut auch für PKW: Wirkung nicht wissenschaftlich untersucht (Foto: Rike/ pixelio.de) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 32 INFRASTRUKTUR Finanzierung Einführung von PKW-Benutzungsgebühren im Bereich der Bundesfernstraßen weder als fahrleistungsbezogene Maut noch als zeitbezogene Vignette vorteilhaft sein. Je nach Ausgestaltungsform dürfte dies entweder mit ineizient hohen Erhebungskosten und/ oder einem erheblichen Maß an ineizienter Verkehrsverdrängung einhergehen. Eine PKW-Maut, die ausschließlich auf den Autobahnen oder den Bundesfernstraßen gelten würde, dürfte zu einem unvertretbar hohen Maß an ineizienter Verkehrsverdrängung führen, da Teile der PKW-Nutzer auf das untergeordnete Straßennetz ausweichen dürften. Sofern eine fahrleistungsbezogene PKW-Maut sich auf sämtliche Straßen bezöge, wären bei einer adäquaten Ausgestaltung zwar keine bzw. lediglich begrenzte ineiziente Verkehrsdrängungswirkungen zu erwarten. Allerdings stehen einer netzweiten fahrleistungsbezogenen PKW-Maut zumindest kurz- und mittelfristig prohibitiv hohe Kosten für den Aubau und Betrieb eines Mauterhebungssystems entgegen. Eine zeitbezogene PKW-Vignette ähnelt im Hinblick auf das (geringe) Potenzial zur verursachungsgerechten Kostenanlastung grundsätzlich der KFZ-Steuer. Im Gegensatz zur KFZ-Steuer erfasst eine zeitbezogene Vignette jedoch den grenzüberschreitenden Verkehr. Allerdings dürften die Erhebungskosten - wenngleich im Vergleich zu einer fahrleistungsbezogenen PKW- Maut relativ gering - doch deutlich über denen der KFZ-Steuer liegen. Es erscheint fraglich, ob die Einnahmen aus dem grenzüberschreitenden Verkehr die Ausgaben für ein Erhebungssystem übersteigen würden. In diesem Kontext sind zudem noch die Kosten des Enforcements zu berücksichtigen. Außerdem ielen bei den Nutzern Transaktionskosten an. Sofern sich die Vignettenplicht lediglich auf einzelne Straßenkategorien wie z. B. Autobahnen bezöge und aufgrund von Finanzierungszielen ein nicht geringer Vignettenpreis gewählt wird, dürfte zudem das Problem der ineizienten Verkehrsverdrängung vorliegen. Insofern ist davon auszugehen, dass eine PKW-Vignette - selbst bei positiver Berücksichtigung der zusätzlich erzielten Einnahmen beim Transitverkehr - bei einer Gesamtbetrachtung keine Nettovorteile generiert. Generell sollten vor einer etwaigen Einführung von PKW-Benutzungsgebühren deren Wirkungen eingehend und wissenschaftlich fundiert untersucht werden. Eine solche Analyse sollte neben den allokativen Wirkungen auch mögliche distributive Wirkungen beinhalten. Dies wäre eine geeignete Grundlage für eine mehr sachorientierte Diskussion über die Vor- und Nachteile von PKW-Benutzungsgebühren sowie möglichen Ausgestaltungsformen und etwaige lankierende Maßnahmen. Kurz- und mittelfristig sollte im Straßenverkehr jedoch weiterhin - zumindest in erster Linie - ausschließlich auf bewährte Einnahmequellen, d. h. LKW-Maut und KFZsowie Mineralölsteuer, zurückgegrifen werden, wobei insbesondere bei der LKW-Maut Weiterentwicklungen geprüft werden sollten. Fazit und Einordnung in den aktuellen verkehrspolitischen Kontext Im Rahmen der Bodewig-Kommission wurden u.a. Empfehlungen zur Implementierung haushaltsintegrierter Fonds zur Verkehrsinfrastrukturinanzierung gegeben, was sich mit den in diesem Artikel vorgestellten Erkenntnissen deckt. Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse der Bodewig-Kommission als Fortentwicklung zu den Resultaten der Daehre-Kommisssion zu sehen, die haushaltsausgelagerte Infrastrukturfonds vorsehen. Ebenso sind die erkennbaren Reformansätze im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung zur Einführung einer neuen Kategorie (Vordringlicher Bedarf Plus/ VB+) kompatibel mit den hier vorgestellten Überlegungen zur verstärkten Priorisierung vordringlicher Investitionen im Bereich der Bundesfernstraßen. Die politisch stark umstrittende Einführung einer PKW-Maut auf den deutschen Bundesfernstraßen dürfte aus ökonomischer Sicht kurz- und mittelfristig nicht sinnvoll sein. In diesem Zusammenhang ist zu kritisieren, dass in der Vergangenheit keine Untersuchungen hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen einer PKW-Maut durchgeführt bzw. zumindest Ergebnisse solcher Untersuchungen nicht transparent kommuniziert wurden und diese somit nicht in die gesellschaftliche und politische Debatte einließen konnten. ■ 1 Dieser Artikel ist ein Auszug aus den Analysen zur Frage der Fernstraßeninanzierung aus dem Arbeitspapier „Reformoptionen und -vorschläge für die Verkehrsinfrastrukturinanzierung und Verkehrspolitik in Deutschland“ . Dabei wird umfangreich zurückgegrifen auf Ergebnisse aus den Studien „Organisationsmodelle für die Produktion und Finanzierung im Bereich der Bundesautobahnen - Eine ökonomische Analyse unter Berücksichtigung ingenieurwissenschaftlicher Erkenntnisse (erstellt von T. Beckers, J. P. Klatt und G. Maerschalk im Rahmen des von der Verkehrsforschung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) geförderten Projektes NEMO- BAB) und „Institutionelle Lösungen für die Bundesfernstraßeninanzierung“ (erstellt von T. Beckers, J. P. Klatt, J. Kühling und A. Bäuml im Rahmen eines vom ADAC inanzierten Forschungsvorhabens) sowie die Monographie „Eine institutionenökonomische Analyse von Finanzierungslösungen für die Bundesfernstraßen“ (erstellt von J. P. Klatt). LITERATUR Beckers, Thorsten / Klatt, Jan Peter / Kühling, Jürgen / Bäuml, Andreas (2011): Institutionelle Lösungen für die Bundesfernstraßeninanzierung: Eine Analyse aus ökonomischer und juristischer Perspektive, Studie im Auftrag des ADAC e.V., Berlin, Regensburg, http: / / www.wip.tu-berlin.de/ ileadmin/ fg280/ forschung/ publikationen/ 2011/ institutionelle_loesungen_fuer_die_bundesfernstra%C3%9Feninanzierung-2011_juli-v233. pdf (Abruf: 26.01.2014). Beckers, Thorsten / Klatt, Jan Peter / Maerschalk, Günther (2009): Organisationsmodelle für die Produktion und Finanzierung im Bereich der Bundesautobahnen - Eine ökonomische Analyse unter Berücksichtigung ingenieurwissenschaftlicher Erkenntnisse, Studie im Rahmen des von der Verkehrsforschung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) geförderten Projektes NEMO-BAB, Berlin, http: / / www.wip.tu-berlin.de/ ileadmin/ fg280/ forschung/ publikationen/ 2009/ projekt_nemo-bab_endbericht_v03.00_2009mai.pdf (Abruf: 26.01.2014). Klatt, Jan Peter (2011): Eine institutionenökonomische Analyse von Finanzierungslösungen für die Bundesfernstraßen; Baden-Baden: Nomos. Mineralölsteuer als eine der bewährten Einnahmequellen (Foto: Rainer Sturm/ pixelio.de) Thorsten Beckers, Prof. Dr. Leiter der Arbeitsgruppe Infrastrukturökonomie und -management, Fachgebiet Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik, Technische Universität Berlin tb@wip.tu-berlin.de Jan Peter Klatt, Dr. Ehem. Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Infrastrukturökonomie und -management, Fachgebiet Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik, Technische Universität Berlin jpk@wip.tu-berlin.de Tim Becker, B.Sc. Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Infrastrukturökonomie und -management, Fachgebiet Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik, Technische Universität Berlin tib@wip.tu-berlin.de Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 33 Finanzierung INFRASTRUKTUR STANDPUNKT Budgetsanierung auf Umwegen: Die österreichische Mauterhöhung Ein Kommentar von Prof. Dr. Sebastian Kummer, Wissenschaftlicher Leiter der ÖVG, Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik, WU Wien A us Sicht deutscher Verkehrspolitiker ist Österreich ein Mautparadies. Die österreichischen Mauteinnahmen decken nicht nur die Finanzierung und den Ausbau des hochrangigen Straßennetzes, sondern tragen auch noch zur Budgetsanierung bei. Seit 2006 sind von der ASFINAG rund 1,1 Mrd. EUR in Form von Ertragssteuern und Dividenden an den Staatshaushalt geflossen. In Österreich zahlen ausländische LKW und PKW nicht nur Mauten, sondern sorgen in Form des Tanktourismus für ca. 800 Mio. EUR zusätzliche Mineralölsteuereinnahmen. Entsprechend dieser Finanzlogik schockte die Regierung kurz vor Weihnachten die österreichischen Straßengütertransportunternehmen und erhöhte die Maut um ca. 8,5 %, verzichtete aber auf eine Erhöhung der Mineralölsteuer. Alles bestens in der Alpenrepublik? Sicher nicht, denn was gut für das politische Tagesgeschäft ist, dient leider allzu oft nicht den langfristigen Interessen der Bürger. Die österreichische Mautpolitik bleibt unberechenbar, denn laut Politik sollte eine Mauterhöhung der Inflationsrate entsprechen. Besonders problematisch ist, dass die Maut für umweltfreundliche EURO 6-LKW ab 1.1.2014 um 8,72 % erhöht wurde. Hingegen fällt die Erhöhung für EURO 0-3 und EEV-Fahrzeuge um ca. 1 % geringer aus. Mit Kostenwahrheit hat das natürlich nichts zu tun, und mit der Förderung nachhaltiger Verkehre schon gar nicht. Der Staat schielt auf Mauteinnahmen, denn nirgendwo ist einfacher abzukassieren als beim vermeintlich bösen LKW. Dies haben auch die österreichischen Straßengüterverkehrs-unternehmen, erkannt und klagen nun gegen die Mauterhöhung. Die Erfolgsaussichten sind aufgrund der wohl eher auf politischen Wunschvorstellungen denn auf harten Fakten basierenden Mautberechnung nicht schlecht. Kurz: Es bleibt spannend in der Alpenrepublik. ■ InnoTrans 2014 23. - 26. SEPTEMBER · BERLIN Internationale Fachmesse für Verkehrstechnik Innovative Komponenten · Fahrzeuge · Systeme innotrans.de THE FUTURE OF MOBILITY Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 34 Infrastrukturmängel führen-schon heute zu Beeinträchtigungen Ergebnisse einer Unternehmensbefragung vom November 2013 Die Leverkusener Brücke, die Rader Hochbrücke und der Nord-Ostsee-Kanal stehen für Infrastrukturmängel, welche die Unternehmen zuletzt vor Probleme gestellt haben. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln hat untersucht, inwieweit der Zustand der Infrastruktur die Geschäftstätigkeit der Unternehmen beeinträchtigt. Die Ergebnisse belegen, dass die Infrastruktur in Deutschland dabei ist, zu einem Hemmschuh für Unternehmen zu werden. Die Mehrheit der befragten Firmen sieht sich durch Infrastrukturmängel behindert, am größten sind die Beeinträchtigungen durch Mängel im Straßenbereich. Die Autoren: Michael Grömling, Thomas Puls D ie Diskussion über die Infrastruktur in Deutschland steht im Spannungsfeld zweier Befunde. Auf der einen Seite zeigen empirische Studien, dass die Ausgaben für Infrastrukturinvestitionen in den letzten Dekaden in Deutschland deutlich an Bedeutung verloren haben [1]. Deutschland ist damit auf dem besten Weg, einen wichtigen Standortvorteil zu verspielen. Auf der anderen Seite schneidet Deutschland hinsichtlich seiner Infrastrukturausstattung im internationalen Vergleich immer noch gut ab [2]. Letzteres bedeutet jedoch nicht, dass damit auch die Unternehmensprozesse hierzulande eizient und zufriedenstellend verlaufen. Hierfür sprechen zahlreiche kritische Äußerungen von Unternehmensseite zum Infrastrukturzustand in verschiedenen Medien. Mit der hier vorgestellten Befragung wird überprüft, ob es sich bei den geschilderten Problemen um Einzelfälle oder um ein lächendeckendes Problem mit der Infrastrukturausstattung in Deutschland handelt. Befragungsdesign und Resonanz Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln hat im Rahmen der IW-Konjunkturumfrage vom Herbst 2013 die Unternehmen hierzulande zunächst gefragt, ob ihre gegenwärtigen Geschäftsabläufe im Allgemeinen durch Infrastrukturprobleme regelmäßig beeinträchtigt werden. In einer Folgefrage wurde ermittelt, ob die Unternehmen in den Infrastrukturbereichen Straßenverkehr, Schienenverkehr, Luftverkehr, Schifsverkehr, Energieversorgung und Kommunikationsnetze keine, geringe oder deutliche Beeinträchtigungen spüren. Durch die Zweiteilung der Fragestellung können sich Abweichungen in den Ergebnissen ergeben. Die Befragung bietet eine umfangreiche Datenbasis, mit der sich Beeinträchtigungsniveaus auch nach Regionen und Branchen abbilden lassen. Von den insgesamt gut 3300 Unternehmen, die auswertbare Antworten zur konjunkturellen Lage zur Verfügung gestellt haben, sind 2500 Unternehmen in Westdeutschland und 370 Unternehmen in Ostdeutschland auf die Fragen zur Infrastruktur eingegangen. Im Folgenden wird der Fokus auf den Ergebnissen zum Hauptverkehrsträger Straße liegen und es wird der Versuch unternommen, ein umfassendes Bild über die Beeinträchtigung der Unternehmen durch Mängel bei der deutschen Verkehrsinfrastruktur zu zeichnen. Die Mehrheit der Unternehmen meldet regelmäßige Beeinträchtigungen der Geschäftsabläufe Gut 57 % der befragten Unternehmen werden derzeit in ihrer Geschäftstätigkeit durch die Probleme und Mängel mit der Infrastruktur in einer negativen Weise regelmäßig beeinlusst. 10 % aller Unternehmen sprechen sogar von einer deutlichen Beeinträchtigung. Damit haben Infrastrukturmängel nicht nur Auswirkungen auf das mittelbis langfristige Wachstumspotenzial der Volkswirtschaft. Vielmehr verhindern sie auch, dass das Produktionspotenzial ei- INFRASTRUKTUR Auswirkungen von Mängeln Foto: Rainer Sturm/ pixelio.de Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 35 Auswirkungen von Mängeln INFRASTRUKTUR zient genutzt werden kann. Infrastrukturmängel behindern somit die konjunkturelle Dynamik. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Unternehmen aufgrund nicht reibungslos laufender Logistikprozesse geschäftliche Expansionschancen vor allem in Aufschwung- und Boomphasen nicht adäquat nutzen können. Festzuhalten ist, dass der Infrastrukturzustand lächendeckend die Geschäftsabläufe der Unternehmen behindert. Bei den in den Medien artikulierten Klagen handelt es sich also nicht um Einzelfälle, sondern eher um die Spitze des Eisbergs. Die größten Beeinträchtigungen stammen vom Straßenverkehr Die Antworten auf die zweite Frage zeigen sehr deutlich, dass die meisten Beeinträchtigungen im Straßenverkehr auftreten. Fast zwei Drittel der Firmen melden in diesem Bereich Beeinträchtigungen (Bild 1). Fast 23 % aller Betriebe sprechen sogar von deutlichen Behinderungen. Dies zeigt, dass das deutsche Straßennetz zunehmend weniger den Ansprüchen des Wirtschaftslebens genügt. Bei den anderen Verkehrsträgern fallen die negativen Meldungen deutlich niedriger aus, was vor allem dadurch zu erklären ist, dass sie von weniger Firmen genutzt werden. Für die Firmen, die diese Verkehrsträger nutzen, können die Infrastrukturmängel jedoch erhebliche Folgen im täglichen Betriebsablauf nach sich ziehen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht unkritisch, dass beispielsweise rund ein Fünftel der Betriebe über Mängel im Schienenverkehr klagt. Beim Luftverkehr sind dies 14 % und beim Schifsverkehr immerhin 12 % aller Unternehmen. Die Bauindustrie sieht sich am stärksten beeinträchtigt Mit Blick auf die in der IW-Konjunkturumfrage abgegrenzten Branchen gibt es deutliche Beeinträchtigungsunterschiede durch Infrastrukturmängel im Straßenverkehr (Bild 2). Am stärksten sieht sich die Bauwirtschaft belastet. Drei Viertel der Baubetriebe melden infrastrukturbedingte Probleme im Straßenverkehr, 30 % geben hier sogar deutliche Beeinträchtigungen an. Das sehr hohe Transportaukommen dieser Branche kann dies erklären: Von der Bauindustrie müssen beständig große Massen vor allem innerhalb der Städte und Gemeinden transportiert werden. Typischerweise handelt es sich um Kurzstreckentransporte, die primär auf den nachgeordneten Straßennetzen (Landes-, Kreis- und Kommunalstraßen) abgewickelt werden. Durch dieses Nutzungsmuster entstehen ganz eigene Probleme, die zu einer hohen Beeinträchtigungsrate führen können. Zu nennen ist hier der schlechte Zustand der nachgeordneten Verkehrsnetze, der weit kritischer ist als der im Bereich der Bundesfernstraßen. Ein besonderes Problem ist beispielsweise der Zustand der kommunalen Brücken, von denen immer mehr für den Schwerlastverkehr gesperrt werden. Hinzu kommt die hohe Stauanfälligkeit in Städten und Ballungsgebieten, die pünktliche Baustellenanlieferungen erschwert. Zudem müssen auch die Mitarbeiter zu den Baustellen fahren - in manchen Bereichen wechseln diese auch mehrfach während eines Arbeitstages. Dies gilt im Wesentlichen auch für die Dienstleistungsirmen. Zwei Drittel der Dienstleister melden Probleme, über ein Viertel spricht sogar von deutlichen Beeinträchtigungen, wobei hier möglicherweise Mängel im innerstädtischen Personenverkehr den Ausschlag geben. Mit etwas Abstand folgen die Produzenten von Investitions- und Vorleistungsgütern. Gleichwohl sprechen in diesen Wirtschaftsbereichen mehr als 55 % der Unternehmen von Beeinträchtigungen im Straßenverkehr, allerdings sind sie weniger stark als in den anderen Branchen. Möglicherweise kann die etwas geringere Anfälligkeit damit erklärt werden, dass diese Branchen einen Teil ihres Transportgeschäfts auf Logistikunternehmen (aus dem Dienstleistungssektor) verlagern und stärker auf die für den Transport von Massengütern gut tauglichen Verkehrsträger Schiene und Binnenschif ausweichen können. Die höchsten Beeinträchtigungen melden Unternehmen aus Baden- Württemberg Gemäß der IW-Umfrage sehen sich die Unternehmen in Ostdeutschland etwas stärker von Infrastrukturproblemen regelmäßig beeinträchtigt als die westdeutschen Betriebe. Während 57 % im Westen derzeit von Infrastrukturproblemen sprechen, sind es im Osten 60 %. Der Anteil der Firmen, die deutliche Beeinträchtigungen nennen, ist in beiden Regionen mit 10 und 11 % jedoch fast gleich hoch. Aufgrund der hohen Zahl von Rückläufen im Rahmen der Befragung ist es möglich, die Ergebnisse regional noch weiter zu diferenzieren und damit ein recht umfassendes Bild über die Beeinträchtigun- 2 2 5 23 10 12 16 41 0 10 20 30 40 50 60 70 Schiffsverkehr Luftverkehr Schienenverkehr Straßenverkehr deutliche Beeinträchtigung geringe Beeinträchtigung Bild 1: Infrastrukturbereiche, in denen Unternehmen in Deutschland im Herbst 2013 beeinträchtigt wurden; Angaben in Prozent der befragten Unternehmen, Rest zu 100 % ohne Beeinträchtigung. (Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2013) 16 21 18 26 30 40 36 46 40 45 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Investitionsgüter Vorleistungsgüter Konsumgüter Dienstleistungen Bau deutliche Beeinträchtigung geringe Beeinträchtigung Bild 2: Beeinträchtigungen im Straßenverkehr nach Branchen; Angaben in Prozent der im Herbst 2013 befragten Unternehmen, Rest zu 100 % ohne Beeinträchtigung. (Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2013) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 36 INFRASTRUKTUR Auswirkungen von Mängeln gen zu zeichnen, aus dem sich je nach Verkehrsträger Belastungsschwerpunkte ableiten lassen. Bild 3 liefert Ergebnisse für die Beeinträchtigung der Unternehmen in den untersuchten Infrastrukturbereichen nach zum Teil aggregierten Bundesländern. Dabei wurden die 16 Bundesländer zu sechs Gruppen zusammengefasst. Die Reihenfolge der Infrastrukturbereiche nach dem Grad der Belastung hat sich durch diese Länderbetrachtung nicht geändert. Die stärksten Beeinträchtigungen gibt es im Straßenverkehr. Hier sind die Probleme im Urteil der Unternehmen in Baden-Württemberg und in den nord-west-deutschen Bundesländern Niedersachsen, Schleswig- Holstein, Hamburg und Bremen am größten. Gut 70 % der Unternehmen sprechen hier von einer Beeinträchtigung. 31 % in Baden-Württemberg und 27 % in den Nordländern melden sogar deutliche Beeinträchtigungen ihrer gegenwärtigen Geschäftsabläufe durch Mängel bei der Straßeninfrastruktur. Es ist zu vermuten, dass die Sperrung der Rader Hochbrücke für die Antworten aus dem Nord-Westen eine nennenswerte Rolle gespielt hat. In Nordrhein- Westfalen und in Ostdeutschland melden 63 % der Unternehmen Mängel. Mit etwas Abstand folgen Bayern und die Ländergruppe Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland mit 58 beziehungsweise 59 %. Mehr oder weniger beklagen in diesen vier Regionen rund 20 % deutliche Beeinträchtigungen. Die Angaben belegen ein bundesweit hohes Beeinträchtigungsniveau im Straßenverkehr, zeigen aber auch klare Beeinträchtigungsspitzen in einigen Regionen. Dies liefert einen Hinweis darauf, wo besonderer Bedarf an zusätzlichen Investitionsmitteln besteht. Eine Korrelation der gemeldeten Beeinträchtigungen mit den Unternehmensgrößen legt zudem den Schluss nahe, dass die Beeinträchtigungen bei exportstarken Unternehmen größer sind. Deshalb sollte der Investitionsfokus im Bundesfernstraßenbau auf die überlasteten Trassen im Seehafenhinterlandverkehr gelenkt werden. Die hohe Betrofenheit der Unternehmen in Baden-Württemberg kann zum Teil auch dadurch erklärt werden, dass sie auf dem Weg zu den großen Seehäfen Transportrouten nutzen, die durch Nordrhein- Westfalen führen, wo bundesweit die meisten Staus vorkommen. Schienenverkehr: Belastungsschwerpunkt in Bayern Im Schienenverkehr zeigt sich eine deutlich anders gelagerte regionale Belastungsverteilung. Die größten Beeinträchtigungen werden von Unternehmen aus Bayern gemeldet. Dort sehen sich 24 % der Unternehmen durch Mängel beim Schienenverkehr regelmäßig beeinträchtigt, davon 7 % in hohem Maße. Eine Rolle dürfte der in Bayern relativ hohe Besatz mit exportstarken Großbetrieben, wie etwa Automobilwerken gespielt haben. Dies gilt umso mehr, da auch Baden-Württemberg eine erhöhte Beeinträchtigung meldet, dessen Unternehmen ebenso wie die bayrischen von Engpässen entlang der extrem stark genutzten Rheinschiene betrofen sind, wenn sie Exportgüter zu den großen Seehäfen schafen oder Rohstofe von dort importieren wollen. Dagegen sehen nur 16 % der ostdeutschen Unternehmen einen Grund zur Klage über die Schieneninfrastruktur. Zusammenfassend kann festgehalten werden: In Deutschland werden die Unternehmen derzeit mehrheitlich und in allen Wirtschaftsbereichen durch Infrastrukturmängel beeinträchtigt. Die größten Beeinträchtigungen bestehen im Straßenverkehr, wobei die stärksten Belastungen in Baden-Württemberg zu verzeichnen sind. Nach Branchen diferenziert, liegt der Belastungsschwerpunkt in der Bauindustrie, die stark vom Zustand der nachgeordneten Straßennetze betrofen ist. Im Schienenverkehr kommen die meisten Beeinträchtigungsmeldungen hingegen aus Bayern. Weitergehende Informationen auch zu den anderen Infrastruktur-Bereichen inden sich in der im Februar 2014 veröfentlichten IW-Studie zum Engpassfaktor Infrastruktur. [3] ■ LITERATUR [1] Institut der deutschen Wirtschaft Köln (Hrsg.), 2013, Industrielle Standortqualität - Wo steht Deutschland im internationalen Vergleich? , Köln [2] Weltbank, 2012, Logistics Performance Index 2012, http: / / lpi.worldbank.org [3] Institut der deutschen Wirtschaft Köln (Hrsg.), 2014, Infrastruktur zwischen Standortvorteil und Investitionsbedarf, URL: http: / / www. iwkoeln.de/ de/ studien/ gutachten/ beitrag/ hubertus-bardt-estherchrischilles-manuel-fritsch-michael-groemling-thomas-pulsklaus-heiner-roehl-infrastruktur-zwischen-standortvorteil-undinvestitionsbedarf-145760 Michael Grömling, Prof. Dr. rer. pol. Leiter der Forschungsgruppe Konjunktur, Institut der deutschen Wirtschaft Köln und Internationale Hochschule Bad Honnef/ Bonn groemling@iwkoeln.de Thomas Puls, Dipl. Vw. Senior Economist Verkehr und Umwelt, Institut der deutschen Wirtschaft Köln puls@iwkoeln.de 4 1 2 1 1 1 1 1 2 3 3 3 6 4 3 5 7 5 27 22 20 31 19 18 14 9 9 8 9 7 10 13 15 9 16 9 14 16 16 18 17 11 43 41 39 40 39 44 0 10 20 30 40 50 60 70 80 6 5 4 3 2 1 6 5 4 3 2 1 6 5 4 3 2 1 6 5 4 3 2 1 Schiffsverkehr Luftverkehr Schienenverkehr Straßenverkehr deutliche Beeinträchtigung geringe Beeinträchtigung Bild 3: Infrastrukturmängel im Bundesländer-Vergleich - Regelmäßige Beeinträchtigung der Geschäftsabläufe von Unternehmen im Herbst 2013 durch Infrastrukturmängel; Angaben nach Infrastrukturbereichen und Regionen in Prozent der Unternehmen, Rest zu 100 % ohne Beeinträchtigung. Klassifizierung der Bundesländer: 1 Ostdeutschland; 2 Bayern; 3 Baden-Württemberg; 4 Hessen, Rheinland- Pfalz, Saarland; 5 Nordrhein-Westfalen; 6 Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen (Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2013) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 37 Eurasische Landbrücke INFRASTRUKTUR Kasachstans Entwicklung zum euro-asiatischen Logistik-Hub Kasachstan hat ehrgeizige Ziele. Mit milliardenschweren Investitionen soll die logistische Brückenfunktion zwischen Asien und Europa, die das Land auf Grund seiner natürlichen Lage und seiner wirtschaftlichen Ressourcen hat, ausgebaut werden. Der Entwicklung des Eisenbahntransports kommt dabei aufgrund einer Reihe von Faktoren eine besondere Rolle zu. In den letzten Jahren gab es bereits bemerkenswerte Erfolge. Der Autor: Günter Teßmann D ie dynamische Entwicklung Kasachstans der letzten Jahre bestätigte das Weltwirtschaftsforum mit dem jüngsten Ranking „Global Competitiveness Index 2012- 2013“. Unter den 144 Ländern nimmt Kasachstan Platz 51 ein und hat sich damit gegenüber dem Ranking 2011-2012 um 21- Plätze verbessert. Bemerkenswert ist, dass Kasachstan bei dem Indikator Qualität der gesamten Infrastruktur zwar Rang 78, bei der Schieneninfrastruktur aber Rang 29 belegt. Das deutet auf die hervorragenden Eisenbahnressourcen hin, die das Land beim Ausbau seiner Brückenfunktion in die Waagschale werfen kann. Gemessen an der Fläche ist Kasachstan der neuntgrößte Staat der Erde mit einer Fläche von 2 724 900 km 2 . Vergleichsweise hat Deutschland eine Ausdehnung von 357 121 km 2 . Das Land liegt überwiegend in Zentralasien, aber ein kleinerer Teil von rund 5,4 % der Landesläche wird dem äußersten Osteuropa zugerechnet. Es hat keinen Zugang zum ofenen Meer. Der weltweit zunehmenden Beachtung Kasachstans als Beschaffungsmarkt für Rohstofe und Halbmaterialien stehen beträchtliche Entfernungen zwischen den bedeutenden Wirtschaftszentren innerhalb der Republik gegenüber [1]. Am landesweiten Frachtumschlag hat die Eisenbahn einen Anteil von drei Fünftel, ohne Berücksichtigung des Pipelinetransports von drei Viertel. Das Streckennetz der Eisenbahn hat eine Gesamtlänge von 15 100 km, darunter rund 5000 km zweigleisige und 4000 km elektriizierte Strecken. Kasachstan ist für Deutschland mit einem bilateralen Handelsvolumen von 5,93- Mrd. EUR im Jahr 2012 der mit Abstand wichtigste Handelspartner in Zentralasien. Das Land hat wie in den Jahren davor gegenüber Deutschland einen deutlichen Handelsbilanzüberschuss erwirtschaftet. Wichtigste deutsche Exportprodukte sind Maschinen, elektrische Ausrüstungen, chemische Produkte, Kraftfahrzeuge und pharmazeutische Erzeugnisse mit insgesamt 1,98 Mrd. EUR. Kasachstan exportiert vor allem Erdöl, Eisen und Stahlerzeugnisse sowie chemische Produkte im Wert von insgesamt 3,95 Mrd. EUR. Eine besondere Bedeutung hat Kasachstan für Deutschland als viertgrößter Öllieferant. Die wichtigsten deutschen Direktinvestitionen in Kasachstan liegen im Bereich Baustofproduktion und Einzelhandel [2]. Kasachstans historische Transitfunktion Die Rolle Kasachstans als Transitland zwischen Asien und Europa hat eine historische Dimension. Die bedeutendste Handelsstraße aller Zeiten, die „Große Seidenstraße“, verlief auf einem ihrer nördlichen Zweige in einer Länge von ca. 1700 km über das Territorium des heutigen Kasachstan. Auf der historischen Seidenstraße, welche Asien mit dem Mittelmeerraum verband, wurden Gold, Edelsteine und vor allem Glas in asiatische Richtung transportiert, während Pelze, Keramik, Jade, Bronze, Lacke und Eisen in westliche Richtung befördert wurden. War zu damaliger Zeit der Landweg die Haupt-Handelsverbindung zwischen Asien und Europa, werden heute rund 95 % des Güterverkehrs zwischen Asien und Europa über den Seeweg abgewickelt. Anfang September 2013 hatte der chinesiche Staatspräsident Xi Jinping bei seinem Staatsbesuch in Kasachstan das Konzept der „Wirtschaftsregion Seidenstraße“ entwickelt, einer Region, in der rund drei Milliarden Menschen leben, fast die Hälfte der Weltbevölkerung also. Das Konzept erregte in Asien, Europa und weltweit große Aufmerksamkeit. Der Aubau der „Neuen Seidenstraße“ stand auch auf der Tagesordnung des jüngsten Gipfeltrefens der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) Mitte September 2013 in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek. Die SCO ist eine ständige zwischenstaatliche internationale Organisation, die im Jahr 2001 in Shanghai von den sechs Nationen Kasachstan, China, Kirgisien, Russland, Tadschikistan und Usbekistan gegründet wurde. Die Organisation hat das Ziel, die Zusammenarbeit in den Bereichen Politik, Handel und Gewerbe zu fördern. Die Staatschefs der sechs Mitgliedsländer berieten in Bischkek über Fragen wie die Entwicklung eines Verkehrs- und Kommunikationsnetzes in der Region, die Förderung des Handels durch ein „Kreditfenster“ der SCO und die Einrichtung einer SCO- Entwicklungsbank für Infrastrukturprojekte und Handel. Alle sechs beteiligten Länder liegen an der alten historischen Seidenstraße. Die Zollabfertigung wurde auf einem großen Teil der eurasischen Landbrücke zwischen China und Europa durch die seit Januar 2012 vollständig in Kraft getretene Zollunion Belarus-Kasachstan-Russland vereinfacht. Gegenwärtig bereiten diese drei CES-Länder (Common Economic Space) die Gründung der „Vereinigten transportlogistischen Partnerschaft“ vor. Damit soll ein wichtiger Schritt getan werden, das logistische Dienstleistungsniveau der drei Länder mit einheitlichen Standards zu verbessern und Maßnahmen zur Lieferzeitverkürzung und Gewährleistung der Gütersicherheit durchzusetzen. Die kasachische Regierung hat 2013 ein komplexes Programm „Kasachstan - Neue Seidenstraße“ für den Zeitraum bis 2016 beschlossen. Gegenstand sind: • Die Bildung von Transportkorridoren, mit denen Europa und Asien verbundenn werden • Der Abbau von Infrastrukturbeschränkungen • Die Erhöhung des logistischen Niveaus • Die Erleichterung der Prozesse an den Grenzübergängen Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 38 INFRASTRUKTUR Eurasische Landbrücke • Der Masterplan der Verkehrslogistik • Die Gründung nationaler Transport- Logistik-Unternehmen. Rolle der Go-West-Strategie Chinas Großen Einluss auf die Entwicklung der eurasischen Landbrücke hat die Go-West- Strategie Chinas. Die chinesische Regierung bemüht sich mit ihrer Go-West-Strategie seit mehr als zehn Jahren, die ökonomischen, sozialen und ökologischen Rahmenbedingungen für die Entwicklung Westchinas zu verbessern. Die dynamische Wirtschaftsentwicklung Westchinas stärkt die Transitpotenziale der euroasiatischen Landbrücke, indem die Entfernungen verkürzt werden und der Seeweg durch die längeren Vorlaufentfernungen zu den Seehäfen an der Ostküste relativ verlängert wird. So dauert allein das Überführen der Container von Chongqing zu einem chinesischen Seehafen etwa drei Tage. Ein Zeitraum, in dem der Zug Richtung Duisburg bereits die Hälfte seines Laufweges durch China hinter sich hat. Wachsende Transportmengen im Schienengüterverkehr Das gesamte Transportvolumen der Transitgüter durch Kasachstan über Schiene, Straße und Wasser betrug im Jahr 2012 17,8-Mio. t. Im Vergleich zum Jahr 2011 mit 16,3 Mio. t bedeutete das eine Steigerung um 9 %. Die Mehrheit der Transitgüter wurde im Jahr 2012 über die Schiene befördert und betrug 16,3 Mio. t oder 91,5 % Auf die Straße entielen 8,4 % und auf die Wasserstraßen 0,1 %. Obwohl der Schienenverkehr zwischen China und Europa über Kasachstan nur 15 Tage benötigt - gegenüber 35 Tagen bei der Seeschiffahrt - sind die Kosten über den Landweg noch relativ hoch, da der Transportumfang über diese Route trotz beachtenswerter Zuwächse immer noch vergleichsweise niedrig ist. Besondere Bedeutung im Wettbewerb mit dem Seetransport hat der Containertransport über die Landbrücke. Im Containertransit durch Kasachstan wurden von Januar bis September 2013 ca. 90 000 TEU transportiert. Die Zunahme betrug 7 % gegenüber dem gleichen Zeitraum des Jahres 2012 (84 000 TEU). Das Transitgütervolumen mit geschlossenen Containerzügen aus China nach Europa durch Kasachstan hat im Zeitraum Januar bis September 2013 mit einem Anstieg von 2410 TEU auf 3918 TEU um 62% im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2012 zugenommen. Die Prognose des Containertransports durch Kasachstan in der Relation China - Europa für das Jahr 2020 geht von 1 bis 1,5 Mio. TEU aus [3]. Ein Beispiel für die Attraktivität der Landstrecke durch Kasachstan und die weiteren CES-Länder Russland und Weißrussland ist die Eisenbahnverbindung Chongqing (China) - Dostyk - Duisburg (Deutschland). Die Strecke mit einer Länge von 11 000 km wird in 15 bis 16 Tagen zurückgelegt. Von Januar bis September 2013 wurden mit 28 Containerzügen 2444 TEU befördert. Zum Vergleich: Von Januar bis September 2012 waren es 27 Containerzüge mit 2.410 TEU. Mit Vorteilen wie hoher Sicherheit, Eizienz und Schnelligkeit ist der Trans-Eurasia-Express ein neuer strategischer Korridor des Gütertransports von China nach Europa geworden. Das Ganzzugkonzept über die sogenannte Südroute wurde gemeinsam mit Hewlett-Packart (HP) in Kooperation mit DB Schenker Rail und Trans Eurasia Logistics, einem 2008 gegründeten Joint Venture der DB AG und der russischen Eisenbahnen RZD, als Alternative zur viel befahrenen Nordroute über die transsibirische Eisenbahn entwickelt. Insgesamt betrug die durchschnittliche Geschwindigkeit der Containerzüge auf dem Territorium Kasachstans 840 km/ Tag im Jahre 2013, noch 2012 waren es nur 769 km/ Tag. Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur Bis 2020 ist die Verdopplung des Transitaukommens von heute ca. 18 Mio. t auf ca. 36 Mio. t geplant. Dafür soll für die Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur ein Gesamtinvestitionsvolumen bis 2020 von ca. 8,8 Mrd. EUR realisiert werden. Eine Reihe von Schieneninfrastrukturprojekten wurden bzw. werden realisiert, um das Transitpotenzial des Landes weiter zu entwickeln. Das betraf zum Beispiel im Jahr 2011 den Bau der Bahnlinie Zhetygen- Korgas (293 km). Die Strecke hat eine wichtige strategische Bedeutung. Mit ihr wurde die Einführung des zweiten Eisenbahnkorridors zwischen Kasachstan und China abgeschlossen. Die neue chinesisch-kasachische Verkehrsachse wird die wirtschaftlichen Beziehungen Chinas und der Länder Südostasiens mit den Ländern Zentralasiens und des eurasischen Kontinents fördern. Die Strecke verkürzt die Entfernung von der Grenze zu China zu den südlichen Regionen Kasachstans und den zentralasiatischen Ländern um 550 km. Zu den Modernisierungs- und Ausbauplänen der Bahn gehören weiterhin eine Generalüberholung von ca. 4200 km sowie der Neubau von rund 1600- km und die Elektriizierung von etwa 2700 km Gleis. Unter den Strecken, die bis etwa 2018 elektriiziert werden sollen, stehen die Trassen Almaty - Aktogai (559 km; Kosten ca. 750 Mio. EUR), Mointy - Aktogai (521 km; ca. 520 Mio. EUR), Makat - Kandagatsch (392 km; ca. 300 Mio. EUR) und Aktogai - Dostyk (312 km; ca. 370 Mio. EUR). Der Bau neuer Strecken konzentriert sich künftig auf Bahnverbindungen Arkalyk - Schalkar (620 km; ca. 520 Mio. EUR), Sheskasgan - Saksaulskaja (520 km; ca. 445 Mio. EUR) sowie Sheskasgan - Kysylorda (419 km; ca. 150 Mio. Euro) [4]. Höchste Priorität bei der Entwicklung der Logistik-Performance Kasachstans hat die Entwicklung der Sonderwirtschaftszone „Horgas - Osttor“ an der kasachisch-chinesischen Grenze mit dem Ziel, einen Hochleistungs-Logistik-Hub für die Transporte auf der Relation Südostasien - China - Zentralasien - Europa zu schafen. Den Investoren werden vorteilhafte Wirtschafts- und Handelsbedingungen mit Steuer- und Zoll- Bild 1: Transportrouten Nord - Süd: Gegenüber der in der Vergangenheit vorrangig genutzten Nordroute hat die Südroute von Chogqing nach Duisburg einen Entfernungsvorteil von ca. 2600-km. Teildistanzen der Südroute sind China 3777 km, Kasachstan 3025 km, Russland/ Weißrussland 2667 km. (Bild: DB Schenker) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 39 Eurasische Landbrücke INFRASTRUKTUR präferenzen gewährt. Horgas bietet Logistikkunden die gesamte multimodale Dienstleistungsbreite für die eurasische Lieferkette [5]. Von großer Bedeutung ist weiterhin die von den Präsidenten Chinas und Kasachstans Anfang September 2013 unterschriebene Vereinbarung zur Gründung eines Joint Ventures zum gemeinsamen Betrieb des chinesischen Hafens Lianyungang einschließlich des Ausbaus eines neuen Hafenterminals, beginnend im 1. Halbjahr 2014. Die Weltgeschichte des 21. Jahrhunderts wird maßgeblich durch die Entwicklung Eurasiens bestimmt werden. Kasachstan spielt wirtschaftlich auf Grund seiner Ressourcen eine mitbestimmende Rolle in diesem Prozess. Das Land hat auf Grund seiner geografischen Lage an der Schnittstelle Europas und Asiens und auf Grund seiner leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur eine logistische Schlüsselfunktion, um die euroasiatische Wirtschaftsverflechtung zu beschleunigen. ■ LITERATUR [1] Lampe, Kerstin; Stölzle Wolfgang: Transportwege für den Handel zwischen Asien und Europa: Für die Zukunft gerüstet? In Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 9-2012, S. 31f., Bern [2] Auswärtiges Amt, Beziehungen zwischen Kasachstan und Deutschland, Stand: Oktober 2013 [3] Lt. Aussagen von Kanat K. Alpysbayev, Vizepräsident für Logistik der Staatsbahn Kasachstan Temir Zholy (KTZ) im Rahmen eines Interviews mit dem Autor im Oktober 2013 [4] Strohbach, Uwe: Kasachstans Staatsbahn verfolgt ambitiöses Investitionsprogramm. In: Germany Trade & Invest, Online-News, Nr. 14 vom 02.08.2011 [5] Kulke-Fiedler, Christine: Kasachstan auf dem Weg zum Hub zwischen China und Europa. In: Ost-West-Contact 10/ 2012, S.70, OWC- Verlag für Außenwirtschaft GmbH, Münster Günter Teßmann, Dr. oec. habil. Freier Fachjournalist, Eichwalde guenter.tessmann@t-online.de Bild 2: Zeremonie im Dezember 2013 beim Lückenschluss der 493 km langen Strecke Shalkar - Beyneu im westlichen Abschnitt der 988 km langen Trans-Kasachstan- Route. (Foto: Kasachstan Temir Scholy KTZ) Oliver Kraft Geschäftsführer, House of Logistics and Mobility (HOLM), Frankfurt am Main Prof. Knut Ringat Sprecher der Geschäftsführung, Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH (RMV), Hofheim am Taunus; Präsident, Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft, Berlin Klaus-Peter Siegloch Präsident, Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Berlin Dr. Klaus Vornhusen Konzernbevollmächtigter für das Land Hessen und die Region Mitte, Deutsche Bahn AG, Frankfurt am Main Tag der Infrastruktur Dienstag, 20. Mai 2014, Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main Konferenzthemen Zukunft und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur im Rhein-Main-Gebiet Zukunft des Flughafens Frankfurt/ Main unter der neuen Landesregierung Verkehr und Logistik der Zukunft Unter den Sprechern sind IV_#1-14 www.frankfurt-gbw.com info@frankfurt-gbw.com Ein Projekt der Mitveranstalter Sponsor Konferenzpartner Medienpartner Volker Bouffier, MdL Ministerpräsident des Landes Hessen, Wiesbaden Unter der Schirmherrschaft von Jetzt anmelden! Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 40 INFRASTRUKTUR Brasilien Infrastruktur bremst Entwicklung Brasilien zur Fußball-WM 2014 - nicht alles läuft rund Mangelnde Infrastruktur bremst in Brasilien zunehmend die Wirtschaft aus, die ohnehin schon durch hohe bürokratische Hürden gelähmt wird. Die Regierung reagiert darauf mit einem Infrastruktur- und Privatisierungsprogramm in Höhe von rund 90 Mrd. EUR. Der Autor: Dirk Ruppik D ie Fußball-Weltmeisterschaft steht im Juni/ Juli 2014 in Brasilien vor der Tür und nicht nur der Stadienbau mangelt laut FI- FA-Boss Sepp Blatter, sondern die gesamte Infrastruktur des Landes ist laut der Aussage von Logistikexperten seit langem marode. Dies scheint symptomatisch für das rohstofreiche „Land am Zuckerhut“ zu sein, das mit einer monströsen Bürokratie, Korruption, hoher Inlation und einer kränkelnden Wirtschaft zu kämpfen hat. Nach den Boomjahren mit einem BIP-Wachstum von 7,5 % im Jahr 2010, wurden 2012 laut Weltbank nur 0,9 und 2013 etwa 2,2 % erreicht. Die starke Überbewertung der brasilianischen Währung Real führte zu einer gigantischen Importzunahme in 2010 von 42,2 %. Für 2014 werden 2,4 % Wachstum prognostiziert. Wegen der massiven Ausgaben für die diesjährige WM und die Olympischen Spiele 2016 sowie hohen Steuern und Inlation kam es bereits zu gewalttätigen Ausschreitungen der Bevölkerung und der Polizei - vor allem in Rio. „Brasilien wird wirtschaftlich überschätzt “, sagt Felix Dane, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rio de Janeiro. „Der Aufschwung ist ins Stocken gekommen und die Regierung hat versucht, über diverse Preis- und Steuersenkungen den Binnenmarkt anzukurbeln, damit das Wirtschaftswachstum erhalten bleibt. Dies hat aber nur bedingt funktioniert. Hinzu kommen unglaublich schwierige bürokratische Hürden und administrative Prozesse, die die Wirtschaft lähmen.“ Auch die Infrastruktur bereitet Probleme: „Die Infrastruktur wird den Anforderungen bei weitem nicht gerecht - in allen Bereichen: Häfen, Flughäfen, Straßen, Schienen usw. aber auch im Bereich Energie. Dementsprechend verteuert sich der Transport, und die brasilianische Wirtschaft ist in vielen Bereichen nicht mehr konkurrenzfähig. Sie überlebt oftmals nur wegen protektionistischer Maßnahmen. Gerade der Ausbau von Infrastruktur bietet deutschen Firmen natürlich große Chancen. Dennoch sollte man vorsichtig sein. Brasilien ist kein Land für Anfänger.“ Für Deutschland ist Brasilien der wichtigste Handelspartner in Lateinamerika (Bild 1). Laut Statistischem Bundesamt betrugen die deutschen Ausfuhren nach Brasilien in 2012 11,7 Mrd. EUR und die Einfuh- Bild 1: Brasilien ist Deutschlands wichtigster Handelspartner in Lateinamerika. (Quelle: Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 41 Brasilien Infrastruktur ren 10,6 Mrd. EUR. Die EU ist mit Abstand der wichtigste Handelspartner Brasiliens. „Nach unseren Schätzungen machen deutsche Firmen einen Anteil von zehn Prozent des industriellen Bruttoinlandsprodukts Brasiliens aus“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer in S-o Paulo, Thomas Timm. Pro Jahr siedeln sich rund etwa 50 neue deutsche Firmen in Brasilien an. Insgesamt sind es rund 1400 Unternehmen, mit Schwerpunkten in den klassischen Branchen KFz, Chemie und Maschinenbau. „Leider bremst die schlechte Infrastruktur das Wachstum der Wirtschaft des größten Landes in Südamerika aus. Auf der anderen Seite werden sich dadurch in den kommenden Jahren viele Geschäftschancen ergeben.“ Infrastruktur: seit 30 Jahren nichts-investiert Die Logistikkosten sind in Brasilien gemäß „dhl Logbook“ aufgrund regionaler Unterschiede in der Infrastruktur, einem unterentwickelten Schienennetzwerk, hohen Hafengebühren und Schwierigkeiten in der Entwicklung der Amazonas-Region sehr hoch. Der Travel and Tourism Competitiveness Index (TTCI) von 2011 des Schweizer World Economic Forums stellt die Hauptschwächen Brasiliens heraus: Die Bodeninfrastruktur ist nach wie vor unterentwickelt (Platz 116 von 139). Die Straßeninfrastruktur ist dabei das schwächste Glied und wurde nur mit Platz 105 bewertet. Mit Platz 42 iel die Bewertung der Infrastruktur für den Lufttransport wesentlich besser aus. Der Logistik-Performanz-Index der Weltbank für Brasilien lag 2012 bei 3,07 mit einer leichten Abwärtstendenz seit 2010. zum Vergleich liegen Deutschland bei 4,26 und die USA bei 4,14 (höchster Wert ist 5). Laut einer Studie des brasilianischen Verbands für Bau- und Minentechnologie Sobratema sollen bis 2017 etwa 335,9 Mrd. brasilianische Real (104 Mrd. EUR) in die Transportinfrastruktur ließen. Im März 2010 wurde die zweite Phase des Growth Acceleration Program (PAC 2) ins Leben gerufen. In dessen Rahmen werden zwischen 2011 und 2014 rund 387 Mrd. EUR in Infrastrukturprojekte investiert - darunter 42 Mrd. EUR in das Transportsystem. Für die folgende Periode nach 2014 sollen geschätzt 255 Mrd. EUR bereitgestellt werden. „Brasilien hat 30 Jahre fast nichts in seine Transportinfrastruktur investiert, weshalb wir nun privates Kapital anziehen wollen, um so in den nächsten Jahren die Logistikkosten spürbar zu senken“, sagt Bernardo Figueiredo, Leiter der neuen Koordinierungsstelle für Planung und Logistik (EPL). Im Vergleich zu China mit rund 5 % investiert Brasilien bisher gerade einmal 0,5 % seines BIP in die Infrastruktur. Paulo Resende, Professor und Direktor des CCR Infrastructure and Logistics Center, schätzt, dass die schlechte Infrastruktur einen durchschnittlichen wirtschaftlichen Schaden von 12 % des BIP in Brasilien verursacht. In den USA sind es nur etwa 8 % und in Europa 6 %. Am 15. August 2012 hat die brasilianische Bundesregierung das Logistik Investment Program (PIL) gestartet. Es umfasst eine Reihe von Projekten, die zur Entwicklung eines modernen und eizienten Verkehrssystems beitragen, und wird durch strategische Partnerschaften unter Berücksichtigung von Synergien zwischen Straße und Schiene, Wasserstraßen, Häfen und Flughäfen mit dem privaten Sektor durchgeführt werden. Häfen: Privatisierung und neubau Laut National Agency for Water Transportation (ANTAQ) ist das Frachtvolumen in den Häfen von 570,8 Mio. Tonnen in 2003 auf 902,9 Mio. Tonnen in 2013 angestiegen, was zunehmend den Bau neuer Häfen erfordert. Nach Verabschiedung des neuen Hafengesetzes Lei dos Portos am 5. Juni 2013 verkündete die brasilianische Präsidentin Dilma Roussef den Bau 50 neuer Häfen: 27-Hafenterminals werden im Norden, drei im Nordosten, drei weitere im zentralen Westen, zwölf im Südosten und fünf im Süden entstehen. Schon im Dezember 2012 hatte sie im Rahmen des PIL ein Teilprogramm im Wert von rund 20 Mrd. EUR zur Modernisierung der Häfen durch Privatinvestitionen sowie die Vergabe von Konzessionen über 25 Jahre für den Hafenbetrieb bekanntgegeben (Bild 2). Durch das Lei dos Portos soll die Eizienz der Häfen gesteigert und Kosten reduziert werden. zudem wird die Privatisierung vorangetrieben. Der Tender für die Häfen wurde bereits ausgeschrieben. Sobald eine Baugenehmigung erteilt ist, muss der Konzessionär den Betrieb des jeweiligen Hafens innerhalb von drei Jahren aufnehmen. zu den neuen Terminals gehört ein Tiefwasserterminal für die Verschifung von Mineralien in Linhares im Bundesstaat Espirito Santo, ein Terminal in Rio de Janeiro, eines in Cubat-o und ein weiteres im Norden des Landes. Im Südosten des Landes - insbesondere in Rio de Janeiro und S-o Paulo - arbeiten die Häfen an der Kapazitätsgrenze. Sechs der größten Häfen des WM-Gastgeberlandes - darunter Santos, der nach Warenwert größte Hafen La- Port Investment Program - Bidding Blocks Block Ports Estimated Investment Increase Capacity Auction Block 1 31 terminals at: Santarém, Belém, Miramar and Vila do Conde Ports US$ 1.5 bi 27 million tons/ year Dec 2013 Block Ports Public Consultation Auction Block 2 44 terminals at: Paranaguá, Antonina, Salvador, Aratu and S-o Sebasti-o Ports Sep 2013 Jan 2014 Block 3 36 terminals at: Cabedelo, Fortaleza, Itaqui, Macapá, Recife and Suape Ports Feb 2014 Block 4 28 terminals at: Itaqui, Niterói, Rio de Janeiro, Itajaí, S-o Francisco do Sul, Rio Grande, Porto Alegre and Vitória Ports Nov 2013 Mar 2014 Bild 2: Bieterpakete beim staatlichen Hafen-Modernisierungsprogramm; Umrechnungsfaktor 1 USD = 2,30 BRL (September 2013) (Quelle: Brasil Ministry of Finance) Bild 3: Der Pier des Superhafens Açu ragt 2,9 km ins Meer. (Foto: Prumo) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 42 INFRASTRUKTUR Brasilien teinamerikas - stehen zur Modernisierung an. Zudem will die Regierung einen neuen Hafen in der Amazonasstadt Manaus bauen. Das Unternehmen Prumo des Industriemagnaten Eike Batista, laut Forbes 2012 siebtreichster Mensch der Welt, dessen Unternehmen sich auf Logistik und Infrastrukturbau und insbesondere Hafenbau spezialisiert haben, baut bereits seit 2007 den Superhafen Açu. Der Hafen liegt 400 km nördlich von Rio in S-o Jo-o da Barra, soll 30 Liegeplätze besitzen und Stahl, Kohle, Petroleum, Granit, Eisenerz, lüssiges Schüttgut und allgemeine Fracht handeln. Ein gigantischer Pier ragt 2,9 km ins Meer (Bild 3). Die gesamte Kailänge der Terminals T1 (Ofshore) und T2 (Onshore) umfasst 17 km. Die Unternehmen NOV, Technip und Intermoor starten ihren Betrieb am T2 in der ersten Jahreshälfte 2014. Die ersten Eisenerzverschifungen von T1 werden in der zweiten Hälfte 2014 erwartet. Das Projekt umfasst einen 90 km 2 großen Industriepark. Zwei Stahlmühlen, darunter eine Stahlmühle des italienisch-argentinische Stahlunternehmen Techint, sind im Bau. Im Industriepark werden u. a. Zementfabriken, Ölverarbeitungsanlagen (Shell), Pelettierungsanlagen für Eisenerz und Anlagen von Automobilherstellen zu inden sein. Die Nähe zu den Ofshore-Ölquellen im Campos Pre Salt Basin soll deren Exploration erleichtern. LLX investiert in das gigantische Projekt rund 1,9 Mrd. EUR und will weitere 28 Mrd. EUR Investitionen anlocken. Der Superhafen Sudeste in der Region Serra Azul ist seit Juli 2010 im Bau und vor allem für den Eisenerzexport durch das Batista-Unternehmen MMX nach China vorgesehen. Die chinesische Firmengruppe Wuhan Iron and Steel Corporation (Wisco) erwarb 21,52 % an MMX. Der Hafen wird eine Wassertiefe von 20 m und zwei Ofshore-Liegeplätze besitzen, wenn er 2014 in Betrieb geht. Die erste Phase hat eine Kapazität von 50 Mio. t Eisenerz. Eine zweite Phase wird die Kapazität auf 100 Mio. t steigern. Das Investment liegt bei 1,8 Mrd. Brasilianischen Real (BRL), also rund 700 Mio. EUR. Flughäfen: FIFA World Cup erfordert schnellen Ausbau Der staatliche Flughafenbetreiber Infraero wird insbesondere für den FIFA World Cup 4,8 Mrd. EUR in die Modernisierung und Erweiterung der Flughäfen von zwölf FIFA- Gastgeberstädten investieren. Das Passa- Bild 4: Bestehende und neue Hauptlughäfen Brasiliens (Quelle: Brasil Ministry of Finance) Bild 5: Für die Straßeninfrastruktur sieht das PIL Konzessionen für 7000 km Mautstrecken vor. (Quelle: Instituto Brasileiro de Geograia e Estatística) ZAHLEN UND FAKTEN ZU BRASILIEN Hauptstadt: Brasilia Regierung: Präsidiale Bundesrepublik mit-Präsidentin Dilma Rousef, Demokratie seit 1985 Einwohner: Rund 195 Mio. (2011), fünftgrößter Staat der Erde Währung: Brasilianischer Real (BRL) Rohstofe: Eisenerz, Erdöl, Erdgas, Uran, Eisen, Zinn, u. a. Herausforderungen: Kompliziertes politisches System, komplexe Steuergesetzgebung, hohe Zinsraten, unzureichende Infrastruktur, Fachkräftemangel Häfen: 17 Haupthäfen, 2 neue Superhäfen: Açu und Sudeste Handel: Hauptlieferländer für Brasilien: China, USA, Argentinien, Deutschland. China ist zudem Hauptabnehmer von brasilianischen Wirtschaftsgütern und Rohstofen noch vor den USA, Argentinien, den Niederlanden und Deutschland. Eisenerzexporteur Vale hat eigens die neue Schifsklasse Chinamax mit 400 000 Tonnen Leergewicht in Auftrag gegeben Fußballweltmeisterschaft: 2014 Olympische Spiele: 2016 Kontakt für Logistikinvestitionen: www.logisticsbrazil.gov.br Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 43 Brasilien INFRASTRUKTUR gieraukommen wird an den 20 größten Flughäfen Brasiliens laut einer Prognose der amerikanischen Consultingirma PricewaterhouseCoopers LLP von 111 Mio. in 2009 auf 312 Mio. in 2030 steigen. Drei bedeutende Flughafenbauprojekte wurden ins Leben gerufen: S-o Paulo Guarulhos International Airport, wo 2011 wurde der Bau des neuen Passagierterminals TPS3 im Wert von 511 Mio. EUR begonnen wurde, Eduardo Gomes International Airport nördlich Manaus, für den Betreiber Infraero im August 2009 einen Entwicklungsplan im Wert von rund 230 Mio. EUR verabschiedet hat, sowie Congonhas (S-o Paulo) International Airport. Auch die großen internationalen Flughäfen Viracopos und Brasilia werden ausgebaut (Bild 4). In die Flughäfen Gale-o (Rio) und Conins investiert die Regierung im Rahmen des PIL 3,4 Mrd. BRL in der ersten Phase, die Konzessionsvergabe für die Privatisierung steht noch aus. Zudem werden 2,6 Mrd. BRL in 270 regionale Flughäfen ließen - und zwei weitere Phasen des Investitionsprogramms schließen sich an. Straßennetz: Staus und hohes Frachtaufkommen Brasilien ist der viertgrößte KFZ-Markt der Welt. Die Zahl neuer Fahrzeuge ist laut Brazilian Association of Automotive Vehicle Manufacturers (ANFAVEA) von 2002 bis 2012 um 153,5 % gewachsen und betrug 2013 rund 3,8 Mio. PKW. Zwar ist das Straßennetz Brasiliens mit etwa 2 Mio. km das zweitlängste der Welt, doch nur etwa 200 000 km Straße sind asphaltiert, oft in sehr schlechtem Zustand und generell hoch belastet. Laut DHL muss das Straßennetz rund 60 % des gesamten Frachtvolumens aufnehmen. Für die Straßeninfrastruktur sieht das PIL Konzessionen für 7000 km Mautstrecken vor, die geschätzten Investitionen liegen bei 17 Mrd. EUR (Bild 5). Das Autobahn-Konzessions-Programm hat drei Hauptrichtlinien: die Bereitstellung eines breiten, modernen und integrierten Straßennetzes, eiziente und wettbewerbsfähige Lieferketten sowie niedrige Mautsätze. Schiene: Bisher kaum existent Der Schienenverkehr spielt eine untergeordnete Rolle, das Schienennetz Brasiliens ist nur schwach ausgebaut und besteht aus einzelnen privaten Netzen oft unterschiedlicher Spurweite (Bild 6). Im Eisenbahnsektor sieht das IPL deshalb Investitionen in Höhe von 36,5 Mrd. EUR in Neubau oder Ausbau von mehr als 11 000 km Eisenbahnlstrecke vor. Das Eisenbahnprogramm legt den Fokus auf drei Punkte: die Bereitstellung eines umfassenden, modernen und integrierten Schienennetzes, eiziente und wettbewerbsfähige Lieferketten sowie niedrigere Tarife. Das Prestigeprojekt der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Campinas, S-o Paulo und Rio de Janeiro wird allerdings wohl nicht bis zu den Olympischen Spielen in 2016 fertig werden - und wird eventuell sogar ganz eingestellt. ■ Bild 6: Schienennetze in Brasilien (Quelle: Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística) Dirk Ruppik Asien-Korrespondent und freier Fachjournalist mit Büro in Thailand dirk.ruppik@gmx.de 2. WORLD COLLABORATIVE MOBILITY CONGRESS 7. / 8. MAI 2014, PostFinance-Arena in Bern Die Plattform für alle Akteure aus der Welt der kollaborativen Mobilität. www.wocomoco.ch Geteilte Mobilität ist Zukunft. Wir prägen sie nachhaltig. Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 44 Green Roads Further requirements for sustainability evaluation of highway projects - Comparison and analysis of existing rating systems for infrastructure projects Sustainability rating systems are gaining more and more importance for public authorities, contractors and clients. Established approaches for sustainability evaluation of infrastructure projects, as ENVISION, CEEQUAL or the IS-Rating System, ofer numerous diferent criteria in order to evaluate environmental, economic and social performance. Due to a missing international standardisation, rating systems vary in structure, applicability and range of criteria. By using the example of assessing highway projects, evaluation limits caused by general criteria or neglecting economic, technical and processrelated aspects become obvious. Hence, existing rating systems have to be extended in-order to ensure a holistic sustainability assessment. The Authors: Sascha Hofmann, Ivan Čadež T he transportation sector represents an important factor for global economy; it is responsible for 22 % of global energy consumption, 25 % of fossil use and 30 % of global air pollution along with greenhouse gas emissions. It also accounts for approximately 10 % of the world´s gross domestic product (GDP) [1]. Hence, a sustainable development is becoming more and more important for the construction industry, design teams, institutions and its clients. In order to determine a projects´ sustainability performance and to reduce its environmental, social and economic impacts, it is necessary to identify and measure appropriate criteria. To meet this demand, sustainability rating systems are widely-used tools during planning and design phase of projects [2]. Sustainability rating systems are based on the Triple Bottom Line concept. This approach considers environmental, social and economic aspects the three dimensions of sustainability. The concepts main aim is protecttion of natural resources. In recent years the Triple Bottom Line concept has served as a common ground for numerous sustainability standards and rating systems in Foto: Rainer Sturm/ pixelio.de INFRASTRUKTUR Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 45 Wissenschaft INFRASTRUKTUR general as well as for the construction industry in particular. In accordance with the demand of a holistic sustainability determination, rating systems have to provide a wide range of speciic evaluation criteria for the three sustainability dimensions [3], [4]. Sustainability assessment methods have recently occurred primarily in vertical construction (buildings). Since 2005 several assessment methods for horizontal and public infrastructure projects have been developed or are currently under development [2], [4], [5]. Though, development of rating systems for horizontal and vertical projects is proceeding almost independently from each other. Sustainability rating systems for infrastructure projects Currently infrastructure projects’ sustainability is widely rated by three internationally established assessment approaches ENVISION (USA), CEEQUAL (GB) and the IS- Rating Scheme (Australia). All approaches difer in terms of structure, applicability and evaluation criteria. An overview of the systems applicability and their criteria framework is presented in table 1. ENVISION is a web-based sustainability project assessment and guidance tool operated by the Institute for Sustainable Infrastructure (ISI) in the USA. The ENVI- SION rating system is a single rating approach which includes design, planning, construction and operation elements for evaluation. The approach is assessable to six groups of infrastructure construction types: energy generation, water storage and treatment, waste management, transport, landscape and information systems. Thereby ENVISION is able to rate a total of 37 types of projects. It serves a total number of 60 rating criteria within ive categories for a projects life cycle [6], [7], [2]. The Civil Engineering Environmental Quality and Assessment Scheme (CEEQUAL) is a UK-based sustainability rating system for civil engineering, infrastructure, landscaping and public realm projects. The assessment scheme was initiated for horizontal projects as an equivalent to the BREEAM rating method for vertical projects. CEEQUAL is not limited in its use and is applicable to all kind of civil engineering projects. It contains a framework of approximately 180 questions assigned in 12 categories relating to aspects of environmental and social concern. As a key diference to other rating systems CEEQUAL is matched to each project being assessed by scoping out non-relevant questions which leads to varying evaluation criteria frameworks. [5], [8], [9]. Developed and launched by the Infrastructure Sustainability Council of Australia (ISCA) the IS-Rating Scheme is a voluntary sustainability assessment method for the infrastructure market. It includes 15 rating criteria distributed into six categories. The rating scheme is comprised of a technical manual, a rating tool scorecard and a material calculator. Applicants have to follow a fourstep assessment process: project registration, assessment, veriication and certiication. The IS-Rating system supports diferent rating phases (design, construction and operation phase). The scheme can be used for ten diferent construction types distributed into four groups. It is applicable only to selected infrastructure types as transport, water, energy and communication and focuses mainly on transport infrastructure projects as airports, railways, roads, ports and cycleways [10]. The three analyzed international rating methodologies are applicable for planning, design, construction and operation phase and cover diferent numbers of rating criteria and categories. Though, all approaches cover almost the same criteria framework. ENVISION difers from CEEQUAL only by neglecting issues of transportation. The IS-Rating Scheme and CEEQUAL are almost equal while their rating criteria are only distributed into varying numbers of categories. Currently none of the analyzed approaches provides economic rating criteria in order to evaluate economic sustainability perfor- Groups of assesable infrastructure types Rateable construction types Rating categories Rating criteria ENVISION 6 • Energy Generation • Water Storage & Treatment • Waste Management • Transport • Landscape • Information systems 37 5 • Quality of Life • Leadership • Resource Allocation • Natural World • Climate and Risk 60 CEEQUAL ∞ • Unlimited; all kind of horizontal civil engineering constructions ∞ 12 • Project Environmental Management • Ecology and Biodiversity • Use of Materials • Water • Energy • Waste • Land use • Landscape • Archaeology and Cultural Heritage • Transport • Nuisance to Neighbours • Community Relations Approx. 180 IS-Rating System 4 • Transport infrastructure with focus on: airports, railways, roads, ports and cycleways • Water • Energy • Communication 10 6 • Management & Governance • Using Resources • Emission, Pollution & Waste • Ecology • People & Places • Innovation 15 Table 1: System applicability and criteria framework of infrastructure rating systems Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 46 INFRASTRUKTUR Wissenschaft mance of a project. Criteria frameworks of the three rating systems are related to mainly environmental and social aspects of a project which is contrary to the demands of the Triple Bottom Line concept. Evaluation limits of existing rating systems concerning highway assessments Existing rating systems for infrastructure projects display three major weaknesses. By using the example of highway assessments the following evaluation limits can be identiied: 1. Conlict of general criteria framework 2. Disagree to the Triple Bottom Line concept 3. Neglect of technical and process-related aspects Assessing various types of infrastructure projects requires a general criteria framework. However, general criteria prevent a detailed evaluation of speciic requirements and functions for diferent construction types. A projects’ main function (e. g. transportation, water storage) is the most important indicator for its sustainability requirements. Depending of a projects´ function environmental, economic and social aspects vary in importance and weight. For example, an airport causes higher environmental and social impacts in terms of land use or emissions compared to a wind power plant. This entails varying sustainability standards for assessing infrastructure projects. In addition it is necessary to consider the relevance of a project for its user and community. Compared to private operated projects publicly available infrastructure projects difer in their sustainability requirements related to e.g. safety and health issues. Hence, it becomes apparent that a general criteria framework is not suicient for speciic sustainability ratings and is not able to meet speciic technical characteristics of highways [11], [12]. Compliance with the Triple Bottom Line is basic prerequisite of sustainability assessments. Current European engineering standards as ISO/ TS 21929-1: 2006, ISO 15392: 2008 and EN 15643-1: 2010 provide general information and core indicators for sustainability rating systems and are applicable to buildings and other construction works. Existing standards are completed by the ISO/ TS 21929-2 for infrastructure constructions which are currently under development. A homogeneous international standardization for sustainability ratings has not been inalized yet [13], [14], [15]. Existing rating systems for infrastructure projects do not meet the needs of a holistic environmental, economic and social evaluation. Criteria frameworks of CEEQUAL, ENVISION and the IS-Rating Scheme serve mainly environmental and social aspects. Particularly with regard to economic criteria (e. g. life cycle costs, economic value and stability) these approaches neglect important aspects of sustainability. Thus, established rating schemes have to be extended for holistic sustainability evaluations of transport infrastructure projects in general and highway projects in particular. Transport infrastructure projects present signiicant possible savings in sustainability since they are large in scope, typically long in duration and serve numerous complex technical and process-related challenges. Construction phase of highways is afected by reiterating processes and a high output of emissions. Main function of the bearing structure is to transfer accelerating, breaking and centrifugal forces into ground. Furthermore the covering has to absorb atmospheric inluences as frost, rain or incident solar radiation. Planning, design, construction and operation processes have to be adapted to these speciic requirements. This afects the choice of construction materials as well as its assembling methods. During operation phase maintenance of road safety, trafic low and quality of traic are of prime importance [15]. Use of resources and materials as well as quality and safety issues are speciic evaluation criteria for highway projects [2], [11]. But especially construction processes and technical facilities afect economic, environmental and social aspects and therefore also a projects´ sustainability. Project preparation, construction methods, technical standard of pavements or design of subgrade bearing structure have to be considered. In addition capacity reserves for future lane enlargements or cleaning, recycling and maintenance concepts are important criteria which cannot be allocated to one of the three existing sustainability dimensions. Hence, technical and processrelated aspects are contributing factors for a projects´ sustainability performance and should be implemented into future assessments [15], [11]. Review of the three major sustainability rating systems reveals that a general sustainability approach is not appropriate to evaluate speciic sustainability performance of a project as technical, functional, process-related issues as well as user-/ operator-speciic aspects remain disregarded. Though, it is obvious that environmental, social and economic impacts of a project are inluenced by the technical standard of facilities as well as by their processes in design, construction and operation phase [11]. To what extent sustainability is achieved remains uncertain since there is no consensus regarding system applicability, base design, assessment process, AUF EINEN BLICK Nachhaltigkeit hat sich zu einem wichtigen Kernthema auf höchster Managementebene entwickelt. Nachhaltigkeitszertiikate gewinnen als Entscheidungskriterium für öfentliche Auftraggeber, Investoren und Nutzer immer mehr an Bedeutung. Dieser Trend ist auch bei Infrastrukturprojekten erkennbar. ENVISION, CEEQUAL oder das IS-Rating System stellen erste internationale Ansätze zur Bestimmung von ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Aspekten für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Infrastrukturprojekten dar. Aufgrund einer bislang fehlenden einheitlichen Normung unterscheiden sich die Bewertungsansätze hinsichtlich der Struktur, der Bewertungsmethodik, des Anwendungsbereichs und der Bewertungskriterien voneinander. Am Beispiel der Verkehrsinfrastruktur, speziell den Autobahnen, werden die Bewertungsgrenzen existierender Systeme deutlich. Insbesondere hinsichtlich der allgemeinen Bewertungskriterien sowie der fehlenden Berücksichtigung ökonomischer Aspekte werden Optimierungspotenziale deutlich. Für eine ganzheitliche Betrachtung der Nachhaltigkeit ist zudem eine Berücksichtigung von technischen und prozessualen Kriterien erforderlich. Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 47 Wissenschaft Infrastruktur validation, criteria framework or weighting of criteria. This fact is owed by a missing international standardization for sustainability assessment and detracts the comparability of established systems [2], [4], [15]. Hence, existing rating systems have to be extended in terms of structural standardization as well as in terms of implementation of processes and technical aspects. Conclusion Comparison and analysis of established sustainability rating systems reveal that recent approaches are not suficient for holistic assessments of infrastructure projects in general as well as transport infrastructure projects in particular. Due to missing international standards sustainability certiication processes are varying in their methodologies and their applicability concerning diferent types of infrastructure projects. By using the example of highway projects three major improvement opportunities have been identiied: 1. Speciication of general criteria framework 2. Adaption to the Triple Bottom Line concept by considering economic aspects 3. Implementing technical and process-related aspects By achieving the identiied improvement opportunities comparability, signiicance and acceptance of sustainability evaluations can be increased. This leads to the conclusion that an extended sustainability rating approach is required. First suggestions for an improved sustainability rating system for transport infrastructure projects have been made in [11] and [12]. ■ REFERENCES  [1] Eisenman, A. A. P. (2012), Sustainable Streets and Highways: An Analysis of Green Roads Rating Systems, School of Civil & Environmental Engineering, Georgia Institute of Technology, Georgia, USA, 2012.  [2] Clevenger, C. M.; Ozbek, M. E.; Simpson, S. 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Faculty of Architecture and Civil Engineering, Chair-of Real Estate and Construction Management, Technical University of Dortmund, Germany ivan.cadez@tu-dortmund.de Eberhard Buhl, M.A. Redaktionsleitung Telefon (040) 23714-223 Telefax (089) 889518-75 eberhard.buhl@dvvmedia.com IHR KURZER DR AHT ZUR REDAKTION © freni/ pixelio.de Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 48 LOGISTIK Mittel- und Osteuropa (CEE) Logistik - Situation und Entwicklung in Mittel- und Osteuropa Auf dem Landwege ist die Region Mittel- und Osteuropa (Central and Eastern Europe - CEE) das Tor zu den Märkten in Russland und Asien. Transportsituation und Logistik in diesen Ländern sind freilich sehr unterschiedlich. Nach kurzen Zusammenfassungen zum aktuellen Stand und der Entwicklung in Ungarn, Rumänien, Polen und der Tschechischen Republik in Internationales Verkehrswesen 4/ 2013 folgen in dieser Ausgabe Expertenbeiträge aus den Adria-Staaten Slowenien und Kroatien. Die Autoren: Martin Lipicnik, Dragan Cisic Slowenien: Wachsende Nachfrage, schwache Infrastruktur Martin Lipicnik, Professor, ehemaliger Dekan der Fakultät für Logistik der Universität Maribor, Vertreter des slowenischen Logistikverbandes bei der European Logistics Association (ELA) Einige Jahre lang galt die geo-strategische Lage Sloweniens als Wettbewerbsvorteil und das Land als künftige Logistik-Drehscheibe für diese Region Europas ( Bild 1 ). Doch in den letzten Jahren ist dieser Vorteil wegen des unzureichenden Ausbaus der Infrastruktur zusehends geschrumpft. Zugleich brachte der raschere Aubau eines logistischen Routennetzes in den Nachbarländern ein deutliches Risiko mit sich, dass Slowenien abgekoppelt wird. Insofern benötigt das Land nicht nur eine umfassende Strategie für die Entwicklung der Transportlogistik-Infrastruktur, sondern auch eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten und eine klare Priorisierung der Entwicklungsziele, die das Wirtschaftswachstum fördern und die Schafung von Mehrwert- Logistikdiensten unterstützen, indem die geo-strategische Lage des Landes gezielt als Wettbewerbsvorteil genutzt wird. Großen Einluss auf die jüngsten Entwicklungen hatte die Wirtschaftskrise, die die slowenische Wirtschaft und damit auch die Logistikbranche stark getrofen hat, insbesondere die kleinen und Kleinstunternehmen, von denen die meisten ums Überleben kämpfen. In Slowenien gibt es drei große Logistik- Unternehmen, die sich alle in Staatseigentum beinden: Luka Koper, die Slowenische Bahn (Slovenske železnice, SŽ) und die Slowenische Post. Eine wichtige Rolle kommt auch dem Logistikzentrum BTC zu. Luka Koper ist der internationale Seehafen von Koper an der Adria ( Bild 2 ). Der EU-Freihandelshafen mit Border Inspection Post- -Status verbindet Mittel- und Osteuropa mit dem Mittelmeer sowie über die Straße von Gibraltar und den Suezkanal mit Amerika und dem Fernen Osten. In den vergangenen zehn Jahren ist das Frachtvolumen hier von Jahr zu Jahr gewachsen. Zwar sank das Volumen 2009 in Folge der weltweiten Krise, doch verzeichnete der Hafen 2011 und 2012 mit fast 18 Mio. t einen neuen Rekord. Die weitere Entwicklung des Hafens Koper hängt vom Ausbau der für die Anbindung an die Zielmärkte essentiellen „nachgelagerten“ Infrastruktur ab: Während fast 60 % der Güter per Bahn transportiert werden, wurde mit dem Bau eines zweiten Gleises von Bild 1: Wichtige Verkehrskorridore im CEE-Raum (Grafik: Institut für Transportwirtschaft und Logistik, WU Wien) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 49 Mittel- und Osteuropa (CEE) LOGISTIK Koper nach Divača aktuell noch nicht begonnen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die dringend nötige Vertiefung der Fahrrinne, um auch größeren Schifen die Zufahrt zum Hafen zu ermöglichen. Derzeit können nur Schife mit bis zu 180 000 Tonnen Kapazität den Hafen anlaufen. Auf der einen Seite sank wegen mangelnder Investitionen in das Schienennetz der Anteil der Schiene am Gütertransport zwischen 2001 und 2009 von 19 % auf 14,8 %. 2011 wuchs der Anteil der per Bahn transportierten Güter zwar auf 18 % (gemessen in Tonnen), doch ein Vergleich mit den Verhältnissen in Österreich (bis zu 40 % Gütertransport auf der Schiene) zeigt den großen Verbesserungsbedarf. Auf der anderen Seite verzeichnete das BTC Logistikcenter trotz der erschwerten Bedingungen ein Umsatzwachstum von 3,6 %, was die wachsende Nachfrage nach integrierten Logistiklösungen und den Aubau starker, wettbewerbsfähiger Logistikzentren widerspiegelt. Mit Blick auf die Logistikbranche in Slowenien kann man zu dem Schluss kommen, dass die Situation der Logistik- und Transportinfrastruktur des Landes infolge der Wirtschaftskrise düster aussieht. Doch diese Infrastruktur und, noch wichtiger, eine verbesserte und vor allem ganzheitliche Strategie zu deren Entwicklung sind wesentliche Voraussetzungen für die slowenischen Unternehmen, um im globalen Markt wettbewerbsfähig agieren zu können. Kroatien: Dynamischer Markt, viele Hemmnisse Dragan Cisic, Ordentlicher Professor, stv. Forschungsdekan der Fakultät für Maritime Studien an der Universität Rijeka sowie Präsident des kroatischen Logistikverbandes (ELA-Mitglied) Das Logistiknetz in Kroatien ist wie in den anderen südosteuropäischen Staaten unterentwickelt, steht aber mit 69,2% der Leistung des leistungsfähigsten Landes immerhin auf Platz 42 im Logistics Performance Index (LPI) der Weltbank. Einer der Schlüsselfaktoren für ein besseres Ranking ist die Entwicklung der Transportinfrastruktur. Transport Kroatien trat am 1. Juli 2013 der EU bei und wurde zugleich Teil des Trans-European Transport Network (TEN-T). Drei europäische Verkehrskorridore führen durch das Land: der Mittelmeerkorridor, der Baltisch- Adriatische Korridor und die Donau. Kroatien ist zudem Gründer des South East Europe Transport Observatory (SEETO), das die Zusammenarbeit beim Ausbau der Haupt- und Nebenstrecken im multimodalen Transportnetz zwischen Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, der ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien, Montenegro, Serbien und dem Kosovo fördern soll. Da Kroatien als einziges Land allen drei Organisationen (EU, TEN-T und SEETO) angehört, kommt ihm eine Schlüsselrolle zu. Die Transportnachfrage hat sich seit der Unabhängigkeit Kroatiens tiefgreifend verändert, doch die Regierung hat immer noch unverhältnismäßig großen Einluss auf diesen Sektor und die Ausgaben des Öfentlichen Transports liegen bei über 6 % des BIP. Insofern sollte das vorhandene Privatisierungs- und Kommerzialisierungspotential weiter ausgeschöpft werden, um die Gesamtkosten auf 3% des BIP zu senken. Die Bemühungen zum Wiederaubau der Wirtschaft haben den Schwerlasttransport ausgebremst und zugleich den Straßengüterverkehr begünstigt (Bild 1). Auch hatten frühere Regierungen ehrgeizige Programme zum Autobahnausbau aufgesetzt, so dass die heutigen Fernstraßen in Kroatien zu den sichersten und modernsten in Europa gehören, ein beträchtlicher Teil ist neueren Datums und es wird weiter gebaut. Folglich bietet die bestehende Autobahninfrastruktur in Kroatien umfangreiche Kapazitäten für kommende Jahre: Von insgesamt 29 410- km außerstädtischen Straßen sind 2058 km Schnellstraßen und 1413,1 km Autobahnen, so dass jeder Punkt in Kroatien in weniger als fünf Stunden zu erreichen ist. Die Straßeninfrastruktur bietet damit wichtige Chancen für die Entwicklung der Logistik in ganz Kroatien (Bild 2). Das kroatische Schienennetz umfasst insgesamt 2722,41 km Schienenstrang; davon sind 253,87 km (9,3 %) zweigleisig und 980,07 km (36 %) elektriiziert. Das Schienennetz muss modernisiert werden, denn seit über 30 Jahren gab es hier keine nennenswerten Investitionen. Die kroatische Regierung möchte den Schienenverkehr neu beleben und zum ernsthaften Konkurrenten für den Straßenverkehr ausbauen, insbesondere für den Gütertransport von und zu den Häfen, die sich zu führenden Frachtlogistikzentren entwickeln sollen. Die Regierung konzentriert sich dabei hauptsächlich auf die Schienenanbindung von Rijeka, um den Hafen von Rijeka und Bild 2: Der Hafen von Koper benötigt für weiteres Wachstum hohe Infrastruktur- Investitionen. (Foto: Luka Koper) Bild 1: Struktur des kroatischen Transportwesens nach Verkehrsträgern (Grafik: Dragan Cisic) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 50 LOGISTIK Mittel- und Osteuropa (CEE) die benachbarten Häfen in der nördlichen Adria für den Wettbewerb mit besser etablierten Häfen in Nordeuropa zu stärken. Rijeka ist durch seine geograische Lage als Eingangstor zu Mittel-, Mittelost- und Südosteuropa geeignet. Es ist Mitglied der North Adriatic Ports Association (NAPA), der auch die Häfen von Koper, Triest und Venedig angehören. Der Hafen ist eine Vielzweck- Hafenanlage für fast alle Arten von Gütern. Dank Privatisierung, der Entwicklung der Hafeninfrastruktur und der Modernisierung der Straßenanbindung an das Hinterland kann der Hafen von Rijeka seine Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit steigern und damit neue Geschäftschancen eröfnen. Insgesamt wurden in die Modernisierung des Hafens 190 Mio. EUR investiert, davon 160 Mio. EUR aus einem Kredit der Weltbank und 30-Mio. EUR aus dem kroatischen Staatshaushalt. Investiert wird z.B. in den Bau zusätzlicher 300 m Uferbefestigung im Containerterminal Brajdica und 400 m neuer Uferbefestigung und nachgelagerter Flächen für ein neues Containerterminal am Pier von Zagreb. Der Ausbau des Terminal Brajdica bringt eine Kapazität von 450 000 Standardcontainern (TEU), im Endausbau soll die Gesamtkapazität bei 1 000 000 TEU liegen. Die 1777,7 km lange kroatische Küstenlinie bietet günstige wirtschaftliche Bedingungen zur Einrichtung einer beträchtlichen Zahl größerer und kleinerer Hafenanlagen. Von den etwa 350 Häfen an der Küste und auf den Inseln können sieben Anlagen auf dem Festland von großen, hochseetüchtigen Schifen angefahren werden. Außer Rijeka sind das die Häfen Pula, Zadar, Sibenik, Split, Ploce und Dubrovnik. Auf Grundlage des Freihandelszonengesetzes wurden in den Häfen von Rijeka, Ploce und Sibenik sowie im Nordhafen von Split Freihandelszonen eingerichtet, um den Warenumschlag und die Entwicklung der Häfen zu fördern. Im Hafen von Ploce werden derzeit die bestehenden Containerumschlagsanlagen und das Massengüterterminal modernisiert. Der Hafen von Dubrovnik plant den Bau eines modernen Passagierterminals für Fähren, Linienverkehr und Kreuzfahrtschife. Aus der angekündigten Privatisierung öfentlicher Häfen ergeben sich neue Möglichkeiten zur Eizienzsteigerung des Hafenbetriebs und zur Einwerbung ausländischen Kapitals. Von den kroatischen Flüssen sind die Sava, die Drava, die Donau und künftig auch der Donau-Sava-Kanal schibar und ein fester Bestandteil des europäischen Wasserstraßen-netzes. Dazu gehören auch die Häfen Osijek, Vukovar, Slavonski Brod und Sisak als für den internationalen Schifsverkehr ofene Häfen. Die Donau ist internationales Gewässer, ebenso die Drava von der Mündung bis zur Stadt Osijek (23- km). Im weiteren Verlauf lussaufwärts hat die Drava zwischenstaatlichen Status, ebenso wie die Sava. Diese Vielfalt an Wasserwegen ist eine gute Grundlage für die Entwicklung der Flussschiffahrt, deren Potential noch nicht ausreichend ausgeschöpft ist. Kroatien verfügt auch über zahlreiche Flughäfen unterschiedlicher Größe und Ausstattung. Für Großraumlugzeuge eignen sich die internationalen Flughäfen von Zagreb, Split, Dubrovnik, Zadar, Rijeka, Pula und Osijek, die großenteils in staatlichem Besitz sind (55 % der Anteile). Dazu kommen drei kleinere Verkehrslughäfen in Osijek, Brac und Mali Losinj. Logistik Der Logistikmarkt in Kroatien konzentriert sich um die Hauptstadt Zagreb und zum Teil um Rijeka. Mit fast 800 000 Einwohnern (etwa ein Fünftel der Gesamtbevölkerung Kroatiens) ist Zagreb der Sitz von 34 % aller kroatischen Firmen. Hier beinden sich 38,4 % aller Arbeitsplätze, ebenso fast alle Banken, Versorgungsunternehmen und die öfentlichen Verkehrssysteme. Die Unternehmen in Zagreb stehen für 52 % des Gesamtumsatzes und 60 % des gesamten Einkommens in Kroatien, für 35 % der Export- und 57 % der Importgeschäfte. Als Hauptstadt und wirtschaftliches Zentrum proitiert Zagreb vom Großteil der Aktivitäten im Logistikmarkt. Derzeit gibt es in Zagreb insgesamt 360 000 m 2 Logistiklächen. Die Nachfrage nach modernen Logistikimmobilien ist hoch und kommt besonders von Einzelhändlern und Logistikdienstleistern, doch das Angebot ist nach wie vor geringer als die Nachfrage. Die hohen Mieten von 72 EUR/ m 2 pro Jahr für Flächen unter 5000 m 2 und 75 EUR für größere Einheiten in Zagreb sind nicht wettbewerbsfähig. Deswegen haben einige Logistikdienstleister ihren Betrieb von Zagreb weg in unterentwickelte Regionen Kroatiens verlagert, in denen günstigere Mieten die größeren Distanzen (150-200 km) ausgleichen. Der Markt entwickelt sich dynamisch und die Zahl der Logistikzentren wächst, z. B. mit Globcargo (Zagreb, 2006), Intereuropa (Dugopolje, 2006), Miklavlja und Skrljevo (Rijeka 2005), Transeuropa (Zagreb, 2005), LIDL (Jastrebarsko und Perušić 2011). Die Auswirkungen des EU-Beitritts waren in den ersten Monaten noch nicht zu überblicken, doch führte das Beratungsunternehmen Proago unter mehr als 420 Managern hauptsächlich kroatischer Firmen eine Umfrage zu diesem Thema durch. Ein Großteil der Befragten (49 %) ging davon aus, dass der EU-Beitritt Kroatiens die Erlöse der kroatischen Logistikunternehmen steigern wird, doch immerhin 34 % nahmen das Gegenteil an, keine Änderungen diesbezüglich erwarteten 17 %. Hinsichtlich der Lage der Logistikirmen sahen 40 % der Befragten eine Verbesserung und 41 % keine Veränderung voraus; 88 % erwarteten Aktivitäten neuer europäischer Logistik-Akteure in Kroatien und 82 % eine Ausweitung der Logistikkapazitäten in Kroatien, 30 % sogar eine starke Ausweitung. ■ Bild 2: Bestehendes (2005) und bis 2015 geplantes Straßennetz in Kroatien Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 51 Markteinschätzung Logistik Marktvolatilität im Transport- und Logistikbereich Situation und Handlungsoptionen War es in den vergangenen Jahrzehnten fast immer so, dass die Verkehrsleistung kontinuierlich wuchs und die Prognosen übertrofen wurden, ist die Volatilität der Transportmärkte, also die Schwankungen bei den Transportmengen, seit der Finanzkrise im Jahr 2009 erheblich gestiegen. Prognosen sind dadurch sehr viel schwieriger und Investitionen im Transportmarkt riskanter geworden. Der Autor: Paul Wittenbrink U m das Thema „Marktvolatilität“ näher zu analysieren, hat die Duale Hochschule Baden-Württemberg Lörrach gemeinsam mit dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) e. V. im Herbst 2013 eine Umfrage zum Thema „Marktvolatilität in Transport und Logistik“ durchgeführt. 1 An der Umfrage haben sich 229 Unternehmen aus Industrie, Handel und Logistik beteiligt (davon ca. 75 % Einkäufer/ Verlader und ca. 25 % Transport- und Logistik-Dienstleister (TuL)). Dabei sind alle wesentlichen Branchen und Unternehmensgrößenklassen in der Umfrage vertreten, sodass sich interessante Trends ableiten lassen. stabile transportmärkte gehören der Vergangenheit an Nach der Umfrage rechnen knapp 47 % der befragten Unternehmen schon bei den nationalen Verkehren mit weiter zunehmenden Mengenschwankungen. Noch stärker ist dieser Trend im internationalen Bereich. International gehen fast 60 % der befragten Unternehmen von zunehmender Volatilität aus. Hier wirkt sich anscheinend einerseits die zunehmende internationale Arbeitsteilung aus, mit der auch die Komplexität der Prozesse und die damit verbundene Unsicherheit steigen. Für die erhöhte Volatilität sorgt aber auch die im Vergleich zu Deutschland zumeist schlechtere konjunkturelle Lage in vielen Ländern der Welt, häuig verbunden mit einer schwächeren Marktdynamik (vgl. Bild 1). steigende kosten durch Volatilität Die zunehmende Marktvolatilität macht es schwieriger, Kapazitäten zu planen, haben doch die vergangenen Jahre gezeigt, wie schnell sich Phasen von Laderaumüberhang und -knappheit abwechseln. Für die Unternehmen bedeutet dies zumeist Zusatzkosten, entweder für die Abdeckung von Spitzen oder für unterausgelastete Kapazitäten. Um herauszuinden, wie Verlader und TuL-Dienstleister mit dieser Situation umgehen, wurde ihnen eine Liste mit Lösungsansätzen zur Wahl gestellt (vgl. Tabelle- 1). Dabei sollten die Unternehmen entscheiden, ob die Aussagen für ihr Unternehmen „eher zutrefen“ oder nicht. Bild 2 stellt die Bedeutung der einzelnen Ansätze aus Sicht der befragten Unternehmen, diferenziert nach Verladern und TuL-Dienstleistern, dar. Dabei zeigt sich, dass Verlader und Dienstleister in vielen Fällen eine ähnliche Bewertung vornehmen, es zeigen sich aber auch Unterschiede. Um die wachsende Volatilität einzudämmen, eignen sich grundsätzlich zwei Ansätze: Es könnte besser geplant werden. Dann lassen sich Schwankungen reduzieren, bevor sie entstehen. Wichtig ist ferner, konsequent auf Schwankungen im Markt zu reagieren. kooperationen, um besser zu-planen Ganz oben auf der Agenda steht die Verbesserung der Kooperationen mit Kunden, um die Prognosen wesentlich zu verbessern. Diesen Ansatz halten ca. 93 % der Dienstleister und auch knapp 80 % der Verlader für vielversprechend. Hierbei geht es nicht nur um das Verhältnis Verlader-Dienstleister, ebenso sind hier Kooperationen mit Subunternehmern gefragt. Eng verbunden mit den Prognosen ist der Ansatz, die Planungszyklen zu verkürzen, da mit zunehmendem Planungshorizont die Unsicherheit steigt. Insofern erstaunt auch nicht, dass die meisten Befragten langfristige Investitionen mit langer Amortisationszeit eher meiden (Verlader: ca. 53 %, TuL: ca. 60 %). Die Marktforschung zu intensivieren und auch die Prognoseinstrumente zu verbessern, wird auch von etwa 70% der Unternehmen angestrebt. Hier sind jedoch die Möglichkeiten der Dienstleister begrenzt, handelt es sich bei der Transportnachfrage doch um eine abgeleitete Nachfrage. Preisliche Anreize Letztlich geht hier für die Dienstleister kein Weg an einer intensiveren gemeinsamen Planung mit den Kunden vorbei. Die Dienstleister hatten in der Vergangenheit nur geringe Anreize, die Transportmengen exakter zu planen - wurde doch zumeist abgefahren, was an der Rampe stand. Zunehmende Volatilität führt aber zu steigenden Kosten. Hier sind nun auch die Dienstleister gefragt, preisliche Anreize zu setzen, die Logistiksysteme eizienter zu nutzen, die Schwankungen zu reduzieren und die Planungen zu verbessern. Nachfragespitzen akzeptieren Aber selbst mit einer optimalen Planung lassen sich die Mengenschwankungen nur bis zu einem gewissen Grad reduzieren. Insofern gilt es, Wege zu inden, um mit diesen umzugehen. Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen geht inzwischen den Weg, kurzfristige Nachfrageüberhänge zu akzeptieren und nicht gleich in die Ausweitung der Kapazitäten zu investieren. Mehr Ausrichtung auf die grundlast Eng damit verbunden ist der Ansatz, die Kapazitäten für Fahrpark und Lager auf die Grundlast auszurichten und damit eine bessere Auslastung zu erreichen (Verlader ca. 69 %, Dienstleister ca. 67 %). Dazu passt dann auch, sich noch mehr auf die eigenen Kernkompetenzen zu konzentrieren, den Selbsteintritt zu senken und verstärkt Leistungen fremd zu vergeben sowie mehr Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 52 LOGISTIK Markteinschätzung Fahrzeuge zu mieten anstatt zu kaufen. Das ist ein Trend, der im Markt seit Langem beobachtet werden kann. Insbesondere Schienenverkehrsunternehmen können hier noch lernen, werden doch von den meisten Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) in der Regel kaum Schienenleistungen fremd vergeben. Stattdessen wird fast die gesamte Leistung selbst erbracht. Kommt es dann zu Nachfrageeinbrüchen, können die Kapazitäten kaum über den Markt angepasst werden und es resultieren eigene Überkapazitäten. Insofern erstaunt es auch nicht, dass gerade der Schienengüterverkehr bei Mengenschwankungen und Konjunktureinbrüchen besonders betrofen ist. Subunternehmereinsatz Im LKw-Bereich werden für Spitzen zunehmend Subunternehmer eingesetzt, mit denen enge Kooperationen notwendig sind. Um nicht in Abhängigkeiten zu geraten und auch auf schwankende Nachfrage reagieren zu können, setzen knapp 63 % der Unternehmen für strategisch wichtige Dienstleistungen mehrere Subunternehmer ein. Dabei ist es jedoch wichtig, durch langfristige Verträge Kapazitäten und Preise zu sichern, was für knapp 55 % der Verlader und für 63 % der Dienstleister ein Ansatz ist. Ein kleiner Teil der Unternehmen bevorzugt es, größere Dienstleister einzusetzen, weil diese besser mit Mengenschwankungen umgehen können. Diese Strategie kann jedoch nur dann aufgehen, wenn diese Subunternehmer nicht nur die Größe, sondern auch eine (heterogene) Kundenstruktur haben, die es ermöglicht, besser mit Mengenschwankungen umzugehen. Mengenverpflichtungen Um eine möglichst hohe Flexibilität zu erhalten, versuchen gleichzeitig jedoch ca. 72 % der Verlader, möglichst wenige Mengenverplichtungen einzugehen. Dieses Phänomen kennen viele Transportunternehmen und es ist insbesondere beim Schienengüterverkehr stark ausgeprägt. So versuchen viele Verlader, kaum Mengenbindungen einzugehen. Gleichzeitig erwarten sie aber die Bewältigung von Spitzen. Dass diese Flexibilität mit hohen Kosten verbunden ist, bleibt nicht selten unberücksichtigt. Hier ist auf beiden Seiten noch ein Umdenken notwendig, indem sehr viel stärker als in der Vergangenheit versucht wird, die Kapazitäten gemeinsam besser zu planen und zu steuern. Möglichst geringe Mengenverplichtungen mit Subunternehmern streben nur ca.- 49 % der Dienstleister an. Hier zeigen sich- anscheinend auch die zunehmenden Schwierigkeiten, Subunternehmer zu inden. Nicht zuletzt wird es angesichts des zunehmenden Fahrermangels immer schwieriger, gute Subunternehmer zu inden, die es dann durch feste Vereinbarungen zu binden gilt. Steigende Mengen Der Konjunkturhimmel scheint sich etwas aufzuhellen. Das zeigt ein weiter Schwerpunkt der Umfrage, bei dem die Unternehmen nach ihrer Einschätzung zur Mengen- und Preisentwicklung im nächsten Jahr gefragt wurden. Knapp 90 % der Unternehmen gehen von mindestens gleichbleibenden, sehr viele Unternehmen von steigenden Mengen aus. Die größten Steigerungen werden dabei im Stückgutbereich gesehen (Bild 3). Mengen und Preise Interessant ist die unterschiedliche Einschätzung von Verladern und TuL-Dienstleistern. Die Dienstleister gehen sehr viel stärker von Mengensteigerungen aus als die Verlader. Noch größer ist die unterschiedliche Einschätzung bei den Preisen. während die Dienstleister bei Ladungs- und Stückgutverkehren mehrheitlich mit Preissteigerungen rechnen, sieht das auf Verladerseite Nr. Maßnahme 1 Ausbau Kooperation mit Kunden, gemeinsame Prognosen 2 lanungszyklen wesentlich verkürzen 3 Intensivere Marktforschung und Verbesserung von Prognoseinstrumenten 4 Kurzfristige Nachfrageüberhänge werden akzeptiert und führen nicht sofort zu Neu- Investment 5 Kapazitäten (Lager/ Fuhrpark) auf Grundlast ausrichten 6 Mehrere Subunternehmer für strategisch wichtige Dienstleistungen einsetzen 7 Ausbau Kooperation mit Subunternehmern, gemeinsame Prognosen 8 Durch langfristige Verträge Kapazitäten und Preise von Frachtführern sichern 9 Langfristige Investitionen mit langer Amortisationszeit meiden 10 Verträge mit Subunternehmern und Kunden mit möglichst wenig Mengenverpflichtungen ausrichten 11 Kürzere Vertragslaufzeiten (z.B. mit Subunternehmern, Vermietern) vereinbaren 12 Mehr Miete als Kauf und Leasing (z.B. bei eigenem Fuhrpark oder Lagerhalle) 13 Selbsteintritt senken, Leistungen outsourcen (z.B. an Subunternehmer), auf Kernkompetenzen konzentrieren 14 Aufbau regionaler Organisationen, um Marktveränderungen vor Ort besser einschätzen zu können 15 Größere Subunternehmer einsetzen, weil diese besser mit Mengenschwankungen umgehen können Tabelle 1: Maßnahmen zur Begegnung zunehmender Volatilität (Quelle: Wittenbrink/ Gburek 2013) 11,4% 4,1% 10,5% 3,8% 46,5% 48,6% 29,5% 38,0% 42,1% 47,2% 60,0% 58,2% 0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% 70,0% 80,0% 90,0% 100,0% National letzte 24 Monate National nächste 24 Monate International letzte 24 Monate International nächste 24 Monate Wie hat sich aus Ihrer Sicht die Marktvolatilität (Mengenschwankungen) entwickelt? schwächer geworden unverändert geblieben stärker geworden % der Unternehmen © BME e.V./ Prof. Dr. Paul Wittenbrink Bild 1: Entwicklung der Marktvolatilität im Bereich Transport und Logistik (Quelle: Wittenbrink/ Gburek 2013) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 53 Markteinschätzung LOGISTIK ein weitaus geringer Anteil der Unternehmen so. Zusammenfassung Nach Ergebnissen der gemeinsamen Umfrage der Dualen Hochschule Baden-Württemberg mit dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) e.V. nimmt die Marktvolatilität in Form von Mengenschwankungen im Transport- und Logistikbereich erheblich zu. Für die Unternehmen bedeutet dies zumeist Zusatzkosten, entweder für die Abdeckung von Spitzen oder für nichtausgelastete Kapazitäten. Die Unternehmen wenden eine Vielzahl von Strategien an, um der zunehmenden Marktvolatilität zu begegnen. Hierzu zählen z. B. die Verbesserung der Kooperationen, die Verkürzung der Planungszyklen, die Intensivierung der Marktforschung und auch die Verbesserung der Prognoseinstrumente. Weiterhin wird geplant, kurzfristige Nachfrageüberhänge zu akzeptieren und nicht gleich in die Ausweitung der Kapazitäten zu investieren. Schließlich besteht ein Ansatz darin, sich mehr auf die Grundals auf die Spitzenlast auszurichten und mehr auf Subunternehmer zu setzen. ■ 1 Vgl. Wittenbrink, Paul; Gburek, Gunnar (2013), Marktvolatilität in Transport und Logistik, Ergebnisse einer Befragung der Dualen Hochschule Baden-Württemberg mit dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) Frankfurt/ Lörrach. Paul Wittenbrink, Prof. Dr. Professor für Transport- und Logistik an der Dualen Hochschule Baden- Württemberg Lörrach (DHBW) und Gesellschafter der hwh Gesellschaft für Transport- und Unternehmensberatung mbH (www.hwh-transport.de), Karlsruhe wittenbrink@dhbw-loerrach.de 93,6% 78,3% 73,9% 68,2% 67,4% 63,6% 63,0% 63,0% 60,5% 48,9% 45,5% 59,6% 55,5% 63,0% 79,5% 47,8% 72,6% 77,5% 69,3% 53,4% 72,1% 30,4% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Ausbau Kooperation mit Kunden, gemeinsame Prognosen Planungszyklen wesentlich verkürzen Intensivere Marktforschung und Verbesserung von Prognoseinstrumenten Kurzfristige Nachfrageüberhänge werden akzeptiert und führen nicht sofort zu Neu-Investment Kapazitäten (Lager/ Fuhrpark) auf Grundlast ausrichten Mehrere Subunternehmer für strategisch wichtige Dienstleistungen einsetzen Ausbau Kooperation mit Subunternehmern, gemeinsame Prognosen Durch langfristige Verträge Kapazitäten und Preise von Frachtführern sichern Langfristige Investitionen mit langer Amortisationszeit meiden Verträge mit Subunternehmern und Kunden mit möglichst wenig Mengenverpflichtungen ausrichten Kürzere Vertragslaufzeiten (z.B. mit Subunternehmern, Vermietern) vereinbaren Was sind Ihre Hauptmaßnahmen, um der zunehmenden Marktvolatilität zu begegnen? Verlader TuL-Dienstleister % der Unternehmen © BME e.V./ Prof. Dr. Paul Wittenbrink Mehrfachnennung möglch % der Unternehmen Mehrfachnennung möglch 7,7% 9,6% 7,9% 11,3% 10,8% 8,0% 5,4% 13,5% 6,3% 5,9% 8,8% 8,7% 38,5% 47,1% 36,8% 54,1% 29,7% 37,0% 32,4% 42,1% 31,3% 47,4% 50,0% 55,6% 53,8% 43,4% 55,3% 34,6% 59,5% 55,1% 62,2% 44,4% 62,5% 46,7% 41,2% 35,7% 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 TuL-Dienstleister Verlader TuL-Dienstleister Verlader TuL-Dienstleister Verlader TuL-Dienstleister Verlader TuL-Dienstleister Verlader TuL-Dienstleister Verlader Entwicklung Mengen und Preise 2014 sinken bleiben unverändert steigen % der Unternehmen © BME e.V./ Prof. Dr. Paul Wittenbrink Ladungsverkehr Preise Mengen KEP Preise Mengen Stückgut/ LTL Preise Mengen Bild 3: Entwicklung von Mengen und Preisen 2014 (Quelle: Wittenbrink/ Gburek 2013) Bild 2: Bedeutung der Maßnahmen zur Begegnung zunehmender Volatilität (Quelle: Wittenbrink/ Gburek 2013) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 54 LOGISTIK Binnenhäfen Wettbewerbsfähigkeit und Innovation als nachhaltiges Erfolgsrezept An den Schnittstellen zwischen industrieller Produktion und den komplexen logistischen Anforderungen hat sich die Duisburger Hafen AG zur führenden Logistikdrehscheibe in Zentraleuropa entwickelt. Voraussetzung für den Wandel des weltweit größten Binnenhafens zum integrierten Lösungsanbieter waren der Ausbau des Dienstleistungsangebots und des internationalen Netzwerks sowie die Öfnung des Hafens für Kunden und Logistikdienstleister. Um auch künftig wettbewerbsfähig zu sein, setzt duisport verstärkt auf innovative Lösungen zur Optimierung von Transportketten und ein enges Zusammenspiel zwischen Industrie, Wissenschaft und Logistik. Der Autor: Erich Staake I n der globalisierten Wirtschaftswelt wird eiziente Logistik immer wichtiger, um arbeitsteilige Produktion und Ver- und Entsorgung kostengünstig zu sichern. Der Wirtschaftsraum Rhein-Ruhr hat dies - begünstigt durch gute Verkehrsanbindungen im Zentrum Westeuropas - frühzeitig erkannt und setzt mit vielfältigen Problemlösungen auf ein eng verzahntes Zusammenspiel von Industrie und Logistik. An dieser Entwicklung ist der Duisburger Hafen maßgeblich beteiligt. Dreh- und Angelpunkt ist der Gedanke, im Strukturwandel des Ruhrgebiets frei gewordene Flächen der Montanindustrie neu zu nutzen. So hat die duisport -Gruppe in den letzten 15 Jahren ihr logport-Konzept konsequent umgesetzt. Auf dem Gelände des ehemaligen Krupp-Stahlwerkes in Duisburg-Rheinhausen entstand auf über 265- Hektar Fläche logport I: Rund 50 Unternehmensansiedlungen, drei intermodale Containerterminals, ein Dutzend europäischer Distributionszentren sowie über 4000- Arbeitsplätze sind hier neu entstanden. Dieser Wandel von einer brachliegenden Industrieläche zu einem modernen Logistikareal wäre nicht möglich gewesen, wenn sich die Hafenbehörde nicht gleichzeitig nach außen geöfnet und zu einem marktorientierten Dienstleister entwickelt hätte. Allein über 25 Bahnoperateure sind heute am Standort aktiv. Damit zählt Duisburg zu den wettbewerbsfähigsten Plätzen in ganz Europa. Um die Nachteile des Hinterlandstandortes zu kompensieren, wurde gezielt der Einstieg in logistische Dienstleistungen vollzogen, wodurch neue Wertschöpfungspotenziale für Unternehmen erschlossen werden. Einer der Schwerpunkte liegt dabei im Kombinierten Verkehr. Mit der Gründung des eigenen Eisenbahnverkehrsunternehmens duisport rail konnte ein eizientes Hub-and-Spoke-System aufgebaut werden, das durch die Verlagerung regionaler Warenströme auf die Schiene den Standort nachhaltig stärkt. Insgesamt verbinden inzwischen 360 Züge pro Woche den Duisburger Hafen mit über 80 direkten Destinationen in Europa und Asien. So besteht beispielsweise seit Sommer 2011 die erste direkte Schienenverbindung von und nach China, genauer gesagt zwischen Chongqing und Duisburg (Bild 1). Diese wird von zahlreichen internationalen Unternehmen der Elektro- und Computerbranche, von Automobilzulieferern und Maschinenbauern genutzt, die im westlichen China ihre Produktionsstätten angesiedelt haben. Der Vorteil der bis zu drei mal pro Woche verkehrenden Zugverbindung, die von Vertretern der Volksrepublik China bereits als „neue Seidenstraße“ bezeichnet wurde, liegt auf der Hand: Der Transport auf der Schiene ist doppelt so schnell wie auf dem Seeweg, aber nur halb so teuer wie Luftfracht. Ein wesentlicher Aspekt, der zur Wettbewerbsfähigkeit des Duisburger Hafens beigetragen hat, ist die Vernetzung des Hafens mit allen relevanten Nord- und Ostseehäfen. Dazu zählen sowohl die ZARA-Häfen (Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam) als auch die deutschen Seehäfen Hamburg, Bremerhaven, Kiel oder Lübeck. Während die ZARA-Häfen aufgrund der direkten Verbindung mit dem Rhein sowohl per Schiene als auch per Wasserstraße mit Duisburg vernetzt sind, werden insbesondere die Bahnanbindungen an die deutschen Seehäfen kontinuierlich ausgebaut, wie aktuell Bild 1: Ankunft des Direktzuges aus China (Foto: duisport/ Rolf Köppen) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 55 Binnenhäfen LOGISTIK zwischen Kiel und Duisburg. Im vergangenen Jahr gab es darüber hinaus bereits den ersten erfolgreichen Probezug zum Jade- Weser-Port nach Wilhelmshaven (Bild 2). Bei entsprechenden Gütermengen könnte hier eine regelmäßige Zugverbindung etabliert und die Hinterlandverbindung auch zu den deutschen Seehäfen weiter gestärkt werden. Der kontinuierliche Ausbau des internationalen Netzwerks wäre ohne einen parallelen Ausbau der Infrastruktur nicht möglich gewesen. So wurden seit der Jahrtausendwende rund eine halbe Milliarde Euro im Duisburger Hafen investiert. Ein weiterer Faktor in dieser Entwicklung ist die Ansiedlung namhafter Unternehmen aus dem Automobilsektor. Seit Juli 2013 ist Audis weltweit größtes CKD-Logistikzentrum (Completely Knocked Down) auf dem logport II-Gelände in Betrieb. Von hier aus wickelt der Automobillogistiker Schnellecke für Audi den Versand seiner Automobilkomponenten für die Wachstumsmärkte China, Indien und Mexiko ab. Ein Transportvolumen von jährlich 800 000 m 3 wird u. a. per Bahn zugestellt, in Container umgeschlagen und dann ausschließlich per Bahn und Schif zu den Westhäfen an der Nordsee transportiert. Im April 2014 geht das CKD-Logistikzentrum von Volkswagen in Betrieb. Rund 1,8 Mio. Packstücke pro Jahr werden dann von Duisburg aus in die Welt verschickt. Etwa 750 Beschäftigte werden hier im Auftrag der beiden Auto-Marken arbeiten - ein neues Beispiel für die Jobmaschine Logistik, die im und um den Duisburger Hafen entstanden ist. Vom Umschlaghafen zur Logistikdrehscheibe Der Wandel des größten Binnenhafens der Welt vom reinen Umschlagsbetrieb zur Drehscheibe zwischen Industrie und Logistik hat eine hohe Wertschöpfung erzeugt: In Hafennähe haben sich über 300 Unternehmen angesiedelt - mittelständische Spezialisten wie internationale Konzerntöchter, Industrieunternehmen wie Logistikkonzerne. Die Zahl der direkt und indirekt vom Hafen abhängigen Arbeitsplätze hat sich in den vergangenen 15 Jahren von 20 000 auf über 40 000 mehr als verdoppelt. Die durch die Unternehmen generierte Wertschöpfung liegt bei rund 3 Mrd. EUR pro Jahr. Diese Ereignisse verdeutlichen, welche herausragende Rolle diesem intermodalen Logistik-Hub bei der Steuerung und Abwicklung weltumspannender Warenströme zukommt. Integration und Synchronisierung der Transportprozesse vor Ort und international sind die entscheidenden Qualitätskriterien - und damit die zentralen Wettbewerbsfaktoren, die die Unternehmensgruppe konsequent und kontinuierlich vorantreibt. Sie positioniert sich als integrierter Dienstleister, der „Full Service“ für alle logistischen Aufgabenstellungen für die Branchenunternehmen und für die sehr unterschiedlichen Bedürfnisse von Industriekunden bietet. Das beginnt beim Ansiedlungs-Management und führt über individuelle Immobilien-Entwicklungen, maßgeschneiderten Infrastrukturausbau und logistische Komplett-Lösungen bis hin zum Know-how-Export in alle Welt. Besonders deutlich wird die erfolgreiche Positionierung der duisport-Gruppe an der Entwicklung des Containerumschlags. In einem ständigen Aufwärtstrend, der von Schwankungen der weltweiten Konjunktur weithin unbeeindruckt blieb, schlug die Duisburger Hafen AG im vergangenen Jahr 3 Mio. Standard-Container-Einheiten (TEU) Umschlagkapazitäten um 1 Mio. TEU erweitern Bis 2015 will die duisport-Gruppe ihre Terminalkapazitäten auf den linksrheinisch gelegenen Containerterminals in logport I und logport III so erweitern, dass künftig 5 Mio. TEU pro Jahr umgeschlagen werden können - 1 Mio. TEU mehr als bisher. Dazu wird die Zahl der Containerbrücken von sechs auf zehn erhöht, die Bahninfrastruktur ausgebaut sowie die Umschlag- und Depotläche um 13 ha erweitert. Rund 50 000 m², die bisher für den Automobilumschlag genutzt wurden, werden dabei für den Containerumschlag umgewidmet. Die notwendige Gleisinfrastruktur ist laut duisport schon hergestellt worden. Seit Ende Februar ist bereits der zweite trimodale Portalkran mit einer Spannweite von rund 140 m auf dem D3T-Terminal von logport I in Betrieb. Im Herbst folgt ein dritter Bahnkran für das benachbarte und ebenfalls trimodale Containerterminal DIT auf logport I, logport III in Duisburg-Hohenbudberg erhält zwei Bahnkräne für den bimodalen Umschlag. Der erste soll im April und der zweite ebenfalls im Herbst 2014 den Betrieb aufnehmen. Im Endausbau sollen auf logport III mit erweiterter Terminalläche, sieben Umschlag-, zwei Rangiergleisen und zwei Portalkränen rund 600 000 TEU pro Jahr gelöscht und geladen werden können. (zp) Foto: duisport/ Rolf Köppen RheinCargo bietet Logistikleistungen auf der Schiene und im Hafen für unsere Kunden in Köln, Neuss, Düsseldorf und weit darüber hinaus. www.rheincargo.com Echte Fründe stonn zesamme Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 56 LOGISTIK Binnenhäfen um, 16 % mehr als 2012 und 60 % mehr als 2008. Die Seehäfen entlang der Range Hamburg - Le Havre verzeichneten dagegen im gesamten Zeitraum 2008-2013 ein Plus von nur etwa 1 %. Nicht zuletzt aufgrund bereits heute existierender Überkapazitäten wird sich die Logistikbranche auf weitere Herausforderungen einstellen müssen. Zukunftsfähig wird nur der sein können, der wettbewerbsfähig ist und zugleich innovative Lösungen anbietet. Um eine Optimierung des Verkehrslusses und der logistischen Prozesse in einer global vernetzten Welt zu erreichen, ist auch ein intensives Zusammenspiel der Beteiligten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft notwendig. Das Spektrum der Aufgabenstellungen ist breit. Es beginnt beim Erhalt der in die Jahre gekommenen Verkehrsinfrastruktur und ihres gezielten, maßvollen Ausbaus und führt hin bis zu verstärkten Anwendungen digitaler Intelligenz für neuartige Problemlösungen. Das ist für die duisport-Gruppe alles andere als Zukunftsmusik: Im Eizienz-Cluster LogistikRuhr arbeiten bereits 130 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen wie der TU Dortmund und der als „beste Logistik-Universität“ wiederholt ausgezeichneten Universität Duisburg- Essen gemeinsam an rund 100 konkreten Projekten. Neben unternehmerischen Anstrengungen ist es damit auch die intensive Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft, die Ideen, Prozesse und Technologien für die Entwicklung des Logistik-Geschäftes hervorbringt und es damit zukunftsfähig macht. ■ Erich Staake, Dipl.-Kfm. Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG (duisport), Duisburg erich.staake@duisport.de Bild 2: Probezug zum Jade-Weser- Port nach Wilhelmshaven (Foto: duisport/ Frank Reinhold) Ihre neue Lesefreiheit IV-Leselizenzen: Schneller und umfassender informiert Wie lange warten Sie für gewöhnlich auf Ihr persönliches Lese-Exemplar von IV Internationales Verkehrswesen? Sicher o viel zu lange! In vielen Betrieben kommen auf ein IV-Abo zahlreiche Leser. Diese müssen sich im Umlauf o lange „hinten anstellen“. Manche Information ist dann schon veraltet. Für unsere Abonnenten geht es aber auch schneller: Aktuell und exklusiv informieren sie sich mit unseren digitalen Angeboten. Mit einem IV-Abo ist ein Online-Account verbunden. Dadurch erhalten Sie das Internationale Verkehrswesen bereits am Erscheinungstag als PDF-Datei im Ganzseitenformat. Sie haben alle Beiträge online immer gri ereit und lesen wann und wo Sie wollen. Außerdem haben Sie uneingeschränkten Zugri auf die vollständige digitalisierte Sammlung der Fachbeiträge aus 60 Jahren IV. Eine leserfreundliche Schlagwort-Suche bringt Sie schnell an Ihr Informations-Ziel. Ihre Abonummer und die Postleitzahl dienen als Anmeldedaten zu den digitalen Inhalten auf www.eurailpress.de sowie für die Kiosk- App bei iTunes. Jedes Abonnement enthält bereits einen Zugang für das digitale Angebot der IV Internationales Verkehrswesen. Für alle weiteren Leser des Abonnements, die einen eigenen Log-in zu den digitalen Angeboten von IV wünschen, bieten wir günstige Zugänge in Form digitaler Leselizenzen an. Ihre Vorteile auf einen Blick: • Alle Leser erhalten gleichzeitig Zugriffzu den digitalen Inhalten von IV • Die PDF-Ausgabe von IV bereits Tage vor dem eigentlichen Erscheinungstag • Zugang über PC, Laptop, Tablet und Smartphone • Uneingeschränkter Zugang zu 60 Jahren Fachwissen im IV-Archiv Pro Leselizenz zahlen Sie max. 3,75 EUR je Monat. Weitere Informationen erhalten Sie auf auf www.eurailpress.de/ ivrmenlizenz per Telefon: +49 40 23714-260 oder per E-Mail an: kundenservice@dvvmedia.com Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 57 Die Efekte der Liberalisierung des Straßengüterverkehrs Die Auswirkungen der europäischen Liberalisierungsvorhaben im Verkehrsbereich werden im Allgemeinen als positiv bewertet, insbesondere in Bezug auf die Qualität, den Preis und die Verkehrsleistung. Dabei ist in der Diskussion eine quantitative Basis durch systematische Datenanalyse nicht immer erkennbar. Der vorliegende Artikel soll hierzu einen Beitrag in Bezug auf den Straßengüterverkehr leisten. Die Autoren: Sebastian Jürgens, Sebastian Keitel, Sebastian Gerig D ie Liberalisierung von Verkehrssektoren wurde spätestens seit Gründung der Europäischen Gemeinschaft mit gemeinsamen Wettbewerbsregeln konsequent vorangetrieben. Die Auswirkungen der Liberalisierungsschritte werden dabei nahezu ausnahmslos als positiv angesehen. So wird im Anschluss an die in den neunziger Jahren vor allem durch die Einführung von Kabotage- und Preisbildungsfreiheiten umgesetzte Liberalisierung des Luftverkehrs festgestellt, dass sich die Anzahl der Anbieter und Strecken vervielfacht und die gestiegene Wettbewerbsintensität zu gesunkenen Preisen geführt hat. 1 Auch der erst im Januar 2013 in Deutschland liberalisierte Fernbusverkehr wird bereits als Erfolg bewertet. 2 Ähnliches gilt für den Straßengüterverkehr, der in Deutschland seit 1994 vollständig liberalisiert ist. Auch hier werden gestiegene Transportvolumina als Erfolg der Marktöfnung angesehen. In der Bewertung ist jedoch zum Teil keine systematische, einheitliche und umfassende Datengrundlage und somit oftmals keine quantitative Fundierung erkennbar. Weiterhin ist der direkte oder indirekte Einluss von Liberalisierungsschritten auf Bewertungskennzahlen meist umstritten und eine verkehrsträgerübergreifende Analyse schwer durchführbar. Im folgenden Artikel wird daher in Bezug auf die Preisentwicklung eine zusammenhängende Datengrundlage entwickelt und interpretiert. Historie der Liberalisierung im Straßengüterverkehr Der deutsche Straßengüterverkehr war seit 1931 insbesondere durch Preisvorgaben in Form von Tarifsystemen, Angebotsbeschränkungen durch Konzessionierung und Kabota- Foto: Dreamstime Straßengüterverkehr LOGISTIK Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 58 Logistik Straßengüterverkehr geverbote reguliert. Neben einer Auhebung der Preisbindung im Jahr 1961 war der erste weitreichende Liberalisierungsschritt die Lockerung der Kabotageregeln im Jahr 1988, durch die EG-weite Transporte im Rahmen einer schrittweise angehobenen Zahl an Lizenzen möglich wurden. 3 Im Jahr 1993 entiel diese Kontingentierung schließlich ganz. 4 Ab 1994 war jegliche Preisvorgabe aufgehoben. Von diesem Zeitpunkt an war ein uneingeschränkter Straßengüterverkehr innerhalb der Europäischen Union möglich. In der Folge entwickelte sich ein stark diversiizierter Markt mit vielen Einzelunternehmern, der sich in den letzten Jahren zu konzentrieren beginnt. Im Jahr 2005 wurde in Form der- LKW-Maut für Autobahnen eine Preisregulierung eingeführt, deren Wirkradius nun- auf Bundesstraßen ausgeweitet werden soll. gesamtauswirkungen der Liberalisierung im straßengüterverkehr Um die Auswirkungen der Liberalisierung des Straßengüterverkehrs quantitativ bewerten zu können, wurden Reihen von Preis- und Leistungsdaten analysiert. Da keine einheitliche Datenbasis vorhanden ist, die die Preisentwicklung auch vor den Liberalisierungsschritten umfasst, mussten unterschiedliche Quellen integriert werden. Als Basisjahr der Betrachtung, in dem die Liberalisierung abgeschlossen wurde, wird das Jahr 1994 angenommen. Als Endjahr wird das Jahr 2006 herangezogen, da ab diesem Datum lediglich Preisindizes verfügbar sind. Betrachtet man die Entwicklung der Transportpreise in diesem Zeitraum, so ist ein nahezu konstanter Preisanstieg um ca. 31 % seit Abschluss der Liberalisierung ersichtlich. Dies erscheint zunächst nicht als positive Liberalisierungsauswirkung interpretierbar, muss aber für eine inale Bewertung vor dem Hintergrund der Entwicklung der Kostenbestandteile gesehen werden. Die Beförderungsleistung ist im gleichen Zeitraum um 61 % gestiegen. Wurde im Jahr 1994 noch eine Leistung von knapp 273 Mrd. Tkm erreicht, so waren es im Jahr 2006 bereits mehr als 439 Mrd. Tkm. Bild 1 zeigt die Entwicklung der Transportpreise und -leistung 5 . Preisauswirkungen der Liberalisierung im straßengüterverkehr In einem weiteren Schritt wird eine Bereinigung der Transportpreise vorgenommen, um der Entwicklung der von den Unternehmen nicht beeinlussbaren Kostenbestandteile gerecht zu werden. Bild 2 zeigt die Kostenstruktur im Güterfernverkehr zwischen 2010 und 2013 7 . Es wird deutlich, dass die Personal- und Kraftstokosten über 50 % der Gesamtkosten ausmachen - ihre Entwicklung jedoch ist nur sehr begrenzt bzw. überhaupt nicht durch die Transportunternehmen beeinlussbar. Daher werden die Transportpreise im Folgenden schrittweise um die Entwicklung der Kraftstokosten, der Mautgebühren, der Personalkosten sowie der Inlation bereinigt. Der größte Efekt wird dabei bereits durch den Dieselpreisanstieg im Betrachtungszeitraum deutlich - der anteilig um deren Entwicklung neutralisierte Transportpreis ist seit der Liberalisierung nur um ca. 5 % angestiegen. 7 Seit Mitte der 2000er Jahre wird diesem Efekt von der Speditionsbranche durch gesonderte Diesel- oder Speditionsaufschläge begegnet. 8 Ebenfalls Teil der Speditionsaufschläge sind die von Transportunternehmen im Straßengüterverkehr seit 2005 zu entrichtenden Straßenbenutzungsgebühren. 9 Nach einer Neutralisierung der Preiskurve um die Mautgebühren ist eine Absenkung von um ca. 3 % erkennbar. Weniger transparent in der Höhe und somit diskussionswürdig ist ein weiterer Neutralisierungsschritt, der die Entwicklung der Personalkosten berücksichtigt - danach zeigt sich eine seit Vollendung der Liberalisierungsbemühungen um 10 % gefallene Preiskurve. 10 Noch deutlicher wird die Entwicklung des bereinigten Transportpreises nach Berücksichtigung der Inlation. Wie aus Bild 3 erkennbar ist, liegt der Endwert dieser neutralisierten Preiskurve um ca. 25 % niedriger als jener aus dem Jahr 1994. Anhand des nach 2006 jeweils weitergeführten Preisindex ist die Tendenz für die jeweils folgenden Jahre bis 2012 erkennbar. 11 Eizienzentwicklung seit der Liberalisierung Den Akteuren der Transportbranche ist es demnach ofensichtlich gelungen, seit der vollständigen Liberalisierung des Straßengüterverkehrs Eizienzfortschritte zu erzielen, in Kostenreduktionen umzusetzen und zumindest teilweise auch in Form von relativen Preisreduktionen an die Kunden weiterzugeben. Als Begründung hierfür Abschluss Liberalisierung 346 280 133 442 403 454 0 300 400 500 1985 1990 +61% 2010 2012 Transportleistung (Mrd. Tkm.) 2005 2000 1995 10 15 20 25 30 +31% Transportpreis (€) 10,6 % 12,7 % 15,5 % 6,8 % 25,9 % 28,6 % Personalkosten Kraf tstoff Maut Var. Fahrzeugkosten Fixe Fahrzeugkosten Gemeinskosten Bild 1: Entwicklung der Transportleistung seit 1985 sowie nach Abschluss der Liberalisierung im-Jahr 1994 Bild 2: Durchschnittliche Transportkostenbestandteile und ihre Entwicklung im nationalen Fernverkehr zwischen 2010 und 2013 Straßengüterverkehr LOGISTIK zeigt sich zunächst der seit den 1990er Jahren stark rückläuige Leerkilometeranteil, der sich insgesamt bei 21 %, im Ferngüterverkehr auf einem Niveau von ca. 10 % eingependelt hat. 12 Weiterhin konnte der speziische Primärenergieverbrauch des Straßengüterverkehrs, hauptsächlich durch den technologischen Fortschritt bedingt, zwischen 1995 und 2010 um ca. 25 % gesenkt werden. Die Steigerung der Kraftstofpreise konnte demnach teilweise durch Einsparungen im Kraftstofverbrauch kompensiert werden. Zudem ist erkennbar, dass der Anteil ausländischer Transportunternehmen seit 1998 um 8 Prozentpunkte auf 35 % angestiegen ist, wobei die Mehrheit der Unternehmen aus dem osteuropäischen Gebiet stammt (Bild 4). 13 Aufgrund von Steuervorteilen sowie geringeren Personal-, Treibstof- und sonstigen Betriebskosten operieren ausländische Wettbewerber daher mit einer geringeren Kostenbasis. In Verbindung mit ihrem gestiegenen Marktanteil trägt auch diese Entwicklung zu einer insgesamt geringeren Kostenbasis im Gesamtmarkt bei. Aufgrund des deutlich intensivierten Wettbewerbs ist zudem von einem hohen Druck auf die Margen der Transportunternehmen auszugehen. Gleichzeitig ist zu bemerken, dass diese Entwicklungen auch zu Lasten deutscher Transportunternehmen stattgefunden haben. Neben den Marktanteilszahlen ist dies auch aus den Bestandszahlen deutscher LKW ablesbar. Zwar hat sich deren Gesamtzahl seit 1985 fast verdoppelt. 14 Der Zuwachs jedoch entstand ausschließlich im Bereich kleiner LKWs. Seit 2004 hat der Bestand schwerer LKW sogar um 25 % abgenommen, während die Beförderungsleistung um Bild 4: Entwicklung von Kennzahlen des Straßengüterverkehrs nach Liberalisierung und Status-Quo 80% 70% 60% 10% 0% -8% 2010 65% 1998 71% 27% 20% 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% -25% 2010 1998 2,20 1,66 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 -25% 2010 1998 Marktanteil deutscher Transportunternehmen Anteil der Leerfahrten an Gesamtfahrten Spezifischer Energieverbrauch MJ/ tkm 17% (Fern) 10% (Fern) 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 +31% -10% € 1994 1994 1994 1994 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 € +31% +5% Transportpreis ./ . Treibstoffkosten 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 € +31% -3% 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 +31% -25% € Transportpreis ./ . Treibstof f kosten ./ . Mautgebühr Transportpreis ./ . Treibstof f kosten ./ . Mautgebühr ./ . Personalkosten Transportpreis ./ . Treibstof f kosten ./ . Mautgebühr ./ . Personalkosten ./ . Inflation Bild 3: Entwicklung der Transportpreise und -leistung im Straßengüterverkehr zwischen 1985 und-2012 Komplettlösungen für mehr Effizienz • Industrietorsysteme und Ladebrücken • Torabdichtungen und Vorsatzschleusen • NEU: Ladebrücken mit integrierter RFID-Technik Amazon, Leipzig 20-14 (20-13) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 60 LOGISTIK Straßengüterverkehr 11% gewachsen ist. Das Wachstum in der Transportleistung wurde daher ofensichtlich einerseits durch Eizienzsteigerungen in der Flottenauslastung bewältigt, andererseits aber hauptsächlich durch ausländische Unternehmen abgebildet. Diese Aussage wird zudem durch die Anzahl der beschäftigten Kraftfahrzeugführer/ -innen bekräftigt, die seit dem Jahr 1999 konstant geblieben ist. 15 In der Folge mehren sich Protestbewegungen im Umfeld der Branchenbeschäftigten, die rapide verschlechterte Arbeitsbedingungen beklagen. 17 Dies wiederum führt bereits heute zu einer stark reduzierten Anzahl Auszubildender und somit perspektivisch zu einem ernsthaften Nachwuchskräftemangel. Bewertung der Liberalisierung Die dargelegten Zahlen stellen eine Diskussionsbasis zu einer Reihe von Einzelefekten dar, auf deren Basis die Liberalisierung bewertet werden kann. Nach Meinung der Autoren ist es dabei zulässig, alle dargestellten Einzelefekte in die Bewertung aufzunehmen und somit viele positive Entwicklungen zu erkennen: Während die Beförderungsleistung stark angestiegen ist, konnten Eizienzgewinne der Unternehmen in Form von relativen Preisreduktionen an die Kunden weitergegeben werden. Es ist ebenso festzustellen, dass ausländische Transportunternehmen überdurchschnittlich von der Marktöfnung proitiert haben. Entscheidend für eine abschließende Beurteilung von Liberalisierungserfolgen ist jedoch auch die Kausalität zwischen Marktöfnung und -entwicklung und somit die Frage, ob und inwieweit die Marktöfnung für unterschiedliche Marktentwicklungen ausschlaggebend war. Diese Kausalität ist in den wenigsten Fällen eindeutig ermittelbar und erschwert den Beurteilungsprozess somit erheblich. Dennoch wird mit diesem Artikel eine Indikation zur Bewertung der Liberalisierung gegeben - weitere Untersuchungen bei anderen Verkehrsträgern sind empfehlenswert. ■  1 Vgl. (BDL 2013), S. 3f  2 Vgl. Luksic (2013), S. 1 und BMVBS (2013), S. 1  3 Vgl. Althof / Schneider (1995), S. 18  4 Vgl. Aberle (2009), S. 123  5 Die Daten bis 2008 entstammen den Archiven des Statistischen Bundesamtes. Bis einschließlich ins Jahr 1993 beziehen sich diese auf Stückgutfrachten per 350 km per 100 kg, solche ab 1995 auf Sammelgutverkehre per 300 km per 50 kg. Im Jahr 1999 wurde die Statistik ausgesetzt, zwischen 2000 und 2006 dann allerdings auf Basis der Daten des damaligen Bundesverband Spedition und Logistik (BSL), heute Bundesverband Güterkraftverkehr und Logistik (BGL), weitergeführt. Ab dem Jahr 2006 wurden die Daten des von Capgemini Consulting und der Transporeon GmbH erhobenen Transport Market Monitor verwendet. Da die Erhebungsmethodik hierfür nicht dem Autor hierfür nicht detailliert bekannt ist, wurde ab dem Jahr 2008 auf eine Aufsplittung der Werte verzichtet und lediglich eine indexierte Kurve weitergeführt. Der Preissprung zwischen 1993 und 1995 ist auf die Veränderung der Datenbasis zurückzuführen.  6 Die Pfeile stellen die tendenzielle Entwicklung der Anteile des jeweiligen Kostenpunkts auf die Gesamtkosten in den Jahren 2010 bis 2013 dar. (Vgl. Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (2013a), S. 1)  7 Datengrundlage der Kraftstofpreise ist die Datenbank des Statistischen Bundesamtes, die „Preise für Dieselkraftstoffe für gewerbliche Großkunden bei Abnahme von 50-70hl“ veröfentlicht.  8 Vgl. u.a. DPD (2013), S.1 und GLS (2013), S.1  9 Für die Mautgebühren wurde wiederum auf den Kostenkalkulator des Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung zurückgegrifen, der eine durchschnittliche Kostenbelastung durch Mautgebühren im Fernverkehr zwischen den Jahren 2010 und 2013 i.H.v. 6,8% angibt. (Vgl. Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (2013a), S. 1) 10 Für die Entwicklung der Personalkosten wurde auf eine Veröfentlichung des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen zurückgegrifen, das die Tarif-Lohnentwicklung für Berufskraftfahrer in der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft für die Jahre 1990 bis 2012 aufzeigt. Mangels national übergreifender Quelle wurde als Indikation auf das bevölkerungsreichste Bundesland zurückgegrifen. (Vgl. Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (2013), S. 0015 11 Eigene Darstellung, Quellen siehe Fußnoten 6, 7, 8, 10, und-11 12 Vgl. BGL (2013b), S.1 13 Eigene Darstellung, Vgl. Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (2011), S.1, Kraftfahrtzeugbundesamt (2013), Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (2010), S.1 und Umweltbundesamt (2012), S. 12 14 Vgl. Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (2010), S.1 15 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2013), S. 1 16 Vgl. Steinruck (2013), S.1 und Europäische Transportarbeiter-Förderation (2013), S. 10f QUELLEN Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft e.V.: Leitlinien für einen fairen Wettbewerb im Luftverkehr; Berlin 2013 LUKSIC, O.: Liberalisierung des Fernbusverkehrs ist ein voller Erfolg; Presseinformation der FDP Fraktion Nr. 266; Berlin, 3.4.2013 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Angebot fast verdoppelt; Pressemittelung Nr. 051/ 2013; Berlin, 2.4.2013 PÄLLMANN, W.: Ziel der Bahnreform: Wettbewerbsbranche Schienenverkehr ABERLE, G.: 20 Jahre Bahnreform in Deutschland: Von Bundesbahn und Reichsbahn zur Deutschen Bahn AG; In: Verkehrsmanager 6/ 2013 Monopolkommission: Wettbewerb stärken - Reformen entschlossen angehen; Pressemittelung, Bonn, 6.11.2013 ALTHOFF, A., SCHNEIDER, J.. Marktregulierung und Liberalisierungsauswirkung im Straßengüterverkehr; In: ifo Schnelldienst, 48. Jg. Ausg. 22- 23, S.13-24; München ABERLE, G.: Transportwirtschaft - Einzelwirtschaftliche und gesamtwirtschaftliche Grundlagen; 5. Aul., München: Oldenbourg Verlag GmbH Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung e.V.: Kostenentwicklung im Güterkraftverkehr: abrufbar im Internet unter: http: / / www.bgl-ev.de/ web/ initiativen/ kosten_kalkulator.htm DPD: Treibstofzuschlag für Diesel.; im Internet abrufbar unter: http: / / www.dpd.com/ de/ home/ versand/ versandmoeglichkeiten2/ depot2/ treibstofzuschlag/ dieselzuschlag GLS Group: Das Unternehmen - Dieselzuschlag; im Internet abrufbar unter: https: / / gls-group.eu/ DE/ de/ dieselzuschlag Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein- Westfalen: Tarif-Lohnentwicklung 1990 bis 2012.; Düsseldorf, Januar 2013 Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung e.V.: Entwicklung der Leerkilometer-Anteile deutscher LKW 1998-2012 (ohne Kabotage); November 2013 Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung e.V.: Marktanteile deutscher und ausländischer LKW in Deutschland am Gesamtverkehr (=Grenzüberschreitender und Binnenverkehr); Februar 2011 Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung e.V.: Fahrzeugbestand LKW in Deutschland 1950-2010; Dezember 2010 Umweltbundesamt: Daten zum Verkehr; Ausgabe 2012 STEINRUCK, J.: Lohndumping im Fernverkehr endlich stoppen; Pressemitteilung, 29.8.2013 European Transport Workers‘ Federation: Moderne Sklaverei im heutigen Europa? , Oktober 2012 Sebastian Jürgens, Prof. Dr. Fachgebiet Logistik, Technische Universität Berlin sekretariat@logistik.tu-berlin.de Sebastian Keitel, Dipl.-Ing. Fachgebiet Logistik, Technische Universität Berlin keitel@logistik.tu-berlin.de Sebastian Gerig, M.Sc. Technische Universität Berlin / Berlin Recycling GmbH, Berlin seb.gerig@gmail.com Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 61 Wissenschaft LOGISTIK Nachhaltigkeit und Logistik Wie grün sind Deutschlands Güterverkehrszentren? Die Logistikwirtschaft in Deutschland verfolgt in unterschiedlicher Umsetzungsintensität Nachhaltigkeitsbestrebungen. Das Thema Grüne Logistik gewinnt in diesem Kontext zunehmend an Bedeutung und vollzieht eine Entwicklung hin zu einem umfassenden Nachhaltigkeitsansatz. Dieser beinhaltet drei zentrale Säulen (Ökologie, Ökonomie und Soziales). Lag der Fokus der Grünen Logistik seither auf der Ökologie und der Ökonomie, so kann gegenwärtig eine zunehmende Berücksichtigung der sozialen Komponente beobachtet werden. Gestiegene Anforderungen seitens der Endkonsumenten und Verlader an nachhaltigere Prozesse sind ebenfalls Treiber dieser „grüneren“ Entwicklung. Die Autoren: Hans-Dietrich Haasis, Feliks Mackenthun, Stefen Nestler, Thomas Nobel D as Forschungsprojekt „GVZ-Klimaschutzbenchmarking am Beispiel ausgewählter Güterverkehrszentren in Deutschland“ 1 wird seitens des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2 gefördert. Es ist eines der zahlreichen im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative 3 unterstützten Projekte 4 zur Erreichung der von der Bundesregierung gesetzten Klimaschutzziele. Projektziel Das Ziel besteht im Erfahrungsaustausch von besten Lösungsansätzen in Bezug auf Klimaschutz. Diesbezüglich ist eine umfassende Datenbank entwickelt worden, die zahlreiche „Best Practices“ beinhaltet. Diese sind Maßnahmen, die hinsichtlich Energieeizienz und Klimaschutz von Unternehmen (GVZ-Ansiedlern/ Logistikimmobilien-Entwicklern) umgesetzt wurden und besonders hervorzuhebende Lösungen aufzeigen. Der kontinuierlich verfolgte Prozess der Integration aktueller Best Practices in die Erfolgsdatenbank, die über die Projektwebseite www.gvz-klimabenchmarking.isl.org aufgerufen werden kann, wird nach Abschluss des Projekts fortgeführt. Hierzu wird die Erfolgsdatenbank als zentraler Bestandteil in die Webseite des Dachverbandes der deutschen GVZ (DGG) integriert. Eines der wesentlichen Ziele bestand zudem im Nachweis der CO 2 -Efekte, die sich aus der Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene ergaben. Vorgehensweise und Methodik Für die Untersuchung des Status quo des Klimaschutzes in deutschen GVZ wurden zum einen die gewonnenen Primärdaten aus einer eigenen empirischen Erhebung und zum anderen relevante, externe Studien herangezogen (Bild 1). Während die Berichte von Klimaschutzinstitutionen überwiegend Möglichkeiten zur Emissionsminderung aufzeigen und Handlungsempfehlungen geben, inden sich auf Unternehmensebene bereits praktizierte Erfolgsbeispiele. Diese „Best Practices“ galt es, als einen wichtigen Projektbestandteil im Zuge der Auswertung der einzelnen Berichte herauszuiltern und hervorzuheben. Sie dienen ferner als Vorbildfunktion für andere Unternehmen, durch sie kann oftmals nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden, auch ökonomische Vorteile lassen sich u.a. durch beispielsweise geringere Energiekosten erzielen. Nach diesen „Best Practices“ wurde primär auf Unternehmensebene recherchiert, wobei sich der Fokus auf die Logistikbranche richtete. Die zum Zwecke der Datenerhebung von ISL und LUB entwickelten Fragebogen konnten nach Analyse der Antworten Aufschluss darüber geben, welche Klimaschutzmaßnahmen bereits umgesetzt wurden. Sie richteten sich an folgende Zielgruppen: • GVZ-Trägerschaften (GVZ-Entwicklungsgesellschaften) • Logistikimmobilienentwickler • Ansiedler in den GVZ Die Entscheidung, sich an diese Zielgruppen zu richten, resultierte aus dem Bestreben, innerhalb der Datenerhebung eine möglichst hohe Abdeckung bezüglich der Erkenntnisse zu erlangen. So wurden nach einer umfangreichen Recherche und der daraus erarbeiteten Datenbasis zwei Wege beschritten. Zum einen wurde nach dem sogenannten „Bottom up-Ansatz“ die eigentliche Befragung der drei unterschiedlichen Zielgruppen (GVZ-Trägerschaften/ -Entwicklungsgesellschaften, Logistikimmobilienentwickler, GVZ-Ansiedler) durchgeführt. Weiter wurde gemäß dem „Top down-Ansatz“ mit dem Aubau einer umfangreichen „Best Practices“-Datenbank begonnen. Zentraler Baustein ist im Rahmen des Projekts der Aubau einer „Erfolgsdatenbank“, die diese besten Lösungsansätze in allen untersuchten Kategorien beinhaltet. Die möglichst hohe Abdeckung im Bereich der Datenerhebung konnte einerseits gewährleistet werden durch die eher überregionale Sichtweise der Logistikimmobilienentwickler und der GVZ-Trägerschaften, andererseits durch die umfassende Befragung einzelner An- Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 62 LOGISTIK Wissenschaft siedler der GVZ, die die Daten „von der Basis“ lieferten. An einigen Standorten wurde die Datenerhebung mithilfe persönlich geführter Experteninterviews vorgenommen. Auch hier bot sich die Möglichkeit, direkt an der Basis konkrete Antworten in einem dezidierten Dialog zu erhalten. Die Analysephase, d. h. die Auswertung der Antworten der Befragten und die Auswertung von Studien und Best Practices, begann mit der Quantiizierung und Darstellung der Entwicklungsstände in den einzelnen Güterverkehrszentren. Die versandten Fragebogen wurden in einer Übersicht erfasst, analysiert und ausgewertet und ergaben so einen umfassenden Überblick über die Leistungsstärken und den gegenwärtigen Stand bezüglich umgesetzter Klimaschutzmaßnahmen der einzelnen Standorte. Es hat sich gezeigt, dass besonders leistungsstarke Standorte zu erkennen sind. So ist der Standort GVZ Nürnberg insbesondere beim Thema Kombinierter Verkehr sehr bedeutsam hinsichtlich der Emissionsreduzierung. Am Standort Berlin hingegen ist u.a. ein hoher Umsetzungsstand im Bereich der Erneuerbaren Energien wie z. B. Photovoltaikanlagen zu erkennen. Die im nationalen GVZ-Ranking der DGG aus 2012 identiizierten TOP-Standorte zeichnen sich auch als Vorreiter hinsichtlich der Nachhaltigkeitsbestrebungen aus 5 . Zentrale Erkenntnisse Vor allem im Bereich der gebäudebezogenen Maßnahmen ist eine hohe Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen zu verzeichnen. So wird häuig beispielsweise eine Maximierung der Tageslichtausbeute mit modernen und energieeizienten Beleuchtungssystemen kombiniert, um den Energieverbrauch und damit die Energiekosten der Gebäude auf ein Minimum zu reduzieren. Die ressourcenbezogenen Maßnahmen spiegeln die Problematik der Zusammenführung von Ökologie und Ökonomie wider. Auch wenn bereits ein kleiner Trend zu Photovoltaikanlagen erkennbar ist, sind u.a. die hohen Anschafungs- und Folgekosten für einige Akteure noch problematisch. Die Statik der Gebäude spielt bei den Überlegungen ebenfalls eine große Rolle. Im Bereich der geothermischen Energiegewinnung werden dagegen tendenziell verstärkt Projekte ins Leben gerufen. Ein Großteil der deutschen GVZ weist desweiteren bereits einen hohen Entwicklungsstand bezüglich umgesetzter fahrzeugbezogener Maßnahmen auf. Moderne Fahrzeuglotten sowie die zusätzliche Ausrüstung mit aerodynamischen Verkleidungen, Partikeliltern, rollwiderstandsarmen Reifen etc. sorgen für eine deutliche Emissionsreduzierung. Ein weiterer Ansatzpunkt für die Vermittlung klimaschutzbezogener Maßnahmen sind die Mitarbeiter eines Unternehmens beziehungsweise eines Güterverkehrszentrums. Umso erfreulicher, dass der Trend innerhalb der organisatorischen Maßnahmen eindeutig in Richtung Fahrer- und Mitarbeiterschulungen geht. Darüber hinaus werden vermehrt Nachhaltigkeitsbeauftragte eingesetzt, Energieeinsparungen gemessen, Ziele gesetzt und umgesetzte Maßnahmen öfentlichkeitswirksam kommuniziert. Die Bereiche Energiebezug und besonders die Intermodalität bieten ein hohes Potenzial für die Einsparung von Emissionen. Das größte Klimaschutzpotenzial bietet der Kombinierte Verkehr. Durch eine Verlagerung des Straßenverkehrs auf die Schiene und die Wasserstraße sowie eine intelligente Ausnutzung aller Verkehrsträger lassen sich erhebliche klimaschutzrelevante Einsparungen realisieren. Vorreiter-GVZ Sogenannte Vorreiter-GVZ sind den Erkenntnissen nach vor allem das GVZ Bremen, das GVZ Nürnberg sowie die Güterverkehrszentren in und um Berlin (West, Süd, City GVZ). Sie heben sich durch eine vergleichsweise hohe Auslastung der KV-Terminals hervor, und angesiedelte Unternehmen führen häuig innovative Maßnahmen in vielen der vorgenannten Bereiche durch. Einer der elementaren Bestandteile in der Analysephase, die aubauend auf die Erhebungsphase erfolgte, war die Untersuchung und Berechnung der durch den Kombinierten Verkehr erzielten CO 2 -Emissionsreduzierung (Tabelle 1). Hierzu wurden existierende Standards wie z. B. das Tool „EcoTransIT World“ 6 angewendet, mit dessen Hilfe Ökobilanzen ermittelt werden können. Auf Basis dieser Berechnungen konnte nachgewiesen werden, welche bedeutende Funktion die GVZ in Deutschland für eine grünere Logistik übernehmen. Als Ergebnis ist eine in 2011 erreichte Reduzierung von CO 2 -Emissionen in Höhe von über 600 000 Tonnen allein durch die Verlagerungsefekte errechnet worden. Dies stellt einen Literaturdatenbank II. Best Practices Datenbank „Top-down“ I. Befragung „Bottom-up“ Ressourcenbezogene Maßnahmen Gebäudetechnische Maßnahmen Fahrzeugbezogene Maßnahmen Organisatorische Maßnahmen Energiebezug der Unternehmen Intermodalität GVZ-Trägerschaften GVZ-Ansiedler Logistikimmobilienentwickler GVZ Berlin GVZ Bremen GVZ Dresden GVZ Leipzig … Erfolgsdaten bank- Bild 1: Vorgehensweise zum Aufbau der Erfolgsdatenbank Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 63 Wissenschaft LOGISTIK ökologischen Meilenstein dar, der durch die weiteren, zahlreichen Klimaschutzmaßnahmen noch ergänzt wird. Die Befragungen der drei Zielgruppen ergaben, dass die Logistikimmobilienentwickler bezüglich der Umsetzung einzelner Klimaschutzmaßnahmen als primäre Trendgeber anzusehen sind. Die von den Befragten insgesamt genannten Angaben verdeutlichen, dass in folgenden Bereichen eine nennenswerte bis hohe Umsetzung der Maßnahmen zu verzeichnen ist: • Hohe KV-Potentiale in den GVZ zur Reduzierung von CO 2 -Emissionen • Energieeiziente Beleuchtungssysteme • Maximierung der Tageslichtausbeute • Installation moderner Brennwertkessel • Einsatz moderner Klimaanlagen • Schnelllauftore für Lagerhallen • Wärmehüllen für Rampentore • Einsatz von Fahrzeugen entsprechend der Euro 5- oder Euro 6-Norm • Installation von Partikeliltern in Lkw • Erste Installationen von Photovoltaikanlagen 7 Bei der Betrachtung der Auswertung im Ganzen zeigt sich, dass der Anfang, Klimaschutz fördernde Maßnahmen umzusetzen, zwar getan ist, es jedoch auch zukünftig als wichtig und notwendig angesehen werden muss, den Prozess der Umsetzung dieser klimaschonenden und nachhaltigen Maßnahmen voranzutreiben und bestehende Hürden zu nehmen. Die „Best Practices“-Datenbank sowie die Intensivierung des Benchmarkingprozesses können hier als ideale Kommunikationsplattformen dienen und Anregungen und Hilfestellung bei der Realisierung von Klimaschutzmaßnahmen liefern. Die in den bisherigen Arbeitspaketen gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich der Grünen Logistik zeigen, dass die leistungsstärksten GVZ-Standorte 8 auch jene darstellen, die beim Thema Klimaschutz Vorreiter sind, d. h. intensiv tätig sind: • Als Ergebnis eines funktionalen und stetig durchgeführten Benchmarkingprozesses konnten dabei die „Best Practices“ identiiziert werden. Eine Vergleichbarkeit der Standorte wurde so möglich und dementsprechend abgebildet. Die „Best Practices“ fanden und inden Verwendung in der parallel aufgebauten Erfolgsdatenbank. Sie stellt ein grundlegendes Fundament der Projektarbeit dar und wird dementsprechend kommuniziert. Zur Schafung dieser Datenbasis wurden sämtliche Ergebnisse aus Befragungen, Interviews und Recherchen mit entsprechendem Kennzahlensystem hierin zusammengeführt (Bild 2). • Und auch für die Gesamtheit der deutschen Güterverkehrszentren gilt, so zeigt es die Betrachtung, dass die GVZ-Standorte insgesamt einen maßgeblichen Beitrag zur Umsetzung einer nachhaltigen Grünen Logistik zu leisten vermögen. Die Verbreitung der Erkenntnisse ist ein wichtiger Schritt, um anderen Unternehmen Wissen zu vermitteln und über ökonomische und ökologische Einsparpotenziale zu informieren. Diese wird folgendermaßen angestrebt/ forciert. Forciert wird die intensive Verbreitung über die projekteigene Webseite. Insbesondere steht die Weiterentwicklung der implementierten Erfolgsdatenbank für die Wissensvermittlung im Vordergrund. Mithilfe einer Suchmaske lassen sich beste Lösungsansätze recherchieren, dabei kann nach bestimmten Standorten, Kategorien, Unternehmen etc. gesucht werden. Die Erfolgsdatenbank wird nach Abschluss des Projekts in die Webseite der DGG (www.gvz-org.de) integriert und laufend aktualisiert. Fazit und Ausblick Es bestehen Herausforderungen in Bezug auf Grüne Logistik und deren Umsetzung. Zunächst sind primär noch Leistungskriterien und/ oder der Preis in der Logistik entscheidend. Sekundär werden auch vermehrt Aspekte wie der Klimaschutz und die soziale Dimension der Nachhaltigkeitsdeinition betrachtet. Demgegenüber steht aber das erhöhte zu verzeichnende Interesse an Nachhaltigkeitsberichten und Ökobilanzen, die von der verladenden Wirtschaft nachgefragt werden. Gleichzeitig existieren regulierende Maßnahmen der Gesetzgebungen, die von der Logistikbranche umgesetzt werden müssen. Ebenfalls sind inanzielle Hindernisse nicht zu Bild 2: Best Practices Datenbank Best Practices Datenbank Maßnahmenkategorien: Gebäude Ressourcen Fahrzeuge § Optimierte Isolierung § Heizungs-/ Klimaanlagen § Tageslichtausnutzung Organisation Energiebezug Intermodalität § Photovoltaikanlagen § Windkraftanlagen § Geothermie § … § Optimierte Motorentechnik § Aerodynamik § … § Anteil erneuerbarer Energien § Kombinierter Verkehr § Gleisanschluss § Fahrerschulungen § Monitoring der Energieverbräuche und Emissionen § … 2011 Lkw-Transport KV Straße/ Schiene CO 2 -Ausstoß 953.071 t 330.469 t CO 2 -Vorteil KV 622.602 t Transportmenge 2,316 Mio. TEU Transportleistung 14,653 Mrd. tkm Tabelle 1: CO 2 -Reduzierungsefekte durch die Verlagerung von Verkehren mittels-KV Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 64 Logistik Wissenschaft vernachlässigen, da Renditeerwartungen zu berücksichtigen sind. Das Thema Klimaschutz und Grüne Logistik hat in den deutschen Güterverkehrszentren an Bedeutung gewonnen. Dies ist im Rahmen der Erhebungen deutlich geworden. 9 In der Logistikbranche werden die Themen bislang vor allem auf der eigenen Unternehmensebene behandelt, sodass überbetriebliche Erfahrungen partiell ausgeprägt betrachtet werden. Bisherige Erkenntnisse zeigen, dass die Unternehmen vorwiegend auf gebäude- und fahrzeugbezogene Maßnahmen, wie energieeiziente Beleuchtungssysteme, zusätzliche wärmetechnische Isolierungen oder einen modernen Fuhrpark mit setzen. Vor diesem Hintergrund besteht nach Einschätzung der Verantwortlichen in den Güterverkehrszentren nachweislich ein erhöhter Handlungsbedarf, der insbesondere mittels der Benchmarking-Methodik einen neuen und innovativen Erfahrungsaustausch zur Verstetigung der Klimaschutzwirkungen initiieren und sicherstellen könnte. Das GVZ-Netz stellt das Rückgrat des Kombinierten Verkehrs dar. Noch vor allen anderen Maßnahmen ist die Intermodalität die wichtigste Stellschraube in Güterverkehrszentren zur Reduktion von Emissionen: Insgesamt konnte durch die Verkehrsverlagerung Straße/ Schiene für 2011 der CO 2 -Ausstoß um 600 000 Tonnen reduziert werden. Anhand der Befragungen ließ sich auch feststellen, dass die Nutzungsintensität der KV-Terminals in den GVZ noch weiteres Potential zum Ausbau der Verkehrsverlagerung bietet. Im Zuge der weiteren Recherche zeigen sich auch außerhalb von Güterverkehrszentren sehr gute Ansätze für den Einsatz von Green Logistics. Es gilt hier die gewonnenen Erkenntnisse zur separieren und eine Möglichkeit der Übertragung zu prüfen. Das ISL bietet den Projektpartnern wie Interessierten über den Besuch der selbstentwickelten Projektwebsite die Chance, sich weiter über den Fortschritt des Projekts zu informieren und auch selbst für weitere Anregungen zu sorgen. Kern des Wissenstransfers sind die zahlreichen in der weiter wachsenden integrierten „Best Practices“ in der Erfolgsdatenbank. ■ www.gvz-klimabenchmarking.isl.org 1 Vgl. http: / / www.gvz-klimabenchmarking.isl.org/ 2 Vgl. http: / / www.bmu.de/ 3 Vgl. http: / / www.klimaschutz.de/ 4 Förderkennzeichen: 03KSF006 5 KLOTZ, H. (2012) 6 Vgl. ECOTRANSIT WORLD (2013) 7 Exkurs: Die Installation von Photovoltaikanlagen erscheint auf den „ersten Blick“ hoch plausibel. In den GVZ existieren bekanntermaßen große Potenziale an Hallendächern (z. B. 1 Mio. m² im GVZ Bremen), die dafür zu nutzen wären. Neben statischen Einschränkungen (z.B. durch geringere Dachlasten der Logistikanlagen im Vergleich zu herkömmlichen Dächern) spielt aktuell die Renditeerwartung eines solchen Investments eine entscheidende Rolle. Nach Aussagen von GVZ-Unternehmen ist diese deutlich geringer als ein Investment in den Kernbereichen (-kompetenzen) wie Equipment oder Logistikanlagen. Demzufolge erfolgt die Installation von Photovoltaikanlagen langsamer als zunächst zu erwarten war. 8 Vgl. DGG (2012): Ranking der deutschen GVZ-Standorte 2012. 9 Die Erkenntnisse und Ergebnisse dieser Untersuchungen sind in den inzwischen 3. Band der DGG-Schriftenreihe „Makrologistische Knoten“ - „Grüne Güterverkehrszentren in Deutschland - ein erster Einblick“ eingelossen. LITERATUR BMU - Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2013): http: / / www.klimaschutz.de. BMU -Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2012): „Klimapolitik und Energiewende in Deutschland: Aktuelle Herausforderungen“, Saarbrücken. DGG - Deutsche GVZ-Gesellschaft mbH (2012): „Ranking der deutschen GVZ-Standorte 2012“, Bremen/ Dresden. DVV Media Group GmbH (2013): „DVZ Nachhaltigkeitsreport Transport und Logistik 2013/ 2014“, Hamburg. ECOTRANSIT WORLD - The Ecological Transport Information Tool (2013): http: / / www.ecotransit. org. Europäische Kommission (2013): “Green Paper - A 2030 framework for climate and energy policies”, Brüssel. Europäische Kommission (2011): Weißbuch „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum - Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem, Brüssel. Gregori, G. / Wimmer, T. (2011): „Das Grünbuch der nachhaltigen Logistik“, Hamburg. Klotz, H. (2012): „Aus Standorten wird ein Netz“, in: Deutsche Verkehrs-Zeitung, Nr. 122, 23.10.2012, S. 3, Hamburg. Kranke, A. / Schmied, M. / Schön, A. (2011): CO2-Berechnung in der Logistik, München. Lohre, D. / Bernecker, T. / Gotthardt, R. (2011): „Grüne Logistik: Ein Gewinn für Verlader und Logistikdienstleister“, Stuttgart. LUB/ ISL (2011): Gutachten „Efekte der Güterverkehrszentren (GVZ) in Deutschland”, im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin. Mackenthun, F. / Nestler, S. / Nobel, T. / Nord, A. (2013): „Grüne Güterverkehrszentren in Deutschland - ein erster Einblick“, DGG-Schriftenreihe „Makrologistische Knoten“, Band 3, Berlin. Nehm, A. / Schwemmer, M. / Kübler, A. (2011): „Nachhaltigkeitsindex für Logistikdienstleister“, Nürnberg. PTJ - Projektträger Jülich - Forschungszentrum Jülich GmbH (2013): http: / / www.ptj.de/ klimaschutzinitiative. Sadowski, P. (2010): „Grüne Logistik - Grundlagen, Ansätze und Hintergründe zur Optimierung der Energieeizienz in der Logistik“, Saarbrücken. Hans-Dietrich Haasis, Prof. Dr. Vorsitzender des Direktoriums des ISL und Lehrstuhlinhaber Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Produktionswirtschaft und Industriebetriebslehre Universität Bremen haasis@isl.org thomas Nobel, Dr. Bereichsleiter Standortlogistik Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL), Bremen nobel@isl.org stefen Nestler, Dipl.-Ing. Geschäftsführer LUB Consulting GmbH, Dresden nestler@lub-consulting.de Feliks Mackenthun, Dipl.-Ökonom Wissenschaftlicher Mitarbeiter Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL), Bremen mackenthun@isl.org Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 65 Stuttgart Services Intelligent vernetzte, nachhaltige und einfache Elektromobilität um urbane Angebote für die Region Stuttgart ergänzen Das Projekt Stuttgart Services entwickelt mit der Stuttgart Service Card ein einheitliches Zugangsmedium zur Elektromobilität und zu ergänzenden städtischen Angeboten und wird bis einschließlich Dezember 2015 im Rahmen des Bundesprogramms „Schaufenster Elektromobilität“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Ziel des Projekts ist eine möglichst umstandslose Nutzung elektromobiler Mobilitätsdienstleistungen, ergänzt um weitere urbane Angebote - vom ÖPNV, über Car- und Bikesharing bis hin zu Bädern und Bibliotheken sowie einer integrierten Bezahl- und Bonusfunktionalität. So soll die Stuttgart Service Card zum Schlüssel für Stuttgart und die Region werden und dem Nutzer den urbanen Alltag erleichtern. Die Autoren: Jörn Meier-Berberich, Markus Raupp D ie zunehmende Urbanisierung hat die Verkehrsnetze der Ballungszentren zu den Hauptverkehrszeiten an ihre Belastungsgrenze geführt, zugleich steigt das Umweltbewusstsein der Bevölkerung an. Beide Faktoren haben zu einer Veränderung der urbanen Mobilität geführt. Insbesondere für die jüngere Generation gilt verstärkt das Motto „nutzen statt besitzen“, und gerade im städtischen Umfeld entwickelt sich die Elektromobilität weiter. Der Trend geht unter anderem zu multimodalen Mobilitäts- und Service-Providern, die übergreifende und integrierte Produktkonzepte anbieten. Die Herausforderung liegt in der intelligenten Vernetzung der einzelnen Akteure durch Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) auf Basis tragfähiger Geschäftsmodelle. An dieser Achse platziert sich das Projekt Stuttgart Services als komplexes Verbundprojekt, in dem 14 Konsortialpartner und acht assoziierte Partner unter der Konsortialführerschaft der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) die Vernetzung (elektromobiler) Mobilitätsdienstleistungen und weiterer Angebote vorantreiben. In einer Vorstufe können Abonnenten bereits seit Ende November 2012 ihren Verbundpass gegen einen Mobilpass tauschen, der noch kein elektronisches Ticket ist, aber den Zugang zu multimodalen Angeboten ermöglicht. Die Einführung des Mobilpasses wurde durch den Verband Region Stuttgart (VRS) gefördert. In der nächsten Stufe können Abonnenten dann ab 2015 die Stuttgart Service Card auch als Zugangsmedium im ÖPNV in Form eines elektronischen Fahrscheins nutzen. Gerade in der Region Stuttgart bietet diese Verknüpfung von ÖPNV und Elektromobilität eine Möglichkeit, auf die hohe Belastung der Region durch den motorisierten Individualverkehr zu reagieren und so den Nachhaltigkeitsverbund (zu Fuß, Fahrrad, Sharingkonzepte, ÖPNV und elektromobiler Individualverkehr) zu stärken. Um die für eine wirtschaftliche Umsetzung notwendige kritische Kundenmasse zu erreichen, werden die elektromobilen Angebote mit dem großen Kundenkreis des ÖPNV sowie dem alltäglichen Leben verknüpft, was durch die Einbindung zusätzlicher Leistungen wie einer Zahlungsfunktionalität, eines Bonussystems und urbaner Angebote über einen einheitlichen Zugang für den Nutzer erfolgt (Bild 1). Wesentliche Anlauf- und Informationsstelle für den Nutzer ist das Web- Portal, über das er sich informieren, Dienstleistungen buchen und bezahlen kann. Im Hintergrund werden die Systeme der Partner über eine B2B-Brokering-Plattform vernetzt. Integrierte Angebote MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 66 MOBILITÄT Integrierte Angebote Im Mittelpunkt steht der Nutzer Diese B2B-Brokering-Plattform stellt eines der zentralen Elemente des Projekts Stuttgart Services dar und wird von Bosch Software Innovations entwickelt (Bild 2). Konsequent und umfassend verbindet diese neuartige und hoch komplexe inter- und multimodale Informations- und Buchungsplattform elektromobile Sharing-Angebote sowie weitere multimodale Angebote mit den Fahrplanauskünften des ÖPNV. Das schaft eine neue Qualität des Routings bzw. der Fahrtempfehlungen. Im Mittelpunkt steht der Nutzer: Ihm werden bedarfsgerechte Informationen und Services zur Verfügung stehen, die ihn zur Nutzung von Elektromobilität und multimodalen Angeboten motivieren. Die Realisierung dieser integrierten Gesamtlösung wird in der Summe eizienter sein und deutlich mehr Kundennutzen stiften als Einzellösungen, die in ihrer Komplexität den Nutzer überfordern und dadurch zusätzliche Zugangshemmnisse aufbauen würden. Hierzu ist es unerlässlich, dass der Nutzer neben der Informationsauch eine Reservierungs- und Buchungsfunktion erhält und damit eine medienbruchfreie Interaktion gewährleistet ist. Die Informations- und Buchungstechnologien sind in den einzelnen Systemen bereits vorhanden. Die Innovation besteht darin, • die Erfahrung aus den Informationssystemen des ÖPNV auf Anbieter aus dem (elektromobilen) Individualverkehr auszuweiten sowie • die bestehenden Einzelsysteme aller Partner auf einer Plattform miteinander zu vernetzen und über ein geeignetes Portal dem Nutzer zugänglich zu machen. So soll die erforderliche Akzeptanz und damit die erforderliche Marktdurchdringung der Elektromobilität ganz besonders im Bereich multimodaler Angebote als Komplementärangebot und nicht als Konkurrenzsystem zum ÖPNV gefördert werden. Gleichzeitig sollen möglichst viele Bürger mit elektromobilen Angeboten in Kontakt kommen können. Komplexe Systeme für weitreichende Integration Dies macht eine der wesentlichen Herausforderungen im Projekt deutlich: die weitreichende Integration über verschiedene Mobilitätsanbieter bzw. Anbieter weiterer Leistungen, die alle bereits über autarke Systeme verfügen. Voraussetzung hierfür ist, dass die IKT-Systeme der Anbieter miteinander kommunizieren können, was im Hintergrund einen erheblichen technischen Aufwand bedeutet. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Nutzung bestehender Standardisierungen und Normen. Nur so lassen sich viele Anbieter eizient über eine ofene und serviceübergreifende Plattform vernetzen und zusätzliche Anbieter unkompliziert aufnehmen. Hierzu werden neuartige Schnittstellen deiniert und als Vorschlag bei den relevanten Standardisierungsgremien eingebracht. Durch die ofene Ausgestaltung der Plattform auf Basis standardisierter Schnittstellen ist der Implementierungsaufwand bei den einzelnen Partnern überschaubar und planbar. Für den ÖPNV existiert mit der VDV-KA bereits ein Standard, der beschreibt, wie ein System insbesondere innerhalb des ÖPNV realisiert werden kann - also welche Rollen und Prozesse zu unterstützen sind - und der auch vorsieht, weitere Anwendungen zu unterstützen. Dieser Standard kann als Orientierung für die Vernetzung im ÖPNV-Bereich, aber auch darüber hinaus dienen. Die Anbindung verschiedener Anbieter aus unterschiedlichen Branchen bringt es mit sich, dass unterschiedliche B2C-Systeme mit heterogenen Dateiformaten aufeinander treffen. Eine vertiefende Analyse von Prozessen, Dateiformaten, Schnittstellen und Hintergrundsystemen ist daher unerlässlich. Auf dieser Basis entsteht die Konzeption für die integrierte Informations- und Bu- Bild 2: Die IKT-Gesamtarchitektur für Stuttgart Services Prototypische Erprobung von Mehrwertdiensten und übergreifenden B2B-Prozessen Buchung, Kartenservices …) Anbindung weiterer Plattforme n Berlin: : : Vernetzte eMobilitätsdienste für B2B Kunden Stuttgart: : : Get-E-Ready E-Mobilitäts Roaming Plattform Hubject : : Weitere Schaufensterprojekte ÖPNV Services: Inter- und multimodales Routing (Echtzeit) Bereitstellung von Adaptoren sowie Daten- & Informationsdrehscheibe (Integrationslogik) und serviceübergreifende B2B- Business-Logik B2C-Service-Portal für Stuttgart Services Nutzer B2C- Logik Handel und Marketing car2go Parken und Laden Flinkster Bibliotheken und Bäder stadtmobil Bezahl- und Bonussystem Call a Bike ÖPNV Weitere Urbane Angebote Mobilitätsangebote Anbindung Partner-B2C-Services (Vertriebskanäle) Bild 1: Die Stuttgart Service Card ist Zugangsmedium für zahlreiche Mobilitäts- und Serviceangebote. (Alle Abbildungen: Stuttgart Services) Intermodale Elektromobilen ÖPNV nutzen Elektromobiles Car- und Bikesharing nutzen Parken und Laden Bezahlen und Punkte sammeln Bibliotheksmedien ausleihen Bürgerservices nutzen Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 67 Integrierte Angebote MOBILITÄT chungsplattform. Hierzu werden die Architektur, die technischen wie auch die inhaltlichen Schnittstellen deiniert. Aktuell sind bereits mehr als 70 System- Use-Cases identiiziert. Bis Januar 2014 wurden alle Anwendungsfälle sowie sonstige funktionale und nicht funktionale Anforderungen deiniert. Auf dieser Basis erfolgt die Festlegung der fachlichen und technischen Gesamtarchitektur. Über die Anbindung der unterschiedlichen Partnersysteme gewährt die Plattform dem Nutzer den Zugang zu allen Angeboten von Stuttgart Services wie aus einer Hand - komplexe Hintergrundsysteme ermöglichen den einfachen und einheitlichen Zugang zur Elektromobilität. Dafür muss es natürlich zugängliche, elektrisch betriebene Systeme und viele weitere Services geben. Dies wird in Stuttgart insbesondere durch das vollelektrische car2go-System, elektrisch betriebene Fahrzeuge bei Flinkster und Pedelecs bei Call a Bike gewährleistet (Bild 3). Bedeutende Rolle für den Datenschutz Neben der bereits genannten Herausforderung der technischen Vernetzung einzelner, bereits bestehender autarker Systeme kommt auch dem Datenschutz eine bedeutende Rolle innerhalb dieses Projekts zu. Die große Zahl der Angebote im Rahmen von Stuttgart Services sowie die vielen mitwirkenden Partner bringen es mit sich, dass eine Vielzahl von Nutzerdaten verarbeitet werden müssen. Durch die hohe Relevanz dieser Thematik wird der Datenschutz daher im Rahmen des Projekts in einem eigenen Arbeitspaket behandelt, sodass darauf bereits in der Konzept- und Planungsphase entlang der geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen geachtet wird und relevante Datenschützer eingebunden werden. Der sorgsame Umgang mit den Nutzerdaten ist selbstverständlich - nicht nur, weil im Rahmen des Projekts der Kundennutzen im Mittelpunkt steht. Er ist auch für die Konsortialpartner von hoher Bedeutung, da jeder Wert darauf legt, seine Kundendaten auch exklusiv zu behalten. Der Nutzer kann sein Mobilitätsverhalten durch die zentral gesteuerten Prozesse - Beauskunftung und weitere Serviceprozesse - innerhalb der Informations- und Buchungsplattform so einfach, übersichtlich und zeitsparend wie möglich planen. Durch die Integration von Echtzeitinformation erhält er eine fundierte Grundlage, um sich für das jeweils geeignetste Verkehrsmittel zu entscheiden. Die daraus entstehende Attraktivität wird den Nachhaltigkeitsverbund stärken und den Umstieg vom Pkw auf den ÖPNV und auf elektromobile und multimodale Angebote erleichtern. So leistet Stuttgart Services langfristig einen wirksamen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz und bewirkt eine positive Veränderung des Modal Split zugunsten des Nachhaltigkeitsverbundes sowie eine Reduzierung negativer Umweltbelastungen wie CO 2 , Lärm und Unfallzahlen. Diese Vorteile sowie die teilnehmenden ÖPNV-Dauerkunden lassen eine große Anzahl von Nutzern für Stuttgart Services erwarten. Davon proitieren die an der Umsetzung des Projekts beteiligten Partner: Sie können durch die zusätzliche vertriebliche Zuführung über Stuttgart Services ihre Angebote einer großen Anzahl möglicher Kunden in der Region Stuttgart zugänglich machen. Alle Partner haben durch die Integration ihrer Angebote in das Portfolio von Stuttgart Services also potentiell Zugang zu einer breiten Kundenbasis, wenn der Kunde dies wünscht und zulässt. Gleichzeitig werden durch die Verknüpfung mit ergänzenden Mobilitätsdienstleistungen und weiteren Angeboten auch die eigenen Angebote des jeweiligen Partners attraktiver. Die Mitwirkung und Leistungserbringung in einem öfentlichkeitswirksamen Innovationsprojekt stellt für die beteiligten Partner zudem einen Imagegewinn dar und das in der Projektarbeit gewonnene Know-how und die Erfahrungswerte lassen sich auf weitere Projekte adaptieren. ■ Jörn Meier-Berberich, Dipl.-Kfm. Kaufmännischer Vorstand der SSB, Stuttgarter Straßenbahnen AG, Stuttgart joern.meier-berberich@ mail.ssb-ag.de Markus Raupp, Dr. Leiter Marketing & Vertrieb der SSB, Stuttgarter Straßenbahnen AG, Stuttgart markus.raupp@mail.ssb-ag.de Stuttgart Services im Kontext Stuttgart Services ist eines von rund 40-Projekten und mit etwa 25 Mio. EUR veranschlagten Kosten das größte Projekt im baden-württembergischen Schaufenster „LivingLab BWe mobil“. Rund 9,5 Mio. EUR sind durch die Förderzusage im Rahmen der Initiative „Schaufenster Elektromobilität“ der Bundesregierung abgedeckt. Insgesamt stellt der Bund für das Schaufensterprogramm Fördermittel in Höhe von 180 Millionen Euro bereit. In den groß angelegten regionalen Demonstrations- und Pilotvorhaben wird Elektromobilität an der Schnittstelle von Energiesystem, Fahrzeug und Verkehrssystem erprobt. Auf die Ergebnisse des Forschungsprojekts können dann auch andere Regionen oder Städte zurückgreifen. Im baden-württembergischen Schaufenster „LivingLab BWe mobil“ erforschen mehr als 100 Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und öfentlicher Hand Elektromobilität in der Praxis. Die Projekte konzentrieren sich mit ihren Aktivitäten auf die Region Stuttgart und die Stadt Karlsruhe und sorgen auch international für eine große Sichtbarkeit. Das „LivingLab BWe mobil“ steht für einen systemischen Ansatz mit ineinandergreifenden Projekten, die Elektromobilität vom E-Bike über den E-PKW bis hin zu elektrischen Transportern und Plug-in-Linienbussen für jedermann erfahrbar machen. Die Projekte adressieren Fragestellungen zu Intermodalität, Flotten und gewerblichen Verkehren, Infrastruktur und Energie, Stadt- und Verkehrsplanung, Fahrzeugtechnologie, Kommunikation und Partizipation sowie Ausbildung und Qualiizierung. Das Großforschungsprojekt wird durch das Land Baden-Württemberg und die Region Stuttgart unterstützt. Koordiniert wird das „LivingLab BWe mobil“ durch die Landesagentur für Elektromobilität und Brennstofzellentechnologie e-mobil BW GmbH und die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS). www.schaufenster-elektromobilitaet.org www.livinglab-bwe.de Bild 3: Einfach umsteigen - zum Beispiel zwischen Elektroauto und Zahnradbahn Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 68 Nachtzug 2.0 Neue Chancen durch Hochgeschwindigkeitsangebote Das traditionelle Geschäftsmodell des Nachtzugbetriebs steht weltweit vor großen Herausforderungen. Eine Studie der DB International GmbH im Auftrag des Internationalen Eisenbahnverbands (UIC) hatte das Ziel, neue Entwicklungspfade für den Nachtzugverkehr aufzuzeigen. Im Zentrum der Untersuchung stand die zukünftige Nutzung von Hochgeschwindigkeitsstrecken und -fahrzeugen bei Nachtzügen. Die Autoren: Thomas Sauter-Servaes, Steven Olma D er Nachtzugverkehr sieht sich seit einigen Jahren mit einem steigenden Wettbewerbsdruck konfrontiert. Dies gilt vor allem für das traditionelle Nachtzuggeschäft, dessen Züge neben Sitzwagen je nach Qualitätsniveau auch Liegeund/ oder Schlafwagen anbieten. Diese Züge verlassen abends den Ausgangsbahnhof und erreichen ihren Zielbahnhof am Vormittag des Folgetages. In einem anderen Marktsegment agieren mehrtägige Bahnreisen und Luxuszüge, die stärker touristisch geprägt sind und bei denen die Zugfahrt selbst einen Erlebniswert darstellt. Standardtageszüge, die nur aus Sitzwagen bestehend auf Nachtverbindungen eingesetzt werden, sind eher als intramodale Low-Budget-Konkurrenz anzusehen. Nicht selten ist ihr Einsatz den Umlaufplanungen des Tagesverkehrs geschuldet. Sandwichposition zwischen HGV- Tageszügen und Low-Cost Carriern Als bedeutendere intramodale Konkurrenz verbinden Hochgeschwindigkeitszüge im Tagesverkehr immer mehr Städte, die zuvor schwerpunktmäßig von Nachtzügen bedient wurden. Aufgrund des kontinuierlich weiter wachsenden Hochgeschwindigkeitsnetzes und neuer Fahrzeuggenerationen mit stärkerer Beschleunigung und höheren Höchst- und Durchschnittsgeschwindigkeiten wird sich dieser Trend in Zukunft fortsetzen. Gleichzeitig hat die Liberalisierung des Luftverkehrs zum Markteinstieg vieler neuer Luftverkehrsgesellschaften geführt. Die neuen Low-Cost-Fluggesellschaften haben auf der Kurz- und Mittelstrecke eine starke Ausdehnung des Flugstreckennetzes und der angebotenen Kapazitäten bewirkt [DLR 2006; DLR 2013]. Damit ist der Luftverkehr nicht nur auf immer mehr Städteverbindungen mit relevanten Kapazitäten im Markt vertreten. Er hat zudem einen teilweise ruinösen Preiswettbewerb ausgelöst, der sich auch verkehrsträgerübergreifend auf die Zahlungsbereitschaft im Nachtzugverkehr auswirkt. Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage nach einer Neuausrichtung des Nachtzugverkehrs. In der Vergangenheit haben die Bahngesellschaften vor allem mit Angebotskürzungen und Kostenoptimierungen im Bestandsnetz auf die wachsende intramodale und intermodale Konkurrenz reagiert [Manthei 2005]. Alternativ kann der Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes als Chance angesehen werden, mit altem oder neuem Fahrzeugmaterial deutlich höhere Durchschnittsge- Foto: Ivanikova/ Fotolia MOBILITÄT Nachtzüge Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 69 Nachtzüge MOBILITÄT schwindigkeiten zu erzielen. Hierdurch ließen sich einerseits spätere Abfahrtzeiten, frühere Ankünfte oder eine robusterer Fahrplan realisieren. Bedeutend interessanter ist es jedoch innerhalb der bestehenden Zeitfenster erheblich größere Entfernungsbereiche abzudecken [Sauter-Servaes 2012]. Neues Nachtzugprodukt als Antwort auf veränderten Markt Bislang agiert der traditionelle Nachtzugverkehr mit Höchstgeschwindigkeiten von maximal 200 km/ h und überwiegenden Reiseentfernungen von rund 1000 km. Diese Werte können je nach betrachteter Weltregion stark variieren. Durch eine Erhöhung der Spitzengeschwindigkeit auf etwa 300 km/ h werden Reiseweiten von über 2000 km innerhalb eines 12-h-Zeitfensters realisierbar. Geeignetes Rollmaterial ist mit dem Bombardier Zeiro CRH1 als Nachtzugversion in China bereits im Einsatz. Das Streckennetz kann somit signiikant ausgedehnt und neue nachfragestarke Destinationen eingebunden werden. Das entsprechende Angebot wurde als Very Long Distance Night Train (VLDNT) deiniert (siehe Bild- 1). Damit dringt der Nachtzug in ein Marktsegment vor, das bislang stark vom Luftverkehr dominiert wird. Auto, Bus und Tageszug sind über Distanzen von rund 2000 km aufgrund der langen Reisezeiten für einen Großteil der Reisenden zu unkomfortabel und stellen daher überwiegend keine relevanten Alternativen dar (siehe Bild-2). Fokussiert sich der Wettbewerb auf den Luftverkehr, kann der Nachtzug zukünftig von seinem elektrischen Antrieb und seiner bedeutend höheren Klimaverträglichkeit proitieren. In weit geringerem Maße wird seine Kostenstruktur von dem prognostizierten Ölpreisanstieg betrofen sein als der Luftverkehr. Zudem könnten weitere politische Klimaschutzregulierungen den Luftverkehr empindlich trefen und zu kostenintensiven Ausgleichsmaßnahmen (z. B. Emissionsrechtehandel) oder gar Verkehrsbeschränkungen führen. Im Zeitraum bis 2025 ist daher zu erwarten, dass die Attraktivität des VLDNT für Privatreisende (Preis), Geschäftsreisen induzierende Unternehmen (CSR-Ziele, Image) und Politik (Klimaschutzziele) tendenziell steigen wird. Unter strategischen Gesichtspunkten stellt die Aufnahme besonders langer Städteverbindungen demnach ein attraktives neues Geschäftsfeld dar. In der von DB International im Auftrag der UIC durchgeführten Studie [UIC 2013] sollte daher untersucht werden, inwieweit die bahnseitig systemimmanenten Charakteristika den wirtschaftlichen Betrieb derartiger Verkehre ermöglichen. Entsprechend sollte geprüft werden, ob die notwendigen Trassenkapazitäten auf den Hochgeschwindigkeitsstrecken in der Nacht tatsächlich zur Verfügung stehen und die Kostenstruktur durch das neue Betriebsschema beeinlusst wird. Ausgehend von der betrieblichen Machbarkeit des VLDNT-Angebots war das nachfrageseitige Reisendenpotenzial für das neue Angebot zu ermitteln. Dabei wurde ein äußerst konservativer Berechnungsansatz angewendet. Die Abschätzung des Gesamtaukommens der jeweiligen VLDNT- Route basiert ausschließlich auf den Passagierzahlen der substituierbaren Nonstop- Flugverbindungen. Mögliche Verlagerungen vom Tageszugverkehr, Bus oder Auto zum VLDNT wurden nicht betrachtet, da ihr Marktanteil verhältnismäßig gering ist und die Datengrundlagen im Vergleich zum Luftverkehr nur sehr unvollständig zur Verfügung stehen. Durch das innovative Angebot induzierte Neuverkehre wurden bewusst nicht berücksichtigt. Globale Identifikation von Streckenpotenzialen Die Studie untersucht die Chancen neuer Nachtzugangebote nach dem VLDNT-Modell in insgesamt fünf Weltregionen: China, Indien, USA, Japan und Europa. Auf der Grundlage eines Gravitationsmodells werden für jede Region Nachfrageschwerpunkte identiiziert und potenziell aukommensstarke Korridore skizziert. Anhand des speziischen Betriebsprogramms von qualitativ hochwertigen Nachtzügen (Boardingzone, Nachtruhe, De-Boardingzone, vgl. Sauter- Servaes 2007 und Bild 3) werden innerhalb der Korridore geeignete VLDNT-Strecken konstruiert. Für die jeweils substituierbaren Nonstop-Flugstrecken konnte dann das existierende Fluggastaukommen ermittelt und per Trendprognose für 2025 berechnet werden. Die so streckenspeziisch erhobene Gesamtnachfrage wurde ins Verhältnis zur Kapazität des geplanten Nachtzuges gesetzt. Daraus abgeleitet wird die notwendige Substitutionsrate, also der prozentuale Anteil aller relevanten Flugreisenden, die zur Erzielung eines marktüblichen Auslastungsgrades auf den Nachtzug verlagert werden müssten. Je kleiner diese Rate ist, desto größer ist Chance am Markt zu reüssieren. An die Analyse der nachfrageseitigen Machbarkeit (Potenzialanalyse) schloss sich Untersuchung der wirtschaftlichen Machbarkeit (Kostenanalyse) an. Die Studie geht davon aus, dass ein wirtschaftlicher Betrieb Bild 1: Traditionelles und innovatives Nachtzugangebot im Vergleich Bild 2: Konkurrierende Verkehrsträger im Entfernungsbereich 2000 km Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 70 MOBILITÄT Nachtzüge des VLDNT nur möglich ist, wenn das Produkt bezogen auf die Kosten pro verfügbaren Sitzplatzkilometer (ASK) 2025 ein ähnliches Niveau wie die Low-Cost-Fluggesellschaften erzielt. Aufgrund der aktuellen Datenverfügbarkeit beschränkt sich die vergleichende Kostenbetrachtung von Luftverkehr und VLDNT auf das Untersuchungsgebiet Europa. Als zusätzliche Orientierungshilfe wurde zudem für ausgewählte Routen eine aktuelle Preisanalyse durchgeführt. Die ermittelten Preisspektren dienten der Abschätzung des gegenwärtig zu erzielenden Ertrags pro Kilometer eines zukünftig konkurrierenden Nachtzugangebots. Attraktive Wettbewerbsposition - aber hemmende Infrastrukturkosten Das aktuelle Passagieraukommen ist überwiegend so hoch, dass überwiegend bereits die Verlagerung von rund zehn Prozent der für 2025 prognostizierten Flugpassagiere auf den VLDNT den für einen wirtschaftlichen Betrieb erforderlichen Auslastungsfaktor von 75 Prozent gewährleisten würde. Insbesondere in China wurden mehrere Nachtzugkorridore mit hohem Reisendenpotenzial identiiziert. Aber auch die europäische Achse Madrid-Barcelona-Paris- London (bzw. Paris-Brüssel-Amsterdam) erzielte aussichtsreiche Resultate. Aufgrund der prognostizierten Ölpreissteigerungen und zu erwartenden härteren Klimaschutzregulierungen wird sich die Wettbewerbssituation bis 2025 voraussichtlich weiter verbessern. Für 2025 kommt die Studie zu dem Schluss, dass sich der Kostenvorteil pro Sitzbzw. Bettkilometer des Luftverkehrs gegenüber dem Nachtzug deutlich verringert. Aufgrund der bedeutend höheren Lauleistung des Nachtzugs (Streckenführung über aukommensrelevante Unterwegshalte plus allgemeiner Umwegfaktor) und der voraussichtlich weiterhin geringeren Auslastung als beim Flugzeug bleibt der Kostennachteil bezogen auf die Reisekosten pro Sitz/ Bett allerdings signiikant (siehe Beispielrelation London - Madrid in Bild 4). Zwar bestehen grundsätzlich Einschränkungen bei der nächtlichen Nutzung der Hochgeschwindigkeitsinfrastruktur durch Wartungsarbeiten, hohes Gütertransportaukommen und Kapazitätsengpässe in den abendlichen und morgendlichen Verkehrsspitzen. Diese werden jedoch nicht als unüberwindbares Hindernis eingestuft. Die entscheidende Hürde für einen wirtschaftlichen Betrieb stellen jedoch die Trassengebühren dar. Bei der auf Europa beschränkten Kostenbetrachtung wurden sie als der mit Abstand größte Kostentreiber für das innovative Angebot identiiziert. Teilweise betragen sie über 60 Prozent der Gesamtkosten - und können vom Nachtzuganbieter nicht beeinlusst werden. Nur wenn es gelingt, ein spezielles Gebührenmodell für Nachtzüge zu implementieren, kann sich diese besonders klimafreundliche Reiseform langfristig zu einer ökonomisch tragfähigen Alternative zu Mittelstreckenlügen entwickeln. ■ Die vollständige Untersuchung unter: http: / / www.uic.org/ IMG/ pdf/ study_night_trains_2.0.pdf (Broschüre) http: / / www.uic.org/ IMG/ pdf/ 2013-04-30_uic_study_night_trains_2.02. pdf (Studie) LITERATUR DLR (2006): Low Cost Monitor 1/ 2006. Der aktuelle Low Cost Carrier Markt in Deutschland. Köln, Berlin. Im Internet: http: / / www.dlr.de/ fw/ Portaldata/ 42/ Resources/ dokumente/ aktuelles/ Low_Cost_ Monitor_I_2006.pdf DLR (2013): Low Cost Monitor 1/ 2013. Der aktuelle Low Cost Carrier Markt in Deutschland. Köln. Im Internet: http: / / www.dlr.de/ fw/ Portaldat a / 4 2 / R e s o u r c e s / d o k u m e n t e / a k t u e l l e s / L o w _ C o s t _ Monitor_I_2013_final.pdf Manthei, Thomas (2005): Die Zukunft des Nachtzugverkehrs in Europa. In: ZEVrail, Vol. 125, Heft 4, S. 2-9. Sauter-Servaes, Thomas (2007): Nutzungsanreize und -hemmnisse innovativer multimodaler Kooperationsmodelle im Personenfernverkehr anhand des Fallbeispiels Night&Flight. Berlin. Im Internet: Sauter-Servaes, Thomas (2012): Per Nachtzug durch Europa. In: Welzer/ Rammler (Hrsg.): Der FUTURZWEI Zukunftsalmanach 2013. Geschichten vom guten Umgang mit der Welt. Schwerpunkt Mobilität. S. 410-418. UIC (Hrsg., 2013): UIC-Study Night Trains 2.0. New opportunities by HSR? Full report. Im Internet: http: / / www.uic.org/ IMG/ pdf/ study_night_ trains_2.0.pdf Thomas Sauter-Servaes, Dr.-Ing. Mobilitätsforscher & Studiengangleiter „Verkehrssysteme“ ZHAW School of Engineering thomas.sauter-servaes@zhaw.ch Steven Olma, Dipl.-Ing. Senior Consultant DB International GmbH, Berlin steven.olma@db-international.de Bild 4: Verkehrsträgerübergreifender Kostenvergleich - Prognose 2025 Bild 3: Betriebsmuster qualitativ hochwertiger Nachtzüge Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 71 Elektromobilität im Alltag Praxisnaher Einsatz in Frankfurt am Main Die jüngste Renaissance der Elektromobilität zeigt nach gut sechs Jahren kleine, aber stetige Erfolge. Viele namhafte Automobilhersteller sind aktuell mit Fahrzeugen am Markt und die Zulassungszahlen steigen langsam, aber kontinuierlich. Ob die Elektromobilität aber dauerhaft zu einer Erfolgstory wird, darüber sind sich die Experten aktuell noch nicht einig. In Frankfurt am Main setzt sich die Wirtschaftsförderung dafür ein, dass die Elektromobilität im Alltagsgeschäft eizient und erfolgreich genutzt wird. Dabei sucht sie auch den Erfahrungsaustausch mit anderen europäischen Großstädten. Der Autor: Ansgar Roese S eit den 1970er Jahren hat die Elektromobilität mehrfach eine Renaissance durchlebt. Leider ohne dabei dauerhafte Erfolge zu hinterlassen. Der jüngste Versuch im Jahr 2008 soll der Elektromobilität nun endlich zum Durchbruch verhelfen. Die Forderung der Politik, über eine vom Rohöl unabhängige und emissionsfreie Automobilität nachzudenken, führte dazu, dass sich das Gros der Hersteller nun ernsthaft mit der Aufnahme eines Elektrofahrzeuges in ihr Angebot beschäftigte. Parallel dazu begannen viele Städte und Gemeinden darüber nachzudenken, wie man zukünftig dem hohen Bedarf an Ladeeinrichtungen für die Elektrofahrzeuge begegnen sollte. Über die Modellregionen wurden Projekte zum Aubau der notwendigen Ladeinfrastruktur umgesetzt. Teilweise setzten die Städte sogar Masterpläne zur großlächigen Installation von Ladesäulen auf. Auch in Frankfurt am Main beschloss die Stadtverordnetenversammlung im Jahr 2008, die Mainmetropole zu einem Vorreiter in Sachen Elektromobilität zu machen. Knapp drei Jahre später kam es aber erneut zu einem ernüchternden Fazit, da sich kaum E-Fahrzeuge in den Zulassungsstatistiken der Kommunen wiederfanden und die Ladeinfrastruktur nur selten genutzt wurde. Und das, obwohl zu diesem Zeitpunkt serienreife Fahrzeuge verschiedener Hersteller im Markt verfügbar waren. Kritiker bescheinigten der Elektromobilität bereits ein erneutes Scheitern. Viele Energieversorger, die 2008 noch mit hohem Engagement in die Elektromobilität eingestiegen waren, hatten drei Jahre später bereits wieder die Begeisterung für das neue Geschäftsfeld aus den Augen verloren. Das- Auto mit Elektroantrieb war nicht mehr länger das-Allheilmittel für alle Mobilitätsprobleme. Die Ursache war schnell gefunden. Neben deutlich höheren Anschafungskosten mangelt es an der Akzeptanz der Elektromobilität als Alternative zu den thermischen Antriebskonzepten. Schließlich erlauben heutige Dieselmotoren, mit nur einer Tankfüllung Distanzen von über 1000 Kilometern und nach einer kurzen Tankpause die nächsten 1000 Kilometer zurückzulegen. Warum soll der Verbraucher dann zu einem spürbaren höheren Preis ein Elektroauto erwerben, das „nur“ eine Reichweite von 120-150 Kilometern hat? Aus dieser Fragestellung resultierend, erarbeitete die Wirtschaftsförderung Frankfurt am Main Ansätze für eine sinnvolle und eiziente Nutzung der E-Mobilität im urbanen Kontext. Das „White Paper for Transport“ der Europäischen Union sieht für das Jahr 2050 vor, dass der urbane Verkehr von sauberen Verkehrsträgern und umweltschonenden „Treibstofen“ geprägt wird. Die Foto: Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH Stadtverkehr MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 72 MOBILITÄT Stadtverkehr Wirtschaftsverkehre sollen bereits im Jahre 2030 „CO 2 -neutral“ in den Innenstädten durchgeführt werden. Aber auch unter ökonomischen Gesichtspunkten bietet die E- Mobilität dringend notwendige Antworten auf die Frage nach ölunabhängigen Mobilitätskonzepten. Wie wichtig dieser Aspekt ist, wird schnell klar, wenn man sich die Prognosen der Vereinten Nationen über die Entwicklung des weltweiten Fahrzeugbestandes anschaut. Gab es im Jahre 2010 noch knapp eine Milliarde Autos auf der Erde, so rechnet man 20 Jahre später bereits mit 1,7 Mrd. Fahrzeugen im Bestand. Alleine in China wuchs der Fahrzeugbestand im ersten Halbjahr 2012 um 8 %. Diese Zahlen zeigen gute Aussichten für die Automobilindustrie, lassen aber bei der Frage nach der Entwicklung der Benzinpreise jeden Verbraucher aufschrecken. Schließlich soll Mobilität nicht zu einem Luxusgut werden. Daher spielt die Elektromobilität heute bereits eine wichtige Rolle im Hinblick auf zukünftige Mobilitätskonzepte. Die Stadt Frankfurt am Main ist bereits dabei, die urbane Elektromobilität umfassend weiterzuentwickeln und anzuwenden. Heute beliefern Paketdienste ihre Kunden per Elektrofahrzeug. Was als Experiment mit ungewissem Ausgang begann, ist drei Jahre später Alltag. Die Fahrer sind begeistert von ihren Zustellfahrzeugen, die neben den positiven Efekten für die Umwelt auch einen echten Gewinn an Fahrkomfort bringen. Das tägliche Fahrproil der Fahrzeuge - weniger als 100 km pro Tagestour - ermöglicht das problemlose Auladen der Fahrzeuge über Nacht in ihrem Depot. Gegenüber dem emissionsreichen „Stop and Go“-Betrieb von Verbrennungsmotoren bieten Elektrofahrzeuge einen besonders hohen Wirkungsgrad und stellen ein gutes Beispiel für sinnvollen und eizienten Einsatz der Elektromobilität in Städten dar. Das Handwerk fährt emobil Die Wirtschaftsförderung Frankfurt setzt daher auf die Identiikation geeigneter Nutzerkreise für E-Fahrzeuge. Gemeinsam mit dem Land Hessen und der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden wurde ein Programm aufgesetzt, um den Einsatz von Elektrofahrzeugen in Handwerksbetrieben zu fördern. Die überwiegende Zahl von Handwerksbetrieben agiert innerhalb der Stadtgrenzen oder deren direktem Umfeld. Über Nacht können die Fahrzeuge in den Betrieben wieder aufgeladen werden, so dass am nächsten Morgen die Batterie die volle Kapazität bietet. Um die Bevölkerung auf den Einsatz eines E-Fahrzeuges in den Handwerksbetrieben aufmerksam zu machen und so auch Bewusstsein zu erzeugen, wurde unter dem Motto „erster! Das Handwerk fährt emobil“ ein Kampagnenlogo entwickelt. Jedes eingesetzte Fahrzeug wird mit diesem Kampagnenlogo versehen und hat dadurch einen hohen Wiedererkennungswert. Die Handwerksbetriebe nutzen die Elektrofahrzeuge über 36 Monate und erhalten im Gegenzug eine Förderung, die die Mehrkosten gegenüber der Anschafung eines konventionellen Fahrzeuges anteilig kompensieren. Gemeinsam mit den Handwerkskammern und der Fachhochschule Frankfurt am Main, die eine sozialwissenschaftliche Begleitforschung im Rahmen des Projektes durchführt, sollen bis Ende des Jahres 2014 bis zu 200 Handwerker in beiden Städten mit Elektrofahrzeugen unterwegs sein. Um an den Erfahrungen anderer Großstädte bei der Einführung der Elektromobilität zu partizipieren, beteiligt sich die Wirtschaftsförderung Frankfurt an den EU-Projekten EVUE (Electric Vehicles in Urban Europe) und EFACTS (Electric Vehicles for Alternative City Transport). Mit europäischen Städten wie London, Stockholm, Oslo, Arnheim, Katowitz und weiteren werden die unterschiedlichen Maßnahmen, Aktivitäten sowie die daraus resultierenden Ergebnisse zur Einführung der Elektromobilität evaluiert. Die Aktivitäten beschränken sich dabei nicht ausschließlich auf die Anwendung der Elektromobilität im Bereich des motorisierten Individualverkehrs, sondern untersuchen z.B. auch den emissionsfreien Einsatz von Plugin-Hybridbussen in der Stockholmer Innenstadt oder die Nutzung von Oberleitungsbussen in der niederländischen Stadt Arnheim, die mithilfe von Batterien Teile der Fahrstrecke auch ohne Oberleitung zurücklegen werden. Die Erfahrungen aus diesen Projekten sind für alle nahezu Städte von hohem Interesse, da das Ersetzen der herkömmlichen Dieselbusse durch elektrische Busse einen wichtigen Beitrag zur Emissionsvermeidung in den Städten leistet. Begleitet werden die Aktivitäten der Wirtschaftsförderung Frankfurt und der zahlreichen Partner im Rhein-Main-Gebiet durch eine aktive Kommunikationsstrategie. Unter dem Aktionslabel „FrankfurtEmobil“ werden die Unternehmen und Bürger der Mainmetropole über alle aktuellen Projekte informiert. Ziel des Labels ist es, ein Bewusstsein für die Elektromobilität zu erzeugen und darzulegen, dass diese neue Form der Mobilität heute bereits existent und im Tagesgeschäft anwendbar ist. Hierzu werden die Internetplattform „frankfurtEmobil“ sowie eine Vielzahl von Veranstaltungen genutzt. Trotz der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit, Elektromobilität dauerhaft als weiteres Antriebskonzept sinnvoll und eizient einzusetzen, wird diese Technologie nicht die Lösung aller Fragen auf die mit der Mobilität verbundenen zukünftigen Herausforderungen sein. Es wird nicht ausreichen, ein Auto mit Verbrennungsmotor durch ein Fahrzeug mit Elektroantrieb zu ersetzen. Insbesondere mit Blick auf den motorisierten Individualverkehr können Herausforderungen wie wachsende Verkehrsaukommen oder der Raumbedarf des ruhenden Verkehrs in den Innenstädten nicht durch „mehr Elektroautos“ gelöst werden. Hier bedarf es anderer neuartiger Mobilitätskonzepte wie dem Carsharing, der Einführung einer Mobilitätskarte oder auch des Angebotes eines betrieblichen Mobilitätsmanagements. Parallel zu den Aktivitäten im Bereich der Elektromobilität haben deshalb die entsprechenden Partner in Frankfurt am Main leistungsfähige Mobilitätsangebote formuliert. Diese Dienstleistungen sind in einem Strategiepapier unter dem Titel „Elektromobilität im Jahre 2025 in Frankfurt am Main“ aufgeführt, welches die Wirtschaftsförderung Frankfurt in Zusammenarbeit mit Vertretern des Magistrats, der Landesregierung und der Wirtschaft im Jahr 2010 erstellt hat. Insgesamt wurden 26- Projekte und Maßnahmen identiiziert, die die Einführung der Elektromobilität positiv beeinlussen bzw. fördern sollen. Zugleich wurden sieben Ziele deiniert, die durch die Nutzung der Elektromobilität in der Mainmetropole im Jahre 2025 erreicht werden können. So sollen z. B. 10 % des automobilen Verkehrsaukommens in Frankfurt am Main von elektrischen Fahrzeugen erbracht werden und der Anteil des lärm- und emissionsarmen Verkehrs innerhalb des Anlagenrings 50 % betragen. Darüber hinaus rechnet die Stadt mit der Markteinführung weiterer alternativer Antriebskonzepte wie beispielsweise der Brennstofzellentechnologie. ■ Ansgar Roese, Dipl.-Geogr. Leiter Kompetenzzentrum Logistik und Mobilität, Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH, Frankfurt ansgar.roese@frankfurt-business.net Bild 1: Handwerksbetriebe können eine Einmalförderung für Elektrofahrzeuge erhalten, wenn sie diese im Alltag einsetzen und das Projektlogo anbringen. Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 73 Hochschulen MOBILITÄT Promotionskolleg mobil.LAB Ein wissenschaftliches Drehkreuz für die Zukunft der Mobilität „Nachhaltige Mobilität in der Metropolregion München“ ist das Rahmenthema, mit dem sich derzeit zehn Doktoranden in einem von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Promotionskolleg an der Technischen Universität München befassen. Welche Beiträge können damit in einem Netzwerk geleistet werden, das über fachliche und kulturelle Grenzen hinweg reicht? Welche Impulse können von einer solchen Initiative für Wissenschaft und Praxis erwartet werden? Ein Werkstattbericht und eine Einladung zur Kooperation. Die Autoren: Gebhard Wulfhorst, Torsten Belter, Stefan Klug D ie Landschaft im Mobilitätssektor verändert sich - das gilt nicht nur in Bezug auf die Entwicklung von innovativen Verkehrstechnologien, einen gesellschaftlichen Wertewandel oder energiepolitische Herausforderungen, sondern auch in Bezug auf den Wissenschaftsbetrieb. Neue Rahmenbedingungen für die Verkehrswissenschaft Während bislang - insbesondere in der ingenieurwissenschaftlich geprägten Verkehrsforschung - klassische Modelle der Promotion als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Lehrstuhl gängige Praxis sind, diversiiziert sich im internationalen Wettbewerb die wissenschaftliche Arbeit hin zu einer transdisziplinären Auseinandersetzung mit den Fragen zu Mobilität und Verkehr in vielfältigen Netzwerken. Dabei wandeln sich auch die Formate der wissenschaftlichen Qualiizierung. An der Technischen Universität München (TUM) werden seit Januar 2014 alle Doktoranden, die ein Promotionsvorhaben beginnen, Mitglied der TUM Graduate School, einer über alle Fakultäten und thematischen Schwerpunkte vernetzten Plattform zur fachlichen und persönlichen Betreuung und Qualiizierung. Diese Plattform umfasst neben den über Plan- und Drittmittelstellen inanzierten wissenschaftlichen Mitarbeitern eine wachsende Zahl an Promotionsstipendien und bindet auch externe Doktoranden mit Mindeststandards an die Hochschule. Am Institut für Verkehr der TUM ist auf der Grundlage der erfolgreichen Exzellenzinitiative seit 2011 das interdisziplinäre und internationale Promotionskolleg „mobil. LAB - Nachhaltige Mobilität in der Metropolregion München“ aufgebaut worden, das von der Hans-Böckler-Stiftung mit acht je dreijährigen Stipendien und gemeinsamen Ressourcen für Veranstaltungen, Netzwerkarbeit und Veröfentlichungen gefördert wird. Weitere Mitarbeiter und Stipendiaten haben die Möglichkeit sich an dieses Kolleg zu assoziieren. Aubauend auf der interdisziplinären Projektgruppe „Mobilität, Transport und Verkehr (mobil.TUM)“ ist das mobil.LAB heute am Fachgebiet für Siedlungsstruktur und Verkehrsplanung beheimatet und wird von zahlreichen Hochschullehrern innerhalb und außerhalb der TUM begleitet. Seit Beginn dieses Jahres wird aus Mitteln der Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt die Koordinierung der Gruppe durch einen promovierten Wissenschaftler unterstützt. Weitere Potenziale und Perspektiven ergeben sich aus der fakultätsübergreifenden Zusammenarbeit sowie zahlreichen nationalen und internationalen Netzwerken in der Mobilitätsforschung (cosmobilities, Pegasus, NECTAR, COST, EduNet etc.). Das Promotionskolleg mobil.LAB als „impact hub“ Das Promotionskolleg mobil.LAB versteht sich als ein Knoten im Netz der Mobilitätsforschung. So ergibt sich die Möglichkeit, Brücken zu schlagen und Verbindungen herzustellen zwischen • unterschiedlichen thematischen Fragestellungen in den einzelnen Promotionsvorhaben, • verschiedenen wissenschaftlichen Methoden der jeweiligen Fachdisziplinen, • vielfältigen kulturellen Erfahrungen aus dem internationalen Kontext der Kollegiaten, sowie • globalen Herausforderungen, universitären Forschungserkenntnissen und der regionalen Praxis. Ähnlich wie ein Verkehrsknoten an einem bestimmten Standort zu lokalen Kristallisations- und Agglomerationsefekten beitragen kann und Mobilität und Verkehr global Promotionsthema Kollegiat-/ in Life-cycle assessment of environmental impacts in the built environment and transportation John E. Anderson (M. Eng., P.E., USA)* Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems für Nahmobilität in Kommunen Torsten Belter (Dipl.- Verkehrswirtschaftler, D) Consequences of a sharp increase in mobility costs on accessibility. Benjamin Büttner (Dipl.-Geograph, D)* Adaption und Nutzung von Pedelecs Jessica Le Bris (Dipl.-Geographin, D/ F) Tourists‘ use of public transport Diem-Trinh Le-Klähn (M.A. Tourism Management, VIE) Handling non-motorised trips in a four-steps travel demand model Matthew Bediako Okrah (M.Sc. Infrastructure Planning, GH) Arbeitsbedingte Mobilitätsanforderungen und daraus resultierende Belastungen Katrin Roller (Dipl.-Soziologin, D) Nutzeranforderungen an betriebliches Mobilitätsmanagement Magdalena Schippan (Dipl.-Volkswirtin, D)* Analyse von Mustern zur Wohnungssuche in der Region München Lena Sterzer (M.Sc. Bauingenieurwesen, D) Diskursanalyse nachhaltiger Mobilität in Governance-Prozessen Chelsea Tschoerner (M.A. Social Sciences, USA) * Assoziierte Kollegiaten Tabelle 1: Aktuelle wissenschaftliche Arbeiten im Promotionskolleg mobil.LAB an der Technischen Universität München. Mehr Informationen online unter www.sv.bgu.tum.de/ mobillab/ kollegiaten. Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 74 MOBILITÄT Hochschulen vernetzt sind, so versteht sich auch das Promotionskolleg mobil.LAB als ein Drehkreuz der Vernetzung, das einen Beitrag zur zukunftsfähigen Gestaltung der Mobilität leisten kann. Es bildet einen „impact hub“, angedockt an die TUM, in dem man sich vor Ort in der Metropolregion München miteinander austauscht und voneinander lernt. Das mobil.LAB versteht sich damit auch als eine Austauschplattform für Wissenschaft, Wirtschaft und Politik und plegt Kontakte mit regionalen Akteuren und internationalen Experten. Die Problemstellungen und Herausforderungen, denen die Gesellschaft im heutigen hochmobilen Zeitalter gegenübersteht, erfordern innovative Lösungsansätze, losgelöst von festgefahrenen Strukturen oder einseitigen Denkrichtungen. Für das Konzept der „nachhaltigen Mobilität in Metropolregionen“ ist die Verknüpfung und gegenseitige Berücksichtigung der Dimensionen Ökologie, Wirtschaft und Soziales maßgebend. Die interdisziplinäre Ausrichtung des Kollegs ist deshalb ein wesentliches Element, entsprechend vielfältig ist der wissenschaftliche und persönliche Hintergrund der Nachwuchswissenschaftler im mobil. LAB (vgl. Tabelle 1). Hier forschen Ingenieure, Wirtschaftswissenschaftler, Geographen, Soziologen und Politologen gemeinsam an Fragestellungen und Strategieansätzen für eine zukunftsfähige Mobilität. Zu den gemeinsamen Veranstaltungen zählen unter anderem ein monatliches Doktorandenkolloquium, Workshops und Summerschools zur Weiterqualiizierung und vertieften Arbeit an den Promotionsthemen. Auf Fachkonferenzen, Ringvorlesungen und Diskussionsveranstaltungen im Bereich Mobilität und Verkehr indet ein reger Austausch mit regionalen Akteuren sowie einem breiten Fachpublikum statt. In einer ersten öfentlichen Vorlesungsreihe haben international ausgewiesene Experten ihren Input zur Diskussion gegeben und in internen Workshops zum Weiterdenken angeregt. Derzeit werden ausgewählte regionale Akteure zur Vorstellung ihrer persönlichen Einschätzungen zur „Nachhaltigen Mobilität in der Metropolregion München“ und zu Diskussionen in den geschützten Raum des akademischen Think Tank eingeladen. So werden verschiedene Perspektiven, Herausforderungen und Lösungsansätze aus der Sichtweise der Akteure in Planung und Politik mit der Wissenschaft ausgetauscht und beraten. Darüber hinaus veranstaltet das Institut für Verkehr der TUM in Kooperation mit dem Verkehrszentrum des Deutschen Museum die öfentliche Ringvorlesung „Verkehr aktuell“, die alle Interessierten dazu einlädt, aktuelle Fragestellungen der nachhaltigen Mobilität mit eingeladenen Experten zu diskutieren. Das Kolleg wurde mit dem Ziel gegründet, die jeweiligen Dissertationsvorhaben qualiiziert zu begleiten und in einen systematischen Zusammenhang zu stellen. Es bietet damit die Chance, in einem interdisziplinär angelegten Team und am Fallbeispiel München einschlägige Dissertationen zur nachhaltigen Entwicklung von Mobilität und Verkehr in Metropolregionen zu erarbeiten. Dadurch können Entwicklungsprozesse für die nachhaltige Mobilität erfolgreich gestaltet werden - „hier und jetzt“, aber auch „für zukünftige Generationen“ und „in anderen Regionen“. Die mobil.LAB Sichtweise nachhaltiger Mobilität in Metropolregionen Die wissenschaftliche wie auch praktische Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit und Mobilität sowie der lokale Bezug zur Region München sind die konstituierenden Elemente des Kollegs. Durch die Weiterentwicklung des methodischen und theoretischen Fachwissens möchte das Kolleg dazu beitragen, die Förderung nachhaltiger Mobilitätslösungen in Bild 1: Der Wissenschaftsstandort München als Knoten in der Metropolregion (Quelle: Büttner, Keller, Wulfhorst 2011) Hochschulen MOBILITÄT den Mittelpunkt gesellschaftlicher Diskussionen zu rücken und diese zu stärken - und dies nicht nur innerhalb der Region München, sondern auch in anderen Stadtregionen weltweit. Diese Entwicklung wird als ein laufender, ergebnisofener Prozess des gegenseitigen und gemeinsamen Lernens verstanden, der durch Beteiligung und Abwägung, aber ebenso durch experimentelle Umsetzung und Evaluation erfahrbar wird (vgl. Wulhorst, Büttner 2012; Gerike, Hülsmann, Roller, 2013; Witzgall, Vogel, Kesselring 2013). Für den inhaltlichen Rahmen des Kollegs erarbeiten die Kollegiaten gemeinsam mit ihren Betreuern ein Arbeitspapier zum Selbstverständnis nachhaltiger Mobilität in Metropolregionen, das kontinuierlich fortgeschrieben wird und den inhaltlichen Rahmen des Kollegs darstellt. Nachhaltige Mobilität wird dabei einerseits als bestimmender Bezugsrahmen und andererseits als Prozess zur zukunftsfähigen Entwicklung von Metropolregionen aufgefasst. Nach diesem Verständnis ermöglicht es nachhaltige Mobilität, individuelle Grundbedürfnisse an unterschiedlichen Aktivitätenstandorten zu erfüllen ohne dabei Umwelt, Wirtschaft oder Gesellschaft dauerhaft zu schädigen. Ein wesentlicher Aspekt ist der Erhalt bezahlbarer und sicherer Optionen mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln, um ein an das jeweilige Umfeld angepasstes Mobilitätsverhalten zu fördern. Im räumlichen Zusammenhang der Metropolregion München bestehen einerseits vielfältige Erfahrungen mit der Entwicklung nachhaltiger Mobilitätslösungen, andererseits bestehen vor dem Hintergrund des erwarteten weiteren Wachstums der Region ein gesteigerter Bedarf an Zukunftsstrategien für die unterschiedlichen Herausforderungen. Während die urbanen Zentren unter überfüllten Verkehrssystemen an der Kapazitätsgrenze leiden, kämpfen ländlich geprägte Räume um die Versorgung mit ausreichenden Angebotsqualitäten. Das Konzept nachhaltiger Mobilität soll jedem Einzelnen und den verschiedenen öfentlichen und privaten Aufgabenträgern als Entscheidungsgrundlage dienen. Ein strategischer Ansatz ist dabei die Erreichbarkeitsplanung (vgl. Bild 1). Die aktuelle Fassung des Dokuments steht auf der Website des Kollegs zum Download bereit: (www.sv.bgu.tum.de/ mobillab), externe Anregungen sind herzlich willkommen. ■ QUELLEN Büttner, B.; Keller, J.; Wulfhorst, G. (2011): Erreichbarkeitsatlas - Grundlagen für die Zukunft der Mobilität in der Metropolregion München (www. metropolregionmuenchen.eu/ erreichbarkeit) Gerike, R.; Hülsmann, F.; Roller, K. (Hrsg., 2013): Strategies for Sustainable Motilities. Opportunities and Challenges, Ashgate Wulfhorst, G.; Büttner, B. (Hrsg., 2012): Transportation Demand Management. Insights form the mobil.TUM 2012 International Scientific Conference on Mobility and Transport. Schriftenreihe des Fachgebiets für Siedlungsstruktur und Verkehrsplanung, Band 2, Technische Universität München Witzgall, S.; Vogl, G.; Kesselring, S. (Hrsg., 2013): New Mobilities Regimes in Art and Social Sciences, Ashgate Gebhard Wulfhorst, Prof. Dr.-Ing. Leiter des Fachgebietes für Siedlungsstruktur und Verkehrsplanung, Technische Universität München, Sprecher des Promotionskollegs mobil.LAB gebhard.wulfhorst@tum.de Torsten Belter, Dipl. Verk.wirtsch. Sprecher der Kollegiatinnen und Kollegiaten im Promotionskolleg mobil.LAB an der Technischen Universität München torsten.belter@tum.de Stefan Klug, Dr. Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachgebiets für Siedlungsstruktur und Verkehrsplanung, Technische Universität München, Koordinator des Promotionskollegs mobil.LAB stefan.klug@tum.de VERANSTALTUNG Einladung zum Dialog über die Gestaltung der Mobilität von morgen Am 19. und 20. Mai 2014 wird in München die 6. International Scientiic Conference on Mobility and Transport, mobil.TUM 2014, zum Thema „Sustainable Mobility in Metropolitan Regions“ stattinden. Im Plenum und einer Postersession werden Beiträge und Teilnehmer aus aller Welt erwartet. Im unmittelbaren Anschluss stellen die Kollegiaten die bisherigen Ergebnisse ihrer Promotionsarbeiten vor, die in einem ganztägigen Policy Workshop mit ausgewählten Akteuren der Metropolregion München beraten und diskutiert werden. Am Abend des 21. Mai 2014 werden die Erkenntnisse aus diesem Austausch im Verkehrszentrum des Deutschen Museums öfentlich präsentiert und mit den regionalen Verantwortungsträgern diskutiert. Termine: 19.- 20. Mai 2014 mobil.TUM 2014 - International Scientiic Conference on Mobility and Transport on „Sustainable Mobility in Metropolitan Regions”, Oskar-Miller-Forum, München (Information und Anmeldung siehe www. mobil-tum.de) 21. Mai 2014 mobil.LAB Policy-Workshop mit ausgewählten regionalen Akteuren, Verkehrszentrum des Deutschen Museums, München 21. Mai 2014, 18.30 h Öfentliche Podiumsdiskussion „Nach der Wahl - Mobilität in der Metropolregion München gestalten! “, Forum im Verkehrszentrum des Deutschen Museums, Theresienhöhe 14, 80339 München, Anmeldung unter info@ sv.bgu.tum.de 23-25 June 2014 4 th UIC Global Rail Freight Conference Hilton Stadtpark Vienna, Austria Official Media Partners: Organisers: Conference & Exhibition Secretariat: n W W W.GRFC2014.COM n SEAMLESS TRANSPORT CHAINS THROUGH HARMONISATION Succes stories and global perspectives for rail freight n Two day Conference n Trade show n Technical visit Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 76 MOBILITÄT Wissenschaft Langstreckenmobilität - Aktuelle Trends und Zukunftsperspektiven Während die Alltagsmobilität der Menschen kaum noch zunimmt, ist die Langstreckenmobilität dynamischer. In mitteleuropäischen Ländern wie Deutschland sind infolge von Bevölkerungsstagnation und ablachenden Wirtschaftswachstum auch im Langdistanzbereich Sättigungstendenzen zu beobachten, insbesondere bei den Urlaubs- und Kurzurlaubsreisen. Dynamischer bleiben Geschäftsreisen und das Langdistanzpendeln, d. h. Segmente im mittleren Distanzbereich. Die Autoren: Roman Frick, Bente Grimm, Tobias Kuhnimhof V iele Befunde wie etwa die Flugverkehrsstatistik deuten darauf hin, dass die Langstreckenmobilität anders als die Alltagsmobilität weiterhin von deutlichem Wachstum gekennzeichnet ist. Gleichzeitig sind die empirischen Datengrundlagen zur Beschreibung des Status Quo und der Entwicklung der Langstreckenmobilität sehr lückenhaft, während für den Alltagsverkehr eine umfassende und seit langem etablierte Methodik (Tagebucherhebungen in Haushalten) vorliegt. Vor diesem Hintergrund hat das Institut für Mobilitätsforschung (ifmo) eine Grundlagenstudie in Auftrag gegeben, um aktuelle Trends und Zukunftsperspektiven der Langstreckenmobilität im Personenverkehr aufzuzeigen. 1 Unter Langstreckenmobilität werden im Rahmen der Studie Fahrten ab 100 km (einfache Wegedistanz) verstanden. Räumlich konzentriert sich die Studie auf Mitteleuropa mit einem speziellen Fokus auf Deutschland. In einem ersten Schritt grenzte die Studie relevante Segmente der Langstreckenmobilität ab. Weil es keine integrierte Datengrundlage zur Langstreckenmobilität gibt, musste eine Methodik entwickelt werden, um aus den empirischen Grundlagen der Teilsegmente die (überlappungsfreie) Gesamtverkehrsleistung herzuleiten. Der erste Teil dieses Beitrags stellt die Segmentierung und die Trends pro Segment dar. Die identiizierten Segmente der Langstreckenmobilität sind darüber hinaus so deiniert, dass pro Segment unterschiedliche Einlussfaktoren zum Tragen kommen, die für die aktuellen und zukünftigen Nachfrageentwicklungen entweder treibend oder hemmend wirken. Die jeweils relevanten Einlussfaktoren wurden in einem literatur- und expertengestützten Verfahren identiiziert. Diese Treiber und Hemmnisse sind im zweiten Teil des Beitrags dargestellt. Bedeutung, Struktur und Trends der Langstreckenmobilität Die Studie kommt zum Ergebnis, dass die Gesamtverkehrsleistung der Deutschen (inklusive im Ausland zurückgelegter Kilometer, jedoch ohne Tagesauslüge vom Urlaubsort aus) im Mittel rund 21 500 km pro Person 500 400 600 210 1200 2400 228 940.5 3168 2800 6100 2000 90 0 800 12 49.5 32 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 Pendeln Private Alltagswege Geschäftsalltagswege Geschäftstagesreisen Geschäftsreisen m. Übernachtung Private Tagesreisen Sonst. private Übernachtungsreisen Kurzurlaubsreisen (2-4 Tage) Urlaubsreisen (5+ Tage) ab 100 km bis 100 km Jahresfahrleistung = 21500 km Jahresfahrleistung = 21500 km Bild 1: Verkehrsleistung im Jahr 2011 in km pro Person (14-Jahre+) und Jahr in Deutschland, diferenziert nach Kurz- und Langstreckenmobilität sowie nach Verkehrszwecken (Quellen: siehe Verzeichnis). Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 77 Wissenschaft Mobilität und Jahr beträgt (Bild 1). Von dieser Gesamtverkehrsleistung der Deutschen macht die Langstreckenmobilität knapp die Hälfte (ca. 45 %) aus. Haushaltstagebucherhebungen wie „Mobilität in Deutschland“ (infas/ DLR 2010) oder das „Mobilitätspanel“ (Zumkeller et al. 2011) bilden somit etwa drei Viertel der Verkehrsleistung der Deutschen ab (etwa 15 000 km pro Person und Jahr). Dies ist z.T. deinitorisch begründet (Stichwort Inlandsprinzip); typische Tagebucherhebungen haben jedoch auch bekanntermaßen methodische Probleme, große Teile der sich derzeit dynamisch entwickelnden Langstreckenmobilität zu erfassen (Kuhnimhof et al. 2009). Für eine Segmentierung der Langstreckenmobilität kann diese zunächst in private und geschäftliche Mobilität und zum anderen in Reisen mit und ohne Übernachtung unterteilt werden. Außerdem kann zwischen touristischer Mobilität (außerhalb des gewohnten Umfelds) und Alltagsmobilität (innerhalb des gewohnten Umfelds) unterschieden werden. Die Nachfrageverteilung (in Personenkilometer) dieser Segmente zeigt Bild 2. Insgesamt ist die Langstreckenmobilität von privaten Zwecken dominiert. Lange Urlaubsreisen stellen mit einem Drittel der Verkehrsleistung das größte Einzelsegment der Langstreckenmobilität dar. Die aktuellen Nachfragetrends in den einzelnen Segmenten zeigen sich wie folgt: • Das Verkehrsaukommen (Anzahl Reisen pro Person) im dominierenden Segment der langen Urlaubsreisen (von mind. 5 Tagen Dauer) war für Deutschland in den letzten 10 Jahren recht stabil bei 1,0 Reisen pro Person und Jahr (FUR 2013). Die durchschnittliche Reisedistanz zeigte hingegen einen Zuwachs - vor allem zu Beginn des Jahrzehnts - von 1400 km im Jahr 2002 auf 1600 km im Jahr 2011. Das Flugzeug konnte zwar seit 1970 einen großen Marktanteil unter den Urlaubsreisen (Bild 3) hinzugewinnen und ist heute bezüglich der Verkehrsleistung das dominierende Verkehrsmittel. Die meisten Urlaubsreisen werden jedoch seit Jahrzehnten und auch weiterhin mit dem PKW durchgeführt. Ganz generell ist der Modal Split der Deutschen bei Urlaubsreisen seit etwa 10 Jahren relativ stabil, auch hinsichtlich Flugverkehrsaukommen. • Kurzurlaubsreisen inden überwiegend, d.h. zu 75%, im Inland statt (Grimm & Winkler 2011). Im Vergleich zu langen Urlaubsreisen hat die Bahn für Kurzurlaubsreisen eine größere, das Flugzeug eine deutlich geringere Bedeutung. Belastbare Zeitreihen liegen nur für die jüngste Entwicklung vor. Zumindest für diesen Zeitraum zeigen sich auch in diesem Segment Stagnationserscheinungen. • Sonstige private Übernachtungsreisen machen einen relativ kleinen Anteil der Langstreckenmobilität aus. Für die zurückgelegten Distanzen und die Verkehrsmittelanteile liegen keine verlässlichen Datengrundlagen vor. Sie wurden in der Studie in Analogie zu den Kurzurlaubsreisen geschätzt. • Die privaten Tagesreisen haben den zweitgrößten Anteil an der Verkehrsleistung. Sie inden überwiegend im Inland statt (dwif 2013; Zumkeller et al. 2005). Aussagen zur aktuellen Dynamik sind infolge lückenhafter, nicht homogener Zeitreihen nur begrenzt möglich. Gemäss dwif (2013) zeigen sich auch bei den Tagesreisen in jüngster Zeit Stagnationserscheinungen. Der PKW ist mit zwei Dritteln das mit Abstand meist genutzte Verkehrsmittel. • Abgesehen von wirtschaftlich bedingten Einbrüchen in den Jahren 2008/ 09 ist bei den Geschäftsreisen ein überdurchschnittliches Wachstum in den letzten 10- 20 Jahren zu beobachten. Bezüglich der Verkehrsmittelwahl fällt für Deutschland der hohe PKW-Anteil von ca. 75 % auf. Das Flugzeug hat erst ab einer Distanz von etwa 1000 km nennenswerte Anteile. • Die langen Wege der Alltagsmobilität (d. h. innerhalb des gewohnten Umfelds) nehmen zwar im Vergleich zur touristischen Mobilität stark zu, sie machen jedoch nur einen kleinen Teil der Langstreckenmobilität aus. Lange Alltagswege und vor allem das Langdistanzpendeln (u. a. Lück & Schneider 2009) haben vergleichsweise hohe Bahnanteile (typischer interurbaner Verkehr). Insgesamt dominiert aber auch hier der PKW. treiber, Hemmnisse und Perspektiven der-langstreckenmobilität Auf Basis einer Literaturanalyse und eines Expertenworkshops nimmt die Studie eine Systematisierung und Private Tagesreisen Alltag Geschäftlich Private Urlaubsreisen Kurzurlaubsreisen (2- 4 Tage) und sonstige private Übernachtungsreisen 12% Urlaubsreisen (5+ Tage) 33% 25% Geschäftsreisen mit Übernachtung 13% Lange Geschäftsalltagswege 6% Geschäftstagesreisen 2% Langdistanzpendeln 5% Lange private Alltagswege 4% Bild 2: Aufteilung der Verkehrsleistung (km pro Person) der Langstreckenmobilität (Einfachwege ab 100 km) im Jahr 2011 nach Segmenten (eigene Hochrechnung; bezogen auf die Bevölkerung 14 Jahre+ in Deutschland) (Quellen: siehe Verzeichnis). Bild 3: Entwicklung der Verkehrsmittelnutzung (Anzahl Reisen) bei Urlaubsreisen der Deutschen 1954-2012, inkl. Inlandsreisen (Quelle: eigene Auswertungen der Reiseanalyse, Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen FUR 2013). Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 78 MOBILITÄT Wissenschaft Relevanzeinschätzung potenzieller Treiber und Hemmnisse der Langstreckenmobilität vor. Tabelle 1 zeigt die wichtigsten Einlussfaktoren im Überblick. Namentlich hervorzuheben sind: die Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung, Urbanisierungstrends, Alterung der Gesellschaft, anhaltende Migration sowie der Strukturwandel in der Arbeitswelt und die Digitalisierung. Demgegenüber dürfte die Preisentwicklung für fossile Brennstofe erst langfristig dämpfend wirken, d.h. sie scheint zumindest für die nächsten zehn bis 20 Jahre von eher geringerer Relevanz zu sein. Weitere Themenfelder mit geringerer Relevanz für die nächsten zehn bis 20 Jahre sind das Verkehrsangebot (keine zu erwartenden Systemsprünge), Wertvorstellungen (keine gesellschaftlichen Umbrüche) sowie politische Stabilität und globale Risiken (nur zeitlich-räumlich begrenzte Zielwahlveränderungen). Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Langstreckenmobilität auch in den nächsten zehn bis 20 Jahren stärker wachsen wird als die Alltagsmobilität. Das gilt insbesondere für die Segmente der Geschäftsreisen und der langen Alltagswege. Diese machen aber zusammen nur etwa ein Drittel der Langstreckenmobilität aus. Bei den bedeutendsten Segmenten der kurzen und langen Urlaubsreisen sowie der Tagesreisen sind in Deutschland und anderen mitteleuropäischen Ländern Sättigungserscheinungen zu beobachten. Die Verkehrsmittelwahl bei der Langstreckenmobilität dürfte sich zumindest in den nächsten zehn bis 20 Jahren wenig verändern. Angebotsseitig eröfnet der Ausbau des Bahn-Hochgeschwindigkeitsnetzes Chancen zur Erhöhung der Reiseanteile mit der Bahn und die Liberalisierung des Fernbusmarktes Chancen für den Busverkehr. Weil aber die Kapazitätsengpässe auf der Straße zeitlich und räumlich punktuell sind und auch der Flugverkehr seine Angebote dauernd und lexibel anpasst, sind keine großen Veränderungen zu erwarten. Dazu müssten die Energiepreise für fossile Treibstofe markanter steigen, als dies in den nächsten zehn bis 20 Jahren zu erwarten ist. Auch der Flugverkehr im Zusammenhang mit Urlaubsreisen wächst aktuell nicht mehr nennenswert. Dies scheint zunächst nicht in Einklang mit dem starken Wachstum der Flugverkehrsleistung in Deutschland zu stehen (Verdopplung in den letzten 20 Jahren). Die Entwicklungsdynamik im Flugverkehr in Deutschland ist jedoch immer weniger von der Nachfrageentwicklung der Deutschen bestimmt; stattdessen nimmt die Bedeutung von Umsteigern auf deutschen Flughäfen und Gästen aus dem Ausland zu (Destatis 2013). Denn global betrachtet hält das hohe Wachstum im Reisemarkt (insbesondere in Asien) weiter an und Deutschland ist als Zielland Teil dieser Entwicklung. Schlussfolgerungen Die vorliegende Studie macht zweierlei deutlich: Für das Verkehrsgeschehen in Deutschland und die Planung der Infrastruktur gewinnt der weiter wachsende Fernverkehr im Vergleich zur eher stagnierenden Alltagsmobilität immer mehr an Bedeutung. Dabei wird aber auch zunehmend der Fern- und Besuchsverkehr der anderen wichtig, z. B. von Gästen oder Transit-Touristen aus dem Ausland oder von Besuchern in einer Stadt. Um diese Verkehrssegmente in Bedeutung, Struktur und Entwicklung zu erfassen, sind für Planung und Politik ergänzende Grundlagen notwendig. Die Studie erstellte aus einer Vielzahl existierender Quellen und Statistiken erstmals eine Gesamtdarstellung Trends Einfluss auf die Entwicklung der Langstreckenmobilität der nächsten 10 bis 20 Jahre Relevanz in den Segmenten Urlaubs-/ Kurzurlaubsreisen Private Tagesreisen Geschäftsreisen lange Wege der Alltagsmobilität Stagnierende Bevölkerung • Stagnation der Grundgesamtheit der Reisenden - - - - Ablachung von Wirtschafts- und Einkommenswachstum • Keine Entkopplung zwischen Einkommensentwicklung und Reiseaktivität • Aber nur noch schwaches strukturelles Wachstum der Mobilitätsbudgets + + + + Urbanisierung und Entleerung ländlicher Räume • Zunahme des Anteils städtischer Bevölkerung mit im Vergleich zur Landbevölkerung höherer Langstreckenmobilität + + + + Alterung der Gesellschaft • Zunahme des Anteils älterer Bevölkerung mit im Vergleich zu anderen Altersklassen geringerer Langstreckenmobilität (Kohortenefekt) - - - - • Steigende Langstreckenmobilität älterer Menschen im Vergleich zu früheren Generationen (Verhaltensefekt, Gesundheit) + + + Binnenmigration und Einwanderung • Zunahme Langstreckenmobilität zur Plege des Kontakts mit der Herkunftsregion und zu Landsleuten in der neuen Heimat + + + Strukturwandel und Spezialisierung in der Arbeitswelt • Höhere Mobilitätsansprüche (Dienstreisen und Wohnortmobilität) an Erwerbstätige • Multilokale Lebensweisen + + Vernetzung und Digitalisierung des Alltags • Möglichkeit der Substitution realer Mobilität durch Home Oice, Video-Konferenzen, etc. • Flexiblere und optimierte Verkehrsmittelwahl; steigende Multimodalität (besonders jüngere Menschen) - - Relevanz hoch (dunkelgrau), mittel, gering (hellgrau); + treibend; - hemmend Tabelle 1: Überblick über Treiber und Hemmnisse sowie Relevanzeinschätzung für vier (aggregierte) Segmente der Langstreckenmobilität Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 79 Wissenschaft MOBILITÄT der Nachfragesituation der Langstreckenmobilität in Mitteleuropa. Gleichwohl bleibt dieses Bild lückenhaft und basiert teilweise auf Schätzungen. Die große Herausforderung bei einer solchen einheitlichen Bestandsaufnahme besteht darin, dass nur wenige Untersuchungen vorliegen, die sowohl die touristische Mobilität als auch die Alltagsmobilität einbeziehen. Zur Beantwortung vertiefender Fragestellungen sind neue, respektive ergänzende empirische Daten notwendig. ■ 1 Kurzbericht im Web unter www.ifmo.de DATENQUELLEN BILDER 1 UND 2 - Urlaubs- und Kurzurlaubsreisen: Eigene Auswertungen der Reiseanalyse RA (FUR 2013) - Private Tagesreisen: Tagesreisen der Deutschen (dwif 2013) (Maschke 2007) - Geschäftsreisen: MobilitätsMonitor des GfK Consumer Panels (GfK 2013), Geschäftsreiseanalyse (VDR 2012) - Lange Wege der Alltagsmobilität: Eigene Auswertungen von Mobilität in Deutschland (infas / DLR 2010) und des Mikrozensus Verkehrsverhalten der Schweiz (BFS / ARE 2012). LITERATUR BFS (Bundesamt für Statistik) & ARE (Bundesamt für Raumentwicklung) (2012). Mobilität in der Schweiz: Ergebnisse des Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2010. Neuchâtel: Bundesamt für Statistik. Destatis (2013): Sonderauswertungen des statistischen Bundesamtes zur Entwicklung im Flugverkehr seit 1989 im Auftrag von ifmo. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt. dwif (2013): Tagesreisen der Deutschen, Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut für Fremdenverehr e.V., München 2013.European Commission (2012). Flash Eurobarometer 334. Attitudes of Europeans Towards Tourism. REPORT. FUR (Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen) (2013). Reiseanalyse 2013. Kurzfassung der Ergebnisse. Struktur und Entwicklung des deutschen Urlaubsreisemarktes 2012. GfK (2013). GfK MobilitätsMonitor. Consumer Insights zum Mobilitätsverhalten in Deutschland. Grimm, B. & Winkler, K. (2011). Kurzurlaubsreisen. FUR (Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen) (Hrsg.). Kiel. infas (Institut für Angewandte Sozialwissenschaft GmbH), DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) (2010). Mobilität in Deutschland 2008, Struktur - Aufkommen - Emmissionen - Trends. Ergebnisbericht. Bonn, Berlin. Kuhnimhof, T., Collet, R., Armoogum, J., & Madre, J.-L. (2009). Generating Internationally Comparable Figures on Long-Distance Travel in Europe. Transportation Research Record: Journal of the Transportation Research Board, (2105), 18-27. Lück D. & Schneider, N.F. (2009). Fernpendeln in Europa - Verbreitung und sozialer Kontext, Forschungsprojekt Job Mobility and Family Lives, Dortmund 2009. Maschke, J. (2007). Tagesreisen der Deutschen Teil III. Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut an der Universität München (Hrsg.), München. VDR (Verband Deutsches Reisemanagement e.V. (2012). VDR-Geschäftsreiseanalyse 2012. Zumkeller, D. et al. (2005). Die intermodale Vernetzung von Personenverkehrsmitteln unter Berücksichtigung der Nutzerbedürfnisse (INVERMO). Schlussbericht Zumkeller, D., Vortisch, P., Kagerbauer, M., Chlond, B., & Wirtz, M. (2011). Deutsches Mobilitätspanel (MOP), wissenschaftliche Begleitung und erste Auswertungen, Bericht 2011: Alltagsmobilität. Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe. Bente Grimm Projektleiterin, NIT - Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa GmbH, Kiel bente.grimm@nit-kiel.de Tobias Kuhnimhof Referent für Mobilitätsforschung, ifmo - Institut für Mobilitätsforschung, München tobias.kuhnimhof@ifmo.de Roman Frick Geschäftsleiter INFRAS AG, Bern roman.frick@infras.ch Wir bauen Zukunft, niles-simmons.de hegenscheidtmfd.de The Technology Provider seit 1833. UNTERFLUR RADSATZ- DREHMASCHINE U2000-400 Auf dieser Maschine werden die Laufprofile der Radsätze von allen Eisenbahnzügen vermessen und genau nachgedreht. Die NSH Gruppe vereint über 180 Jahre Kompetenz in der Herstellung von Einzelmaschinen und kompletten Fertigungslinien für die Räder-, Achs- und Radsatzproduktion der Schienenfahrzeugindustrie. Kompetenz vom Weltmarktführer. Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 80 TECHNOLOGIE Betriebsstörungen Handeln statt resignieren Extern verursachte Störungen des ÖPNV strategisch vermeiden Betriebsstörungen jeglicher Art beeinlussen die Qualität des Öfentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und die Mobilität seiner Fahrgäste. Alle Betriebsstörungen fordern das jeweilige Verkehrsunternehmen in seinem Kundenservice heraus. Die von der Störstelle ausgehenden Folgewirkungen im ÖPNV-Netz sind zu minimieren und die Entstörung muss auf einem entsprechend hohen Niveau arbeiten. Strategischen Ansätzen zur Vermeidung von Störungen kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu. Der Autor: Stephan Anemüller A nhand der Störungsursache können Betriebsstörungen in drei Grundkategorien unterteilt werden: intern verursachte Störungen, die ihre Ursache im Handeln des Verkehrsunternehmens selbst haben, extern verursachte Störungen, die durch Dritte verursacht werden, und Unfälle mit Beteiligung des Verkehrsunternehmens. Externe verursachte Störungen werden z. B. durch Falschparker, Feuerwehreinsätze, in den Verkehrsluss einwirkende Baustellen, Demonstrationen und mehr verursacht und sind somit schwerer zu beeinlussen als intern verursachte Störungen und Unfälle. Sie wurden im deutschen ÖPNV bisher kaum systematisch behandelt. Am Beispiel der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) wurden erstmals in Deutschland extern verursachte Störungen detailliert analysiert. Eine solche Analyse kann am Anfang der systematischen Behandlung externer Störungen stehen. Hierauf lässt sich die Operationalisierung aubauen und Störungsprävention betreiben. Dieser strategische Ansatz ist mit drei möglichen Zielen verbunden: erstens Reduzierung der Störungsanzahl und somit Steigerung der ÖP- NV-Qualität, zweitens Mehrung des Verständnisses über die Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, auch als Beitrag zum Image des Verkehrsunternehmens, sowie drittens Überprüfung und Optimierung der Fähigkeiten des Verkehrsunternehmens, auch externe Störungen zielorientiert zu behandeln. Das Verkehrsangebot der KVB umfasste 2012 im Stadtbahn-Verkehr auf elf Linien insgesamt 36 829 Tage und im Bus-Verkehr auf 50 Linien insgesamt 26 782 Tage Gesamtfahrplandauer. Die Störzeiten aufgrund externer Ursachen betrugen 2012 insgesamt 68 000 Minuten an den Störungsstellen. Unfälle mit Beteiligung der KVB (als Verursacher oder lediglich als Unfallgegner) führten zu 31 000 Minuten Stördauer. Interne Ursachen führten zu Störungen im Umfang von 25 000 Minuten. Wenige Hauptursachen, meist schnelle Entstörung Im Verkehrsnetz der KVB spielt sich das Geschehen „Externe Störungen“ vor allem in den Kategorie-Gruppen Falschparker, Feuerwehreinsätze, Fremdverkehrsunfälle, Polizeieinsätze und hohes Verkehrsaukommen ab (Tabellen 1 und 2). Diese machten 2012 zusammen 1536 Störungen von 1870 extern verursachten Störungen aus (82,14 %). Die acht weiteren Kategorie- Gruppen besitzen statistisch gesehen eine nur kleine bis marginale Bedeutung. In den 13 Kategorie-Gruppen inden sich insgesamt 29 Einzelkategorien wieder. Bezogen auf die durchschnittliche Dauer der Störungen fällt auf, dass die zehn (von insgesamt 29) Störungskategorien mit der Gruppen der Störungskategorie (in alphabetischer Reihenfolge) Anzahl Störungen in % Baumaßnahmen 30 1,60 Fahrgast erkrankt (im Fahrzeug) 22 1,18 Fahrleitungsschäden 180,69 Falschparker 553 29,57 Feuerwehreinsätze 431 29,57 Fremdverkehrsunfälle 294 15,72 hohes Verkehrsaufkommen 102 5,45 LKW/ PKW im Gleis 89 4,76 Missbrauch von Notruf + Nothalteinrichtungen sowie Randalierer im Fahrzeug 89 4,76 Polizeieinsätze 156 8,34 Veranstaltungen 76 4,06 Witterungseinlüsse 10 0,53 gesamt 1870 99,71 * * Diferenz zu 100,00 % geht auf Rundung zurück. Tabelle 1: Strukturgruppen extern verursachter Störungen der KVB in 2012. Zur besseren Übersichtlichkeit wurden die 29 Störungskategorien in Strukturgruppen zusammengefasst. (Quelle: eigene Darstellung auf Basis der Datenauswertung KVB-Leitstelle) Störungskategorie/ beeinflusste Betriebssparte Anzahl in %. Falschparker PKW/ Beeinlussung Bus 308 16,47 Feuerwehreinsätze/ Beeinlussung Bus 306 16,36 Falschparker PKW auf Linienweg Stadtbahn 143 7,65 Feuerwehreinsätze/ Beeinlussung Stadtbahn 125 6,68 Fremdverkehrsunfall mit Verletzten/ Beeinl. Bus 105 5,61 Polizeieinsätze/ Beeinlussung Stadtbahn 94 5,03 hohes Verkehrsaufkommen/ Beeinlussung Bus 86 4,60 PKW im Gleis/ Beeinlussung Stadtbahn 84 4,49 Fremdverkehrsunfall ohne Verletzte/ Beeinl. Bus 80 4,28 Falschparker LKW/ Beeinlussung Bus 75 4,01 gesamt 1406 175,18 Hiermit sind 1.406 von 1870 Störungen erfasst (75,18 %). Tabelle 2: Top 10 der häuigsten extern verursachten Störungen in 2012 (Quelle: eigene Darstellung auf Basis der Datenauswertung KVB-Leitstelle) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 81 Betriebsstörungen TECHNOLOGIE längsten Dauer bis zur Entstörung insgesamt 421 Störungen umfassen (Tabelle 3). Ihr Anteil an den insgesamt 1870 extern verursachten Störungen umfasst lediglich 22,51 Prozent. Alle weiteren Kategorien nahmen im Durchschnitt weniger als eine Dreiviertelstunde in Anspruch, manche hiervon nur wenige Minuten. Das deutet darauf hin, dass die Entstörung der KVB auf einem hohen professionellen Niveau stattindet. Ermittlung von Handlungsbedarfen Um eine Sicht auf die vordringlichen Handlungsfelder zu bekommen, kann eine einfache Kreuzanalyse durchgeführt werden. Hierbei werden die Störungskategorien, denen die einzelnen Störungen zugeordnet sind, nach den Kriterien „Störungsanzahl“ und „durchschnittliche Störungsdauer“ analysiert. Unterstellt wird dabei, dass die strategische Störungsvermeidung an den größten Beeinlussungen der ÖPNV-Qualität ansetzen muss. Die Beeinlussung durch eine Störungskategorie ist naheliegender Weise umso größer, je häuiger Störungen dieser Kategorien auftreten und je länger die Störungen dauern. Insbesondere dann, wenn überdurchschnittlich lang andauernde Störungen sehr häuig auftreten, wird die ÖPNV-Qualität spürbar beeinlusst. Es entsteht ein Raster mit vier Feldern, in die die Störungskategorien mittels Kreuzanalyse eingeordnet werden können: • Feld 1: Handlungsfelder mit höchster Dringlichkeit Die Störungen der diesem Feld zugeordneten Kategorien treten überdurchschnittlich häuig auf und dauern im Schnitt überdurchschnittlich lange. • Felder 2/ 3: Handlungsfelder mit hoher Dringlichkeit Die Störungen der diesen Feldern zugeordneten Kategorien treten überdurchschnittlich häuig auf oder dauern im Schnitt überdurchschnittlich lange. • Feld 4: Handlungsfelder mit normaler Dringlichkeit Die Störungen der diesem Feld zugeordneten Kategorien treten nicht überdurchschnittlich auf und dauern im Schnitt auch nicht überdurchschnittlich lange. Bezogen auf die KVB ergab die Kreuzanalyse: • Keine der insgesamt 29 Störungskategorien stellt ein Handlungsfeld mit höchster Dringlichkeit dar. • Acht der 29 Störungskategorien können als Handlungsfelder mit hoher Dringlichkeit verstanden werden. Dies sind die Störungskategorien: - Baumaßnahme / Beeinlussung Bus - Fahrleitungsschaden fremdes Netz/ Beeinlussung Stadtbahn - Falschparker PKW/ Beeinlussung Bus - Feuerwehreinsätze/ Beeinlussung Bus - hohes Verkehrsaukommen/ Beeinlussung Stadtbahn - Veranstaltungen/ Beeinlussung Bus - Veranstaltungen/ Beeinlussung Stadtbahn - Witterungseinlüsse/ Beeinlussung Bus • Die weiteren 21 Störungskategorien sind Handlungsfelder mit normaler Dringlichkeit. Aufällig ist, dass die Analyse keine der Störungskategorien dem Handlungsfeld mit höchster Dringlichkeit und lediglich acht der insgesamt 29 Störungskategorien den Handlungsfeldern mit hoher Dringlichkeit zugeordnet hat. Dies spricht dafür, dass die Gesamtsituation der Störungen durch externe Ursache und deren Entstörung bei den Kölner Verkehrs-Betrieben nicht dramatisch ist. Dies soll jedoch nicht ausdrücken, dass es keine Handlungsnotwendigkeiten gibt. Weiter fällt auf, dass es sich bei den Störungskategorien mit hoher Handlungsdringlichkeit vor allem um überdurchschnittlich lang andauernde Störungen handelt. Dies scheint in der Typik von Baumaßnahmen, hohem Verkehrsaukommen, Veranstaltungen und Witterungseinlüssen begründet zu sein. Die Dauer der Entstörung in der Kategorie „Fahrleitungsschäden im fremden Netz“ kann mit dieser Vermutung nicht so einfach erklärt werden. Jedoch handelt es sich hierbei lediglich um zwei Störungen, was die statistische Repräsentativität bezweifeln lässt. Die hohe Anzahl der Störungen in den Kategorien „Falschparker PKW / Beeinlussung Bus“ und „Feuerwehreinsätze / Beeinlussung Bus“ sind hinsichtlich des Kriteriums der Störungsanzahl Ausreißer. Auch wenn beide nicht besonders lang andauern, nehmen diese Störungen in der Summe spürbaren Einluss auf die Qualität des ÖPNV. Handlungsmöglichkeiten und Empfehlungen Für die strategische Vermeidung von extern verursachten Störungen lassen sich drei Grundtypen von Handlungsmöglichkeiten identiizieren, deren Anwendbarkeit bezogen auf die einzelnen Störungskategorien und die Orte der Störungen in der Praxis konkret erörtert werden muss. Kooperative Handlungsmöglichkeiten beschreiben Wege, durch die Kooperation mit Dritten - wie Stadtverwaltung, Polizei, Feuerwehr, Bauherren, Eventmanagern - systematisch zur Vermeidung extern verursachter Störungen beizutragen. Hierbei muss zwischen Störungen aus allgemeiner Verkehrstätigkeit und Störungen aus organisierten Vorhaben, z. B. Baustellen und Veranstaltungen, unterschieden werden. Bauliche und ordnungsrechtliche Handlungsmöglichkeiten umfassen Wege, durch konkrete Veränderungen und Eingrife vor Ort systematisch zur Vermeidung von extern verursachten Störungen beizutragen. Kommunikative Handlungsmöglichkeiten bezeichnen Wege, durch Informationsvermittlung und Bewusstseinsbildung zur Vermeidung von extern verursachten Störungen beizutragen. Hierbei kann sich die Kommunikation in Richtung der allgemeinen Öfentlichkeit und in Richtung der Fahrgäste des ÖPNV bewegen. Verkehrsunternehmen können in diesem Kontext extern verursachte Störungen durch ein Bündel von Maßnahmen vermeiden helfen, wenn sie sich dieser Aufgabe aktiv stellen. Alleiniges Handeln der Verkehrsunternehmen wird jedoch keinen durchschlagenden Erfolg bringen können. Störungskategorie/ beeinflusste Betriebssparte Ø Min Baumaßnahmen/ Beeinflussung Bus 242,0 Witterungseinflüsse/ Beeinflussung Bus 199,7 Fahrleitungsschaden fremdes Netz/ Stadtbahn 190,9 Veranstaltungen/ Beeinflussung Stadtbahn 168,8 hohes Verkehrsaufkommen/ Beeinflussung Stadtbahn 167,0 Veranstaltungen/ Beeinflussung Bus 145,6 hohes Verkehrsaufkommen/ Beeinflussung Bus 87,8 Fahrleitungsschaden eigenes Netz/ Beeinflussung Stadtbahn 77,3 Fremdverkehrsunfall mit Verletzten/ Beeinflussung Bus 49,3 PKW im Gleis/ Beeinflussung Stadtbahn 46,9 Hiermit sind 421 von 1.870 Störungen erfasst (22,51 %). Tabelle 3: Top 10 der lange dauernden extern verursachten Störungen in 2012 (Quelle: eigene Darstellung auf Basis der Datenauswertung KVB-Leitstelle) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 82 TECHNOLOGIE Betriebsstörungen Generalisiert lassen sich folgende Handlungsempfehlungen für die ÖPNV-Unternehmen formulieren: 1. Verkehrsunternehmen sollten sich der systematischen Behandlung extern verursachter Störungen ihres Qualitätsmanagements stellen. Genauso wie in den Ursache-Wirkungs-Feldern der intern verursachten Störungen und der Unfälle mit Beteiligung des Verkehrsunternehmens, lassen sich auch aus der Situation externer Störungen im Verkehrsnetz des jeweiligen ÖPNV-Unternehmens Handlungsmöglichkeiten erkennen, die zur Prävention externer Störungen beitragen und somit der Betriebsqualität und letztlich dem Fahrgast dienen. 2. Hierbei sollten sich die Verkehrsunternehmen auf einfache Beobachtungs- und Analysesysteme beschränken und den administrativen Aufwand nicht schleichend, verschiedenen Zusatznutzen folgend, erhöhen. 3. In der Kooperation mit Dritten - insbesondere mit den Fachämtern der Kommunalverwaltung, mit Polizei, Feuerwehr, privaten Eventmanagern und Bauträgern - liegt eine besondere Herausforderung. Hier gilt es, kontinuierlich an Gesamtsituationen zu arbeiten, auch wenn die Interessen und Präferenzen der Akteure teilweise widerstreitend sind und sich die Problemlagen im Einzelnen nicht immer konkret greifen lassen. 4. Hierbei liegt eine dieser Herausforderungen in der kontinuierlichen Störungsprävention im Zusammenhang mit Baustellen. Hier scheint es Optimierungsbedarf zu geben. 5. Eine weitere Herausforderung kooperativen Vorgehens ist die verkehrsverträgliche Gestaltung von Veranstaltungen. 6. Störungen, die durch ein zu hohes Verkehrsaukommen hervorgerufen werden, kann präventiv-handlungsorientiert nur schwer begegnet werden. Hier scheint grundsätzlich eine nachhaltige, erläuternde Fahrgastinformation das einzige Mittel zu sein, mit dem zumindest die Akzeptanz für die Beeinträchtigung durch solche extern verursachte Störungen erhöht werden kann. 7. Die Gruppe der Störungen, die durch Polizei- oder Feuerwehreinsätze hervorgerufen werden, sollte mit Fingerspitzengefühl analysiert werden. Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass sich zum einen hierunter sehr unterschiedliche Einsätze der Ordnungs- und Notfallkräfte beinden. Die Spielräume für ein verändertes Vorgehen müssen diferenziert betrachtet werden. Zum anderen gilt für die Mehrzahl der Einsätze von Polizei und Feuerwehr, dass der Zweck des Einsatzes weit vor allen Anforderungen steht. 8. Es empiehlt sich, pragmatische Einzelfalllösungen zu suchen anstatt auf große, gelegentlich kostenträchtige, Aktionsprogramme zu setzen. Die Kenntnis über die häuigsten und gravierendsten externen Störungen mag dazu verleiten, „in einem Rutsch“ zahlreiche störungsanfällige Örtlichkeiten im Liniennetz gleichzeitig, quasi mit einer Schablone, anzufassen, um schnell und umfassend eine Verbesserung der Situation zu bekommen. Die Praxis der Verkehrsplanung zeigt jedoch, dass es meist besser ist, örtlich angepasste Lösungen zu suchen. Diese können sich manchmal in kleinen Maßnahmen erstrecken und bedürfen nicht immer umfangreicher Arbeiten. 9. Die Verkehrsunternehmen sollten verstärkt in die Öfentlichkeit wirkende Aktionen zusammen mit Polizei, Feuerwehr und Kommune durchführen, um zu einem stärkeren Problembewusstsein und zur Einhaltung von Verkehrsregeln beizutragen. Neben baulichen Maßnahmen (mit denen Fehlnutzungen des öfentlichen Verkehrsraums konkret ausgeschlossen werden können) und verkehrsorganisatorischen Maßnahmen (die Fehlnutzungen - mit mehr oder weniger großer Abschreckungswirkung - sanktionieren) liegt hierin ein weiterer Schlüssel für eine Erfolg versprechende Störungsprävention. ■ Der Beitrag entstand auf Basis der Masterarbeit „Systematische Behandlung externer Störungen des ÖPNV zur strategischen Störungsprävention“ von Stephan Anemüller im Rahmen des internationalen Studienganges Master of Science in Public Transport Management (ptm) an der Universität Duisburg-Essen. Stephan Anemüller, Dipl.-Geograph Mediensprecher, Kölner Verkehrs- Betriebe AG (KVB), Köln stephan.anemueller@kvb-koeln.de Absicherung von Oberleitungen: Der einmündende LKW-Verkehr wird auf die Existenz der Oberleitung aufmerksam gemacht. Absicherung von Haltestellen: In engen oder stark belasteten Straßenräumen ist die Sicherung von Haltestellen mit einfachen Mitteln möglich; bedarf aber teilweise auch einer konsequenten Verkehrsüberwachung. Absicherung von Gleisstrecken: Eine Leitplanke verhindert Störungen durch ins Gleis geratene Kraftfahrzeuge. (Alle Fotos: Stephan Anemüller) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 83 Intelligente Verkehrssysteme TECHNOLOGIE Entwicklung einer IVS-Rahmenarchitektur für den Öfentlichen Verkehr in Deutschland Die EU hat ihre Ziele und Anforderungen im Bereich der Vernetzung Intelligenter Verkehrssysteme (IVS) in der IVS-Richtlinie 2010/ 40/ EU verabschiedet [1]. Damit sollen zukünftig alle Daten aus dem Verkehr grenzenlos Informationsdiensten zur Verfügung gestellt werden. Die Umsetzung in nationales Recht wird auf deutscher Seite durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) betreut. Hierzu hat das BMVI im Jahr 2012 den nationalen IVS-Aktionsplan „Straße“ erstellt und daraus die Entwicklung einer IVS-Rahmenarchitektur für den Öfentlichen Verkehr in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse liegen nun vor. Die Autoren: Wolfgang Kieslich, Michael Weber U nter dem Aspekt der Umsetzung der Ziele und Anforderungen der IVS-Richtlinie 2010/ 40/ EU der EU in realen nationalen Projekten musste in einem ersten Schritt die Einordnung der IVS-Rahmenarchitektur für den Öfentlichen Verkehr (ÖV) in den Gesamtkontext der Arbeiten in Deutschland zum Thema IVS erfolgen. Zum einen hatten die EU mit ihrer Richtlinie wie auch der Bund mit seinem Aktionsplan „Straße“ Visionen und Missionen zu IVS auf der Initialebene formuliert und national konkretisiert. Zum anderen standen auf Seiten der Planung, Realisierung und Betrieb von IVS konkrete Ideen und Projektvorschläge der IVS-Lieferanten oder der regionalen IVS-Interessenvertreter bereit, die die Ziele von EU und Bund mehr oder weniger erfüllten. Eine Koordination und Synchronisation der jeweiligen Zielsetzungen war aufgrund der oftmals polarisierenden Standpunkte deutschlandweit jedoch noch nicht gelungen. Insbesondere im ÖV, wo Finanzierungsverantwortung auf Länderebene den Föderalismus unterstreicht und wo Wettbewerb die Akteure oft zwischen Besteller und Ersteller von Verkehrsleistungen aufteilt, werden besondere Anforderungen an die Vernetzung der Akteure gestellt. Zwar gelang es einzelnen Bundesländern mit Leitplanungen, konzeptionelle Rahmen für die Vernetzung der Akteure in ihren Gebieten zu formulieren und umzusetzen. Eine IVS-Rahmenarchitektur für die deutschlandweite Vernetzung der Akteure des ÖV fehlte jedoch weiterhin. Diese Lücke zwischen Aktionsplan „Straße“ (Ende Initialphase) und landesspeziischen Leitplänen in der Konzeptphase (Bild-1) füllt die IVS-Rahmenarchitektur für den ÖV, in dem sie sowohl das erforderliche Leitbild als auch klare Handlungsempfehlungen und Maßnahmen für • die Ausprägung ihrer Rollen und Geschäftsmodelle, • die Einhaltung von Regeln und Rahmenbedingungen sowie • die Umsetzung von Informations- und Kommunikationstechnologien bei den Akteuren im ÖV formuliert. Begleitender Projektbeirat Das Projekt wurde während der kompletten Projektlaufzeit von Mitte 2012 bis Ende 2013 von einem Projektbeirat und externen Experten begleitet. Der Beirat bestand aus Vertretern der Bundesländer (Rheinland- Pfalz, Sachsen-Anhalt), der kommunalen Spitzenverbände (Städtetag, Landkreistag), der Verbände von kommunalen (VDV) und privaten Verkehrsunternehmen (bdo), der Bundesarbeitsgemeinschaften für den Schienenpersonennahverkehr (BAG SPNV) und dem Öfentlichen Personennahverkehr (BAG ÖPNV), dem Fahrgastverband (Pro- Bahn) sowie einem Vertreter der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und dem Bund (BMVI). Die Kompetenz des Beirats wurde genutzt, um die Festlegung von Methodik und Vorgehen im Projekt, die Bestimmung des Bild 1: Einordnung des Projekts in den übergeordneten Prozessablauf der Realisierung von IVS auf nationaler und EU Ebene. (Alle Darstellungen: MRK GmbH) Initial Initial Konzept Konzept Planung Planung Realisierung Realisierung Betrieb Betrieb EU Aktionsplan/ Direktive BUND Aktionsplan 6 Aktionsbereiche + Vorrangige Bereiche (I.-IV.) Handlungsfelder 1-3 + „Weiterer Handlungsbedarf“ ÖV-IVS Leitbild + Rahmenarchitektur Landesspezifisch:  Masterpläne  Aktionspläne  Leitpläne  ... IV-IVS Leitbild + Rahmenarchitektur ÖV-IVS Referenzarchitekturen ÖV-IVS Rollout Maßnahmen Inbetriebnahme Landesspezifisch:  Masterpläne  Aktionspläne  Leitpläne  ... Intermodal-IVS Leitbild EU-Ziele Nationale IVS-Aktivitäten Phasen der Realisierung von IVS Phasen der Realisierung von IVS IV-IVS Referenzarchitekturen IV-IVS Rollout Maßnahmen Inbetriebnahme Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 84 TECHNOLOGIE Intelligente Verkehrssysteme Status Quo im ÖV, die Entwicklung von IVS- Leitbild und -Rahmenarchitektur sowie die Formulierung und Priorisierung von Handlungsempfehlungen und Maßnahmen abzustimmen. Zudem wurden über die Beiräte auch Auswahl und Einbindung von Experten zu speziischen Fragestellungen koordiniert. Vorgehen und Methodik Bezogen auf die Aufgabenstellung der IVS- Rahmenarchitektur als Vermittler zwischen Vision und Realisierung benötigte das Vorgehen eine klare, von beiden Seiten gleich verständliche Sprache. Der Begrif der IVS- Informationslogistik, der die Organisation, Steuerung, Bereitstellung und Optimierung von Informationsströmen umfasst, wurde dabei von allen Beiräten als zentraler Dreh- und Angelpunkt zur Erschließung des Nutzenpotentials von IVS verstanden. Insofern wurden organisationsübergreifende Wertschöpfungsketten im IVS-Kontext als Prozessketten in der IVS-Informationslogistik identiiziert, in denen der Umgang mit Informationen vorrangige Bedeutung hat. Besonderes Wertschöpfungspotential entsteht dabei, wenn es gelingt, IVS-Akteure (z. B. Verkehrsunternehmen, Landesauskunft) und ihre IVS-Dienste im Sinne des Reisenden organisationsübergreifend zu vernetzen. Dabei können die Akteure innerhalb der IVS-Informationslogistik unterschiedliche Rollen einnehmen, z. B. als Lieferant von Daten bzw. Informationen oder als verarbeitende Stellen. Für die Entwicklung der Rahmenarchitektur wurden als Grundlagen u.a. das speziell im Projekt EasyWay [2] für die Darstellung und Beschreibung von Wertschöpfungsketten für Verkehrsinformationsdienste entwickelte Rollenkonzept sowie die von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen beschriebene „IVS-Pyramide“ [3] verwendet. Das IVS-Rollenkonzept (Bild 2) enthält für eine funktionierende IVS-Informationslogistik mehrere zentrale Rollen. Der Inhalteanbieter erzeugt Daten und gibt diese weiter an den Dienstbetreiber. Letzterer sammelt und verfeinert die erhaltenen Inhalte zu Informationen. Der Dienstanbieter verwendet die bereitgestellten Informationen und ist in direktem Kontakt mit dem Endnutzer, um diesem je nach Bedarf IVS- Dienste bereitzustellen. IVS-Leitbild im ÖV Das IVS-Leitbild für den ÖV fusioniert die Zielsetzung des Aktionsplans der EU zur Einführung Intelligenter Verkehrssysteme in Europa [1] mit den nationalen Zielsetzungen Deutschlands. Das IVS-Leitbild musste dabei einerseits Grundlage für die wirksame Zusammenarbeit der politischen Ebenen mit den operativ tätigen Akteuren und dem Reisenden bilden, anderseits die Herleitung und Argumentation von Handlungsempfehlungen und Maßnahmen im ÖV begründen und rechtfertigen. Dazu wurden drei zentrale Visionen formuliert, die im Zuge der Umsetzung von IVS generell einen „kulturellen Wandel“ bei den Akteuren im Verkehrsbereich einfordern: Vision 1: „Intelligente Verkehrssysteme sind ein Schlüssel zur Erzielung von Eizienz, Umweltverträglichkeit, Sicherheit und Durchgängigkeit im Verkehr“: Der Einsatz und die Weiterentwicklung von IVS und insbesondere ihre wirkungsvolle Vernetzung sind Schlüssel und unverzichtbare Voraussetzung für ein kooperatives Zusammenwirken aller Akteure im Verkehrsbereich. Für den Reisenden schafen sie Transparenz und erhöhen den Komfort und die Qualität vor und während der Reise. Sie müssen daher nicht nur bei den Akteuren sondern auch in der Verkehrspolitik als grundlegende und unverzichtbare Bestandteile in Bezug auf die Finanzierung und die Anforderungen an die Realisierung des ÖV verankert sein. Vision 2: „Der Reisende ist Mittelpunkt des gemeinsamen Handelns aller IVS-Akteure“: Im gesamten Verkehrsbereich ist ein Umdenken erforderlich. Begrife wie „Fahrgast“ und „Verkehrsteilnehmer“ repräsentieren tradiertes Denken und müssen ersetzt werden. Unabhängig vom jeweiligen Transportmittel und den Barrieren, die den Übergang von einem zum anderen Verkehrsträger erschweren, muss der „Reisende“ künftig in den Mittelpunkt der Bestrebungen aller Dienstbetreiber und -anbieter gestellt werden. Vision 3: „Die Akteure bilden ein kooperatives IVS-Netzwerk und nehmen aufeinander abgestimmte Rollen ein“: Multi-/ Intermodale Informationsdienste erfordern fast immer von den beteiligten Akteuren die Weiterentwicklung des Verständnisses der eigenen Rolle wie auch der Zusammenarbeit und Aufgabenteilung mit anderen Akteuren und deren Rollen. Der ÖV kann hierbei eine Schlüsselrolle einnehmen, indem sich seine Akteure gegenüber dem eigenen Umfeld sowie gegenüber anderen Verkehrsträgern öfnen und den organisationsübergreifenden Einsatz und Betrieb von IVS vorantreiben. IVS- Rahmenarchitektur für den ÖV Die IVS-Rahmenarchitektur stellt den Umsetzungsrahmen für die Ziele des o.g. IVS- Leitbilds dar. Mit der IVS-Rahmenarchitektur für den ÖV werden grundlegende Festlegungen für Konzepte, Begrife und Normen etc. getrofen, die notwendig und zielführend sind, um die Vernetzung und das Zusammenwirken der relevanten Akteure im ÖV, ihrer Organisationen und Systeme hinsichtlich der Schafung eines Mehrwerts für den Reisenden zu gestalten und zu fördern. Die IVS-Rahmenarchitektur stellt für die Entwicklung und Visualisierung von IVS- Wertschöpfungsnetzwerken in Anlehnung an das IVS-Rollenkonzept (Bild 2) für die Anwender drei Werkzeuge zur Verfügung. Die IVS-Rollenmatrix (Bild 3) erlaubt für jegliche Betrachtungsräume die Einordnung von IVS-Akteuren zu den drei in der IVS-Informationslogistik klar deinierten Rollen „Inhalteanbieter“, „Dienstbetreiber“ und „Dienstanbieter“ sowie die Analyse und Darstellung von IVS-Wertschöpfungsketten (Vernetzung) zwischen diesen Akteuren über die IVS-Vernetzungselemente. Die Weiterentwicklung zu einem ganz Deutschland umfassenden IVS-Wertschöpfungsnetzwerk erfordert jedoch die Formulierung von Grundsätzen der Entwicklungsrichtung in der IVS-Rahmenarchitektur in Form eines „Kodex“, an den sich die Akteure der Informationslogistik im ÖV bei der Ausprägung von Architekturelementen und -instrumenten freiwillig halten. Diese Grundsätze lauten: Koordination Verplichtung zum Aubau von autorisierten, in IVS-Themen versierten und dauerhaft inanzierten Institutionen/ Organisationen („Kümmerer“) in bzw. zwischen den Bundesländern zur Initiierung, Abstimmung, Realisierung und Begleitung der Vernetzung von privatund/ 2 © MRK GmbH 2014. All rights reserved. Confidential. Kommunikationsnetzwerkbetreiber (Communication Network Operator) Endnutzer (End User) Dienstbetreiber (Service Operator) Inhalteanbieter (Content Provider) Dienstanbieter (Service Provider) Bild 2: IVS-Rollenkonzept in Anlehnung an die EasyWay-Wertschöpfungskette für Verkehrsinformationsdienste [2] Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 85 Intelligente Verkehrssysteme TECHNOLOGIE oder gemeinwirtschaftlichen Akteuren der Informationslogistik. Vernetzung Verplichtung, den Aubau der technischen und kommunikativen Vernetzung von Systemen und Prozessen zwischen den Akteuren der Informationslogistik mittels standardisierten oder ofenen Schnittstellen/ Syntax voranzubringen. Zertifizierung Verplichtung zur Deinition, Herbeiführung und vertraglichen Absicherung eines bundesweiten Informations- und Qualitätsstandards für die Erzeugung, Verarbeitung, Weiterleitung und Qualitätssicherung von Daten und Informationen in der Informationslogistik. Betrieb Verplichtung entsprechend der eingenommenen Rolle in der Informationslogistik, den Betrieb für die Erzeugung, Verarbeitung, Weiterleitung und Qualitätssicherung von Daten und Informationen dauerhaft und eizient durchzuführen. Finanzierung Verplichtung zur Bereitstellung von Finanzmitteln zur Förderung betrieblicher Daueraufgabenstellungen bei den Akteuren der Informationslogistik in Deutschland durch Bund und Länder. Handlungsempfehlungen und Maßnahmen für IVS im ÖV Den Kodex auf die IVS-Rollenmatrix angewandt, führt die Gestaltung von IVS im föderalen Deutschland zur zwingenden Forderung nach eindeutigen Zuständigkeiten (Rolle des Akteurs) und klar (d. h. inhaltlich, technisch, prozessoral, vertraglich, wirtschaftlich) geregelten Vernetzungen zwischen den Akteuren. Die erforderlichen Konsolidierungs- und Neubaumaßnahmen sind dabei aufgrund der geltenden Zuständigkeiten im ÖV durch die Bundesländer voranzutreiben (Bild 4). Zugleich wird- damit auch sichergestellt, dass vorhandene landesspeziische Strukturen in angemessener Weise bei der Einführung Intelligenter Verkehrssysteme Berücksichtigung inden. Die dabei notwendige Vernetzung der föderalen Struktur des ÖV in Deutschland kann schließlich nur durch eine aktive koordinierende und synchronisierende Rolle des Bunds in IVS-relevanten Themen erfolgreich stattinden. Die Identiikation dieser für den IVS- Ausbau im ÖV relevanten Themen, sogenannte Domänen, wurde in Zusammenarbeit mit dem Projektbeirat und den eingebundenen Experten entlang der Betrachtung von Hauptaufgaben und Querschnittsaufgaben in der Informationslogistik im ÖV durchgeführt. Dabei wurden folgende vier Domänen deiniert: • Qualitätsmanagement (QM) für die Informationslogistik im ÖV • Fahrgastinformation im ÖV • Störfallmanagement im ÖV mit Schnittstellen zum IV • Elektronisches, multimodales und interoperables Fahrscheinsystem im ÖV Die IVS-Rahmenarchitektur für den ÖV weist für diese vier Domänen sowohl • Handlungsempfehlungen zu konkreten Umsetzungsschritten bei den Akteuren als auch • Anforderungen an relevante Maßnahmen für zukünftige Formulierungen von IVS-Referenzarchitekturen aus. Gemeinsam mit den Mitgliedern des Projektbeirats wurden die domänenspeziischen Handlungsempfehlungen und Maßnahmen entsprechend den „Requirements in the Speciication“ [4] nach ihrer Wichtigkeit kategorisiert. Auf Basis dieser Kategorisierung hat der IVS-ÖV-Beirat für die Umsetzung der Ziele der IVS-Richtlinie in Deutschland folgende Handlungsempfehlungen im ÖV priorisiert und zur zeitnahen Umsetzung durch die Akteure im ÖV empfohlen: • Einrichtung einer bundeslandübergreifenden Koordinationsgruppe QM „Dienst & Information“ 1 und „Strategie“ 2 . • Einrichtung der bundeslandspeziischen Institutionen für die Organisation, Koordination bzw. Durchführung (Betrieb) des QM „Dienst & Information“ und „Strategie“ im Bundesland. • Deinition und Festlegung der Qualitätsstandards für die Informations- und Dienstgüte in der Informationslogistik des ÖV. • Einrichtung einer bundeslandspeziischen, ofenen und diskriminierungsfreien Datenhaltung für die Sammlung der Rückmeldungen aus dem QM „Dienst & Information“ und „Strategie“. • Weiterentwicklung der bundeslandübergreifenden Koordinationsgruppe DELFI zur Unterstützung einer inter-/ multimodalen Reiseauskunft durch den ÖV - DELFI steht für durchgängige elektronische Fahrplaninformation und bietet eine Verbindungsauskunft im öfentlichen Verkehr. • Deinition und Festlegung bundesweit einheitlicher Grundsätze an die Überlassung und Nutzung von Daten und Meldungen im ÖV. • Benennung bzw. Einrichtung der bundeslandspeziischen verantwortlichen Institutionen für die Organisation, Koordination bzw. Durchführung (Betrieb) des elektronischen multimodalen Fahrscheinsystems im Bundesland. Für die Umsetzung dieser priorisierten Handlungsempfehlungen empfehlen die Mitglieder des IVS-ÖV-Beirats, die Bildung einer bundesländerübergreifenden Koordi- Bild 3: IVS-Rollenmatrix und IVS-Vernetzungselemente (graue Pfeile) als Analyse- und Darstellungswerkzeug der IVS-Wertschöpfungsketten zwischen IVS-Akteuren 3 © MRK GmbH 2014. All rights reserved. Confidential. Endkunde Dienstanbieter Dienstbetreiber Inhalteanbieter A1 A2 A3 A4 A5 A6 A7  A = Akteur = Rolle = Vernetzung Bild 4: Koordination auf Ebene der Bundesländer (gestrichelte Linien, grün) und Bund (durchgezogen, grün) 4 © MRK GmbH 2014. All rights reserved. Confidential. Endkunde Dienstanbieter Dienstbetreiber Inhalteanbieter A1 A2 A3 A4 A5 A6 A7       A = Akteur = Rolle = Vernetzung Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 86 TECHNOLOGIE nationsgruppe solle so schnell wie möglich geschehen. Mit der Priorisierung der obigen Handlungsempfehlungen leitet sich auch eine Priorisierung bezüglich der vordringlichen Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen in den Domänen • Qualitätsmanagement für die Informationslogistik im ÖV und • Fahrgastinformation im ÖV ab. Der Bund strebt daher ab 2014 für diese priorisierten Domänen die Ausschreibung der Formulierung geeigneter Referenzarchitekturen an. Grundlage dieser Referenzarchitekturen stellen dabei die Anforderungen und Inhalte der in diesem Projekt erarbeiteten Maßnahmensteckbriefe dar. ■ Projektpartner: TRANSVER GmbH, net in balance consult, AlbrechtConsult GmbH Die diesem Artikel zugrunde liegenden Arbeiten wurden im Auftrag des BMVI unter der FE-Nr. 70.0846/ 2010 durchgeführt. Die Verantwortung für den Inhalt liegt allein bei den Autoren. 1 Sichert die Richtigkeit der an die Endkunden gegebenen Informationen ab 2 Sichert die angestrebten verkehrs- und betriebsmittelübergreifenden Wirkungen einer über unterschiedliche Akteure und Rollen vernetzten Informationslogistik ab. LITERATUR: [1] Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2008): Aktionsplan zur Einführung Intelligenter Verkehrssysteme in Europa [IVS-Aktionsplan, KOM(2008) 886]. [2] EasyWay ITS (2012): Traveller Information Services, REFERENCE DO- CUMENT, TIS Deployment Guideline Annex, TIS-DG01, VERSION 02- 00-00. [3] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) (2012): Hinweise zur Strukturierung einer Rahmenarchitektur für Intelligente Verkehrssysteme (IVS) in Deutschland - Notwendigkeit und Methodik, Arbeitsgruppe „Verkehrsmanagement“, Arbeitsausschuss „Telematik“, Arbeitskreis „ITS Systemarchitekturen“. [4] Bradner, S. (1997): RFC 2119, Key words for use in RFCs to Indicate Requirement Levels (http: / / www.ietf.org/ rfc/ rfc2119.txt; Stand: 03.09.2013). Michael Weber, M.Sc. Projektkoordination und -steuerung, MRK Management Consultants GmbH, München michael.weber@mrk.de Wolfgang Kieslich, Dr. Projektleitung, MRK Management Consultants GmbH, München wolfgang.kieslich@mrk.de Emch+Berger AG Bern (bern.emchberger.ch) ist ein in der Schweiz und im Ausland tätiges Dienstleistungsunternehmen. Unsere Kernkompetenzen sind Engineering, Planung, Beratung und Expertisen rund um Bau, Umwelt, Mobilität und Energie. Möchten Sie helfen, die Schweiz verkehrstechnisch mitzugestalten? Dann sollten wir uns kennen lernen. Für unseren Fachbereich Mobilität, Verkehr, Raum suchen wir eine oder einen Verkehrsplaner/ -in / Bauingenieur/ -in Aufgabenbereich: Sie leiten und bearbeiten Projekte in der Verkehrsplanung. Mit Ihrem Geschick für aktuelle Themen aus dem Bereich Mobilität und Verkehr gestalten Sie die Inhalte und Aufgaben im Fachbereich aktiv mit. Ihre offene und kommunikative Arbeitsweise bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Projektarbeit. Die Mitarbeit in Projektentwicklungen und in der Akquisition rundet Ihre Tätigkeiten ab. Anforderungen: Kreativität, Sachverstand und Freude an interdisziplinärer Teamarbeit sowie die Fähigkeit, anspruchsvolle Aufgaben zielgerecht zu lösen. Sie haben einen Hoch- oder Fachhochschulabschluss im Bauingenieurwesen oder einer technisch- / naturwissenschaftlichen Richtung. Zudem weisen Sie einige Jahre Erfahrung in der Lösung komplexer und vernetzter Aufgaben der Verkehrsplanung respektive der Verkehrstechnik auf. Angebot: Sie erhalten von uns die Möglichkeit, anspruchsvolle Projekte und Planungen durchzuführen. Interessante Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten auf der Basis verantwortungsvoller und vielfältiger Aufgaben warten auf Sie. Kontakt: Bitte senden Sie uns Ihre Unterlagen an untenstehende Adresse oder per E-Mail an michael.havelka@emchberger.ch. Herr Guido Rindsfüser, Bereichsleiter Mobilität-Verkehr-Raum, Tel. +41 31 385 62 59 gibt Ihnen gerne weitere Auskünfte zu dieser Stelle. Gesamtlösungen sind unser Plus. l Emch+Berger AG Bern Schlösslistrasse 23 l Pf 6025 l CH-3001 Bern l Tel. 031 385 61 11 l www.emchberger.ch Sie wollen Ihr Wissen und Ihre Fähigkeiten dort einsetzen, wo sie besonders gebraucht werden? Sie möchten im Ausland arbeiten und in anderen Kulturen leben? Dann ist das Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM) für Sie der ideale Partner auf dem Weg zu einer verantwortungsvollen, entwicklungspolitisch relevanten Position. Wir vermitteln hochqualiiziertes Personal an Arbeitgeber in Asien, Afrika, Lateinamerika oder in Südosteuropa. Die Clean Air Initiative for Asian Cities Center (Clean Air Asia) in Manila sucht Sie als Projektmanager für nachhaltige urbane Mobilität (m/ w) Hier sind Sie gefragt: Die Nichtregierungsorganisation Clean Air Asia braucht Ihre Expertise für die Weiterentwicklung ihrer Projektaktivitäten zur nachhaltigen urbanen Mobilität. Clean Air Asia wurde 2001 mit dem Ziel gegründet, in Städten der ASEAN-Region den politischen Dialog über Luftreinhaltung zu fördern und Pilotmaßnahmen zur Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen durchzuführen. In Kooperation mit dem GIZ-Vorhaben „Luftreinhaltung und Klimaschutz in kleineren und mittelgroßen Städten der ASEAN-Region“ soll Clean Air Asia dabei unterstützt werden, innovative Projekte zur nachhaltigen urbanen Mobilität zu entwickeln und umzusetzen. Das sind Ihre Aufgaben: • Entwicklung und Umsetzung innovativer Projekte zur nachhaltigen urbanen Mobilität • Identiizierung und Umsetzung neuer strategischer Partnerschaften • Weiterentwicklung des Wissensmanagements • Konzeptionierung und Umsetzung von Bildungsangeboten Das bringen Sie mit: • Hochschulabschluss als Ingenieur oder Wirtschaftsingenieur mit Schwerpunkt Verkehrswesen oder in einer vergleichbaren akademischen Ausbildung • Mehrjährige Berufserfahrung in der Konzipierung und im Management von Programmen und Projekten zu nachhaltiger städtischer Mobilität • Fundierte Kenntnisse über Instrumente und Technologien für Luftreinhaltung im Stadtverkehr • Fundierte Kenntnisse über Wissensmanagement • Verhandlungssicheres Englisch O n e p e r s o n c a n m a k e a d i f f e r e n c e Bewerben Sie sich jetzt über unser Online-Portal! Gehen Sie dazu direkt auf http: / / www.cimonline.de oder scannen Sie den nebenstehenden QR-Code. Dort in den Sie auch weitere Informationen zu unserem Angebot und unseren Leistungen. Fragen beantwortet Ihnen gerne: Matthias Brandes-Geiger Telefon: ++49-(0)69-719121-28 PHILIPPINEN Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 87 STELLENBÖRSE Referenten/ in Verkehrsprojekte als stellvertretende/ r Referatsleiter/ in - Entgeltgruppe 14 TV-L bzw. Besoldungsgruppe A 14 zu besetzen. Im Referat Verkehrsprojekte werden neben den Verkehrsprojekten die Aufgaben der Planfeststellungsbehörde für Straßen- und Schienenprojekte im Land Bremen und das Baustellenmanagement für die Stadtgemeinde Bremen verantwortet. Ihre Aufgabe besteht in der Erarbeitung und Koordination von Verkehrskonzepten und -projekten für alle Verkehrsarten. Durch die Erarbeitung konkreter Verkehrsprojekte soll z.B. der Verkehrsentwicklungsplan Bremen 2025 umgesetzt werden. Dies beinhaltet auch die Koordinierung des Um- und Neubaus von Straßenbahnstrecken inkl. der Erarbeitung der Nutzen-Kosten-Untersuchungen, verkehrstechnische teilräumliche Konzepte, Konzepte für den ruhenden Verkehr, Konzepte in Verbindung mit Investitionsvorhaben im Einzelhandel oder der Neuerschließung von Wohnbauflächen. Zukünftig sind auch Fragen des Fußverkehrs in Einzelkonzepten zur Umsetzung vorzubereiten. Die bauliche und verkehrstechnische Umsetzung erfolgt durch das Amt für Straßen und Verkehr. Aufgabenschwerpunkte • Erarbeitung teilräumlicher Verkehrskonzepte für bestimmte Verkehrsarten und -zwecke (ÖPNV, MIV, Fußverkehr, Radverkehr, ruhender Verkehr, Wirtschaftsverkehr) sowie maßnahmenbezogene Programmplanung • Deinition und Koordination von verkehrsplanerischen und verkehrstechnischen Projekten, Bestellung und Controlling von Planleistungen • Entwicklung und Bearbeitung von Projekten für einzelne Verkehrsarten, Projektsteuerung und Durchführung von Beteiligungsverfahren für wichtige Verkehrsprojekte • Erstellung und Entwicklung von Stadtteilentwicklungskonzepten und Stadtteilverkehrskonzepten • Koordination und Mitarbeit in interdisziplinären Projekten mit anderen Fachabteilungen • Evaluation von umgesetzten Projekten Voraussetzungen • Abgeschlossenes Universitätsstudium bzw. Masterstudienabschluss der Fachrichtung Bauingenieurbzw. Verkehrsin genieurwesen (Dipl.-Ing. TU/ TH) • Mehrjährige Erfahrung in der Erarbeitung von Verkehrskonzepten und Durchführung von Verkehrsprojekten in der öffentlichen Verwaltung oder in einem Ingenieurbüro • Erfahrungen und Fähigkeiten in der Zusammenarbeit in interdisziplinären Projektgruppen, Planungsprozessen sowie im Projektmanagement und -controlling • Fundierte Kenntnisse der gültigen Richtlinien im Bereich der Straßenverkehrsplanung und des ÖPNV • Sicheres Auftreten und Verhandlungsgeschick im Umgang mit Firmen, Planungsbüros sowie politischen und öffentlichen Gremien • Kompetenz in der Zusammenarbeit und Steuerung externer Dienstleister • Erfahrungen bei der Durchführung von Beteiligungsprozessen und Öffentlichkeitsarbeit • Bereitschaft und Fähigkeit zu einem kooperativen und ergebnisorientierten Führungsstil • Überzeugungskraft, Durchsetzungsvermögen sowie Vortrags- und Verhandlungsgeschick und die Fähigkeit zur Repräsentation • Strukturiertes und selbstständiges Arbeiten sowie gute schriftliche Ausdrucksweise • Bereitschaft zur Wahrnehmung von Dienstgeschäften auch außerhalb der üblichen Dienstzeit • Ein hohes Maß an Leistungsbereitschaft und Eigeninitiative • Kommunikations- und Konliktfähigkeit • Sozialkompetenz und Teamfähigkeit • Sicherer Umgang mit der Standardsoftware (MS Ofice, Internet etc.) Allgemeine Hinweise: Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr strebt die Erhöhung des Frauenanteils an und fordert daher qualiizierte Frauen ausdrücklich zur Bewerbung auf. Bei vorliegender gleichwertiger Qualiikation wird die Besetzung der Stelle mit einer Frau angestrebt, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe dagegen sprechen. Schwerbehinderten Bewerberinnen bzw. Bewerbern wird bei im Wesentlichen gleicher fachlicher und persönlicher Eignung der Vorrang gegeben. Das Land und die Stadtgemeinde Bremen als größter Arbeitgeber haben ein starkes Interesse an der Integration von Zuwanderern und Zuwanderinnen in den bremischen öffentlichen Dienst; Bewerbungen von Menschen mit einem Migra tionshintergrund werden begrüßt. Unser Haus fördert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und wurde entsprechend zertiiziert. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.beruf-und-familie.de. Unser Haus hat ein Umweltmanagementsystem nach EMAS eingeführt und ist entsprechend zertiiziert. Der Dienstposten ist bedingt teilzeitgeeignet. Einzelheiten sind ggf. mit der Dienststelle zu vereinbaren. Für telefonische Auskünfte steht Ihnen der Abteilungsleiter, Herr Polzin (Tel.: 0421/ 361-2162), die Referatsleiterin, Frau Gerber (Tel.: 0421/ 361-14486), oder Herr Giesa aus dem Personalreferat (Tel.: 0421/ 361-10765) gerne zur Verfügung. Bewerbungshinweise: Bitte fügen Sie Ihren Bewerbungsunterlagen keine Originalzeugnisse und -bescheinigungen bei. Bitte verwenden Sie auch keine Mappen und Folien. Die Bewerbungsunterlagen werden nur auf Wunsch zurückgesandt, falls Sie einen aus reichend frankierten Freiumschlag mitsenden. Andernfalls werden die Unterlagen bei erfolgloser Bewerbung nach Abschluss des Auswahlverfahrens vernichtet. Bitte richten Sie Ihre aussagefähige Bewerbung und Ihre anlassbezogene oder letzte Beurteilung (bzw. qualiiziertes Zeugnis) gern per Mail bis zum 28. März 2014 an den Senator für Umwelt, Bau und Verkehr - Referat 15 - Ansgaritorstr. 2 28195 Bremen Email: bewerbungen@bau.bremen.de Beim Senator für Umwelt, Bau und Verkehr in Bremen ist in der Abteilung Verkehr im Referat 51 - Verkehrsprojekte zum nächstmöglichen Zeitpunkt der Dienstposten eines/ einer Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 88 STELLENBÖRSE An der Hochschule Bochum ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt im Fachbereich Bauingenieurwesen nachfolgende Planstelle zu besetzen: Professur für Verkehrswesen, insbesondere Straßen- und Schienenverkehrswesen Gesucht wird eine Bauingenieurin oder ein Bauingenieur mit herausragenden Erfahrungen aus praktischer und wissenschaftlicher Tätigkeit, die oder der das Gebiet des Verkehrswesens in Lehre und Forschung vertreten kann. Von den Bewerberinnen und Bewerbern werden Qualifikation und Erfahrung insbesondere in Planung, Entwurf und Bau von Straßenund/ oder Schienenverkehrsanlagen erwartet mit der Bereitschaft, sich ggf. in das jeweils andere Themenfeld einzuarbeiten. Darüber hinaus soll die Bewerberin oder der Bewerber über Erfahrungen in einem oder mehreren der Bereiche Verkehrssteuerung, verkehrsspezifische Software, Verkehrsmodelle verfügen. Die Mitwirkung am neuen interdisziplinären Studiengang „Nachhaltige Entwicklung“ wird vorausgesetzt. Die Mitwirkung in der Hochschulselbstverwaltung ist Bestandteil des Aufgabengebiets. Die zukünftige Stelleninhaberin oder der zukünftige Stelleninhaber soll in der Lage sein, Lehrveranstaltungen in englischer Sprache durchzuführen. Die Hochschule Bochum arbeitet sehr eng mit der regionalen Wirtschaft und Verwaltung zusammen. Eine Beteiligung im Rahmen des Technologietransfers sowie der anwendungsbezogenen Forschung und Entwicklung wird daher vorausgesetzt. Die aktive Drittmitteleinwerbung wird erwartet. Wir erwarten, dass Sie Vorschläge und Ideen zur Integration von Gender- und Diversity-Aspekten in Lehre und Forschung entwickeln. Die Professur wird entsprechend W2 vergütet. Es gelten die Einstellungsvoraussetzungen nach § 36 HG NRW. Aufgrund der Eigenart des Faches und den Anforderungen der Stelle können an die Stelle der berufspraktischen Einstellungsvoraussetzungen gemäß § 36 (1) Nr. 5 HG NRW zusätzliche wissenschaftliche Leistungen gemäß § 36 (1) Nr. 4 HG NRW treten. Weitere Informationen finden Sie unter www.hochschule-bochum.de/ stellen Bewerbungen mit den üblichen Unterlagen, Nachweisen fachbezogener Leistungen in der Praxis und/ oder Verzeichnissen der wissenschaftlichen Arbeiten werden bis zum 10.04.2014 erbeten an den Präsidenten der Hochschule Bochum Lennershofstraße 140, 44801 Bochum © Rainer Sturm, pixelio.de IHR KUR ZE R DR AHT ZUM ANZEIGEN -T E AM Silke Härtel Anzeigenleitung Tel.: +49 (40) 23714-227 silke.haertel@dvvmedia.com Tim Feindt Anzeigenverkauf Tel.: +49 (40) 23714-220 tim.feindt@dvvmedia.com Telefax Anzeigen-Team: +49 (40) 23714-236 Spannende Möglichkeiten, Mobilität kreativ zu gestalten: Mit unseren Consultingprojekten bewegen wir unsere Kunden und den Verkehr von morgen. Wir arbeiten innovativ, integriert, interdisziplinär und international. Planen und beraten Sie mit uns in allen Fragen des Verkehrswesens. Entdecken Sie die freundschaftliche Atmosphäre und die spannenden Perspektiven eines Unternehmens, das intelligente Lösungen für eine zukunftsfähige Mobilität bietet! Geben Sie Ihrer Karriere die richtige Richtung als WIE LÄSST SICH MOBILITÄT LANGFRISTIG SICHERN? Ihr Profil: – – Sie sind eine organisationsstarke Persönlichkeit mit mehrjähriger Berufs-, Führungs- und Managementerfahrung - vorzugsweise im Consulting der Verkehrsbranche. – – Sie sind es gewohnt, kaufmännisch zu denken, Ziele konsequent zu verfolgen und Branchenkontakte aufzubauen und zu nutzen. – – Sie haben ein Studium z. B. als Bauingenieur mit Schwerpunkt Verkehrswesen oder Wirtschaftsingenieur bzw. eine vergleichbare Ausbildung abgeschlossen. – – Sie können auf Deutsch und Englisch sicher verhandeln, wenn Sie national und international auf Terminen unterwegs sind. Werden Sie Teil eines sympathischen Teams, das die Welt bewegt - in einem Umfeld, in dem Sie Verantwortung übernehmen können. Entdecken Sie die vielen Vorteile, die wir bieten: von flexiblen Arbeitszeitmodellen bis hin zum betrieblichen Gesundheitsmanagement. Starten Sie jetzt - bewerben Sie sich online unter der Kennziffer 171 unter http: / / bit.ly/ 1bV4Dhj Weitere Informationen zu PTV als Arbeitgeber unter http: / / www.karriere.ptvgroup.com/ PTV Transport Consult GmbH Stumpfstr. 1, 76131 Karlsruhe, Tel.: +49 721 9651-0 Geschäftsführer (m/ w) der PTV Transport Consult GmbH Die PTV Transport Consult GmbH ist das führende Beratungsunternehmen im deutschsprachigen Verkehrsbereich mit rund 80 Mitarbeitern. Als Geschäftsführer übernehmen Sie Verantwortung für dieses Tochterunternehmen der PTV Planung Transport Verkehr AG. Sie sorgen dafür, dass das nationale und internationale Consultinggeschäft erfolgreich ausgebaut wird. Sie entwickeln neue Märkte und erweitern das Leistungsangebot in den Themen Verkehr, Verkehrssysteme, Verkehrsmanagement, Verkehrswirtschaft, Mobilität, Energie und Umwelt. Dabei optimieren Sie ständig die Geschäftsprozesse. Ihr Arbeitsort ist in Karlsruhe mit Verantwortung für alle Standorte (Karlsruhe, Berlin, Dresden, Stuttgart und Düsseldorf). FORUM Medien Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 90 Recht des ÖPNV Praxishandbuch für den Nahverkehr mit VO (EG) Nr. 1370/ 2007, PBefG und ÖPNV-Gesetzen der Länder Band 1: Gesetze Band 2: Kommentar Hubertus Baumeister (Hrsg.) 1. Aulage 2013, geb., Band 1 Gesetze: 660 Seiten, Band 2 Kommentar: 854 Seiten; ISBN 978-3-7771-0455-3 EUR 189,00 Das zweibändige Werk bietet Gesetze und Kommentar zum ÖPNV-Recht plus Online- Zugang zu gerichtlichen Leitentscheidungen. In Band 1 sind die wichtigsten nationalen und europäischen Vorschriften übersichtlich zusammengefasst. Band 2 liefert in den A-Teilen eine aktuelle Kommentierung der VO (EG) Nr. 1370/ 2007, der Regionalisierungsgesetze des Bundes und der Länder und des Personenbeförderungsrechts. Die Autoren beziehen sich in ihren Kommentierungen jeweils aufeinander, so dass ein bundesweit einmaliges Grundlagenwerk zum deutschen ÖPNV entstanden ist. Ergänzt wird die Kommentierung durch Darstellungen von wichtigen Einzelthemen aus der ÖPNV-Praxis in den B-Teilen. Die Bezieher des Werks erhalten zusätzlich einen ofenen Zugang zu einem kommentierten Fundus gerichtlicher ÖPNV- Leitentscheidungen im Volltext*. Bände und Entscheidungen werden kontinuierlich im Rahmen von Neuaulagen aktualisiert und erweitert. Das Werk tritt die Nachfolge des Handbuchs „Recht des öfentlichen Personennahverkehrs“ an. Für eine größere Nutzerfreundlichkeit sind die Bücher als gebundene Ausgaben erhältlich. Das Autorenteam um Herausgeber Hubertus Baumeister besteht aus Sibylle Barth, Felix Berschin, Jan Werner, Gerhard Probst, Jakob Kunze, Gerrit Landsberg und Volker Eichmann. * Mehr Informationen, Leseprobe und Bestellung online: www.eurailpress.de/ oepnvrecht Unternehmenssteuerung und Controlling im ÖPNV Instrumente und Praxisbeispiele Christian Schneider (Hrsg.) DVVMedia Group, 1. Aulage 2013, 224 Seiten, broschiert ISBN 978-3-7771-0454-6 EUR 49,00 In diesem Praxisbuch stellen Experten aus ÖPNV-Unternehmen, Wissenschaft und Beratungshäusern zahlreiche Instrumente zur Unternehmenssteuerung vor und informieren über aktuelle Entwicklungen. Der Leser erhält so praxisnahe Anregungen, Ideen und Lösungsansätze für Controllingprobleme. Das Buch richtet sich also an Mitarbeiter in ÖPNV-Unternehmen und Verkehrsverbünden, an Unternehmensberatungen sowie an Dozenten und Studierende. Aus dem Inhalt: • Benchmarking als Baustein ganzheitlicher Unternehmenssteuerung • Optimierung der Planung und Budgetierung • Target Costing • Einluss der europäischen Gesetzgebung auf das Controlling im ÖPNV • Nachhaltigkeit im ÖPNV und die Rolle des Controllings • Wirtschaftlichkeitsrechnung am Beispiel einer SPNV-Ausschreibung • M&A-Prozesse zum Verkauf kommunaler ÖPNV-Unternehmen • Tarif-Fortentwicklung • Linienerlösrechnung und Einnahmenaufteilung • Ertragsmanagement und Marketingcontrolling • Beihilfen-Controlling • Anforderungen an die Gestaltung des Berichtswesens Weitere Infos und eine Leseprobe im Web unter: www.dvz.de/ controepnv IT in der Logistik 2013/ 2014 Marktübersicht & Funktionsumfang: Enterprise-Resource-Planning-, Warehouse-Management-, Transport-Management- & Supply- Chain-Management-Systeme Michael Ten Hompel (Hrsg.) Fraunhofer-Institut für Materialluss und-Logistik IML, 2013, 319 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen und Tabellen, gebunden, Fraunhofer Verlag ISBN 978-3-8396-0627-8 EUR 179,00 Ob Enterprise Resource Planning, Warehouse Management, Transport Management oder Supply Chain Management: Ohne IT-Systeme geht auch in der Logistik kaum noch etwas. Doch was kann welches System? Und wie sieht der Markt der Logistik-IT heute aus? Wo liegen die bedeutendsten Einsatzfelder? Welche Veränderungen kommen auf Anwender und Anbieter in den nächsten Jahren zu? Wer sind die wichtigsten IT-Anbieter für die Logistik? Das Fraunhofer-Institut für Materialluss und Logistik IML hat im Dezember 2013 die Studie „IT in der Logistik 2013/ 2014“ veröfentlicht, die diese Fragen beantworten soll. Nach Angaben der Wissenschaftler um Prof. Michael Ten Hompel bietet das Werk einen detaillierten Überblick über die aktuelle und die zu erwartende Marktsituation der Logistik-IT und skizziert die maßgeblichen Softwaretrends. Auf Basis von Recherchen des Fraunhofer IML sowie einer Umfrage unter 56 Logistik-IT-Anbietern wurden 198 Produkte untersucht. Die Forscher gehen von einer weiterhin raschen Entwicklung in der Informationstechnik aus, die mit einer Vielzahl von Innovationen einhergehen werde. Gleichzeitig werde die enge Verzahnung von Logistik und IT weiter zunehmen. Die Studie zeigt zudem Entwicklungstrends auf und gibt Anwendern Tipps für die Auswahl und Einführung von Logistiksoftware. (zp) Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 91 Veranstaltungen Forum Mobilität . Intelligent . Gestalten Vorschau: Die 24. Verkehrswissenschaftlichen Tage inden an der TU Dresden am 20. und 21.-März 2014 statt. S eit vielen Dekaden organisiert die Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ der Technischen Universität Dresden zweijährig die „Verkehrswissenschaftlichen Tage“ (VWT) und lädt hierzu Interessierte aus Wissenschaft und Praxis ein. Während der 24. VWT Ende März werden schwerpunkthaft vier Top-Themen herausgegriffen, die in den kommenden Jahren wohl die wesentlichen „Baustellen“ der Mobilitätsvorsorge sein werden. 1. Brennpunkt Verkehrsinfrastruktur Der Bedarf steigt, doch die Ausbaumöglichkeiten sind begrenzt. Hoher Erhaltungsaufwand für den Bestand und abnehmende öffentliche Finanzmittel stehen im Missverhältnis. Schwindende Akzeptanz verbunden mit wachsendem individuellen Widerstand ist in der Bevölkerung festzustellen. Das alles ruft nach mehr Intelligenz bei Planung, Bau und Nutzung der Infrastrukturen. Also: Wer fährt worauf ab? 2. rohstofe, Energie, Emissionen Der Umgang mit dem, was wir heute haben, ist immer noch verschwenderisch. Im Zuge der Globalisierung - vor allem auch von Informationen - beanspruchen immer mehr Menschen gleiche Zugangsrechte. Ohne intelligente Lösungen überfordert das jedoch die Ressourcen. Also immer nur weiter so: Fossil mobil? 3. Intermodalität und Vernetzung Intermodalität ist Kernthema für die intelligente Gestaltung von Mobilität schlechthin. Heute können wir technologisch nahezu alles sofort wissen. Aber wir brauchen die wichtigen Informationen an den richtigen Stellen, um intelligent reagieren zu können. Also: Sind wir schon geschickt verstrickt? 4. Kosten und Finanzierung Was lange dauert, wird teuer. Dieser einfache Grundsatz gilt ganz besonders für die Planung und den Bau von Verkehrsinfrastrukturen. Aber auch die Unterhaltung des immer stärker beanspruchten Anlagen- und Fahrzeugbestandes erfordert neue, intelligente Finanzierungskonzepte. Was müssen wir leisten - und wie können wir uns das leisten? Und: Um jeden Preis? Die Veranstaltung beginnt am Donnerstag, 20. März 2014, um 9: 30 Uhr und bietet im Anschluss an das Plenum in vier parallelen Themen-Sessions Referate zahlreicher Wissenschaftler und Fachleute aus der Praxis. Die VWT enden am Freitag um 14: 30 Uhr. Tagungsprogramm und Anmeldeformular stehen auf der Webseite zum Download bereit: www.tu-dresden.de/ vkw/ vwt 24. Verkehrswissenschaftliche Tage 2014, 20.03.2014-21.03.2014 Veranstalter Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ der TU Dresden in Kooperation mit Friedrich-List-Forum e. V. und Spätverkehr e. V. Wissenschaftliche Leitung Prof. Dr. Arnd Stephan, Technische Universität Dresden Ort: Technische Universität Dresden, Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ Kontakt und weitere Informationen: Henriette Müller, Tel: +49 (0) 351 463 36634 vwt2014@tu-dresden.de, www.tu-dresden.de/ vkw/ vwt Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 92 D ass der Finanzminister der Deutschen Bank Steuervorteile gegenüber der Commerzbank oder Uni Credit einräumt, kann sich niemand vorstellen. Auch nicht, dass die Allianz Steuervorteile gegenüber der AXA oder HUK Coburg erhält - und schon gar nicht etwa VW gegenüber BMW, Mercedes oder Renault. Unternehmen mit dominanter Marktstellung per Gesetz zusätzliche Wettbewerbsvorteile zu verschafen, würde unser Wirtschaftssystem pervertieren. Monopole berechnen den Kunden zu hohe Preise und nutzen ihre Einkaufsmacht gegenüber kleinen Zulieferern aus. Um dies zu vermeiden, leisten wir uns ein Bundeskartellamt. Mit knapp 19 Millionen Kunden hat der ADAC ein Monopol. Sein wichtigstes Produkt ist eine Versicherung, ein Schutzbrief, der geschickt kombiniert mit mobilen Automechanikern, gerne Gelbe Engel genannt, 19 Millionen Pannenhilfekunden besitzt. Der Marktanteil des ADAC dürfte hier mehr als 80 Prozent betragen. Das ADAC-Monopol schwächt die Konkurrenten durch ein zweites Phänomen: Es ist ein „natürliches“ Monopol. Steht eine Pannenschutz-Organisation erst mal, sind die Zusatzkosten für einen weiteren Kunden nahezu null. Damit haben es neue Wettbewerber besonders schwer, in dem Markt Fuß zu fassen. Das System ADAC verfügt aber noch über einen dritten Machthebel. Der ADAC verkauft seine Schutzbriefe nicht wie andere Versicherungs-Gesellschaften, sondern koppelt das Produkt an den Mitgliedszwang bei einem Verein. Diese Zwangsmitgliedschaft nutzt der ADAC in drei Richtungen aus. Zum einen baut er eine enorme politische Macht auf, denn kein Politiker wagt es, 19 Millionen Wählern etwas abzuschlagen. Zum zweiten verkauft er seine Kernleistung Pannenhilfe nicht als Einzelprodukt, sondern nur im Pakt mit anderen Leistungen, wie etwa dem Mitgliedermagazin Motorwelt oder der sogenannten Motorsportförderung oder dem Anspruch, eine Art Vermögensabgabe für den ADAC zu entrichten. Dieses - auch Bundling genannte - Verfahren erlaubt, die Monopolgewinne durch die Verplichtung, ein Dienstleistungs-Paket zu kaufen, zusätzlich zu steigern. Zum dritten gibt der ADAC vor, Idealverein zu sein, also gesellschaftliche Belange umzusetzen, und erhält damit Steuervorteile. Extremer kann man Wettbewerb nicht ad absurdum führen. Gemäß eines Dekrets des bayrischen Finanzministers aus dem Jahre 1981 muss der ADAC nur auf 10 Prozent seines Schutzbriefumsatzes Steuern zahlen. Von etwa einer Milliarde Euro Mitgliedsbeiträge werden nur 100 Millionen mit kleinem Sondersteuersatz versteuert. In anderen Worten: Unsere Gesellschaft inanziert ein natürliches Monopol, das auf fast schon sizilianische Art politische Macht aubaut. Das Kartellamt scheint blind zu sein oder schaut bewusst weg, Wenig interessiert ist auch der Bundesinanzminister, der auf Steuereinnahmen „freiwillig“ verzichtet. Und selbst das Justizministerium, das seit langem die periden Beugungen des Vereinsrechts durch den ADAC hätte bemerken müssen, erscheint ahnungslos. Der ADAC ist kein Verein. Mindestens 95 Prozent sind nur Mitglied im „Verein“, weil er ihnen einen „Schutzbrief mit kombinierter Pannenhilfe“ verkauft. Diese Binsenweisheit ist sowohl beim Kartellamt als auch in den Bundesministerien bekannt. Dass der ADAC es gar nicht so gut mit seinen Kunden meint, zeigt ein Preisvergleich bei Schutzbriefen. So kostet die Single-Mitgliedschaft beim ADAC mit Pannenhilfe nur in Deutschland 49- EUR, während etwa die HUK Coburg den Schutzbrief Europa für 6 bis 12 EUR anbietet oder die Allianz in Verbindung mit einer KFZ-Versicherung für einen ähnlichen Schutzbrief 9,79 EUR berechnet. Knapp 10 Prozent der Einnahmen aus Mitgliedschaften, sprich dem Verkauf von Schutzbriefen, verwendet der ADAC als Zuführung zum Vereinsvermögen. Ein Versicherer, der Policen als Monopolist verkauft und die Monopolpreise als Aubauhilfe für die Vermögensbildung des Unternehmens nutzt, vermittelt nicht gerade den Eindruck einer verbraucherorientierten Organisation. Im Jahr 2012 hat der ADAC weniger als 48 Prozent der Beitragseinnahmen für die Kostendeckung seiner Pannenhilfe aufgewendet. Ein Unternehmen, das mit seinen Produkten eine Umsatzrendite von über 50 Prozent erzielt, dürfte Seltenheitscharakter haben. Mit einem Bonussystem hat der ADAC dafür gesorgt, dass seine knapp 1700 „rollenden Werkstätten“ neben Mitgliedschaften auch Batterien verkaufen. Im Durchschnitt hat jeder Gelbe Engel im vergangenen Jahr 100 Varta-Batterien verkauft - und das eben auch zu Monopolpreisen. In den letzten Wochen sind viele Interessenkonlikte beim ADAC zu Tage getreten. Einerseits verkauft der Club Autobauern Pannenhilfe, gleichzeitig testet er mit der sogenannten Pannenstatistik deren Fahrzeug-Qualität. Erst vor kurzem hat der ADAC die FORUM Meinung ADAC: Ein Monopol pervertiert unsere Wirtschaftsordnung Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöfer, Direktor des CAR-Instituts und Lehrstuhlinhaber an der Universität Duisburg-Essen Ein KOMMEntaR vOn Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 93 Meinung FORUM eher irreführende Behauptung zurückgenommen, diese Pannenstatistik sei repräsentativ. Angezweifelt wurden ADAC-Reifentests, -Raststättenbewertungen, -Gewässertests und vieles mehr. Über Jahre wurden die Zuschauerzahlen von ADAC-Veranstaltungen auf dem Nürburgring „getuned“ und die Mitgliedervoten zum Lieblingsauto der Deutschen systematisch sowohl in der Reihenfolge als auch in den absoluten Teilnehmerzahlen manipuliert. Unter dem System ADAC sind Dinge entstanden, die nicht zu Verbraucherschutzregeln passen, Unabhängigkeit vortäuschen und Kundenvertrauen über Provisionsgeschäfte mit Mineralölgesellschaften, Versicherungen, Reiseveranstaltern und Kreditkartenunternehmen missbrauchen. Dass der ADAC wenig engelhaft ist, zeigen die Verkaufsmethoden anlässlich der Mitgliederwerbeaktionen bei Fahrschulen oder Jugendlichen. Dass der ADAC die Maximierung der Umsatz- und Provisionseinnahmen bei seinen Mitgliedern als Hauptziel verfolgt, zeigen die zahlreich oferierten Zusatzprodukte mit ADAC-Aufschrift. Es ist nichts Unanständiges daran, Geld zu verdienen, aber bitte mit sauberen Spielregeln und ohne die merkwürdigen Interessenkonlikte - etwa mit Tankrabatten bei Shell und dem gleichzeitigen Aufruf, nur noch bei freien Tankstellen zu tanken. Ein solch kurioses System neigt dazu, in Probleme zu laufen. Die Gelben Engel der Straßenwacht sind höchst ehrenwerte Menschen, das System ADAC aber entwickelt die unkontrollierbare Eigendynamik durch die Wettbewerbsverzerrung und Verbrauchertäuschung. Man kann ein Wirtschaftsunternehmen mit zwei Milliarden Umsatz nicht wie einen Taubenzüchterverein ohne saubere Kontrollorgane führen. Das Vereinsrecht wurde nicht für Wirtschaftsunternehmen, sondern für Interessenvereinigungen geschafen. Der ADAC selbst kann und wird das System ADAC nicht ändern. Die bisherigen Maßnahmen, etwa ein mit Honoratioren besetzter Beirat, der nach den Statuten keinerlei Entscheidungsbefugnis hat, ist eher eine Marketingaktion statt eines Schrittes zum Neuanfang. Ähnlich ist einzustufen, dass der alte Geschäftsführer die Club-Erneuerung umsetzen soll und der bisherige Präsident als Regionalfürst am Niederrhein einem „Gau“ vorsteht. Das schnell vorgestellte „10-Punkte-Programm“ ist eine unverbindliche Aufzählung von Überschriften ohne nähere Erläuterungen. Transparenz und Neuanfang sehen anders aus. Auf keiner Internetseite sagt der ADAC Näheres zu seinen 14 Untergesellschaften der ADAC Beteiligungs- und Wirtschaftsdienst GmbH. Wer sich informieren will, muss wie bei der ADAC Beteiligungs- und Wirtschaftsdienst GmbH ins Handelsregister sehen. Auf der ADAC-Homepage werden zwar die Produkte der Töchter in Verkäufermanier oferiert, aber außer Verkaufsinfos ist nichts zu inden - jeder Mittelständler informiert auf seiner Homepage besser über sein Unternehmen. Alles was man erfährt, ist - unter dem Impressum der ADAC-Homepage - ein Anschriftenverzeichnis der 14 Töchter. Der angebliche Neuanfang mit alter Mannschaft erscheint wenig glaubhaft. Deshalb sind unsere hoheitlichen Organe gefragt. Deshalb muss sich das Kartellamt die Wettbewerbsbehinderungen anschauen, der Justizminister das Vereinsrecht und der Finanzminister die Steuerbefreiung. Die Lösung kann nur sein, alle wirtschaftlichen Aktivitäten - und das ist auch die Pannenhilfe - in einem richtigen Unternehmen zu bündeln. Das kann eine Aktiengesellschaft, aber auch eine Genossenschaft sein. Die konkrete Ausgestaltung soll der ADAC selbst entscheiden. Die wahren Mitglieder, vielleicht 100 000, können gerne im Vereinsstatus wirken, Oldtimerfahrten oder Sicherheitstrainings organisieren und Rennstrecken kaufen. Der einzige Weg, dies zu erreichen, ist, von außen allen Unternehmensaktivitäten den Vereinsstatus und Steuervorteil zu entziehen. Die gewählten Vertreter unserer Gesellschaft müssen das tun, sonst wird die sich selbst verstärkende Dynamik die unheimliche Steigerung der Machtfülle einer kleinen Minderheit weiterentwickeln. Nicht die Skandale um Hubschrauberlüge, gefälschte Teilnehmerzahlen und Villenbauten sind das Problem, sondern das System selbst. Der Club braucht den Neuanfang von innen und außen. ■ Der Mut, nein zu sagen D er EU-Kommissar Manuel Barroso kündigte im Oktober 2013 an, die europäischen Gesetze zu vereinfachen. Das ist zu schön, um wahr zu sein: Schaut man sich die Zahl der seither vorgeschlagenen und erlassenen Vorschriften an, bleibt allenfalls die gute Absicht. Auch das 4. Eisenbahnpaket der EU wird zwar manches verbessern, anderes aber in Detailregeln atomisieren. Und wir - Bürger, Betriebe, Berater? Wir schimpfen auf die Bürokratie in Brüssel und Berlin und fühlen uns klug, gut und unverstanden. Genügt das? Auch wir tragen jeden Tag zu unnötiger Komplexität bei, schreiben zu viel, regeln zu viel. Schauen Sie zum Beispiel einfach in die Compliance Codices der Unternehmen, die sich meist in einem einfachen „Haltet Euch an die Gesetze! “ zusammenfassen lassen. Wenn die Bürokraten den Blick für die wesentlichen Themen verlieren, wenn sie Freiheit und Unternehmergeist ersticken, dann hilft keine Klugreden in Klubs und Kongressen, dann hilft nur Widerspruch. Und zwar nicht der Widerspruch des Lobbyisten, der „seine Regelung“ zusätzlich in eine neue Richtlinie schieben will. Sondern der Mut, „Nein! “ zu sagen zu komplizierten und unnötigen Verträgen und Verordnungen. Das gilt für jeden von uns - mindestens an seinem eigenen Schreibtisch. ■ Dr. Ute Jasper, Rechtsanwältin bei der-Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek, Düsseldorf EIN ZWISCHENRUF VON Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 94 GASTKOMMENTAR Ralf Jahncke Die Verkehrsinvestitionen müssen mit dem Bedarf wachsen D ie Arbeit für unsere Kunden bringt es mit sich, dass ich häuig im Ausland unterwegs bin. Als Berater für Transport und Logistik interessiere ich mich dabei natürlich immer auch für den Zustand der Infrastruktur vor Ort. Dabei gewinne ich immer häuiger den Eindruck, dass sich so manche Straße in einem vermeintlich weniger entwickelten Land nicht hinter einer deutschen verstecken muss. Tatsächlich zeigen Studien wie zum Beispiel von Pro Mobilität 2013: Deutschland hat in den vergangenen zwölf Jahren real immer weniger für die Straßeninfrastruktur ausgegeben - und deutlich weniger als seine europäischen Nachbarn. Aussagekräftiger als diese absoluten Zahlen ist allerdings ein Vergleich der Investitionen mit der Transport- und Beförderungsleistung. Betrachten wir einmal vereinfachend nur die Verkehrsinvestitionen des Bundes und setzen wir sie ins Verhältnis zur Summe der Tonnen- und Personenkilometer aller Verkehrsträger (im Verhältnis 1 : 1 addiert), dann ergibt sich ein dramatisches Bild: Noch 1982 wurden in den alten Bundesländern 0,74 Cent pro Leistungskilometer investiert; 2012 war es in Gesamtdeutschland inlationsbereinigt mit 0,36 Cent weniger als die Hälfte. Die Unterinanzierung bedingt einen Verfall der Infrastruktur. Er vollzieht sich zunächst schleichend - bis er dann plötzlich fühlbare Konsequenzen hat. Im Autobahnnetz kam es schon zu folgenschweren Brückensperrungen wie bei Rade und Leverkusen; auch im Schienennetz sind sie nach Einschätzung der Deutschen Bahn durchaus denkbar. Grundsätzlich ist das Wissen um die Notwendigkeit einer solideren Finanzierungsgrundlage für die Verkehrsinfrastruktur in der Politik angekommen. Die Empfehlungen der Daehrebzw. der Bodewig-Kommission, Verkehrsinvestitionen durch Sondervermögen und Fonds zu verstetigen, gehen in die richtige Richtung. Sie werden ergänzt durch die Forderung nach Erhalt vor Ausbau und nach bedarfsgerechter Priorisierung von Projekten statt Länderproporz. Die Finanzierungslücke für Erhalt und Betrieb ist auf 7,2-Mrd. EUR pro Jahr bezifert - nun gilt es zu entscheiden, wie diese Lücke geschlossen werden soll. In einem langfristig tragfähigen Modell sollte die Höhe der verfügbaren Investitionsmittel konsequent an die Transport- und Beförderungsleistung gekoppelt werden - denn je mehr gefahren wird, desto höher ist der Verschleiß der Infrastruktur. Das bedeutet: Maut für alle und auf allen Verkehrswegen. Auf der Straße muss Schluss damit sein, dass leichte Fahrzeuge befreit sind. Denn eine willkürliche Gewichtsgrenze schaft lediglich Anreize, sich durch abenteuerliche Leichtbaukonstruktionen („Mautkiller“) und illegales Überladen unsolidarisch der Beitragsplicht zu entziehen - ganz gleich, ob sie nun bei zwölf, siebeneinhalb oder dreieinhalb Tonnen liegt. Eine weiterentwickelte Maut könnte Mineralöl- und KFZ-Steuer ganz oder teilweise ersetzen. Sie kann aber noch mehr: Ein höherer Kilometersatz zu Stoßzeiten könnte helfen, Staus zu reduzieren. Damit wäre so manche Ausbaumaßnahme nicht mehr erforderlich. Denkbar wäre auch, auf von Baustellen betrofenen Strecken keine Maut zu erheben. So bestünde ein Anreiz, Bauarbeiten zügig zum Abschluss zu bringen. Eine Maut für alle wäre zudem mit EU-Recht vereinbar. Es ist sicherlich mit Widerstand gegen eine lächendeckende Maut für private Nutzer zu rechnen. Schon 2010 wurde ein solches Vorhaben in den Niederlanden auf Eis gelegt, da die Bevölkerung dem für die Erfassung vorgesehenen „Spionagekastje“ in jedem Fahrzeug misstraute. Vor dem Hintergrund der Diskussion um unkontrolliertes Sammeln von Daten durch Geheimdienste sind solche Bedenken heute stärker denn je. Sie müssen ernst genommen werden - aber anonyme Bezahlverfahren sollten ein ausreichendes Maß an Anonymität bieten können. Absoluten Schutz zu versprechen, wäre naiv. Allemal sollte sich aber das Sicherheitsniveau überbieten lassen, das jeder Nutzer eines Mobiltelefons mehr oder weniger stillschweigend akzeptiert. ■ Foto: TransCare Ralf Jahncke ist Gründer und Geschäftsführer der TransCare GmbH, Wiesbaden. ZUR PERSON Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 95 V E R K E H R S W I S S E N S C H A F T L I C H E N AC H R I C H T E N Mitteilungsblätter der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. 1. Heft März 2014 DVWG - die Vielfalt der Mobilität L iebe Freunde und Mitglieder der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft, gern möchte ich Ihnen und Ihren Familien und Freunden auch im Namen des Präsidiums der DVWG für 2014 Gesundheit, Glück, Erfolg und vor allem Freude bei allem was Sie tun wünschen. Im vergangenen Jahr sind wir mit unserer DVWG wieder ein Stück fachlicher geworden, haben uns als neutrale Plattform an die gesellschaftlichen Brennpunkte unserer Branche gewagt und wurden als eine sehr angesehene und glaubwürdige Gesellschaft wahrgenommen. Die neuen Veranstaltungsformate von der Verkehrswissenschaftlichen Rede über unseren Newsletter „DVWG - aktuell“ bis hin zum Deutschen Mobilitätskongress haben dies unterstrichen. Der erste Deutsche Mobilitätskongress am 7.11.2013 zog über 250 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Vereinen und Verbänden in das Gesellschaftshaus des Palmengartens nach Frankfurt am Main. Unter dem Titel „Energie und Mobilität - unterwegs in eine nachhaltige Gesellschaft“ wurden alle Facetten der Mobilität eingehend diskutiert. Der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (DVWG) als Veranstalter ist es gemeinsam mit den Partnern International School of Management (ISM), Rhein-Main- Verkehrsverbund (RMV) und House of Logistics & Mobility (HOLM) und in Zusammenarbeit mit Messe Frankfurt schon im ersten Jahr gelungen, einen Trefpunkt für die verantwortlichen Entscheidungsträger und Experten der Mobilitätsbranche zu etablieren. Mit ihrem „Frankfurter Appell“ konnten die Veranstalter der aktuellen Verkehrspolitik Impulse geben. Traditioneller Höhepunkte des Jahres 2013 war wieder unsere Jahrestagung mit dem begleitenden Jahresverkehrskongress, diesmal in Kiel. Dank der sehr guten Vorbereitung der Bezirksvereinigung Schleswig-Holstein gemeinsam mit unserer Hauptgeschäftsstelle war es eine rundum gelungene Veranstaltung zum Thema „Verkehr und Tourismus - Herausforderungen und Perspektiven für eine nachhaltige Allianz“. Renommierte Experten aus Verkehr und Tourismus standen im Dialog, um vorhandene Synergiepotentiale stärker zu nutzen. Die Vielfalt des Verkehrs veranlasste uns, bewährte Fachforen wie das Luftverkehrs- und Nahverkehrsforum beizubehalten, aber auch neue Themen wie Infrastrukturinanzierung und Seehafenhinterlandverkehr aufzunehmen. Insgesamt erfolgte bei allen Veranstaltungen eine sehr gute Kooperation zwischen der Hauptgeschäftsstelle und den Bezirksvereinigungen zur gemeinsamen Stärkung der DVWG. Insbesondere hier sehen wir auch künftig den Schlüssel unseres Erfolges im verkehrswissenschaftlichen Veranstaltungssektor. Auch für 2014 sind bereits vielfältige Veranstaltungen geplant. Im Mai werden wir unsere Jahrestagung in Bochum in bewährter Form mit einem zweitägigen Jahresverkehrskongress zum Thema „Verkehr in Metropolregionen - Mobilität im Umbruch“ verbinden. Die internationale Fachexkursion wird Interessierte dieses Mal in das größte und wirtschaftlich stärkste Land der Region Südasien, nach Indien, führen. Eine persönliche Einladung und ausführliche Informationen dazu folgen in Kürze. In den Bezirksvereinigungen gibt es umfangreiche und interessante Veranstaltungsprogramme, die sowohl speziische, regionale Aspekte des Verkehrs und der Mobilität aufgreifen, aber auch aktuelle verkehrswissenschaftliche und verkehrspolitische Fragen thematisieren. Freuen Sie sich mit mir auf ein abwechslungsreiches und spannendes Jahr 2014. Ihr Prof. Knut Ringat Präsident der DVWG Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 96 DVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Jubiläum in Freiburg 40 Jahre DVWG- Bezirksvereinigung Klaus Füsslin, Bezirksvereinigung Freiburg Z u diesem besonderen Anlass konnte der Vorsitzende der Bezirksvereinigung, Prof. Dr. Günter Knieps am 25. November 2013 zahlreiche Fachleute und Verkehrsinteressierte aus Freiburg, aber auch aus dem Elsass und der Schweiz in der IHK Südlicher Oberrhein, begrüßen. Die Veranstaltung gab nicht nur interessante Einblicke in die DVWG-Geschichte, sondern vermittelte ebenso spannende Ausblicke in die Zukunft. Es referierten Prof. Dr. Michael Drude zur Geschichte der DVWG-Bezirksvereinigung, Werner Stohler, Gründer und bis Ende 2012 Leiter der SMA und Partner AG Zürich, zu Visionen im europäischen Schienenpersonenfernverkehr und Peter Welling, SVG Südbaden e. G., zu Visionen bei der Weiterentwicklung der Rollenden Autobahn Freiburg - Novara. Prof. Dr. Drude berichtete über die Anfänge der BV, die 1973 als Ausgründung der Bezirksvereinigung aus der damaligen BV Oberrhein entstand. Initiator dieses Schrittes war Prof. Dr. J.-Heinz Müller, Direktor des Instituts für Regionalpolitik und Verkehrswissenschaft an der Universität Freiburg. Zusammen mit Hans Kammerer (Verband des Verkehrs-gewerbes) und Edmund Link (Deutsche Bundespost) waren diese drei Gründungsmitglieder fest davon überzeugt, dass am südlichen Oberrhein die grenzüberschreitenden verkehrlichen Aktivitäten mit der Schweiz und Frankreich stärker in den Blickpunkt gerückt werden sollten. Insgesamt zweimal, in den Jahren 1973 und 2006, war die BV Freiburg würdiger Gastgeber für Jahrestagungen der Gesamtgesellschaft. Besonders die Veranstaltung im Mai 2006, die in guter Kooperation mit der Hauptgeschäftsstelle in Berlin organisiert und durchgeführt wurde, hatte mit einem zweitägigen Fachkongress zu „Grenzüberschreitenden Verkehren“, einer eindrucksvollen Abendveranstaltung im Europapark in Rust und spannenden begleitenden Fachexkursionen bei vielen DVWG- Mitgliedern und Gästen für positive bleibende Eindrücke gesorgt. Die Bezirksvereinigung erweist sich heute mit über 50 Mitgliedern als personell stabil. Auch wenn regional bedingt, bei kaum vorhandenen Ausbildungsbereichen im Sektor Verkehr der „Nachwuchs“ ein wenig problematisch werden könnte. Positiv stellt sich die Mitgliedertendenz im Hinblick auf das zunehmende Engagement körperschaftlicher Mitglieder dar. Werner Stohler gab in seinen Ausführungen zum im Sommer 2013 eingeführten TGV Paris - Freiburg einen hervorragenden Einblick in die Systemzwänge eines international vernetzten Fahrplanes. Leider verstehen Politiker und auch Funktionäre der Bahnen noch zu wenig von den komplexen Abhängigkeiten im Schienenpersonen- Fernverkehr von Trasse, Ausbau, Geschwindigkeit, Fahrzeug und Fahrzeit, die ein fest gefügtes Netz von Systemknoten und Fahrzeiten zwischen den Systemknoten (also den großen Umsteigebahnhöfen) erzeugen, das u. U. jahrzehntelang Bestand haben wird und muss. Als ein weiteres Beispiel zeigte er die Zusammenhänge einer Beschleunigung der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel auf. Der Referent machte eindrucksvoll deutlich, dass Forderungen nach zeitlichen Qualitätsverbesserungen von Fernreiseverbindungen nur dann inanziell verantwortet werden sollten, wenn den dafür aufzubringenden enormen Investitionskosten adäquate Reiseverkehrsströme und zeitabhängig zu den Investitionen vielgestaltige Vorteile im Fahrplanangebot gegenüberstehen. So ist beim Katzenbergtunnel vor Basel - seit 2012 in Betrieb und rund 650 Mio. EUR teuer - abgesehen von dem positiven Effekt, Lärm von den bisher durchfahrenen kleinen Ortschaften fernzuhalten, im Fernverkehr wohl bis etwa 2030 betrieblich nur der eine Vorteil wirksam, dass Verspätungen von Fernreisezügen im deutschen Zulauf zur Schweiz von 10 Minuten abgepuffert werden können. Das eigentliche Ziel des Tunnels, Teil einer fahrplansystematischen Qualitätsverbesserung zu sein, kann erst dann zum Tragen kommen, wenn nach Abschluss des ganzen viergleisigen Ausbaus eine Fahrzeitreduktion von einer halben Stunde möglich ist. Der Bundesrepublik ist Paris   14 1 / 2 h 1 1 / 2 h Basel Grundstruktur des ICE/ IC-Netzes sind langlaufende Linien im Zweistundentakt, die sich abschnittweise zum Stundentakt überlagern Die «Mannheimer-Korrespondenz» zur halben Stunde Köln/ Frankfurt  Basel/ Stuttgart ist seit 1979 strukturbildend für das ganze IC/ ICE- Netz. Köln und Karlsruhe sind weitere wichtige Knotenbahnhöfe Anschlüsse zur vollen Stunde Anschlüsse zur vollen/ halben Stunde 2h W. Stohler | DVWG Freiburg i. B. | 25.11.2013 Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 97 Verkehrswissenschaftliche Nachrichten DVWG es bislang nicht gelungen, die Vereinbarung zwischen der Schweiz und Deutschland von Lugano aus dem Jahr 1996 zu erfüllen, schritthaltend mit dem Ausbau der Gotthardachse die Rheintalbahn auf 4 Gleise auszubauen. Peter Welling stellte die Sonderform des Straßengüterverkehrs, die „Rollende Autobahn“, im alpenquerenden Verkehr dar. Rund 100.000 Sattelzüge pro Jahr werden derzeit in Freiburg auf die Schiene verladen. Die Tendenz infolge der Schweizer Restriktionen für den LKW-Transit ist weiter steigend. Der derzeitige Verladebetrieb verlangt dringend nach einem besseren Standort. Dieser wird künftig weiter nördlich bei Lahr angestrebt, sofern für den viergleisigen Ausbau der Rheintalbahn eine autobahnparallele Variante zur Ausführung kommt, wie jüngst geplant. Diese Variante wäre auch aus Lärm- und Umweltschutzgründen erstrebenswert. Momentan wird die Einigung der Kommunen für diese neue Streckenführung ausgelotet. Das Projekt soll etwa 2025 in Betrieb gehen, wenn denn alle planerischen Hürden überwunden werden können. Die Beiträge aller Referenten wurden von den Teilnehmern intensiv und lebhaft diskutiert. Die Veranstaltung fand insgesamt großen Anklang. ■ freiburg@dvwg.de Verkehrswissenschaftliches Kolloquium „Zukünftige Herausforderungen bei der Finanzierung des ÖPNV in Sachsen-Anhalt - Neue Finanzierungsansätze“ Bernd-Walter Schubert / Martin Hofmann, DVWG BV Sachsen Anhalt A ngesichts auslaufender ÖPNV-Finanzierung des Bundes über das Gemeindeverkehrsinanzierungsgesetz (GVFG) bzw. Entlechtungsgesetz und der Änderungen im Bereich der Regionalisierungsmittel scheint es immer schwieriger zu werden, einen attraktiven ÖPNV aufrechtzuerhalten. Um die Herausforderungen bei der zukünftigen ÖPNV-Finanzierung im Bundesland Sachsen-Anhalt zu thematisieren, Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen und einen Austausch der Akteure anzuregen, lud die DVWG-Bezirksvereinigung am 29. Oktober 2014 zum Verkehrswissenschaftlichen Kolloquium nach Magdeburg ein. Vier Vorträge gaben einen Überblick zur Thematik und setzten Impulse für die anschließende Diskussion. Zu Beginn stellte Dipl.-Wirtsch.-Ing. Fabian Behrendt die Ergebnisse der Kommission „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturinanzierung“ vor. Behrendt, der in der Kommission mitgearbeitet hatte, ging auf die erhebliche Unterinanzierung der Verkehrsinfrastruktur ein und stellte die vorgeschlagenen Finanzierungsmöglichkeiten wie z. B. Fonds-Modelle vor. Danach gab Dipl.-Volkswirt Tilman Bracher vom Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin (Difu) einen Überblick über neue Finanzierungsformen. Er erläuterte deren Ziele, wie diese erreicht werden können und bewertet werden. Im dritten Vortrag stellte Lothar Riese, Geschäftsführer PNVG Merseburg-Querfurt und Stellvertretender Vorsitzender des VDV Landesgruppe Ost, die Sichtweise der Verkehrsunternehmen dar und ging in seiner „Stellungnahme des VDV zu neuen Finanzierungsmodellen, unter dem Aspekt des zukünftigen Betriebes“ insbesondere auf die Problematik der Unterinanzierung und möglicher Lösungsansätze ein. Den Überblick schloss Dipl.-Ing. Bernd Schubert mit dem Vortrag „Nahverkehrsabgabe - Eine sichere Finanzierung für die Zukunft des ÖPNV? “ Darin erörterte er u.a. verschiedene Nahverkehrsabgabemodelle basierend auf einer Einwohner-Abgabe. Nach intensiver Diskussion bestand bei allen Teilnehmern Konsens, dass dringender Handlungsbedarf besteht, zumal die vorgestellten Lösungsansätze in ihrer Vielschichtigkeit bei Umsetzung eines ausreichend zeitlichen Vorlaufs bedürfen. ■ sachsen-anhalt@dvwg.de Als Veranstaltungsort diente der vermutlich älteste Lokschuppen Deutschlands im Hafengebiet Magdeburgs. Zum Tod von Dr.-Ing. E.h. Wilhelm Pällmann A m 25. Dezember, im Alter von 79 Jahren, starb Wilhelm Pällmann. Das verkehrspolitische Vermächtnis Pällmanns ist beachtlich. Von Anfang der 70-er bis Anfang der 80-er Jahre steuerte er als Vorstandsvorsitzender die üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG und wechselte 1983 in den Vorstand der damaligen Deutschen Bundesbahn. 1991 bis 1995 wirkte der Jurist im Vorstand der Deutschen Bundespost Telekom, wo er nach deren Privatisierung kommissarischer Vorstandsvorsitzender war. Wilhelm Pällmann hat in seinen Unternehmen aber auch außerhalb gewichtige und maßgebliche Zeichen gesetzt. Besonders in Erinnerung wird er durch seinen Vorsitz der nach ihm benannten Pällmann-Kommission bleiben, die im Jahr 2000 ein richtungweisendes Konzept zur Verkehrswegeinanzierung erarbeitet hat. In seiner aktiven Zeit hat sich Pällmann stark in der DVWG engagiert und mit seinem einzigartigen Vortragsstil seine Zuhörer stets herausgefordert. Seine Fachkunde und seine visionären Gedanken haben die Arbeit der DVWG sehr bereichert. Er bleibt unvergessen. Die DVWG wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren. ■ Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 98 DVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Auslobung des HENRY-LAMPKE-PREISES 2014 D ie Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft e. V. - DVWG schreibt im Rahmen ihrer Nachwuchsförderung den Henry-Lampke-Preis 2014 aus. Dieser wissenschaftliche Nachwuchspreis trägt den Namen des langjährigen und verdienstvollen Mitgliedes unserer Gesellschaft, Herrn Henry Lampke (1911 - 2008), der sich in besonderem Maße für die Förderung junger Hochschulabsolventen im Verkehrswesen engagierte. Der Preis wird für herausragende Diplom- oder Masterarbeiten in zwei Kategorien vergeben: Kategorie 1: Wirtschaftswissenschaftliche Arbeiten Kategorie 2: Ingenieurtechnische Arbeiten. In jeder Kategorie ist der Preis mit 500 Euro dotiert. Die einzureichenden Arbeiten müssen den Anspruch erfüllen, einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung des Verkehrswesens in Theorie oder Praxis unter Berücksichtigung der Prinzipien der Nachhaltigkeit zu leisten. Eingereicht werden können alle wissenschaftlichen Arbeiten von Hochschulabsolventen der zurückliegenden zwei Jahre, die noch nicht an einem Wettbewerb erfolgreich teilgenommen haben. Vorschlagsberechtigt sind ordentliche Professoren von Universitäten/ Fach- und Hochschulen bzw. Leiter von Forschungseinrichtungen. Eigenbewerbungen von Absolventen sind nicht zulässig. Einzureichen sind: • die vollständige Arbeit sowie ein zwei bis fünf A4-Seiten umfassendes Resümee • eine Kurzvita des Autors • eine Begründung/ persönliches Gutachten des betreuenden Hochschullehrers. Über die Vergabe des Preises entscheidet eine durch das Präsidium der DVWG berufene wissenschaftliche Jury in einem nichtöfentlichen Verfahren. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Ergebnisse der Jury werden im April 2014 feststehen. Die Preisverleihung des Henry-Lampke- Preises erfolgt im Rahmen der DVWG-Jahrestagung am 8. Mai 2014 in Bochum. Hierfür erhalten die Preisträger dann eine entsprechende Einladung. Den Preisträgern wird die Gelegenheit gegeben, ihre prämierten Arbeiten im Rahmen des 12. Verkehrswissenschaftlichen Zukunftsforums des Jungen Forums der DVWG im Herbst 2014 vorzustellen. ■ Zukunft der Autobahn - Autobahn der Zukunft Innovation im Verkehrswesen am Beispiel Robert Maiworm/ Marcus Kunze, Bezirksvereinigung Rheinland e.V. M it einem Beitrag zum Thema „Zukunft der Autobahn - Autobahn der Zukunft“ startete die Bezirksvereinigung Rheinland in das Programmjahr 2014. In seinem Impuls-Vortrag skizzierte Hendrik Ammoser, TÜV Rheinland zunächst die „Autobahn der nächsten Generation“. Neben der technischen Entwicklung von Fahrzeugen und Infrastruktur arbeitete Herr Ammoser auch die Entwicklung von Spielregeln von Organisation und Innovation heraus. Ein wesentlicher historischer Entwicklungsschritt war die Zusammenführung mehrerer damals bekannter Systemelemente in den späten 1920er Jahren: Straßen mit Brücken anstelle plangleicher Kreuzungen und besondere Verkehrsregeln sowie ein Benutzungsverbot für Fuhrwerke und Fahrräder waren wesentliche Unterschiede zu den damals üblichen Straßen. Die ersten „Nur-Autostraßen“, wie die Straße von Köln nach Bonn (fertiggestellt 1932) waren jedoch keine „innovativen Fremdkörper“. Die Weiterentwicklung der Fahrzeugtechnik, der Mechatronik und Verkehrstelematik ließen in den vergangenen 20 Jahren eine Generation von Fahrzeugen entstehen. Die Errungenschaften der Verkehrstelematik erforderten auch eine neue Generation von Infrastruktur - nicht nur punktuell, nicht nur technisch, sondern als Gesamtsystem, so Ammoser. Das „Zubehör“ sei bereits vorhanden und müsse „nur“ noch „richtig“ zusammengefügt werden. Die Frage nach einer Straße für (teil-) autonome Fahrzeuge sei heute keine Frage der Technik, sondern eine Frage von Nutzen, Aufwand und Eingliederung/ Abgrenzung zum bestehenden Verkehrssystem. In seinen weiteren Ausführungen skizzierte Herr Ammoser eine mögliche Realisierung einer Autobahn der nächsten Generation. Dazu würde z. B. gehören, dass auf der Straße nur Fahrzeuge mit einer deinierten IT-Mindestausrüstung zugelassen seien. Außerdem müsse eine Befolgungsplicht bestehen, so dass Routinganweisungen durch Fahrer bzw. intelligentes Fahrzeug befolgt werden müssten. Der Erfolg würde darin bestehen, die Anforderungen an die IT-Mindestausstattung z. B. durch eine On-board-unit (OBU) so zu gestalten, dass die Benutzung der Straße weiterhin für viele Nutzer möglich bleibt, andererseits aber genügend leistungsfähige Technik auf allen Fahrzeugen vorhanden wäre, damit die Telematik schnell ihre Vorteile ausspielen könne. In der anschließenden Diskussion wurde festgestellt, dass innovative Ideen nur dann erfolgreich realisierbar seien, wenn soziale, ökonomische, organisatorische und technische Aspekte in einem Gesamtzusammenhang gesehen werden. Es ist schwierig, die etablierten Strukturen bestehender Verkehrssysteme zu verändern. Daher wurde auch abgeleitet, dass Ideen wie im Impuls skizziert wohl kaum in Ländern wie Deutschland umgesetzt werden könnten. Mit ihrem Themenabend „Zukunft der Autobahn - Autobahn der Zukunft“ hat die DVWG Rheinland dieses Thema jenseits von maroden Brücken und den Herausforderungen künftiger Netzinstandhaltung an einer Stelle ausgeleuchtet, die in den vergangenen Jahren kaum vertieft in der Gesellschaft diskutiert wurde: die Innovationsmöglichkeiten und die Innovationsfähigkeit unseres Verkehrssystems. ■ rheinland@dvwg.de Bewerbungen und Anfragen Iris Götsch Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft e. V. Agricolastraße 25, 10555 Berlin Tel.: +49.30.293 60 620 Fax: +49.30.293 60 629 E-Mail: hgs@dvwg.de Internet: www.dvwg.de Die Arbeiten sind bis zum 10. März 2014 bei der Hauptgeschäftsstelle der DVWG in digitalisierter Form einzureichen. Akzeptierte Formate sind *pdf oder *doc. Arbeiten mit einer Größe von mehr als 10 MB müssen auf Wechseldatenträgern (CD) eingereicht werden. Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 99 Verkehrswissenschaftliche Nachrichten DVWG Zentrale Veranstaltungen Darmstadt 25./ 26.03.2014 DVWG-Fachforum Verkehrslärm - zwischen Bedürfnis der Mobilität und Ablehnung in der Öfentlichkeit Bochum 07.-09.05.2014 DVWG-Jahrestagung mit Bundesdelegiertenversammlung und Jahresverkehrskongress SAVE THE DATE 12./ 13.11.2014, Frankfurt Deutscher Mobilitätskongress 2014 Mobility 4.0 - Big Data in der Mobilität DVWG Hauptgeschäftsstelle Agricolastraße 25 10555 Berlin Tel. +49 30 2936060 Fax +49 30 29360629 E-Mail: hgs@dvwg.de Internet: www.dvwg.de Veranstaltungen der Bezirksvereinigungen Berg und Mark berg-mark@dvwg.de 08.05.2014, 16: 00 Uhr Der neue Verkehrsmarkt - Fernbuslinien in Deutschland Bergische Universität Wuppertal - Campus Haspel, Pauluskirchstraße 7, Gebäude HD, 3. Etage, Raum HD 35 Nordbayern nordbayern@dvwg.de 20.03.2014, 16: 00 Uhr Visionen - Umsetzung - Ernüchterung Was hat es gebracht, das Berufskraftfahrer-Qualiikations-Gesetz? Ort: Verkehrsmuseum Nürnberg, Konferenzraum FrankfurtRheinMain e.V. frankfurtrheinmain@dvwg.de 25.03.2014, 18: 30 Uhr Mitgliederversammlung der Bezirksvereinigung IHK Darmstadt, Rheinstraße 89, 64295 Darmstadt 08.05.2014, 19: 00 Uhr Jufo-Diskurs: House of Logistics and Mobility (HOLM) Ort: House of Logistics & Mobility (HOLM), Gateway Gardens, 60549 Frankfurt am Main Niedersachsen-Bremen niedersachsen-bremen@dvwg.de 18.03.2014, 17: 00 Uhr Verkehrsentwicklungsplan pro Klima der Region Hannover - Neue Strategien für einen emissionsarmen Stadt- und Regionalverkehr 19: 00 Mitgliederversammlung der DVWG Niedersachsen-Bremen e.V. Ort: Dormero-Hotel Hannover, Hildesheimer Str. 34-38 29.04.2014, 15: 30 Uhr Branchendialog Ofshore-Windenergie: Risikomanagement erfolgreich gestalten Ort: Oldenburgische Industrie- und Handelskammer, Plenarsaal Hamburg hamburg@dvwg.de 19.-20.03.2014 Kooperationsveranstaltung TUHH und Bezirksvereinigung Hamburg Abschlussveranstaltung der Projekte „€LAN Energiepreisentwicklung und Landnutzung“ und „Reurbanisierung und ihre Wirkung auf den Verkehr“ Ort: TU Hamburg-Harburg, Schwarzenbergstraße 95, Gebäude D, Raum 2.020, 21073 24.03.2014, 17: 30 Uhr Fachdiskussion: Efekte der Liberalisierung von Verkehrsmärkten - Aktuelle Trends auf dem Fernbusmarkt im Anschluss Mitgliederversammlung der BV Hamburg Ort: Hamburg School of Business Administration, Raum 601, Alter Wall 38, 20459 03.04.2014, 17: 00 Uhr Forum Seeverkehr: Umweltfreundliche Technologien im Hamburger Hafen - Besuch der Batteriewechselstation am CTA Ort: HHLA Container-Terminal Altenwerder GmbH, Am Ballinkai 1, 21129 Hamburg Oberrhein oberrhein@dvwg.de 25.03.2014, 15: 00 Uhr Eisenbahngüterverkehr - heute und morgen Ort: Friedrich-List-Schule, Ludwig-Erhard- Allee 3, 76131 Karlsruhe 07.04.2014, 18: 30 Uhr Stammtisch des Jungen Forums im Bezirk Oberrhein Ort: Lokal Pfannestiel, Am Künstlerhaus 53, 76131 Karlsruhe 10.04.2014, 17: 30 Uhr Verkehrssteuerung in Karlsruhe - Ausbaustand, Planung und Ziele Ort: Rathaus Karlsruhe, Raum Nancy/ Nottingham, 29.04.2014, 16: 00 Uhr Lichtsignalsteuerung - Entwicklung und Potential Ort: KIT, Institut für Straßen- und Eisenbahnwesen, Geb. 10.81, Otto-Ammann- Platz 1, 76131 Karlsruhe Rheinland e.V. rheinland@dvwg.de 20.03.2014, 17: 30 Uhr Besichtigung der neuen Verkehrsleitzentrale Leverkusen Ort: Landesbetrieb Straßenbau NRW, Bonner Str. 70, 51379 Leverkusen Württemberg e.V. wuerttemberg@dvwg.de 31.03.2014, 17: 30 Uhr Konzeption von Mobilitätszentralen Ort: Verband Region Stuttgart, Kronenstraße 25, 70173 Stuttgart 12.05.2014, 14: 00 Uhr Wissenschaftliches Symposium zum Thema: Luftverkehr und Flughafenmanagement - Herausforderungen und Trends Ort: Hochschule Heilbronn Max-Planck- Straße 39, 74081 Heilbronn Südbayern e. V. suedbayern@dvwg.de 20.03.2014, 17: 30 Uhr Zum 65. Geburtstag der DVWG Südbayern: Aktuelle Fragen der bayerischen Verkehrspolitik Theater EUKITEA: „Let‘s go“/ Empfang Ort: München, OBB im StMI 8.04.2014, 17: 30 Uhr Zukunft der Luftfahrt - (Unkonventionelle) Visionen zur weiteren Entwicklung Ort: StMWi München Anschließend Mitgliederversammlung der Bezirksvereinigung Sachsen sachsen@dvwg.de 20./ 21.03.2014, 8: 30 Uhr 24. Verkehrswissenschaftliche Tage Ort: TU Dresden, Fakultät Verkehrswissenschaften, Potthofbau 31.03.2014, 17: 30 Uhr Mitgliederversammlung der Bezirksvereinigung Ort: TU Dresden, Fak. Verkehrswissenschaften, Potthofbau, Raum E61 Hosted by 4 - 5 November 2014 Bavarian Representation, 77 Rue Wiertz, Brussels Platinum sponsors Supported by Attendance at the European Rail Summit will be limited to invited delegates only. For more details, and to register your interest in participating or in watching the proceedings online, visit www.europeanrailsummit.com 4 - 5 November 2014: Save the date European Rail Summit Don’t miss this high-level event for the European rail industry. Hosted in Brussels by Railway Gazette and Eurailpress, the European Rail Summit will bring together leading igures from the European Parliament, Commission and Council, along with senior railway representatives and customers from around the world to discuss the future of Europe’s railways. As part of European Union’s vision for transport between now and 2050, rail is expected to play an increasing role in moving freight and passenger trafic across the Single Market, helping to reduce greenhouse gas emissions, facilitating European competitiveness and boosting economic growth. But how is this to be achieved in practice? n Will the legislative proposals in the Fourth Railway Package for further liberalisation and technical harmonisation contribute to greater eficiency? n Will on-rail competition lead to better services for passengers and freight shippers, or is greater co-operation a better way to provide a comprehensive range of services? n What is the best way to ensure eficient management of rail infrastructure and greater transparency in railway inances? n What impact will the globalisation of trade have on Europe’s railways, and how can European companies harness opportunities in other parts of the world? Programme: 4 November n Networking Reception and Welcome 5 November n A Vision for Rail in Europe n Transport Priorities for the EU Presidency n Europe’s Railways & the Global Perspective n Liberalisation & Competition in the Single European Transport Area n The Future of European Rail Freight & Logistics n Vehicle Authorisation & the Challenge of Interoperability Save the date now RG-ERS_ad_fp_V4.indd 1 20/ 01/ 2014 13: 15 Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 101 Erscheint im 66. Jahrgang Herausgeber Prof. Dr.-Ing. Frank Straube (Sprecher) Prof. Dr. Kay W. Axhausen Prof. Dr. Hartmut Fricke Prof. Dr. Hans Dietrich Haasis Prof. Dr. Sebastian Kummer Prof. Dr. Barbara Lenz Prof. Knut Ringat Verlag DVV Media Group GmbH Postfach 101609, D-20010 Hamburg Nordkanalstr. 36, D-20097 Hamburg Telefon (040) 2 37 14-01 Geschäftsführer: Martin Weber Detlev K. Suchanek (Verlagsleiter Technik & Verkehr) detlev.suchanek@dvvmedia.com Redaktion Eberhard Buhl, M.A. (verantw.), (Durchwahl: -223) eberhard.buhl@dvvmedia.com Telefax Redaktion: (040) 2 37 14-205 Dr. Karin Jäntschi-Haucke, hgs@dvwg.de (verantw. DVWG-Nachrichten) Redaktionelle Mitarbeit: Kerstin Zapp Korrektorat: Ulla Grosch Anzeigen Silke Härtel (verantw. Leitung) (Durchwahl: -227) silke.haertel@dvvmedia.com Tim Feindt (Anzeigenverkauf) (Durchwahl -220) tim.feindt@dvvmedia.com Telefax Anzeigen: (040) 2 37 14-236 Gültig ist die Anzeigenpreisliste Nr. 50 vom 1. Januar 2013. Vertrieb Vertriebsleitung: Stefanie Hesslein stefanie.hesslein@dvvmedia.com Vertrieb IV: Bernd Thobaben Tel.: (040) 2 37 14-108 bernd.thobaben@dvvmedia.com Leser- und Abonnentenservice Tel. (040) 23714-260 | Fax: (040) 23714-243 Bezugsgebühren: Abonnement-Paket Inland: EUR 150,00 (inkl. Porto zzgl. 7 % MwSt.); Das Abonnement-Paket enthält die jeweiligen Ausgaben als Print, Digital und E-Paper sowie den Zugang zum Gesamtarchiv der Zeitschrift. Abonnement Ausland Print: EUR 167,00 (inkl. Porto). Abonnement Ausland Digital: EUR 150,00 Mitglieder der DVWG erhalten die Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Einzelheft: EUR 39,50 (im Inland inkl. MwSt.) zzgl. Versand. Copyright: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags vervielfältigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fällt insbesondere auch die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-Rom. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Abbildungen übernimmt der Verlag keine Haftung. Layoutkonzept: Helmut Ortner Titelbild: Early Morning in Shanghai, clipdealer.de Druck: L.N. Schafrath GmbH & Co. KG, Geldern Herstellung: Schmidt Media Design, München, schmidtmedia.com Oizielles Organ: Mitglied/ Member: Eine Publikation der DVV Media Group ISSN 0020-9511 ImpREssum | GREmIEn Herausgeberkreis Herausgeberbeirat Ben möbius Dr., Abteilungsleiter Mobilität und Kommunikation des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Berlin Gerd Aberle Dr. rer. pol. Dr. h.c., Professor emer. der Universität Gießen und Ehrenmitglied des Herausgeberbeirats Ralf nagel Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Hamburg August Ortmeyer Dr., Leiter der Abteilung Dienstleistungen, Infrastruktur und Regionalpolitik im Deutschen Industrie und Handelskammertag (DIHK), Berlin uwe Clausen Univ.-Prof. Dr.-Ing., Institutsleiter, Institut für Transportlogistik, TU Dortmund & Fraunhofer Institut für Materialluss und Logistik (IML), Vorsitzender, Fraunhofer Allianz Verkehr michael p. Clausecker MBA Vorsitzender der Geschäftsführung Bombardier Transportation GmbH, Berlin Christian piehler Dr.-Ing., Programmdirektor Verkehr Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Köln Ronald pörner Prof. Dr., Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland e. V. (VDB), Berlin Florian Eck Dr., stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums e.V., Berlin michael Engel Dr., Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften e. V. (BDF), Berlin Alexander Eisenkopf Prof. Dr. rer. pol., Phoenix-Lehrstuhl für Allgemeine BWL & Mobility Management, Zeppelin University, Friedrichshafen Tom Reinhold Dr.-Ing., Leiter Strategie/ Unternehmensentwicklung ÖBB-Holding AG, Wien Ottmar Gast Dr., Sprecher der Geschäftsführung der Hamburg-Süd KG, Hamburg Barbara Lenz Prof. Dr., Direktorin Institut für Verkehrsforschung, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Berlin Knut Ringat Prof., Präsident der DVWG und Sprecher der Geschäftsführung der Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH, Hofheim am Taunus Frank straube Prof. Dr.-Ing., Leiter des Fachgebiets Logistik, Technische Universität Berlin Jürgen siegmann Prof. Dr.-Ing. habil., Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb, TU Berlin Alexander Hedderich Dr., Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Schenker Rail GmbH und Mitglied des Executive Board der Deutsche Bahn AG, Berlin Erich staake Dipl.-Kfm., Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG, Duisburg Wolfgang stölzle Prof. Dr., Ordinarius, Universität St. Gallen, Leiter des Lehrstuhls für Logistikmanagement, St. Gallen Wolfgang Hönemann Dr., Geschäftsführer Intermodal der Wincanton GmbH, Mannheim ute Jasper Dr. jur., Rechtsanwältin Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek, Düsseldorf Johannes max-Theurer Geschäftsführer Plasser & Theurer, Linz Christoph Klingenberg Dr., Bereichsleiter Information Management und Chief Information Oicer der Lufthansa Passage Airlines, Frankfurt/ Main matthias von Randow Hauptgeschäftsführer Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Berlin Kay W. Axhausen Prof. Dr.-Ing., Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme (IVT), Eidgenössische Technische Hochschule (ETH), Zürich Hartmut Fricke Prof. Dr.-Ing. habil., Leiter Institut für Luftfahrt und Logistik, TU Dresden Hans-Dietrich Haasis Prof. Dr., Direktor Institut für Seewirtschaft und Logistik ISL, Universität Bremen sebastian Kummer Prof. Dr., wissenschaftlicher Leiter der ÖVG und Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik, Wien peer Witten Prof. Dr., Vorsitzender des Aufsichtsrats der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Hamburg, und Sprecher der Logistik-Initiative Hamburg Oliver Wolf Hauptgeschäftsführer Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Köln Reinhard Lüken Dr., Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schifbau und Meerestechnik e. V., Hamburg Internationales Verkehrswesen (66) 1 | 2014 102 Liebe Leserinnen und Leser, obwohl Internationales Verkehrswesen auch in diesem Jahr nur mit vier Ausgaben kommt, soll an Beiträgen zu Theorie und Praxis zukunftsfähiger Mobilitätssysteme kein Mangel herrschen. Und so hat unsere Fachzeitschrift diesmal weiter an Umfang gewonnen. Auch am Erscheinungsbild haben wir weiter gefeilt - und ich hofe, das vorliegende Heft 1/ 2014 gefällt Ihnen in Sachen Struktur und Optik. Für die nächste Ausgabe, die am 16. Mai erscheinen wird, legen wir einen Schwerpunkt auf das Thema Transport optimieren. Die Beiträge werden sich unter anderem mit den Anforderungen an die Mobilitäts-Infrastruktur beschäftigen - derzeit ja leider ein Dauerthema. Einiges zur wachsenden Bedeutung optimierter Beschafungslogistik und zu praxisgerechten RFID-Lösungen werden Sie in der Rubrik Logistik inden. Dazu kommen Artikel beispielsweise zum Kombinierten Verkehr oder zu strategischen Überlegungen für den Schienen-Personennahverkehr in urbanen und in ländlichen Regionen. Auf einen anregenden Dialog mit Ihnen freue ich mich. Ihr Eberhard Buhl Redaktionsleiter 1 7 . - 1 8 . 3 . 2 0 1 4 Berlin (D) R a il w a y F orum Info: IPM http: / / www.ipm-scm.com/ rfo mail@ipm-scm.com 20.-21.3.2014 Dresden (D) 24. Verkehrswissenschaftliche Tage Info: TU Dresden http: / / www.tu-dresden.de/ vkw/ vwt vwt2014@tu-dresden.de 20.-21.3.2014 Mainz (D) 49. Kontiki Konferenz Im Fokus: Kundenbindung Info: Arbeitskreis Kontiki - kontaktlose Chipkartensysteme für Electronic Ticketing e.V www.kontiki.net 20.-21.3 2014 Koblenz (D) 10. Deutscher Nahverkehrstag Info: BESTFALL GmbH - Agentur für Public Relations Tel. +49 6131 945 18 15 nahverkehrstag@bestfall.de 25.3.2014 Brüssel (Flughafen) (B) Transport Eiciency Forum 2014 - Trefpunkt für Europäische Verlader Info: Wolters Kluwer Transport Services, B-1930 Zaventem Tel. +32 2 290 89 46 ieva.farlet@wktransportservices.com http: / / www.transport-eiciency-forum.com 25.-28.3.2014 Amsterdam (NL) Intertraic - Fachmesse für Infrastruktur, Verkehrsmanagement, Sicherheit und Parken Info: Amsterdam RAI Exhibitions www.intertraic.com 1.-3.4.2014 Istanbul (TR) 11. UIC/ ERTMS-Konferenz „Optimierung von Investitionen bei den Eisenbahnen weltweit“ Info: UIC Koordinatorin Barbara Mouchel www.uic.org mouchel@uic.org 2.-3.4.2014 Stuttgart (D) HEUREKA 2014 - Konferenz „Optimierung in Verkehr und Transport“ http: / / www.isv.uni-stuttgart.de/ vuv/ aktuelles/ events/ heureka2014.html markus.friedrich@isv.uni-stuttgart.de 7.-11.4.2014 Hannover (D) MobiliTec 2014 - Internationale Leitmesse für hybride und elektrische Antriebstechnologien, mobile Energiespeicher und-alternative Mobilitätstechnologien Info: Deutsche Messe Hannover Tel.: +49 511 89-0 www.hannovermesse.de 19.-23.5.14 Hannover (D) CeMat -Weltleitmesse der Intralogistik Info: Deutsche Messe Hannover Tel.: +49 511 89-0 www.cemat.de 20.5.2014 Frankfurt (D) Thementag „Verkehrs-Infrastruktur“ der Frankfurt Global Business Week 2014 Info: Maleki Group, Dr. Katrin Pickenhan Tel: +49 69 97176-0 info@malekigroup.com 20.-25.5.2014 Berlin (D) ILA Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung + Konferenz Info: Messe Berlin GmbH www.ila-berlin.de ila@messe-berlin.de TERMINE + VERANSTALTUNGEN 17.3.2014 bis 23.5.2015 Weitere Veranstaltungen inden Sie unter www.internationalesverkehrswesen.de, www.dvwg.de www.eurailpress.de, www.schifundhafen.de, www.dvz.de VORSCHAU | TERMINE Antrag auf persönliche Mitgliedschaft (Jahresbeitrag 96 EUR/ Studierende 48 EUR) Eintritt zum Titel, Vorname, Name Beruf, Amtsbezeichnung Geburtsdatum Anschrift (privat) - Straße, Haus-Nr. PLZ, Ort Telefon (privat) Fax (privat) E-Mail (privat) Firma, Institution (dienstlich) Anschrift (dienstlich) - Straße, Haus-Nr. PLZ, Ort Telefon (dienstlich) Fax (dienstlich) E-Mail (dienstlich) Wenn Sie den schriftlichen Kontakt mit der DVWG bzw. die Lieferung der Organzeitschrift „Internationales Verkehrswesen“ an eine dienstliche Adresse wünschen, wählen Sie bitte Kontakt „dienstlich“. Bitte beachten Sie, dass die Angabe der privaten Adresse für eine Anmeldung zwingend erforderlich ist! Kontakt: □ privat □ dienstlich Bezug der Zeitschrift „Internationales Verkehrswesen“: □ ja □ nein Interesse an Informationen zum Jungen Forum der DVWG: □ ja □ nein Ort/ Datum Unterschrift Agricolastraße 25 Tel.: 030 / 293 60 60 www.dvwg.de 10555 Berlin Fax: 030 / 293 60 629 hgs@dvwg.de ■ Preisnachlass erhalten für Publikationen der Schriftenreihe (Bücher und CDs) ■ Gelegenheiten nutzen für den Auf- und Ausbau von Karriere-, Berufs- und Partnernetzwerken ■ exklusiven Zugang erhalten zum Internetportal der DVWG (Mitgliederbereich und Download) ■ persönliche Einladungen erhalten für über 200 Veranstaltungen im Jahr auf Bundesebene und in Ihrer Bezirksvereinigung ■ aktiv mitarbeiten in dem unabhängigen Kompetenzzentrum für Mobilität und Verkehr in Deutschland ■ mitarbeiten im Jungen Forum und der Europäischen Plattform für Verkehrswissenschaften ■ teilnehmen an jährlichen Fachexkursionen ins Ausland Wir vernetzen Verkehrsexperten! Antrag auf körperschaftliche Mitgliedschaft finden Sie unter: www.dvwg.de ■ das „Internationale Verkehrswesen“, die renommierte Fach- und Organzeitschrift, beziehen Mitglied werden und Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft e.V. NEU Ihr Fahrplan für Rechtsfragen im ÖPNV Gesetze und Kommentar zum ÖPNV-Recht plus online-Zugang zu gerichtlichen Leitentscheidungen Das Praxishandbuch „Recht des ÖPNV“ liefert Ihnen: ▪ Ausführliche Erläuterungen und Kommentierungen aller relevanten Vorschriften des ö entlichen Personenverkehrsrechts ▪ Anwendungsbeispiele aus der Praxis ▪ eine verlässliche Grundlage für die erfolgreiche Bearbeitung rechtlicher Fragestellungen im Personenverkehr Recht des ÖPNV, Praxishandbuch, Hubertus Baumeister (Hrsg.), 1. Auflage 2013, Band 1 Gesetze 660 Seiten, Band 2 Kommentar 854 Seiten, gebunden, EUR 189,- inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten Weitere Infos, Leseprobe und Bestellung: www.eurailpress.de/ oepnvrecht | Telefon: (040) 23714-440