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Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
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2015
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Multimodale Strategien für nachhaltiges Transportieren Transport und Logistik POLITIK Wie lässt sich nachhaltige Verkehrsentwicklung messen? LOGISTIK Innovative Konzepte für den Warenverkehr MOBILITÄT Szenarien 2035 - Mobilität wird flexibler und spontaner TECHNOLOGIE Wirtschaftsverkehr mit Hybrid- und Elektro-Nutzfahrzeugen www.internationalesverkehrswesen.de Heft 2 l Mai 2015 67. Jahrgang Technische Daten: ISBN 978-3-87154-516-0 364 Seiten, Format 140 x 180 mm, Broschur Preis: EUR 62,50 mit CD-ROM inkl. MwSt., zzgl. Porto Kontakt: DVV Media Group GmbH | Telefon: +49/ 40/ 2 37 14 - 440 | Fax: +49/ 40/ 2 37 14 - 450 E-Mail: buch@dvvmedia.com Das Standardwerk zur Entwicklung von Verkehr und Verkehrswirtschaft Zuverlässige Übersicht zu allen Daten und Fakten der Mobilität Inkl. CD mit umfangreichen Daten zur direkten Weiterverarbeitung Herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Jetzt aktuell! Der Verkehr in Tabellen, Zahlen und Übersichten Bestellen Sie Ihr Exemplar unter www.eurailpress.de/ viz1 Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 3 Hans-Dietrich Haasis EDITORIAL Engpass Infrastruktur - Bleibt Deutschland Logistikweltmeister? D eutschland ist Logistikweltmeister - noch! Ein Blick auf die für Personen- und Gütermobilität in Deutschland verfügbare Transportinfrastruktur zeigt deutliche Engpässe auf. Und zwar durchgängig für alle Verkehrsträger. So wird etwa der Güterstraßenverkehr durch Instandsetzungs- und Erneuerungsmaßnahmen bei Brücken deutlich belastet. Im Güterschienenverkehr können die notwendigen Ausbaumaßnahmen im Hinterlandverkehr der deutschen Seehäfen genannt werden. Und im Binnenschifverkehr sind Erweiterungsmaßnahmen bei Schleusen für wirtschaftliche Verkehre seit Jahren notwendig. Als mögliche Lösung bei knapper Transportinfrastruktur böte sich vor diesem Hintergrund bekanntlich eine verbesserte und betriebswirtschaftlich darstellbare Integration der unterschiedlichen Verkehrssysteme an. Und trotz sichtbaren Erfolgen im Kombinierten Verkehr, bei dem Angebot an multimodalen Strategien für nachhaltiges Transportieren und den dahinterliegenden Innovationen in Organisation und Technologie sowie dem erfolgreichen Ausbau von Güterverkehrszentren mit dem Ziel, Verkehre zu verlagern und engpassorientiert zu steuern, ist hier weiterer Handlungsbedarf dringend geboten. Insbesondere von politischer Seite wäre zu erwarten, dass verlässliche und für die einzelnen Akteure auch wirtschaftlich handhabbare Randbedingungen geschaffen werden, welche es erlauben, die sogenannten Transaktionskosten, also die Kosten für Entwicklung, Anbahnung und Realisierung neuer Transportdienstleistungen und -produkte zu vermindern, statt sie - wie derzeit zu befürchten ist - zu erhöhen. Es fehlt am klaren politischen Bekenntnis für multimodale Transportlösungen insbesondere im Güterverkehr und an dem hörbaren Willen, die hierfür notwendigen Weichen auch innovationsorientiert zu stellen. Studiengesellschaften und multimodale Promotion-Center erfüllen vor diesem Hintergrund eine wichtige, noch weiter zu unterstützende Kümmerer-Funktion. Dabei geht es nicht allein um Infrastrukturinvestitionen, sondern vor allem auch um Investitionen in Knowhow, in lexibel kombinierbare Geschäftsmodelle, in die Verfügbarkeit und Kompatibilität von Informationsprozessen und -systemen sowie die Nutzung digitaler Infrastruktur für neue web-basierte Servicedienstleistungen im Transport- und Logistiksektor. Systemintegration bezieht sich insoweit auf die Ausgestaltung aller fünf Sichten auf die Verkehrssysteme: Infrastruktur, Verkehrstechnologien, Geschäftsprozesse, Informationsangebote und Nutzerservice. Gerade die Bereitstellung digitaler Infrastruktur und der darauf aubauenden Software- Applications böten die Möglichkeit, nicht negativ belastet von Infrastrukturabgabe zu reden, sondern positiv fokussiert, eine Mobilitätsservicegebühr als Mehrwert bei der Nutzung der Infrastruktur zu betonen. Dass zur Systemintegration Lösungen von privatwirtschaftlicher Seite angeboten werden, wird auch dieses Jahr die transport logistik wieder eindrucksvoll in München zeigen. Es bleibt zu wünschen, dass es den Interessenten an diesen Lösungen durch technische Regelungen, verwaltungswirtschaftliche Verordnungen und das Verzögern von forschungsorientierten Transferprojekten nicht noch mehr erschwert wird, ihr Interesse an zukunftsfähigen multimodalen Transportprodukten und -dienstleistungen auch in die Tat umzusetzen. Systemintegration im Transport- und Logistikbereich wird künftig noch mehr die Wettbewerbsfähigkeit von Regionen und Unternehmen prägen. Gerade hierfür wünsche ich Ihnen viele gute Ideen, und natürlich auch viel Freude beim Lesen dieser Ausgabe des Internationalen Verkehrswesens. Ihr Hans-Dietrich Haasis Univ.-Prof. Dr., Lehrstuhl für Maritime Wirtschaft und Logistik, Universität Bremen Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 4 POLITIK 12 Chancen für Veränderung sind-vorhanden Im Interview: Karlheinz Schmidt, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) 14 Welthandel wächst weiter Vervierfachung des globalen Frachtverkehrs bis 2050 fordert Verkehrssektor heraus Hans Michael Kloth Jari Kauppila 17 Ausländermaut beschlossen Standpunkt Anfreas Kossak 18 Nutzerinanzierung - Moderne Instrumente für einen nachhaltig ließenden Verkehr Michael C. Blum WISSENSCHAFT 21 Wie lässt sich nachhaltige Verkehrsentwicklung messen? Weiterentwicklung der Mobilitätsindikatoren der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie Julia Gerlach Susan Hübner Edeltraud Günther Udo J. Becker LOGISTIK 34 Innovative Konzepte für die Logistikbranche Simon Holdorf Janina Röder Hans-Dietrich Haasis 37 kombiBUS-Modell Uckermark Kombinierter Personen- und Güterverkehr Christian Muschwitz Heiner Monheim Johannes Reimann Anja Sylvester Constantin Pitzen 39 Kombinierter Verkehr - Perspektiven, Herausforderungen Paul Wittenbrink 50 Luftverkehrsstandort Türkei Richard Klophaus Frank Fichert 53 Chinesische Wirtschaft im-Wandel Dirk Ruppik WISSENSCHAFT 42 Management von E-Commerce- Supply Chains - Letzte Meile Erik Hofmann Katrin Oettmeier INFRASTRUKTUR 25 Versorgung von Biomassekraftwerken mit Agrogütern Bimodale Strategien für Binnenreeder Thomas Decker 29 Elektrischer Schwerlastverkehr im urbanen Raum Ergebnisse einer Studie am Beispiel des Wirtschaftsraums Mannheim Tobias Bernecker Stefen Raiber 32 Urbane Logistik im Fokus IHK Frankfurt und House of Logistics and Mobility kooperieren bei Stadtlogistik-Projekt Jürgen Schultheis Sie finden Internationales Verkehrswesen mit umfangreichem Archiv und aktuellen Terminen unter: www.internationalesverkehrswesen.de Foto: Gabi Schönemann/ pixelio.de Foto: Rainer Sturm/ pixelio.de Foto: Toll Collect LOGISTIK EXTRA 46 Logistik-Trefen an der Isar 5.-8. Mai 2015, München Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 5 INHALT Mai 2015 MOBILITÄT 56 Weniger Staus, bessere Luftqualität Emissionsmodell für chinesische Städte zur Reduktion transportbedingter CO 2 -Emissionen Jörn Breiholz 58 Mobilität wird lexibler, spontaner und situativer Kerstin Zapp Peter Phleps 61 Modernes Echtzeit-Verkehrsmangement verlangt Nachfragemodellierung Johannes Schlaich Thomas Otterstätter Sonja Koesling 64 ÖPNV braucht Generalisten Berufsbegleitender Masterstudiengang ÖPNV + Mobilität für Führungskräfte Carsten Sommer TECHNOLOGIE DVWG-Nachrichten 87 Das Baltikum zum Kennenlernen 87 Verkehrswissenschaftliche Nachrichten 91 DVWG-Veranstaltungen Für DVWG-Mitglieder ist in dieser Ausgabe eine wichtige Information zu ihrem Abonnement beigelegt. RUBRIKEN 03 Editorial 06 Im Fokus 1 1 Kurz + Kritisch 84 Forum Veranstaltungen 93 Impressum | Gremien 94 Vorschau | Termine AUSGABE 3/ 2015 Verkehrsraum - Lebensraum? erscheint am 07. September 2015 68 LKW-Zulaufsteuerung für Logistik-Hubs Padideh Moini Gützkow Lars Nennhaus 72 Mehr Güter auf die Schiene? Railrunner-System mit bi-modaler Technologie Wolfgang Graaf Gerhard Oswald 74 LNG als Diesel-Alternative im-Nutzfahrzeugbereich Manfred Kuchlmayr WISSENSCHAFT 76 Wirtschaftsverkehr mit Elektro-Nutzfahrzeugen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und Optimierungspotentiale im KEP-Bereich Hans-Dieter Chemnitz 80 Quelle/ Ziel-Daten für die Planung des Platzangebotes Ulrich Bergner Benjamin Richter Dieser Ausgabe liegt eine Information der Trierer Hafengesellschaft mbH bei. Wir bitten um Beachtung. Foto: Klaas Hartz/ pixelio Foto: Iveco INTERNATIONAL TRANSPORTATION 1/ 2015 Urban Transport erscheint am 20. Mai 2015 Download unter: www.internationalesverkehrswesen.de Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 6 Mehr Gütertransporte in Deutschland als je zuvor D er Güterverkehr in Deutschland ist im Jahr 2014 stark gewachsen: Nach vorläuigen Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) stieg das Transportaukommen gegenüber dem Vorjahr um 2,9 % auf 4,486 Mrd. t. Damit wurde der bisherige Höchstwert aus dem Jahr 2008 um 0,4 % übertrofen. Zum Anstieg der Tonnage gegenüber dem Jahr 2013 trugen vor allem der Straßenverkehr und der Seeverkehr, aber auch die Luftfahrt und die Binnenschiffahrt bei. Der Transport von Rohöl in Rohrleitungen blieb nahezu konstant. Doch das Aukommen im Eisenbahnverkehr ging zurück. In den kommenden Jahren soll das Frachtaukommen aber bei allen Verkehrsträgern steigen. Auf der Straße wurden nach einer Schätzung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Jahr 2014 rund 3,5 Mrd. t und damit 3,7 % mehr befördert als im Jahr 2013. Das war der größte Anstieg aller Verkehrsbereiche im Berichtszeitraum. Eine Ursache hierfür ist laut Destatis die starke Zunahme von Baustoftransporten aufgrund der milden Witterung zu Beginn des vergangenen Jahres. Die Seeschiffahrt wuchs mit plus 2,4 % im Vergleich der Verkehrszweige am zweitstärksten. Sie steigerte ihre Beförderungsmenge auf 301 Mio. t. Flugzeuge transportierten mit 4,4 Mio. t 1,9 % mehr Fracht als 2013. Die Binnenschiffahrt legte mit einem Zuwachs von 0,8 % moderat auf 229 Mio. t zu. Dagegen verlor die Eisenbahn im Jahr 2014 als einziger Verkehrszweig Tonnage: Auf deutschen Schienen beförderten in- und ausländische Bahngesellschaften 365 Mio. t Güter, 2,4 % weniger als im Vorjahr. Hier gab es vor allem während der Tarifstreiks im Oktober und November hohe Rückgänge. Besonders der Binnenverkehr sank um 3,5 % auf knapp 239 Mio. t. Der Durchgangsverkehr, in dem auch ausländische Unternehmen tätig sind, die nicht vom Bahnstreik betrofen waren, stieg dagegen um 4 % auf 18,5 Mio. t. Immer mehr Güter werden immer weiter um den Globus transportiert. Das geht aus einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor. Die weltweite Güterverkehrsleistung soll sich von 2010 (71-Mrd.-tkm) bis zum Jahr 2050 vervierfachen - und damit die globalen Klimaziele gefährden. Die dem Frachtverkehr jährlich zuzurechnenden CO 2 -Emissionen werden laut OECD bis 2050 um 290 % steigen. (zp) Die mit Binnenschifen in Deutschland beförderte Tonnage - hier ein Tankschif im Hamburger Hafen - ist im vergangenen Jahr gegenüber 2013 um 0,8 % auf 229 Mio. t gestiegen, die Seeschiffahrt wuchs um 2,4 % auf 301 Mio. t. Foto: Hafen Hamburg IM FOKUS Datenbrillen fürs Teilelager V W geht voran: Eine datenlesende Brille soll künftig den Arbeitsalltag im Teilelager des Wolfsburger Volkswagen- Werks revolutionieren und vereinfachen. Bisher kommissionieren die Mitarbeiter Bauteile für die Fahrzeuge per Handscanner. Die Brille soll die Bauteile über Aukleber auf den Behältern und eine Minikamera am Brillengestell automatisch erkennen und scannen, so die Scanner ersetzen und zahlreiche Handgrife sparen. Ist es die richtige Kiste für den Packauftrag, signalisiert die Brille per Piepton und Projektion auf den Gläsern ihr Okay. Auch eine Warnung vor dem Grif in falsche Behälter ist möglich. VW hält das für bewegungsschonender, sicherer und nicht zuletzt für schneller. Zudem bleiben beide Hände der Beschäftigten frei zum Packen. Die Umstellung ist in diesem Frühjahr geplant. Verschiedene Hersteller haben bereits Datenbrillen auf den Markt gebracht, etwa Vuzix und Google. Mittlerweile ist klar, dass für den gewerbsmäßigen Einsatz sowohl die Batteriekapazität verbessert werden muss als auch beispielsweise zu vermeiden ist, dass das Gerät bei intensivem Gebrauch heiß wird. Darüber hinaus muss die Bandbreite der möglichen Anwendungen verbessert werden, damit die Nutzung der Datenbrille keine Insellösung ist. Martin Plutz, Koordinator für Forschungs- und Industrieprojekte im Bereich Datenbrille am Aachener Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie (IPT), informierte, dass auch das IPT an einer universellen Lösung arbeite, damit der Einsatz von Datenbrillen auf breiter Basis möglich werde. Dazu gehöre auch, dass die Forschung eine Implementierungsstrategie einschließe, die insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen gedacht ist. Der Software-Entwickler Itizzimo hat eine Plattform für Anwendungen mit der Datenbrille entwickelt, die in diesem Frühjahr der Öfentlichkeit vorgestellt werden soll. Geplant ist, etwa 500 Datenbrillen und entsprechende Lizenzen bis Ende 2015 zu verkaufen. (zp) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 7 IM FOKUS Antriebsvielfalt steigt, Marktdurchdringung kaum D as europaweit erste Experiment mit einem E-Nutzfahrzeug, das über einen Range Extender auf Wasserstobasis verfügt, ist im Februar im französischen Dole im Juragebirge gestartet. Die französische Post übernimmt zu Testzwecken für ein Jahr einen Maxity Elektro 4,5 t von Renault Trucks, dessen Reichweite durch die Brennstofzelle auf 200 km pro Stromladung verdoppelt wird. Die Brennstofzelle stammt von Symbio FCell. Die Abwärme der Brennstofzelle wird zur Beheizung des Innenraums verwendet. Die Batterie beruht auf Lithium-Ionen/ Eisenphosphat-Technologie, die Komplettladung der vier Batteriepakete dauert sieben Stunden. Wichtig, um E-LKW wirtschaftlich betreiben und die höheren Anschafungskosten wettmachen zu können, ist eine kontinuierliche und hohe Auslastung der Fahrzeuge. Allerdings machen es derzeit niedrigeDieselpreiseundschwacheTransportraten sowie eine nicht ausreichende Wartungs- und Tankstelleninfrastruktur alternativen Antrieben mit Strom und Gas noch schwerer, wirtschaftlich zu sein. Trotzdem wird allein schon aufgrund der wachsenden Umweltaulagen bei Emissionen und Lärm zumindest im Kep- und Verteilerverkehr künftig auf E-Zustellfahrzeuge gesetzt. Auch das Thema „Hybrid“ tut sich im Nutzfahrzeugbereich noch schwer, dabei kann sich zumindest nach Angaben von Erk Rönnefarth, Leiter Produkt Fuso Europa bei Daimler, ein Hybridantrieb im innerstädtischen Verteilerverkehr mit vielen Stop-andgo-Situationen rechnen. Gegenüber den „VDI Nachrichten“ stellte er den Fuso Canter Eco Hybrid mit einer Kraftstofersparnis von bis zu 23 % und einem Mehrpreis von 8500 EUR dar, der sich bei einer Jahresfahrleistung von 30 000 km im Stadtverkehr nach vier Jahren amortisiert haben soll. Nachdem Fuso bereits 2011 einen schweren Hybrid-LKW unter dem Namen „Super Great Heavy“ vorgestellt hat, über den aber kaum noch gesprochen wird, hat MAN auf der IAA 2014 einen Fernverkehrs-LKW mit Hybridmotor präsentiert, den TGX Hybrid. Hier entlastet der E-Motor den Diesel in anspruchsvollen Situationen wie bei Steigungen, damit der Verbrennungsmotor im wirtschaftlichen Drehzahlbereich bleiben kann. So soll der Kraftstofverbrauch um bis zu 8 % sinken. Mercedes Benz startete Anfang März die Produktion des ebenfalls auf der IAA präsentierten Gasmotors M 936 G, dem bedeutend geringere Geräusch- und Abgasemissionen zugesprochen werden als vergleichbaren Dieselmotoren und der als Antriebsenergie komprimiertes Erdgas verwendet. Diverse leichte Nutzfahrzeuge werden bereits mit Erdgasantrieb angeboten. Für schwere LKW könnte sich der bivalente Betrieb mit Diesel und Erdgas anbieten (siehe auch Seite 74). Zudem hoft die Gasindustrie auf Nutzfahrzeuge, die künftig mit lüssigem Erdgas fahren. Von anderer Seite geht das Projekt „Eskam“ den Frachttransport mit E-LKW an: Die elf Projektpartner arbeiten an den Antriebsachsen, die bisher für Stromer zu schwer, zu teuer und zu groß sind. Unter anderem das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU entwickelt ein Achsmodul für Nutzfahrzeuge, das aus einem Motor mit einer Drehzahl von bis zu 20 000 Umdrehungen, Getriebe und Leistungselektronik besteht. Alles ist in einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht und lässt sich über eine neu entwickelte Rahmenkonstruktion in das jeweilige Fahrzeug einbauen. Die notwendigen Serientechnologien werden gleich mit entwickelt. So sollen die Produktionskosten um bis zu 20 % sinken und das Achsmodul für verschiedene Fahrzeuggrößen skalierbar sein. Ein Testfahrzeug soll Ende 2015 fahren. (zp) Mit Brennstofzelle im Range Extender ist der neue LKW von Renault ausgestattet, den La Poste derzeit testet. Foto: Renault Trucks Bessere Batterien bereits in fünf Jahren möglich D oppelte Reichweite, halber Preis: Energiespeicher für Elektrofahrzeuge werden im Jahr 2020 erheblich besser als heute sein - aber damit auch bereits im Verkehr aktive E-Autos entwerten. Das ist zu vermuten, wenn Bosch als Zulieferer der Automobilindustrie es schaft, bis 2020 Batteriesysteme für E-Autos zu entwickeln, die bei einem Energiegehalt von 50 kWh ein Gewicht von etwa 225 kg haben und einen Bauraum von 120 l beanspruchen. Zum Vergleich: Die Batterie des E-Golfs von VW beispielsweise wiegt derzeit 318 kg, benötigt einen Bauraum von 200 l und bietet 24,2 kWh. Um die genannten Werte zu erreichen, arbeitet Bosch zusammen mit GS Yuasa und Mitsubishi an besseren Lithium-Ionen-Zellen. Gleichzeitig sollen Halterungen, Sicherungen und Elektronik künftig einfacher gehalten werden, um weniger Teile und Bauraum zu benötigen. Darüber hinaus werden Reserven, die bisher aus Sicherheitsgründen nie vollständig ausgeschöpft wurden, nun verkleinert und so Kapazitäten gewonnen. Auch PKW-Bauer BMW ist überzeugt, dass die Energiedichte der Batterien in der nächsten Fahrzeuggeneration noch um 80 bis 100 % erhöht werden kann. Die Kosten dagegen können vor allem über Skaleneffekte in der Massenproduktion gesenkt werden. Dafür wiederum sind zunächst Investitionen in die Fertigungskapazität erforderlich. Die Entwertung bereits heute fahrender E-Mobile könnte beispielsweise durch das Angebot eines Updates aufgehalten werden. (zp) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 8 IM FOKUS Rund um Singapur wächst neue Wirtschaftszone I n der malayischen Wirtschaftszone Iskandar Malaysia in Johor Baru rund um Singapur wird seit 2006 neben Wissenschaftsparks, Universitäten und Wohnprojekten auch die logistische Infrastruktur ausgebaut. Dazu gehören der internationale Flughafen Senai und der Hafen von Tanjung Pelepas. Getrieben wird die Entwicklung durch neu entstehende Industriezonen und die Expansion von bestehenden Fertigungszentren. Dadurch wächst auch die Nachfrage nach Logistikdienstleistungen stark. Entsprechend hat sich ein großes Logistikzentrum des chinesischen Huawei- Konzerns in Nusajaya angesiedelt, und beispielsweise hat ein deutscher Hersteller von Lagersystemen, Schaefer Systems (SSI), seine lokale Produktionsstätte von 13 000 auf 33 670 m 2 mehr als verdoppelt. Bereits seit einiger Zeit macht der zweitgrößte malaysische Hafen, Tanjung Pelepas (PTP), Singapur Konkurrenz. In 2013 wurden dort 7,63 Mio. TEU umgeschlagen. Direkt angeschlossen ist die PTP-Freihandelszone, in die unter anderem BMW sein „Regional Parts Distribution Centre” verlagert hat, von dem aus ganz Asien mit Ersatzteilen versorgt wird. Ein Erweiterungs- und Modernisierungsprogramm für den Hafen läuft noch bis Ende 2015. Es umfasst die Anschafung neuer Kräne, die Modernisierung von gummibereiften Brückenkränen (RGT) und zwei neue Liegeplätze, um die Kapazität des Hafens auf 10,5 Mio. TEU pro Jahr zu erhöhen. PTP wird von einem Joint Venture aus der malaysischen MMC Corporation (70 %) und der dänischen Maersk-Gruppe (APM Terminals hält 30 % der Anteile) betrieben. Auch der malaysische Hafen Johor setzt einen Expansionsplan um. Der internationale Flughafen Senai soll als Frachthub für den Süden Malaysias und die umliegende Region etabliert werden und beispielsweise den Singapurer Changi International Airport entlasten. Derzeit fertigt er etwa 4,5 Mio. Passagiere und 100 000-t Fracht pro Jahr ab. Bereits 2014 sind neue Lagerhäuser für Fracht fertiggestellt worden. Zudem wird die Start- und Landebahn ausgebaut und ein neues Logistikzentrum ist geplant. (Dirk Ruppik/ zp) Dominanz von Firmenwagen bei Geschäftsreisen sinkt D ie Zahl der innerdeutschen Geschäftsreisen steigt bis zum Jahr 2025. Das geht aus der „Studie zur gesellschaftlichen Mobilität der Zukunft“ der Deutsche Bahn AG (DB) hervor. Die Studie beinhaltet die Einschätzung von mehr als 100 Experten für Mobilität und Umwelt zu großen Fragen der Zukunft: Welche Ansprüche werden künftig an Verkehrsmittel gestellt? Für welche Art der Fortbewegung werden sich Geschäftsreisende entscheiden? Wie stark wird die ökologische Nachhaltigkeit den Mobilitätsmarkt prägen? Die Ausarbeitung skizziert dabei ein Bild berulicher Fortbewegungsformen im Jahr 2025, das künftige Herausforderungen im Bereich der Geschäftsreise deutlich macht. Birgit Bohle, Vorsitzende der Geschäftsführung der DB Vertrieb GmbH: „Die Experten prognostizieren zum Beispiel, dass die zunehmende digitale Kommunikation nur einen geringen Einluss auf die Häuigkeit innerdeutscher Geschäftsreisen haben wird.“ Nur knapp 12 % der Studienteilnehmer seien überzeugt, dass die Anzahl der Geschäftsreisen aufgrund der Digitalisierung stark zurückgehen werde. Die große Mehrheit der Experten (59 %) schätze dagegen, dass digitale Arbeitsprozesse nur einen geringen Anteil der berulichen Fahrten und Flüge ersetzen werden. Knapp ein Drittel der Befragten (29 %) gehe sogar davon aus, dass die Häuigkeit von Geschäftsreisen trotz Digitalisierung in Zukunft eher zunehmen werde. Fast alle Experten stimmen darin überein, dass zukunftsfähige Verkehrsmittel eine geeignete Umgebung insbesondere für produktives Arbeiten schafen müssten. Daran werde sich auch die Wahl des Verkehrsmittels orientieren. Geschäftsreisende werden nach Angaben in der Studie ihre favorisierten Verkehrsmittel anders nutzen und sich häuiger für alternative Mobilitätsangebote entscheiden als bisher. Die Dominanz des Firmenwagens werde weitestgehend beendet sein und öffentliche Verkehrsmittel würden weit stärker genutzt. Laut DB erwarten rund zwei Drittel der Befragten einen deutlich oder zumindest leicht niedrigeren Stellenwert des Firmenwagens im Jahr 2025. Er werde vom Statussymbol zum Fortbewegungsmittel. Das bringt weitreichende Folgen für Reiseplaner und das unternehmensinterne Beschafungsmanagement mit sich. Mobilitäts-Apps können beispielsweise unterwegs zu Routenplanern werden. Auch Personalverantwortliche müssen nach Angaben von Bohle umdenken, wenn das Mobilitätspaket für junge Arbeitnehmer bald wichtiger ist als der Firmenwagen. Intermodale Konzepte ersetzten den Individualverkehr. Die Kombination verschiedener Mobilitätsangebote werde künftig individuelle Mobilitätsketten bilden. (zp) Könnte eine Kombination aus der Nutzung von Zug und Car-Sharing-Fahrzeug Firmenwagen ablösen? Foto: DB AG/ Martin Sauer, Innoz Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 9 IM FOKUS Uber: Nun auch Frachtlieferdienst O b Unternehmen oder Privatperson: Wer Pakete und Waren aller Art transportieren lassen will, kann sich künftig auch an Uber wenden. Uber Cargo wird seit Anfang 2015 in Hongkong getestet. Der Mindesttarif soll knapp über 4 EUR liegen. Das Geschäftsmodell funktioniert wie beim Chaufeurdienst Uber: Wer den Service nutzen will, muss sich im Internet registrieren. Gebucht wird per Smartphone- App. Bezahlt wird in der Regel online per Kreditkarte. Uber selbst besitzt keinen eigenen Fuhrpark, sondern vermittelt nur den jeweiligen Transportdienst und erhält dafür eine Provision vom Dienstleister. Doch Uber ist auch hier nicht die alleinige Konkurrenz für Kep-Unternehmen: Wie auch Mitfahrzentralen im Wettbewerb mit Taxiunternehmen stehen, so stehen Mitbringservices oder Mitfahrgelegenheiten für Pakete beispielsweise von Raumobil, Sharedload und Checkrobin in Konkurrenz zu Kurieren und Postdiensten. Anders als bei Uber als Taxi-Konkurrenz, wo ein klarer Verstoß gegen das Personenbeförderungsgesetz vorliegt, sind Transporte unter 3,5 t vom Güterkraftverkehrsgesetz ausgenommen. Trotzdem müssen auch Gelegenheitskuriere ihr Gewerbe anmelden und ihre Einnahmen versteuern. Werden regelmäßig Transporte durchgeführt, unterliegen sie den Bestimmungen des Frachtvertrags nach § 407f HGB mit allen Haftungsregeln. (zp) Fernbusunternehmen haben Buchungszahlen verdoppelt E s liegt nicht nur an streikenden Lokführern, sondern auch am günstigen Angebot: Der Markt für Fernbusse erlebt seit seiner Öfnung durch die Lockerung des Personenbeförderungsgesetzes zum 1. Januar 2013 einen rasanten Buchungsanstieg. Waren es 2013 noch 8,2 Mio. Fahrgäste, so haben die Unternehmen 2014 bereits 19,6 Mio. Passagiere befördert. Die Preise sind weiterhin günstig, die Liniennetze werden immer umfangreicher. Im Dezember 2014 konnten die Reisenden zwischen 7300 Fernbusabfahrten pro Woche wählen, 43 % mehr Verbindungen als im Dezember des Vorjahres. Auch der Anteil grenzüberschreitender Fahrten wächst. 2014 waren 2,9 Mio. Nutzer grenzüberschreitend unterwegs, meist von und nach Italien, Österreich und den Niederlanden. Das Portal „fernbusse.de“ geht allerdings davon aus, dass die günstigen Preise zu einem ruinösen Wettbewerb geführt haben. Im Oktober 2013 hat sich bereits die Tochter City2city des britischen Anbieters National Express aus innerdeutschen Verbindungen zurückgezogen. DeinBus.de hat 2014 Insolvenz angemeldet, konnte aber von einem neuen Investor gerettet werden. Der Automobilclub ADAC hat das Gemeinschaftsunternehmen ADAC Postbus verlassen, das nun allein als Postbus von der Deutschen Post fortgeführt wird. Besonders Flixbus und Mein Fernbus haben sich bekämpft - und dann im Januar 2015 zusammengeschlossen. Damit haben sich die beiden größten Anbieter vereinigt: 2014 hatte Mein Fernbus einen Marktanteil von 42 %, Flixbus von 25 %. Die Fusion von Mein Fernbus und Flixbus könnte laut Fernbusse.de vor allem auf exklusiven Nebenstrecken zu höheren Preisen führen. Auf den Hauptstrecken wird aufgrund der weiterhin starken Konkurrenz jedoch mit stabilen Preisen gerechnet. Die Experten gehen davon aus, dass dieses Jahr vor allem ein Jahr der Internationalisierung wird: Deutsche Anbieter gehen ins Ausland, internationale Unternehmen kommen nach Deutschland. Postbus beispielsweise erweitert nicht nur ab Mai sein Netz deutlich und erhöht die Abfahrtsdichte, sondern kooperiert künftig auch mit dem estnischen Anbieter Lux Express/ Simple Express. Ende Februar hat die Deutsche Bahn AG (DB) ihre beiden Fernbusunternehmen Berlinlinienbus und IC-Bus unter der Marke Berlinlinienbus verschmolzen. Gleichzeitig hat die DB angekündigt, ihr Fernbusangebot vom dritten Quartal 2015 an deutlich auszubauen und bis Ende 2016 die Zahl der Verbindungen zu vervierfachen. (zp) Stichtag 1. April 2015: Der Schriftzug „ADAC“ verschwindet von allen Postbussen. Foto: Deutsche Post Mobility GmbH Reifen können Strom erzeugen E inen Denkprozess über innovative Lösungen in der anhaltenden Diskussion über die Zukunft der Mobilität anregen - das will Goodyear mit der Konzeptstudie „BH03“. Der Reifen kann aus Hitze und entstehenden Deformationen elektrische Energie gewinnen. Thermoelektrisches Material wandelt die Hitze, die von der ultraschwarzen Textur innerhalb des Reifens im Stand durch Licht-/ Hitze-Absorption und während der Fahrt durch Rollen produziert wird, in elektrische Energie um. Piezoelektrisches Material verwandelt die aufgrund von Druck entstehenden Strukturdeformationen in elektrische Energie. Die vom Konzeptreifen produzierte elektrische Energie wird an die Akkus des Hybridantriebs eines Fahrzeugs sowie andere Bordtechnologien geleitet. Darüber hinaus besitzt der Reifen einen großen umlaufenden Kanal, um die Aquaplaning-Widerstandsfähigkeit zu erhöhen und eine einzigartige geräusch-absorbierende Lauläche. (zp) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 10 IM FOKUS Japan will zur Wasserstof-Gesellschaft werden M it einem Zuschuss von umgerechnet knapp 15 000 EUR pro Auto will Japan den Kauf eines Toyota Mirai fördern, der in diesem Frühjahr auf den Markt gekommen ist und in Japan knapp 50 000-EUR kostet. Das Fahrzeug fährt mit Wasserstof in einem Tank hinter der Rückbank und Brennstofzelle unter dem Vordersitz rund 500 km weit und kann in weniger als fünf Minuten aufgetankt werden. Mit der Förderung ist der Wagen nicht teurer als eine herkömmliche japanische Luxuslimousine. Darüber hinaus will die japanische Regierung den Ausbau der Wasserstoftankstellen-Infrastruktur inanziell unterstützen. Bereits in diesem Jahr sollen 100 neue Anlagen hinzukommen. Auch die Fahrzeugproduzenten wie Nissan, Honda und Toyota wollen sich an der Förderung der Infrastruktur beteiligen. Honda plant noch in diesem Jahr ebenfalls ein Serienmodell mit Brennstofzelle. Um den Weg zu einer Wasserstof-Gesellschaft zu ebnen, bezuschusst Japan zudem Unternehmen, die Wasserstokraftwerke entwickeln, mit umgerechnet rund 18,5 Mio. EUR pro Jahr. Bis 2020 soll eine erste große Pilotanlage entstehen, die spätestens 2030 mit der kommerziellen Stromerzeugung beginnen kann. Auch Firmen, die Wasserstoftankschife bauen, werden gefördert. Hier gehört die Entwicklung von Wasserstobehältern für den Seetransport zu den großen technischen Herausforderungen. Bei den deutschen Automobilbauern wird voraussichtlich Daimler der erste mit einem Wasserstof-Serienfahrzeug sein, hat die Einführung aber auf mindestens 2017 verschoben. Zusammen mit Nissan und Ford wird in einem Gemeinschaftsprojekt getüftelt. BMW wird voraussichtlich 2020 mit einem Wasserstofauto an den Markt gehen. Auch in Deutschland mangelt es an einem entsprechenden Tankstellennetz. Bis zum Jahr 2023 soll es 400 Stationen geben, bisher sind es 16. (zp) Durch die unterlurige Montage der Brennstofzellen-Stacks und Wasserstoftanks liegt der Fahrzeugschwerpunkt des Mirai tiefer. Foto: Toyota Paris plant Umweltzone, Berlin fördert E-Autos P aris verbannt stufenweise Fahrzeuge mit Dieselmotor oder alten Ottomotoren aus der Stadt. Der Stadtrat hat im Februar einen Aktionsplan im Interesse von Gesundheit und Lebensqualität verabschiedet, der zum 1. Juli 2015 bereits LKW und Bussen, die vor dem 1. Oktober 2001 zugelassen wurden und der Abgasnorm Euro II oder schlechter entsprechen, die Einfahrt in die Stadt verbietet. Der Plan soll die Luftbelastung durch Abgase senken. Alle Fahrverbote gelten für das gesamte Stadtgebiet mit Ausnahme der Ringautobahn und der angrenzenden Stadtwälder Bois de Boulogne und Bois de Vincennes. Die Vorschriften sollen stufenweise verschärft werden, so dass 2020 keine Fahrzeuge mit Dieselmotor mehr in Paris fahren dürfen. Verstöße werden mit einem Bußgeld geahndet. Um Transportunternehmen und Gewerbetreibenden den Umstieg auf umweltverträglichere LKW zu erleichtern, will die Stadt die Unternehmen inanziell unterstützen. Bei LKW, Bussen und Transportern mit Flüssiggas-, Hybrid- oder Elektroantrieb soll die Beihilfe 15 % des Kaufpreises betragen, maximal 9000 EUR je Fahrzeug. Um den Plan durchzusetzen, werden Plaketten zur Fahrzeugkennzeichnung ausgegeben und später durch Fahrzeugidentiizierung per Chip oder das elektronische Einlesen und Abgleichen der Kennzeichen bei Einfahrt in die Stadt kontrolliert. Der deutsche Bundestag hat im März den Regierungsentwurf für ein Elektromobilitätsgesetz mit kleinen Änderungen angenommen. Kommunen können künftig für Elektroautos Standplätze an Ladesäulen reservieren, Parkplätze kostenlos anbieten oder ihnen Busspuren öfnen. Die Privilegien sollen auch für elektrisch betriebene Lieferfahrzeuge der Fahrzeugklasse N2 gelten, soweit diese im Inland mit PKW-Führerschein geführt werden dürfen. Eingeschlossen sind damit Kraftfahrzeuge bis 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht, die mindestens 40- km rein elektrisch zurücklegen können. Die Bestimmungen gelten auch für Hybridfahrzeuge. Der Entwurf sieht vor, dass über eine zusätzliche Verordnung spezielle Kennungen für privilegierte Elektrofahrzeuge geschafen und die Straßenverkehrsordnung geändert wird. Das Gesetz läuft zunächst bis 2026. Alle drei Jahre muss ein Bericht darüber Auskunft geben, wie elektrisch betriebene Fahrzeuge beschafen und ausgerüstet sind, wie sie geladen werden können und wie die Ladeinfrastruktur entwickelt ist, um das Gesetz eventuell nachjustieren zu können. Kaufprämien für Elektrofahrzeuge wird es weiterhin nicht geben. Wann eine erwogene Sonderabschreibung für solche Fahrzeuge kommt, ist noch nicht abzusehen. Inwieweit die Kommunen handeln werden, bleibt ihnen überlassen. (zp) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 11 Gerd Aberle KURZ + KRITISCH ÖPNV-Finanzierung politisch-gefährdet D ie für 2020 geplante Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern stellt die erfolgreiche Finanzierung des kommunalen ÖPNV und Straßenbaus nach dem 1967 geschafenen Gemeindeverkehrsinanzierungsgesetz (GVFG) für die nahe Zukunft infrage. Bereits gegenwärtig herrschen aufgrund der bereits vorgenommenen Entlechtung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern erhebliche Unsicherheiten über die zukünftigen Finanzierungsmöglichkeiten für die ÖPNV-Infrastrukturinvestitionen. Dies führt zum zwangsläuigen Verzicht auf notwendige Maßnahmenplanungen und Ausschreibungsvorbereitungen. Die Situation der Engpässe und des Verfalls bei den ÖPNV-Anlagen spitzt sich Monat für Monat zu. Das Bundesinanzministerium (BMF) verweist stereotyp auf die bis 2019 festzulegenden generellen neuen Finanzierungsreglungen zwischen Bund und Ländern. Als wären die GVFG-Unsicherheiten für den ÖPNV nicht schon dramatisch genug versucht das BMF seit November 2014, auch die Regionalisierungsmittel in die Verhandlungen über den neuen Bund-Länder-Finanzausgleich einzubeziehen. Damit würde der spezielle Finanzierungstopf verschwinden und der Bund sympathisiert mit einer Erhöhung der Länderzuweisungen um einen Umsatzsteuerpunkt. Die Annahme, dass das für Verkehr zuständige Bundesministerium die existenziellen Interessen des allgemeinen ÖPNV und insbesondere des SPNV ofensiv und nachhaltig vertreten würde, erweist sich ofensichtlich als Irrtum. Anfang März dieses Jahres identiizierte sich der Parl. Staatssekretär Ferlemann aus dem BMVI öfentlich mit den Absichten des Bundesinanzministeriums. Dies jedoch wäre eine entscheidende Abkehr von einem grundlegenden und für den Erfolg der Bahnreform von 1994 essentiellen Element der Regionalisierung des ÖPNV und insbesondere des SPNV in Deutschland. Denn die mit der anvisierten Neuregelung verbundene Beseitigung der Zweckbindung der Regionalisierungsmittel, die übrigens 1996 durch eine entsprechende Erhöhung der Mineralölsteuer gegeninanziert wurden, würde zur Zerstörung der Finanzierungsgrundlage der Regionalisierung und damit zur generellen Infragestellung dieser Daseinsvorsorgeaufgabe führen. Denn ein leistungsfähiger, energetisch fortschrittlicher und den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechender ÖPNV müsste in 16 Bundesländern jeweils von den dortigen Finanzministern im Wettbewerb mit einer Vielzahl sonstiger Länderausgaben erkämpft werden. Damit wird auch einer der erfolgreichsten Pfeiler der Bahnreform von 1994 politisch ausgehöhlt. Der elektrisch betriebene Schienenverkehr erlebt nach den speziellen Belastungen durch die Stromsteuer, die Erhöhung der EEG-Umlage und den staatlich geförderten Fernbusverkehr eine weitere Existenzerschwerung. Die Politik erbaut sich seit Jahren und Jahrzehnten an ihren Forderungen „Mehr Verkehr auf die Schiene“ und „Vorrang für den öfentlichen Verkehr“. In der letzten Zeit jedoch hat sich die Umsetzungsrealität dieser Forderungen zu einem Trauerspiel entwickelt, bei dem erfolgreiche Regelungen und Entwicklungen durch nicht durchdachte Umstrukturierungen zerschlagen werden. Wenn schon der Bund die ofensichtlichen Gefahren der geplanten Veränderungen in der ÖPNV-Finanzierung nicht erkennt oder erkennen will, sollten die Länder die notwendigen Korrekturen durchsetzen. Überzeugende Gründe hierfür sind vorhanden. Und es wäre eine breite Anerkennung indende Bewährungsprobe für den Förderalismus in Deutschland. ■ Prof. Gerd Aberle zu Themen der Verkehrsbranche Wenn schon der Bund die Gefahren der geplanten Veränderungen der ÖPNV-Finanzierung nicht erkennt oder erkennen will, sollten die Länder die notwendigen Korrekturen durchsetzen. POLITIK Interview Karlheinz Schmidt Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 12 Chancen für Veränderung sind-vorhanden Wie kaum ein anderer Geschäftsbereich ist die Transportbranche vom marktwirtschaftlichen Beinden abhängig. Doch wie geht es der Branche aktuell? Wo liegen die Herausforderungen, wo eröfnen sich Chancen? Eberhard Buhl sprach mit Karlheinz Schmidt, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Herr Prof. Schmidt, die deutsche Exportwirtschaft boomt, aber beim Transportgewerbe scheint weniger davon anzukommen. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für die Branche? Die größte Herausforderung ist der Missbrauch der Dienstleistungsfreiheit. Das Problem kennen wir schon seit dem Beitritt der östlichen EU-Länder im Jahr 2005, sehen aber seit 2009 eine rapide Zunahme. Noch vor zehn Jahren hatten einheimische Fahrzeuge in Deutschland rund 70 % Anteil bei den mautplichtigen Kilometern, heute sind wir unter 60 %, haben also Jahr für Jahr einen Prozentpunkt verloren. Jeder Prozentpunkt entspricht 270 Millionen Kilometer, die nicht mehr von deutschen LKW gefahren werden. Hochgerechnet sind also schon 30 000 bis 40 000 Nutzfahrzeuge nicht mehr in Deutschland zugelassen, weil eine Marktverdrängung stattgefunden hat vornehmlich durch Fahrzeuge aus den sogenannten MOE-Beitrittsländern. Im Klartext, unsere LKW werden ersetzt durch MOE-Flotten. Ist das ein rein deutsches Phänomen? Keineswegs, das Gleiche passiert auch Transporteuren aus Frankreich, Italien, Spanien. Die haben eine Null vor dem Komma, wenn es um Marktanteile beim mautplichtigen Verkehr in Deutschland geht. Das ist eine gigantische Verdrängung: Ost gegen West, Niedriglohn gegen angemessenen Lohn. Das Ganze passiert auch nicht mehr im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit, wie ich meine. Im Grunde haben viele MOE-Unternehmen gewissermaßen illegale, virtuelle Niederlassungen in Deutschland eröfnet: Weder die Fahrzeuge noch die Fahrer gehen kaum noch zurück in ihre Heimatländer. Die LKW sind dennoch in deutschen und anderen westeuropäischen Hafenstandorten und Güterverkehrszentren auf Dauer konzentriert, von dort aus werden auch die Einsätze disponiert. Die Fahrer übernachten dort, verbringen dort ihre Wochenenden und fahren nur ab und zu mal mit dem Fernbus nach Hause. Und in anderen westeuropäischen Ländern herrscht solcher Missbrauch ebenfalls? Wir wissen, dass die Franzosen genau dieses Phänomen ebenfalls entdeckt haben. Weil es derzeit kein wirksames Kontrollsystem gibt, gibt es administrative Überlegungen bei uns, es Frankreich gleich zu tun. Dort ist wie in Belgien das Verbringen der Wochenruhezeit im Fahrzeug mit hohen Geld- und Gefängnisstrafen bedroht. Es besteht die Annahme, dass sich dadurch das Stationieren der Fuhrparks in Westeuropa nicht mehr lohnen könnte. Allerdings wird bei Ausdehnung dieser Praxis verkannt, dass die Fahrer vermutlich zum Wochenende in irgendwelchen Wohncontainern untergebracht werden. Damit ist nichts gewonnen, weil Fahrzeuge und Fahrer fest in westeuropäischen Ländern bleiben und weiterhin von hier disponiert werden. Das ist also ein Versäumnis oder eine Lücke in der europäischen Politik? Das ist eine Lücke in der Kontrolle der Dienstleistungsfreiheit nach Artikel 91 des Vertrags von Lissabon. Artikel 91 regelt die Dienstleistungsfreiheit im Verkehr. Aber, die Umsetzung ist nicht sonderlich wirksam. Bisher kann man in der geschilderten Weise massenhaft die Niederlassungsbedingungen der ansässigen Unternehmen unterbieten, ohne sich selber niederzulassen. Nach dem deutschen Steuer- und Sozialrecht müsste so manche Firma, die hier tätig ist, niedergelassen sein. Ist vorrangig die Bundespolitik in der Pflicht, um diese Missstände abzustellen? Also in der Plicht ist aus unserer Sicht die EU, die die Umsetzung des Artikels 91 neu aufgreifen muss. Und sie muss dies schon deshalb, weil die Sozialbedingungen, die dieses Fahrpersonal mittlerweile vorindet, für mitteleuropäische Verhältnisse skandalös sind. Die EU hat hier also nicht nur ein ökonomisches, sondern vor allen Dingen auch ein soziales Feld zu bearbeiten. Unseren gesetzlichen Regularien wie etwa den Lenk- und Ruhezeiten unterliegen die osteuropäischen Fahrer ja auch. Das schon, aber die kommen gar nicht mehr nach Hause. Sie leben zwei oder drei Monate im Fahrerhaus und essen aus der Dose, weil der Niedriglohn nicht reicht für richtige warme Mahlzeiten. Am Wochenende, wenn der Trailer leer ist, hängen die Menschen dort ihre gewaschene Wäsche auf und stellen einen Campingstuhl rein. Das ist mittlerweile leider Realität in Europa! Die Alternative ist für die meisten Fahrer vermutlich, überhaupt keinen Job zu haben. Nein, die Alternative ist, einen richtigen Job in Deutschland und Westeuropa zu bekommen. Sie würden ja weiterhin ihre Arbeit haben, aber sie müssten sich in Deutschland oder in Frankreich niederlassen, wo die Verkehre ihren Ursprung nehmen. Die Leute haben ja Freizügigkeit, wenn sie denn einen Job wollen, und das nutzen auch einige deutsche Unternehmen. Über Mangel an qualifizierten Fahrern klagt die Branche schon länger … Wir haben jedes Jahr nur 12 000 bis 14 000 neue Fahrer, brauchen aber eigentlich 30 000. Die Lücke wird heute im Grunde mit Personal aufgefüllt, das im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit ganz regulär nach Deutschland kommt und hier einen Job aufnimmt - und auch nach deutschem Arbeits- und Sozialrecht beschäftigt ist. Dienstleistungsfreiheit wäre demnach und dem Sinn der europäischen Regelung entsprechend auf die Organisation von Fahrzeugumläufen vom jeweiligen Haupteinsatzort aus zu begrenzen. Alles andere ist plakativ formuliert „Sozial-Dumping“. Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 13 Interview Karlheinz Schmidt POLITIK Findet man diese Nomaden-Jobs wirklich nur bei Unternehmen aus Osteuropa? Sicher gibt es auch hiesige Unternehmen, die ihre Fahrzeuge mit einem billigen osteuropäischen Nummernschild „umlaggen“ und Fahrer nach osteuropäischen Sozialstandards einsetzen. Wie gesagt, kann das aber nicht die Lösung sein - fairer Wettbewerb soll die Märkte steuern, aber keine unfairen Dumpingpraktiken zulasten des Personals. Extrem ist beispielsweise ein Fall aus Lettland: Die Fahrzeuge stehen im Hafen Lübeck, und philippinische Fahrer mit lettischer Arbeitserlaubnis machen in Deutschland den Job deutscher Fahrer. Das Geschäftsmodell hat viele Nachahmer, aber wir müssen das leider immer noch so hinnehmen … Die Frage ist nur, was Sie als Verband dagegen tun wollen - und können? Als Verband fordern wir in Brüssel ein, dass die Dienstleistungsfreiheit hier zielgenauer geregelt wird. Den Bestimmungen in Artikel-91 folgend gibt es die Möglichkeit festzustellen, wo der Fahrer und das Fahrzeug die ganze Zeit über waren - man kann das anhand der Digitalaufzeichnungen sehr genau klären. Wenn sich Unternehmen, die mit ihrem Heimatland kaum noch Transporte abwickeln, in dem Hauptland ihrer Betätigung niederlassen müssten, könnte dieser unfaire Wettbewerb mit Billiglaggen im eigenen Haus gestoppt werden. Dann also noch mal zum Fahrermangel bei uns: Der Straßengüterverkehr nimmt weiter zu - wo bekommen Sie qualiizierte Fahrer her? Eigentlich sollte überall in der EU die Verabredung gelten, dass zunächst einmal die Arbeitslosen aus dem Binnenmarkt vorrangig zu bedienen sind. Solange in Ländern wie etwa Spanien 40 Prozent der Jugendlichen und mehr arbeitslos sind, ist es doch absurd, dass hier Fahrer aus der Dritten Welt beschäftigt werden, weil sie noch billiger sind. Vielmehr sollten EU-weit jugendliche Arbeitslose so weit qualiiziert werden, dass sie LKW fahren können und einen sicheren Arbeitsplatz inden. Um bei dem Beispiel zu bleiben: Bekommen wir denn Fahrer aus Spanien - ist das eine Perspektive? Ja sicher, wir haben das als Pilotprogramm schon sehr erfolgreich gemacht. Junge Leute aus Spanien bekommen einen Sprachkurs, lassen sich dann auch hier nieder und werden nach deutschen Lohn- und Arbeitsbedingungen beschäftigt. Ja, natürlich ist das eine Perspektive. Gerade bei Jugendlichen müsste uns Ansporn sein, diese in ordentliche Jobs zu bringen, statt sie auf der Straße stehen zu lassen. … und was würden Sie anders machen? Also, man müsste ganz gezielt jene Unternehmen in Europa fördern, die jugendlichen Arbeitslosen einen Ausbildungsplatz oder auch eine Stelle anbieten. Ich könnte mir auch weitere Integrationsprogramme der Bundesagentur für Arbeit vorstellen. Dass man - das geschieht leider zu selten - gemeinsam mit der Arbeitsagentur etwa in Spanien Werbung für die Berufskraftfahrer- Qualiizierung in Deutschland macht. Bekämen die Jugendlichen eine geförderte sprachliche und beruliche Bildung, wäre das in jedem Fall eine bessere Lösung, als Menschen aus fernen Ländern wie Nomaden im Fahrerhaus leben zu lassen. Wenn wir mal beim Thema Entlohnung bleiben: Wenn Sie nach deutschem Recht entlohnen und versichern wollen, schlägt sich das ganz schnell auf die Transportpreise nieder … … und wo ist das Problem? Es ist ja nicht so, dass die deutsche Industrie am Stock geht, wenn jetzt plötzlich der Fahrer im Fahrerhaus einen anständigen Lohn bekommt. Vom gesamten Logistikumsatz hier in Deutschland, rund 250 Milliarden Euro, hängt höchstens ein Viertel mit dem Transport zusammen, die eigentliche Marge bleibt den großen Transportorganisatoren und Auftraggebern, die sehr gute Gewinne verbuchen können. Daran sieht man, dass hier ein deutliches Marktgefälle herrscht und dass von „Übergewinnen“ auf der einen Seite auch ein vernünftiger Fahrerlohn auf der anderen Seite inanziert werden könnte, würde man den Wettbewerb etwas fairer gestalten. Aber dazu müssten die Märkte anders geregelt sein als heute. Sehen Sie denn Chancen für eine Veränderung? Chancen für Veränderung sind da. Im nächsten Jahr will Verkehrskommissarin Violeta Bulc den Landverkehr in den Fokus nehmen, und das Dossier „Road Package“ ist weit fortgeschritten. Für uns ist z. B. Kabotage im Grunde kein Thema, sofern sie zur Komplettierung von Rundläufen dient. Wenn aber die Kabotageregeln und grenzüberschreitende Verkehre im Marktzugang so weit gelockert werden, dass demnächst noch mehr Fahrzeuge mit fremden Nummernschildern durch Deutschland fahren und gar nicht mehr ihre Heimatländer bedienen, dann wird das bestehende Probleme weiter verschärfen. Ich betone es noch mal: Kabotagefahrten und grenzüberschreitende Verkehre, die eine ständige Präsenz von Fahrzeugen und Personal vor Ort erfordern, sollten zukünftig eine Niederlassung voraussetzen - und zwar nach den jeweiligen Sozial- und Fiskalbedingungen des überwiegend bedienten Mitgliedsstaats. Und Sie haben die Hofnung, gehört zu werden? Das Thema wird in jedem Fall in diesem Jahr angestoßen. Die Abgeordneten sind vielfach auch hellhörig geworden, was eine gewisse - ich sage das mal so drastisch - Sklavenhalter-Praxis betrift. Und ich bin davon überzeugt, dass die Verkehrs- und die Sozialpolitiker in Europa das Thema nicht länger beiseite schieben können. ■ Prof. Dr. Karlheinz Schmidt ist seit 1995 Hauptgeschäftsführer und seit 2012 zugleich Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Seit fast vier Jahrzehnten engagiert sich der Transportlogistik-Experte für den BGL beziehungsweise die Vorläuferorganisation Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF). Seit dem Jahr 2000 lehrt er als Honorarprofessor zudem an der Hochschule Heilbronn. ZUR PERSON POLITIK Transportprognose 2050 Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 14 Welthandel wächst weiter Vervierfachung des globalen Frachtverkehrs bis 2050 fordert Verkehrssektor heraus Welthandel, Frachtvolumen, Globalisierung, Prognose 2050 Mit der erwarteten Zunahme des Welthandels und der Verschiebung der internationalen Handelsströme wird sich das Frachtvolumen bis 2050 weltweit vervierfachen, zeigen neue Modellrechnungen des International Transport Forum der OECD. Dieses Wachstum stellt die Verkehrssysteme vor große Herausforderungen - von Kapazitätsengpässen bis zu CO 2 -Emmissionen. Die Autoren: Hans Michael Kloth, Jari Kauppila J ahr für Jahr legt das International Transport Forum der OECD in Paris mit dem ITF Transport Outlook eine groß angelegte makroökonomische Untersuchung über die weltweite Entwicklung des Verkehrssektors für die kommenden Jahrzehnte vor. Als verkehrspolitischer Think Tank für 54 Mitgliedsstaaten geht es dem ITF - der einzigen intergouvernementalen Organisation mit einem weltweiten Mandat für alle Verkehrsträger - darum, grundlegende Entwicklungen aufzuzeigen, unterschiedliche Zukunftsszenarien auszuloten und politischen Entscheidern in den Mitgliedstaaten Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Der aktuelle ITF Transport Outlook widmet sich schwerpunktmäßig dem dramatischen Wandel des Welthandels und den daraus resultierenden Entwicklungen für den Verkehrssektor. Der globale Güteraustausch wird laut Prognosen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), zu der das ITF administrativ gehört, bis 2050 um den Faktor 3,4 zunehmen. Das allein deutet schon auf die zusätzlichen Anforderungen, die dem Verkehrssektor bevorstehen. Das Prognosemodell der OECD erfasst den Welthandel nur wertmäßig, nicht das damit verbundene Frachtvolumen, und ermöglicht deshalb nur grob gerasterte Aussagen zu verkehrspolitischen Fragestellungen. Um dem abzuhelfen, haben die ITF-Experten für ihren Ausblick 2015 ein ökonometrisches Modell entwickelt, mit dem sie die physischen Bewegungen von Handelsgütern rund um den Globus deutlich realistischer abbilden können. Die zentrale Aussage der Berechnungen aus dem „ITF International Freight Model“: Die durch den wachsenden Welthandel ausgelösten Verkehre, gemessen in Tonnen-Kilometer (tkm), werden zwischen 2010 und 2050 um den Faktor 4,3 oder reichlich das Vierfache zunehmen - und damit noch deutlich stärker, als der wertmäßige Anstieg des Welthandels (Bild 1). Vom Handelswert zum Frachtvolumen Wie funktioniert das „ITF International Freight Model“, das auf dem Transportation Research Board in Washington im Januar mit einem Preis gewürdigt wurde? Aubauend auf dem OECD-Welthandelsmodel, ergänzt es dieses um mehrere zusätzliche Informationsebenen, die es erlauben, monetäre Güterwerte in Tonnen-Kilometer umzurechnen, die Frachtvolumen einzelnen Routen und Verkehrsträgern zuzuweisen sowie die resultierenden CO 2 -Emissionen zu berechnen. Zunächst konstruierten die ITF-Ökonomen das Modell eines globalen Verkehrsnetzes für Güterbewegungen, basierend unter anderem auf verfügbaren GIS-Daten für die verschiedenen Verkehrsträger. Dieses Netz bildet sämtliche größeren Straßen, alle Bahnhöfe und Schienennetze, Seehäfen und Schifsrouten, Flughäfen und kommerzielle Flüge weltweit ab, einschließlich Verweilzeiten etwa bei intermodalen Güterumschlag und Geschwindigkeitsdiferenzen. Daraus werden Aussagen über durchschnittliche Wegzeiten und Entfernungen für die einzelnen Verkehrsträger sowie die jeweils kürzesten Strecken möglich. Zweitens schlüsselten sie die im Ausgangsmodell für 26 Weltregionen aggregierten Daten weitaus diferenzierter auf, indem sie 2359 Städte in diesen Regionen zu 294 Produktions- und Konsumzentren („Centroids“) zusammenfassen, zwischen denen Handel in 19 Produktgruppen stattindet. In einem dritten Schritt modellierten die ITF-Experten, welche Verkehrsträger für welche Strecke zwischen zwei Produktions- und Konsumzentren zum Einsatz kommen. Dabei berücksichtigten sie, dass der Transport vom Ursprungszum Bestimmungsort multimodal erfolgt. Sie erfassten also nicht nur etwa den Schifstransport von Hafen A zu Hafen B, sondern ebenso die Anlieferung und den Weitertransport mittels anderer Verkehrsträger im Hinterland. Viertens erlaubt ein für Verkehrsträger und Produktgruppen kalibriertes „Weight/ Value“-Modell die Umrechnung von Wertangaben (US-Dollar) zum Welthandel in Frachtvolumen (in Tonnen). In Verknüpfung mit dem so erweiterten Modell erlaubt, fünftens, die Integration von Daten der Internationalen Energieagentur (IEA) zur CO 2 -Intensität für die Verkehrsträger - unter Berücksichtigung der jeweils für sie zu erwartenden technologischen Entwicklung - Aussagen zu künftigen Emissionen für einzelne Verkehrsträger und Handelskorridore. Welthandel im Umbruch Was sind die Haupterkenntnisse der Studie? Eine Vervierfachung des weltweiten Fracht- Globale Handelsverkehre werden bis 2050 um mehr als das Vierfache zunehmen (um den Faktor 4,3) Zunehmende Kapazitäts-Engpässe kann das Wirtschaftswachstum bremsen Starke Zunahme von CO 2 -Emissionen (+290%) gefährdet internationale Klimaziele Eine nie gekannte Herausforderung für den Verkehrssektor Bild 1: Zentrale Aussagen zum globalen Handel und damit verbundenen Herausforderungen Alle Darstellungen: ITF Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 15 Transportprognose 2050 POLITIK volumens bis 2050 bringt potenzielle Kapazitätsengpässe, die schnell zur Wachstumsbremse werden können. Und der starke Anstieg der mit diesem Wachstum verbundenen CO 2 -Emissionen könnte die internationalen Klimaschutzziele gefährden. Zusammengenommen bedeuten diese Entwicklungen eine noch nicht dagewesen Herausforderung für den Verkehrssektor. Um sie zu meistern, wird es unter anderem eines deutlich verbesserten Kapazitätsmanagements und Investitionen in „missing links“ für verbesserte multi-modale Anbindungen bedürfen. Während das Handelsvolumen auf den etablierten Routen zwischen entwickelten Weltregionen nur langsam steigen wird, wachsen die Handelskorridore zwischen Schwellenländer um durchschnittlich 17 % jährlich. Die Güterströme zwischen den USA und China und in die Gegenrichtung werden zwischen 2010 und 2050 um 374 % zunehmen und volumenmäßig am bedeutendsten sein. Als Folge wird die Nordpaziikroute den Nordatlantik als volumenstärksten Handelskorridor ablösen (Bild 2). Ein Grund ist die steigende Nachfrage nach Lebensmitteln in Asien mit seiner schnell wachsenden Bevölkerung. Sie zieht einen massiven Anstieg im Volumen der Lebensmitteltransporte nach sich, sodass die Importe von landwirtschaftlichen Produkten und Lebensmitteln in Asien (wie auch in Afrika) exponentiell wachsen. Gemessen in Tonnen-Kilometern (tkm) werden im Jahre 2050 fast ein Drittel (32 %) aller gehandelten Lebensmittel nach China und ein Fünftel (19 %) nach Afrika gehen - vor allem aus den USA, von wo 2050 volle 38 % aller weltweit gehandelten Lebensmittel (in tkm) kommen werden (Tabelle 1). Wachsende Lieferentfernungen Insgesamt verschieben sich die Zentren globaler wirtschaftlicher Aktivität nach Asien. Die schnell wachsenden Schwellenländer werden sich in den kommenden Jahrzehnten immer mehr von Billiglohnstandorten zu Dienstleistungsökonomien wandeln, gekennzeichnet durch steigende Einkommen und entsprechendes Konsumverhalten. Neben dem Aufstieg des Nordpaziik-Korridors zeigt sich dies auch im rasanten Wachstum des Gütertransports über den Korridor Indischer Ozean (+ 406 %) und in der Zunahme des innerasiatischen Handels (+ 403 %). Lag das innerhalb Asiens bewegte Frachtvolumen im Jahre 2010 noch bei knapp unter 6-Mrd. tkm, so wird es 2050 fast 29,7 Mrd. tkm erreichen. Eine Folge dieser geographischen Diversiizierung des Welthandels durch die Entstehung neuer ökokonische Zentren und Handelsbeziehungen ist die Zunahme der durchschnittlichen Distanz für Frachtbeförderung, die laut ITF bis 2050 um durchschnittlich 12 % steigen wird. Eine zweite Folge ist eine leichte Verschiebung bei den eingesetzten Verkehrsträgern. Der stark wachsende Güterverkehr im innerasiatischen und innerafrikanischen Raum Global freight volumes and CO 2 emissions by corridor Intra-North America South Pacific route Intra- South America North Atlantic route Intra- Europe Intra-Asia North Pacific route North Pacific route Oceania South Atlantic route Indian Ocean route Intra- Africa Mediterranean and Caspian Sea +270% +280% +374% +406% +403% +715% +191% +315% +332% +273% +689% +195% Freight volume in billion tonne-km CO 2 Emissions in million tonnes +344% +263% Bild 2: Prognostizierte Verschiebung der Handelsrouten bis 2050 Product group … by value (in billion US dollars) Growth (in %) Product group … by volume (in billion tonne-km) Growth (in %) 2010 2050 2010 2050 Other Metals 301 2075 589 Gas 3370 24974 641 Other Mining 128 651 407 Other Metals 604 4040 569 Electronic devices 1380 6854 397 Other Agriculture 202 1264 524 Iron and Steel 305 1506 394 Rice and crops 7196 43952 511 Other Agriculture 34 163 385 Other Mining 2087 11546 453 Rice and crops 235 1132 381 Iron and Steel 3206 16528 416 Livestock 37 163 338 Livestock 226 1139 405 Metal products 240 1046 336 Metal products 591 2831 379 Other Manufacturing 1913 8317 335 Electronic devices 3598 16439 357 Chemicals/ rubber/ plastic 1469 6154 319 Other Manufacturing 3889 17462 349 Other Minerals 130 533 311 Other Minerals 3131 13582 334 Transport Equipment 1357 5306 291 Chemicals/ rubber/ plastic 10370 44533 329 Textile 803 2936 266 Transport Equipment 2582 10335 300 Paper and wood 430 1551 261 Paper and wood 1934 7448 285 Refined Oil 189 638 238 Food 8486 31759 274 Gas 112 377 236 Textile 5050 18208 261 Food 574 1876 227 Refined Oil 2784 10038 261 Coal 30 81 169 Coal 4373 12925 196 Crude oil 410 1066 160 Crude oil 7214 18612 158 Source: OECD Source: International Transport Forum Tabelle 1: Transportwachstum nach Warengruppen (Wert in Mrd. USD und Volumen in tkm) POLITIK Transportprognose 2050 Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 16 (+ 403 % bzw. + 715 %) ist stärker auf Landverbindungen angewiesen, während Seeverbindungen aufgrund der geographischen Gegebenheiten weniger zum Tragen kommen. Der Landverkehr kann dort aber auf absehbare Zeit noch nicht auf eine ähnlich gut ausgebaute multimodale Verkehrsinfrastruktur zurückgreifen wie auf anderen Überland-Handelsrouten, weshalb ein Großteil der dort entstehenden Verkehre über die Straße abgewickelt werden wird. Weniger Seefracht, mehr Straßengüterverkehr Der ITF Transport Outlook prognostiziert deshalb einen leichten Rückgang des Anteils des Seeverkehrs von 84,7 % (2010) auf 83,4 % (2050), während der Anteil der Schiene weitgehend unverändert bleibt (6 %) und der Straßengüterverkehr auf 10 % zulegt (Tabelle 2). Die Zunahme des Frachtverkehrs und die Verschiebung der Anteile der Verkehrsträger haben erhebliche Auswirkungen für die durch den Welthandel verursachten CO 2 -Emissionen. Diese werden um den Faktor 3,9 in etwa in derselben Größenordnung wachsen wie der Frachtverkehr. Der Anteil des Straßengüterverkehrs an den CO 2 -Emissionenwächst dabei bis 2050 auf 56 % (2010: 50 %). Regional betrachtet, werden die CO 2 -Emissionen aus Frachtverkehr vor allem in Afrika dramatisch zunehmen, und zwar um rechnerische 689 %. Das ist eine mehr als doppelt so starke Zunahme wie in Asien (+ 332 %) und im Indischen Ozean (+ 315 %). Die Prognosen für CO 2 -Emissionen aus Frachtverkehr signalisieren erheblichen Handlungsbedarf mit Blick auf die internationalen Klimaschutzziele. Insgesamt betrachtet wird der landbasierte Güterfrachtverkehr bis 2050 den landbasierten Passagierverkehr als größten CO 2 -Emittenten des Verkehrssektors ablösen. Stammten im Jahre 2010 rund 42 % der gesamten CO 2 - Emissionen aus dem Passagierverkehr und 58 % aus dem Frachtsektor, so wird sich dieses Verhältnis 2050 umgekehrt haben (Bild-3). In diesem Zusammenhang sind die Zahlen des ITF Transport Outlook zum „Binnenanteil“ des Welthandels interessant. Dies ist jener Anteil der Gesamtstrecke zwischen Ursprungs- und Zielort, der innerhalb eines Landes und nicht zwischen Ländern erfolgt - etwa der Transport von Rohmaterialien vom Seehafen zur Fabrik im Hinterland. Dieser Binnenanteil ist in der Literatur bisher kaum beachtet worden, hat jedoch aus mehreren Gründen Bedeutung. Zum einen trägt er weit überdurchschnittlich zu den CO 2 -Emissionen des weltweiten Güterverkehrs bei - nach ITF-Berechnungen macht der Binnenanteil rund 10 % des handelsbedingten Güterverkehrs aus, verursacht aber rund 30 % der dadurch entstehenden CO 2 -Emissionen. Zum anderen unterliegt der Binnenanteil nationaler Regulierung, nicht internationalen Abkommen. Verkehrspolitische Maßnahmen lassen sich für diese Strecken wesentlich schneller und gezielter umsetzen - dies kann gerade im Blick auf die Emissionen relevant sein. ■ Hans Michael Kloth Head of Communications, International Transport Forum der OECD, Paris michael.kloth@oecd.org Jari Kauppila Senior Economist, Head of Outlook Team, International Transport Forum der OECD, Paris jari.kauppila@oecd.org 2010 42% 40% 58% 2050 60% Bild 3: Bis 2050 wird der landbasierte Frachtverkehr den Passagierverkehr als Hauptursache der CO 2 -Emissionen abgelöst haben. Freight volume Modal share Growth% CO2 emission Modal share Growth% ratio volume/ emissions growth (in billion tonne-km) (in million tonnes) 2010 2050 2010 2050 2010 2050 2010 2050 Air 191 1111 0,3 % 0,4 % 482 150 767 7 % 9 % 411 1,2 Road 6388 30945 9,0 % 10,1 % 384 1118 4519 53 % 56 % 304 1,3 Rail 4262 19126 6,0 % 6,2 % 349 62 217 3 % 3 % 250 1,4 Sea 60053 256433 84,7 % 83,4 % 327 779 2630 37 % 32 % 238 1,4 Total 70894 307615 334 2108 8132 286 1,2 Tabelle 2: Wachstumsraten des weltweiten handelsbezogenen Frachtvolumens nach Verkehrsträger bis 2050 Source: ITF WEITERE INFORMATIONEN ITF Transport Outlook 2015 Die kostenfreie Online-Version, das Executive Summary in mehreren Sprachen und ein Bestell-Link für die Printversion ist auf der Webseite des ITF zu inden: www.internationaltransportforum.org/ pub/ TranspOutlook.html ITF Summit 2015, Leipzig Vom 27. bis 29. Mai 2015 indet in Leipzig der jährliche Gipfel der Verkehrsminister (Weltverkehrsforum) zum Thema „Handel, Tourismus und Verkehr“ statt. Mehr auf Seite @@ und unter www.internationaltransportforum.org/ 2015 Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 17 Standpunkt POLITIK Ausländermaut beschlossen A m 27. März 2015 hat der Deutsche Bundestag mit der Mehrheit der Koalitionsparteien das „Ausländermautgesetz“ verabschiedet. Die Mautplicht soll zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Selbst ohne Berücksichtigung der an Absurdität kaum zu übertrefenden Vorgeschichte seit Verankerung des Themas im Koalitionsvertrag als Folge der unverblümten Erpressung der Partner durch die CSU, war die parlamentarische Veranstaltung für den unabhängigen und einigermaßen mit der Materie vertrauten Beobachter nur schwer zu verkraften. Die entscheidenden Argumente des Bundesverkehrsministers sind bestenfalls nur begrenzt belastbar, überwiegend schlichtweg falsch. Die immerhin deutlich „zähneknirschend“ verpackte Zustimmung der SPD erfolgte (nach einigen marginalen Korrekturen des Entwurfs) ausdrücklich nicht der Sache wegen, sondern aus Koalitionsdisziplin im Gegenzug zur Zustimmung von CDU/ CSU zu Mindestlohn und Mütterrente, also Komplexen, die in keinerlei Zusammenhang mit der Maut stehen. Der Minister behauptet, die Maut wäre in vollem Umfang mit EU-Regeln vereinbar und versteigt sich sogar zu der Feststellung, es handele sich um ein „europäisches Projekt“. Tatsächlich ist die EU- Kompatibilität höchst fragwürdig. Die Zustimmung der SPD erfolgte mit einiger Wahrscheinlichkeit in der Hofnung, dass die Maut ohnehin von Europäischen Gerichten gekippt werde. Selbst wenn es mit juristischen Tricks gelingen sollte, eine formale Kompatibilität zu konstruieren, widerspricht das Projekt eindeutig dem Geist der Gemeinschaft. Das Kernargument des Ministers ist die Beseitigung einer angeblichen Gerechtigkeitslücke gegenüber den zahlreichen EU-Mitgliedsstaaten, in denen PKW-Maut von Ausländern erhoben wird. Das entbehrt jeglicher sachlicher Grundlage. In all diesen Staaten zahlen die Inländer die Maut-Gebühren ebenso wie die Ausländer, und sie zahlen auch in vollem Umfang KFZ-Steuern - teilweise sogar höhere als die Deutschen. Wiederholt hat der Minister von den „drei Säulen der Straßeninanzierung“ in Europa gesprochen: Mineralölsteuer, KFZ-Steuer und Nutzerinanzierung. Tatsächlich sind Mineralöl- und KFZ-Steuer in fast allen EU-Staaten (ebenso wie in Deutschland) allgemeine Steuern. Damit unterliegen sie dem so genannten „Non-Afektationsprinzip“. Eine Zweckbindung der Einnahmen daraus oder von Teilen davon für die Verkehrsinfrastruktur oder für andere Zwecke ist möglich, aber die absolute Ausnahme in Europa und im Übrigen nicht zugrifsicher. Im Verkehrsinanzgesetz von 1971 ist eine Zweckbindung von 50 % der Einnahmen aus der Mineralölsteuer für die Bundesfernstraßen verankert. Das wird seither Jahr für Jahr per Haushaltsgesetz außer Kraft gesetzt. Auch die vorgesehene Zweckbindung der Einnahmen aus der Zwangs-Vignette für deutsche PKW-Halter (Verrechnung mit der KFZ-Steuer) ist nicht zugrifsicher. Tatsächlich sind bisher also die allgemeinen Haushalte die Hauptsäule der Straßeninanzierung. Wiederholt nahm der Minister quasi für sich in Anspruch, mit der Ausländermaut den „Einstieg in die Nutzerinanzierung der Straßeninfrastruktur“ zu realisieren. Dazu bedarf es schon einer gehörigen Chuzpe. Tatsächlich erfolgte dieser in Deutschland mit der Einführung der Euro-Vignette für die Benutzung von Bundesautobahnen durch schwere LKW 1995. Im Jahr 2005 wurde die LKW- Maut auf entfernungs-/ belastungs-/ emissionsabhängige Berechnung umgestellt. Nicht zuletzt auf Empfehlung der Pällmann-Kommission wurde dafür eine technologische Koniguration gewählt, die eine schrittweise systematische Umstellung auf direkte verursachergerechte Nutzerinanzierung aller Straßen durch alle Motorfahrzeuge ermöglicht. Obschon die Einnahmen aus der Euro-Vignette, im Widerspruch zu den gültigen Regeln für die Verwendung von Gebühren, vom allgemeinen Haushalt vereinnahmt und die Einnahmen aus der entfernungsabhängigen LKW-Maut zunächst auch nur formal den Bundesfernstraßen zugewiesen wurden, handelte es sich dabei doch grundsätzlich bereits um direkte Nutzerinanzierung. Die Netto-Einnahmen aus der LKW-Maut betrugen in 2014 rund 4,5 Mrd. EUR; die Transaktionskosten sind vom Bundesverkehrsministerium mit rund 12 % der Gesamteinnahmen angegeben. Die Netto-Einnahmen aus der Ausländermaut sind von Verkehrsminister Dobrindt mit jährlich 500 Mio. EUR angesetzt. Diese Größenordnung wird sogar vom Bundesinanzministerium in Frage gestellt - selbst wenn sie wider Erwarten dennoch erreicht werden sollte, stehen die dafür erforderlichen Transaktionskosten in keinem auch nur annähernd akzeptablen Verhältnis dazu. Schließlich reklamiert der Bundesverkehrsminister für sein „Projekt“ eine beträchtliche ökologische Lenkungswirkung. Tatsächlich ist diese längst über die gültige Stafelung der KFZ-Steuer aktiviert. Der mögliche Beitrag ausländischer PKW wird demgegenüber bestenfalls marginal sein. Besonders stolz geriert sich der Minister bei seiner Behauptung, der Haushaltsansatz für die Bundesfernstraßen würde einschließlich Ausländermaut bis 2018 auf ein Niveau „hochgefahren“, das sogar höher sei, als „von Daehre und Bodewig gefordert“. Tatsächlich gilt die von der Daehre-Kommission benannte und von der Bodewig- Kommission übernommene Bedarfszahl ausdrücklich erstens in Verbindung mit dem Adjektiv „mindestens“, zweitens zu Kosten und Preisen von 2012 und drittens unter der Voraussetzung, dass das Finanzierungs-Niveau in vollem Umfang ab 2013 realisiert wird. Vor diesem Hintergrund wäre sehr zu wünschen, dass die Bundesregierung die Kraft indet, das unsinnige und in der Sache kontraproduktive Ausländermaut schnellstens aufzugeben und statt dessen die von der Pällmann-Kommission schon in 2000 empfohlene und von der Daehre-Kommission in 2012 in ihren „Instrumentenkasten“ aufgenommene umfassende Umstellung auf entfernungs-, belastungs- und emissionsabhängige direkte Nutzerinanzierung der Straßen einzuleiten bzw. fortzusetzen. Das wäre dann tatsächlich gerecht, eizient, ökologisch und jedenfalls EU-kompatibel. ■ Dr.-Ing. Andreas Kossak, Kossak Forschung und Beratung, Hamburg drkossak@aol.com Deutschlands Nachbarn staunen, mit welcher Beharrlichkeit Teile der Regierungskoalition die neue PKW-Maut im-Bundestag durchgedrückt haben. Unsinn oder Geniestreich? Ein Kommentar von Andreas Kossak. POLITIK Mautsysteme Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 18 Nutzerfinanzierung - Moderne Instrumente für einen nachhaltig fließenden Verkehr Mauterhebung, Infrastrukturinanzierung, Güterverkehr, Verkehrsinfrastruktur, Geschäftsmodelle Zwölf Jahre nach Deutschland verabschiedet sich im kommenden Jahr mit Belgien ein weiteres Transit- Land aus dem Eurovignettensystem für LKW. Längst stellen Mautsysteme komplexe Steuerungs- und Anreizsysteme dar, die neben der Sicherung von Einnahmen eine ökologische Lenkungswirkung entfalten und zu einer intelligenteren Verkehrssteuerung beitragen können. Neben der Diferenzierung von Tarifmodellen nach Schadstofklassen, Luftverschmutzung und Achsklassen werden zunehmend neue Nutzergruppen in die Mauterhebung integriert und mautplichtige Strecken sukzessive auf nachgelagertes Netz ausgeweitet. Der Autor: Michael C. Blum N eben Deutschland haben bereits Österreich, Polen, die Schweiz, die Slowakei, Tschechien und Ungarn den Übergang von der LKW-Vignettenpflicht zum entfernungsabhängigen Mautsystem vollzogen. Weitere Länder wie Belgien, Bulgarien und Slowenien planen derzeit einen Wechsel. Dabei werden zunehmend technologisch hochentwickelte Erhebungsverfahren verwendet. So ermöglicht die Nutzung der GNSS 1 - Technologie eine entfernungsabhängige Mauterhebung ohne straßenseitige Erhebungsinfrastruktur. 2 Sie behindert somit nicht den freien Fluss des Güterverkehrs, erlaubt vor allem aber eine schnellere Implementierung von zusätzlichen Netzteilen. Auf langwierige Infrastrukturprojekte zur Errichtung von Erhebungsbrücken oder Mautstationen kann verzichtet werden. Mautsysteme müssen Erweiterungen flexibel umsetzen Ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung von Mautsystemen war die 2005 abgeschlossene Einführung des weltweit ersten und größten satellitengestützten Mautsystems in Deutschland. Mittlerweile wurde dieses Systemkonzept in der Slowakei übernommen und ist auch für den geplanten Start der elektronischen Maut in Belgien ab 2016 vorgesehen. Das mautpflichtige Streckennetz in Belgien wird anfangs wenige tausend Kilometer umfassen und kann durch die drei Regionen um weitere wichtige Straßen ergänzt werden. Das Netz-Modell in der Slowakei 3 wurde 2014 von rund 2500 km auf ungefähr 17 800 km erweitert. Das deutsche Mautsystem beweist seine systemisch vorgesehene Flexibilität dieses Jahr erneut durch vier strukturelle Anpassungen: POLITIK Mautsysteme Das Toll Collect Free-Flow System benötigt zur Maut-Erhebung keine straßenseitige Infrastruktur. Foto: Toll Collect Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 19 Mautsysteme Politik Eine erste Anpassung betraf die Internalisierung externer Kosten, die Deutschland als erstes Land in der Europäischen Union seit dem 1. Januar 2015 für Luftverschmutzung anlastet. 4 Seit 2005 werden Mauttarife außerdem nach Schadstoklassen diferenziert, um Anreize für Investitionen in schadstofärmere LKW zu begünstigen. Dies hat dazu beigetragen, dass im Jahre 2015 über 90 % der Fahrleistung durch LKW der umweltfreundlicheren Klassen 5-7 erfahren werden. Durch eine weitere Anpassung soll das mautplichtige Netz zum 1. Juli 2015 um ca. 1100 km Bundesstraßen erweitert werden. Während 2005 nur rund 12 800 km Bundesautobahnen der Mautplicht unterlagen, kamen zwei Jahre später knapp 100 km Bundesstraßen hinzu, die bereits 2012 um 1135- km autobahnähnliche Bundesstraßen ergänzt wurden. Schaut man in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung für die 18.-Legislaturperiode, so zeigt sich, dass der Einbezug aller Bundesstraßen in die Mautplicht (rund 38 000 zusätzliche km) Teil des politischen Arbeitsauftrags ist. 5 Auch beim Tariierungsmerkmal Achsklasse wird es Veränderungen geben: Während derzeit zwischen zwei Achsklassen - bis drei Achsen und vier und mehr Achsen - diferenziert wird, soll es zum 1. Oktober 2015 vier unterschiedliche Achsklassen mit jeweils eigenen Tarifen geben. Diese Anpassung soll Anforderungen der Gebührengerechtigkeit umsetzen und stellt damit spezielle Anforderungen an Erhebungs- und Kontrolltechnologie, die Verstöße präzise erkennen muss. Schließlich sollen ebenfalls ab dem 1. Oktober 2015 LKW bereits ab einem zulässigen Gesamtgewicht (zGG) von 7,5 t - anstatt wie bislang ab 12t - in die Mautplicht einbezogen werden. Dadurch steigt die Anzahl von Fahrzeugen mit verbautem Fahrzeuggerät um ca. 85 000 6 von zwischenzeitlich rund 830 000 auf dann über 900 000. Von einer weiteren Absenkung der Tonnage auf 3,5t zGG 7 , wie sie einige Verkehrsexperten 8 anregen, sieht man in Deutschland bislang ab. Der Gesetzentwurf zur Absenkung der Tonnagegrenze sieht jedoch einen Prüfauftrag 9 vor. Mauterweiterungen sichern Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur Als vorrangiges Ziel von Mautsystemen gilt zumeist die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur. Daher sind verlässliche Mauteinnahmen - im Jahr 2014 waren es knapp 4,5-Mrd. EUR - unabdingbar für den Erhalt und Betrieb von Bundesfernstraßen. 10 Maßgeblich für deren Höhe sind die Fahrleistung der LKW sowie die dazugehörigen Mauttarife. Diese werden in Deutschland vom Deutschen Bundestag auf Grundlage des Wegekostengutachtens festgelegt. Das aktuelle Gutachten 11 ermittelt allerdings - vor allem aufgrund gesunkener Infrastrukturkosten infolge eines niedrigeren Zinsansatzes - deutlich niedrigere Mauttarife im Vergleich zum vorherigen Gutachten 12 . Den drohenden Einnahmenausfall in Höhe von 2 Mrd. EUR für die laufende Legislaturperiode plant Bundesminister Alexander Dobrindt durch die oben angesprochene Internalisierung externer Kosten sowie die Ausdehnung der Mautplicht auf zusätzliche ca. 1100 km Bundesstraßen und auf Fahrzeuge ab einem zGG von 7,5 t bis unter 12 t zu kompensieren (vgl. Tabelle 1). Dieser Schritt war - basierend auf den Ergebnissen des Gutachtens - erforderlich, um das Einnahmenniveau stabil zu halten. Mehreinnahmen für die Finanzierung der teilweise maroden Verkehrsinfrastruktur werden aber voraussichtlich nicht erzielt. Veränderte politische Rahmenbedingungen modiizieren Geschäftsmodelle Abhängig von politischen Rahmenbedingungen unterliegen auch die Geschäftsmodelle von Mautbetreibern einem Wandel. Beispielsweise wurde in Österreich der staatlichen Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft, kurz ASFINAG, seit 1997 die Einhebung der Mautgebühren übertragen, nachdem sie bereits seit 1982 für die Finanzierung, den Ausbau, die Erhaltung und den Betrieb des Autobahnen- und Schnellstraßennetzes zuständig ist. In Deutschland betreibt Toll Collect das Mautsystem und ist darüber hinaus auch für weitere Aufgaben in der Kontrolle beliehen. Die Europäische Kommission sieht neben nationalen Mauterhebern eine künftige Rollenverteilung zwischen „Toll Charger“ (Eigentümer der Infrastruktur) und „EETS-Anbieter“ (Schnittstelle zum Kunden) vor. 13 Erklärtes Ziel ist es, Nutzern den Zugang zum mautplichtigen europäischen Straßennetz mit nur einem Vertrag und nur einem Bordgerät zu ermöglichen. 14 Wie diese Rollenverteilung zukünftige Geschäftsmodelle beeinlussen wird, ist derzeit noch unklar. So stellt beispielsweise die Anforderung der Anbindung aller Mautgebiete innerhalb von 24 Monaten weiterhin eine große Einstiegshürde dar. Regionale Ansätze erscheinen hier praktikabler. So ermöglicht Toll Collect bereits seit dem Jahr 2012 ihren Nutzern die Interoperabilität mit dem österreichischen Mautsystem. Notwendige Aufgaben der o.g. Rolle „EETS-Anbieter“ liegen in den Bereichen Zahlungsverkehr, Nutzerbetreuung und der Distribution. Prozesse sowie Technologien, die nur einmal für alle EETS-Anbieter geleistet werden müssten und welche für die Erhebungsqualität in GNSS-Systemen ausschlaggebend sind, sollten beim nationalen Mautbetreiber angesiedelt sein. Dabei muss die Sicherstellung und Haftung für höchste Qualitätsstandards in der Erhebung und Kontrollfähigkeit auch für EETS gelten. Neben Flexibilität ist kosteneizienz der entscheidende Faktor Um den oben aufgezeigten Anforderungen gerecht zu werden, bedarf es einer lexiblen Systemarchitektur, die zeit- und kosteneiziente Umsetzungen erlaubt. Ein schierer Vergleich von Systemen aufgrund der Kosten/ Umsatz-Relationen greift zu kurz, da die Unterschiedlichkeit der Leistungsbestandteile unberücksichtigt bleibt. Diferenziertere und umfänglichere Analysen 15 zeigen die Vorteilhaftigkeit des deutschen Mautsystems (vgl. Tabelle 2). Und das, obwohl zwei volllastfähige Systeme - ein auto- 2015 2016 2017 2015-2017 Externe Kosten 1 459 356 264 1079 1.100 km Bundesstraßen 2  40  80  80  200 LKW ab 7,5t zGG11  75 300 300  675 Gesamt 574 736 644 1954 Tabelle 1: Einnahmeprognose der Bundesregierung für unterschiedliche Mauterweiterungen (in-Mio. EUR) Quelle: In Anlehnung an Deutscher Bundestag. Schweiz Deutschland Slowakei Polen Gesamtinvestitionen/ Fahrleistung p.a. in EUR / km 0,21 0,04 0,28 0,12 Systemkosten/ Fahrleistung p.a. in EUR / km 0,03 0,02 0,09 0,03 Systemkosten/ Mauteinnahmen p.a. in % 4,8 10,0 46,2-58,2 40,9-48,5 Tabelle 2: Gegenüberstellung von Kostenzahlen ausgewählter LKW-Mautsysteme (Bezugsjahr: 2011) Quelle: Hegner/ Klaas-Wissing/ Stölzle 2013 POLITIK Mautsysteme Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 20 matisches und ein manuelles Verfahren - von Toll Collect betrieben werden. Fazit: Zwei übergeordnete Anforderungen muss ein modernes Mautsystem erfüllen Erstens müssen Mautsysteme lexibel veränderbar sein, um zusätzliche Strecken, Nutzer und Tarifmodelle kosteneizient zu integrieren. Nach Vorstellung einiger Mitgliedsstaaten sollen Tarifmodelle nicht nur nach Netzteilen, sondern z. B. auch nach CO 2 -Ausstoß, der Relation von Gewicht und Achsanzahl, teilweise sogar nach Fahrtrichtung, Ort und Uhrzeit diferenziert werden. In Deutschland könnten in Zukunft möglicherweise externe Kosten für Lärm angelastet werden. Berechnungen, welche die Lärmkosten von LKW quantiizieren und verursachergerecht den einzelnen Schadstof- und Achsklassen zurechnen, werden derzeit erstellt. Zweitens müssen moderne Mautsysteme auf ein sich änderndes Nutzerverhalten reagieren können. Eine hohe Usability mit zusätzlichen Kommunikationskanälen und Zahlmitteln steht hierbei im Vordergrund. Vor allem Einbuchungs- Möglichkeiten auf mobilen Endgeräten erfreuen sich zunehmender Beliebtheit beim Nutzer und werden daher in Zukunft abzubilden sein. Auf diese Weise kann die Nutzerfreundlichkeit gesteigert werden, welche maßgeblich zur Akzeptanz des Mautsystems beiträgt. ■  1 GNSS: Global Navigation Satellite System  2 Die rund 300 auf Bundesautobahnen stehenden Kontrollbrücken der Toll Collect dienen ausschließlich der Mautkontrolle.  3 Vgl. Bobošík, Miroslav: GNSS-Based Road Charging in Slovakia, Skytoll-Präsentation auf der Road User Charging Conference am 6. März 2014 in Brüssel.  4 Seit 2011 erlaubt die Europäische Union ausdrücklich die Anlastung eines Anteils der anfallenden externen Kosten für Luftverschmutzung und Lärmbelästigung, vgl. 2011/ 76/ EU.  5 Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, S. 29.  6 Vgl. Deutscher Bundestag: Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Bundesfernstraßenmautgesetzes (Drucksache 18/ 3923), S.11.  7 Neben einzelnen Mitgliedstaaten war die Europäische Union durch den Erlass der Wegekostenrichtlinie ein wesentlicher Treiber der Mautplicht für LKW ab 3,5t zGG. Vgl. 1993/ 89/ EWG sowie 1999/ 62/ EU, mittlerweile geändert durch 2006/ 38/ EU und 2011/ 76/ EU. Siehe auch: Hartwig, Karl-Hans / Baumgarten, Patrick / Huld, Tobias: Mautsysteme für Fernstraßen in Europa. Hintergründe - Anwendungen - Erfahrungen, WWU Münster April 2013.  8 Beispielsweise Eisenkkopf, Alexander: Staatsversagen in der Verkehrsinfrastrukturpolitik? In: Wirtschaftsdienst 2013, S. 674-677; Rothengatter, Werner: Fonds für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, in: Wirtschaftsdienst 2013, S. 666-669.  9 Vgl. Deutscher Bundestag: Stenograischer Bericht, 62. Sitzung (18/ 62), Berlin, 5.11.2014, S. 5732 (D). 10 Dieses Ziel gewinnt nach jahrzehntelanger Unterinanzierung und einem daraus entstandenen Finanzierungsbedarf von jährlich mindestens 7,2 Mrd. Euro (Nachholbedarf berechnet auf 15 Jahre) sowie beschlossener Schuldenbremsen für Bund und Länder mehr Bedeutung denn je. Vgl. Bericht der Kommission: Zukunft der Verkehrsinfrastrukturinanzierung („Daehre-Kommission“), Dezember 2012; Bericht der Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturinanzierung“ („Bodewig-Kommission“), September 2013. 11 Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Berechnung der Wegekosten für das Bundesfernstraßennetz sowie der externen Kosten nach Maßgabe der Richtlinie 1999/ 62/ EG für die Jahre 2013 bis 2017, März 2014. 12 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Aktualisierung der Wegekosten für die Bundesfernstraßen in Deutschland, November 2007. 13 Vgl. Der elektronische europäische Mautdienst (EETS): Leitfaden für die Anwendung der Richtlinie 2004/ 52/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Entscheidung 2009/ 750/ EG der Kommission. 14 Deutscher Bundestag: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften hinsichtlich der Einführung des europäischen elektronischen Mautdienstes (Drucksache 18/ 2656). 15 Hegner, Roy / Klaas-Wissing, Thorsten / Stölzle, Wolfgang 2013: St. Galler Mautstudie. Eine kennzahlengestützte Gegenüberstellung der LKW-Mautsysteme in der Schweiz, Deutschland, der Slowakei und Polen. Michael C. Blum, Dr. Bereichsleiter Strategie & Unternehmensentwicklung, Toll Collect, Berlin michael.blum@toll-collect.de Im Fachbereich Bauingenieurwesen der Technischen Universität Kaiserslautern ist zum frühestmöglichen Zeitpunkt die W2-PROFESSUR „VERKEHRSWESEN“ wieder zu besetzen. Die zu berufende Person soll das Gebiet des Verkehrswesens in Lehre und Forschung vertreten. Schwerpunkte stellen im Kontext des Bauingenieurwesens die Verkehrsplanung, die Projektierung, der Entwurf und Erhaltung von Verkehrsanlagen und ihre Umwelteinwirkungen sowie Belange der Raumordnung dar. Die Lehrangebote der Professur sind in den Bachelor- und Masterstudiengängen des Bauingenieurwesens sowie des Fachbereichs Raum- und Umweltplanung zu leisten. Die Bewerberin oder der Bewerber soll neben wissenschaftlichen Fähigkeiten auch über berufspraktische Erfahrungen in Planung und Entwurf von Verkehrsanlagen verfügen. Die Bereitschaft zur interdisziplinären Zusammenarbeit innerhalb des Bauingenieurwesens sowie mit ingenieurwissenschaftlichen und planerischen Fachdisziplinen benachbarter Fachbereiche, wird erwartet. Neben der überdurchschnittlichen Promotion der Bewerberinnen und Bewerber werden zusätzliche wissenschaftliche oder besondere berufspraktische Leistungen sowie besondere didaktische Fähigkeiten und Erfahrungen in der Lehre vorausgesetzt. Das Land Rheinland-Pfalz und die Technische Universität Kaiserslautern vertreten ein Betreuungskonzept, bei dem eine hohe Präsenz der Lehrenden am Hochschulort erwartet wird. Die Bereitschaft zur Mitarbeit in der Hochschulselbstverwaltung wird vorausgesetzt. Neben den allgemeinen beamtenrechtlichen Voraussetzungen gelten die in § 49 des Hochschulgesetzes Rheinland-Pfalz geregelten Einstellungsvoraussetzungen (Details unter: http: / / www.uni-kl.de/ universitaet/ verwaltung/ ha-1/ ha1-rechtsvorschrift). Die Technische Universität Kaiserslautern ermutigt qualiizierte Akademikerinnen nachdrücklich, sich zu bewerben. Bewerberinnen und Bewerber mit Kindern sind willkommen. Schwerbehinderte werden bei entsprechender Eignung bevorzugt eingestellt (bitte Nachweis beifügen). Bewerbungen sind mit Lebenslauf, Schriftenverzeichnis sowie Nachweis über die bisherigen Leistungen in der Lehre, Darstellung des wissenschaftlichen Werdeganges, bisheriger Forschungsaktivitäten (gegebenenfalls bisher eingeworbene Drittmittel), künftiger Forschungsabsichten und Angaben zu den Gehaltsvorstellungen bis zum 8. Juni 2015 zu richten an: Technische Universität Kaiserslautern, Dekanat Bauingenieurwesen, Postfach 3049, 67653 Kaiserslautern Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 21 Wissenschaft POLITIK Wie lässt sich nachhaltige Verkehrsentwicklung messen? Weiterentwicklung der Mobilitätsindikatoren der-Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie Nachhaltigkeitsindikatoren, Mobilitätsindikatoren, Modal-Split-Indikator, Transportintensitätsindikatoren, Nachhaltige Verkehrsentwicklung, Nachhaltiger Verkehr Nachhaltige Entwicklung ist ein stetiger, gesellschaftlicher Prozess, der ein konsequentes Monitoring- und Evaluationskonzept benötigt. Dafür sind aussagekräftige Indikatoren in allen Sektoren notwendig, auch für den Verkehrsbereich. Im Rahmen der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie erfolgt dieses Monitoring durch entsprechende verkehrsspeziische Indikatoren im „Kernindikatorensatz“ der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Der-Lehrstuhl für Verkehrsökologie der TU Dresden hat im Rahmen eines UFOPLAN- Projektes diese verkehrsspeziischen Indikatoren überprüft und einen Vorschlag zur Weiterentwicklung entworfen. Die Autoren: Julia Gerlach, Susan Hübner, Edeltraud Günther, Udo J. Becker D er Kernindikatorensatz der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie besteht aus insgesamt 38 Indikatoren in 21 Handlungsfeldern [1]. Acht dieser Indikatoren besitzen einen indirekten und weitere vier einen direkten Verkehrsbezug (siehe Tabelle 1). Vor allem die Indikatoren 11a bis 11d sollen die Situation im Verkehrsbereich beschreiben, sie adressieren die Transportintensität (tkm/ BIP bzw. Pkm/ BIP: je weniger, desto eizienter, desto besser) im Güter- und Personenverkehr sowie die Entwicklung des Modal- Split-Anteils von Bahn und Binnenschif im Güterverkehr. Daneben enthalten eine Reihe sektorübergreifender Indikatoren den Verkehrsbereich als einen von mehreren Verursachern (etwa Indikator 13: Schadstobelastung der Luft). Bei näherer Betrachtung dieser Indikatoren stellen sich verschiedene Fragen: • Zielen die ausgewählten Indikatoren auf die im Verkehrsbereich wirklich relevanten Handlungsfelder? Bleiben wichtige Aspekte einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung bisher unberücksichtigt? • Wurden die aktuell verwendeten Indikatoren so konstruiert, dass sie auch messen, was sie messen sollen? Kann aus der Indikatorentwicklung tatsächlich auf- eine gleichgerichtete Entwicklung der zugrundeliegenden Nachhaltigkeitswirkung geschlossen werden? • Sind die gewählten Abgrenzungen geeignet, die Wirkungen der international ausgerichteten Verkehrssysteme zu erfassen? Wo werden Indikatoren durch die gewählten Abgrenzungen systematisch verzerrt? • Wie kann das vorliegende Indikatorensystem im Verkehrsbereich weiterentwickelt werden? Der Beantwortung dieser Fragen diente das UFO- PLAN-Vorhaben „Entwicklung von Indikatoren im Bereich Mobilität für die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie“, das 2014 abgeschlossen wurde. Der Schlussbericht ist als UBA-Texte 12/ 2015 erschienen [2]. Die Hauptergebnisse sollen an dieser Stelle kurz vorgestellt werden. Methodischer Ansatz und Ableitung des Indikatorvorschlags Die Beantwortung obiger Fragen erfolgte im Projekt in vier Schritten (siehe Bild 1): Zunächst wurden konkrete Nachhaltigkeitsregeln für den Verkehrsbereich abgeleitet, die als normative Mindestanforderungen an eine Nr. Indikator Direkter Verkehrsbezug 11a 11b 11c 11d Gütertransportintensität (tkm/ BIP) Personentransportintensität (Pkm/ BIP) Anteil des Schienenverkehrs an der Güterbeförderungsleistung Anteil der Binnenschiffahrt an der Güterbeförderungsleistung Indirekter Verkehrsbezug (sektorübergreifend) 1a 1b 2 3a 4 13 14 Energieproduktivität Primärenergieverbrauch im Inland Treibhausgasemissionen Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch Anstieg der Siedlungs-/ Verkehrsläche Schadstofbelastung der Luft Vorzeitige Sterblichkeit (alle Ursachen) Tabelle 1: Indikatoren der Nachhaltigkeitsstrategie mit Verkehrsbezug (Quelle: [1]) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 22 POLITIK Wissenschaft nachhaltige Verkehrsentwicklung fungieren. Diese wurden zweitens mit den aus Entscheider- und Wissenschaftssicht wichtigsten und drängendsten Handlungsfeldern abgeglichen. Ziel war es, das Themenspektrum, das sich aus den normativen Nachhaltigkeitsregeln ergibt, auf die wirklich relevanten Probleme einzuengen (Schritt 3). Die identiizierten Handlungsfelder sind in Tabelle 2 dargestellt. Im abschließenden vierten Schritt erfolgten für die identiizierten Handlungsfelder eine Bewertung der aktuell verwendeten und von weiteren potentiellen Indikatoren sowie die Entwicklung eines endgültigen Indikatorvorschlags, welcher im Folgenden vorgestellt wird. Für die Abwägung der Vor- und Nachteile einzelner Indikatoren wurde ergänzend ein Expertenworkshop zur Einbindung der Fachöfentlichkeit und der beteiligten Bundesministerien durchgeführt. Das methodische Vorgehen wurde überdies im Rahmen eines „Critical Reviews“ unabhängig begutachtet. Ergebnisse der Bewertung der vorhandenen Indikatoren Im Vorhaben erfolgte eine Bewertung der Indikatoren aller neun Handlungsfelder. Wegen ihrer herausragenden Stellung für den Verkehrsbereich wird im Folgenden vor allem auf die Bewertung der aktuell verwendeten verkehrsspeziischen Indikatoren 11a-d detaillierter eingegangen. Insbesondere bei diesen Indikatoren fallen auch Eigenschaften auf, die eine tatsächliche Bewertung der verkehrlichen Nachhaltigkeitswirkungen derzeit behindern: • Erstens werden im Kernindikatorensystem noch nicht alle aus verkehrlicher Sicht relevanten Nachhaltigkeitswirkungen adressiert. Insbesondere wird die soziale Dimension der Mobilität (die Sicherstellung von gesellschaftlicher Teilhabe durch ausreichende Mobilitätsmöglichkeiten) nicht angesprochen, obwohl sie strenggenommen die wirkliche Kernaufgabe unseres Verkehrssystems darstellt. Ähnliches gilt für Lärm als eines der aus Bevölkerungssicht am stärksten wahrnehmbaren Umweltprobleme. • Zweitens beziehen sich einige und insbesondere die Transportintensitätsindikatoren 11a und 11b nicht direkt auf die eigentlichen Ziele einer nachhaltigen Entwicklung. Diese Ziele liegen zum Beispiel in der tatsächlichen Reduzierung verkehrsbedingter Energieverbräuche und CO 2 -Emissionen. Allerdings lassen sich aus der Entwicklung der Verkehrsleistung (oder dem Verhältnis zwischen Wirtschaftsleistung und Verkehrsleistung) keine direkten Rückschlüsse auf die Entwicklung der Umweltbelastungen ziehen: Ein und dieselbe Verkehrsleistung kann je nach Verkehrsträger, Auslastung und technologischem Standard mit ganz unterschiedlichen Umweltwirkungen verbunden sein. Notwendig sind also Indikatoren, welche vor allem die absoluten Entwicklungen relevanter Umweltgrößen (z. B. absolute CO 2 -Emissionen) abbilden und eben keine sogenannten „Intensitäten“. • Drittens stellen sowohl die Transportintensitätsals auch die Modal-Split-Indikatoren relative Indikatoren dar. Damit können zwar Verschiebungen bei den Anteilen bzw. bei der Eizienz bewertet werden, absolute Veränderungen der Eingangsdaten werden dabei aber nicht berücksichtigt. Eine positive Entwicklung der Indikatoren muss demzufolge nicht mit einer Reduzierung der verursachten Umweltwirkungen einhergehen. [4, S. 35], [5, S. 10], [6, S. 337] Wie die Rechenbeispiele in Tabelle 3 zeigen, sind ganz im Gegenteil auch bei anscheinend positiver Entwicklung der Transportintensitäten und Modal-Split-Anteile ökologische Mehrbelastungen möglich. • Viertens wurden alle bisherigen Indikatoren nach dem Inlandsprinzip bilanziert, das heißt, die Grenzen der BRD bilden gleichzeitig die Bilanzierungsgrenzen. Derartige Indikatoren sind bzw. werden bei aktuell weiterhin steigenden internationalen Verkehrsleistungen immer weniger aussagekräftig: Bereits seit langem übersteigen bspw. die CO 2 -Emissionen des Bild 1: Arbeitsschritte im Projekt (Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an [3]) Leitwert der NHS Anforderungen an eine nachhaltige Mobilitätsentwicklung Zentrale Handlungsfelder Generationengerechtigkeit Einhaltung der ökologischen Regenerations-, Substitutions- und Tragfähigkeitsgrenzen Klimaschutz Nutzung energetischer Ressourcen Minimierung des Flächenverbrauchs Neuinanspruchnahme von Flächen und Zerschneidung Entkopplung, Verringerung von Energie-, und Ressourcenverbrauch durch steigende Eizienz Umweltfreundliche Verkehrsabwicklung Keine Verlagerung inanzieller Lasten in die Zukunft Finanzielle Nachhaltigkeit Verursachergerechte Anlastung der mit dem Verkehrssystem verbundenen Kosten Lebensqualität Vermeidung von Gesundheitsrisiken Luftqualität Lärm Sicherheit gewährleisten Verkehrssicherheit Sozialer Zusammenhalt Befriedigung der Grundbedürfnisse und Ermöglichung von Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben Mobilität sichern Bezahlbare Preise Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Verkehrsträgern Gestaltung des Verkehrssystems in einem partizipatorischen Prozess - Internationale Verantwortung Gestaltung der Rahmenbedingungen für eine global nachhaltige Entwicklung Tabelle 2: Zuordnung der Handlungsfelder zu den Nachhaltigkeitszielen Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 23 Wissenschaft POLITIK Im- und Exports die Emissionen des inländischen Güterverkehrs [7, S. 154]. Im Fall des Transportintensitätsindikators führt die Situation zu einer zunehmenden systematischen Verzerrung des Indikators. Ursache ist, dass die ausgewiesene BIP-Entwicklung auch (steigende) Exportgewinne enthält, während die ins Verhältnis dazu gesetzte Verkehrsleistung die beträchtlichen - und weiter zunehmenden - Transportleistungen für die Exporte nur bis zur Grenze der BRD berücksichtigt. Insgesamt zeigt die Analyse, dass bei Verwendung der bisherigen verkehrsspezifischen Indikatoren nicht alle Fehlentwicklungen erkannt werden können bzw. dass nicht auf die tatsächlichen Umweltbelastungen geschlossen werden kann. Vorstellung des Indikatorenvorschlags Die Kernaufgaben hin zu einem nachhaltigen Verkehrssystem werden durch die Handlungsfelder „Sicherung der Mobilität“ sowie „Umweltfreundliche Verkehrsabwicklung“ beschrieben. Räumliche Mobilität ist für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben unverzichtbar. Arbeitsplätze, Einkaufsgelegenheiten oder beispielsweise Freunde und Familie müssen für alle Menschen mit vertretbarem Aufwand erreichbar sein, hier ist aus Sicht einer sozial nachhaltigen Entwicklung eine Mindestteilhabe zu gewähren. Allerdings ist der für Verkehr derzeit notwendige ökologische Aufwand zu hoch, notwendig sind also zukünftig weitaus größere Anstrengungen zur Reduzierung der verkehrlichen Umweltwirkungen. Bezogen auf die verkehrsspezifischen Nachhaltigkeitsindikatoren wurden deshalb folgende Empfehlungen erarbeitet: • Dringend geboten erscheint zunächst die Einführung eines Indikators zur Sicherung einer Grundmobilität. Aus Sicht einer nachhaltigen Entwicklung geht es hier nicht um ein „Möglichst Viel“ an Mobilität, sondern eher um die Ermöglichung von gesellschaftlicher Teilhabe durch die Sicherstellung eines Mindestmaßes an Erreichbarkeit für alle Bevölkerungsteile - ggf. auch unabhängig vom eigenen Auto und auch in ländlichen Räumen. • Gleichzeitig kann und sollte aus den genannten Gründen auf die bisherigen Indikatoren zur Entwicklung der Transportintensitäten sowie der Modal-Split-Anteile im Güterverkehr verzichtet werden, sie stellen keine zielorientierten Nachhaltigkeitsindikatoren dar. • Stattdessen sollten Indikatoren für die angestrebte Reduzierung der absoluten Umwelt-belastungen verwendet werden, wobei im Verkehrsbereich insbesondere (aber nicht nur) die Treibhausgasemissionen relevant sind. • Ergänzend sollten die Treibhausgasemissionen der internationalen Verkehre von Gütern und Personen im Indikator berücksichtigt werden. Dabei sollte das Inlandsprinzip nicht vollständig aufgegeben, aber durch die Darstellung der Emissionen nach dem Inländerprinzip ergänzt werden. Erwähnenswert ist noch, dass für alle Indikatoren selbstverständlich klare, quantitative politische Zielstellungen vorliegen müssen. Im Verkehrsbereich existieren diese aktuell für die Entwicklung des Endenergiever- Fall Verkehrsleistung Straße Verkehrsleistung Schiene Anteil Straße Anteil Schiene Der Modal-Split- Indikator zeigt an: Tatsächliche Entwicklung der Belastungen Basisfall 300 tkm 300 tkm 50 % 50 % - - Zukunft 1 400 tkm 400 tkm 50 % 50 % Keine Änderung Verschlechterung Zukunft 2 400 tkm 600 tkm 40 % 60 % Verbesserung Verschlechterung Zukunft 3 200 tkm 300 tkm 40 % 60 % Verbesserung Verbesserung Zukunft 4 300 tkm 200 tkm 60v% 40 % Verschlechterung Verbesserung Tabelle 3: Rechenbeispiele zur fehlenden Aussagekraft relativer Indikatoren Handlungsfeld Indikatoren der Nachhaltigkeitsstrategie mit Bezug zum Handlungsfeld Direkter Verkehrsbezug 1. Umweltfreundliche Verkehrsabwicklung Teilindikator 1: Entwicklung des Endenergieverbrauchs im Güterverkehr, dieser Indikator wird in der graischen Abbildung durch folgende erklärende Graphen ergänzt: • CO 2 -Emissionen im Güterverkehr (Inlandsprinzip) • CO 2 -Emissionen im Güterverkehr (Inländerprinzip) • Verkehrsleistung im Güterverkehr (Inlandsprinzip) • Energieeizienz im Güterverkehr (Inlandsprinzip) Teilindikator 2: Entwicklung des Endenergieverbrauchs im Personenverkehr, dieser Indikator wird in der graischen Abbildung durch folgende erklärende Graphen ergänzt: • CO 2 -Emissionen im Personenverkehr (Inlandsprinzip) • CO 2 -Emissionen im Personenverkehr (Inländerprinzip) • Verkehrsleistung im Personenverkehr (Inlandsprinzip) • Energieeizienz im Personenverkehr (Inlandsprinzip) 2. Mobilität sichern Teilindikator 3: Erreichbarkeit von Nahversorgungseinrichtungen, dargestellt wird der Anteil der Bevölkerung nach Raumtyp mit maximal 1000 m fußläuiger Entfernung zwischen der Wohnung und einem Lebensmittelgeschäft [9] Teilindikator 4: Erreichbarkeit der Einrichtungen des gehobenen Bedarfs, dargestellt wird der Anteil der Bevölkerung, der mit dem ÖV das nächste Mittelzentrum in 30 min und das nächste Oberzentrum in 60 min erreichen kann [10] Indirekter Verkehrsbezug (sektorübergreifend) 3. Nutzung energetischer Ressourcen Verzicht auf den Teilindikator 1a Energieproduktivität, ergänzende Bilanzierung des Energieverbrauchs entsprechend des Inländerprinzips 4. Klimaschutz ergänzende Bilanzierung entsprechend des Inländerprinzips 5. Luftqualität Verzicht auf Monitoring SO 2 -Emissionen, ergänzendes Monitoring von Feinstaub, Aktualisierung der Umweltqualitätsziele und Zieljahre, Verzicht auf den Index zur Gesamtentwicklung aller Luftschadstofe 6. Lärm Neuer Indikator „Lärmbetrofenheit der Bevölkerung“ 7. Neuinanspruchnahme von Flächen und Zerschneidung Beibehaltung des aktuellen Indikators, Ergänzung eines Indikators 4b: Landschaftszerschneidung 8. Verkehrssicherheit Keine Änderungen 9. Finanzielle Nachhaltigkeit Keine Änderungen Tabelle 4: Indikatorenvorschlag Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 24 POLITIK Wissenschaft brauchs [8, S. 5], für die Emission von Treibhausgasen fehlen sie jedoch derzeit noch. Ebenso fehlen diferenzierte Ziele für den Endenergieverbrauch und die CO 2 - Emissionen des Personen- und Güterverkehrs. Ein entsprechender Zielindungsprozess sollte also vorangetrieben werden. Unter Berücksichtigung der erarbeiteten Empfehlungen, der Ergebnisse der Literaturrecherche und der verfügbaren bzw. ermittelbaren Datenbasis wurde abschließend der in Tabelle 4 dargestellte Indikatorenvorschlag für die direkten und indirekten Verkehrsindikatoren entwickelt. Schlussfolgerungen und Diskussion Das Vorhaben regt eine Neufassung der verkehrlichen Nachhaltigkeitsindikatoren an. Diese Umstrukturierung und Neufassung sollte im Rahmen eines gesamtgesellschaftlichen Diskussionsprozesses erfolgen. Der im Projekt erarbeitete Vorschlag kann hier als Grundlage dienen. Von allen Vorschlägen dürfte der Verzicht auf die Modal-Split- und die Transportintensitäts-Indikatoren wohl die meiste Diskussion auslösen, vor allem, weil die Indikatoren weithin bekannt sind und genutzt werden. Dennoch sind diese Indikatoren aus den oben genannten Gründen als zentrale Indikatoren einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung ungeeignet. Der Verzicht auf diese Indikatoren bedeutet natürlich nicht, dass beispielsweise die Verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Schiene unwichtig wäre. Ganz im Gegenteil wird beispielsweise eine ausreichende Reduzierung der verkehrsbedingten CO 2 -Emissionen allein durch technische Maßnahmen (z. B. alternative Treibstofe und Antriebe) nicht möglich sein [11, S. 25], [12, S.- 42], Verkehrsvermeidung und -verlagerung sind hier also weiterhin die zentralen Strategien. Sie dürfen allerdings nicht als Nachhaltigkeitsziel an sich, sondern eben „nur“ als Instrument hin zu diesem Ziel angesehen werden. Auch die Setzung entsprechender Vermeidungs- und Verlagerungsziele wäre beispielsweise im Rahmen einer noch zu erarbeitenden Mobilitätsstrategie hilfreich und sinnvoll. Derartige Ziele sollten dann aber klar als Teilziele dem eigentlichen Ziel einer absoluten Reduzierung der verkehrsbedingten Energieverbräuche und CO 2 - Emissionen untergeordnet sein. Von den ProjektbearbeiterInnen wird deshalb ein Monitoring des übergeordneten Umweltzieles in der Nachhaltigkeitsstrategie empfohlen, während die damit verbundenen Vermeidungs- und Verlagerungsziele in einem nachgeordneten, fachspeziischen Indikatorensystem beobachtet werden sollten. ■ LITERATUR [1] Statistisches Bundesamt (2012): Nachhaltige Entwicklung in Deutschland - Indikatorenbericht 2012, Wiesbaden. Online im Internet: http: / / www.nachhaltigkeitsrat.de/ uploads/ media/ Indikatorenbericht2012.pdf (Zugrif am: 22.01.2015). [2] Gerlach, Julia u. a. (2015): Entwicklung von Indikatoren im Bereich Mobilität für die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie. Online im Internet: http: / / www.umweltbundesamt.de/ publikationen/ entwicklung-von-indikatoren-im-bereich-mobilitaet (Zugrif am: 20.02.2015). [3] Hartmuth, Gerhard (2004): “Nachhaltige Entwicklung im lokalen Kontext - Schritte zur Entwicklung eines kommunalen Nachhaltigkeits-Indikatorensystems,” UFZDiskussionspapiere 6/ 2004. Online im Internet: www.ufz.de/ export/ data/ 1/ 26241_Disk_Papiere_2004_06.pdf (Zugrif am: 04.06.2014). [4] Madlener, Reinhard; Alcott, Blake (2011): Herausforderungen für eine technisch-ökonomische Entkopplung von Naturverbrauch und Wirtschaftswachstum unter besonderer Berücksichtigung von Rebound-Efekten und Problemverschiebungen. Kommissionsmaterialie M17(26)13. [5] Schmitz, Mario (2012): Kriterien und Konzepte zur Auswahl und Bewertung von Indikatoren zur Nachhaltigen Entwicklung. Online im Internet: www.bhttp: / / www.nachhaltigkeitsbeirat.brandenburg.de/ cms/ media.php/ bb2.a.5490.de/ indik_meth.pdf (Zugrif am: 12.12.2014). [6] Günther, Edeltraud (2008): Ökologieorientiertes Management. Um-(weltorientiert) Denken in der BWL. Stuttgart: UTB. [7] Buyny, Sarka u. a. (2008): Umweltökonomische Aspekte der Globalisierung. Teil 2: CO 2 - Emissionen des internationalen Güter- und Personenverkehrs. In: Wirtschaft und Statistik, (2), S. 148-156. [8] BMWi; BMU (2010): Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung. Online im Internet: http: / / www.nachhaltigkeit.info/ media/ 1285831803phpz9Rqi2.pdf? sid=fd432471bca08446dfa5d43a7822e839 (Zugrif am: 02.02.2015). [9] BBSR (2014): Wie weit ist es zum nächsten Supermarkt? Modell veranschaulicht regionale Unterschiede in der Nahversorgung. Online im Internet: http: / / www.bbsr.bund.de/ BBSR/ DE/ Home/ Topthemen/ supermarkt.html (Zugrif am: 22.10.2014). [10] Wehmeier, Thomas; Koch, Annika (2010): Mobilitätschancen und Verkehrsverhalten in nachfrageschwachen ländlichen Räumen. In: Informationen zur Raumentwicklung, (7), S. 457-465. [11] Schäfer, A. u. a. (2011): TOSCA Project Final Report: Description of the Main S & T Results / Foregrounds. Online im Internet: http: / / www.toscaproject.org/ FinalReports/ TOSCA_FinalReport.pdf (Zugrif am: 20.05.2014). [12] Schade, Wolfgang; Krail, Michael (2012): GHG-TransPorRD. Reducing greenhouse-gas emissions of transport beyond 2020: linking R&D, transport policies and reduction targets. Online im Internet: http: / / www.ghg-transpord.eu/ ghg-transpord/ inhalte/ GHG- TransPoRD-D7-1.php (Zugrif am: 01.02.2015). Susan Hübner, BSc. Studentin Masterstudiengang Verkehrswirtschaft, Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“, TU Dresden susan.huebner@mailbox.tu-dresden.de Edeltraud Günther, Prof. Dr. rer. pol. Inhaberin des Lehrstuhls für betriebliche Umweltökonomie, Fakultät Wirtschaftswissenschaften, TU Dresden bu@mailbox.tu-dresden.de Julia Gerlach, Dipl.-Wi.-Ing. Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Lehrstuhl für Verkehrsökologie, Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“, TU Dresden julia.gerlach@tu-dresden.de Udo J. Becker, Prof. Dr.-Ing. Inhaber des Lehrstuhls für Verkehrsökologie, Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“, TU Dresden verkehrsoekologie@tu-dresden.de Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 25 Versorgungswege INFRASTRUKTUR Versorgung von Biomassekraftwerken mit Agrogütern Bimodale Strategien für Binnenreeder Multimodal, Binnenschif, Logistik, Infrastruktur, Kraftwerk, Biomasse Der Betrieb dezentraler Kraftwerke mit limitierter Kapazität wird aus genehmigungsrechtlichen Gründen und schwindender Akzeptanz schwieriger. Der Bau zentraler Anlagen ist jedoch abhängig von verfügbarer Biomasse in größerer Dimension. Bisher scheiterte die Etablierung größerer Kraftwerke an nicht vorhandener logistischer Infrastruktur. Zusammen mit den limburgischen Maashäfen, den Häfen Neuss- Düsseldorf, Krefeld und DeltaPort wurde ein Logistikkonzept entwickelt, das die Versorgung eines Biomassekraftwerks in einer Größenordnung von mindestens 10 000 t wöchentlich bzw. 500 000 t jährlich sicherstellt. Der Autor: Thomas Decker I m Rahmen des grenzüberschreitenden EUREGIO-Projektes HARRM (Hafenregion Rhein-Maas) führte die Hochschule Neuss ein Konsortium von 19 Partnern aus Deutschland und den Niederlanden. Ziel war zunächst die Ermittlung des wirtschaftlichen Potenzials der Binnenhäfen an Niederrhein und Maas. Hierzu wurden über eine SWOT-Analyse deren Chancen aufgezeigt, wichtige Umschlagpunkte im Hinterland der ZARA-Häfen (Zeebrugge, Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam) werden zu können [1]. In Zusammenarbeit mit den Hafenbetreibern wurde darüber hinaus eine Marktuntersuchung hinsichtlich homogener Güteraukommen in der EUREGIO Rhein- Maas-Nord durchgeführt. Ziel war eine Identiizierung grenzüberschreitender Verladercluster, deren gemeinsames Güteraukommen durch Bündelung das quantitative Potenzial für eine Abwicklung über das Binnenschif aufweist. Als Markt für ein kooperatives Logistikkonzept der Binnenhäfen stellte sich die Biomasseverwertung dar. Die zu konzipierende Strategie für Binnenreeder sollte aus einer Kombination massegut- und teilladungsfähiger Verkehrsträger bestehen, verbunden durch entsprechende Sammelstellen. Ihres teils multimodalen Charakters wegen erschienen schließlich die Binnenhäfen als Standorte regionaler Konsolidierungspunkte und zur Errichtung von Biomassekraftwerken geeignet, welche die bisherigen Kapazitätsgrenzen von 50 000 t Jahresdurchsatz überschreiten. Methodik Um lokale Informationen zur Biomasseverfügbarkeit zu erhalten, wurden zunächst agrarstrukturelle Daten recherchiert und Interviews in den Modellregionen durchgeführt. Dazu wurden Landwirte, Nährstofhändler, Vertreter von Nährstobörsen, Bauernvertretungen und Behörden interviewt. Mit einem halbstandardisierten Einzelinterview ohne ixierte Antwortkategorien wurden Fragen zu folgenden Themen gestellt: • Mengen und Kapazitäten, • Abnehmer und Preise von Gülle-/ Feststofmist, • Verkaufspraktiken und Marktentwicklung in den letzten fünf Jahren, • Rolle der energetischen Nutzung, • Hindernisse für den Gülle- und Feststofmistverkauf, • Entwicklung der Verfügbarkeit und der Nachfragesituation. Die Analyse des Biomassepotenzials wurde für die projektrelevanten niederländischen Provinzen und die entsprechenden Landkreise in Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Die konzipierte bimodale Strategie für Binnenreeder wurde in sechs unterschiedlichen Tools beschrieben (Modelle, Szenarien, Simulationen). Liniendienste und Shuttleverkehre können damit eingerichtet werden. Die Tools basieren bisher auf Excel-Tabellen, sollen aber in ein Simulationsprogramm transferiert werden. Ergebnisse Teilkonzept 1: Entwicklung regionaler Beschafungscluster für Biomasse Die Beschafungscluster zur Versorgung eines Biomassekraftwerks sollten unmittelbar an Maas und Niederrhein anliegen. Regionale Beschafungscluster (ortsbezogen): Bild 1 zeigt die Niederlande mit den an Maas und Niederrhein anliegenden Provinzen und die in der niederländischen Landwirtschaft ausgebrachten Stickstof- und Phosphatmengen. Daraus geht hervor, dass die landwirtschaftliche Prägung der gekennzeichneten Provinzen eine hinreichende Versorgung eines Biomassekraftwerks mit Agrogütern aus den Niederlanden sichern könnte. Bild 2 zeigt die Nordrhein-Westfälischen Landkreise und kreisfreien Städte, die am Rhein (inklusive Lippe und Ruhr) anliegen. Die gekennzeichneten, teilweise landwirtschaftlich geprägten Kreise erscheinen ebenfalls geeignet, die hinreichende Versorgung eines Biomassekraftwerks mit Agrogütern aus Nordrhein-Westfalen sichern zu können. Im Ergebnis bieten sich im Programmgebiet jedenfalls folgende Regionen als Beschafungscluster an: Für die Niederlande die Provinzen Limburg, North Brabant und Gelderland und für Deutschland die Nordrhein-Westfälischen Kreise bzw. kreisfreien Städte Krefeld, Mönchengladbach, Kleve, Rhein-Kreis-Neuss, Viersen, Wesel, Heinsberg und Borken. Regionale Beschafungscluster (tonnagebezogen): Die Gesamtsumme der in den Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 26 INFRASTRUKTUR Versorgungswege Niederlanden produzierten Mist-und Güllesorten wird für 2012 auf rund 51,6 Mio. t bezifert [1]. Als regionale Beschafungscluster kommen daher die o.g. drei Provinzen in Betracht, da sich in ihnen nahezu der gesamte Stickstof- und Phosphatausstoß der Niederlande konzentriert. Für die nordrhein-westfälischen Beschafungscluster ergeben sich dagegen folgende Tonnagen: • Bundesrepublik Deutschland (zum Vergleich): 175,0 Mio. t Gülle/ Festmist • Nordrhein-Westfalen gesamt: 21,0 Mio. t Gülle/ Festmist • Nordrhein-Westfalen, blau gekennzeichnete Kreise: 7,5 Mio. t Gülle/ Festmist • Nordrhein-Westfalen, rot gekennzeichnete Kreise: 6,0 Mio. t Gülle/ Festmist [2]. Festgehalten werden kann jedenfalls, dass die identiizierten Beschafungscluster hinreichende Mengen an Biomasse vorhalten, welche zur Versorgung eines Biomassekraftwerks herangezogen werden könnten. Teilkonzept 2: Entwicklung regionenspeziischer Entsorgungsverkehre für Biomasse Ausgangslage: Weitgehend unbemerkt von der Öfentlichkeit hat sich der Handel mit Stallabfällen zu einem lukrativen Markt entwickelt. Die Fleischproduktion steigt und auch die Anzahl an Großmast- und Biogasanlagen nimmt zu. Parallel dazu steigen die Mengen an Mist und Gülle. Dabei sind jene ungleich verteilt: Einige Regionen produzieren zu viel, andere zu wenig. Die marktwirtschaftliche Lösung zeigt sich schließlich in sogenannten Güllebzw. Nährstobörsen. In Nordrhein-Westfalen etwa etablierten sich Dienstleister, die inzwischen Vermittlungsgarantien für Stallneubauten aussprechen, Gülle und Mist unabhängig von der Stallgröße abholen und so quasi eine „Flatrate für Mist“ oferieren; deutsche Gülleproduzenten zahlen dafür zwischen 7 und 10 EUR pro 1000 l, niederländische aufgrund des höheren Entsorgungsdrucks bis zu 30 EUR pro 1000 l [3]. Milk run: Im Rahmen dieser Entsorgungsverkehre fahren LKW bis zu 200 km pro Tag. Mit Blick auf eine Reduzierung von Verkehren läge nun der Schluss nahe, jene so lokal wie möglich zu gestalten. Doch dem steht entgegen, dass Gülle zu einem internationalen Wirtschaftsgut geworden wird. So weisen die Importzahlen aus den Niederlanden nach Deutschland für 2012 rund 1,7-Mio. t aus, Tendenz steigend. Der Energieträger Gülle sollte jedoch dezentral gesammelt werden nach Art des „Milk run“ - englisch für Milchsammeltour - mit ixen Routen, Ankunfts- und Abfahrtszeiten [4]. Im Ergebnis wären so bei ausschließlicher Anlieferung mit Tankcontainern je 20 t rund 250 Tankcontainer bzw. LKW-Ladungen erforderlich, um die Sollvorgabe von 5000 t pro Woche zu erreichen. Das Binnenschif übernimmt dabei in jedem Fall den Hauptlauf, wobei die in der Umgebung des Kraftwerks produzierten Güllemengen direkt in kraftwerkseigene Silos eingespeist werden sollten. Teilkonzept 3: Konzeption von Umschlagbzw. Zwischenlagerkapazitäten für Biomasse Die Wahl eines Transportmittels hängt zunächst von der Beschafenheit der Ladung ab. Flüssige oder ausgasende Massengüter bedürfen dabei eines besonderen Handlings, weswegen jene in diskreten Ladeeinheiten transportiert werden sollten. Sammeltanks könnten sich darüber hinaus - als diskrete Einheiten vormontiert - sogar auf einem Binnenschif beinden. Optional könnte auch ein Tankschif als Sammelbehälter fungieren. Als grundsätzliche Lösungen zur Zwischenlagerung von Biomasse kommen zudem stationäre Sammelsilos (z. B. die 500 m 3 -Silos in Roermond), mobile Tanks (14 000 bis 22 000 l), Schlepperzüge (18 bis 28 m 3 ), Big Bags für separierte Substrate, Standardcontainer oder Tankschife in Betracht. Eine Option „Ofene Schubleichter plus mobile Gerüste zur Aufnahme modularer Tank-ISO-Container“ wurde diskutiert, allerdings als nicht zweckmäßig eingestuft und daher verworfen. Teilkonzept 4: Konzeption und Einrichtung von Shuttleverkehren mit Binnenschifen (BiomassLine) Das Projektkonzept geht von einem iktiven „Biomassekraftwerk Nijmegen“ aus. Binnenschife fahren Sammelstellen in Binnenhäfen ab oder direkt nach Nijmegen. Konsolidierungspunkte könnten also errichtet werden in den Maashäfen Venlo, Venray, Born und Stein und auf deutscher Seite im Hafenzentrum Deltaport mit den Häfen Emmelsum, Rhein-Lippe und dem Stadthafen Wesel (Bild 3). Im Rahmen des Teilkonzepts 4 werden nun sechs Tools (Modelle, Szenarien, Simulationen) beschrieben, mittels derer Shuttle- Bild 1: Stickstof- und Phosphatproduktion in den Niederlanden 2013 Bild 2: Kreise und kreisfreie Städte (Nordrhein- Westfalen) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 27 Versorgungswege INFRASTRUKTUR verkehre für Binnenschife koniguriert werden können. Die Tools dienen der Optimierung des Flotteneinsatzes und basieren bis dato auf EXCEL-Tabellen. Der Transfer in ein Simulationsprogramm ist avisiert. Tool 1: Handbuch „Betriebsablauf Musterflotte“ Tool 1 gibt Hinweise zur Einsatzplanung des fahrenden Personals mit Leistungs- und Kostenparametern sowie Wirkungszusammenhängen, z.B.: Personal: Das fahrende Personal beindet sich jeweils zwei Monate im Einsatz und einen Monat zu Hause. Zu keiner Zeit wird die gesamte Mannschaft ausgetauscht, sondern lediglich zwei oder drei Mitglieder pro Monat. Aus diesem Grund werden z.B. für eine fünköpige Besatzung lediglich acht Personen benötigt. Patente: Zum Befahren des Main-Donau- Kanals und des Main ist ein Binnenschiffahrtspatent erforderlich. Donaukapitäne dürfen de facto vom Schwarzen Meer bis Kostheim fahren. Anders die Situation auf dem Rhein. Inhaber des Binnenschiffahrtspatents müssen jeweils achtmal von Kostheim bis in die ZARA-Häfen und umgekehrt gefahren sein, um zur Prüfung für das Rheinpatent zugelassen zu werden. Auf dem deutschen Rhein von Kostheim bis zur niederländischen Grenze können bei fehlenden Rheinpatentinhabern Lotsen gemietet werden (Tagessatz ca. 250 EUR zzgl. rd. 200-EUR Spesen). Situation in Deutschland: Für die B-Fahrt (Fahrterlaubnis bis zu 24 h) mit Schubleichter sind 6 Mann Besatzung vorgeschrieben (2 Patentinhaber, 3 Bootsleute, 1 Maschinist). Bei 3 Patentinhabern an Bord sind nur 5 Mann Besatzung notwendig. Für die deutsche Donau und den Main muss ein Binnenschifssteuermann an Bord sein, auf dem deutschen Rhein ein Rheinsteuermann. Diese Funktionen können von Bootsmännern mit entsprechender Eintragung im Schiferdienstbuch übernommen werden. Voraussetzung für die Eintragung sind 180 Fahrtage auf der jeweiligen Strecke. Tool 2: Stammdaten Musterflotte mit integrierter „BiomassLine“ Tool 2 zeigt die schwimmenden Einheiten einer Musterlotte als „virtuellen Baukasten“. Für einzelne Linien, stillgelegte oder parallel genutzte Einheiten wurde ein Farbleitsystem entwickelt. Ziel ist die Zuordnung der Einheiten zu einzelnen Linien, um einen besseren Überblick über deren Verwendung zu erhalten. So dient z. B. das MSS (Motorschubschif) N.N. im Hafen Nijmegen gleichzeitig als Bugsierboot für eine Eisenerzlinie sowie für die relevante Biomass- Line. Die Markierung erfolgt daher mit Braun und Grün. Tool 3: Betriebskonzept „BiomassLine“ Vorliegendes Konzept einer „BiomassLine“ mit einer angenommenen Kapazität von 24 300 Tonnen (1800 t x 6 + 1450 t x 6 + 800-t x 6 = 24 300 t) und 46 schwimmenden Einheiten ist prinzipiell auf jede in Europa fahrende Binnenreederei anwendbar (Bild-4). Aus Tool 3 geht z. B. hervor, dass im Abschnitt A (Wesel - Nijmegen) den 6 Motorgüterschubschifen (MGSS) exakt 6 Schubleichter (SL) ix zugeordnet sind. In den Abschnitten B, C und D werden dagegen keine MGSS, sondern Motorschubschife (MSS) mit insgesamt 24 SL eingesetzt. Naturgemäß werden mit dem Einsatz von MSS die SL permanent ausgetauscht, so dass es in diesen Abschnitten keine ixe Zuordnung gibt. Für die Wesel-Häfen bedeutet dies, dass sich dort regelmäßig zwei Schife gleichzeitig beinden. Bei Ankunft des dritten Schifes wechselt die Mannschaft dann auf das beladene und zum Abfahren bereite erste Schif. Klassische Löschstationen auf niederländischer Seite sind dabei die Häfen Stein, Born und Roermond. Tool 4: Mengengerüste (für 30 Tage; für 330 Tage) Tool 4 liefert ein Mengengerüst, mit dem Umlauberechnungen für 30 oder 330 Tage durchgeführt werden können (siehe Langfassung des Berichts 1 ). Der 30-Tages-Ansatz bezieht sich auf die Kalkulation eines Monats, der 330-Tagesansatz auf die Kalkulation eines Jahres, wobei bei letzterem 30 Tage Hoch- oder Niedrigwasser berücksichtigt sind. Tool 5: Bildfahrpläne Bildfahrpläne dienen der Feinjustierung und zeigen Bedingungen zur Optimierung der BiomassLine. In vorliegendem Fall dürfen z. B. nur vier Schife unterwegs sein, zwei müssen ständig (rotierend) im Hafen Wesel bleiben. Der Grund: Nur so können Mannschaften ausgetauscht werden. Ein Austausch indet also ausschließlich in den Wesel-Häfen statt. In Nijmegen bleibt die Mannschaft dagegen an Bord. Ein denkbares Ergebnis zur Optimierung der Biomass- Line könnte also lauten: Mit einer angenommenen Fahrzeit und einer Aufenthaltszeit in Nijmegen von 24 h ist ein Gesamtaufenthalt in Wesel mit 24 h optimal. Damit können im Schnitt 12 h für das Löschen bzw. 12 h für die Beladung aufgewendet werden. Bei jeweils 12 h für Löschen bzw. Laden in Wesel sind die Umläufe dann optimiert, da lediglich 0 h Fehlzeit zu verzeichnen sind. Tool 6: Technische Daten Die in Tool 6 dargestellten technischen Daten beziehen sich auf einen klassischen Liniendienst. Die Übersicht informiert über (1) Fahrzeiten (mit/ ohne Schleusungen), (2) durchschnittliche Ladezeiten, (3) durchschnittliche Umlaufzeiten, (4) Plankapazitäten, (5) Maximalkapazitäten, (6) Motorenanzahl je Schifseinheit, (7) durchschnittliche Gasöl-/ Dieselverbräuche pro Rundlauf und (8) Zuordnungen von SL zu MGSS und MSS. Die Daten werden dabei getrennt ausgewiesen, um den Besonderheiten einzelner Fahrtabschnitte gerecht zu werden: • Abschnitt A Wesel - Nijmegen • Hafen 2 Nijmegen • Abschnitt B Nijmegen - Wanssum • Abschnitt C Wanssum - Roermond • Hafen 4 Roermond • Abschnitt D Roermond - Born/ Stein Ausblick für weiterführende Forschungen Maximal mögliche Anzahl an zu versorgenden Biomassekraftwerken in NRW Die Forschungsfrage der Studie bezog sich jeweils auf ein einzelnes Biomassekraftwerk. In Anbetracht bereits bekannter Gülle-/ Festmistmengen erscheint es nun lohnenswert, eine maximal mögliche Anzahl an Biomassekraftwerken zu berechnen, d. h. hochzurechnen, wie viele Biomassekraftwerke in NRW mit der verfügbaren Biomasse zu betreiben wären. Ein denkbarer Ansatz stellt sich z.B. wie folgt dar: 100 % 21,0 Mio. t verfügbare Masse NRW - 50 % 10,5 Mio. t ausgebrachte Masse NRW auf die Felder NRW (Annahme) = 50 % 10,5 Mio. t „freie“ Masse NRW → 21 Kraftwerke a 500 000 t p.a. möglich Bild 3: Standorte potenzieller Zwischenlager Karte: GeoBasis-DE/ Google Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 28 INFRASTRUKTUR Versorgungswege Integration eines Biomassekraftwerks in ein existierendes Gaskraftwerk Am Standort Lausward im Düsseldorfer Hafen entsteht mit dem „Block Fortuna“ derzeit das weltweit stärkste und eizienteste Erdgas- und Dampfturbinenkraftwerk: Geht es 2016 in Betrieb, wird es mit einem Wirkungsgrad von über 60 % bei der Stromproduktion Rekordwerte erzielen [5]. Es ist davon auszugehen, dass an diesem Standort zahlreiche Pipelines existieren. In vorliegendem Kontext stellt sich also die Frage, ob ein Biomassekraftwerk an oder neben diesem Gaskraftwerk installiert werden könnte. Die Machbarkeit des Schifsvorlaufs dorthin und dessen nautische Voraussetzungen zur Versorgung dieses Kraftwerks wären dann gesondert zu prüfen. Neuerrichtung eines Biomassekraftwerks Am Beispiel einer im Industrie- und Gewerbepark Hünxe projektierten industriellen Biogasanlage kann aufgezeigt werden, dass die Neuerrichtung einer Biogasanlage in entsprechendem Umfeld ohne größere Restriktionen umgesetzt werden kann; so ist der vorgesehene Standort von zahlreichen Tanklagern und Recyclingbetrieben umgeben, so dass die Ansiedlung einer Biogasanlage naheliegt; zudem existieren eine Leitungstrasse zum Ölhafen und Erdgasleitungen, welche gegebenenfalls genutzt werden könnten [6]. Der Standort grenzt direkt an den Wesel-Datteln-Kanal, so dass eine Versorgung der Anlage via Binnenschif möglich ist. ■ 1 Projektlaufzeit 01.05.13 - 30.04.15, Budget 0,939 Mio. EUR; die Langfassung des Berichts steht auf der Projektplattform zum Download bereit: Hochschule Neuss für Internationale Wirtschaft/ Fontys Hogeschool, Venlo (2014): Transport von Agrogütern mit Binnenschifen; Projektplattform HARRM, Neuss, http: / / projekt.harrm.de/ downloads QUELLEN [1] Centraal Bureau voor de Statistiek (2014): Onderwerpen - Mesten mineralenproductie/ Geproduceerde mestsoorten/ Mineralenuitscheiding, Den Haag / Heerlen (08-08-14) [2] Erdmann, G. (2014): DBFZ Deutsches Biomasseforschungszentrum Leipzig, in: URL: https: / / www.dbfz.de/ web/ forschung/ thermochemische-konversion.html (14-07-15) [3] Matheis, K. (2014): Güllehandel - Ein schmutziges Geschäft, in: Handelsblatt vom 27.08.2014, URL: http: / / www.handelsblatt.com/ unternehmen/ handel-dienstleister/ guellehandel-ein-schmutzi-ges-geschaeft-/ 10353500.html (14-08-28) [4] Wildemann, H./ Niemeyer, A. (2006): URL: http: / / www.tcw.de/ uploads/ html/ publikationen/ aufsatz/ files/ Logistikkostensenkung_ Milkrun_Niemeyer.pdf (14-07-05) [5] Stadtwerke Düsseldorf (2014): Düsseldorfs neues Kraftwerk - Wir holen den Weltrekord an den Rhein, Block Fortuna, in: URL: http: / / www.swd-ag.de/ weltmeisterkraftwerk (14-12-10) [6] o.V. (2013): Holländer planen Biogasanlage in Hünxe, in: RP Online, 03.10.2013, o.S., URL: http: / / www.rp-online.de/ nrw/ staedte/ dinslaken/ hollaender-planen-biogasanlage-in-huenxe-aid-1.3720125 (14-07-05) Thomas Decker, Dr. Professur für Transport- und Verkehrslogistik, Dekan der School of Logistics, Hochschule Neuss für Internationale Wirtschaft, Neuss t.decker@hs-neuss.de Betriebskonzept BiomassLine SL SL SL SL MSS SL MGSS Bio 1 SL SL SL SL SL SL MSS MSS S S M S S G M SL SL Wanssum - Roermond Roermond - Born, Stein SL SL SL SL SL SL MSS MSS S S M S S G M MGSS Bio 4 MGSS Bio 3 SL SL Wanssum - Roermond Roermond - Born, Stein SL SL SL SL SL MSS SL SL SL SL 1.800t 1.450 t Bio 11 130 km 70 km 60 km h 7 h 4 2 18025 800t Wesel 1101kW Nijmegen Wanssum Roermond Bio 10 1.261t 15 h 12 h 916kW 18026 18027 800t 18028 800t Bio 7 18030 800t 1.450 t 800t 18022 800t Bio 9 800t 18029 800t 18021 18023 800t 18024 800t Bio 8 1560kW 1.800t t 0 5 4 . 1 3 0 0 8 1 t 0 5 4 . 1 4 0 0 8 1 1618kW 18020 18002 MGSS 18001 1.450t 18013 18014 18010 800t Bio 2 0t 1.800t 1.450 t MGSS Bio 5 1.800t 18005 1.800t MGSS Bio 6 18006 Wesel Nijmegen Wanssum Bio 9 60 km 24 h 15 h 18008 800t 4 h 916kW Bio 8 1560kW 18012 800t 800t 24 h 24 h 18018 Bio 10 800t 18017 800t 6 h 800t Bio 7 18007 800t 18009 800t 800t 18019 800t 800t 18011 800t C T T I N H C S B A B T T I N H C S B A A T T I N H C S B A Roermond 130 km 70 km Bio 11 1101kW 18015 ABSCHNITT D 1618kW 24 h 1.261t 800t 18016 Legende: Beladene Einheit Unbeladene Einheit Einheit in Be- oder Entladung 130 km 70 km 60 km Wesel Nijmegen Wanssum Roermond EU In Abschnitt A (Wesel - Nijmegen) sind den 6 MGSS 6 SL fix zugeordnet. In den Abschnitten B, C und D werden 24 SL (siehe Technische Daten GL) eingesetzt. Naturgemäß werden in diesen Abschnitten die SL permanent ausgetauscht. Es gibt dort keine fixe Zuordnung. Klassische Löschstationen der BioMassLine sind: Stein, Born, Roermond. In den Wesel-Häfen befinden sich gleichzeitig immer 2 Schiffe. Bei der Ankunft des 3. Schiffes wechselt die Mannschaft auf das beladene und zum Abfahren bereite 1. Schiff. ! Die angegebenen Fahrzeiten enthalten keine Aufenthalte für Bunkerungen oder technisch bedingte Stillstände. ! Verzögerungen oder Einstellungen der Schifffahrt durch nautische Einflüsse wie Hoch-/ Niedrigwasser oder Eisbildung möglich. EU Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 29 Urbane E-Logistik INFRASTRUKTUR Elektrischer Schwerlast verkehr im urbanen Raum Ergebnisse einer Studie am Beispiel des Wirtschaftsraums Mannheim Elektromobilität, Transportlogistik, Güterverkehr Die Diskussion über die Chancen der Elektromobilität im Güterverkehr ist bislang von einer Fokussierung auf leichte Nutzfahrzeuge geprägt. Erkenntnisse zum Einsatz schwerer elektrischer LKW im urbanen Güterverkehr liegen bislang kaum vor. In Mannheim wurde nun über Fallstudien ausführlich untersucht, in-welchem Umfang dies bereits heute möglich wäre. In Verbindung mit einer optimierten Tourenplanung zeigt sich, dass bis zu 75 % des urbanen Schwerlastverkehrs bereits heute mit E-LKW darstellbar wäre. Allerdings ist in aller Regel die Wirtschaftlichkeit des Fahrzeugeinsatzes noch nicht gegeben. Die Autoren: Tobias Bernecker, Stefen Raiber D er Wirtschaftsraum Mannheim und die Metropolregion Rhein- Neckar zählen zu den wirtschafts- und logistikstärksten Regionen in Deutschland. Ein dichtes Netz an Logistikspezialisten vernetzt Produktions- und Lagerstandorte mit Umschlagzentren, regionalen Kunden sowie dem In- und Ausland. Gleichzeitig stellen täglich mehr als 4000 LKW-Fahrten mit großen Nutzfahrzeugen im Stadtgebiet und mehr als 50 000 Fahrzeugkilometer, die dabei mit schweren LKW ≥ - 12 t zul. GG (im sog. „Schwerlastverkehr“) zurückgelegt werden, aber auch eine spürbare Beeinträchtigung der Lebensqualität im urbanen Raum dar. Vor diesem Hintergrund wurden das Fraunhofer IAO und die Hochschule Heilbronn vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg, der Stadt Mannheim sowie der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar Ende 2013 damit beauftragt, in einer Pilotstudie den innerstädtischen Schwerlastverkehr im Raum Mannheim eingehend zu untersuchen und auf Elektriizierbarkeit hin zu prüfen [1]. Auftragsgemäß sollte dabei eine Fokussierung auf die Einsetzbarkeit rein batterieelektrischer - und damit lokal weitestgehend emissionsfreier - Fahrzeuge erfolgen. Elektrifizierbarkeitskriterien Ziel der Studie war eine multiperspektivische Gesamtbeurteilung der Potenziale des elektrischen Schwerlastverkehrs im urbanen Raum auf der Basis bereits verfügbarer Fahrzeugtechnik. Die Ergebnisse sollten neben unternehmerisch-betriebswirtschaftlichen Aspekten auch das öfentliche Interesse an der Elektromobilität berücksichtigen. Kern der Projektarbeiten war eine auf konkrete Einzeltouren, Tagestouren und Wochenprogramme im Schwerlastverkehr bezogene Eignungsprüfung für den Einsatz rein batterieelektrischer LKW. Um hierfür geeignete Anwender zu identiizieren, wurden im Rahmen der Studie zunächst alle Unternehmen mit erkennbarem Aukommen im Schwerlastverkehr auf Mannheimer Stadtgebiet identiiziert und kontaktiert. In der Folge gelang es, mit 14 Unternehmen - die ausnahmslos besonders hohe Sendungsaukommen im Stückgut-, Teilladungs- oder Ladungsverkehr aufweisen - in einen engeren Dialog zu treten, um Informationen über Lieferroutinen, Lieferfenster und den Outsourcing-Grad transportlogistischer Leistungen, aber auch das Interesse an „Grüner Logistik“ zu erfassen. Gleichzeitig eröfnete dieser Dialog den Zugang zu einer größeren Zahl an Spediteuren, die von diesen Unternehmen mit transportlogistischen Dienstleistungen beauftragt werden. Diese wurden im nächsten Schritt kontaktiert und in der Folge drei Logistikdienstleister mit bewusst unterschiedlichen Proilen für Einzelfallstudien ausgewählt. In mehreren Gesprächsrunden wurden gemeinsam mit diesen Unternehmen fünf Leitfragen deiniert, anhand derer die Elektriizierbarkeit von Schwerlastverkehren zu beurteilen ist: • Fahrzeug: Steht ein rein batterieelektrisch angetriebener LKW mit der erforderlichen Zuladefähigkeit und dem benötigten Laderaumvolumen zur Verfügung oder ist die Verfügbarkeit eines solchen Fahrzeugs absehbar? • Einzeltour: Sind die regelmäßig gefahrenen Touren jeweils für sich genommen hinsichtlich Länge, Höhenproil und Zahl der Stopps für einen rein batterieelektrischen Betrieb geeignet? • Tagestour: Sind die Tagestouren, auf denen die Fahrzeuge eingesetzt werden - insbesondere hinsichtlich der Länge - für einen rein batterieelektrischen Betrieb (ggf. auch mit Nachladen oder Batteriewechsel) geeignet? • Standzeiten: Passen die vorgesehenen Standzeiten (Pausen) hinsichtlich Lage und Länge zur eventuellen Notwendigkeit, die Batterie nachzuladen oder einen Batteriewechsel vorzunehmen? • Einsatzflexibilität: Binden die Leistungsmerkmale des rein batterieelektrischen LKW diesen eng an vorgeplante Touren oder besteht kurzfristige Dispositionsfreiheit hinsichtlich zusätzlicher Touren bzw. zur Reaktion auf ungeplante Ereignisse wie Stau, Baustellen, Umleitungen usw.? Alle fünf Kriterien wurden auf einer vierstuigen Skala beurteilt und die Ergebnisse zwischen „problemlos“ und „auch langfristig unrealistisch“ eingestuft. Fahrtenproile, die in Bezug auf das Fahrzeug mit „auch langfristig unrealistisch“ eingestuft wurden, gelten derzeit als nicht elektriizierbar. Bei Fahrtenproilen, die in Bezug auf eines oder Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 30 INFRASTRUKTUR Urbane E-Logistik mehrere der restlichen Kriterien nur die niedrigste Bewertung erhielten, wurde jeweils geprüft, ob durch eine dispositive Umplanung der Verkehre eine (Teil-)Elektriizierbarkeit möglich wäre. Um auf ein Referenzfahrzeug Bezug nehmen zu können, wurde eine umfassende Analyse der Verfügbarkeit rein batterieelektrischer Fahrzeuge > 12 t zul. GG vorgenommen. Aus dieser Vorauswahl wurde schließlich ein Fahrzeug des Schweizer Herstellers „E-Force“ mit 18 t zul. GG und einer Nutzlast von 10 t (52 m 3 ) aufgrund der hohen garantierten Reichweite von 300 bis 350 km im Regional- und Stadtverkehr ausgewählt [2]. Weiterer ausschlaggebender Faktor war das verwendete Batteriewechselsystem mit einer Wechselzeit von nur fünf Minuten (siehe Bild 1). Definition von Fahrtenprofilen In Gesprächen mit Spediteuren, Frachtführern und der verladenden Wirtschaft konnten drei grundsätzliche Fahrtenproile für eine eingehendere Untersuchung identiiziert werden. Diese Fahrtenproile beschreiben Anwendungsfälle, in denen aus Sicht der Frachtführer eine Elektriizierung für besonders sinnvoll gehalten wird: • Urbane und regionale Verteilverkehre, v. a. in der Konsumgüterindustrie und in der Handelslogistik, die mit LKW ab 12 t bzw. ab 18 t zul. GG bis hin zu Sattelzügen bzw. Fahrzeugkombinationen bis 40 t zul. GG gefahren werden. • Zustellung und Abholung von Sattelaufliegern auf der letzten Meile mit einer batterieelektrischen Zugmaschine in Kombination mit logistischen Mehrwertdienstleistungen, die im Rahmen des Umspannens auf einem „E-Logistik- Hub“ erbracht werden. • Vor- und Nachlauf im Kombinierten Verkehr Straße/ Schiene und Straße/ Binnenschif mit Sattel- oder Gliederzügen. Rasch wurde bei der Analyse des Fahrzeugmarktes deutlich, dass nur ein Teil dieser Fahrtenproile mit den derzeit zur Verfügung stehenden Fahrzeugen rein batterieelektrisch darstellbar ist. Insbesondere steht derzeit keine geeignete Sattelzugmaschine mit allgemeiner Straßenzulassung für Sattelzüge mit 40 t bzw. 44 t zul. GG zur Verfügung. Damit entiel im Rahmen der Studie auch die Möglichkeit, die Eignung rein batterieelektrischer LKW im Vor- und Nachlauf des Kombinierten Verkehrs anhand eines tatsächlich verfügbaren Fahrzeugs zu untersuchen. Um in den Fallstudien dennoch eine multimodale Transportkette betrachten zu können, wurde der Bereich Luftfrachtspedition im Vor- und Nachlauf zum rund 75 km entfernten Flughafen Frankfurt näher untersucht. In Bezug auf eine Eignung des Umspannkonzeptes erwies sich zudem die räumliche Lage eines möglichen E-Logistik-Hub als Herausforderung. Eine umfassende Verkehrsdatenanalyse auf Basis aktueller Verkehrsdaten [4] gelangte zu dem Ergebnis, dass der Schwerlastverkehr Mannheim etwa hälftig aus Richtung Süden und aus Richtung Norden anfährt. Die mit einer Konzentration dieser Verkehre auf einen - z. B. im Norden gelegenen - E-Logistik-Hub verbundenen Umwegfahrten wirken den im innerstädtischen Betrieb mit E-LKW erzielbaren Emissionsreduzierungen entgegen. Bei den Klimagasemissionen wurden in Modellrechnungen teilweise sogar steigende Gesamtemissionen nachgewiesen. Hingegen proitiert der urbane Raum beim reinelektrischen Betrieb von einer Reduzierung der Luftschadstof- und Lärmemis sionen [5]. Fallstudien zur Elektrifizierbarkeit Basis für die insgesamt sechs erhobenen Fallstudien sind drei Mannheimer Logistikunternehmen, die im Rahmen der Studie ein grundsätzliches Interesse an dem Thema Elektromobilität im Schwerlastverkehr gezeigt haben, und die mindestens eines der drei deinierten Fahrtenproile abdecken. Über einen Zeitraum von mehreren Wochen hinweg wurden bei diesen Unternehmen im Rahmen der Studie Touren dokumentiert, um diese anschließend hinsichtlich ihrer Elektriizierbarkeit auszuwerten. Betrachtet wurden unter anderem: • Regionale Shuttleverkehre mit Sattelzügen für den Transport von Komplettladungen (Konsumgüter) zwischen unterschiedlichen Produktionsstandorten und Lagern • Urbane und regionale Sammel- und Verteilerverkehre mit Solo-LKW und Sattelzügen für den Transport von allgemeinem Sammelgut, Stückgut und von Teilladungspartien • Auslieferung von Konsumgütern zum Endkunden mit Solo-LKW für ein großes Handelsunternehmen • Sammel- und Verteilerverkehre im Luftfrachtbereich mit Solo-LKW • Shuttleverkehre mit Gliederzügen für den Transport von Luftfracht zwischen (bekanntem) Versender, Reglementiertem Beauftragten und dem Flughafen Frankfurt (Cargo City Süd) Bild 2 zeigt beispielhaft und in Auszügen eine der erhobenen Fallstudien. Dargestellt sind Transporte von Luftfracht. Die Luftfracht (bis zu 15 t bzw. 70 m 3 pro Tour) wird dabei in maximal drei Touren täglich bei einem Bekannten Versender in der Region Rhein-Neckar mit einem Gliederzug abgeholt, am Sitz des Reglementierten Beauftragten in Mannheim zwischengelagert und nachts in zwei Touren zum Flughafen Frankfurt weiterbefördert. Die beiden Tourenproile zeigen deutlich die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Elektriizierbarkeit. Die Länge der bis zu drei Tagestouren mit zusammen maximal 190 km kann problemlos mit dem ausgewählten Fahrzeug ohne Nachladen oder Batteriewechsel bewältigt werden. Allerdings verfügt das Fahrzeug mit 10 t Nutzlast über deutlich weniger Kapazität als der derzeit eingesetzte Gliederzug, so dass weitere Bild 1: Der elektrische LKW „E-Force“ vor dem Rathaus in Mannheim (Foto: Thomas Tröster) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 31 Urbane E-Logistik Infrastruktur Touren (ggf. mit einem zweiten Fahrzeug) erforderlich werden. Die auf den beiden Nachttouren zurückzulegenden insgesamt 290 (Autobahn-)Kilometer machen hingegen ein Nachladen der Batterien zumindest bei einem der geplanten Stopps erforderlich. Sollte zudem ein und dasselbe Fahrzeug - wie es derzeit der Fall ist - auf Tages- und Nachttour eingesetzt werden, reichen die zwischen Tages- und Nachttouren nur einstündigen Standzeiten nicht aus, um - auch mit Nachladen - über den gesamten Tag hinweg eine ausreichende Batteriekapazität sicherzustellen. Es ist zusätzlich ein Batteriewechsel vorzusehen, um die gewechselte Batterie in sechs Stunden wieder vollständig nachladen zu können. Im Ergebnis ist das Tagesprogramm damit dem Grunde nach elektriizierbar. Es müssen allerdings Einschränkungen in Kauf genommen werden, weil ein kleineres Fahrzeug als im konventionellen Dieselbetrieb eingesetzt werden muss, und es sind zusätzliche Investitionen für das Vorhalten eines Batteriewechselsatzes sowie gegebenenfalls sogar eines zusätzlichen Fahrzeuges zu berücksichtigen. Erkenntnisse Bei den ausgewählten Unternehmen lag die technisch mögliche Elektriizierbarkeitsrate über alle Fallstudien hinweg bei 25 % bis 75 % der untersuchten Tagestouren. Die Studie konnte am Beispiel realer Fahrten in einem deinierten Wirtschaftsraum also zeigen, dass mit der heute verfügbaren Fahrzeugtechnik bereits eine Vielzahl realistischer Elektriizierungsszenarien im Schwerlastverkehr gegeben ist. Gleichzeitig hat sich aber auch gezeigt, dass ein wirtschaftlicher Einsatz von batterielektrischen LKW unter den derzeitigen Rahmenbedingungen in der Regel bislang nicht möglich ist. Erfahrungen zum Energiebedarf eines reinelektrischen 18-t-LKW, die in der Nordwestschweiz mit dem hier betrachteten Fahrzeug gemacht wurden, lassen zwar um etwa 55 % niedrigere Energiekosten je km und - bedingt durch den Verbau von weniger mechanischen Verschleißteilen als beim konventionell angetriebenen LKW - auch um rund 35 % niedrigere Wartungskosten erwarten [3]. Diesen sind allerdings die Kosten eines eventuellen Batterietauschs (nach rund 500 000 km) sowie die höheren Anschafungskosten für das Fahrzeug gegenüberzustellen. Um die Wirtschaftlichkeit zu verbessern, wurden in der Diskussion mit den Frachtführern wiederholt folgende Punkte als erfolgskritisch bezeichnet: • Subventionierung der Anschafungskosten bzw. Gewährung von Benutzungsvorteilen durch die öfentliche Hand zur Unterstützung der Markteinführung innovativer Fahrzeugkonzepte. • Rascher Einstieg in die (Großserien-) Fertigung batterieelektrischer schwerer Nutzfahrzeuge, um über Kostendegressionsefekte die Anschafungskosten zu senken. • Weiterentwicklung der Batterietechnologie, um die damit verbundenen Kosten zu senken und die batteriebedingten Einsatzbeschränkungen der Fahrzeuge weiter zu reduzieren. Gleichzeitig sind weitere Anwendungsfälle zur Validierung und Verstetigung der Ergebnisse und zur Durchführung eingehender Wirtschaftlichkeitsberechnungen geboten. Dabei hat die vorliegend vorgestellte Studie gezeigt, dass der Entwicklung und dem Praxistest einer rein elektrischen Sattelzugmaschine, die in der Lage ist, in Fahrzeugkombinationen von bis zu 44 t Gewicht eingesetzt zu werden, und die über eine allgemeine Straßenverkehrszulassung verfügt, besondere Bedeutung zukommt. ■ Literatur [1] Fraunhofer IAO/ Hochschule Heilbronn [2014]: Elektrischer Schwerlastverkehr im urbanen Raum, online abrufbar unter: http: / / www. muse.iao.fraunhofer.de/ de/ unsere-projekte/ verbundprojekte/ elektrischer-schwerlastverkehr-im-urbanen-raum.html [2] „E-Force“ Produktinformation und Leistungsdaten 2015, online abrufbar unter: www.eforce.ch/ download/ [3] Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigung (IWF) der Eidgenössischen Technische Hochschule (ETH) Zürich: Eizienz- und Wirtschaftlichkeitsanalyse des elektrischen 18 t Lastwagens E-FORCE von Feldschlösschen Getränke AG, Zürich 2014. [4] KIT / INOVAPLAN / STRATA: Integrierte Verkehrsnachfrageanalyse und Prognose der Verkehrsentwicklung in der Metropolregion Rhein-Neckar im Auftrag des Verbands Region Rhein-Neckar (Schlussbericht), Karlsruhe 2009. [5] Pallas, M.A./ Chatagon, R./ Lelong, J.: Noise emission assessment of a hybrid electric mid-size truck, Laboratory of Environmental Acoustics, Lyon 2013. tobias Bernecker, Prof. Dr. Kompetenzzentrum LOGWERT, Hochschule Heilbronn tobias.bernecker@hs-heilbronn.de stefen raiber, Dipl.-Ing. Kompetenzzentrum LOGWERT, Fraunhofer IAO, Stuttgart stefen.raiber@iao.fraunhofer.de Bild 2: Beispiel für ein untersuchtes Fahrtenprofil Quelle: Fraunhofer IAO Tag (08: 00 - 17: 00) Nacht (18: 00 - 07: 00) Bewertung der Elektrifizierbarkeit unrealistisch problemlos Fahrzeug Einzeltour Tagestour Einsatzflexibilität Standzeiten 31 km 2-3 Touren Verlader (Bekannter Versender) Logistikdienstleister (Reg. Beauftragter) 73 km 1-2 Touren Flughafen Frankfurt (Cargo City Süd) Logistikdienstleister (Reg. Beauftragter) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 32 LOGISTIK Stadtlogistik Urbane Logistik im Fokus IHK Frankfurt und House of Logistics and Mobility kooperieren bei Stadtlogistik-Projekt Wirtschaftsverkehr, Letzte Meile, Emissionsschutz, Mikro-Depot-Konzept KEP-Dienstleister, Unternehmen, Kommunalpolitik und Wissenschaft arbeiten in Frankfurt am Main gemeinsam an einem Pilotprojekt für eine eiziente und weniger umweltwirksame Stadtlogistik. Die-Beteiligten nutzen die neutrale Plattform des House of Logistics and Mobility (HOLM) für das Projekt, das-von IHK Frankfurt am Main und HOLM gesteuert wird. Der Autor: Jürgen Schultheis D er wachsende Markt des Online- und Versandhandels und das veränderte Konsumentenverhalten haben den Wirtschaftsverkehr in der Stadt verändert: Vor allem in Großbritannien, Deutschland Frankreich, wo fast drei Viertel des gesamten E-Commerce-Umsatzes in Europa erwirtschaftet wird [1], wächst durch Same-Day-Delivery- und Prime-Angebote und die damit induzierten Verkehre die Konkurrenz um den knappen Straßen- und Parkraum in der Stadt. Die Folgen: Die Stadt wird lauter, die Luft schlechter und die Staus länger, die Lebensqualität nimmt ab und Innenstädte verlieren an Attraktivität. Eine besondere Bedeutung kommt unter den veränderten Bedingungen den Kurier-, Express- und Paketdienstleistern zu. Zwischen 2000 und 2012 wuchs die Branche als Folge des boomenden Online-Geschäfts bei- den Zustellungen um 51 % und beim Umsatz um 55 % . Im vergangenen Jahr betrug allein in Deutschland der Umsatz mit Waren im Online- und Versandhandel 49,1-Mrd.-EUR, wobei der E-Commerce mit 41,9 Mrd. EUR den Löwenanteil (85 %) zum Gesamtumsatz beiträgt [2]. Für 2015 prognostiziert der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh) ein Wachstum von 5 %. Neben den Privatkunden beeinlusst die veränderte Nachfrage von Geschäftskunden im B2B-Sektor das Management städtischer Ökonomien und deren Logistik. Das hat Folgen für Auftraggeber und Auftragnehmer: „Decreased size of inventories (zero stock), growing demand for express and urgent deliveries, fragmentation of shipments (a few parcels received each day instead of a consolidated load once a week), fast increase of home deliveries following the rapid growth of online shopping“ [3]. Die wachsende Zahl der Fahrzeuge in der Stadt, die unter den Wirtschaftsverkehr fallen, belastet aber auch zunehmend die Umwelt. Die OECD geht davon aus, dass in London 43 % des Schwefeldioxids und 61 % des Feinstaubes aus den Auspufrohren von Kleintransportern und Zustellfahrzeugen kommen. Bei Stickoxiden liegt der Anteil zwischen 28 % (London), 50 % (Prag) und 77 % (Tokyo) [4]. Experten haben ermittelt, dass in europäischen Städten der Wirtschaftsverkehr zwischen 16 % und 50 % der gesamten Luftschadstofe [5] emittiert. Die Autoren einer aktuellen Studie präzisieren die vorliegenden Zahlen und gehen davon aus, dass der Wirtschaftsverkehr 25 % des Kohlendioxidausstoßes und 30 bis 50 % der Feinstaub- und Stickstofemissionen in Städten verursacht [6]. Neben Luftschadstofen beeinträchtigt der Verkehrslärm, insbesondere der Straßenverkehrslärm, den Alltag der Bewohner in Ballungsräumen. Nach Angaben des Umweltbundesamtes sind „1,8 Mio. Menschen in Deutschland ganztags Pegeln von mehr als 65 dB(A) ausgesetzt. Nachts leiden 2,1- Mio. Menschen unter Pegeln von mehr als 55 dB(A) [7]. Vor allem Städte wie Frankfurt am Main, Nürnberg, Bonn und Köln sind durch Lärm stark belastet. „Die Gesamtläche mit einem Lärmpegel höher als 55 dB(A) erreicht in den betrachteten Städten Werte zwischen 17 und 70 % der Stadtläche, der Mittelwert liegt bei 43 %“, heißt es in der Studie von Fraunhofer IBP im Auftrag der Geers-Stiftung [8]. Wirtschaftsverkehre sind notwendige Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der Städte. Die Aufgabe liegt heute darin, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der Stadt unter veränderten Nachfragebedingungen sicherzustellen und zu erhöhen, zugleich aber die Lebensqualität gerade angesichts einer zunehmend umweltsensitiven Einwohnerschaft zu gewährleisten und zu verbessern. „It has been argued that the coniguration of freight distribution systems in urban areas is reaching unsustainable levels in terms of economic eiciency and the impact on quality of life” [9]. Diese Herausforderung ist umso größer, als mit dem Weißbuch Verkehr (2011) der EU das - noch nicht verbindliche, aber anzustrebende - Ziel ausgegeben worden ist, den Wirtschaftsverkehr in den Zentren großer Ballungsräume bis 2030 abgasfrei rollen zu lassen. Vor diesem Hintergrund hatte die Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main im Sommer 2012 zu einer Zukunftsklausur eingeladen. Mehr als 40 Expertinnen und Experten diskutierten am 22. August einen Tag lang über die Zukunft des Wirtschaftsverkehrs in einer Stadt, die innerhalb der Wallanlage kleinräumig geprägt ist und in Teilen ihre mittelalterliche Struktur erhalten konnte. Nutzungskonkurrenzen sind in Frankfurt deshalb besonders groß. Um die Zielkonlikte zu benennen, die aus dieser Nutzungskonkurrenz entstehen, hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Aufgabe, neuralgische Punkte im örtlichen Wirtschaftsverkehr zu identiizieren, Verbesserungen vorzuschlagen und Visionen zu entwickeln. Am Ende des Tages formulierte die Gruppe vier Kernforderungen, die von der IHK Frankfurt am Main im Dezember 2012 in einer Broschüre veröffentlicht worden sind [10]. Zwei Kernforderungen lauten, eine ständige Arbeitsgruppe „Frankfurter Wirtschaftsverkehre“ einzurichten und die Datenbasis der Wirtschaftsverkehre zu verbessern. Die IHK Frankfurt am Main ist in Kooperation mit dem House of Logistics and Mobility (HOLM) dieser Forderung vor Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 33 Stadtlogistik LOGISTIK zwei Jahren im März 2013 nachgekommen. Gemeinsam haben beide Häuser den Arbeitskreis „Frankfurter Wirtschaftsverkehre“ einberufen. Seither ist die Gruppe zu mehreren Sitzungen zusammengekommen und hat Projektideen entwickelt, die langfristig realisiert werden sollen: Dazu zählen etwa die Einrichtung von Güterverteilzentren/ Logistikknotenpunkten und eine Task Force für Anlieferungszonen. Ferner hat der Arbeitskreis entschieden, angesichts der unterschiedlichen Schwerpunkte beim Thema „Wirtschaftsverkehre“ mehrere Fachgruppen einzuberufen. Die Fachgruppe „Status Quo: Datengrundlage und Modellierung“ arbeitet daran, die Struktur- und Verkehrsdaten der Metropolregion FrankfurtRheinMain zu optimieren. Die Gruppe hat vor einem Jahr ein Pilotgebiet in der Frankfurter Innenstadt abgesteckt, in dem Wirtschaftsverkehre untersucht werden sollen. Ein Team unter Leitung von Prof. Dr. Petra Schäfer, Frankfurt University of Applied Sciences, hat mit Studierenden inzwischen Verkehrsdaten in diesem Pilotgebiet erhoben und Ende März die Ergebnisse in der Studie „Frankfurter Wirtschaftsverkehr - Optimierung des Wirtschaftsverkehrs in der Innenstadt“ vorgelegt. Die Fachgruppe „Bauverkehre“ analysiert Themen rund um die Baulogistik: Die Mitglieder der Gruppe wollen ihre Expertise nutzen, um eizientere Prozesse für eine nachhaltige Baulogistik zu entwickeln. Die Ergebnisse sollen Unternehmen und Stadt zur Verfügung gestellt werden. Die Fachgruppe „Last Mile Logistics“ beschäftigt sich mit der Eizienz des Zulieferverkehrs in der Innenstadt. Ziel ist es, Kooperationsmodelle für die Letzte Meile zu entwickeln. Erste Zahlen zur Logistik der letzen Meile in Frankfurt haben neben der Frankfurt University auch Prof. Dr.-Ing. Ralf Bogdanski und sein Team von der Technischen Hochschule Nürnberg in einer Studie für den Bundesverband Paket & Express Logistik (BIEK) vorgelegt. Darin sind unter anderem Mengengerüst und Umweltwirkungen von KEP-Touren in Nürnberg und Frankfurt am Main erfasst und analysiert [11] worden. Mitte Dezember vergangenen Jahres ist darüber hinaus die erste „Last Mile Logistics Conference“ im HOLM veranstaltet worden. Im Verlauf der Konferenz hat die Gruppe nach einer Auforderung von Frankfurts Verkehrsdezernent Stefan Majer entschieden, das Mikro-Depot-Konzept zu prüfen, das UPS in Kooperation mit der Stadt Hamburg erprobt und das an diesem Tag auf der Konferenz vorgestellt worden war. Mit dem Mikro-Depot soll die Innenstadt verkehrlich entlastet, die Umwelt weniger belastet und die Einwohner vor Lärm geschützt werden. In einer ersten Testphase hat UPS von Dezember 2012 bis Mai 2013 einen verschließbaren Lagercontainer (24-Fuß- Wechselkofer) am Neuen Wall aufgestellt. Der Container enthält ein Regalsystem für Pakete und Päckchen. Montags bis samstags wird der Container in der UPS-Niederlassung Hamburg-Ost beladen und an der Straße „Bei der Stadtwassermühle“ im Neuen Wall aufgestellt. Mit zwei Lastenfahrrädern, einem elektrisch angetriebenen Cargo-Bike und einer Sackkarre beliefern Mitarbeiter von UPS Privat- und Geschäftskunden auf der „letzten Meile“. Anfang des Jahres hat der Generalbevollmächtigte von UPS Deutschland, Frank Sportolari, eine positive Bilanz des Testlaufs gezogen: „Wir haben mit dem ersten Versuch mit einem Container als mobilem Depot für Pakete erreicht, dass Lieferverkehre nicht nur am Neuen Wall, sondern auch in der Umgebung reduziert werden konnten.“ [12]. Das Mikro-Depot ermöglicht es UPS, bis zu sechs Dieselfahrzeuge weniger im Wirtschaftsverkehr einzusetzen. Zugleich wird die Anzahl der Stopps von Zustellfahrzeugen um 500 pro Tag reduziert [13]. In Frankfurt denken die Partner im Arbeitskreis „Frankfurter Wirtschaftsverkehre“ darüber nach, das Mikro-Depot für die gemeinsame Nutzung mehrere KEP- Dienstleister zu öfnen und die Konsolidierungsefekte damit zu erhöhen. Darüber hinaus soll neben der funktionalen auch die ästhetische Dimension des Mikro-Depots berücksichtigt werden, um die Akzeptanz für das Projekt zu erhöhen. Dieses Vorhaben prüft die Ofenbacher Hochschule für Gestaltung (HfG), die eine Repräsentanz im HOLM unterhält und ihren Beitrag leistet, um Anwendungen in der Logistik besser zu vermitteln und für die Endkunden zu optimieren. Beteiligt am Projekt sind neben der IHK Frankfurt am Main auch die Wirtschaftsförderung Frankfurt und das Fraunhofer IML. Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sind beim Thema auf der neutralen Plattform des HOLM von Anfang an im Gespräch. Die Partner sind sich einig, dass die Frankfurter Wirtschaftsverkehre optimiert werden müssen, ohne die Akteure zu gängeln oder durch Restriktionen die Wettbewerbsfähigkeit der Geschäfte und Läden in der Innenstadt zu gefährden. Dieses gemeinsame Ziel haben Kommunalpolitiker, Wirtschaftsvertreter und Wissenschaftler bekräftigt und dabei betont, dass die Lösungen auf die Anforderungen der Stadt Frankfurt zugeschnitten sein müssen. Frankfurt würde am Ende den Fehler vermeiden, der in anderen europäischen Kommunen häuiger gemacht worden ist, nämlich unabhängig von der Größe und der Besonderheit der Städte und ohne genauere Analyse auf gleiche Regularien wie etwa Zugangsbeschränkungen zu setzen. ■ Ansprechpartnerin für das Projekt im HOLM ist Bianca Martin [bianca.martin@frankfurt-holm.de] LITERATUR  [1] Morganti, E.: The impact of e-commerce on inal deliveries; Vortrag auf der International Scientiic Conference on Mobility and Transport [mobil.TUM], München, 19. und 20. Mai 2014  [2] Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland [bevh]: „Bewegtes Jahr 2014 für Online- und Versandhandel“, Pressemitteilung vom 3. März 2015  [3] Dablanc, L. / Diziain, D. / Levifve H.: Urban freight consultations in the Paris region, in: European Transport Research Review, June 2011, Volume 3, Issue 1, pp 47-57  [4] Crainic, T. G.: City Logistics, CIRRELT-2008-25, Centre interuniversitaire de recherché sur les réseaux d´entreprise, la logistique et le transport, Montreal 2008  [5] Dablanc, L.: Goods Transport in large European Cities: Diicult to organize, diicult to modernize; in: Transportation Research, Part A 41, 2007, pp 280-285  [6] ALICE / ERTRAC: Urban mobility, Urban Freight Research Roadmap November 2014, http: / / www.ertrac.org/ index.php? page=ertracroadmap  [7] Umweltbundesamt: Geräuschbelastung im Straßenverkehr, http: / / www.umweltbundesamt.de/ themen/ verkehr-laerm/ verkehrslaerm/ strassenverkehrslaerm  [8] Geers Stiftung / Fraunhofer IBP: Städtelärmranking 2011 - Ein Impuls zum Nachdenken über Hörkultur und urbane Gestaltung, Pressemitteilung vom 30. September 2011  [9] Arvidsson, N / Browne, M.: A review oft the success and failure of tram systems to carry urban freight, European Transport, 2013, Issue 54 , Paper No 5. p 2 [10] Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main [Hrsg], Zukunft des Wirtschaftsverkehrs in Frankfurt am Main, Dokumentation einer IHK-Zukunftsklausur am 22. August 2012, Frankfurt 2012 [11] Bogdanski, R.: Nachhaltige Stadtlogistik durch Kurier- Express Paketdienste, Studie über die Möglichkeiten und notwendigen Rahmenbedingungen am Beispiel der Städte Nürnberg und Frankfurt am Main. Download unter http: / / www.biek.de/ index.php/ studien. html [12] Stadt Hamburg: „Hamburg und UPS schließen Partnerschaft für City-Logistik Modellprojekt: Nachhaltiges Lieferkonzept für die Innenstadt wird ausgeweitet“, Pressemitteilung, 28. Januar 2015. http: / / www.hamburg.de/ pre s s e arc hiv-fhh/ 4442626/ 201 5- 01-28-bwvi-lieferkonzept/ [13] „Frankfurt erwägt Testlauf mit Mikrokonsolidierungszentren - 1. Last Mile Logistics Conference im HOLM , Bericht auf der HOLM- Website: http: / / www.frankfurt-holm.de/ de/ mikrokonsolidierungszentren-fuer-die-letzte-meile-frankfurt-erwaegt-testlauf-der-innenstadt-last Jürgen Schultheis Senior Manager und Sprecher des House of Logistics and Mobility (HOLM), Frankfurt am Main juergen.schultheis@frankfurt-holm.de Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 34 Innovative Konzepte für-die-Logistikbranche Chancen und Risiken für Startups in der Transportlogistik Transportlogistik, Startups, Disruption Im Allgemeinen lässt sich beobachten, dass die Logistikbranche in den letzten Jahrzehnten stark an Bedeutung gewonnen hat. Globalisierung, Outsourcing und der Online-Versandhandel sind nur einige Trends, die das Wachstum der Branche antreiben und außerdem weiteres Entwicklungspotential implizieren. Davon profitieren auch Startups, die mit ihren Innovationen Motoren des Marktes sind. Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit diesen Startups in der Transportlogistik. Die Autoren: Simon Holdorf, Janina Röder, Hans-Dietrich Haasis D enkt man an Unternehmen in der Transportlogistik-Branche, kommen immer wieder dieselben Namen in den Sinn. In Deutschland sind es die Deutsche Post, die Deutsche Bahn und Schenker, Kühne + Nagel. Weltweit führt die DHL International GmbH (Tochtergesellschaft der Deutschen Post AG) die Rangliste an, dicht gefolgt von der UPS Corporation, der China Railway Group und der FedEx Corporation. 1 Doch neben den großen, alteingesessenen Unternehmen haben sich in den letzten Jahren viele kleine, neue Unternehmen gebildet - die sogenannten Startups. Sie entwickeln innovative Geschäftsideen und erkennen Nischen, die von den größeren Vorreitern oft nicht beachtet werden. Auch wenn die Logistikbranche in den letzten Jahrzehnten enorme Entwicklungssprünge gemacht hat, bietet sich vor allen Dingen in der Transportlogistik, insbesondere in der Zustellung auf der letzten Meile, großes Optimierungspotential. Selbst unwissende Kunden bekommen die auftretenden Probleme zu spüren, sei es in der unlexiblen Zustellung eines Paketes, bei nicht erfüllten Kundenansprüchen oder bei wiederholten Nachhaltigkeitsdiskussionen in der Politik. Durch innovative Geschäftspläne und der Ausschöpfung von Nischen sind Startup-Unternehmen Motoren für die gesamte Wirtschaft und können Märkte erneuern. Gerade in Bezug auf die wiederholt auftretenden Probleme ist es interessant zu sehen, welche Alternativen Startups anbieten und ob diese sich auch durchsetzen können. Startups in der Transportlogistik Bis dato haben sich weder Wissenschaft noch Praxis mit Startup-Unternehmen in der Transportlogistik gebührend beschäftigt. Im Rahmen dieses Artikels wird daher zunächst eine Bestandsaufnahme von Startups in diesem Bereich in Form einer internetbasierten Recherche durchgeführt, um erste Erkenntnisse als Basis weitergehender Forschung abzuleiten. Dabei wurden die folgenden Prämissen zu Grunde gelegt: • Ein Startup-Unternehmen darf nicht älter als zehn Jahre sein. (Viele Startups sind jünger als drei Jahre) • Der Zweck des Startups muss einen hohen Innovationsgrad aufweisen (Abgrenzung zur klassischen Existenzgründung) • Geringes Startkapital bzw. hohe Beteiligungen durch Venture Capital Firmen LOGISTIK Innovation Foto: Rainer Sturm/ pixelio.de Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 35 Innovation LOGISTIK • Hohes Risiko bei der Unternehmensgründung (bis zu neun von zehn Startups scheitern nach ein bis zwei Jahren am Markt) • Wiederholbares und skalierbares Geschäftsmodell Das Ergebnis der Recherche ist eine Übersicht von 58 Startup-Unternehmen die sowohl die genannten Kriterien erfüllen als auch dem Bereich Transportlogistik direkt oder indirekt zugeordnet werden können. Viele davon (49) sind seit dem Jahr 2010 entstanden. Der Großteil stammt aus den Vereinigten Staaten, jedoch muss sich Deutschland mit 19 von 58 Startups im Bereich der Transportlogistik nicht verstecken. Einsatzfelder für Startup- Unternehmen Um genauere Aussagen über die Verteilung und Potentiale von Startups in der Transportlogistik zu machen, wurden vier Einsatzfelder abgeleitet und die Startups diesen zugeordnet: 1. Infrastruktur: Der stetig wachsende Onlinehandel wirkt sich immer stärker auf die nachgelagerte Logistik aus. 2 Besonders schwierig gestaltet sich oftmals die Anlieferung der bestellten Ware. 3 Wer kennt nicht das Problem des Zettels im Briekasten, von dem man entnehmen kann, dass das erwartete Paket innerhalb der nächsten sieben Werktage in der vorgeschriebenen Filiale abzuholen ist. Besagte ist aber leider nur zu den gewöhnlichen Geschäftszeiten geöfnet. Infrastruktur-Startups schafen Neuentwicklungen von Betriebsmitteln, welche insbesondere die Zustellung auf der „letzten Meile“ erleichtern. 2. Portale zur Vermittlung von KEP- Dienstleistungen: Kaum an Wichtigkeit zu übertrefen ist eine schnelle und kostengünstige Lieferung. Das zeigt auch das Ergebnis einer aktuellen Branchenstudie der Unternehmensberatung McKinsey & Company. Bis 2020 soll der Markt für Same-Day-Delivery (SDD) - also die Zustellung von Waren noch am Tag der Bestellung - etwa 15 % des Umsatzes mit Standardpaketen ausmachen (heute: weniger als 1 %). Bereits gegenwärtig wäre etwa die Hälfte der mehr als 1000 repräsentativ Befragten aus Westeuropa bereit, für den SDD-Service einen Aufpreis zu zahlen. 4 Im Bereich „Portale zur Vermittlung von KEP- Dienstleistungen“ werden Startup-Unternehmen zusammengefasst, die Internetportale und Plattformen entwickeln, welche sogenannte KEP-Dienste (Kurier-, Express- und Paketdienste) vermitteln. Die einzelnen Dienste unterscheiden sich vor allen Dingen in den Leistungen und in der Preisstruktur. 3. Daten: Der Einstieg in das Internet macht eine weltweite und sekundenschnelle Übertragung von Daten möglich und diese überall verfügbar. Auswirkungen sind erhöhte Markttransparenz sowie die Kostensenkung und Beschleunigung der Transaktionen. 5 Durch die erhöhte Transparenz steigen auch das Preisbewusstsein und die Anforderungen bei dem Kunden. Diese Anforderungen werden im B2C-Bereich (Business-to-Consumer) durch Einbindung der Kunden in den B2C-Prozess sowie durch individuelle Servicedienstleistungen befriedigt. Das Einsatzfeld „Daten“ beschäftigt sich also mit dem Sammeln, Konsolidieren und Auswerten von Logistikdaten. Es besteht hauptsächlich aus Unternehmen, die in den Bereichen B2B und B2C arbeiten. 4. Technologien: Unter Technologien versteht man innovative technische Maschinen und Entwicklungen zur Verbesserung der Logistikabläufe. Die meisten Waren werden in Containern transportiert. Vorteil ist, dass Container an kein bestimmtes Verkehrsmittel gebunden sind und standardisierte Abmessungen aufweisen - mit einer Länge von 20 oder 40 Fuß (entsprechend 6,069 bzw. 12,192 m). Allein mit Schifen werden jährlich mehr als 350 Mio. Container transportiert. 6 Das Startup Staxxon hat beispielweise eine Container-Falt-Technologie entwickelt, die durch das Luft- Entziehen einen 20-Fuß-Container zusammenfaltet, sodass man fünf gefaltete- leere Container auf derselben Stellläche eines gefüllten Containers transportieren kann. Dasselbe System benutzt auch das Startup-Unternehmen Holland Container Innovations, das sich Bild 1: Einsatzfelder von Startups in der Transportlogistik Stärken Schwächen • Höherer Innovationsgrad • Höhere Flexibilität • Höhere Schnelligkeit • Höhere Transparenz • Nachhaltigkeit • Langfristige Kostensenkung • Preisvorteile (im P2P-Bereich) • Relativ hoher Reifegrad • Hohe Dichte an vorhandenen Akteuren • Zu stark ausgeprägte Preisorientierung bei Kunden • Fehlende Sicherheit • Geringer Bekanntheitsgrad • Kurzfristig hohe Kosten Chancen Risiken • Steigende Nachfrage durch Anstieg des Online-Versandhandels • Höhere Kundenansprüche • Durch gesellschaftlichen Wandel Trend zur Flexibilität • Trend zur Nachhaltigkeit • Markteintrittsrisiko • Ressourcenknappheit • Hohe Konkurrenz • Nachahmer Tabelle 1: Ergebnisse der SWOT-Analyse Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 36 LOGISTIK Innovation aber auf 40-Fuß-Container spezialisiert hat. 7 Die detaillierte Einteilung der Startup- Unternehmen erfolgt mit Hilfe einer sogenannten Startup-Landkarte (Bild 1). 23 Startups sind im Bereich KEP-Dienstleistungen angesiedelt. Im Bereich Daten sind 17 Startups zu inden, im Bereich Infrastruktur 13. Den geringsten Anteil mit nur drei Startups weist das Einsatzfeld Technologien auf. Dies liegt wohl hauptsächlich am hohen Kapitalaufwand für Forschung und Entwicklung. Chancen und Herausforderungen Für die folgende Auswertung der Chancen und Risiken von Startups in der Transportlogistik wird auf die SWOT-Analyse (Strenghts, Weakness, Opportunities, Threats) zurückgegrifen. Mit Hilfe der SWOT- Analyse werden aus ermittelten Informationen die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken von Startup-Möglichkeiten in der Transportlogistik extrahiert. 8 Hierbei wird analysiert, wie erfolgversprechend die Penetration von Startup-Unternehmen in der Transportlogistik-Branche in Zukunft sein könnte. In Tabelle 1 sind die einzelnen Bestandteile der SWOT-Analyse zusammengefasst. Fazit und Ausblick Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Startup-Unternehmen eine treibende Kraft für Innovationen und für das Wirtschaftswachstum sind. Im Gegensatz zu etablierten Unternehmen gestalten Startup-Unternehmen die Umwelt eigeninitiativ mit, indem Neuerungen entwickelt und Chancen genutzt werden, die andere nicht wahrnehmen. 9 Gerade weil die Transportlogistik- Branche stark wächst und immer mehr Aufmerksamkeit erhält, wird der in den letzten drei Jahren erfahrene Zuwachs von Startup-Gründungen keinen Abbruch erfahren. Der große Vorteil, über den Startup-Unternehmen verfügen, ist der Innovationsbeitrag und der ausgeprägte Service, den sie bieten. Diese beiden Aspekte werden bei den meisten etablierten Unternehmen als eher gering eingestuft. Aufgrund ihrer Monopol-Stellung und mangelnder Notwendigkeit gehen viele nicht auf die individuellen Kundenbedürfnisse ein. Doch durch das vermehrte Entstehen von Startup-Unternehmen müssen die etablierten Unternehmen ihre Denkweise überarbeiten und innovativer werden, was sowohl für das Wirtschaftswachstum als auch für die Kunden eine positive Auswirkung erzeugt. Letztlich bleibt abzuwarten, wie sich der Erfolg von Startup-Unternehmen in der Transportlogistik-Branche entwickelt. Faktoren wie die allgemeine Entwicklung der Logistikbranche und die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Trends sind wesentliche Einlussgrößen und geben Grund für ein optimistisch geprägtes Fazit. ■ 1 Vgl. Fraunhofer SCS (2013) 2 Vgl. Schumann (2014) 3 Vgl. Schmidt (2013) 4 Vgl. McKinsey & Company (2014) 5 Vgl. Pfohl (2001) 6 Vgl. Koch (2012) 7 Vgl. Wichmann (2014) 8 Vgl. Kotler et al. (2011) 9 Vgl. Hayn (2003) QUELLEN Fraunhofer SCS (2013): Top 100 in European Transport and Logistics Services 2013/ 2014. Online im Internet unter: http: / / www.scs.fraunhofer. de/ content/ dam/ scs/ de/ dokumente/ studien/ TOP100_Executive_ Summary_ 20132014.pdf (Stand: 01.10.2013; Abfrage: 05.06.2014; [MEZ] 11: 01). Hayn, Marc (2003): Bewertung junger Unternehmen, 3. Aulage, Herne/ Berlin: Verlag Neue Wirtschafts-Briefe GmbH & Co. Koch, Susanne (2012): Logistik - Eine Einführung in Ökonomie und Nachhaltigkeit, Berlin: Springer-Verlag. Kotler, Philip/ Armstrong, Gary/ Wong, Veronica/ Saunders, John (2011): Grundlagen des Marketing, 5. aktualisierte Ausgabe, München: Pearson Studium. McKinsey & Company (2014): Warenzustellung am selben Tag vor dem Durchbruch. Online im Internet unter: http: / / www.mckinsey.de/ warenzustellung-am-selben-tag-vor-dem-durchbruch (Stand: 02.04.2014; Abfrage: 26.06.2014; [MEZ] 15: 45 Uhr). Pfohl, Hans-Christian (2001): Jahrhundert der Logistik - Wertsteigerung des Unternehmens: customer related - global - e-based, Berlin: Erich Schmidt Verlag. Schmidt, Jan (2013): Cardrops: Postfach im Auto-Koferraum. Online im Internet unter: http: / / www.t-online.de/ auto/ technik/ id_62653324/ cardrops-bietet-ein-postfach-im-auto-koferraum.html (Stand: 21.03.2013; Abfrage: 18.06.2014; [MEZ] 12: 33 Uhr). Schuman, Andreas (2014): Logistik Startup Marktübersicht. Online im Internet unter: http: / / ikep-2014.de/ logistik-startupmarktuebersicht/ #more-631 (Stand: 25.03.2014; Abfrage: 22.04.2014; [MEZ] 16: 47 Uhr). Wichmann, Jonathan (2014): The most promising startups in logistics. Online im Internet unter: http: / / jonathanwichmann.com/ my-lists/ list-the-most-promising-start-ups-in-logistics/ (Stand: 07.01.2014; Abfrage: 02.07.2014; [MEZ] 10: 12 Uhr). Janina Röder, B. Sc. Lehrstuhl für ABWL, Maritime Wirtschaft und Logistik, Universität Bremen j.roeder@uni-bremen.de Hans-Dietrich Haasis, Univ.-Prof. Dr. Lehrstuhl für ABWL, Maritime Wirtschaft und Logistik, Universität Bremen haasis@uni-bremen.de Simon Holdorf, M. Sc. Lehrstuhl für ABWL, Maritime Wirtschaft und Logistik, Universität Bremen holdorf@uni-bremen.de Kontakt: Tim Feindt Telefon: 040 / 23 714 - 220 Email: tim.feindt@dvvmedia.com Den Richtigen finden... ...mit Ihrer Stellenanzeige in: Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 37 Landlogistik LOGISTIK kombiBUS-Modell Uckermark Kombinierter Personen- und Güterverkehr zur Stabilisierung ländlicher ÖPNV-Systeme Güterbeförderung, ÖPNV, Ländliche Bussysteme, Ländliche Versorgung Der Begrif kombiBUS meint den kombinierten Transport von Personen und Gütern im gleichen Bus. Ziel ist, durch die zusätzlichen Einnahmen aus der Güterbeförderung das Angebot des ÖPNV in ländlichen Regionen zu stabilisieren. Das Prinzip kombiBUS hatte bis in die 1970er Jahre eine lange Tradition in allen Postbusnetzen Europas. Nur in Skandinavien bestehen auch heute noch lächendeckende kombiBUS- Angebote, die dort eine hohe Qualität ländlicher Bussysteme auch bei minimaler Siedlungsdichte ermöglichen und wegen der Teilnahme vieler Läden am System auch eine dezentrale Versorgung der Fläche stützen. In Deutschland bekommt das Thema nach dem erfolgreichen Abschluss eines kombiBUS-Modellprojekts in der Uckermark nunmehr wieder Aktualität für alle schrumpfenden, ländlichen Regionen. Die Autoren: Christian Muschwitz, Heiner Monheim, Johannes Reimann, Anja Sylvester, Constantin Pitzen M ittlerweile wird die Renaissance solcher kombinierten Personen- und Güterverkehre in ländlichen Bussystemen auch in Deutschland wieder diskutiert, nachdem der kombiBUS Uckermark als erstes einschlägiges Modellprojekt (2010-2013 mit einer Modellförderung durch den Bund und das Land Brandenburg) die generelle technische und juristische Machbarkeit sowie die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit bewiesen hat. Zwischenzeitlich werden in verschiedenen anderen ländlichen Regionen (u. a. in Thüringen und in Brandenburg) Folgeprojekte vorbereitet. Angesichts des großen öfentlichen Interesses an dem Thema lohnt es, die wesentlichen Aspekte zusammenfassend zu diskutieren. Machbarkeit Die rechtliche Machbarkeit ist nach den Erfahrungen in Brandenburg so lange kein Problem, wie der Gütertransport ein Zusatzgeschäft für das kommunale Verkehrsunternehmen bleibt, indem vorhandene Kapazitäten für die wirtschaftliche Betätigung genutzt werden. Die technische Machbarkeit ist leicht erfüllbar, wenn je nach Fahrzeugtyp in Hochlurbussen die Unterlur-Gepäckräume oder bei Niederlurbussen ein Teil der Plattformlächen, ein Gepäckkofer oder ein Anhänger für die Fracht genutzt werden. Für den Transport im Bus haben sich Standardkisten in den Größen E1, E2 und E3 bewährt. Eigens entwickelte insolierte Behälter sichern für Lebensmitteltransporte die Kühlkette durch passive Kühlung (Bild 1). In Skandinavien werden für kombiBUS teilweise Fahrzeuge eingesetzt, die im vorderen Bereich die Personenbeförderung gewährleisten und im hinteren Bereich ein Frachtabteil für die Güterbeförderung vorhalten. Fast alle Läden und viele Betriebe nutzen den kombiBUS in Skandinavien, die Kooperation mit Paketdiensten und Speditionen und vor allem das Geschäft mit der „letzten Meile“. Die Feinverteilung der Waren und Güter ist für die Speditionen oft sehr kostenträchtig. Relevante Branchen und Systemmerkmale Der besondere Vorteil von kombiBUS ist die Gewährleistung taggleicher Lieferungen zu Grenzkosten. Das macht kombiBUS für verschiedene Branchen sehr interessant. Der Lebensmittelhandel kann sich aus der Abhängigkeit von großen Lieferanten und deren Mindestmargen befreien. Und kann, wegen kurzer Lieferzeiten, wieder sehr viel mehr Frischeprodukte ins Angebot nehmen. kombiBUS Uckermark kooperiert beispielsweise mit Q-Regio, einer Handelsgesellschaft für regionale Produkte, die damit ihre drei Läden in der Region beliefert. Produzenten von regionalen Produkten inden durch das kombiBUS System eine Logistiklösung, um auch Kleinstmengen dem Absatz zu zuführen. Gastgeber können einerseits den Gepäcktransport für Touristen, die von Hotel zu Hotel wandern, gewährleisten und andererseits regionale Produkte für ihre Gastronomie nutzen. Erfahrungen aus der Uckermark zeigen, dass kombiBUS schon jetzt einen wichtigen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung leistet. Zukünftig können auch weitere Produkte und Dienstleistungen in das System integriert werden. Post- und Paketdienstleiter können unrentable Strecken auslagern, Dorläden können auch mit Kleinstmengen von Produkten des täglichen Bedarfs beliefert werden und somit die Nahversorgung aufrechterhalten. Auch die Möglichkeit des Geldabhebens im Bus ist für kleinere Beträge denkbar. Das Stichwort Landlogistik fasst diese Möglichkeiten pointiert zusammen. Integration von kombiBUS in den ÖPNV-Betrieb Grundsätzlich ist kombiBUS im heutigen Regionalbusbetrieb umsetzbar. Bei der Planung der Transporte ist aber jeweils die betriebliche Machbarkeit sicherzustellen. Für Ladevorgänge bieten sich im Regionalbusverkehr grundsätzlich Fahrten außerhalb der Verkehrsspitze des Schülerverkehrs oder Fahrten in der jeweiligen Gegenlastrichtung an. Weiterhin ist der Umstieg der Fracht von Bus zu Bus zu planen, denn im Gegensatz zu Fahrgästen können Kisten nicht ohne Hilfe umsteigen und Kisten können auch nicht unbewacht an einer Haltestelle auf ihren Anschlussbus „warten“. Busbahnhöfe des ländlichen ÖPNV entwickeln sich zu Drehscheiben der ländlichen Logistik, weil dort Wartezeiten für Ladevorgänge möglich sind, Bus- Anschlüsse in verschiedenen Richtungen funktionieren, Personalräume oder andere Möglichkeiten zur Zwischenlagerung vorhanden sind und Lieferwagen von KEP- Diensten und Speditionen halten können. Vor der Einführung sind klare Verantwortlichkeiten für Auftragsannahme, Angebotskalkulation, Transportplanung und Transportüberwachung festzulegen. Eine Schlüsselfunktion hat die Schulung aller Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 38 Logistik Landlogistik Mitarbeiter des Fahrdienstes und die Fortentwicklung der Dispositionszentrale des Busverkehrs für die Sicherstellung der für Busunternehmen ungewohnten Dienstleistung. kombiBUS ist eine Innovation und nur unter bestimmten Voraussetzung erfolgreich. Dazu zählen Branchengespräche und Direktmarketing bei Betrieben. Verkehrsplanerische Vorbereitung Der Frachtraum von ländlichen Buslinien ist besonders wertvoll, wenn das Netz nach den Prinzipien des Integralen Taktfahrplanes (ITF) aufgebaut wurde. Wesentliche Merkmale des ITF sind die Orientierung auf Taktfahrpläne, die Ausrichtung möglichst aller Fahrpläne auf Knoten, wo sich Busse aller Richtungen trefen um einen Umstieg in alle Richtungen zu ermöglichen. Dabei geht es um eine Diferenzierung in frequentierte schnelle im Takt verkehrende Buslinien und sonstige Buslinien mit Aufgaben der Orts- und Flächenerschließung. Auch die Diferenzierung in Betriebsformen (Linienverkehr, Rubus) und Fahrzeuggrößen gehört hierzu. Vielfach sind die Bus-Netze im ländlichen Raum historisch gewachsen und wurden an die neuen Erfordernisse eines diferenzierteren Verkehrsmarktes sowie einer schrumpfenden Bevölkerung nicht angepasst. Der ITF ist somit ein Instrument zur Verbesserung der Nutzbarkeit des ÖPNV für die Personen- und die Güterbeförderung. Gleichzeitig verbessert der ITF vielfach die Eizienz des Buseinsatzes durch die Konsolidierung von Verkehrsströmen und die Steigerung der Lauleistung der eingesetzten Fahrzeuge. Betrofene Regionen Besonders gut eignen sich kombiBUS Angebote für dünn besiedelte Regionen, in denen der ÖPNV „mit dem Rücken zur Wand“ steht. Bevor die Angebote aus Kostengründen zusammengestrichen werden, mit Netz- und Fahrplanausdünnungen sowie Personalabbau, lohnt es, nach Zukunftschancen zu suchen. Eine solche Zukunftsoption ist der kombiBUS, wenn er einen relevanten Kostendeckungsbeitrag leistet. Dann kann er maßgeblich zur Eizienzsteigerung und Wirtschaftlichkeitsverbesserung beitragen und den ÖPNV in der Fläche stabilisieren. Ein willkommener Nebenefekt ist, dass der ÖPNV durch kombiBUS in der Wirtschaft und der Politik größere Wertschätzung erhält und als zentrale, zukunftssichere Mobilitätsdienstleistung anerkannt wird. Besonders relevant wird der ÖPNV angesichts des demographischen und sozialen Wandels. Im ländlichen Raum werden außerhalb der Zentren immer mehr Menschen „abgekoppelt“, weil sich fast alle Versorgungseinrichtungen aus der Fläche zurückziehen und der rein schülerixierte ÖPNV kaum mehr die Verbindung disperser Siedlungsgebiete mit den übrig bleibenden Zentren sichern kann. Das Auto kann aber künftig auch immer weniger die Mobilität sichern, weil sinkende Rentenniveaus, schwindende motorische und sensorische Fähigkeiten betagter Menschen sowie der sich stetig verteuernde Autogebrauch immer mehr Autoverzicht erzwingen. Umso wichtiger sind für dünn besiedelte ländliche Regionen dezentrale Versorgungsstrukturen und ein lächendeckendes Jedermann-ÖPNV-Angebot. Hier kann der kombiBUS entscheidend helfen, denn er verbessert die Wirtschaftlichkeit, motiviert zur Angebotsüberplanung und gibt Eizienzfragen wieder einen angemessenen Stellenwert. Perspektiven Natürlich gibt es noch einen großen Unterschied zwischen den etablierten kombiBUS- Systemen Skandinaviens und den „zarten kombiBUS-Plänzchen“ in Deutschland. Als reine regionale Inselsysteme wird ihr Beitrag zur Lösung der drängenden Verkehrsprobleme im ländlichen Raum gering bleiben. Wenn aber aus einem kleinen Inselsystem allmählich mehr Systeme, auch im Verbund ganzer Regionen werden, dann kann sich allmählich wieder eine kombiBUS- Normalität einstellen (Bild 2). ■ Bild 1: Beladung kombiBUS beim Versender (Foto: Constantin Pitzen) Bild 2: Das kombiBUS Prinzip (Grafik: kombiBUS Gruppe) Heiner Monheim, Prof. Dr. Mitgesellschafter, raumkom Institut für Raumentwicklung und Kommunikation, Trier heinermonheim@yahoo.de Johannes Reimann, Dipl. Geogr. Projektleiter, raumkom Institut für Raumentwicklung und Kommunikation, Trier johannes.reimann@raumkom.de Christian Muschwitz, Dr. Professuren Raumentwicklung und Landesplanung sowie Kommunalentwicklung, Uni Trier; Geschäftsführer, raumkom Institut für Raumentwicklung und Kommunikation, Trier muschwitz@raumkom.de Anja sylvester, Dipl. Geogr. Projektleiterin, Interlink GmbH,Berlin sylvester@interlink-verkehr.de Constantin Pitzen, Dipl. Ing. Projektleiter, Fahrplangesellschaft B&B mbH, Oelsnitz cp@fahrplangesellschaft.de Die Autoren sind beteiligt an der kombiBUS Gruppe (www.kombibus.de). Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 39 Kombinierter Verkehr LOGISTIK KV - Perspektiven und Herausforderungen Transportanforderungen, KV-Ainität, Nutzungshindernisse Auf Basis der Ergebnisse von zwei Umfragen zum Kombinierten Verkehr (KV) zeigt der Beitrag Gründe für und gegen die Nutzung des KV aus Sicht der potenziellen und heutigen Kunden. Der Autor: Paul Wittenbrink D er Kombinierte Verkehr (KV) Schiene/ Straße zeichnet sich durch ein überproportionales Wachstum aus. 1 Gleichzeitig wird der Güterverkehr mit einem Modal Split von knapp über 70 Prozent nach wie vor unangefochten vom Straßengüterverkehr dominiert. 2 Vor diesem Hintergrund geht der folgende Beitrag auf Basis der Ergebnisse von zwei vom Autor 2011 und 2014 durchgeführten Umfragen zum KV der Frage nach, was aus Sicht der potenziellen und heutigen Kunden die Gründe für bzw. gegen die Nutzung des KV sind. Auch wenn die Ergebnisse im strengen statistischen Sinne nicht als repräsentativ angesehen werden können, da hierzu höhere Fallzahlen bei den Teilfragen notwendig gewesen wären, lassen sich interessante Trendaussagen ableiten. 3 Ergebnisse der Umfrage Gründe gegen die Nutzung des KV In Bezug auf die Verlader, d. h. die Einkäufer aus Industrie und Handel, zeigt sich dabei folgendes Bild (vgl. Bild 1 und Bild 2): Mehr als 40 % der Verlader geben 2014 die mangelnde Geschwindigkeit des KV als Grund an, diesen nicht nutzen zu können. Interessant ist, dass dieser Wert vor drei Jahren noch bei über 50 % lag, was auf eine leichte Verbesserung hindeutet. Dieser Hinderungsgrund scheint noch wichtiger zu sein als die zu geringen Distanzen oder auch die mangelnde KV-Ainität des Transportgutes, die von ca. einem Drittel der Verlader als Hinderungsgrund angegeben werden. Insofern müssen sich Bahnen und Operateure hier die Frage stellen, wie sie es schafen, die KV- Systeme insgesamt zu beschleunigen. Hier kommen aber auch die systembedingten Grenzen des KV zum Tragen. Da immer Vorbzw. Nachläufe zum Terminal sowie die notwendigen Zeiten für die Umschläge und die Zugbereitstellung notwendig sind, kann der KV systembedingt eigentlich nur auf längeren Distanzen seine Vorteile ausspielen. Es zählt aber nicht nur die Geschwindigkeit, auch der Service muss stimmen. Und hier bemängeln 38,2 % der Verlader den Service bei den Bahnen als schlecht. Zu bedenken gibt, dass dieser Wert im Vergleich zur Umfrage 2011 (30,1 %) noch einmal erheblich gestiegen ist, während sich bei der Bewertung der Operateure kaum eine Änderung ergeben hat. Auch wenn die Werte nicht direkt vergleichbar sind, da nicht sichergestellt ist, dass vergleichbare Unternehmen geantwortet haben, deuten die Ergebnisse doch auf eine wesentliche Verschlechterung hin. Darüber hinaus wird etwas zunehmend auch der Preis als Hinderungsgrund gesehen. Haben im Jahr 2011 noch fast ein Drittel der Verlader bemängelt, dass der eigene Transport- und Logistikdienstleister zu wenig auf den KV ausgerichtet ist, zeigt die- Umfrage 2014 eine erhebliche Verbesserung, nennen doch nur noch knapp zehn Prozent der Verlader dies als Hinderungsgrund. Hier scheinen die Dienstleister erheblich Know-how aufgebaut zu haben. Weitere Gründe, die aus Sicht der Verlader gegen den Einsatz des KV sprechen, sind lange Wege zu den Terminals, entsprechend hohe Vor- und Nachlaukosten, eine fehlende Nachlauforganisation oder unpassende Verbindungen. Wird aber die Anzahl der Terminals erhöht, um die Entfernung zum Terminal zu reduzieren, ist es gleichzeitig schwerer, für jedes Terminal interessante Verbindungen zu bieten. Insofern ist hier eine konzertierte Planung notwendig. Ein nicht zu unterschätzender Hinderungsgrund ist auch, dass viele Verlader nicht das zielreine Volumen von mindestens einer WB haben, um den KV zu nutzen. Hier sind Transport- und Logistikdienstleister gefragt, die diese Sendungen zu KV-Sendungen bündeln. Gründe für die Nutzung des KV Da trotz vieler Hinderungsgründe der KV eine interessante Alternative mit hohen Wachstumsraten ist, wurden die Unternehmen auch nach den Gründen gefragt, die aus ihrer Sicht für die Nutzung des KV sprechen (vgl. Bild 3). Dabei geben knapp 80 % der Befragten an, dass für sie der KV eine preisgünstige Alternative darstellt. Dies scheint auf den ersten Blick in einem gewissen Widerspruch zu den oben genannten Nachteilen des KV wie hohe Vor- und Nachlaukosten etc. zu stehen. Die Erfahrung zeigt, dass die Unternehmen, die sich auf den KV ausgerichtet haben und bei deren Verkehren die sonstigen Rahmenbedingungen wie lange Distanzen, zumeist internationale Verkehre, weitgehende Paarigkeit der Transporte und ein hohes Ladevolumen stimmen, Wettbewerbsvorteile mit dem KV realisieren können. Einen zentralen Vorteil spielt der KV beim Transport schwerer Güter aus, weil hier auch im Vor- und Nachlauf zum Terminal 44 t Gesamtgewicht ausgeschöpft werden können. Für vergleichbar viele Unternehmen ist die gute Planbarkeit und Zuverlässigkeit des KV ein weiterer Grund, diesen zu nutzen. Die Ausnahme vom Sonntagsfahrverbot sowie die Vorteile bei der KFZ-Steuer spielen nur eine untergeordnete Rolle. Einige Verlader und Dienstleister sind mit ihrer Logistikorganisation auf die Nutzung von Wechselbrücken, Containern oder Sattelanhängern ausgerichtet, sodass der KV eine interessante Alternative ist. Hier können auch einige Dienstleister ihre Vorteile ausspielen: Fast zwei Drittel der Dienstleister, die den KV nutzen, geben an, dass der KV es ermöglicht, mit wenigen Fahrzeugen und Fahrern ein großes Ladungsvolumen zu bewegen. Gleichzeitig spricht fast die Hälfte dieser Dienstleister davon, durch eine gute Vor- und Nachlauforganisation die Systemkosten des KV reduzieren zu können. Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 40 LOGISTIK Kombinierter Verkehr Für viele Unternehmen ist der KV auch gerade im Seehafenhinterlandverkehr 4 attraktiv, zumal hier viele Vorteile wie zumeist längere Distanzen, vergleichsweise hohe Sendungsgewichte, eine geringere Eilbedürftigkeit und kein zusätzlicher Umschlag im Hafen zusammenkommen. Als zentraler Grund für den KV wird auch die Umweltfreundlichkeit angegeben. Dies sollte jedoch nicht überbewertet werden. Bei der Umfrage waren Mehrfachnennungen möglich, so dass viele Unternehmen (auch) die Umweltfreundlichkeit als Grund für den KV angegeben haben. Gleichzeitig zeigen aber fast alle Untersuchungen zu dem Thema, dass die Kunden kaum bereit sind, für die Umweltfreundlichkeit mehr zu zahlen. Bei einem vergleichbaren Preis-Leistungs- Verhältnis kann die Umweltfreundlichkeit jedoch zum entscheidenden Faktor werden, ihre KV-Aktivitäten auszubauen. Verbesserungspotenziale Unternehmen, die den KV nutzen, wurden auch danach gefragt, welche Verbesserungen bei den bestehenden KV-Verkehren notwendig sind. Dabei sehen knapp 70 % der Verlader die mangelnde Flexibilität des KV als problematisch an. Da bei dem spurgebundenen Schienensystem systembedingte Grenzen im Hinblick auf die Flexibilität bestehen, wird man hier nie die hohe Flexibilität des LKW erreichen. Interessant ist, dass die gefragten Dienstleister die mangelnde Flexibilität auch als bedeutend aber mit ca. 45 % als weniger kritisch ansehen, was womöglich daran liegt, mit eigenen (verkehrsträgerübergreifenden) Kapazitäten lexibler reagieren zu können. Knapp jeweils 48 % der KV-nutzenden Verlader und Dienstleister beklagen die mangelnde zeitnahe Information über den Status der Züge und Sendungen (tracking & tracing). Hier besteht eindeutig Nachholbedarf, ist doch die gesamte Nachlauforganisation auf eine zeitnahe Planung angewiesen. Eine immer noch bedeutende, aber geringere Relevanz hat aus Sicht der Befragten die mangelnde Pünktlichkeit des KV, die unmittelbar zu entsprechenden Anforderungen an zeitnahe Information führt. Interessant ist hier, dass dies Dienstleister mit knapp 45 % weitaus häuiger als Problem nennen als die befragten Verlader (ca. 21 %), was auch damit zusammenhängen kann, dass Dienstleister eher unmittelbar von unpünktlichen Zügen betrofen sind, weil sie zumeist für die Vor- und Nachlauforganisation verantwortlich sind. Viele den KV nutzenden Dienstleister beklagen darüber hinaus, dass oftmals keine ausreichenden Trassen in den gewünschten 53,8% 20,4% 37,6% 23,7% 26,9% 21,5% 32,3% 16,1% 43,6% 16,4% 29,1% 32,7% 23,6% 25,5% 27,3% 18,2% 0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% der KV zu langsam ist. die Zeiten am Terminal nicht passen. unsere in Frage kommenden Transportdistanzen zu kurz sind. das nächste KV-Terminal zu weit en f ernt ist. unserer Dienstleister nicht auf KV ausgerichtet ist. die Vor- und Nachlau k osten zu hoch sind. unser Transportgut nur bedingt KV-a ffi n ist. ab dem Terminal zu wenig Verbindungen angeboten werden. Verlader: Wir nutzen den Kombinierten Verkehr (Lkw/ Bahn mit Umschlag der Ladeeinheit) am KV-Terminal nicht, weil... Umfrage 2014 Umfrage 2011 © BME e.V. / Prof. Dr. Paul Wi t enbrink 2014 Bild 1: Gründe, die aus Sicht der Verlader gegen eine Nutzung des KV sprechen (1) 25,8% 8,6% 23,7% 8,6% 30,1% 26,9% 6,5% 12,9% 12,9% 34,5% 9,1% 18,2% 9,1% 38,2% 10,9% 9,1% 9,1% 12,7% 0,0% 5,0% 10,0% 15,0% 20,0% 25,0% 30,0% 35,0% 40,0% 45,0% die Preise zu hoch sind. die Abrechung zu kompliziert ist. unser Volumen nicht ausreicht, um mindestens eine WB zu füllen. der Service der KV-Operateure zu schlecht ist. der Service der Bahnen zu schlecht ist. unser Dienstleister nicht auf KV eingestellt ist. wir keine Ansprechpartner bei den KV- Operateuren haben. uns keine Preise bekannt sind. uns die Nachlauforganisa i on fehlt. Verlader: Wir nutzen den Kombinierten Verkehr (Lkw/ Bahn mit Umschlag der Ladeeinheit) am KV-Terminal nicht, weil... Umfrage 2014 Umfrage 2011 © BME e.V. / Prof. Dr. Paul Wi t enbrink 2014 Bild 2: Gründe, die aus Sicht der Verlader gegen eine Nutzung des KV sprechen (2) 71,1% 84,2% 39,5% 26,3% 21,1% 28,9% 5,3% 18,4% 64,1% 79,5% 30,8% 33,3% 15,4% 33,3% 2,6% 23,1% 0,00% 10,00% 20,00% 30,00% 40,00% 50,00% 60,00% 70,00% 80,00% 90,00% der KV sehr umwel f reundlich ist. der KV na i onal eine preisgüns i ge Alterna i ve zum Lkw ist der KV im Seehafenhinterlandverkehr we t bewerbsfähig ist. der KV gut planbar und zuverlässig ist. wir auf den Transport von WB, Containern bzw. Sa t elanhängern ausgerichtet sind. wir mit dem KV 44 Tonnen ansta t 40 Tonnen fahren können. wir Vorteile bei der Kfz-Steuer haben. wir vom Sonntags- und Feiertagsverbot ausgenommen sind. Verlader: Wir nutzen den Kombinierten Verkehr von Lkw und Eisenbahn, weil... Umfrage 2014 Umfrage 2011 © BME e.V. / Prof. Dr. Paul Wi t enbrink 2014 2011: Gesamt-KV Bild 3: Gründe, die aus Sicht der Verlader für die Nutzung des KV sprechen Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 41 Kombinierter Verkehr LOGISTIK Zeitlagen vorhanden sind (45 %). Die nicht immer passenden Zeitlagen sind ist in der Tat eine Herausforderung für viele Transport- und Logistikdienstleister. Abgesehen davon, dass zu bestimmten Zeiten eine sehr hohe Trassennachfrage besteht, kommen hier auch die unzureichenden Infrastrukturkapazitäten und (auch in den Abendstunden) die Trassenkonkurrenz zum Personenverkehr zum Tragen. Hier ist eindeutig die Politik gefragt. Zeitliche und räumliche Bündelung Die Umfrage zeigt Anforderungen an den KV auf. Unabhängig davon sind aber auch die Kunden im Hinblick auf ihrer Transportanforderungen gefragt. 5 Je größer die zeitliche und räumliche Bündelung von Transporten, desto größer ist die durchschnittliche Sendungsgröße und damit auch die Chance, komplette Ladungsverkehre auf der Schiene zu organisieren. • Die räumliche Bündelung betrift insbesondere die Frage, ob die Verlader eher Zentrallager mit Distribution eher kleinerer Sendungen oder Regionallager mit gebündelten Transporten zu den Lagern nutzen. Zudem ist es neben der Bündelungsfähigkeit des Transport- und Logistikdienstleisters von großer Bedeutung, ob das Logistiksystem nach dem Pull- oder Push-System organisiert ist. Während beim Pull-System die Nachfrage die Transporte steuert und somit eher kleine Sendungsgrößen resultieren, stehen beim Push-Prinzip das Angebot und die Möglichkeiten der Bündelung von Transportströmen im Vordergrund, was die Chance für die Schiene wesentlich erhöht. • Die zeitliche Bündelung ist im Wesentlichen von der notwendigen Schnelligkeit der Transporte abhängig. Erfolgt z.-B. bei allen Sendungen eine tägliche Lieferung, sind die Sendungsgrößen vergleichsweise gering. Ist es hingegen möglich, die einzelnen (weniger zeitkritischen) Sendungen auf wenige Tage in der Woche (z. B. für bestimmte Relationen) zu konsolidieren bzw. eine höhere Flexibilität bei der Zustellung der Sendungen zu haben, sind ganz andere Bündelungsmöglichkeiten und somit Sendungsgrößen möglich. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt. Für die an Bedeutung immer weiter zunehmenden Stückgutverkehre spielt der KV heute faktisch keine Rolle, zumindest bei nationalen Transporten. Ein Hauptgrund liegt darin, dass Stückgutspeditionsterminals heute so organisiert sind, dass die letzten Sendungen erst am späten Abend gegen 21: 00 h und später das Speditionsterminal verlassen, während die ersten Fahrzeuge schon wieder am frühen Morgen zwischen 3: 00 h und 4: 00 h im Empfangsterminal ankommen müssen, um noch alle Nahverkehrsfahrzeuge des Tages zu erreichen. Da der KV jedoch noch zusätzlich jeweils ca. eine Stunde für den Transport vom Speditionsterminal zum KV-Umschlagbahnhof benötigt, ist die verbleibende Zeit zu kurz, um die notwendigen Distanzen zu überwinden. Gleichzeitig sind lange Distanzen jedoch ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den Einsatz des KV, weil sich dann die hohen Systemkosten auf mehr Kilometer „verteilen“. Daher besteht hier ein Zielkonlikt, da einerseits die möglichen Zeitfenster nur vergleichsweise kurze Distanzen zulassen, während andererseits gerade lange Distanzen für die Wirtschaftlichkeit benötigt werden. Zukünftige Aktivitäten im KV Im Rahmen der vorgestellten Umfrage wurden die Unternehmen auch danach gefragt, wie ihre zukünftigen Aktivitäten im KV aussehen. Dabei geben 59 % der Verlader an, dass sie ihre Aktivitäten im KV in Zukunft ausbauen werden. Die restlichen 41 % planen, die Aktivitäten konstant zu halten. Darüber hinaus gehen nach der Umfrage 58-% der Befragten von einer zunehmenden Bedeutung des KV im Modal-Split aus. Dies stellt gegenüber der Umfrage 2011 eine wesentlich positivere Einschätzung dar, gingen damals doch nur 36- % der Unternehmen von einem steigenden Schienenanteil aus. Insofern sind die Erwartungen an den KV hoch, jetzt geht es darum, diese Erwartungen auch in die Realität umzusetzen. ■ 1 So wird nach der aktuellen Mittelfristprognose Winter 2014/ 15 im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur für den KV im Zeitraum von 2014 bis 2018 in Gesamtwachstum der Transportleistung (tkm) von 12,5% prognostiziert, während der Gesamtverkehr nur um 7,4% (Eisenbahn insgesamt 5,6%, vgl. eigene Berechnungen nach [1], S. 27 2 Nach der bisherigen Schätzung wird der Anteil des Straßengüterverkehrs am Gesamtverkehr 2014 bei 71,3% liegen; vgl. eigene Berechnungen nach Intraplan Consult GmbH… [1], S. 27. 3 Nachdem der Autor gemeinsam mit dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik BME e.V. bereits im Jahr 2011 eine Umfrage zum KV durchgeführt hat, wurde diese Ende 2014 wiederholt. Im September 2014 wurden 202 Einkäufer logistischer Dienstleistungen und Frachtführer aus Industrie und Handel befragt, wie sie die Chancen und Risiken des KV beurteilen. An der Umfrage haben sich zu ca. 53 % Einkäufer (Verlader) und zu ca. 47 % Transport- und Logistik-Dienstleister sowie sonstige Dienstleister beteiligt, vgl. [2] und [3]. 4 Bei der Interpretation der Daten ist zu berücksichtigen, dass die Beurteilung des KV-Einsatzes im Seehafenhinterlandverkehr nicht für alle Unternehmen möglich ist, da nur ein Teil von ihnen den maritimen KV nutzt. 5 Vgl. [4], S. 341f. LITERATUR [1] Intraplan Consult GmbH, Ralf Ratzenberger: BAG-Luftverkehr (2015) Gleitende Mittelfristprognose für den Güter- und Personenverkehr - Mittelfristprognose Winter 2014/ 15, München/ Köln [2] Wittenbrink, P.; Gburek G. (2014): BME/ DHBW-Umfrage „Kombinierter Verkehr 2014 - Chancen und Risiken“; Frankfurt [3] Wittenbrink, P.; Gburek G. (2011): BME/ DHBW-Umfrage zum Transportmarkt 2012; Frankfurt [4] Wittenbrink (2014): Transportmanagement - Kostenoptimierung, Green Logistics und Herausforderungen an der Schnittstelle Rampe; Wiesbaden Paul Wittenbrink, Prof. Dr. Professor für Transport und Logistik, Duale Hochschule Baden-Württemberg, Lörrach; Gesellschafter, hwh Gesellschaft für Transport- und Unternehmensberatung mbH, Karlsruhe, und hwh Beratungsgesellschaft, Luzern wittenbrink@dhbw-loerrach.de 57,1% 61,9% 42,9% 52,4% 23,8% 19,0% 47,5% 45,0% 45,0% 45,0% 30,0% 27,5% 0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% 70,0% wir sind nicht zufrieden mit den zeitnahen Informa i onen über Status der Züge/ der Sendungen (Tracking & Tracing). der KV ist zu hä ufig unpünktlich. es sind o t mals keine ausreichenden Trassen in den gewünschten Zeitlagen vorhanden. die Flexibilität des KV ist uns insgesamt zu gering. wir benö i gen feste Kapazitätszusagen, die wir o t mals nicht bekommen. die IT-Systeme der Operateure sind zu wenig auf unsere Anforderungen ausgerichtet. Dienstleister: Wir nutzen den KV von Lkw und Eisenbahn, aber… 2014 2011 © BME e.V. / Prof. Dr. Paul Wi t enbrink 2014 Bild 4: Notwendige Verbesserungen bei bestehenden Verkehren (Dienstleister) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 42 LOGISTIK Wissenschaft Management von E-Commerce-Supply Chains Kundenanforderungen und Trends in der Letzte-Meile-Distribution E-Commerce, Onlinehandel, Distributionslogistik, Letzte Meile, Schweiz In den vergangenen Jahren erfuhr der E-Commerce ein starkes Wachstum. Diese positive Entwicklung ist jedoch mit zahlreichen Herausforderungen in der Logistik verbunden. Die zunehmende Anzahl an kleinteiligen Sendungen sorgt für hohe Kosten in der Distribution. Weiterhin muss aufgrund erhöhter Rücksendungen ein eizientes Retourenmanagement angeboten werden. Schließlich gilt es alternative Zustellungsformen zur Überbrückung der Letzten Meile zu eruieren, um dem Cross-Channel-Anspruchsdenken der Kunden gerecht zu werden. Die Autoren: Erik Hofmann, Katrin Oettmeier D er Handel von physischer Ware und Dienstleistungen über elektronische Medien boomt. Allein im Geschäft mit Endkunden stiegen die Umsätze im Schweizer Onlinehandel zwischen 2010 und 2012 um 17 %. Eine wirkliche Sättigung zeichnet sich bislang noch nicht ab [1]. Der starke Onlinehandel kommt auch der Logistikbranche zugute. So war in den vergangenen Jahren insgesamt eine Zunahme der Transportleistungen in der Schweiz zu beobachten. Dies ist unter anderem auf die weiterhin steigende Bedeutung des E-Commerce und die Tendenz hin zu kleineren Sendungsgrößen, dafür aber häuigeren Transporten, zurückzuführen („Güterstrukturefekt“). Welche Anforderungen stellen die Kunden im Onlinehandel an die Distributionslogistik? Können die Akteure in E-Commerce-Supply Chains diese Anforderungen erfüllen? Welche Trends zeichnen sich ab für die Abwicklung der „letzten Meile“ im Onlinehandel? Im Folgenden werden diese und weitere Fragen anhand von Untersuchungen zum E-Commerce in der Schweiz unter die Lupe genommen. Der Fokus liegt dabei sowohl auf dem Geschäft mit Endals auch mit Geschäftskunden. Grundlage für die Betrachtungen bildet eine im Rahmen der Logistikmarktstudie Schweiz durchgeführte Befragung unter 182 Schweizer Industrie- und Handelsunternehmen sowie Logistikdienstleistern aus dem Jahr 2014 [2]. Hohe Kundenanforderungen und Verbesserungspotentiale für die E-Commerce-Supply Chain Kunden im E-Commerce können von einer erhöhten Markttransparenz, Bequemlichkeits- und Zeitvorteilen proitieren [3]. In Bezug auf die Distributionslogistik im Onlinehandel scheinen für sie vor allem unkomplizierte Retourenprozesse von Bedeutung zu sein. Dies zumindest lässt sich aus den Einschätzungen von Schweizer Verladern über Kundenanforderungen im E-Commerce entnehmen (Bild 1, linker Balken). Ein Grund für die wichtige Rolle des Retourenmanagements ist das generell erhöhte Retourenaukommen im Onlinehandel. Da Käufer im E-Commerce keine Möglichkeit auf eine persönliche Beratung oder das Austesten eines Produktes im Vorfeld einer Bestellung haben, kommt es hier häuig zu Rücksendungen (sogenannter „Zalando-Efekt“). Eine einfache Retourenabwicklung kann somit Wettbewerbsvorteile ermöglichen. Zugleich treibt sie jedoch auch die Kosten in die Höhe. Basierend auf den Angaben der befragten verladenden Industrie- und Handelsunternehmen beläuft sich der relative Beitrag der Retourenabwicklung zu den Kosten im Onlinehandel auf knapp 20 %. Das heißt, ein Fünftel der Kosten im E-Commerce entfällt auf den Bereich Rücknahme und Retourenmanagement. Eine bedeutende Rolle für Kunden im E-Commerce spielen zudem transparente Informationslüsse (z.B. die Möglichkeit der Sendungsverfolgung) und lieferzeitbezogene Aspekte (z. B. lexible Zustellzeiten). Die Cross-Channel-Distribution wird hingegen als weniger relevant eingeschätzt. Cross-Channel meint hierbei, dass Kunden für den Bezug von Produkten oder Dienstleistungen unterschiedliche Kanäle (z. B. Online- und stationärer Handel) gleichzeitig oder nacheinander nutzen [4]. Auch die Bündelung von Lieferungen über mehrere E-Commerce-Anbieter scheint von eher geringer Bedeutung für Kunden im E-Commerce zu sein. Dies ist vermutlich auch nur schwer umsetzbar. Es müssten zum Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 43 Wissenschaft LOGISTIK einen die Auftragserfassungssysteme verschiedener Anbieter im Onlinehandel miteinander verbunden sein, zum anderen ist ein hoher Koordinationsaufwand erforderlich, um die Aufgaben zwischen den Akteuren aufzuteilen. Generell zeichnet sich ab, dass bei der Distributionslogistik im E-Commerce noch erhebliche Verbesserungspotenziale bestehen. So liegt der Grad, zu dem die Unternehmen die Kundenanforderungen im Onlinehandel erfüllen können, zum Teil deutlich hinter der Bedeutung zurück, die den jeweiligen Anforderungen beigemessen wird (Bild 1, rechter Balken). Bei den befragten Logistikdienstleistern ist die Lücke zwischen dem Zielzustand und dem aktuellen Grad der Anforderungserfüllung besonders groß bei der Rückerstattung von Kosten im Rahmen der Retourenabwicklung. Möglicherweise sind die Dienstleister oft nicht in die Zahlungsabwicklung im E-Commerce involviert. Dann wäre es für die Logistikunternehmen auch nicht sinnvoll, größere Anstrengungen in diesem Bereich anzustellen - es sei denn, die Verwaltung von Zahlungslüssen soll als Value-Added Service im Rahmen eines ganzen Leistungsbündels mit angeboten werden. In der Schweiz versucht beispielsweise die Schweizerische Post, mit diesem Ansatz bei ihren Kunden zu punkten. Neben dem Retourenmanagement treibt auch das Auspacken und Prüfen der Waren sowie die Neuetikettierung die Kosten im E-Commerce in die Höhe. Die relativ hohen Aufwendungen in diesem Bereich lassen sich darauf zurückführen, dass es sich um relativ zeit- und arbeitsintensive Tätigkeiten handelt, die nur bedingt automatisiert werden können. Hingegen hat die Entsorgung von Verpackungen und Gütern mit rund 5 % nur einen relativ geringen Anteil an den Kosten im E-Commerce. Vermutlich gibt es hier bereits ziemlich eiziente, eingespielte Abläufe, z.B. indem sämtliche Entsorgungsaktivitäten von spezialisierten Entsorgungsunternehmen übernommen werden. Ein hohes Potenzial für Rentabilitätssteigerungen (Kostensenkungen oder Erlössteigerungen) gibt es laut den befragten Unternehmen vor allem in der Beschafung und Lagerhaltung der Waren und Güter im E-Commerce. Grund dafür könnte sein, dass sich in diesem Arbeitsfeld eine Automatisierung besonders anbietet. So lässt sich z. B. die Ein- und Auslagerung von Waren in Hochregal- und Kleinteilelagern durch den Einsatz spezieller Regalbediengeräte beschleunigen. In der Auftragsabwicklung wird hingegen nur wenig Potenzial für Rentabilitätssteigerungen gesehen. Vermutlich gibt es in diesem Bereich bereits relativ eiziente Prozesse, da die meisten Aufgaben in der Auf- Bild 1: Kundenanforderungen an die Distributionslogistik im E-Commerce und Grad der Anforderungserfüllung bei Verladern (Quelle: Logistikmarktstudie Schweiz, Band 2015) HINTERGRUND Anmerkungen zum Befragungsdesign Die Befragung zu E-Commerce-Supply Chains wurde durch den Lehrstuhl für Logistikmanagement der Universität St.Gallen und GS1 Schweiz im Sommer 2014 durchgeführt. Angeschrieben wurden rund 2300 Schweizer Industrie- und Handelsunternehmen sowie Logistikdienstleister, wobei die Rücklaufquote an Fragebögen bei rund 8 % lag (131 Verlader, 51 Logistikdienstleister). Die Umfrage ist Teil der im Januar erschienenen Logistikmarktstudie Schweiz, Band 2015. Die Studie ist das Nachschlagewerk für die Schweizer Logistikbranche. Mit der Publikation wird der nationale Logistikmarkt transparent und ofen dargestellt. Die Logistikmarktstudie wird jährlich aufdatiert, überarbeitet, ergänzt und aktualisiert. Sie liefert wertvolle Informa tionen über den Gesamtmarkt, die einzelnen Segmente, Standorte, Potenziale und Trends im Logistikmarkt Schweiz. Der Fokus von Band 2015 liegt erstmalig auf Supply Chain-Trends und Strategien in der Schweiz. Weitere Informationen zur Logistikmarktstudie Schweiz inden Sie unter www.logistikmarkt.ch. Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 44 LOGISTIK Wissenschaft tragsabwicklung mithilfe von IT-Lösungen und Technologien automatisiert werden. Für eine lückenlose Auftragsnachverfolgung (Tracking) ist beispielsweise der Einsatz von entsprechenden IT-Systemen erforderlich. Dies wiederum reduziert den manuellen Aufwand. Neue Konzepte für die „Letzte Meile“ in der E-Commerce-Supply Chain Aufgrund der hohen Anzahl an kleinteiligen Sendungen, speziell im Privatkundengeschäft, gilt die „Letzte Meile“ in E-Commerce-Supply Chains als neuralgischer Abschnitt und vor allem als kostspielig. 50 bis 60 % der Frachtkosten im B2C-Segment fallen auf den letzten Lieferabschnitt. Dies macht die Letzte Meile nicht nur zum ineizientesten und umweltschädlichsten, sondern auch teuersten Abschnitt in der gesamten Logistikkette [5]. Der Begrif der „Letzte-Meile-Distribution“ bezeichnet dabei den letzten Abschnitt der Auslieferung hin zum Kunden (Geschäftskunde oder Endkunde). In der Eidgenossenschaft spielt aktuell die Zustellung durch die Schweizerische Post und private KEP-Dienstleister die wichtigste Bedeutung bei der Überbrückung der „letzten Meile“ im E-Commerce. Dies lässt sich aus den Einschätzungen von Verladern und Logistikdienstleistern zur Bedeutung verschiedener Ansätze bei der Abwicklung des letzten Lieferabschnitts ableiten. Der Grund für die derzeit so dominierende Rolle von Post- und KEP-Diensten in der „Letzte-Meile-Distribution“ könnte ein Mangel an lächendeckenden Alternativen sein. Wenngleich bereits alternative Zustellkonzepte existieren, beispielsweise Filialdienste und Pickpoints, haben sich diese scheinbar noch nicht allzu stark etabliert. In den kommenden 10 Jahren ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Konkurrenzsituation bei der Zustellung der „letzten Meile“ verschärfen wird. Die Unternehmen rechnen insbesondere damit, dass Firmenbelieferungskonzepte, Pickpoint-Modelle und automatische Schließfachsysteme (z.B. Packstationen) stark an Bedeutung gewinnen werden (Bild 2). Selbst die derzeit noch etwas futuristisch anmutende Auslieferung über Mini-Drohnen wird laut Angabe der Befragten im Vergleich zum aktuellen Niveau an Relevanz gewinnen. Bereits im Jahr 2013 stellte der Onlinehändler Amazon einen Prototyp für ein solches automatisches Fluggerät dar. In drei bis vier Jahren plant das Unternehmen, eilige Bestellungen über Helikopter-Drohnen abzuwickeln. Die hochautomatisierten Fluggeräte sollen Geschwindigkeiten von über 80 km/ h zurücklegen können. Aufgrund einer maximalen Traglast von 2,5 kg könnten 86 % der von Amazon vertriebenen Produkte per Drohne zugestellt werden [6]. Die Rolle der Schiene in E-Commerce-Supply Chains Der überwiegende Teil der Sendungen im Onlinehandel wird über die Straße abgewickelt. Hingegen gilt der umweltschonendere Schienengüterverkehr als Transportoption für den E-Commerce bislang als eher weniger attraktiv. Grund hierfür könnte sein, dass die Unternehmen die Schiene generell als eher weniger geeignet für Sendungen des E-Commerce einstufen (z. B. weil relativ viele kleinteilige Sendungen verteilt werden müssen). Womöglich fehlen „schnittstellenüberbrückende“ Angebote an den Bahnhöfen, welche den Umschlag zwischen Schiene und Straße (für die Letzte Meile) eizient abwickeln. Dabei könnten gerade kleinteilige und besonders eilige Sendungen in den Taktfahrten des Personenverkehrs mitbefördert und somit die Kapazitäten auf der Schiene in Rand- und Zwischenzeiten besser ausgelastet werden. Dies würde einer Wiederbelebung des 1997 in Deutschland und 2004 in der Schweiz eingestellten „Bahnpostverkehrs“ gleichkommen. Laut den befragten Bild 2: Bedeutung von Ansätzen zur Überbrückung der „letzten Meile“ im E-Commerce heute und in zehn Jahren gemäß Einschätzung von Verladern (Quelle: Logistikmarktstudie Schweiz, Band 2015) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 45 Wissenschaft LOGISTIK Verladern und Logistikdienstleistern stellt zeitliche Flexibilität das Haupthindernis dar bei der Nutzung der Schiene für Sendungen des E-Commerce. Darüber hinaus mindern fehlende Angebote zu gewissen Zeiten die Attraktivität des Schienengüterverkehrs. Dies lässt darauf schließen, dass die Schnelligkeit der gesamten Zustellung (nicht nur einzelner Abschnitte) für Anbieter im Onlinehandel von herausragender Bedeutung bei der Wahl des Verkehrsträgers ist. Unzuverlässigkeit wird stattdessen als eine weniger schwerwiegende Hürde für die Nutzung des Schienengüterverkehrs empfunden. Daraus kann abgeleitet werden, dass die Schiene in der Schweiz generell als ein eher zuverlässiger Verkehrsträger gilt. Gemäss den Befragten könnte vor allem ein jährlicher „all in“-Preis im Sinne eines Güter-Generalabonnements den Schienengüterverkehr für Sendungen des E-Commerce attraktiver machen (Bild 3). Darüber hinaus würden auch mengengerüstabhängige Preise einen gewissen Anreiz darstellen, um die Schiene stärker für die Distribution im Onlinehandel einzusetzen. Preisnachlässe bei Frühbuchungen und Preisreduktionen im Fall von Lieferverschiebungen stellen hingegen eher schwache Anreize dar. Ein Blick in die Zukunft der E-Commerce-Supply Chains Ob im B2C- oder im B2B-Bereich: Die Zeichen für den Onlinehandel stehen auch weiterhin auf Wachstum. Machte der E-Commerce in 2013 knapp 4,5 % vom Schweizerischen Detailhandelsvolumen aus, wird sich Analysen zufolge dieser Anteil bis zum Jahr 2020 auf fast 11 % steigern. Selbst im Lebensmittelbereich, der aufgrund der besonderen Anforderungen an die Kühlung als weniger geeignet für den Onlinehandel gilt, wird ein Wachstum von rund 1,5 % (2013) auf ca. 3,5 % (2020) erwartet [7]. Neben einem erhöhten Güteraukommen im E-Commerce ist mit steigenden Anforderungen an die Liefergeschwindigkeit zu rechnen. Während Lieferungen binnen 24 Stunden im DACH-Raum aktuell bereits quasi Standard sind, verschieben sich die Kundenerwartungen immer stärker hin zur „Same day delivery“. Dies erhöht den Leistungsdruck auf die Akteure in E-Commerce-Supply Chains. Um vom wachsenden Onlinehandel proitieren zu können, sind daher neue, innovative Distributionskonzepte gefordert, damit die anspruchsvollen Kundenwünsche erfüllt und die Kosten auf der „letzten Meile“ reduziert werden können. ■ QUELLEN [1] Rudolf, T., Emrich, O., Böttger, T., Essig, E., Metzler, T., Pfrang, T., & Reisinger, M. (2013): Der Schweizer Online-Handel - Internetnutzung Schweiz 2013. [2] Stölzle, W., Hofmann, E., & Oettmeier, K. (2015): Logistikmarktstudie Schweiz, Band 2015 - Supply Chain-Analysen, Trends und Strategien. [3] Birkhofer, B. (2001): E-Commerce als innovativer Absatzkanal - Ein entscheidungsorientiertes Modell. [4] Schögel, M., Sauer, A., & Schmidt, I. (2004): Multichannel-Management - Vielfalt in der Distribution. [5] Gevaers, R., Van de Voorde, E., & Vanelslande, T. (2014): Cost Modelling and Simulation of Last-mile Characteristics in an Innovative B2C Supply Chain Environment with Implications on Urban Areas and Cities. [6] Amazon (2014): Amazon Prime Air - Amazon Petition for Exemption. [7] CreditSuisse (2015): Retail Outlook 2015. Erik Hofmann, Prof. Dr. Titularprofessor und Vize-Direktor, Lehrstuhl für Logistikmanagement (LOG-HSG), Universität St.Gallen erik.hofmann@unisg.ch Katrin Oettmeier, M.Sc. Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Lehrstuhl für Logistikmanagement (LOG-HSG), Universität St.Gallen, katrin.oettmeier@unisg.ch Bild 3: Anreize zur Nutzung der Schiene für Sendungen des E-Commerce gemäß Verladern (links) und Logistikdienstleistern (rechts) (Quelle: Logistikmarktstudie Schweiz, Band 2015) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 46 LOGISTIK EXTRA transport logistic 2015 Logistik-Trefen an-der Isar Zum 15. Mal findet in diesem Jahr vom 5. bis 8. Mai die transport logistic statt, die weltweit größte Veranstaltung für die Transport- und Logistikbranche. Im Verbund mit verschiedenen Parallelveranstaltungen präsentiert sich hier die ganze Breite an Dienstleistungen und Produkten aus den Bereichen Güterverkehr und Logistik zu Land, zu Wasser und in der Luft. M it neun Messehallen und Freigelände ist die transport logistic die größte Veranstaltung der Branche weltweit, mehr als 2000 Aussteller aus 62 Ländern sind in diesem Jahr angemeldet. Dabei wird die Messe immer internationaler: Der Anteil internationaler Aussteller liegt bei 48 %. Highlights lässt auch das Rahmenprogramm erwarten. Über 300 Referenten aus Industrie, Transportwirtschaft und Politik diskutieren auf über 45 Veranstaltungen aktuelle Trends und Herausforderungen der Branche. Dabei stehen die Herausforderungen der Lebensmittellogistik und in der Innenstadtlogistik im Fokus, das Thema Industrie 4.0 sowie der Einsatz von 3D-Druckern in der Logistikindustrie. Digitale Technologien und E-Commerce verändern auch die Transport- und Logistikbranche, intelligente Informations- und Kommunikationssysteme sind mittlerweile unverzichtbar. Daher ist einer der Schwerpunkte das Thema Digitalisierung. Den Besucher erwarten viele spannende Diskussionen und Foren zum Thema Einsatz, Grenzen und Möglichkeiten der digitalen Technologien in der Transport- und Logistikindustrie. CeMAT@transport logistic Nach einem ersten vielversprechenden Start der „CeMAT@transport logistic 2013“ in München und dem erfolgreichen Verlauf der „transport logistic@CeMAT 2014“ in Hannover setzen die Leitmessen CeMAT und transport logistic ihre Kooperation im Bereich Logistik fort und starten nun ein überarbeitetes Konzept: Der Bereich Intralogistik wird künftig dezentral in fünf Hallen der transport logistic angesiedelt. Integriert in den besucherstarken Hallen für Dienstleistungen, Logistik und Systeme des Güterverkehrs, ver- 2015-02-06 RC-AZ-LEISTUNGSTRÄGER-FIN.indd 2 06.02.15 10: 52 Außenfläche der transport logistic Foto: Axel Scheibert Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 47 transport logistic 2015 Logistik EXtRA spricht dies eine enge Verknüpfung zwischen Logistik und Intralogistik hohe Synergieefekte. Dieses Themenspektrum wird sich auch im Rahmenprogramm der transport logistic widerspiegeln: Auf vier Forumsbühnen werden aktuelle Themen der Logistik und Intralogistik präsentiert. Air Cargo Europe 2015 jetzt am-Eingang West Wie gewohnt indet im Rahmen der transport logistic auch die weltweit größte Branchenveranstaltung für Luftfracht statt: Künftig ist die Air Cargo Europe direkt über den Eingang West der Messe München erreichbar - ihre Ausstellungsläche umfasst 11 000 m 2 . Über 200 Unternehmen aus über 40 Ländern werden zu diesem Luftfracht-Event erwartet - darunter neue Aussteller aus dem asiatischen Raum oder aus Südafrika. Viele Unternehmen sind jedoch seit Jahren auf der Air Cargo Europe präsent. Begleitend zur Ausstellung startet am zweiten Messetag die Air Cargo Europe Conference, die 7. Internationale Luftfrachtkonferenz. Unterstützt wird die Konferenz erstmalig durch die International Air Cargo Association (TIACA), die als Partner eine von zwei Diskussionsrunden organisiert. Unter dem Titel „Daten und Sicherheit: Was kommt als Nächstes? “ diskutieren Branchenexperten, wie gespeicherte Daten der Luftfrachtbranche so aubereitet werden können, dass sie bei der Weiterentwicklung der Luftsicherheit helfen können. Und zum Thema „E-Commerce in der Luftfracht“ wird diskutiert, wie die Luftfrachtbranche das Potenzial des elektronischen Handels für sich heben, um die eigenen Prozesse zu optimieren. Der Besuch der Konferenz ist im Eintrittspreis der transport logistic inbegrifen. Maritime Logistik stark vertreten Die maritime Wirtschaft ist eine Wachstumsbranche. Allein in Deutschland ist die maritime Logistik mit mehr als 380 000 Beschäftigten und einem Umsatzvolumen von rund 50 Mrd. EUR jährlich einer der wichtigsten Wirtschaftszweige. Allein aus diesem Bereich präsentieren über 170-Unternehmen ihre Dienstleistungen auf der transport logistic - darunter Hafenausrüster, Liniengesellschaften und Reedereien. Noch nie waren so viele Binnen- und Seehäfen sowie Binnen- und Seeschifsreedereien aus dem In- und Ausland vertreten. Gemeinsam präsentieren sich unter anderem Häfen aus Norwegen, Finnland, den Niederlanden, Frankreich, Italien und Spanien, dazu kommen Aussteller etwa aus Saudi Arabien, Bahrain und Indonesien. Bereits zum achten Mal indet am ersten Messetag die mariLOG, Internationale Konferenz für maritime Logistik, statt. Organisiert von der DVV Media Group diskutieren Experten über das Thema „In der Schwefelfalle - Welche Auswirkungen die seit Anfang des Jahres geltenden, strengeren Schwefelgrenzwerte in Nord- und Ostsee auf Verkehrsströme und Preise haben“. Zudem gibt es einen NVOCC Services Worldwide Air Cargo Europe 2015 Foto: Axel Scheibert Intralogistik in die Messe integriert Foto: Axel Scheibert Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 48 LOGISTIK EXTRA transport logistic 2015 Vortrag zum Thema „Schiffahrt und Klimaschutz - Wie passt das zusammen? “. Im Rahmenprogramm sind weitere Foren rund um den Hafen zu inden, etwa zum Thema „Automatisierung in Häfen notwendige Investition zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit oder teure technische Spielerei? “ Am Donnerstag geht es um „Häfen des Nordens versus Häfen des Südens: Zusammenschluss oder neues Gleichgewicht“ sowie „Strukturwandel im Containerverkehr der europäischen Seehäfen - Auswirkungen auf den Hinterlandverkehr und Binnenterminals“. Und zum Bereich Binnenverkehr gibt es das Forum „Donau - der neue Rhein? “ an, in dem die zunehmende Bedeutung der Donauverkehre beleuchtet wird. Digitalisierung - Logistik 4.0 Intelligente Informations- und Kommunikationssysteme sind heute ganz selbstverständlich in der Logistikbranche. In dieser globalisierten Branche bietet Digitalisierung viel Potenzial, zum Beispiel durch Kostenreduktion, mehr Flexibilität und höhere Transparenz. Sie stellt die Unternehmen aber auch vor Herausforderungen wie der Datensicherheit und der fehlenden kommunikativen Infrastrukturen. Das wachsende Interesse spiegelt sich auch auf der transport logistic wider: Mit rund 200 angemeldeten Unternehmen belegt der IT-Bereich die gesamte Halle B2. Welche Anwendungen und welche Trends es gibt, erfahren Aussteller und Besucher am Dienstag in der Veranstaltung „Intelligente Welt das Bühnenmagazin“. Am selben Tag indet das Forum „Industrie 4.0 - ein Zukunftskonzept auf der Basis von AutoID- und RTLS-Systemen“ statt. Gesprächsrunden zu Big Data veranstalten das Deutsche Verkehrsforum e.V. und BITKOM e.V. am Donnerstag: So thematisiert „Logistik Digital - Was bringen Big Data, Cloud und Co? “ die Grenzen der Digitalisierung, ihren Wert für kleine und mittlere Unternehmen und die Verlagerung der Wertschöpfung von der Transportkette hin zu IT-Dienstleistern. Der stetig wachsende Onlinehandel ist das Thema bei „Intralogistik in Zeiten des E-Commerce - Technologien und Potenziale“. Eine weitere Veranstaltung beschäftigt sich mit dem Thema „Logistics Solutions made in Germany: Innovative Lösungsansätze für E-Commerce“. Das heißt: Praktisch alle Themen, die aktuell die Branche bewegen, werden auf dieser Messe zu inden sein. Und wie in jedem transport logistic-Jahr werden die vier Messetage viel zu kurz sein … www.transportlogistics.de ■ www.zarges.de/ innovationen Z 600 Plattformtreppe, fahrbar mit ergonomischen Bremsfunktionen ZARGES K 424 XC die mobile Aluminiumkiste ZARGES Innovationen 2015 Steigen. Verpacken, Transportieren. Maritime Logistik mit Zuwächsen Foto: Axel Scheibert Zahlreiche Konferenzen und Foren Foto: Christian Hartlmaier Toll Collect erhebt in Deutschland die Maut für Lkw ab 12 Tonnen auf Autobahnen und ausgewählten Bundesstraßen. Innovativ und zuverlässig mit moderner Technologie. 24 Stunden am Tag. 365 Tage im Jahr. Mobilität sichern - mit Intelligenz und Weitblick! TOLL COLLECT - INNOVATIV UND ZUVERLÄSSIG www.toll-collect.de Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 50 LOGISTIK Luftverkehr Luftverkehrsstandort Türkei Der dynamische Markt am Bosporus Luftverkehrsmarkt Türkei, Umsteigeverkehr, Turkish Airlines, Lufthansa Analysen zur Wettbewerbssituation des Luftverkehrsstandortes Deutschland betonen zumeist die Herausforderungen durch die stark expandierenden Fluggesellschaften aus den Golfstaaten. Dabei gerät die Türkei als mindestens ebenso ambitionierter und erfolgreicher Akteur leicht aus dem Blick. In diesem Beitrag steht daher der Luftverkehrsstandort Türkei im Mittelpunkt. Dabei gilt ein besonderes Augenmerk der Anbindung deutscher Flughäfen durch Turkish Airlines über das Luftverkehrsdrehkreuz Istanbul. Die Autoren: Richard Klophaus, Frank Fichert A ls Schwellenland mit bedeutendem Tourismussektor verfügt die Türkei über gute Voraussetzungen für eine dynamische Luftverkehrsentwicklung. Bei einer rund doppelt so großen Fläche wie Deutschland hat das Land heute eine um rund 5 Mio. geringere Einwohnerzahl, wobei sich der Abstand aufgrund der unterschiedlichen Geburtenraten in beiden Ländern verringert. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt bei rund einem Viertel des deutschen Wertes; die Wachstumsrate ist deutlich höher, Inlation und Arbeitslosenquote allerdings auch. Die türkische Bevölkerung ist regional stark konzentriert: rund 40 % der Einwohner leben in den zehn größten Städten (in Deutschland sind dies weniger als 14 %), fast 14 Mio. Menschen in der Metropole Istanbul. Luftverkehrsmarkt: Hohes Wachstum, starke Konzentration Mit 150 Mio. Passagieren auf den türkischen Flughäfen im Jahr 2013 beträgt das Luftverkehrsaukommen rund 75 % des deutschen Wertes. Angesichts der größeren Bedeutung des Inlandsverkehrs in der Türkei vergrößert sich der Abstand, wenn um die Doppelzählung der Inlandspassagiere bereinigt wird. Der türkische Luftverkehrsmarkt ist stark konzentriert. 80 % des Passagieraufkommens entfallen auf die fünf größten Flughäfen (in Deutschland rund 75 %). Der Istanbuler Flughafen Atatürk (IST) alleine hat einen Marktanteil von einem Drittel. Beeindruckend sind die hohen Wachstumsraten (siehe Bild 1). Die Passagierzahl hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt. Die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten auf den größten Flughäfen reichen von 7,5 % in Antalya bis zu 33 % auf dem zweiten Istanbuler Flughafen Sabiha Gökçen (SAW). Die staatliche Flughafenholding DHMI besitzt 44 der 49- zivilen Flughäfen [1], wobei auf zahlreichen Flughäfen unterschiedlich ausgestaltete PPP-Projekte zum Einsatz kommen. Privat betrieben werden unter anderem die beiden Istanbuler Flughäfen sowie der Flughafen Antalya, an dem auch Fraport beteiligt ist. Turkish Airlines und andere Fluggesellschaften Bedeutendster Anbieter auf dem türkischen Luftverkehrsmarkt ist Turkish Airlines [2]. Die 1933 gegründete Gesellschaft befand sich zwischen 1977 und 2004 in staatlichem Eigentum und war bis zur Deregulierung des Inlandsmarktes im Jahr 2003 auf innertürkischen Relationen vor Wettbewerb geschützt. Die Teilprivatisierung startete im Jahr 2004. Seit dem Jahr 2006 ist der Staat nur noch mit 49,12 % an der Gesellschaft beteiligt, verfügt aber durch eine „goldene Aktie“ über erweiterte Aktionärsrechte. Im Jahr 2004 begann auch das rasante Wachstum von damals rund 10 Mio. Passagieren auf rund 55 Mio. im Jahr 2014, von denen 58 % auf internationalen Strecken unterwegs sind. Tabelle 1 zeigt wesentliche Strukturdaten von Turkish Airlines im Vergleich zur Lufthansa. Derzeit betreibt Turkish Airlines 265 Flugzeuge, davon 56 Großraumlugzeuge (sog. Widebodies; Airbus 330/ 340 sowie Boeing 777), 200 Verkehrslugzeuge mit einem Gang (sog. Narrowbodies; sowohl Airbus 319/ 320/ 321 als auch Boeing 737) und neun- reine Frachtlugzeuge (sog. Freighters). Im Jahr 2010 lag die Flottengröße noch bei 153 Flugzeugen, d. h. allein in den letzten vier Jahren ist die Zahl der Flugzeuge um über 70% gewachsen (siehe Bild 2). Zusätzlich sind 212 Flugzeuge bestellt, sodass die Flotte bis zum Jahr 2021 auf 435 Maschinen anwachsen soll. Insgesamt sind in der Türkei 15 Fluggesellschaften (2012) auf dem Markt präsent, davon operieren fünf Gesellschaften mit mehr als 10 Flugzeugen. Neben den rein türkischen Airlines Turkish Airlines, Pegasus, Onur Air und Atlas Jet gehört hierzu auch SunExpress, ein Joint Venture von Lufthansa und Turkish Airlines. Turkish Airlines Lufthansa Passage (inkl. Germanwings und LH Regional) 2013 Änderung zum Vorjahr 2013 Änderung zum Vorjahr Passagiere in Mio. 48,3 + 23,6 % 76,3 + 1,4 % Passagierkilometer in Mrd. 92,0 + 23,2 % 153,3 + 2,3 % Sitzladefaktor (in %) 79,0 + 1,4 Punkte 79,1 + 1,0 Punkte Umsatz (Mio. USD) 9826 + 19,3 % 22 975 + 0,2 % Ergebnis (Mio. USD) 357 - 45,7 % 352 + 1.060 % Tabelle 1: Verkehrliche und inanzielle Kennzahlen von Turkish Airlines und Lufthansa (2013) Quelle: Turkish Airlines Annual Report 2013, Lufthansa Geschäftsbericht 2013. LH-Umsatz und Ergebnis mit jahresdurchschnittlichem Dollarkurs umgerechnet. Änderungsraten Lufthansa ohne Wechselkursefekt Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 51 Luftverkehr LOGISTIK Drehkreuz Istanbul Istanbul verfügt über hervorragende strukturelle Voraussetzungen für einen leistungsfähigen Umsteigelughafen. Neben dem großen O&D-Markt (Geschäftsreisende, Touristen, ethnische Verkehre) erweist sich die geograische Lage zwischen Europa und den wachsenden Märkten in Asien als Vorteil für diesen Standort. Der Verkehr ist derzeit auf zwei Flughäfen verteilt. Turkish Airlines nutzt den im europäischen Teil Istanbuls gelegenen Flughafen Atatürk (IST) als primären Umsteigelughafen und ist mit rund 75 % der angebotenen Sitzplatzkapazität dessen Hauptnutzer. Der im Jahr 2001 eröfnete Flughafen Sabiha Gökçen (SAW) im asiatischen Teil Istanbuls wurde zur Entlastung des kapazitätsbeschränkten Flughafens Atatürk errichtet und wird primär von Charter- und Low-Cost-Gesellschaften bedient. Allerdings bietet auch Turkish Airlines dort Inlandslüge sowie ausgewählte internationale Verbindungen an. Die meisten Flüge werden jedoch von Pegasus durchgeführt. Auf beiden Flughäfen gibt es keine Nachtlugrestriktionen. Die Zahl der von Turkish Airlines bedienten Destinationen hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen und betrug 261 im Jahr 2014, davon 218 im Ausland. Folglich ist auch die Konnektivität des Flughafens Istanbul (IST) deutlich gestiegen. Konnektivität wird hierbei als Zahl wettbewerbsfähiger Umsteigeverbindungen bestimmt. Die Wettbewerbsfähigkeit einer konkreten Verbindung hängt dabei von der Anzahl und Qualität konkurrierender Verbindungen auf demselben Städtepaar ab [3]. Der türkische Hub-Flughafen lässt bei dieser Kennzifer nicht nur Dubai (DXB) weit hinter sich, sondern seine Konnektivität liegt inzwischen sogar über derjenigen von großen europäischen Luftverkehrsdrehkreuzen wie Amsterdam (AMS), Paris-Charles de Gaulle (CDG), London- Heathrow (LHR) oder München (MUC) (siehe Bild 3). Nur Frankfurt (FRA) verfügt noch über mehr wettbewerbsfähige Umsteigeverbindungen. Im Jahr 2014 weist Turkish Airlines rund 14 Mio. Transferpassagiere aus, die zwischen zwei internationalen Flügen umgestiegen sind. Anbindung an den deutschen Markt Insgesamt logen im Jahr 2013 rund 6,8 Mio. Passagiere von Deutschland in die Türkei. Bei rund 6,5 Mio. Passagieren mit letztbekanntem Ziel Türkei ergibt sich eine Zahl von rund 300 000 Umsteigern in Istanbul [4]. Im Vergleich zu den aufstrebenden Golf-Airlines verfügt Turkish Airlines über drei wesentliche Vorteile bei der Erschließung des deutschen Marktes, insbesondere für Umsteigepassagiere in Richtung Asien. Erstens haben türkische Fluggesellschaften in der EU einen grundsätzlich uneingeschränkten Marktzugang, sodass eine beliebige Zahl von Flughäfen bedient werden kann. Zweitens existiert eine relevante Nachfrage durch Quelle-Ziel-Passagiere, die für eine Grundauslastung der Flugzeuge sorgen. Die Zahl der Originäreinsteiger zwischen Deutschland und der Türkei betrug im Jahr 2013 rund 6,2 Mio., rund zehnmal so viel wie in die Vereinigten Arabischen Emirate. Drittens ist die Entfernung zwischen Deutschland und Istanbul deutlich kürzer als nach Dubai oder Abu Dhabi, sodass Narrowbodies eingesetzt werden können, die auch für kleinere Märkte geeignet sind. Turkish Airlines bindet derzeit 13 deutsche Flughäfen an ihr Netz an, einschließlich kleinerer Regionallughäfen (s. Tabelle- 2). Auf fünf deutschen Flughäfen bietet Turkish Airlines eine Sitzplatzkapazität an, die bei mehr als 30 % der von Lufthansa angebotenen Sitzplatzkapazität liegt. Wettbewerbsparameter auf Umsteigeverbindungen Die Attraktivität von Umsteigeverbindungen ergibt sich im Wesentlichen durch den Preis, die Gesamtreisezeit sowie die sonsti- 0 5 10 15 20 25 30 35 40 0 10 20 30 40 50 60 Durchschni t l. Wachstum 2008-2013 (in %) Passagiere 2013 (in Mio.) Passagiere durchschni t liches Wachstum p.a. 9 29 56 76 73 119 200 352 1 5 9 7 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 2005 2010 2014 2021 (Plan) Widebody Narrowbody Freighter Bild 1: Passagierzahl und -wachstum der zehn größten türkischen Flughäfen Quelle: DHMI, eigene Berechnungen Bild 2: Flottenentwicklung und -struktur von Turkish Airlines Quelle: Turkish Airlines Annual Reports und Fact Sheets Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 52 Logistik Luftverkehr gen Qualitätsparameter. Für viele Umsteigeverbindungen zwischen ausgewählten deutschen und asiatischen Flughäfen unterscheidet sich die Gesamtreisezeit bei einer Verbindung mit Lufthansa über Frankfurt kaum von derjenigen mit Turkish Airlines über Istanbul. Das allgemein hohe Qualitätsniveau von Turkish Airlines lässt sich unter anderem an den mehrfachen Auszeichnungen durch Skytrax erkennen. Angesichts der vergleichsweise günstigen Kostenstrukturen (die Kosten pro angebotenem Sitzplatzkilometer lagen im Jahr 2013 rund 50% unter denen der Lufthansa) ist auch die preisliche Wettbewerbsfähigkeit gegeben. Expansionspläne Sowohl die türkische Luftverkehrspolitik als auch die Unternehmensleitung von Turkish Airlines verfolgen eine ambitionierte Expansionsstrategie. Die Vision 2023 (in diesem Jahr wird der 100. Jahrestag der Republikgründung begangen) der türkischen Regierung sieht einen weiteren Ausbau der Flughafeninfrastruktur vor. Die türkische Flughafenbehörde DHMI prognostiziert für das Jahr 2023 eine Gesamtpassagierzahl von 350 Mio., dies entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von rund 11 %. Die Bauarbeiten für den neuen Istanbuler Flughafen, der die beiden derzeitigen Airports ab dem Jahr 2020 ersetzen soll, haben bereits begonnen. Geplant ist eine Kapazität von 150 Mio. Passagieren. strategische Herausforderungen für-deutsche Airlines Angesichts der dynamischen Entwicklung des Luftverkehrsstandortes Türkei stellt sich für deutsche Unternehmen die Frage nach einer geeigneten strategischen Antwort. Die traditionelle Kooperation zwischen Lufthansa und Turkish Airlines (Code-Sharing im Rahmen der Star Alliance, Joint Venture SunExpress) ist in der jüngsten Vergangenheit aufgrund des Expansionsdrangs des türkische Partners einigen Belastungen ausgesetzt gewesen, die auch zu teilweisen Einschränkungen geführt haben, etwa im Bereich der Zusammenarbeit bei den Vielliegerprogrammen. Durch die teilweise besseren strukturellen Wettbewerbsvoraussetzungen auf Umsteigemärkten, insbesondere in den Bereichen Originäraukommen und Verkehrsrechte, ist Turkish Airlines für Lufthansa ein perspektivisch mindestens ebenso starker Wettbewerber wie die Fluggesellschaften aus den Golfstaaten. Eine weitere Verschiebung der Gewichte zugunsten der expandierenden Gesellschaft vom Bosporus ist keineswegs unwahrscheinlich. ■ LITERATUR [1] Vgl. Turkish Civil Aviation Assembly Sector Report 2012. [2] Vgl. hierzu auch Dursun, M.E. et al. (2014): The transformation of a legacy carrier - A case study of Turkish Airlines, in: Journal of Air Transport Management, Vol. 40, S. 106-118. [3] Vgl. Grosche, T.; Klophaus, R. (2015): Hubs at Risk: Exposure of Europe’s Largest Hubs to Competition on Transfer City-Pairs, erscheint in: Transport Policy. [4] Quelle: Statistisches Bundesamt (2014), Luftverkehr auf Hauptverkehrsflughäfen, Fachserie 8, Reihe 6.1, Wiesbaden. Richard klophaus, Prof. Dr. Competence Center Aviation Management (CCAM), Hochschule Worms klophaus@hs-worms.de Frank Fichert, Prof. Dr. Competence Center Aviation Management (CCAM), Hochschule Worms fichert@hs-worms.de Flughafen sitzplatzkapazität tk sitzplatzkapazität LH Relation tk zu LH BRE 45 900 272 106 17 % CGN 90 696 251 782 36 % DRS - 250 936 0 % DUS 246 819 653 542 38 % FDH 26 040 55 080 47 % FMO 18 900 160 620 12 % FRA 270 880 16 546 779 2 % GWT - 12 810 0 % HAJ 94 886 412 226 23 % HAM 156 467 1 128 262 14 % LEJ 31 860 194 870 16 % MUC 201 935 9 612 309 2 % NUE 76 770 208 160 37 % PAD - 62 370 0 % RLG - 11 160 0 % STR 184 576 221 284 83 % TXL 216 738 1 102 694 20 % Tabelle 2: Sitzplatzkapazität von Turkish Airlines und Lufthansa auf ausgewählten deutschen Flughäfen (Sommerlugplan 2015) Quelle: Eigene Analyse auf der Basis von OAG-Daten 0 20.000 40.000 60.000 80.000 100.000 120.000 140.000 160.000 AMS CDG DXB FRA IST LHR MUC Anzahl Verbindungen 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Bild 3: Hub-Konnektivität auf der Basis der Verbindungen in einer Beispielwoche Eigene Abbildung auf der Basis von OAG-Daten Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 53 China LOGISTIK Chinesische Wirtschaft im-Wandel Die Logistik im Reich der Mitte in Zeiten der Abkühlung Wirtschaftswachstum, Sonderwirtschaftszone, Neue Seidenstraße, Maritime Seidenstraße, Infrastruktur, Hochgeschwindigkeitsverkehr Die chinesische Regierung unter Premier Li Keqiang will eine Transformation der chinesischen Wirtschaft hin zu mehr Beständigkeit und Qualität und zügelt daher das Wirtschaftswachstum. Trotzdem werden gewaltige Infrastrukturprojekte angeschoben -nicht zuletzt wegen des boomenden Onlinehandels. Und-zunehmend sollen eigene Hightech-Produkte wie etwa chinesische Hochgeschwindigkeitszüge exportiert werden. Der Autor: Dirk Ruppik D er chinesische Wirtschaftsmotor dreht merklich langsamer: Nach drei Jahrzehnten zweistelligen Wachstums blieb das Bruttoinlandsprodukts (BIP) 2011 laut Weltbank mit 9,3 % zum ersten Mal einstellig - nur noch 7,7 % erreichte es im Jahr 2012 und 7,4 % in 2014. Die Prognosen für die nächsten Jahre sehen eine weitere Abschwächung vor und liegen bei 6,9 % für 2017. Manche Stimmen aus der Wirtschaft sagen, diese Abkühlung sei notwendig und eher positiv für das Weltwirtschaftsklima. Die Nachrichtenagentur Xinhua erklärte im Januar: „Der nach Geschwindigkeit und Leistung verrückte Markt scheint die Realität einer neuen normalen, gesünderen chinesischen Wirtschaft mit stabilem Wachstum, positiven Trends, einer optimierten Struktur und besseren Qualität sowie einer verbesserten sozialen Absicherung zu verkennen. Diese Entwicklung könnte größere Vorteile bringen als ein wundersames zweistelliges Wachstum.“ Dahinter steht: Die Regierung will die zweitgrößte Wirtschaft der Welt dramatisch transformieren und nimmt daher geringere Wachstumsraten in Kauf. Sogenannte „wissensbassierte Unternehmen“ sollen die Fertigung ergänzen. Eine zunehmende Inlandsnachfrage soll das Wachstum stärken. Das Land der Mitte will zunehmend zu den entwickelten Industriestaaten aufschließen - die Welt soll künftig chinesische Produkte begehren, nicht nur in China gefertigte. Auf dem World Economic Forum (WEF) am 21.- 24. Januar in Davos sagte der chinesische Premier Li Keqiang: „Wenn ich die chinesische Wirtschaft mit einer fahrenden Lokomotive vergleiche, dann möchte ich Sie wissen lassen, dass dieser Zug weder Geschwindigkeit noch Schwungkraft verliert. Er wird nur durch einen stärkeren Motor angetrieben und fährt mit größerer Beständigkeit. Dadurch entstehen neue Möglichkeiten und neue Wachstumsimpulse.“ Der Premier versicherte: „Wir haben efektive Maßnahmen ergrifen, um Schulden sowie inanzielle und potenzielle Risiken abzuwehren. Die hohe Sparquote Chinas, die momentan bei 50 % steht, generiert ausreichende Geldmittel, um das Wachstum aufrechtzuerhalten. Die chinesischen lokalen Schulden - wovon 70 % aus der Infrastrukturentwicklung stammen - sind durch Vermögenswerte gedeckt. … Eine Finanzkrise wird in China nicht stattinden. Wir müssen zwischen den städtischen und ländlichen Gebieten eine ausgeglichenere Entwicklung anstreben.“ Dafür investiert die chinesische Regierung weiterhin intensiv in Straßen- und Schienenwege. Die massiven Infrastrukturprojekte schafen viele Arbeitsplätze und helfen die Wirtschaft im beschriebenen Sinne zu transformieren. Große Infrastrukturprojekte und spannender Logistikmarkt In diesem Jahr hat die Regierung laut dem Premier Li einige Schlüsselsektoren im Infrastrukturbau identiiziert. Dazu gehören der Bau von Eisenbahnen in den zentralen und westlichen Landesprovinzen, Wasserschutzprojekte, der Wiederaubau verwahrloster Stadtgebiete sowie der Umweltschutz. Zudem soll die private Finanzierung mittels Public-Private Partnership (PPP) gefördert werden. Die chinesische Hochgeschwindigkeits-Eisenbahn, Kernenergie, Produkte aus dem Luftfahrt- und Telekommunikationsbereich und anderen Hochtechnologiebereichen sind laut Li ausgewählte Produkte, die künftig verstärkt exportiert werden sollen. Der Export soll Drittmärkte öfnen. Zudem sind größere Joint-Ventures zwischen dem Land der Mitte und anderen Ländern denkbar. Die Volksrepublik will zudem die Initiativen zum Aubau des Wirtschaftsgürtels „Seidenstraße“ und der „Maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts“ voranbringen. Die National Development and Reform Commission (NDRC) hat laut Xinhua zwischen dem 16. Oktober und 5. November vergangenen Jahres 21 Infrastrukturprojekte mit einem Gesamtwert von 693,3 Mrd. Remimbi Yuan (rund 100 Mrd. EUR) genehmigt. Darunter beinden sich 16 Schienen- und fünf Flughafenprojekte. Und China bietet einen der spannendsten Logistikmärkte der Welt. Nirgendwo sonst wird so viel für Logistikdienstleistungen ausgegeben. Dies liegt aber nicht nur an der Größe des Transportvolumens, sondern auch an Ineizienzen. Daher investiert das Land gewaltige Summen in die entsprechende Infrastruktur. Auch der wachsende Binnenmarkt erfordert mehr Lieferungen: Die Zulieferketten werden diversiiziert, Internetshopping treibt zunehmend den Handel an. Nach Schätzung der „Economist Intelligence Unit“ operieren mehr als 7500 „Express Delivery“-Betriebe im Land. Sind im Inland lokale Dienstleister stark, so dominieren internationale Spieler die grenzüberschreitenden Expresslieferungen: DHL, Fedex, TNT und UPS stehen für rund 80% des Marktes. Die größten chinesischen Logistikbetriebe sind durchweg Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 54 LOGISTIK China Staatsunternehmen und dominieren z.B. Seetransport und Schiene. straßennetzwerk als Hauptschlagader China wird laut Dai Dongchang, Leiter der Planungsabteilung des Ministry of Transport, bis 2030 rund 4,7 Billionen Yuan (681-Mrd. EUR) in Straßenprojekte investieren. Dann werden landesweit 400 000 km National- und Schnellstraßen (2012: 173 000-km) existieren, berichtet die Tageszeitung China Daily. Der nationale Plan (2013-2030) des Verkehrsministerium sieht 362- Mrd. EUR für Schnellstraßen vor, der Rest soll für mautlose Straßen verwendet werden. Die Finanzierung würde zum größten Teil durch den Bund vorgenommen. Die Straßenabdeckung in China ist gemäß Huang Min, Direktor der Abteilung für Schlüsselindustrien der National Development and Reform Commission, immer noch unzureichend. „Das Straßennetzwerk kann die Nachfrage durch die rasante Wirtschaftsentwicklung und Verstädterung nicht decken.“ Der Druck, den die Volksrepublik durch den notwendigen Straßenbau erfährt, ist immens. Eine ausgeglichene Entwicklung von kleinen, mittleren und großen Städten verlangt nach mehr Infrastruktur insbesondere in Form von Straßen. Gemäß Verkehrsministerium wird das Urbanisierungsprogramm die Nachfrage nach Straßen um das Dreibis Vierfache steigern - bisher sind 900 der 2800 Landkreise nicht an das nationale Hauptverkehrsstraßennetz angebunden. Laut Huang wird den Straßenprojekten hauptsächlich in diesen Gebieten und in den ländlichen westlichen Regionen der Vorrang gegeben. Eine weitere treibende Kraft für den Straßenbau ist der Internethandel durch große Onlinehändler wie Alibaba, Tmall oder JD.com. Hochgeschwindigkeitsnetzwerk und-„go West“ Im März 2013 wurde das Eisenbahnministerium aufgrund eines Korruptionsfalls um den damaligen Eisenbahminister Liu Zhijun aufgelöst und in die National Railway Administration und die für den Betrieb zuständige China Railway Corporation aufgeteilt. Bis zum Jahr 2020 will die chinesische Regierung rund 300 Mrd. USD (knapp 300- Mrd. EUR) in den Ausbau des Eisenbahnnetzes für Hochgeschwindigkeits(HG)- Verkehr stecken - es wird das längste der Welt sein. Wesentliche Grundlage der chinesischen Eisenbahnpolitik ist der im Februar 2004 vom Staatsrat verabschiedete „Mittel- und langfristige Plan für die Entwicklung des wichtigsten Langstreckenverkehrsmittels Chinas bis 2020“. Die drei Hauptziele des langfristigen Ausbauplans sind: • Expansion des Eisenbahnnetzes auf 120 000 km mit Trennung von Fracht- und Passagiernetz zumindest auf den Hauptstrecken (Bild 1) • Bevorzugter Auf- und Ausbau des Bahnnetzes in den Westprovinzen des Landes • Errichtung eines HG-Netzes mit insgesamt 16 Verbindungen Die erste HG-Strecke zwischen Peking und Tianjin war pünktlich zum Beginn der Olympischen Spiele im August 2008 in Betrieb genommen worden, am 10. Dezember 2014 hat die Regierung nun den Bau 32 weiterer HG-Strecken ausgerufen. Darunter beindet sich die 1780 km lange Verbindung zwischen Guangzhou und Shanghai, auf der sich die Fahrtzeit von 16 auf sieben Stunden verkürzen wird. Im November wurde die HG-Bahn in Xinjiang als Beginn der „Neuen Seidenstraße“ (Bild 2) auf Land- und Seeweg zwischen China und Rest-Asien in Betrieb genommen. Zudem hat das Land der Mitte die Vision ein HG-Netz aufzubauen, das sich zwischen Amerika und London ausdehnt. In den genannten 120 000 km Eisenbahnnetz bis 2020 sind 16 000 km neugebauter HG-Strecke enthalten. Bis 2040 sollen alle wichtigen Städte Chinas in das Netzwerk eingelochten sein. Dann werden fünf vertikale, sechs horizontale und acht integrierte Linien als Hauptadern dienen. golden Waterways und aufstrebende Häfen Laut des CIA World Factbook besitzt China mit 110 000 km das längste Wasserstraßennetzwerk der Welt. Seit 2003 ist die Länge Bild 2: DB Schenker Schienengütertransport von China über die eurasische Landbrücke nach Deutschland, kurz vor der Abfahrt in Xiangtang Foto: DB Schenker Bild 1: Bestehende und geplante Fernbahnstrecken in China bis 2020 allerdings zurückgegangen. Verschiedene Transportkorridore sollen im Rahmen des Wasserwege-Entwicklungsplans „Golden Waterways“ entlang des Yangtse-Flusses entstehen, der hauptsächlich auf Logistik- und Schiffahrtszentren lussabwärts von Shanghai, Wuhan (Flußmitte) und dem Oberlauf von Chongqing fokussiert. Dabei ist geplant, den intermodalen Transport entlang der Wasserwege - gemäß der „Go- West“-Politik der Regierung insbesondere in Zentralchina und den Westprovinzen - zu verbessen, berichtet das amerikanische Journal of Commerce. Der Yangtse verbindet elf Provinzen vom Ostchinesischen Meer bis nach Sichuan. Das Yangtse-Fluss- Delta mit einer Gesamtlänge von Wasserwegen mit rund 6000 km ist weltweit das geschäftigste Inlandwasserwege-Netzwerk. Der Containerverkehr betrug in den ersten sechs Monaten von 2014 laut der Yangtze River Administration 6,08 Mio. TEU. Das gesamte Frachtvolumen belief sich in 2014 auf 2,06 Mrd. t und damit 7,4 % über dem Vorjahr. Weiterhin ist geplant, Binnenhäfen zu bauen und Wasserwege für große Schife über 1000 t auf insgesamt 19 000 km auszubauen. Dem Yangtse fällt bereits heute eine Schlüsselrolle im Stahl- und Kohletransport zu. Die Haupthäfen der Volksrepublik sind Dalian, Ningbo, Qingdao, Qinhuangdao, Shanghai, Shenzhen und Tianjin. Der Hafen Shanghai ist mittlerweile laut Statista. com mit 33,6 Mio. TEU in 2013 zum größten Hafen der Welt herangewachsen. Danach folgen Singapur mit 32,6 Mio. TEU und Shenzhen mit 23,3 Mio. TEU. Inzwischen liegen sieben der weltweit zehn umschlagstärksten Häfen in China. Um mit dem immer noch hohen Wirtschaftswachstum schrittzuhalten, müssen die Häfen weiter wachsen. So will die Wirtschaftssonderzone Shenzhen ihre Position weiter ausbauen und investiert in das wachstumsstärkste Terminal „Da Chan Bay“ (Bild 3). Dessen Kapazität soll durch die Entwicklung der Phase 2 um 3,5 Mio. TEU auf 9 Mio. TEU erweitert werden. Vier weitere Liegeplätze werden noch vor 2020 in Betrieb gehen. Aufgrund des geringeren Wirtschaftswachstum entwickeln die Hafenbetreiber Cosco Paciic und China Merchants Holding International (CMHI) zunehmend Terminals in Übersee. Beispiele sind der Hafen Piräus in Griechenland und der Hafen Colombo in Sri Lanka. ■ Dirk Ruppik Asien-Korrespondent und freier Fachjournalist, Thailand dirk.ruppik@gmx.de Weitere Informationen zum Thema Weltbank http: / / data.worldbank.org/ country/ china World Economic Forum (WEF) 2015 http: / / www.weforum.org/ events/ worldeconomic-forum-annual-meeting-2015 National Development and Reform Commission (NDRC) http: / / www.ndrc.gov.cn/ China Ministry of Transport http: / / www.mot.gov.cn/ China Daily http: / / www.chinadaily.com.cn/ china/ Bild 3: Da Chan Bay in direkter Nähe der Sonderwirtschaftszone Shenzen ist das wachstumsstärkste Terminal Chinas. * Industrie-Sectionaltor SPU 67 Thermo im Vergleich zum SPU 42 Energiesparen inklusive: Sectionaltore SPU Thermo • Europas Nr. 1 mit über 75 Jahren Erfahrung im Torbau • beste Wärmedämmung: U-Wert bis zu 0,51 W/ (m² • K) • Weltneuheit: thermisch getrennte Schlupftür mit extralacher Edelstahl-Schwelle Industrie-Sectionaltor SPU F42 Industrie-Sectionaltor SPU 67 Thermo bis zu 30 % * bessere Wärmedämmung Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 56 MOBILITÄT Luftverschmutzung Weniger Staus, bessere Luftqualität Emissionsmodell für chinesische Städte zur Reduktion transportbedingter CO 2 -Emissionen China, Verkehr, Luftqualität, GIZ, Feinstaub, CO 2 -Emissionen, Treibhausgase Fast ein Drittel der Luftverschmutzung in chinesischen Großstädten geht auf das Konto des Straßenverkehrs. Um die Luft sauberer zu machen und die transportbedingten CO 2 -Emissionen zu reduzieren, kooperiert die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag der Bundesregierung mit chinesischen Verkehrsbehörden. Mit dem gemeinsam entwickelten Emissionsmodell HBEFA China können chinesische Städte nun erstmals ihre durch den Straßenverkehr verursachten Emissionen genauer erfassen - und Maßnahmen für eine bessere Luftqualität und weniger Treibhausgase einleiten. Der Autor: Jörn Breiholz D ie Smog-App gehört längst zum Alltag der Bevölkerung Pekings. Zeigt der Luftqualitätsindex Werte ab 50 Punkte an, überschreiten die Feinstaubkonzentration bereits die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation. In vielen chinesischen Großstädten wird diese Grenze häuig überschritten, an manchen Tagen bis um das Zehnfache. Gleichzeitig ist China der weltweit größte Produzent von Treibhausgasen. Hauptursache der krankmachenden Luft in Chinas Städten und des hohen Ausstoßes von Klimagasen sind die Kohlekraftwerke und die Industrie. Aber der Anteil der verkehrsbedingten Emissionen nimmt stark zu, in den Städten vor allem aufgrund des steigenden Individualverkehrs: 5,5 Mio. PKW zählt allein Peking, die Behörden haben daher die Neuzulassungen auf 150 000 zusätzliche PKW im Jahr begrenzt. Die schnelle Motorisierung geht einher mit einer überproportionalen Zunahme von Treibhausgasen. Doch wie kann man die verkehrsbedingten Emissionen reduzieren und mittelfristig das Leben dort wieder lebenswerter und vor allem gesünder machen (Bild 1)? HBEFA China: Verkehrsemissionsmodell für chinesische Städte Antworten darauf kann nur der inden, der die verkehrsbedingten Emissionen messen und genau bestimmen kann. Bis vor kurzem hatten Chinas Verkehrsplaner dazu kein passendes Instrumentarium. Mit HBEFA China haben die chinesischen Städte nun ein Emissionsmodell an der Hand, mit der sie die verkehrsbedingten Emissionen straßengenau ermitteln können. Entwickelt wurde HBEFA China von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH zusammen mit den Städten Peking, Shenzhen, Tianjin und Harbin sowie chinesischen Verkehrsforschungsinstituten und dem europäischen Forschungspartner Infras. „Mit HBEFA China haben Chinas Städte jetzt die Möglichkeit, Maßnahmen wie beispielsweise eine City- Maut oder räumliche und zeitliche Fahrverbote zu bewerten und diese dann efektiv und eizient umzusetzen“, sagt der Projektleiter der GIZ, Daniel Bongardt. HBEFA China enthält umfangreiche Daten zu Kraftstofverbrauch und Emissionen für typische Verkehrssituationen von PKW, LKW, Bussen und Motorrädern in chinesischen Städten. Es basiert auf dem Handbuch für Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs (HBEFA), dem Standardwerk für Emissionsfaktoren in Europa, das das Wissen aus 20 Jahren europäischer Forschungsarbeit enthält. „Nahezu jedes europäische Land speist seine Emissionsmessdaten in HBEFA ein“, sagt Martin Schmied vom Bild 1: Wie hier in Peking nimmt der Anteil der verkehrsbedingten Emissionen in vielen Städten Chinas stark zu. Foto: Manfred Breithaupt Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 57 Luftverschmutzung Mobilität Schweizer Forschungs- und Beratungsinstitut Infras, das HBEFA koordiniert. „Diese einheitlichen und qualitätsgesicherten Daten stehen dann allen Ländern zur Verfügung. Ein Ansatz, der auch für China Zukunft hat.“ Da sich die Fahrzeuglotten in China und Europa stark ähneln, konnten die Projektpartner HBEFA als Grundlage für Chinas Städte nutzen. Ergänzt wurde die chinesische Variante um speziische chinesische Verkehrssituationen, die auf mehr als 2000 Stunden neu erhobener GPS-Verkehrsdaten aus Peking und Shenzhen beruhen. Eine chinesische Besonderheit sind die massiven chinesischen Berufsverkehre, die sich noch viel kräftiger stauen als beispielsweise in Europas Städten - und enorme Emissionen zur Folge haben. Mit HBEFA China können die chinesischen Städte nun ihre Verkehrsemissionen genau analysieren, um anschließend Minderungsmaßnahmen einzuleiten. HBEFA China stellt einheitliche Emissionsfaktoren für die Straßenfahrzeuge zur Verfügung und ermöglicht die Berechnung der Emissionen im Modell selbst. Das Software-Tool lässt sich per Schnittstelle mit Verkehrsmodellen kombinieren, die einige chinesische Städte bereits zur Berechnung ihres Verkehrsaufkommens nutzen. Diese Städte können nun ihre Verkehrsdaten mit den passenden Emissionsfaktoren verknüpfen, um so für jede Straße die Auswirkungen möglicher Minderungsmaßnahmen zu ermitteln. Chinesische Großstädte - Agglomerationen mit insgesamt etwa 80 Mio. Einwohnern - nutzen das neue Emissionsmodell bereits. So auch die Sieben-Millionen-Stadt Shenzhen im Süden Chinas: Sie stellt die mit Emissionsfaktoren aus HBEFA China generierten Daten ihren Bürgern per Internet zur Verfügung. Die können nun minuten- und straßengenau erkennen, wie hoch die Emissionen des Straßenverkehrs sind und vor allem, wo die Emissions-Hot-Spots sind. Die Städte Tianjin, Chengdu oder Harbin nutzen das Emissionsmodell im Kontext von Projekten der Weltbank, um mögliche Maßnahmen zu Treibhausgasreduktionen zu evaluieren oder die Wirkung der Maßnahmen im Rahmen eines regelmäßigen Monitorings zu überprüfen. im Fokus: City-Maut und Parkraumbewirtschaftung HBEFA China ist ein Ergebnis des Projektes „Transport Demand Management in Peking - Minderung von Emissionen im städtischen Verkehr“, das die GIZ mit Geldern der Internationalen Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) seit 2011 in Chinas Großstädten umsetzt. Weitere Arbeitsbereiche der deutsch-chinesischen Kooperation im Themenfeld Stadtverkehr sind die City-Maut, Parkraumbewirtschaftung und Elektromobilität: „Würde Peking beispielsweise innerhalb der fünften Ringstraße eine Maut für Autos von circa 25 Eurocent pro Kilometer einführen, würde dies die Emissionen des PKW-Verkehrs dort um 12,5 % reduzieren“, sagt Daniel Bongardt (Bild 2). Bei einem Pilotversuch Ende 2014 zur Einführung eines strikten Parkraummangements in Shenzhen sind während der Rush Hour Emissionreduktionen von etwa 4 % ermittelt worden. ■ NACHGEFRAGT „Anreize für umweltfreundliche Verkehrsträger schafen“ Drei Fragen an Guo Jifu, Direktor des Forschungszentrums der städtischen Verkehrskommission in Peking Herr Guo, der Individualverkehr in Peking wächst dramatisch an. Was bedeutet das für die Qualität der Luft in Peking? Jedes Jahr werden in Peking 150 000 neue Fahrzeuge angemeldet. Der Straßenverkehr ist für 30 % der Luftverschmutzung durch Feinstaubpartikel verantwortlich. Da im Stau mehr Emissionen verursacht werden, verschlechtert jedes neue Fahrzeug auf der Straße auch die Klima- und Umweltbilanz der bestehenden Fahrzeuglotte. Wie können Sie HBEFA China nutzen, um Maßnahmen für eine bessere Luftqualität in Peking einzuleiten? Wir haben gemeinsam mit der GIZ an zwei Maßnahmen zur Emissionsreduzierung gearbeitet: der Parkraumbewirtschaftung und der City Maut. Mit HBEFA können wir das Emissionsvermeidungs-Potenzial der beiden Maßnahmen quantiizieren. Dies ist besonders wichtig, um die Efektivität der Maßnahmen bereits vor der Implementierung zu beurteilen. PKW emittieren im Stau und beim Stop and Go besonders viele Schadstofe. Was können Sie als Verkehrsplaner tun, um Anzahl und Intensität dieser Situationen zu mindern? Wir versuchen, durch moderne Verkehrsplanung und -steuerung Anreize zu setzen, damit mehr Menschen auf umweltfreundliche Verkehrsträger umsteigen - restriktive Maßnahmen wie Parkraumbewirtschaftung und die City Maut erhöhen die Kosten der PKW-Nutzung. Diese Maßnahmen wirken jedoch nur, wenn wir attraktive Alternativen bereitstellen. In den nächsten zwei Jahren werden wir 124 km Busspuren bauen und markieren, so dass Busse auf den vielbefahrenen Ringstraßen im Schnitt mindestens 40 km/ h fahren können. Durch den gleichzeitigen Ausbau des U-Bahn-Netzes rechnen wir bis 2017 mit einem Modal Split des öfentlichen Personennahverkehrs von 52 %. Bild 2: Wirkung einer City Maut im Central Business District Pekings. Jörn breiholz Journalist, Journalisten-Agentur netzhammer & breiholz, Hamburg jb@netzhammerbreiholz.de Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 58 MOBILITÄT Szenarien 2035 Mobilität wird lexibler, spontaner und situativer Mobilität, Verkehrsleistung, Demograischer Wandel, Ökologische Verantwortung Demograische, wirtschaftliche, technologische, verkehrs- und energiepolitische Veränderungen beeinlussen unser Mobilitätsverhalten ebenso wie unsere persönlichen Einstellungen. Wie die Menschen sich 2035 in Deutschland bewegen werden, ist allerdings nicht mit Bestimmtheit vorherzusagen. Um mit diesen Unsicherheiten besser umgehen zu können, hat das Institut für Mobilitätsforschung (ifmo) seine Szenariostudie zur Zukunft der Mobilität in Deutschland ein drittes Mal fortgeschrieben. Neuer Zeithorizont ist das Jahr 2035. Die Autoren: Kerstin Zapp, Peter Phleps O b Lifestyle, Kosten oder praktische Gründe: Die beiden in der ifmo-Studie „Zukunft der Mobilität - Szenarien für Deutschland in 2035“ entwickelten Szenarien „Musterschüler“ und „Mut zur Lücke“ zeichnen zwei unterschiedliche Bilder, wie das Leben in Deutschland im Jahr 2035 aussehen könnte - und speziell, wie die Menschen mobil sein könnten (Bild 1). „Musterschüler“ beschreibt Deutschland als Land, in dem eine innovationsfreudige und konkurrenzfähige Wirtschaft, höhere Infrastrukturinvestitionen sowie ein ökologischeres Verhalten als Teil des Lifestyles die Mobilität nachhaltig beeinlussen. Die Menschen führen ein arbeitsreiches, aber inanziell abgesichertes Leben. In „Mut zur Lücke“ mindert eine gesättigte Zufriedenheit die Anstrengungen, adverse Rahmenbedingungen wie den demograischen Wandel auszugleichen. Rationalisierung und Funktionalisierung prägen hier das Mobilitätsgeschehen. Die nicht ganz so Fleißigen kommen mit weniger Einkommen aus und wissen ihr Mehr an Freizeit sehr zu schätzen. Die Lebensqualität ist zwar jeweils hoch, doch die Szenarien weichen in vielerlei Hinsicht stark voneinander ab. Sie sind unter anderem durch die diferierende Lebenseinstellung und die unterschiedliche Bedeutung von Kosten geprägt. Die Bilder gehen klar im Wanderungssaldo, der Arbeitslosenquote und der Erwerbsquote Älterer auseinander. Diese Entwicklungen haben gemeinsam großen Einluss auf die Ausprägung des demograischen Wandels. Das wirkt sich deutlich auf die jeweilige Personenverkehrsleistung aus. Diese ist zwar in beiden Fällen seit 2015 gesunken, doch ist der Rückgang im Szenario „Musterschüler“ nur leicht, in „Mut zur Lücke“ dagegen erheblich. Darüber hinaus ist beispielsweise die Verbreitung der Elektromobilität sehr unterschiedlich. Szenario Musterschüler Im Szenario „Musterschüler“ hat die E-Mobilität Einzug in den motorisierten Individualverkehr gehalten. Allerdings ist dies nicht getrieben von einem hohen Ölpreis geschehen, sondern durch technisch verbesserte Batterien sowie zunächst die verstärkte Integration von Elektrofahrzeugen in Car-Sharing-Angebote und Firmenlotten. Die Bewohner Deutschlands stehen neuen Technologien ebenso aufgeschlossen gegenüber wie der Nutzung verschiedener Verkehrsmittel. Treiber der wachsenden multimodalen Orientierung sind gesellschaftliche Gründe wie die steigende ökologische Verantwortung und der Erwartungsdruck im sozialen Umfeld. Ökologisches Verhalten ist ein Lifestyle-Trend, unterstützt durch einen technologischen Schub in der Industrie. Ebenso hip ist die Bereitschaft zu nutzen, statt zu besitzen. Dies wirkt sich unter anderem positiv für Car- Sharing-Unternehmen aus. Szenario Mut zur Lücke Zeit zu haben, ist im Szenario „Mut zur Lücke“ ein Lifestyle-Element. Der Trend, zu nutzen statt zu besitzen, gehört auch in diesem Szenario zum Lifestyle, ist aber aus Kostengründen angesagt. Kosten und Eizienz bestimmen ebenfalls die Verkehrsmittelwahl. Die ökologische Verantwortung Bild 1: Die in der ifmo-Studie „Zukunft der Mobilität - Szenarien für Deutschland in 2035“ entwickelten Szenarien zeichnen unterschiedliche Bilder vom Leben in Deutschland im Jahr-2035. Alle Darstellungen: ifmo Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 59 Szenarien 2035 MOBILITÄT stagniert auf hohem Niveau, die deutsche Bevölkerung sieht ihren Wohlstand nicht gefährdet und übergibt die Verantwortung, ökologisch handeln zu müssen, an Wirtschaft und Politik, die dieser auch nachkommen. Doch selbst gepaart mit einem hohen Ölpreis und dem gesellschaftlichen Anspruch, sich ökologisch sinnvoll zu verhalten, hat die politisch getriebene Elektromobilität den Durchbruch noch nicht vollständig geschaft. Die Batterietechnologie hinkt hinterher und die Absatzzahlen für E-Fahrzeuge senken den Preis noch nicht entscheidend über die Menge. Mobilitätskosten steigen, Verkehrsleistung sinkt Gleich ist, dass in beiden Szenarien öfentlicher Verkehr, Fahrradverkehr und die Fortbewegung zu Fuß Anteile am Modal Split gewonnen haben. Eine gleichbleibend niedrige Geburtenrate, eine leicht sinkende Haushaltsgröße, geringere inländische Wanderungsbewegungen, eine wachsende Frauenerwerbsquote und der zunehmende Online-Handel gehören ebenfalls zu den Entwicklungen, die sich in beiden Fällen stark ähneln. Ebenso ist in beiden Szenarien der CO 2 -Ausstoß deutlich zurückgegangen, der Infrastrukturverfall ist gestoppt, das Verkehrsmanagement ist ausgebaut und die Mobilitätsangebote sind erweitert sowie digital und physisch miteinander vernetzt worden. Diese Errungenschaften waren jedoch teuer, die Mobilitätskosten sind sowohl für PKW-Besitzer und -Nutzer als auch für Kunden des öfentlichen Verkehrs verglichen mit der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes überproportional gestiegen. Der nicht aufzuhaltende Bevölkerungsrückgang (Musterschüler: Im Jahr 2035 leben 700 000 Menschen weniger als heute in Deutschland; Mut zur Lücke: 3 Mio. Menschen weniger) und der demograische Wandel hin zu einer alternden Einwohnerschaft haben in beiden Szenarien die rückläuige Verkehrsleistung getrieben (Bild 2). Hinzu kommt eine Konzentration der Menschen in städtischen Regionen. Diese Entwicklungen haben die Verkehrssteigerungen im „Musterschüler“-Szenario durch mehr erwerbstätige Frauen, Fernpendlerströme, Dienstreisen, mobilere Ältere und eine stärkere Flexibilisierung des Arbeitslebens überkompensiert (Bild 3). Im Szenario „Mut zur Lücke“ dagegen wurde der durch die demograische Entwicklung und die Konzentration der Menschen in den Städten hervorgerufene Efekt der sinkenden Verkehrsleistung noch verstärkt, unter anderem durch gestiegenes Kostenbewusstsein (Bild 4). Das ifmo geht aufgrund der Untersuchungsergebnisse davon aus, dass auch nach 2035 weiterhin regelmäßig gelogen und mit der Bahn im Fernverkehr gefahren wird. Fernbusse sind jedoch längst die dritte Säule des öfentlichen Fernverkehrs. Im Nahverkehr wird der ÖPNV, ergänzt durch zu Fuß gehen und die Nutzung von Fahrrädern als gesunde, hippe und kostengünstige Alternativen, weiter an Bedeutung gewinnen. Bedeutung des PKW Das Auto wird im Jahr 2035 nach wie vor eine zentrale Rolle im Mobilitätsgeschehen spielen. Allerdings ist die Bevölkerung in beiden Fällen insgesamt multimodaler geworden. Dies ist nicht nur eine Einstellungs-, sondern zumindest in „Mut zur Lücke“ auch eine Kostenfrage. Darüber hinaus hat sich die Einstellung zur Nutzung und zum Besitz von PKW ebenfalls gewandelt. Dies gilt besonders in urbanen Räumen. Hier ist das Angebot an aufeinander abgestimmten Mobilitätsalternativen im Jahr 2035 bedeutend besser als vor zwanzig Jah- 94,8 98,7 91,8 89,0 80 85 90 95 100 105 110 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 Index (2014=100) Musterschüler: Demogra e ekt Musterschüler: alle Ein üsse Mut zur Lücke: Demogra ee ekt Mut zur Lücke: alle Ein üsse Bild 2: Entwicklung der Personenverkehrsleistung über alle Altersgruppen und Verkehrsträger; Werte für 1995 bis 2014: gemittelte Daten aus dem Deutschen Mobilitätspanel 2013 Bild 3: Personenverkehrsleistung für unterschiedliche Verkehrsträger und Altersgruppen im Szenario „Musterschüler“. Werte für 2014: eigene Hochrechnung, basierend auf dem Deutschen Mobilitätspanel 2013 Bild 4: Personenverkehrsleistung für unterschiedliche Verkehrsträger und Altersgruppen im Szenario „Mut zur Lücke“. Werte für 2014: eigene Hochrechnung, basierend auf dem Deutschen Mobilitätspanel 2013 Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 60 MOBILITÄT Szenarien 2035 ren. Dies gilt nicht nur für die verschiedenen ÖPNV-Spielarten, sondern auch für Car- und Bike-Sharing sowie Car-Pooling. Über die Angebote und bestmögliche Reiseverbindungen klären beispielsweise Mobilitäts-Apps auf. Diese Voraussetzungen sorgen dafür, dass Mobilität - inklusive der Nutzung von PKW - anders konsumiert wird als noch zwei Dekaden zuvor: lexibler, spontaner und situativer. Einzig in wirtschaftlich schwachen Regionen wie manchen ländlichen Gebieten ist es zunehmend schwieriger, ohne PKW mobil zu sein. Dies wirkt sich stärker auf die PKW-Nutzung als auf den PKW-Besitz aus: Das eigene Auto wird zwar häuiger aus Lifestyle-, Kosten- und praktischen Gründen stehen gelassen, aber nur selten abgeschaft. Der eigene PKW steht in der Zukunft im täglichen Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern. Beim PKW-Kauf wird mittlerweile auch im privaten Bereich immer häuiger ein elektrischer Antrieb ernsthaft in Erwägung gezogen. Der PKW hat und wird auch über 2035 hinaus seine Rolle als besonders individuelles, in manchen Situationen kaum verzichtbares und Privatsphäre bietendes Verkehrsmittel behalten. Durch die verschiedenen Schritte des automatisierten Fahrens hin zum autonomen Fahren wird der motorisierte Individualverkehr sogar längerfristig wieder an Bedeutung gewinnen. Die Vorteile, die sich durch die Handlungsfreiheit für den Fahrer, eine geringere Umwelt- und Stressbelastung, rückläuige Unfallzahlen sowie einen kontinuierlich ließenden Verkehr ergeben, werden genutzt werden. Allerdings werden zunächst eher „Roboter-Taxis“ von Car-Sharing-Diensten und autonome Dienstwagenlotten von Unternehmen als private autonome Fahrzeuge den MIV bestimmen. ■ Die Studie „Zukunft der Mobilität - Szenarien für Deutschland in 2035“ kann unter www.ifmo.de kostenfrei heruntergeladen werden. Kerstin Zapp Freie Fachjournalistin Logistik - Mobilität - Energie, Hamburg kerstin.zapp@zappemedia.de Peter Phleps, Dr. Wissenschaftlicher Referent, Institut für Mobilitätsforschung (ifmo), München peter.phleps@ifmo.de 24 th International Symposium on Dynamics of Vehicles on Roads and Tracks August 17-21, 2015, Graz / Austria The leading international conference in the field of ground vehicle dynamics www.IAVSD2015.org REGISTRATION NOW OPEN! Find all conference details and regular updates on the program at: Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 61 Verkehrsmanagement MOBILITÄT Modernes Echtzeitverkehrsmangement verlangt Nachfragemodellierung Echtzeit, Real Time, Verkehrsmodellierung, Big Data, Nachfragemodellierung Die bestehende Verfügbarkeit von Echtzeitdaten steigert bei der Bevölkerung die Erwartungshaltung: „Echtzeit“ ist kein Buzz-Wort mehr, „Echtzeit“ ist zur Realität geworden, der sich auch ein modernes Verkehrsmanagement nicht mehr entziehen kann. Doch wie lassen sich die Datenmassen intelligent weiterverarbeiten, wo liegen die Grenzen von Big Data, und wie kann Nachfragemodellierung die klafende Lücke schließen? Die Autoren: Johannes Schlaich, Thomas Otterstätter, Sonja Koesling R und die Hälfte aller Deutschen besitzt ein Smartphone [1]. Davon greifen drei Viertel unterwegs auf Netzinhalte zu, jeder Zweite nutzt Apps für die verschiedenen Belange des täglichen Lebens - Tendenz steigend. Zu den Top 5 der am häuigsten genutzten Apps zählen Applikationen rund um den Verkehr [2]. Dies umfasst aktuelle Verkehrsinformationen, Navigations- und Routenplanungstools sowie Fahrplanauskünfte. Weltweit werden heute täglich 2,5 Exabyte elektronische Daten erzeugt - also 2,5-Mrd. Gigabyte. Und es ist kaum vorstellbar, aber wahr: 90 % aller elektronischen Daten wurden allein in den vergangenen zwei Jahren produziert (vgl. [3]). Diese Aussage wird auch zukünftig gelten, da die Zahl der Datenquellen und das Informationsvolumen, das sie hervorbringen, weiter exponentiell wachsen werden. Daten zum Mobilitätsverhalten bilden einen Teilbereich: Mit jeder Fahrplanauskunft, jeder Routenplanungsabfrage geben die Verkehrsteilnehmer Informationen über ihr Mobilitätsverhalten preis und tragen zur Steigerung des Datenvolumens bei. Verkehrsmanagern stehen diese Informationen heute allerdings häuig noch nicht zur Verfügung. Sie speisen ihre Echtzeitinformationen aus Daten von Detektoren, Floating Car Data (FCD), automatischen Kennzeichenerfassungen (ANPR), Unfall- und Baustellenmeldungen. Auf diese Weise erlangen sie einen Überblick über die aktuelle Verkehrslage des beobachteten Gebietes und können aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung auf regelmäßige Störungen reagieren (siehe Bild 1). Statistisch versus modellbasiert Noch mehr Handlungsspielraum bei der Wahl der besten Maßnahme erhält der Verkehrsmanager auf Grundlage von Verkehrsprognosen. Bei der Verkehrsprognose unterscheidet man heute insbesondere zwischen zwei Ansätzen: dem statistischen und dem modellbasierten Ansatz [4] (siehe Foto: iStockphoto/ querbeet Verkehrsmanagement MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 62 MOBILITÄT Verkehrsmanagement Tabelle 1). Der statistische Ansatz basiert auf Interpolation, Interferenz, Datengewinnung, „künstlicher Intelligenz“ und mathematischen Modellen, um beobachtete Zeitverläufe mit historischen Mustern abzugleichen. Die Verkehrsluss- und Geschwindigkeitsvariablen werden analysiert und prognostiziert, ohne die zugrunde liegenden Phänomene, nämlich die Interaktion der Fahrzeuge und das Fahrerverhalten, zu erklären und zu reproduzieren. Statistische Techniken eignen sich daher für die Vorausberechnung von Verkehrsmaßnahmen mit geringer Volatilität oder wiederkehrenden Verkehrsmustern. Sie stoßen allerdings an ihre natürlichen Grenzen, wenn nicht ausreichend historische Daten aus hinreichend vergleichbaren Situationen vorliegen. Dies trift insbesondere auf ungewöhnliche Situationen zu, wenn beispielsweise sich Unfälle ereignen oder Baustellen eingerichtet werden. Wer auf diese Situationen in Echtzeit reagieren möchte, kann modellbasierte Ansätze für die Prognose verwenden. Im Gegensatz zu statistischen Verfahren stützt sich der modellbasierte Simulationsansatz auf eine physikalische Interpretation des Verkehrsnetzes und der Verkehrsbedingungen. Diese wird durch eine explizite Simulation des Zusammenspiels von Verkehrsnachfrage und Verkehrsnetz, dem Angebot, ergänzt. Modellgestützte Lösungen wie zum Beispiel PTV Optima, das dynamische Prognosen für einen Zeithorizont von bis zu 60-min ausgeben kann, kombinieren dafür bewährte Oline-Verkehrsmodellierung mit Echtzeitdaten und -algorithmen. Die Grundlage dafür bildet ein beispielsweise in der Verkehrsplanungssoftware PTV Visum erstelltes Verkehrsmodell, das den jeweiligen „typischen“ Tag (z. B. Werktage oder Wochenenden) im betrachteten Verkehrsraum darstellt. Verkehrsangebot und Nachfrage werden dabei in Form von Nachfragematrizen abgebildet. Dynamische Verkehrsumlegungen berechnen die zeitabhängigen Belastungen und Abbiegeanteile im Netz aus der Verkehrsnachfrage [5, 6, 7, 8] (siehe Bild-2). All diese Informationen gibt PTV Visum an PTV Optima weiter. Dort kommen dann die Online-Daten ins Spiel: Sie werden in Echtzeit verwendet, um Kapazitäten, Geschwindigkeiten oder Belastungen des Basismodells aus PTV Visum lokal an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Da PTV Optima explizit die Netzstruktur, die Verkehrslussdynamik und das Routenwahlverhalten der Verkehrsteilnehmer berücksichtigt, erfasst es auch die Verkehrssituation für Strecken, an denen keine Detektoren installiert sind (räumliche Ausbreitung), kann darüber hinaus die Auswirkungen geplanter und unerwarteter Ereignisse vorhersagen (zeitliche Ausbreitung) und dabei verschiedene strategische Maßnahmen beurteilen und vergleichen. Prognosen nur über die Verkehrsnachfrage Verkehrsnachfrage wird in der Verkehrsplanung sehr oft durch ein klassisches Nachfragemodell erzeugt. Dieses deckt die Verkehrserzeugung („Wie viele Wege werden je Wegezweck gemacht? “), die Verkehrsverteilung („Welches Ziel wird gewählt? “) und Verkehrsmittelwahl („Mit welchem Verkehrsmittel wird das Ziel erreicht? “) ab. Durch eine solche Modellierung des Entscheidungsverhaltens kann eine Maßnahmensensitivität des Modells gegenüber den typischen verkehrsplanerischen Fragestel- Bild 1: Mittels der kartenbasierten Benutzeroberfläche lässt sich in PTV Optima Rückstau, der sich beispielsweise aufgrund eines Unfalls aufbaut, simulieren und visualisieren. Bild 2: Darstellung der Streckenbelastung im KFZ-Verkehr sowie im ÖV, modelliert mit PTV Visum Beobachtete Daten Statistischer Ansatz Modellbasierter Ansatz Verkehrsschätzung - „Was ist passiert“ Eventuell bei ausgiebigen Messungen Ja Ja Verkehrsprognose - „Was wird passieren“ Nein Auschließlich bei „normalen“ Bedinungen Ja Szenarien-Evaluierung & Entscheidungsunterstützung - „Was wird passieren, wenn …? “ „Was sollten wir tun? “ Nein Nein Ja Tabelle 1: Statistischer und modellbasierter Ansatz im direkten Vergleich Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 63 Verkehrsmanagement MOBILITÄT lungen erreicht werden [9, 10]. Für ein Verkehrsmanagement mit Fokus auf den Individualverkehr dagegen können auch rein empirisch, beispielsweise mit Mobilfunkdaten erhobene Matrizen verwendet werden [11]. Durch die kontinuierlich steigende Verfügbarkeit von Echtzeitdaten könnte die vorab berechnete Nachfragematrix langfristig durch eine Echtzeit-Nachfrage aus Datenquellen ersetzt werden, die eigentlich bei der Optimierung der Mobilität einzelner Personen angefallen sind (Apps, Navigationsdienste etc.). Auf diese Weise könnten Echtzeitdaten dann nicht nur die aktuelle Verkehrslage, sondern auch die aktuellen Ziele der Verkehrsteilnehmer detektieren, die eventuell vom „typischen Tag“ abweichen. Doch auch dann wird ein Modell für die Prognose noch unverzichtbar sein, um den Verkehrsluss mittels schneller Umlegungsverfahren vorherzusagen. Verfahren, wie sie heute schon im Echtzeit-Verkehrsmanagement genutzt werden. Strategisch denken, Szenarien entwickeln Zeichnen sich in der Prognose Störungen im Netz ab, gilt es zu reagieren und die Verkehrssituation zu verbessern. Hier setzen sich Städte und Regionen unterschiedliche Ziele. Transport for London (TfL) beispielsweise misst seinen Erfolg an der Zuverlässigkeit des Verkehrsnetzes [12]: PTV Optima geht lexibel mit Key Perfomance Indicators (KPI) um, die neben dem graischen Feedback aggregierte Informationen über den Gesamtzustand im Netz liefern und eine schnell zu bewertende Entscheidungsgrundlage darstellen (siehe Bild 3). Die verwendeten KPIs sind lexibel einstellbar, wodurch es gleichgültig ist, ob der Anwender sich die Vermeidung von Staus, die Minimierung von Reisezeiten oder die Reduzierung negativer Auswirkungen geplanter sowie unvorhersehbarer Ereignisse als Zielgröße gesetzt hat. Typische Werkzeuge, um darauf zu reagieren, sind u. a. Lichtsignalanlagen (LSA), Fahrstreifenfreigaben, Wechselwegweisungen sowie durch Radio und Internet verbreitete Verkehrsinformationen. Um Stausituationen aufzulösen, werden sie heute häuig direkt „am lebenden Objekt“ eingesetzt. Selbstverständlich können erfahrene Mitarbeiter der Verkehrsmanagementzentralen aufgrund ihrer Erfahrung bereits heute positiv wirkende Strategien wählen. Doch wird man auf diese Weise nie erfahren, ob nicht eine andere Strategie besser gewesen wäre. Ist es so gesehen nicht besser, sie und ihre Alternativen in einer virtuellen Welt zu testen? Oline etwa in PTV Visum erarbeitete Strategien können in die Online-Umgebung von PTV Optima gebracht, dort anhand der aktuellen Verkehrssituation beurteilt, verglichen und „gerankt“ werden, bevor sie „auf die Straße geschickt“ werden. PTV Optima ist dabei in der Lage, mehrere Kombinationen von Strategien gleichzeitig und auch für große Netze innerhalb einiger Minuten berechnen, sodass die Umsetzung der bestmöglichen Strategie so schnell wie möglich erfolgen kann. Durch dieses Vorgehen erweitert der Verkehrsmanager seinen Erfahrungsschatz mit unvorhergesehenen Ereignissen. Er gewinnt Vertrauen in die verschiedenen Szenarien und kann aus den empfohlenen Maßnahmen diejenige auswählen, mit der sich das Straßennetz möglichst rasch wieder in einen „normalen“ Verkehrszustand versetzen lässt. ■ QUELLEN  [1] Statista (2015), Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland in den Jahren 2009 bis 2014, http: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 1 98959/ umfrage/ anzahl-der-smartphonenutzer-indeutschland-seit-2010/ , Deutschland.  [2] ARD/ ZDF-Onlinestudie (2014), www.ard-zdf-onlinestudie.de, Deutschland.  [3] vgl. Barnes, J., Hitscherich, K., Koesling, S. (2014), Wie lässt sich Big Data intelligent nutzen? Neue Datenquellen für die Verkehrsmodellierung, White Paper der PTV Group, Karlsruhe, Deutschland.  [4] FGSV (2012), Hinweise zur Verkehrsprognose in verkehrstechnischen Anwendungen, FGSV-Nr. 382/ 1 (Hinweispapier W1), FGSV-Verlag, Köln, Deutschland.  [5] weitere Informationen, siehe Bellei, G., Gentile, G., Papola, N. (2005), A within-day dynamic traic assignment model for urban road networks. Transportation Research B 39, S. 1-29., http: / / www. sciencedirect.com.  [6] weitere Informationen, siehe Gentile G., Meschini L., Papola N., (2005), Macroscopic arc performance models with capacity constraints for within-day dynamic traic assignment, Transportation Research B 39, 319-338, ISSN: 0191-2615.  [7] weitere Informationen, siehe Gentile G., Meschini L., Papola N., (2007), Spillback congestion in dynamic traic assignment: a macroscopic low model with time-varying bottlenecks, Transportation Research B 41, 1114-1138, ISSN: 0191-2615.  [8] weitere Informationen, siehe PTV Group (2012), Grundlagenhandbuch PTV Visum 12.5.  [9] vgl. Schlaich, J., Koesling, S. (2014), Staugefahr in der City, der gemeinderat, issue 12, pp. 68-69, pro Verlag und Service GmbH & Co. KG, Schwäbisch Hall, Deutschland. [10] vgl. Friedrich, M. (2011): Wie viele? Wohin? Womit? Was können uns Verkehrsnachfragemodelle wirklich sagen? , Tagungsbericht Heureka 11, FGSV Verlag, Köln. [11] vgl. Schlaich, J., Otterstätter, T., Friedrich, M. (2011), Mobilfunkdaten im Verkehrswesen: Teil II: Anwendungen von Mobilfunktrajektorien, Straßenverkehrstechnik, Ausgabe 3, S. 152-159, Kirschbaum Verlag, Cologne, Germany. [12] Transport for London (2012), Travel in London, Report 5, http: / / www. tl.gov.uk/ assets/ downloads/ corporate/ travel-in-london-report-5. pdf. Thomas Otterstätter, Dr.-Ing. Product Manager Vision Online, PTV Group, Karlsruhe thomas.otterstaetter@ptvgroup.com Sonja Koesling Manager PR & Marketing Traic Software, PTV Group, Karlsruhe sonja.koesling@ptvgroup.com Johannes Schlaich, Dr.-Ing. Director Traic Software Product Management & Services, PTV Group, Karlsruhe johannes.schlaich@ptvgroup.com Bild 3: Mit PTV Optima lassen sich verschiedene Szenarien parallel simulieren und in Echtzeit vergleichen. Dafür können Kenngrößen individuell deiniert werden. Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 64 MOBILITÄT Weiterbildung ÖPNV braucht Generalisten Berufsbegleitender Masterstudiengang ÖPNV + Mobilität für-Führungskräfte an der Universität Kassel Führungskräfte, Verkehrsunternehmen, Weiterbildung, Masterstudium, ÖPNV Der Öfentliche Personennahverkehr wird Marktanteile verlieren, wenn er seine Führungskräfte nicht zu Generalisten spezialisiert. Diese These hat eine Recherche unter Vertretern der ÖPNV-Branche aus ganz Deutschland bestätigt. Die Universität Kassel stellt sich der Herausforderung. Der berufsbegleitende Masterstudiengang ÖPNV + Mobilität mit Dozenten aus der Praxis führt Ingenieure, Ökonomen, Juristen sowie eine Vielzahl anderer Akademiker mit einem ersten Studienabschluss zum Master of Science auf dem Gebiet des ÖPNV. Der Autor: Carsten Sommer D ie Universität Kassel hat sich bei führenden öfentlichen Verkehrsunternehmen und Aufgabenträgern umgehört (siehe Infobox): Die neuen Medien und sozialen Netzwerke verändern das Verhalten der Kunden, heißt es in Frankfurt. Neue Angebote wie Carsharing und Pedelecs „knabbern“ am Marktanteil des ÖPNV, heißt es in Göttingen. Der Erhalt der gewachsenen Strukturen bei ungesicherter Finanzierung erfordere ein neues, ideologiefreies und vernetztes Denken in der Verkehrswirtschaft, urteilen die Berliner Verkehrsbetriebe. Und wer sich der Veränderung am Markt und in der Qualiikation der Führungskräfte verschließe, werde „abgekoppelt“, sind die Hannoveraner überzeugt. Die neuen Kunden denken und reisen multimodal. Darauf muss sich der Öfentliche Verkehr einstellen. Nicht zuletzt darum lobt der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) Profil des Studiengangs Studiengang ÖPNV + Mobilität Akademische Leitung Univ.-Prof. Dr.-Ing. Carsten Sommer Abschluss Master of Science Typ Berufsbegleitender Weiterbildungsstudiengang Akkreditierung im Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen der Universität Kassel Credits 90 ECTS (+ 30 Credits optional gem. Prüfungsordnung) Dauer 24 Monate + 6 Monate Masterthesis Studierende ca. 15 pro Studienjahrgang Präsenzzeiten 34 Seminartage in 17 Blöcken (i.d.R. Fr. / Sa.) Studiengangssprache deutsch Blended Learning Präsenzveranstaltungen, Kleingruppenarbeit und E-Learning Prüfungsleistungen Klausuren, Hausarbeiten, Präsentationen, mündliche Prüfungen Voraussetzungen erster Hochschulabschluss, Berufserfahrung Studienentgelt 13 500 EUR (2700 EUR je Semester) zzgl. studentischer Semesterbeitrag VDV-Zuschuss Der VDV kann einen Zuschuss zum Studienentgelt in Höhe von bis zu 4000 EUR geben Tabelle 1: Studiengangproil des Masterstudiengangs ÖPNV + Mobilität an der Universität Kassel Foto: Klaas Hartz/ pixelio MOBILITÄT Weiterbildung Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 65 Weiterbildung MOBILITÄT den berufsbegleitenden Masterstudiengang ÖPNV + Mobilität als „exzellentes Angebot“ an die Verkehrsbranche und ihre Beschäftigten. Die Renaissance der Klassiker Ein Rückblick hilft, um den Wandel des ÖPNV in seiner ganzen Dimension zu verstehen. Die heutigen öfentlichen Verkehrssysteme entstanden im Ursprung in einem entfernten Jahrhundert, da die Deutschen eher Untertanen als Bürger waren, als noch Sirenen die Arbeiter zu den Fabriken riefen, als ausgediente Soldaten für das Lehramt herangezogen wurden und Schulen, Besserungsanstalten und Gefängnisse einander nicht unähnlich waren. Schafner trugen Uniformen mit Schulterklappen wie Soldaten und Polizisten. Mit dem gesellschaftlichen und kulturellen Wandel in den 50er bis 70er Jahren des 20. Jahrhunderts kam der Aubruch in die Individualität auch in der Mobilität. Der Niedergang des ÖPNV brach an. Die Bahn wurde zum Verkehrsmittel für Auszubildende, Arme und Alte, also für all jene, die sich eben nichts anderes leisten konnten. Doch im Niedergang kam die Wende, die Renaissance der Klassiker. Mit dem S-Bahn-Bau in Ballungsräumen etwa zur Olympiade 1972 in München und der Rückbesinnung auf die Stärken der Straßenbahn zunächst nur in wenigen Städten während der 80er Jahre kehrte ein neuer Geist in das überkommene System ein. Wenig später, in den Neunzigern, kam der frische Wind des Wettbewerbs hinzu. Nun entstanden Verkehrsverbünde mit einheitlichen Fahrplänen und Tarifen, die als kundenorientierte Dienstleister ihre Zielgruppen analysierten und Angebote auf sie zuschnitten. Längst gibt es Mobilitätsangebote für Jugendliche, für Nachtschwärmer, für Studenten oder Senioren. Es gibt Jobtickets und Entdeckungsreisen zu Freizeitzielen mit Bussen und Bahnen. Die junge Generation denkt multimodal Dieser Wandel ist noch lange nicht abgeschlossen. Denn die junge Generation hat eine andere Idee von Mobilität als die ihrer Eltern oder Großeltern, für die das Motorrad oder Auto Symbol für Freiheit, für Ausbruch und Aubruch war. Für jene, die heute jung sind, sind Motorräder und Autos vielfach Statussymbole von gestern. Die nachwachsende Generation beherrscht das multimodale Denken. Viele Jüngere wollen kein Auto besitzen, sie wollen es mit anderen teilen. Sie nutzen jeweils das beste Verkehrsmittel, auch im Wechsel miteinander, um ihr Verhalten zu optimieren. Leihfahrrad und Flugzeug stehen für diese Generation, die schon als Schüler oder Student international auf Reisen ist, gleichberechtigt nebeneinander. Darum suchen sie auch nach Konzepten, die ihnen den Zugang zu allen Verkehrsmitteln in ihrem gesamten Lebensraum ofen halten. Moderne Kommunikations- und Informationstechniken erlauben die Orientierung, die Buchung und Bezahlung von Verkehrsdienstleistungen weltweit. Der ÖPNV ist darum der ge- Referat Mobilitäts- und Verkehrsplanung Für den Fachbereich II - Verkehrsmodelle/ Projekte/ Stellplatzablöse - suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt 1 Baurätin/ -rat BesGr. A 13 BesO; Kennziffer F6030/ 0008 Zu Ihren Aufgaben gehören: Sachbearbeitung und Leitung von gesamtstädtischen und teilräumlichen Verkehrsprojekten; komplexe konzeptionelle Planungen, Ausgestaltung der Aufgabenstellung, des Bearbeitungsumfangs und der Projektabwicklung; Organisation der Beteiligungsprozesse anderer Ämter und externer Institutionen; Bearbeitung verkehrlicher Fragestellungen; Erarbeitung neuer und Überprüfung und Fortschreibung bestehender Konzepte; Betreuung von Gutachten und Planungsaufträgen an Dritte; Präsentation von Arbeitsergebnissen in der Öffentlichkeit und den städtischen Gremien; Vertretung der Fachbereichsleitung bei verkehrsplanerischen Themen. Wir erwarten: Abgeschlossenes Studium als Ingenieur/ in (Dipl.-Ing. (TU/ TH) oder Master) Fachrichtung Bauingenieurwesen mit der Befähigung für den höheren technischen Verwaltungsdienst (Große Staatsprüfung) oder vergleichbare Qualifikation mit einschlägiger Berufserfahrung; fundierte Kenntnisse von Methoden und Verfahren der kommunalen Verkehrsplanung, Erfahrungen in diesem Bereich von Vorteil; detaillierte Kenntnisse und sicherer Umgang mit den gängigen MS-Office-Programmen; Verhandlungs- und Organisationsgeschick sowie ausgeprägte Lösungsorientierung im Rahmen der Leitung von Projekten; Kreativität bei der Erarbeitung von Planungskonzepten sowie Kommunikations- und Teamfähigkeit; interkulturelle Kompetenz. Hinweise: Bei Nichterfüllen der beamtenrechtlichen Voraussetzungen ist die Beschäftigung im Arbeitsverhältnis nach EGr. 13 TVöD möglich. Die Stadt Frankfurt am Main strebt an, den Anteil von Frauen in diesem Bereich zu erhöhen. Bewerbungen von Frauen werden daher besonders begrüßt. Darüber hinaus suchen wir ebenfalls zum nächstmöglichen Zeitpunkt für den Fachbereich II - Verkehrsmodelle/ Projekte/ Stellplatzablöse - 1 Techn. Angestellte/ n EGr. 13 TVöD / VergGr. II BAT; Kennziffer F6030/ 0025 Zu Ihren Aufgaben gehören: Entwicklung und Aufbau eines städtischen Verkehrsmodells auf Grundlage der Verkehrsdatenbasis Rhein-Main (VDRM); Beschaffung, Analyse und Einarbeitung aktualisierter Struktur- und Verhaltensdaten; Erarbeitung und Auswertung von Analysen und Prognosen zu gesamtstädtischen und teilräumlichen Verkehrskonzepten mit Hilfe der Planungssoftware PTV Visum; Aktualisierung und Weiterentwicklung der Verkehrsdatenbasis Rhein-Main (VDRM); Abstimmung von Arbeitsergebnissen mit Dritten und Präsentation in den städtischen Gremien sowie in der Öffentlichkeit; Betreuung von Gutachten und Planungsaufträgen an Dritte. Wir erwarten: Abgeschlossenes Hochschulstudium (TU/ TH Dipl.-Ing. oder Master) Fachrichtung Bauingenieurwesen oder vergleichbare Qualifikation mit einschlägiger Berufserfahrung; fundierte Kenntnisse von Methoden und Verfahren der kommunalen Verkehrsplanung, Erfahrungen in diesem Bereich von Vorteil; sicherer Umgang mit Verfahren zur Verkehrsmodelltechnik; detaillierte Kenntnisse und sicherer Umgang mit den gängigen MS-Office-Programmen sowie der Software PTV Visum; Verhandlungs- und Organisationsgeschick; Kreativität bei der Aufgabenlösung; Kommunikations- und Teamfähigkeit; interkulturelle Kompetenz. Allgemeine Hinweise: Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit zur Teilzeitbeschäftigung. Schwerbehinderte Menschen werden bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt. Bewerbungen von Menschen aller Nationalitäten sind ausdrücklich erwünscht. Für weitere Auskünfte steht Ihnen Herr Fleischer unter der Rufnummer (069) 212-35321 zur Verfügung. Ihre aussagefähigen Bewerbungsunterlagen richten Sie bitte bis zum 18.05.2015 unter Angabe der jeweiligen Kennziffer an den: Magistrat der Stadt Frankfurt am Main Personal- und Organisationsamt - 11.62 - Alte Mainzer Gasse 4, 60311 Frankfurt am Main oder per E-Mail an: pvm.amt11@stadt-frankfurt.de Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 66 MOBILITÄT Weiterbildung borene Akteur im Zentrum eines Netzwerks, das Fahrradleihsysteme und E-Bikes betreibt, das eine Mitfahrzentrale mit klaren, durchschaubaren Tarifangeboten auch im ländlichen Raum unterhält, wo ein Angebot an Bahn- oder Buslinien nicht mehr aufrechtzuerhalten sein wird, und wo Apothekenkuriere, Plegedienste oder Auslieferdienste von Bäckereien zu Verkehrsdienstleistern werden können. Neben Bus und Bahn treten Ridesharing und Carsharing. Wer organisiert den Verkehr: Google oder der ÖPNV? Die Vernetzung dieser Verkehrsträger aus der Sicht des Kunden ist eine gewaltige Herausforderung. Bald könnte Google der Organisator von Mobilität werden, wenn die Verkehrsbetriebe diesen Wandel verschlafen. Die Debatte um Mitfahrzentralen und Taxidienste im Internet zeigt, wie weit die Wirklichkeit den regulierten Strukturen in Deutschland schon voraus ist. Gesetze und Verbote können die Zukunft nicht anhalten - das alte Denken beschleunigt den Wandel sogar. Das zeigen die Streiks der Lokomotivführer im Jahr 2014. Sie verursachen sogar Nachfrage nach anderen Konzepten wie dem autonomen Fahren. Wenn die alten, zentralistischen Strukturen ihr Versagen offenbaren, weil Züge wegen Streiks nicht mehr verkehren, kommt das selbstfahrende Auto gerade im rechten Moment um die Ecke zum wartenden Kunden, für den die Mobilität fast so wichtig geworden ist wie Nahrungsmittel. Diese Herausforderungen zwingen die ÖPNV-Anbieter wiederum zur Bildung sinnvoller Einheiten, die vernetzt und groß genug sind, um Mobilität als Ganzes zu erkennen wie in der Region Hannover, wo ÖPNV, Straßenplanung und Regionalplanung Teil eines umfassenden Verkehrsmanagements sind. Vielseitige Mobilität verlangt vielseitige Talente Kurzum: Der ÖPNV verliert Marktanteile, wenn er sich nicht mit Professionalität auf den politisch gewollten Wettbewerb, auf die neuen Angebote der anderen Anbieter und auf die veränderten Erwartungen der Kunden einstellt. Doch eben dieser ÖPNV leidet am Fachkräftemangel vom Busfahrer bis hin zum Akademiker. An Ingenieuren fehlt es schon seit langem. Vor allem aber fehlen Generalisten, die sich auf den ÖPNV spezialisieren, um den Wandel des ÖPNV weg vom Transporteur der Zwangskunden hin zum modernen Verkehrsdienstleister für selbstbewusste, anspruchsvolle Kunden zu gestalten. Der berufsbegleitende Masterstudiengang, in den die Universität Fachleute von Verkehrsunternehmen, Aufgabenträgern und Planungsbüros aus ganz Deutschland als Dozenten eingebunden hat, ist ein Angebot der Wissenschaft, das aukommende Problem zu lösen (siehe Tabelle 1). Hier studieren nicht nur Ingenieure oder Ökonomen, sondern häuig Quereinsteiger wie Historiker und Wirtschaftspädagogen, denen es zwar an Grundwissen im ÖPNV fehlt, die aber eine weitere Herausforderung suchen, und denen es leichter fällt, sich auf fachübergreifende Fragestellungen einzulassen. Die positive Resonanz in der Fachwelt bestärkt die Verantwortlichen des Studiengangs. Der Dialog mit den Vertretern der Praxis zeigt auch dem Beobachter aus der Wissenschaft: Die Verkehrsunternehmen haben ein speziisches Wissen, sie brauchen aber auch die Gesamtschau. Die Unternehmen haben einen Bedarf an Generalisten, und um ihn zu decken, müssen Wissenschaft und Praxis gemeinsam um das passende Bildungsangebot ringen. Wenn Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen die Herausforderungen nicht auf ihre gemeinwohl-orientierte Weise bewältigen, werden es andere tun. Auf ihre Weise. ■ Carsten Sommer, Prof. Dr.-Ing. Fachgebiet Verkehrsplanung und Verkehrssysteme, Universität Kassel c.sommer@uni-kassel.de NACHGEFRAGT Die Chancen nutzen So urteilten Entscheider im Interview mit der Universität Kassel über die Notwendigkeit des berufsbegleitenden Masterstudiengangs ÖPNV + Mobilität. Frankfurt: „Gewinn für Fahrgäste, Studenten und die Aufgabenträger“ Dr. Dorothea Kalleicher, Prokuristin „Lokale Nahverkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH traiQ“: „Um Chancen für den ÖPNV, die sich durch die innovativen Medien und sozialen Netzwerke zur Neukundengewinnung, Kundenbindung sowie betrieblichen Optimierung ergeben, zu erschließen, bedarf es des Miteinanders der jungen Nutzer, praxisnaher Experten und interdisziplinärer Wissenschaft. Lassen Sie uns auch mit dem berufsbegleitenden Masterstudiengang gemeinsam, zielorientiert und mit Gewinn für Fahrgäste, Studenten und die Aufgabenträger daran arbeiten, dass der ÖPNV seine Chancen nutzt und mehrt.“ Göttingen: „Wir brauchen Leute, die vernetzt denken“ Michael Neugebauer, Geschäftsführer der Göttinger Verkehrsbetriebe GmbH, hält das Denken im ÖPNV heute für „zu eindimensional“ und fordert: „Wir müssen die Herausforderungen im Denken und Handeln übergreifender und vernetzter angehen. Der ÖPNV muss eine gestaltende Rolle im sich zunehmend individualisierenden Mobilitätsmarkt spielen, um nicht an Bedeutung zu verlieren. Ich will nicht reagieren, ich will agieren. Dafür brauche ich die richtigen Leute.“ Hannover: „Wer verschlossen ist, wird abgekoppelt“ „Jeder plant für sich allein - das ist vorüber“, sagt Klaus Geschwinder, Teamleiter Verkehrsentwicklung und Verkehrsmanagement im Fachbereich Verkehr für die Region Hannover: „Wir müssen übergreifend arbeiten, den ÖPNV in die Mobilitätswirtschaft einbinden. Dafür brauchen wir mehr als die klassischen Ingenieure, Ökonomen und die Geographen für die Linienführung.“ Geschwinder genügt es nicht, die Fertigkeiten für eine Disziplin zu vermitteln, sondern ihm kommt es auf die Wechselbeziehung zwischen den Disziplinen an - etwa zwischen Siedlungsentwicklung, Einzelhandel, Umweltschutz und Verkehr. Der Studiengang vermittelt nach seinen Worten das „übergreifende Arbeiten“. Er sei allerdings „sehr anspruchsvoll und erfordert den Einsatz der Studenten und der erfolgreichen Unternehmen im Markt, die ihren besten Kräften das berufsbegleitende Studium ermöglichen“. Wer das Curriculum jedoch absolviere, werde „an der Spitze der Veränderung stehen. Wer verschlossen ist, wird abgekoppelt.“ Berlin: „Für ein ideologiefreies, vernetztes Verkehrsdenken“ Hans-Christian Kaiser, Bereichsleiter U-Bahn der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), hat im Interview „begeisterte Engineering-Teams für ein modernes, ideologiefreies und vernetztes Verkehrsdenken“ gefordert. Das klassische Wissen der Ingenieure aus dem Maschinenbau und dem Bauwesen, die Kompetenz des Wirtschafts- und Verkehrsingenieurs werden nach Kaisers Aufassung weiterhin gebraucht, aber sie reichen nicht mehr aus, weil die Welt des ÖPNV immer komplexer wird. Anstatt einzelne Verkehrsmittel - wie die Straßenbahn - zu bevorzugen, müsse in einer Stadt wie Berlin die Schnellbahn mit dem Fahrradverkehr, das Auto mit der Wasserstraße verknüpft werden. Details zum Studiengang sind im Internet unter http: / / www.unikims.de/ oepnv zu inden. Das Controlling von ÖPNV-Unternehmen steht im Mittelpunkt dieses Buchs. Experten aus ÖPNV-Unternehmen, Wissenschaft und Beratungshäusern stellen Instrumente zur Unternehmenssteuerung praxisnah vor und informieren über aktuelle Entwicklungen. Damit liefert das Buch Anregungen, Ideen und Lösungsansätze für Controllingprobleme. Jetzt bestellen! Per Telefon: 040-23714-440 oder in unserem Buchshop unter www.dvz.de/ shop Controlling im ÖPNV Instrumente und Praxisbeispiele Unternehmenssteuerung und Controlling im ÖPNV, Christian Schneider (Hrsg.), 1. Auflage 2013, 224 Seiten, broschiert, EUR 49,inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten Infos und Leseprobe unter www.dvz.de/ controepnv NEU Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 68 TECHNOLOGIE Verkehrssteuerung LKW-Zulaufsteuerung für-Logistik-Hubs Hinterland-Anbindung, Intelligente Verkehrsmanagement-Systeme, Verkehrssteuerung, Slot-Management, Digitalisierung, Smartphone-Applikationen Wächst die Wirtschaft, steigen für Logistik-Hubs wie Häfen, Flughäfen oder Güterterminals schnell auch die-Herausforderungen an die Infrastruktur. Vor allem die Kapazitäten der Verkehrswege im Hinterland sind oft begrenzt und Erweiterungen nur bedingt möglich. Deshalb geht der Duisburger Hafenbetreiber duisport nun mit Unterstützung von Siemens neue Wege. Die Autoren: Padideh Moini Gützkow, Lars Nennhaus M ögen auch die Wirtschaftsprognosen weniger optimistisch ausfallen, als noch vor einigen Jahren - die Warenströme steigen doch weltweit nach wie vor an. Prognosen zufolge wird das Güterverkehrsaukommen auf der Straße in Deutschland zwischen 2010 und 2030 von etwa 3,1- Mrd. t um rund 17 % auf 3,6 Mrd. t steigen. Dabei steigt die Güterverkehrsleistung von 437 Mrd. Tonnenkilometern (tkm) im Jahr 2010 um 39 % auf 607 Mrd. tkm im Jahr 2030 an [1]. Die positive Entwicklung stellt jedoch viele Knotenpunkte und Drehkreuze des Warenumschlags, insbesondere Seehäfen, Binnenhäfen, Flughäfen und Güterverteil-Zentren, vor große Herausforderungen. Weltweites Güterwachstum hält an - mit entsprechenden Folgen Das gesteigerte Umschlagsvolumen erhöht den Druck auf die Hubs, denn neben der Leistungsfähigkeit der Terminalanlagen machen vor allem ihre Erreichbarkeit und die Eizienz ihrer Anbindung an das Hinterland, den wesentlichen Wettbewerbsvorteil aus. Für die intermodalen Logistik-Hubs ist die Integration und Synchronisierung der Transportprozesse daher ein zentraler Wettbewerbsfaktor. Viele Hubs fragen sich nun, wie sich die wachsenden Warenströme auch in Zukunft reibungslos abwickeln lassen und der LKW-Verkehr auf den Zulaufstrecken störungsfrei ließen kann. Bereits heute kann es auf den Zufahrtsstraßen um Logistik-Hubs zu bestimmten Tageszeiten zu Engpässen kommen, wobei auch der akute Mangel an öfentlichen LKW-Stellplätzen eine zentrale Rolle spielt. Die Bundesregierung hat sich den Bau von LKW- Parkständen zur Daueraufgabe gemacht [2]. Hubs wie Häfen arbeiten derzeit an modernen bedarfsorientierten Park- und Versorgungsystemen um das LKW-Parkangebot zu verbessern. Herausforderungen, die heute schon existieren - z. B. zeitintensive Umschlagsprozesse, das Management von Informationslüssen sowie allgemeine Kapazitätsengpässe - werden vor dem Hintergrund steigender LKW-Zahlen die Probleme an den Rampen und im Zulauf weiter erhöhen [3]. Schwerwiegendste Folge dieser Einlussfaktoren ist ein Rückstau der LKW, der mit gesteigerten Wartezeiten vor den Terminals und der Be- und Entladung [4] einher geht. Im Hamburger Hafen waren die Probleme so gravierend, dass Trucker und Spediteure dazu aufgefordert wurden, wann immer möglich ihre Anlieferungen zu Abend- und Nachtstunden sowie an den Wochenenden durchzuführen [5]. Laut der Studie Schnittstelle Rampe - Lösungen zur Vermeidung von Wartezeiten, die vom BMVI in Auftrag gegeben und von der hwh Gesellschaft für Transport- und Unternehmensberatung mbH durchgeführt wurde, geben je nach Lagerart bis zu zwei Drittel der befragten Transport- und Logistikunternehmen an, durchschnittliche Wartezeiten von über einer Stunde zu haben. Etwa 10 % aller- befragten Unternehmen gaben lagerübergreifend an, durchschnittliche Wartezeiten in Höhe von über zwei Stunden zu haben. Besonders Transport- und Logistik- Unternehmen sehen darin einen zunehmenden Trend. Bei über 90 % von ihnen erhöhten sich bzw. stagnierten die Wartezeiten in den Jahren 2010 bis 2013 [6]. Mit weitreichenden Folgen, denn unproduktive LKW verursachen im Zulauf nicht nur enorme Kosten (bei Strecken unter 300 km bis zu 25 % der Gesamtkosten, [3] S. 56), sondern haben auch negative externe Effekte auf die Umwelt, den örtlichen Verkehrsluss und die allgemeine Verkehrssicherheit. Die Folgen von Wartezeiten sind also gravierend, das Einsparpotential ist riesig. Bereits im Jahr 2008 hätte eine Verkürzung der Wartezeit um 30 Minuten nach Ansicht des Logistikdienstleisters Dachser alleine in dessen Unternehmenssegment Food Logistics zu Einsparungen von bis zu 7,5-Mio.-EUR jährlich bedeutet [7, 8]. Politik und Wirtschaft haben das Potential erkannt. Der Aktionsplan Güterverkehr und Logistik der Bundesregierung hat daher u.a. die Eizienzsteigerung im Bereich der Rampen zum Inhalt [9] und im Gutachten zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Binnenhäfen von der PLANCO Consulting GmbH für das BMVI wird den See- und Binnenhäfen empfohlen, den Ausbau und die Integration von IT-Systemen voranzutreiben, um den Verkehrsluss ins Hinterland zu verbessern [10]. Große Logistikbetreiber haben bereits Millionenbeträge in IT-gestützte Programme investiert, die ihre LKW-Ströme optimieren [11]. Die Betreiber des Hamburger Hafens denken daran, mittelfristig ein Truck Appointment (Slot-System) einzurichten [12]. Der Duisburger Hafen als Drehscheibe im Hinterland Auch duisport, der Betreiber des weltweit größten Binnenhafens (Duisburg), erkannte das Potential und beauftragte das Unternehmen Siemens Mobility mit einer gezielten Bestandsanalyse und der Suche nach weiteren technologischen Lösungen. Am Zusammenluss von Rhein und Ruhr gelegen, ist der Hafen geographisch ideal positioniert und dient als Hinterland-Hub für die Seehäfen, insbesondere für Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam. Als trimodaler Logistik-Umschlagplatz verfügt er über eine Anbindung an gut ausgebaute Wasser- Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 69 Verkehrssteuerung TECHNOLOGIE straßen, zahlreiche Schienenwege und ein Netz wichtiger Fernstraßen. Die Hafenanlagen mit insgesamt 1350 ha Logistikläche sind auf mehrere Areale verteilt: Zum traditionellen Kernhafen in Duisburg und Ruhrort kommen noch u. a. mehrere Erweiterungsanlagen und Logistikstandorte im Ruhrgebiet dazu. Für die 21 Hafenbecken mit 180 ha Wasserläche sowie 16 km Umschlagufer mit Gleisanschluss verzeichnet die Statistik jährlich gut 20 000 Züge und ebensoviele Schiffe. Mehr als 120 Mio. t Güter werden jährlich im Duisburger Hafen umgeschlagen. Dazu kommen vielfältige Warehouse- und Lagermöglichkeiten, Shuttle-Verkehre und andere integrierte Dienstleistungen. Über 300 Logistikunternehmen, Dienstleister und Industriezulieferer haben sich auf dem Hafengelände angesiedelt. Die duisport-Geschäfte sind in den vergangenen 16 Jahren kontinuierlich gewachsen, die Tendenz ist anhaltend. „Nach 16 % Wachstum im Kombinierten Verkehr 2013 lag das Wachstum 2014 bei rund 13 % und ist auf 3,4 Mio. TEU gestiegen. Durch den gezielten Aus- und Neubau der Terminalkapazitäten haben wir die Bedingungen für weiteres Wachstum geschafen. Wir sind daher zuversichtlich, unsere Position als größter Containerumschlagplatz in Zentraleuropa auch in diesem Jahr weiter ausbauen zu können“, sagt Erich Staake, Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG. Die Zusammenarbeit von Siemens und duisport - eine Erfolgsgeschichte Vor diesem Hintergrund entstand auch der Kontakt zur Siemens AG, eine Zusammenarbeit, die sich in der Vergangenheit bereits bei einem internationalen Projekt zur Hafenhinterland-Optimierung des brasilianischen Seehafens Port Santos gut bewährt hat: Denn wo duisport auf Hafen- Und Logistikkonzepte spezialisiert ist, ergänzt das Team von Siemens Mobility seine umfassende Expertise für Geschäftsprozesse, erprobter Hardware, Automatisierungstechnik und individualisierten IT-Lösungen um eine eiziente Verknüpfung von Logistik- Hubs und Straßenverkehr erfolgreich durchzuführen. In den ersten beiden Phasen des gemeinsam zu dem Thema gestarteten Projekts wurden Engpässe im Duisburger Hafen mittels detaillierter Simulationen aufgezeigt und potentielle Lösungsansätze entwickelt. Um einen guten Gesamtüberblick zu erhalten, wurde eine solide Datengrundlage geschafen. Zahlreiche Analysen wurden vor Ort vorgenommen, Interviews geführt, Workshops abgehalten und detaillierte Fragebögen ausgehändigt. Nach Abschluss der ersten Analysen zeigte sich, dass die logport-Terminals zu Spitzenzeiten zum Teil an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt sind. Auf den Zulaufstraßen müssen LKW-Fahrer zu manchen Tageszeiten schon jetzt Wartezeiten in Kauf nehmen, und die Prognosen deuten auf weiteres Wachstum hin: Bis zum Jahr 2020 könnte das Verkehrsaukommen um rund 65 % zunehmen - damit wären die Zufahrtsbereiche der Terminals überlastet, lange und zeitraubende Staus würden zu Planungsunsicherheit bei LKW-Transporteuren und Verladern führen, sowie die Liegezeiten der Schife und die Standzeiten der Containerzüge nahezu unberechenbar machen. Bezogen auf die LKW-Reisezeit würde dies konkret bedeuten, dass sich bis 2015 ein Anstieg der gesamten LKW-Reisezeiten pro Tag um etwa 300 Stunden und im Jahr 2020 sogar auf 1600 zusätzliche Stunden Reisezeit pro Tag allein für logport I abzeichnet (siehe Bild 1). Darüber hinaus existieren im Anmeldeprozess hinderliche Informationsbrüche. Mit anderen Worten: Ohne gezielte Gegenmaßnahmen würden mittelfristig erhebliche Verkehrsprobleme auf logport I entstehen, die sich nicht nur durch Infrastrukturmaßnahmen lösen ließen - und die Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit des Hafens gefährden. Schritt für Schritt zum Optimum Für den Fortgang des Projekts war die Fragestellung schnell umrissen: Wie kann man den Verkehrsluss zu und von den Hafenanlagen auf bestehenden Verkehrswegen steuern und optimieren sowie die vorhandenen Ressourcen besser nutzen? Die Problemlösung musste eizient und nachhaltig sein, Engpässe im Hafennetzwerk wirtschaftlich entschärfen und Arbeitsabläufe sinnvoll strafen. Daher haben Siemens und duisport in einem Teilbereich des Hafens (logport I) ein Pilotprojekt gestartet mit dem Ziel, eine technologische Lösung zu entwickeln, welche • die aktuelle Verkehrslage transparent für alle Beteiligten darstellt, • die Daten nutzenbringend weiterverarbeitet und • die gewonnenen Informationen mittels mobiler Endgeräte oder LED-Schilder weitergibt, sodass die ankommenden LKW-Fahrer auf der schnellsten Reiseroute zum Hafen gelangen können. Innerhalb eines Jahres sollten in dem Projekt grundlegende Komponenten der erforderlichen Infrastruktur aufgebaut und zusätzlich eine Smartphone- Applikation implementiert werden. Das Lösungsdesign des Projektes basiert auf drei Ebenen: der Feldebene, der Zentralebene und der Bedienebene (siehe Bild 2). Bild 1: Reisezeiten bei unterschiedlichen Szenarien Bild 2: Funktionsebenen und Abläufe des Verkehrsleitsystems Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 7 0 TECHNOLOGIE Verkehrssteuerung Die Feldebene umfasst Kameras, welche die Verkehrslage transparent erfassen sowie die dynamischen LED-Anzeigen, welche die Informationen an die LKW-Fahrer weitergeben. Die Kameras werden an deinierten Punkten aufgestellt und lesen automatisch die Nummernschilder der vorbeifahrenden Fahrzeuge. In diesem Zusammenhang war den Projektpartnern das Thema Datenschutz besonders wichtig. Die eingesetzte Software enthält daher leistungsfähige Algorithmen zur Anonymisierung der Daten, was die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen gewährleistet. Die gesammelten Informationen werden über standardisierte Schnittstellen an ein übergeordnetes Verarbeitungssystem auf der Zentralebene weitergeleitet. Durch die Messung der Zeit, die ein Fahrzeug zwischen zwei Kameras benötigt, kann dann auf die Reisezeit rückgeschlossen werden (siehe Bild 3). Je dichter die Messpunkte beieinander liegen, desto genauer und aktueller sind die Daten. Über die dynamischen LED-Anzeigen werden die verarbeiteten Verkehrsinformationen an die vorbeifahrenden LKW-Fahrer zurückgegeben; die werden dadurch bei der Auswahl zwischen den zur Verfügung stehenden Routen unterstützt. Auf der Zentralebene laufen alle benötigten Informationen zur Weiterverarbeitung der Daten zusammen. Die Software (Sitrafic Concert) wird als sogenannte Application Service Providing (ASP) implementiert. Das bedeutet, dass der Endnutzer (in diesem Fall duisport) Zugrif auf alle verkehrstechnischen Zentralanwendungen hat, ohne die dazu erforderlichen technischen Zentralsysteme auf eigene Rechnung errichten, besitzen, betreiben oder kontinuierlich plegen zu müssen. Der Zugrif erfolgt über einen hochsicheren Internetzugang, der am normalen Arbeitsplatz des Endnutzers entsprechend eingerichtet werden kann. Es ist geplant, neben den Informationen über die Reisezeiten innerhalb der Netzmasche auf Haupt- und Alternativrouten (siehe Bild 4) auch die Daten aus bereits existierenden externen Systemen (Stadt Duisburg, Straßen.NRW) zu integrieren und darzustellen. Auf der Bedienebene wird zwischen verschiedenen Nutzergruppen unterschieden, die jeweils Zugrif auf unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten bzw. Softwarepakete haben. Der Hafenbetreiber hat als Client einen Vollzugrif auf das System und benutzt als Arbeitsplatz die Oberläche der Verkehrsrechnerplattform Sitraic Concert. Von hier aus wird das gesamte System aus technischer Sicht überwacht. Betriebs- und Störmeldungen der Geräte werden auf der Feldebene ausgewertet, die LED-Anzeigen gesteuert und statistische Analysen vorgenommen. Weiterhin werden dem Hafenbetreiber - bei Bedarf auch dem Spediteur, Terminal oder LDL - die Informationen zur Verkehrslage und zu Reisezeiten über die verschiedenen Routen über das Web-Portal Sitraic SmartGuard zur Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich um einen webbasierten Verkehrsrechner, der mit HTML5.0-fähigem Browser eine innovative intelligente Überwachung und Visualisierung der Streckenabschnitte per PC, Tablet oder Smartphone ermöglicht. Um die Daten der Nutzer vor Zugrifen von Unbefugten zu schützen und somit die Mandantenfähigkeit dieser Lösung zu gewährleisten, besteht ein zweistuiges Sicherheitskonzept. Das System ist zuerst mit einer Benutzerkennung und einem Passwort gesichert. Darüberhinausgehende, sicherheitsrelevante Eingrife sind zusätzlich durch ein Mobile-PIN Verfahren geschützt. Die Anmelde- und Slotdaten unterschiedlicher Logistikdienstleister werden über Schnittstellen in das Verkehrsmanagement übertragen und gemeinsam mit den Verkehrsinformationen verarbeitet. Um die LKW-Fahrer jederzeit über den Slot-Status informieren zu können, wird für die Lösung in logport I eine Smartphone- Applikation für LKW-Fahrer entwickelt, die Bild 3: Anonymisierte optische Erfassung erlaubt Rückschlüsse auf die Reisezeiten. Bild 4: Routenanzeige mit Alternativroute Verkehrssteuerung TECHNOLOGIE Informationen über erkannte Verspätungen, Slot-Verschiebungen oder Verkehrsstörungen an LKW-Fahrer weiterleitet. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den aktuellen Slot zu stornieren oder einen neuen Slot zu beantragen bzw. zugewiesen zu bekommen (siehe Bild 5). Steht ein neuer Slot nicht sofort zur Verfügung und es kommt zu Wartezeiten, wird dem Fahrer automatisch eine Route zu einem freien Puferparkplatz angezeigt. Zu gegebener Zeit wird der LKW-Fahrer dann über einen neuen Ziel- Slot informiert. Nach der Implementierungsphase erhoffen sich die Partner, die LKW-Ankünfte in Zukunft insbesondere zu Spitzenzeiten optimieren zu können und damit unnötige Wartezeiten bei LKW-Fahrern zu reduzieren sowie unproduktive Arbeitsvorgänge an der Abfertigungsrampen bzw. den Terminals zu minimieren. Ausblick Die Projektpartner bereiten gerade eine weitere Zusammenarbeit im Sinne einer strategischen Partnerschaft vor und haben sich in einem nächsten Schritt vorgenommen, gemeinsam das Konzept international zu vermarkten. Weltweit stehen zahlreiche Frachtlughäfen, See- und Binnenhäfen und andere große Umschlagzentren vor vergleichbaren Herausforderungen wie duisport: Sie müssen ihre Hinterlandverbindungen vor einem möglichen Verkehrskollaps bewahren, bevor ihre Attraktivität für Logistikkunden schwindet. Die Bundesregierung verfolgt mit der Weiterentwicklung des Aktionsplans Güterverkehr und Logistik das Ziel, einzelne Verkehrsträger besser miteinander zu vernetzen. Möglichkeiten einer Digitalisierung sollen einbezogen werden. Langfristiges Ziel der Bundesregierung ist die möglichst gleichmäßige Auslastung der Verkehrsträger [13]. Duisport und Siemens prüfen weiter, wie das aktuelle Projekt auf andere Verkehrsträger übertragen werden kann und wie sich die Informationen im Sinne eines intermodalen Hafen-Leitstands (Intermodal Hub Control) miteinander verknüpfen lassen. Alle relevanten Informationen - beispielsweise über Verkehrslage oder Ankunftszeiten von LKW, Zügen und Schifen - sollen dort gebündelt, verarbeitet und weitergegeben werden, um das Transportmanagement innerhalb und außerhalb des Hafens zentral zu steuern und zu optimieren. Durch die intelligente Vernetzung der Verkehrsträger und der Informationen über aktuell verfügbare Ressourcen könnten so zukünftig die Logistikprozesse noch weiter verbessert werden. ■ QUELLEN  [1] Intraplan Consult GmbH (2014): Verkehrsverlechtungsprognose 2030; Berlin; S. 286-287  [2] Bundesregierung (2013): Koalitionsvertrag CDU,CSU und SPD - 18.-Legislaturperiode; Berlin; S. 46  [3] hwh (2013): Schnittstelle Rampe - Lösungen zur Vermeidung von Wartezeiten; Karlsruhe; S. 18  [4] BMVI (2014): Schnittstelle Laderampe - Gute Beispiele; Berlin ; S. 8  [5] Port of Hamburg (2014): Ausnahmesituation: Verspätungen auf den Weltmeeren führen zu extrem vollen Hafenterminals, Trucker massiv betrofen; http: / / www.hafen-hamburg.de/ news/ ausnahme s i t u a t i o n v e r s p % C 3 % A 4 t u n g e n a u fd e n w e l t m e e r e n f%C3%BChren-zu-extrem-vollen-hafenterminals-trucke, abgerufen 23.03.2015  [6] hwh (2013): Schnittstelle Rampe - Lösungen zur Vermeidung von Wartezeiten; Karlsruhe; S. 25-26  [7] o.V. (2008): Vortrag Dachser auf dem DVZ Symposium, DVZ vom 04.12.2008  [8] hwh (2013): Schnittstelle Rampe - Lösungen zur Vermeidung von Wartezeiten; Karlsruhe; S. 57  [9] BMVBS (2010): Aktionsplan Güterverkehr und Logistik - Logistikinitiative für Deutschland; Berlin; S. 25 [10] PLANCO Consulting GmbH (2013): Gutachten zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Binnenhäfen; Essen; S. 148 [11] Naumann, J. P. (2015): HHLA optimiert LKW-Durchlauf, DVZ, Nr. 18/ 2015 vom 03.03.2015, S.10 [12] DHL (2014): CARGOUPDATE: Ausnahmesituation: Verspätungen auf den Weltmeeren führen zu extrem vollen Hafenterminals, LKW- Verkehre massiv betrofen; Frankfurt; 18.03.2014 [13] Bundesregierung (2014): Entwurf aus der Verbändeabstimmung zur Fortschreibung des Aktionsplans Güterverkehr und Logistik; Berlin; S. 17 Padideh Moini Gützkow, Dr. Mobility Consulting, Siemens AG, Berlin padideh.guetzkow@siemens.com Lars Nennhaus Vice President Port Development, Member of Management Committee, Duisburger Hafen AG lars.nennhaus@duisport.de Bild 5: Eine Smartphone-Applikation informiert LKW-Fahrer jederzeit über den Slot-Status. Eberhard Buhl, M.A. Redaktionsleitung Telefon (040) 23714-223 Telefax (089) 889518-75 eberhard.buhl@dvvmedia.com IHR KURZER DR AHT ZUR REDAKTION © freni/ pixelio.de Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 72 TECHNOLOGIE Kombinierter Verkehr Mehr Güter auf die Schiene? Railrunner-System mit bi-modaler Technologie ermöglicht Zuwachs trotz fehlender Schienenkapazität Schienengüterverkehr, bi-modal, Interoperabilität Der US-amerikanische Schienenfahrzeughersteller Railrunner will seine bi-modale Technik auch in Europa starten. Das System setzt auf hohe Flexibilität, geringe Kosten für Umschlaginfrastruktur und höhere Umweltverträglichkeit. Die Autoren: Wolfgang Graaf, Gerhard Oswald D er Kombinierte Verkehr Straße/ Schiene hat in den letzten Jahren beachtliche Fortschritte gemacht. Um noch weiter voranzukommen, müssen die Anbieter von KV- Lösungen Antworten auf die logistischen Herausforderungen ihrer Kunden und geänderte Rahmenbedingungen schafen. Gefragt sind Kundennähe, Flexibilität, größere Wirtschaftlichkeit - aber auch ein Beitrag zur Nachhaltigkeit. Diese Herausforderung will das US-Unternehmen Railrunner mit der im Januar 2015 gegründeten Railrunner Europe GmbH annehmen. Innerhalb der nächsten zwei Jahre soll die Weiterentwicklung der bi-modalen Railrunner-Technologie, die im Osten und Nordosten der USA seit neun Jahren ohne technische Störungen im Streckennetz mehrerer Bahnen eingesetzt wird, auf Pilot-Relationen installiert werden. Für den Markterfolg innovativer Lösungen im Schienengüterverkehr müssen folgende Grundbedingungen erfüllt werden: • Erhöhung der Eizienz und Interoperabilität • Nennenswerter Beitrag zur Nachhaltigkeit (Energieeinsparung, Reduzierung der CO 2 -Emission) • Nennenswerte Reduzierung von Lärm- Emission • Förderung der Kooperation zwischen Schiene und Straße Schiene-Straße-Innovationen der letzten 40 Jahre in bi-modale Systeme haben gemeinsam, dass • Investitionen in Terminals bis zu 80 % sinken, • bei gleicher Länge und Zuggewicht mehr Trailer mit höherer Nutzlast in einem Zug transportiert werden können, • der Energieverbrauch reduziert wird und • die Länge der Sattelanhänger oder Chassis für das System völlig neutral ist und sich lediglich am Lichtraumproil und dem Abstand zwischen den Achsen- und Drehgestellen bezogen auf den Kurvenverlauf orientieren muss. Für den bi-modalen Railrunner-Sattelanhänger ist eine „Light“-Version im Einsatz, ein Containerchassis oder Sattelanhänger ohne kostspieligen Aubau. Dieser Sattelanhänger entspricht einem normalen Straßenfahrzeug bzw. Containerchassis, das lediglich in Längsrichtung verstärkt ist, zum Kuppeln nur noch eine spezielle Tasche aufweist sowie mit der Zugbremsleitung ausgestattet ist (Bild 1). Allerdings bleibt gegenüber herkömmlichen Straßenfahrzeugen ein Gewichtsnachteil: Wegen der im Zugverkehr üblichen Zug- und Druckkräfte sind diese Fahrzeuge stabiler gebaut, damit auch etwas schwerer und teurer. Sichergestellt ist aber, dass die so ausgerüsteten Sattelanhänger auch problemlos im normalen Straßenverkehr oder, mit Greikanten ausgestattet, im Huckepack-Verkehr eingesetzt werden können. Herzstück der Railrunner-Technologie ist das Güterwagendrehgestell, das die wesentlichen Komponenten der bi-modalen Technik enthält (Bild 2): • Zwei untere Rahmen sind per Gelenk miteinander verbunden und weisen somit selbsteinstellende und lenkende Achsen auf. • Ein oberer Rahmen nimmt Stoß- und Zugkräfte auf. • Das weltweit erste Güterwagendrehgestell mit Luftfederung ermöglicht zusammen mit den selbsteinstellenden Achsen eine Lärmreduktion um 6 dB und schont stoßempindliche Waren. • Statt der im Güterwagen neuerdings eingebauten K-Sohle haben Railrunner- Bild 2: Das Güterwagendrehgestell enthält alle wesentlichen Komponenten der bi-modalen Technik. Bild 1: Ein spezielles Auflieger-Chassis ist in Längsrichtung verstärkt, weist zum Kuppeln eine zusätzliche Tasche auf und ist mit einer durchgängigen Zugbremsleitung ausgestattet. Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 73 Kombinierter Verkehr Technologie Drehgestelle als Standard-Scheibenbremsen, die einen deutlich geringeren Verschleiß und damit die Reduzierung des Unterhaltungsaufwandes um bis zu 30 % ermöglichen. • Sechs Stoßdämpfer in Ergänzung zu den selbsteinstellenden und lenkenden Achsen ermöglichen einen sehr lachen Sinuslauf und damit besonders bei kurvenreichen Strecken eine signiikante Reduzierung des Materialverschleißes am Radkranz und am Gleis. • Gegenüber früheren Modellen beindet sich die Kupplungstechnik nun ebenfalls im Drehgestell und nicht im Aulieger beziehungsweise Chassis. Eine Aufahrrampe zentriert das Chassis beim Ankuppeln und hebt es gleichzeitig an. • Gabelstaplertaschen erlauben ein Herausheben des Drehgestells aus dem Gleis, so dass bei Nichtgebrauch keine Abstellgebühren anfallen. Die Sattelanhänger sind speziell für den Straßen- und den Schienenverkehr ausgelegt und verfügen über drei Liftachsen, die während der Schienenfahrt komplett angehoben werden. Dies ermöglicht auch den Transport von Megatrailern mit einer Innenhöhe von 3,00 m. Die Aulieger müssen die im Zugverband üblichen Druck- und Zugkräfte aufnehmen können und längsseitig mit einer Zugbremsleitung, die durch den gesamten Zugverband führt, ausgerüstet sein. Dies macht das Straßenfahrzeug je nach Ausführung und Typ etwa 1000 bis 1600 kg schwerer. Dafür ist das System sehr einfach aufgebaut und kann über 20 % mehr Ladeeinheiten pro vergleichbarer Zuglänge transportieren, was unter dem Strich zu einem um rund 10 % geringeren Zuggewicht führt. Weil die Drehgestelle ebenso wie das Straßenfahrzeug mit Luftfederung ausgestattet sind, ist ein schonender Schienentransport ohne Gefahr von Ladungsverschiebungen möglich. Energieersparnis, geringere Umweltverschmutzung sowie erheblich geringerer Zuglärm sind die umweltbeeinlussenden Merkmale der Technologie. Die operativen Vorteile: Die bi-modalen Techniken ermöglichen intermodale Lösungen auch dort, wo kein aufwendiges Terminal mit mit Portalkran oder Reachstacker für den Vertikalumschlag von Ladeeinheiten zur Verfügung steht - oder wo man beispielsweise nur von Normalspur auf eine Breitspur wechseln will. Im Grunde genügt ein Schienenstrang (Abstell- oder Industriegleis), der so in den Untergrund eingebettet ist, dass ein Straßenfahrzeug ihn ohne Probleme überfahren kann. Auf diesem Gleis stehen die speziellen Drehgestelle, die jeweils zwischen zwei Sattelanhänger gekuppelt werden und somit das System schienentauglich machen (Bild 3). Somit kann man mit bi-modalen Systemen praktisch überall ohne große Investition und zu niedrigsten Kosten ein intermodales Angebot darstellen. Ein weiterer Aspekt ist die Planungssicherheit. Immer wieder wird die Verkehrspolitik in Deutschland und Europa dazu gedrängt, längere und höhere Straßenfahrzeuge zuzulassen. Für die Investition in Tragwagen des kombinierten Verkehrs wären die meisten dieser Änderungen verheerend. Während das System Straße seine Wettbewerbsfähigkeit mit Lang-LKW ausbaut, müssten die Betreiber Kombinierter Verkehre davon ausgehen, dass der größte Teil ihres Waggonbestandes massiv entwertet wird, weil er auf die neuen Abmessungen nicht zugeschnitten ist. Beim Railrunner- System ist dies nicht der Fall: Erlaubt der Gesetzgeber einen Sattelanhänger beispielsweise mit größerer Länge, stehen die Drehgestelle im bi-modalen Zug einfach in einem etwas größeren Abstand. Das System ist also anpassungsfähiger als jedes andere Wagensystem im kombinierten Verkehr. Die Flexibilität des Systems wichtig auch organisatorisch zunehmend interessant: Der Verkehr Straße/ Schiene wird zunehmend konfrontiert mit Engpässen im Schienennetz Mitteleuropas. Schon in der Diomis-Studie des Internationalen Eisenbahnverbandes UIC 1 wurden erhebliche Engpässe sowohl im Schiennetz als auch bei den Kombi-Terminals prognostiziert: Bis zum Jahre 2017 werden Umschlagkapazitäten für weitere 3,4 Mio. Ladeeinheiten pro Jahr benötigt. Bei den Verkehrsachsen Hamburg - Rhein/ Main, Köln - Rhein/ Main und Saarbrücken - Stuttgart kann es zu erheblichen Engpässen kommen. DB Netz und die Kombi-Gesellschaften bemühen sich zwar um betriebliche Konzepte mit längeren Zügen, um pro Slot im Schienennetz mehr Ladung transportieren zu können. Allerdings erfordert dies beispielsweise längere Überholgleise und ist mit erheblichen Investitionen in die Infrastruktur verbunden. Hier können bi-modale Systeme wie etwa der Railrunner zur Problemlösung beitragen, da Ganzzüge im Railrunner-System rund 20 % mehr Sattelanhänger aufnehmen können als Huckepack-Züge mit konventionellen Taschen- oder auch Tragwagen (Bild 4). Noch fehlt die Eisenbahn-Zulassung in Europa für dieses System. Diese soll gemäß der „Technical Speciications for Interoperability (TSI)“ erfolgen und zeitlich so abgeschlossen sein, dass noch in zwei Jahren die ersten Pilotverkehre starten können. ■ 1 http: / / diomis.uic.org Wolfgang graaf Chief Engineer, Railrunner NA Inc, Waltham (MA) USA wolfgang.graaf@railrunner.com gerhard oswald Geschäftsführer, Railrunner Europe GmbH, Hamburg gerhard.oswald@railrunner.com Bild 4: Ganzzüge im Railrunner-System können bei gleicher Länge rund 20 % mehr Sattelanhänger aufnehmen als Huckepack-Züge mit konventionellen Taschen- oder auch Tragwagen. Bild 3: Die Drehgestelle werden jeweils zwischen zwei Sattelanhänger gekuppelt und machen das System schienentauglich. Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 74 TECHNOLOGIE Antriebstechnik LNG als Diesel-Alternative im-Nutzfahrzeugbereich Wie Erdgas für Transporteure interessant werden kann Liquiied Natural Gas, LNG, Erdgas, Eizienzsteigerung, Abgasemission, Reichweite E-Mobility ist mittelfristig für den schweren Güterverkehr mit seinen speziellen Rahmenbedingungen nicht geeignet - die hohen Fahrzeuggewichte und die idealerweise konstanten Geschwindigkeiten sind ungeeignete Voraussetzungen. Hier greift Erdgas als saubere und leise Antriebsalternative, die zudem einen volkswirtschaftlichen Vorteil hat: Jedes verbrauchte Kilogramm Erdgas substituiert einen Liter Diesel und nimmt somit Druck vom Rohölpreis. Neben den makroökonomischen Vorteilen gelten für den Unternehmer aber auch mikroökonomische Vorteile: Die Technik muß sich im Einsatz auch inanziell lohnen. Der Autor: Manfred Kuchlmayr T rotz der momentan niedrigen Dieselpreise ist die Suche nach Alternativen weiterhin geboten und bei den Fahrzeugherstellern ganz oben auf der Agenda. Während bei Herstellern von PKW und Transportern sowie Verteiler-LKWs die Lebensqualität des städtischen Raums und die überschaubaren Distanzen die Vorgaben deinieren, gelten für den LKW-Verkehr mit seinen hohen Gewichten und langen Strecken andere Voraussetzungen - und darüber hinaus sehr strenge betriebswirtschaftliche Aspekte: Kosten, Gewicht und Reichweite. Damit scheidet Elektromobilität bis auf Weiteres aus. Beim Thema Hybrid gelten in abgemilderter Form dieselben Einwände, weil letztlich zwei Antriebe bezahlt (Kosten) und mitgeschleppt (Gewicht) werden müssen. Mittelfristiges Potenzial einer „Mild-Hybridisierung“ von Teilfunktionen besteht allerdings: An die Bremsenergie zu gehen, lohnt immer, um über den Umweg der Rekuperation Nebenaggregate wie Lenkpumpe, Lichtmaschine, Luftkompressor oder Klimaanlage mit beim Bremsen gewonnenen Strom anzutreiben. Die Aufgabe des Motors wäre dann ausschließlich der Vortrieb ohne Nebenverbraucher. Wenn man dann dem Abgas noch die reichlich vorhandene Wärme (bis zu 550 °C unter Volllast) entzieht und über einen Rankine-Prozess in Strom umwandelt, steigt auch der Motor-Wirkungsgrad: Trotz des hohen Wirkungsgrads, den der Diesel bereits heute hat (bis zu 45 %) wäre eine Eizienzsteigerung des Antriebssystems um etwa 6 bis 8 % durchaus möglich. Erdgas-Antrieb: „Reality ready“ Heute schon praxistauglich ist dagegen Erdgas-Mobilität. Auch sie beruht auf einem Verbrennungsmotor. Für die Akzeptanz ist es wichtig, daß die Prozeduren vertraut sind: tanken, kuppeln, schalten. Weil Erdgas kein Rainerieprodukt ist wie Diesel (oder das oft damit verwechselte Flüssiggas LPG), gilt es zurecht als Alternative. Bereits vor dem Fracking-Boom war die Reichweite, also die Verfügbarkeit in der Zukunft, weit höher als die des Erdöls - ein weiterer wichtiger Aspekt. Bisher vorwiegend vorwiegend im Ausland im PKW-Bereich etabliert, wird der Erdgasmotor jetzt auch im Nutzfahrzeugbereich interessant. Grund ist die Reichweitenerhöhung - bisher das Problem von Erdgas in seiner Form als Compressed Natural Gas (CNG) - durch die Technik des Liquiied Natural Gas (LNG): Wird Erdgas bei etwa -160 °C in lüssiger Form gespeichert, liegt der Energieinhalt pro Kilogramm im Vergleich zum CNG um den Faktor 600 höher. Damit ist LNG fernverkehrstauglich, weil je nach Tankauslegung Reichweiten von über 1000 km darstellbar sind. Iveco hat aufgrund seiner traditionellen Marktstärke in typischen Erdgasländern seit langer Zeit Erfahrung mit CNG Motoren - zunächst vorwiegend in Stadtbussen - und kann auf eine Bestandslotte von mehr als 5000 Einheiten verweisen. Daher ist es nur konsequent, dass das Unternehmen frühzeitig in die LNG-Technologie investiert hat und seit Ende 2014 den ersten nach ECE 110 homologierten schweren LKW im Programm hat. Was macht diese Autos im Vergleich zum Diesel anders? Grundbedingung für ein Nutzfahrzeug ist der hinreichende Nutzen, für den Unternehmer in Form monetärer Vorteile. Leider ist aber ein Erdgasfahrzeug teurer als eines mit Dieselmotor. Die höheren Anschafungskosten des Erdgasaggregats sind derzeit noch den geringen Stückzahlen geschuldet. Denn Entwicklungskosten sind vorhanden: Der CNG- Bild 1: Der CNG- Motor von Iveco ist eine völlige Neukonstruktion. Abbildungen: Iveco Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 75 Antriebstechnik Technologie Motor von Iveco ist eine völlige Neukonstruktion, die lediglich auf dem Block eines Cursor-Dieselmotors basiert (Bild 1). Für den Erdgas-Betrieb wurden eigene Kolben mit geänderter Verdichtung bei identischem Hubraum sowie einer speziischen Brennraumform entwickelt. Anstelle des Diesel-Einspritzsystems sind im Zylinderkopf Zündkerzen und Zündspulen verbaut. Die Einspritzung des Gases erfolgt nach dem Prinzip der äußeren Gemischbildung aus einer gemeinsamen Druckschiene („Niederdruck-Common-Rail“) mit paarweise angeordneten Injektoren über kurze Edelstahlleitungen unmittelbar vor die zwei Einlassventile pro Zylinder. Der Druck im Rail wird von einem mit Kühlwasser temperierten elektronisch geregelten Druckminderer konstant gehalten. Die Einspritzmenge wird ausschließlich über die Einspritzzeit geregelt und stellt den Motor in allen Betriebspunkten auf ein stöchiometrisches Verbrennungsluftverhältnis l 1 ein. Auf diese Weise können mittels eines bauraum- und kostenoptimierten 3-Wege-Katalysators hervorragende Abgasemissions-Eigenschaften erreicht werden. Zudem regelt die beschriebene Einspritzelektronik automatisch das Kennfeld dergestalt, daß neben dem Hauch das im Südwesten Deutschlands verbreitete L-Gas 2 mit einem Methangehalt von nur ca. 80 % klaglos gefahren werden kann. Wegen der thermischen Verhältnisse hat Iveco über den Miller-Kreisprozess 3 eine erhebliche Leistungssteigerung realisiert und dabei den speziischen Verbrauch gesenkt. Die höheren Anschafungspreise müssen also durch geringere Betriebskosten kompensiert werden. Im Fall von LNG, für das es noch keine öfentliche Infrastruktur gibt, werden Großhandelspreise (pro kg) verlangt, die selbst gut verhandelte Dieselpreise (pro Liter) um 20 ct unterlaufen. Vergleichende Tests bei großen Speditionen haben zudem auf geeigneten Routen signiikante Verbrauchsvorteile bestätigt. Das Produkt aus ersparten Litern und der Preisdiferenz muß letztlich die Mehrkosten der Investition übersteigen. Eine gute Annahme ist, dass bei 100 000 km Jahreslauleistung zwei Jahre zur Amortisation genügen. Daneben muss das Fahrzeug nahtlos in den Speditionsbetrieb integrierbar sein - beim Sattel- Auliegerwechsel ebenso wie bei der Einhaltung der vorgegebenen Transportzeiten. Beim Linienverkehr mit Stadtbussen ist die Einhaltung der Transportzeiten noch wichtiger, weil sonst der „Diesel-Fahrplan“ nicht eingehalten werden kann. Mit einem 330 PS starken Erdgasmotor konnte Iveco diesen Nachweis auch in topograisch schwierigen Städten führen. Die eben erwähnte Speditionstauglichkeit wurde in einem unter realen Bedingungen durchgeführten Test des Osnabrücker Unternehmens Hellmann Worldwide Logistics bestätigt. Ein Minderverbrauch ergibt eine linear dazu im Verhältnis stehende CO 2 -Ersparnis. Ein anderer, von einem holländischen Logistiker gefahrener Langzeittest zwischen Achim (Bremen) und Birmingham mit vergleichbaren Autos ergab den Wert von ca. -15 % und ist direkt auch auf die CO 2 -Ersparnis übertragbar. Theoretisch müßte die CO 2 -Emission sogar noch geringer sein, weil LNG ein Gemisch aus Methan (ca. 98 %) und Ethan ist und sein Energiegehalt mit 50 MJ/ kg höher als der des auf kg umgerechneten Dieseltreibstofs (42 MJ/ kg) ist. Allerdings: Der Otto-Verbrennungsprozess, dem der Erdgasmotor folgt, ist insgesamt ineizienter als der Dieselprozess. Daher entsteht bei der motorischen LNG-Verbrennung pro Vergleichseinheit annähernd gleich viel CO 2 wie bei der Dieselverbrennung (ca. 2650 g/ l). Durch Verwendung von Biogas lässt sich jedoch der CO 2 -Ausstoß im Verhältnis zur Beimischung beliebig reduzieren - die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Verwendung von Ackerlächen für Motorentreibstof wird an dieser Stelle nicht behandelt. Power to gas - umweltfreundlich erzeugter Kraftstof Es gibt jedoch andere Lösungswege. Theoretisch die höchste CO 2 -Reduktion verspricht das „Power to Gas“-Verfahren, bei dem Wasser mittels überschüssigem Regenerativstrom (Wind-, Solarstrom) elektrolytisch zerlegt wird. Der so entstehende Wasserstof lässt sich auf drei verschiedene Arten verwenden: als Energieträger für Wasserstof-Brennstofzellen, direkt in das Gasnetz eingespeist (bis zu 5 % sind zulässig) - oder er reagiert mit CO 2 zu Methan, also hochreinem Erdgas. Der Gasversorger Mainova hat kürzlich mit einer solchen Anlage einen Wirkungsgrad von 77 % nachgewiesen. Alle drei Varianten eignen sich im übrigen zur Stromspeicherung - und weil der Bau von Übertragungsleitungen vom windstromreichen Norden in den verbrauchsintensiven Süden nicht vorankommt, ist „Power to Gas“-Technologie auch volkswirtschaftlich sinnvoll. Ein weiterer Nutzen - zumindest für Umwelt und Anwohner - ist die wesentlich niedrigere Lautstärke des Erdgasmotors: Selbst moderne Motoren sind in Schalldruck-Spitzen um ca. 3 db(A) lauter, das bedeutet per Meßgerät immerhin eine Verdoppelung. Daraus können sich je nach Einsatz zusätzliche Vorteile für den Anwender geben, wenn er damit eine Frühanlieferung in Stadtzentren realisieren kann. Eine dann mögliche zweite Tagestour ist ein bedeutendes betriebswirtschaftliches Argument für den Erdgas-LKW. Iveco hat sich beim Erdgasmotor für die stöchiometrische Verbrennung entschieden, bei der Luft und Gas im Verhältnis 1 : 1 eingeblasen wird ( l = 1). In genau diesem Zustand kann ein aus dem PKW bekannter 3-Wege-Kat verwendet werden. Darum ist der Erdgasmotor auch bezüglich aller anderen Emissionen vorbildlich und EURO VI homologiert (Bild 2), und dank Methan (CH 4 ) als wasserstofreichster Kohlenstofverbindung lassen sich diese Werte ohne weitere Abgasnachbehandlung erreichen. Aufwändige, teure und schwere SCR-Anlagen 4 wie bei Dieselmotoren sind daher nicht nötig - ein Vorteil, der den Erdgasmotor bezüglich Gewicht und Kosten wieder ein wenig näher an den Diesel heranrückt. ■ 1 Dimensionslose Kennzahl, die das Massenverhältnis aus Luft und Brennstof in einem Verbrennungsprozess angibt. Aus ihr lassen sich Rückschlüsse auf Verbrennungsverlauf, Temperaturen, Schadstofentstehung und Wirkungsgrad ziehen. 2 H-Gas (high caloric gas) enthält mindestens 87 % Methan und hat einen höheren Heizwert als L-Gas. 3 Nach ihrem Erinder Ralph Miller bezeichnete Steuerung des Ventiltriebs, die das Einlassventil später schließt als beim üblichen Otto-Kreisprozess: Die Luftlademenge wird verkleinert, das Expansionsverhältnis größer, der Wirkungsgrad bei 4-Takt-Verbrennungsmotoren gesteigert. 4 Selektive katalytische Reduktion, Technik zur Reduktion von Stickoxiden. Manfred Kuchlmayr Unternehmenskommunikation, Iveco Magirus AG, Unterschleissheim manfred.kuchlmayr@iveco.com Bild 2: CNG-Motoren arbeiten in allen Emissionsbereichen vorbildlich. Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 76 TECHNOLOGIE Wissenschaft Wirtschaftsverkehr mit Elektro-Nutzfahrzeugen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und Optimierungspotentiale von e-Fahrzeugen im KEP-Bereich Elektro-Nutzfahrzeuge, Kurier-Express-Paket-Dienste, KEP, Wirtschaftlichkeit, Optimierung Die Bundesregierung fördert den Einsatz von Elektrofahrzeugen bis ins Jahr 2030. Neben direkten Förderungen werden auch die Zulassungsvorschriften begünstigend angepasst. Die Auswirkungen durch ihren Einsatz für Kurier, Express und Paketdienste (KEP) sind bisher im Vergleich mit zukünftigen Batterietechnologien wenig untersucht worden. Das Förderprojekt „DisLog: Ressourceneiziente Distributionslogistik für urbane Räume mit elektrisch angetriebenen Verteilfahrzeugen“ soll dazu ein Beitrag liefern. Der Autor: Hans-Dieter Chemnitz M it dem Einsatz von Elektrofahrzeugen werden erhebliche Verbesserungen im Kurier, Express und Paketdienst verbunden. Die heutigen Serienfahrzeuge mit Elektroantrieb scheinen nur in Nischen die Anforderungen der Anwender zu trefen. Für eine breitere Anwendung ist es erforderlich, besonders das Batteriesystem an die speziischen Einsatzbedingungen der Flottenbetreiber anzupassen. Als ein Kostenfaktor entscheidet das Batteriesystem den erreichbaren Grad der Wirtschaftlichkeit in einer für e-Nutzfahrzeuge optimierten Flottenstruktur. Der grobe Kostenvergleich von e-Fahrzeugen mit ihren konventionellen Pendants hat das Ziel, die für die Elektromobilität entscheidenden „Stellgrößen“ zu erkennen. Verglichen werden Diesel- und e-Modelle kleiner Nutzfahrzeuge wie dem Renault Kangoo und Transporter mit 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht. Für die im Kurierdienst eingesetzten Kastenwagen gibt es Serienfahrzeuge mit Elektroantrieb, dagegen sind Transporter mit 3,5 t zGG zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht als Serienfahrzeuge mit Elektroantrieb verfügbar. Kostenvergleich von Diesel- und e-Kastenwagen Die heute angebotenen Serienfahrzeuge mit Elektroantrieb sind in Abmessungen, Zuladung und Ausstattung weitgehend identisch mit den Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Das gewählte Dieselmodell hat gegenüber dem Elektromodell 50 % mehr Leistung (66 KW) bei etwa gleichen maximalen Drehmoment. Der Energiespeicher des Diesel ist etwa 26mal so groß wie die Kapazität der Batterie (22 bis 24 kWh). Für den Kostenvergleich wurden die Gesamtkosten der Dieselfahrzeuge aus den allgemein verfügbaren Gesamtkostenrechnungen übernommen [1]. Diese Rechnung bezieht sich auf vier Jahre Haltedauer und gibt die Kosten für Jahresfahrleistungen bis 40 000 km an. Folgende Kosten werden in Form einer Diferenzbetrachtung in die Vergleichsrechnung einbezogen: Anschafungskosten, Restwerte nach vier Jahren, Treibstokosten, Batteriekosten, Servicekosten, Steuervorteile [2, 3, 4]. Der Vergleich der resultierenden Gesamtkosten bei 4-Jahren Haltedauer ist in Bild 1 dargestellt. Die Kosten des e-Fahrzeuges (Linie „Elektro“) sind unabhängig von der jährlichen Fahrleistung stets höher als die des Dieselfahrzeuges (Linie „Diesel“). Wären die Kosten der Fahrzeugnutzung gleich, also die Fahrzeuganschaffungskosten und die Restwerte gleich, verringerte sich der Kostenvorteil des Diesel und verschwindet bei 40 000 km/ a (Linie „gleiche Anschafungskosten“). Diese Annäherung der Kosten wird verursacht durch den Servicekostenvorteil des e-Fahrzeuges bei hohen Laufleistungen. Die Elektromobilität wird heute gefördert durch den Verzicht auf Kraftfahrzeugsteuer und die Mi- 0 10.000 20.000 30.000 40.000 50.000 60.000 5 10 15 20 25 30 35 40 Elektro o. Förderung Elektro gleiche Ansch affungskosten Diesel Kostenvergleich Kastenwagen E und Diesel Haltedauer 4 Jahre Kosten €/ 4a 1000 km/ a €/ 4a Bild 1: Gesamtkostenvergleich über vier Jahre für Elektro- und Diesel-Kastenwagen Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 77 Wissenschaft TECHNOLOGIE neralölsteuer. Entiele die heutige Förderung, dann betrügen die Mehrkosten etwa 9000 EUR in vier Jahren bei 40 000 km/ a (Linie „Elektro o.Förderung“). Ursache der nahezu konstanten Kostendiferenz über die jährlichen Fahrleistungen sind die Batteriekosten. Wie auf Bild 2 angegeben, sind sie ab etwa 20 000 km/ a nahezu proportional zur Fahrleistung (variable Kosten). Die Energiekosten von Diesel und Elektrofahrzeug (Strom und Batterie) sind erst dann gleich, wenn der Stromverbrauch des e-Fahrzeuges von 18 auf 12 kWh/ 100 km sinkt bei einem Strompreis von 0,18 EUR/ kWh. Der Vergleich der Leistungen und Kosten heutiger Fahrzeuge zeigt, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor den Fahrzeugen mit e-Antrieb wirtschaftlich überlegen sind. Dies gilt für die Fahrzeuganschafungskosten und die Betriebskosten des e-Fahrzeuges für Energie und Batterie. Die günstigeren Servicekosten können dies nicht ausgleichen. Das heißt, dass die bisherige direkte und indirekte Förderung nicht ausreicht, um die Wirtschaftlichkeit der e-Fahrzeuge zu erreichen. Im Folgenden soll deshalb untersucht werden, welche Verbesserungspotentiale durch eine optimale Batterieanpassung mit heutigen und zukünftigen Batterietechnologien bestehen. Dabei wird angenommen, dass sich die e-Fahrzeuge in Konzeption und Produktion so weiterentwickelt werden, dass sie kostengleich mit den Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor sind. Grundlagen einer Batterieoptimierung In den folgenden beispielhaften Betrachtungen wird angenommen, dass die Einsatzbedingungen und Personalkosten gleich sind und Diesel- und Elektrofahrzeug die gleichen ixen und variablen Fahrzeugkosten haben. Grundlage sind die Gesamtkosten der Dieselfahrzeuge wie sie z. B. in [1] angegeben werden. Gegenübergestellt werden nur die Energiekosten, also Batterie- und Stromverbrauchskosten gegenüber den Dieselkraftstokosten. Die Batterie ist das Aggregat, das die Einsatzgrenzen von e-Fahrzeugen technisch und wirtschaftlich stark beeinlusst. Die intensiv betriebene Batterieentwicklung hat große Fortschritte gemacht, so dass für das Jahr 2020 Energiedichten von 300 Wh/ kg, Preise von 150 EUR/ kWh und Zyklenzahlen von über 2000 vorhergesagt werden (heute 100 Wh/ kg, über 200 EUR/ kg, über 1000 Zyklen) [6, 7]. Diese zukünftigen Eigenschaften werden in die prospektive Rechnung aufgenommen. Für die Optimierung der Batterie gelten die unterschiedlichen Zielsetzungen der Nutzer. Während im Kurierdienst nach Fahrleistung (km) abgerechnet wird, ist es im Gütertransport die Bezugsgröße Transportleistung (tkm). Anwendungsfall Kurierdienste - Bezugsgröße Fahrleistung Kastenwagen Kurierdienste befördern Sendungen mit geringem Gewicht, die Gewichtsgrenzen des Fahrzeuges spielen eine nur untergeordnete Rolle. Die Einnahmen sind weitgehend proportional der Fahrleistung. Die Kurierdienste sind wie Taxifahrten organisiert, können jedoch unterschiedliche Aufträge bündeln. Dabei entstehen Leerfahrten und Umwegfahrten, um Bündelungsefekte zu erzielen. Die Touren sind zeitlich und räumlich unregelmäßig, so dass Batterie-Zwischenladestationen nur dann sinnvoll angefahren werden können, wenn die Fahrten dies zeitlich und räumlich zulassen. Häuig eingesetzte Fahrzeuge sind Kastenwagen wie oben im „Kostenvergleich“ angegeben. Im Fall des Kurierdienstes können die Batterien der zur Gewinnerzielung einsatzspeziisch erforderlichen Reichweite angepasst werden. In Bild 3 wurde die Rechnung so kalibriert, dass der Diesel ab einer Fahrleistung von 160 km/ Tag Einnahmenüberschüsse erzielt. Bei gleichen Anschafungskosten der Fahrzeuge wären sie wirtschaftlich etwa gleich. Für eine gewählte Tagesfahrleistung von 250 km ohne Nachladen hätte das Elektrofahrzeug mit der Batterietechnologie des Jahres 2020 ein Batteriegewicht von 150 kg und eine restliche Zuladung von 700 kg (heute 590 kg und 260 kg Zuladung). Da die Einnahmen im Kurierdienst überwiegend von den Fahrleistungen abhängen, ergibt sich natürlich bei Kostengleichheit von Diesel- und Elektrofahrzeug kaum ein Unterschied in der Wirtschaftlichkeit. Voraussetzung ist allerdings, dass die Batteriekapazität genau an die erforderliche Fahrleistung angepasst ist (entsprechend Dieseltank). 0,00 4,00 8,00 12,00 16,00 20,00 5 10 15 20 25 30 35 40 Renault Kangoo Z.E. [3] Renault ZOE [4] Nissan e-NV200 [2] 1000 km/ a €/ 100 km Spezi fische Ba ter iekosten Basis: Leasin gr aten Bild 2: Batteriekosten in Abhängigkeit der Jahresfahrleistung. Die Leasingraten werden für Fahrleistungen zwischen 10 000 und 30 000km/ a angegeben, darüber oder darunter liegende Werte wurden extrapoliert. -50,00 0,00 50,00 100,00 150,00 200,00 250,00 0 42 83 125 167 208 250 Einnahmen Diesel Gewinn Diesel Einnahmen Elektro Gewinn Elektro Ba ter i e op i mi er ung Ku r i er di en st Kas te nwag e n B e zu gsgr öß e : Fah r l e istung km/ Tag Ba ter i e op i mi er ung Ku r i er di en st Kas te nwag e n B e zu gsgr öß e : Fah r l e istung km/ Tag €/ Tag Bild 3: Einnahmen und Gewinn mit der optimalen Batterie in Abhängigkeit von der Tagesfahrleistung, Bezugsgröße Fahrleistung, bei gleichen Personal- und Fahrzeugkosten von Diesel- und e-Kastenwagen, Batterietechnologie „2020“. Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 78 TECHNOLOGIE Wissenschaft Anwendungsfall Speditionen - Bezugsgröße Transportleistung Transporter 3,5t Bei dem Gütertransport von Sendungen mit höherem Gewicht kann die Transportleistung (tkm) als Bezugsgröße der Einnahmen gelten, wie z. B. im Verteil- und Fernverkehr. Im Anwendungsfall Verteil- oder Sammelverkehr ist das Fahrzeug am Beginn oder Ende der Tour gewichtsmäßig ausgelastet. Dieser Anwendungsfall impliziert eine maximale Auslastung von 50 %. Zeitlich und räumlich sind die Touren planbar, so dass Batterie- Zwischenladestationen geplant angefahren werden können. Überwiegend eingesetzt werden Transporter mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 t [5]. In diesem Fall konkurriert eine große, schwere Batterie mit hoher Reichweite mit einer möglichst hohen Fahrzeugzuladung. Bild 4 zeigt diesen Zusammenhang für die heutige Batterietechnologie. Die optimale Strecke beträgt 85 km, das Batteriegewicht 230 kg. Der hier entstehende Verlust von 26 EUR kann durch Nachladen vermieden werden, da dadurch weitere Einnahmen erzielbar sind, die die täglichen Fixkosten decken. Die Anzahl der Ladungen für eine Tagesfahrleistung von 200-km ist unten in Tabelle1 in Spalte „Fall-0“ zu inden. Um das betriebswirtschaftliche Optimum zu inden, müssen alle relevanten Kosten den Einnahmen gegenübergestellt werden. Für die wirtschaftlich optimale Batteriegröße 1 gilt: BG opt = LG brutto - k variabel (1) 2 (2 α p) Die optimale Batteriegröße BG opt ergibt sich als Diferenz aus der halben Zuladung LG brutto (kg) und dem Quotient aus variablen Kosten k variabel (EUR/ km) und den Einnahmen 2 α p (EUR/ kgkm), als Produkt der Auslastung und des Transportpreises. Man erkennt leicht, dass ohne die Kostenelemente im zweiten Term das technische Optimum des Batteriegewichtes die Hälfte der gesamten Zuladung beträgt. Die in Tabelle 1 angegebene Berechnung des „Gewinns“ basiert auf den oben angegebenen Vereinbarungen gleicher Personal- und Fahrzeugkosten ausschließlich der Energiekosten. Für die Batterieoptimierung wurde ein Diesel- und ein e-Transporter 3,5 t miteinander verglichen. Die Batterieeinlussgrößen sind in Tabelle 1 für einen Arbeitstag, an dem 200 km gefahren werden, untersucht. Der Vergleichsfall mit heutiger Batterietechnologie aus Bild 4 ist in „Spalte-0“ eingetragen. Variiert wurden Zyklenzahl, speziischer Batteriepreis und Energiedichte der Batterie. Der Einluss der Zyklenzahl und des speziischen Batteriepreises auf den Gewinn ist gering (Spalte „Fall-1“ und „-2“). Wie im „Fall-0“ mit heutiger Batterietechnologie muss mehr als einmal pro Tag nachgeladen werden. Der durch das mehrfache Nachladen entstehende Aufwand und die entgangenen Einnahmen wurden nicht berücksichtigt. Bei einer Energiedichte von knapp 300 Wh/ kg steigt der „Gewinn“ auf über 18 EUR/ Tag (Spalte „Fall-3“ und „-4“). Er liegt dennoch etwa 30 EUR unter dem des Diesel-Sprinters (Spalte „Diesel“), erfordert aber nur ein einmaliges Laden am Tag. Mit einem „Gewinn“ von 42 EUR/ Tag ist die Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichtes von Elektrotransportern von 3,5 t auf 4,25 t heute am wirkungsvollsten. Mit der Batterietechnologie 2020 ergäbe sich ein „Gewinn“ von 90 EUR/ Tag und ein einmaliges Laden am Tag. Der Grund dafür ist die höhere Zuladung gegenüber dem Diesel-Transporter. Angenommen wurde, dass die damit verbundenen Mehreinnahmen ohne- zusätzliche Fahrzeugkosten erzielt werden, abgesehen von dem etwas höheren Energiebedarf von 30-kWh/ 100 km. Die Einnahmen sind an den realen Verhältnissen orientiert und so kalibriert, dass für den Diesel auskömmli- Batterieoptimierung, Transporter 3,5t, Spedition, Tagesfahrleistung 200km/ Tag Fall-0 Fall-1 Fall-2 Fall-3 Fall-4 Fall-5; 4,25t Diesel Nutzlast + Batterie kg 1300 1300 1300 1300 1300 1700 1300 Batterie Energiedichte Wh/ kg 90 90 90 280 280 90 Zyklenzahl 1000 2000 2000 2000 2000 1000 Spez. Batteriepreis €/ KWh 200 200 0 200 150 200 Batteriegewicht opt 200 km kg 230,70 242,45 254,20 177,08 177,08 421,77 16,00 Ladungen/ Tag bei 200 km 2,35 2,23 2,13 1,00 1,00 1,54 1,00 „Gewinn“ 200 km € 1,89 4,39 6,89 18,30 19,55 42,55 48,82 Tabelle 1: Auswirkungen von Fahrzeug- und Batterieeigenschaften auf den „Gewinn/ Tag“, bei gleichen Personal- und Fahrzeugkosten von Diesel- und e-Transporter. 1 -200 -100 0 100 200 300 400 0 42 83 125 167 208 250 Einnahmen Elektro Gewinn Elektro Einnahmen Diesel Gewinn Diesel €/ Tag km/ Tag Ba ter i e op i mi er ung S ped i i on T r anspo rter 3,5t B e zu gsgr öß e : T r anspo r tl e istung Bild 4: Einnahmen und Gewinn mit der optimalen Batterie in Abhängigkeit von der Tagesfahrleistung, Bezugsgröße Transportleistung, bei gleichen Personal- und Fahrzeugkosten von Diesel- und e-Transporter, heutige Batterietechnologie. 1 Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 79 Wissenschaft TECHNOLOGIE che Erträge entstehen. Die hier als „Gewinn“ ausgewiesenen Beträge könnten als fahrzeugspeziischer Deckungsbeitrag 1 gelten, d.h. alle weiteren Kosten des Unternehmens müssen aus dem „Gewinn“ beglichen werden. Dazu zählen die nicht in dieses Kalkül einbezogenen Kosten, die ganz überwiegend Fixkosten sind (die Fixkosten, wie die Finanzierungskosten, verändern den „Gewinn“, nicht aber die Batterieoptimierung). Ausblick Die Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichtes von e- Transportern von 3,5 t auf 4,25 t liefert einen wesentlichen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit im Segment Gütertransport. Die sonstigen Fördermaßnahmen reichen nicht aus, um die Kosten der gewerblichen e-Mobility im KEP-Bereich an die Kosten der Dieselfahrzeuge anzugleichen. Die vergleichende Abschätzung zeigt, dass die e-Fahrzeuge das Kostenniveau der Dieselfahrzeuge erreichen und für den jeweiligen Anwendungsfall optimiert werden müssen, das gilt besonders für die Batterien. Die Betrachtung dient als Vorbereitung und Input für weitere Projektarbeiten, die den Einsatz und die Optimierungen von Logistikkonzepten, Fahrzeuglotten und den Fahrzeugen selbst betrefen. ■ Die Bundesregierung fördert in vier ausgewählten Regionen die Erprobung innovativer Elemente der Elektromobilität im Rahmen des Förderprogramms „Schaufenster Elektromobilität“. Die in diesem Beitrag vorliegenden Ergebnisse sind im Projekt „DisLog: Ressourceneiziente Distributionslogistik für urbane Räume mit elektrisch angetriebenen Verteilfahrzeugen“ entstanden, einem Projekt des Internationalen Schaufensters Elektromobilität Berlin-Brandenburg. 1 Ohne Berücksichtigung des Strommehrverbrauches durch das Batteriegewicht QUELLEN [1] ADAC Autokosten 2014 [2] Nissan e-NV200 und NV200, Broschüren und Preislisten 2014 [3] Renault Kangoo Z.E. und Renault Kangoo, Broschüren und Preislisten 2014 [4] Renault ZOE, Broschüre und Preisliste 2014 [5] Mercedes-Benz, Sprinter Datenblätter 2014 [6] http: / / www.samsungsdi.com/ automotive-battery/ battery-cells [7] http: / / www.wiwo.de/ technologie/ auto/ elektrofahrzeuge-einfacher-und-schneller/ 9901378-2.html Hans-Dieter Chemnitz, Dipl.-Ing., Dipl.-Kfm. Internationale Akademie Berlin für innovative Pädagogik, Psychologie und Ökonomie gGmbH (INA), Berlin chemnitz@ina-fu.org Die englischsprachige Ausgabe von Ihr Ansprechpartner für Werbung: Tim Feindt • 040 23 714 -220 • tim.feindt@dvvmedia.com NEU! Messeverbreitung: • eCarTec 2015, München International Transportation 2/ 2015: Erscheinungstermin: 01. Oktober 2015 Anzeigenschluss: 31. August 2015 International Transportation Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 80 TECHNOLOGIE Wissenschaft Quelle/ Ziel-Daten für-die-Planung des Platzangebotes Verknüpfung von Daten aus Zähl- und Auskunftssytemen des ÖPNV Angebotsplanung, Datenerhebung, Quelle/ Ziel-Informationen, Fahrgastzählsysteme Automatische Fahrgastzählsysteme liefern den ÖPNV-Unternehmen heute detaillierte Informationen über die Auslastung ihrer Busse und Bahnen. Auf dieser Datengrundlage erfolgt die Planung des nachfrageorientierten Platzangebotes. Für eine optimale Bearbeitung bestimmter Planungsfälle ist jedoch auch die Kenntnis der von den Fahrgästen zurückgelegten Wege von Bedeutung. Diese sogenannten Quelle/ Ziel- Daten lassen sich durch eine Verknüpfung von Fahrgastzahlen der Zählsysteme und Verbindungsvorschlägen der elektronischen Fahrplanauskunft gewinnen. Für die ausreichende Güte dieser Ergebnisse sorgt eine Ausgleichsrechnung aus der Verkehrsplanung. Die Autoren: Ulrich Bergner, Benjamin Richter F ür ÖPNV-Unternehmen ist die Planung des Platzangebotes ein wichtiger Geschäftsprozess. Das Planungsergebnis prägt maßgeblich die Attraktivität und den Ressourceneinsatz des Angebotes und beeinlusst damit gleichermaßen die Einnahmen und Ausgaben des Unternehmens. Ein erfolgreicher Planungsprozess muss deshalb stets beiden Zielen gerecht werden. Dies gelingt am besten, wenn sich das Platzangebot eng an der Nachfrage ausrichten kann, weil der Planung aktuelle und belastbare Nachfragedaten in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Heute werden diese Daten vor allem durch Automatische Fahrgastzählsysteme (AFZS) erhoben, die an den Fahrzeugtüren ein- und aussteigende Fahrgäste detektieren. Der Umfang der so gewonnenen Daten hängt dabei vor allem von der Ausrüstungsquote der Fahrzeuge ab. Grundlegendes zur Datenerhebung kann der in Überarbeitung beindlichen VDV-Schrift 457 entnommen werden [1]. Die so gewonnenen AFZS-Daten liefern der Planung ein örtlich und zeitlich diferenziertes Bild der Platznachfrage aller Fahrten einschließlich ihrer Streuung und zeitlichen Schwankungen. Damit kann geprüft werden, ob die zulässige Besetzung für die eingesetzten Verkehrsmittel eingehalten wird oder das Angebot angepasst werden muss. Bei der Festlegung der Grenzwerte orientieren sich die meisten Verkehrsunternehmen an der VDV-Schrift 4 [2] oder an teilweise abweichenden Vorgaben ihres Aufgabenträgers (Beispiel Hamburger Verkehrsverbund (HVV)) [3]. Wozu Quelle/ Ziel-Daten? In den meisten Fällen reicht der Informationsgehalt der AFZS-Daten für eine nachfrageorientierte Planung des Platzangebotes aus. Es gibt jedoch einige Fragestellungen, die sich mit diesen Daten nicht zuverlässig beantworten lassen. Dies ist immer dann der Fall, wenn für Entscheidungen über Angebotsmaßnahmen Informationen über den Weg der Kunden bedeutsam sind. Dies betrift zum Beispiel Zusatzangebote, die aus wirtschaftlichen Gründen nur wenige Linienabschnitte bedienen, oder parallel zum vorhandenen Angebot einzurichtende Expressverkehre, die nur ausgewählte Haltestellen bedienen sollen. Für eine genaue Ausrichtung des Platzangebotes an der Nachfrage fehlen der Planung hier ergänzende Informationen über haltestellenbezogene Quelle/ Ziel-Beziehungen. Gewinnung von Quelle/ Ziel-Informationen Wie lassen sich nun diese Zusatzinformationen gewinnen? Grundsätzlich bieten sich dafür mehrere Wege an. Ideal wäre sicherlich eine fahrzeuggestützte Erhebung miteinander verknüpfter Ein- und Ausstiegsinformationen mittels eines Check-In/ Check-Out- (CICO) oder Be-In/ Be-Out-Verfahrens (BIBO) im Rahmen eines Elektronischen Fahrgeldmanagement (EFM) [4]. Zur Einführung solcher Systeme gibt es bereits zahlreiche, insbesondere durch den Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) voran getriebene Initiativen [5]. Diese liefern jedoch häuig noch nicht die für eine umfassende und detaillierte Angebotsplanung auf Basis von Quelle/ Ziel-Daten notwendigen Ergebnisse. Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 81 Wissenschaft TECHNOLOGIE Ein anderer Weg zur Gewinnung von Quelle/ Ziel-Informationen sind Fahrgastbefragungen. So führt beispielsweise der HVV alle fünf Jahre eine umfassende Befragung seiner Fahrgäste durch. Diese Befragung liefert belastbare Quelle/ Ziel-Informationen für Zeiträume von drei oder mehr Stunden Dauer und ist damit nicht geeignet für die Planung des Platzangebotes kurzer Zeitintervalle oder einzelner Fahrplanfahrten. Weiterhin lassen sich aus Befragungen Aussagen über die Jahresganglinie oder die Streuung der Nachfrage nur dann ableiten, wenn diese kontinuierlich durchgeführt werden. Eine dritte Möglichkeit zur Gewinnung von Quelle/ Ziel-Informationen bietet die heute weit verbreitete elektronische Fahrplanauskunft. So nutzen die Fahrgäste des HVV zahlreich das Auskunftssystem Geofox und erhalten nach Eingabe von Start, Ziel und gewünschter Uhrzeit maßgeschneiderte Verbindungsvorschläge. Diese Vorschläge werden vom Betreiber des Auskunftssystems protokolliert, jedoch so, dass eine personenbezogene Zuordnung der Daten bei späteren Auswertungen nicht möglich ist. Unter Beachtung bestimmter Umsetzungsannahmen lassen sich aus den protokollierten Vorschlägen Reiseketten nachbilden, wobei die eigentliche Realisierung der Fahrten nur vermutet werden kann. Gegen die Repräsentativität und Verwendbarkeit der so gewonnenen Informationen gibt es daher zahlreiche Bedenken, welche sich auf theoretischem Wege bisher nicht ausräumen ließen (vgl. [6]). Dagegen lässt sich die Verwendbarkeit der Auskunftsdaten über den Nachweis eines engen statistischen Zusammenhangs zu den zeitgleich dazu erhobenen AFZS-Daten beurteilen. Nur bei Vorliegen dieses Zusammenhangs ist eine Verknüpfung beider Ergebnisse zur Gewinnung von Quelle/ Ziel-Daten zielführend. Zusammenhang zwischen Auskunfts- und Zähldaten Mathematisch lassen sich diese engen Beziehungen zwischen den Größen Fahrgastzählung (x) und Verbindungsvorschläge der Fahrplanauskunft (y) durch den Korrelationskoeizienten r xy ausdrücken. Wie schon bei einer vorangegangenen Untersuchung festgestellt wurde, ergibt sich auch 2013 für die Hamburger U-Bahnlinien ein starker linearer Zusammenhang mit einem Korrelationskoeizienten von 0,8 < r xy < 1,0 [6], der sich in t-Tests als signiikant erweist. Somit lässt sich die Verteilung der Einsteigerzahlen aus dem AFZS zu mehr als 80 % durch die Verteilung der Verbindungsvorschläge aus der Fahrplanauskunft erklären und umgekehrt. Bild 1 stellt diesen Zusammenhang bildlich dar, wobei allerdings auf die unterschiedlichen Ordinaten zu achten ist. Aufgrund des festgestellten starken Zusammenhangs erscheint die weitere Aubereitung und Verknüpfung von AFZS- und Auskunftsdaten als viel versprechender Weg zu belastbaren Quelle/ Ziel-Daten, welcher im Folgenden näher vorgestellt werden soll. Verknüpfung von Auskunfts- und Zähldaten Die pro Fahrplanfahrt und Richtung vorgenommene Verknüpfung von AFZS- und Auskunftsdaten durchläuft nacheinander fünf Arbeitsschritte: 1. Auswertung der AFZS-Daten zur Ermittlung der Ein- und Aussteigerzahlen der Haltestellen 2. Ermittlung von Quelle/ Ziel-Beziehungen aus den Datensätzen des Auskunftssystems 3. Anpassung der Gesamtfahrtenzahl der Quelle/ Ziel- Matrix an die Summe der Einbzw. Aussteigerzahlen des AFZS 4. Weitestgehender Ausgleich aller Randsummen der Quelle/ Ziel-Matrix 5. Nutzung der ausgeglichenen Matrix für die Planung Der erste Schritt braucht hier nicht näher erläutert werden. Für die Ermittlung der Quelle/ Ziel-Beziehungen werden die vom Betreiber des Auskunftssystems protokollierten Verbindungsvorschläge verwendet. Diese werden so ausgewertet, dass für jede Quelle/ Ziel-Gruppe einer Fahrplanfahrt täglich ein Messwert (= Anzahl der erteilten Verbindungsvorschläge) entsteht. Aus den Messwerten eines Jahres lassen sich die Ergebnisse für eine Fahrplanfahrt zusammenfassen. Auf diese Weise ergibt sich eine im Vergleich zu automatischen Zählungen veränderte Konstruktion der Stichprobe. Während bei der Fahrplanauskunft für nahezu alle Fahrten nur die jeweils erteilten Verbindungsvorschläge erfasst werden, werden durch das AFZS, abhängig von der Ausrüstungsquote der Fahrzeuge, für wenige Fahrten immer alle Fahrgäste erfasst. Im dritten Schritt wird die Gesamtfahrtenzahl aus Auskunftsdaten an das AFZS-Niveau angeglichen, ohne dabei die Fahrtenverteilung innerhalb der Quelle/ Ziel- Matrix zu verändern. Dabei gelten die Ergebnisse des AFZS wegen ihrer ausgewiesenen Genauigkeit als gesetzt. Gleiches gilt für die Ein- und Aussteigerzahlen der Haltestellen, welche in der darauf folgenden Ausgleichsrechnung die harten Randsummenbedingungen für das Quell- und Zielverkehrsaukommen der Auskunfts-Matrix bilden, siehe Bild 2. Um die harten Randsummenbedingungen für alle Zeilen- und Spaltensummen zu erfüllen, wird eine Ausgleichsrechnung durchgeführt, die in der Verkehrsplanung zur Lösung ähnlicher Probleme Anwendung indet [7, S. 290 f.]. Die Nachfrage V ij vom Start i zum Ziel j berechnet sich aus dem Gesamtverkehrsaukommen V, aus einer „Bewer- 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Mümmelmannsberg Steinfurther Allee Merkenstrasse Billstedt Legienstrasse Horner Rennbahn Rauhes Haus Hammer Kirche Burgstrasse Berliner Tor Hauptbahnhof Nord Jungfern sieg Gänsemarkt Messehallen Schlump Christuskirche Emilienstrasse Osterstrasse Lu t erothstrasse Hagenbecks Tierpark Hagendeel Niendorf-Markt Joachim-Mähl-Strasse Schippelsweg Verbindungsvorschläge Auskun t S Z F A r e g i e t s n i E Einsteiger aus AFZS und Verbindungsvorschläge der Auskun t im Vergleich für eine Fahrplanfahrt auf einer U-Bahnlinie Einsteiger AFZS Verbindungen aus Auskun t Bild 1: Mittelwerte der Auskunfts- und Zähldaten für eine Fahrplanfahrt einer U-Bahnlinie Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 82 TECHNOLOGIE Wissenschaft tung“ B ij sowie aus den Faktoren f i und g j . Für V wird die Summe der vom AFZS gezählten Fahrgäste eingesetzt. V ij = V · B ij · f i · g j (1) V ij Zahl der Fahrgäste von i nach j (Größe der Quelle/ Ziel-Gruppe) V Gesamtzahl aller Fahrgäste einer Fahrt (AFZS) B ij „Bewertung“, Anteil der Beziehung von i nach j aus der Fahrplanauskunft (Anteil der Verbindungsvorschläge) f i ; g j Faktoren, die durch k Iterationen bestimmt werden Für die Verkehrsplanung liegt die Herausforderung in der richtigen Bestimmung der Bewertung B ij als Funktion des Widerstands für Ortsveränderungen. Im hier gezeigten Fall werden für B ij die Verbindungsvorschläge der Fahrplanauskunft eingesetzt. Die Bewertung für jede Quelle- Ziel-Verbindung bemisst sich daran, wie groß ihr Anteil an der Zahl aller Verbindungsvorschläge der Fahrt ist. Die Multiplikationsfaktoren f i und g j ergeben sich aus den Quell- und Zielsummen des AFZS. f i(k) = q i (2) Σ j B ij g j(k-1) g j(k) = z j (3) Σ i B ij f i(k) q i Anteil der Einsteiger der Haltestelle i an allen Fahrgästen der Fahrt (AFZS) z j Anteil der Aussteiger der Haltestelle j an allen Fahrgästen der Fahrt (AFZS) Wegen der gegenseitigen Koppelung der Gleichungen können für f i und g j auf analytischem Weg keine eindeutigen Lösungen gefunden werden. Es wird daher ein Iterationsverfahren angewandt, bei dem das jeweils aktuelle Iterationsergebnis des einen Faktors in den darauf folgenden Iterationsschritt des anderen Faktors eingeht [7, S. 295]. Die Iteration darf abgebrochen werden, sobald die so ermittelte Lösung hinreichend genau ist. Für die Planung des Platzangebotes ist dies nach Ansicht der Autoren dann der Fall, wenn alle ganzzahlig gerundeten Randsummen der Auskunftsdaten mit den Ein- und Aussteigerzahlen des AFZS übereinstimmen. Dafür sind etwa zehn bis 20 Iterationsschritte erforderlich. Mit der beschriebenen Verknüpfung lassen sich sowohl das arithmetische Mittel der Nachfrage als auch die fahrtspezifische Nachfragestreuung der Fahrplanfahrt bestimmen. Damit ist es der Planung möglich, das Auftreten unzulässiger hoher Fahrzeugbesetzungen mit einer definierten Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Für eine jährliche Aktualisierung des Platzangebotes reicht es aus, die zuletzt verwendeten AFZS-Daten durch aktuelle zu ersetzen während die Aktualisierung der bestehenden Auskunftsmatrix in größeren Abständen vorgenommen werden darf. Ein solches Vorgehen entspricht den Empfehlungen der VDV-Schrift 951 zur Fortschreibung von Quelle-Ziel-Relationen aus Befragungen [8]. Anwendungsbeispiele Die neu gewonnenen Quelle/ Ziel-Matrizen ermöglichen in einigen Fällen eine genauere Planung des Platzangebotes. Sie sind zum Beispiel hilfreich bei der Bestimmung Bild 2: Arbeitsschritte 3 und 4 (eine Fahrtrichtung) Einsteiger AFZS Linie Richtung Fahrt 68 Hst. 1 58 Hst. 2 33 Hst. 3 53 Hst. 4 24 Hst. 5 67 Hst. 6 30 Hst. 7 25 Hst. 8 29 Hst. 9 38 Hst. 10 38 Hst. 11 21 Hst. 12 3 Hst. 13 2 Hst. 14 11 Hst. 15 2 Hst. 16 2 Hst. 17 2 Hst. 18 3 Hst. 19 0 Hst. 20 Austeiger AFZS 0 3 10 20 5 21 22 19 37 141 45 37 52 10 28 8 6 13 13 18 Linie Richtung Fahrt Hst. 1 Hst. 2 Hst. 3 Hst. 4 Hst. 5 Hst. 6 Hst. 7 Hst. 8 Hst. 9 Hst. 10 Hst. 11 Hst. 12 Hst. 13 Hst. 14 Hst. 15 Hst. 16 Hst. 17 Hst. 18 Hst. 19 Hst. 20 508 bis von Hst. 1 Hst. 2 Hst. 3 Hst. 4 Hst. 5 Hst. 6 Hst. 7 Hst. 8 Hst. 9 Hst. 10 Hst. 11 Hst. 12 Hst. 13 Hst. 14 Hst. 15 Hst. 16 Hst. 17 Hst. 18 Hst. 19 Hst. 20 Einsteiger Auskunft Hst. 1 1 3 3 0 3 2 1 2 7 2 1 1 0 1 0 0 0 0 0 27 Hst. 2 1 3 0 2 1 2 1 7 3 1 1 0 1 0 0 0 0 0 23 Hst. 3 2 1 2 0 0 1 4 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 13 Hst. 4 0 1 2 1 4 8 2 1 1 0 1 0 0 0 0 0 21 Hst. 5 1 0 1 1 3 1 1 1 0 0 0 0 0 0 0 9 Hst. 6 4 2 5 9 2 2 2 0 1 0 0 0 0 0 26 Hst. 7 0 1 6 2 1 1 0 0 0 0 0 0 0 12 Hst. 8 1 6 1 1 1 0 0 0 0 0 0 0 10 Hst. 9 7 2 1 1 0 1 0 0 0 0 0 12 Hst. 10 1 2 6 1 2 0 1 1 1 1 15 Hst. 11 1 5 1 2 1 1 1 1 1 15 Hst. 12 3 1 1 1 0 1 1 0 8 Hst. 13 0 1 0 0 0 0 0 1 Hst. 14 0 0 0 0 0 0 1 Hst. 15 1 0 1 1 1 4 Hst. 16 0 0 0 1 1 Hst. 17 0 0 0 1 Hst. 18 0 0 1 Hst. 19 1 1 Hst. 20 0 Austeiger Auskunft 0 1 4 8 2 8 9 8 15 56 18 15 21 4 11 3 2 5 5 7 201 bis von Hast. 1 Hast. 2 Hast. 3 Hast. 4 Hast. 5 Hast. 6 Hast. 7 Hast. 8 Hast. 9 Hast. 10 Hast. 11 Hast. 12 Hast. 13 Hast. 14 Hast. 15 Hast. 16 Hast. 17 Hast. 18 Hast. 19 Hast. 20 Einsteiger Hast. 1 3 7 7 0 7 4 3 4 18 6 3 3 0 2 0 0 0 0 0 69 Hast. 2 3 7 1 6 2 5 3 17 7 3 2 0 1 0 0 0 0 0 58 Hast. 3 6 4 4 1 1 2 10 2 1 1 0 1 0 0 0 0 0 33 Hast. 4 0 2 5 3 10 19 6 3 1 0 1 0 0 0 0 1 53 Hast. 5 2 0 2 2 7 4 4 2 0 1 0 0 0 0 0 24 Hast. 6 9 4 12 22 6 5 5 0 2 0 0 0 0 0 67 Hast. 7 1 3 16 5 3 2 0 1 0 0 0 0 0 30 Hast. 8 2 15 4 2 1 0 1 0 0 0 0 0 25 Hast. 9 17 5 4 2 0 2 0 0 0 0 0 29 Hast. 10 2 5 14 3 5 1 1 2 3 2 38 Hast. 11 4 12 3 5 2 2 4 4 3 38 Hast. 12 7 2 4 2 1 1 2 1 21 Hast. 13 0 2 0 0 0 0 0 3 Hast. 14 1 0 0 0 0 0 2 Hast. 15 2 1 3 2 2 11 Hast. 16 0 0 0 1 2 Hast. 17 0 0 1 2 Hast. 18 1 1 2 Hast. 19 3 3 Hast. 20 0 Aussteiger 0 3 10 20 5 21 22 19 37 141 45 37 52 10 28 8 6 13 13 18 508 Nachfrage Taktverdichtung Bild 3: Nachfragepotenzial für eine abschnittsweise Taktverdichtung (eine Fahrtrichtung) 69 123 146 179 186 200 197 195 181 103 97 87 59 56 50 44 40 28 18 12 44 54 63 68 44 44 37 15 12 0 50 100 150 200 250 300 Hast. 1 Hast. 2 Hast. 3 Hast. 4 Hast. 5 Hast. 6 Hast. 7 Hast. 8 Hast. 9 Hast. 10 Hast. 11 Hast. 12 Hast. 13 Hast. 14 Hast. 15 Hast. 16 Hast. 17 Hast. 18 Hast. 19 Hast. 20 e l l e t s e t l a H r e d n a t r h a f b A i e b g n u z t e s e B Verstärkerfahrzeug Stammfahrzeug Bild 4: Fahrzeugbesetzungen bei einer abschnittsweisen Taktverdichtung (eine Fahrtrichtung) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 83 Wissenschaft TECHNOLOGIE der Entlastungswirkung von zusätzlichen Fahrten, die aus wirtschaftlichen Gründen nicht die gesamte Linie bedienen. Bild 3 zeigt das Nachfragepotenzial für eine örtliche Taktverdichtung zwischen den Haltestellen 5 und 15 an. Die Nutzung der zusätzlich angebotenen Fahrt ergibt sich aus den Fahrtwünschen der Fahrgäste. Bild 4 zeigt die voraussichtliche Entlastung des Stammfahrzeugs an. Die Entlastungswirkung könnte hier durch eine Verschiebung der Taktverdichtung in Richtung Linienanfang weiter erhöht werden. Als nützlich erweisen sich Quelle/ Ziel-Daten auch für die Dimensionierung von Expressverkehren im Busliniennetz oder bei Schienenersatzverkehr, wenn also nur wenige ausgewählte Haltestellen bedient werden sollen. Auch solche Angebote können die Fahrtwünsche der Fahrgäste oft nur unvollständig erfüllen. Bild 5 zeigt die Bestimmung der Nachfrage im Schienenersatzverkehr (SEV) bei Teilsperrung einer U-Bahnlinie zwischen den Haltestellen 5 und 10. Zur Verkürzung der Fahrtzeit soll der SEV hier zusätzlich als Expressverkehr zwischen den Endhaltestellen der Sperrung angeboten werden. Wieder ergibt sich aus der Matrix die voraussichtliche Nutzung der beiden Ersatzverkehre. Wie Bild 6 zeigt, erfordern beide Verkehre ein nahezu gleich großes Platzangebot, beim Erschließungs-SEV verändert sich allerdings die Auslastung im Verlauf der Fahrt. Natürlich ist den Verfassern bewusst, dass Fahrgäste bei Streckensperrungen auch auf andere Linien oder private Fahrmöglichkeiten ausweichen. Dieser Efekt lässt sich mit dem vorgestellten Vorgehen jedoch nicht abbilden, da sich die ausgewerteten Auskunftsempfehlungen und AFZS-Daten auf das reguläre ÖPNV-Angebot beschränken. Keine Beschränkung gibt es dagegen für eine linienübergreifende Auswertung der Auskunftsdaten, weil die Verbindungsvorschläge immer die gesamte ÖPNV-Reisekette einschließlich der notwendigen Umsteigevorgänge zwischen Linien oder Verkehrsmitteln beinhalten. Diese Ketten können zur Ermittlung von Umsteigeströmen im Netz herangezogen werden, ohne dass dafür aufwändige manuelle Zählungen durchgeführt werden müssen (vgl. [6]). Fazit und Ausblick Die vorgestellte Verknüpfung von Auskunfts- und Zähldaten zu belastbaren Quelle/ Ziel-Daten stellt einen tragfähigen Weg zur Ergänzung bestehender AFZS-Daten dar. Einige Planungsfälle lassen sich auf diese Weise genauer lösen; die Koordination von Platzangebot und -nachfrage kann weiter verbessert werden. Neben der zeitnahen betrieblichen Anwendung eignen sich die gewonnenen Quelle/ Ziel-Daten auch als Basis für eine sich noch in der Entwicklung beindende Planungsmethode, welche bei der Bestimmung des Platzangebotes neben der Stehdichte auch die den Fahrgästen zugemutete Stehdauer berücksichtigt [9]. ■ LITERATURSTELLEN/ QUELLEN [1] Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). 2007: Rahmenlastenheft Automatische Fahrgastzählsysteme (AFZS), VDV-Schrift 457, 05/ 2007. Köln [2] Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). 2001: Verkehrserschließung und Verkehrsangebot im ÖPNV, VDV-Schrift 4, 06/ 2001, Köln [3] Hamburger Verkehrsverbund (HVV). 2010: Anlage 6 (neu) zum Kooperationsvertrag, Anhang 2, Standards im HVV für ÖPNV und S-Bahn, S. E5-E6 [4] Gründel, T. 2004: Ein Beitrag zur automatisierten Berechnung von Leistungsparametern des ÖPNV mittels Daten aus elektronischen Fahrgeldmanagementsystemen. Dissertation. Technische Universität Dresden [5] VDV-Kernapplikations GmbH & Co. KG. 2013: Kurzbeschreibung (((eTicket Deutschland, Köln [6] Bastians, M., Richter, B. 2013: Nachfrageerfassung verknüpfen: Potenziale für ÖPNV-Unternehmen. In: DER NAHVERKEHR. Düsseldorf: Alba-Verlag. 03/ 2013, S. 39-43 [7] Schnabel, W., Lohse, D. 2011: Grundlagen der Straßenverkehrstechnik und der Verkehrsplanung, Band 2, 3.Aulage, Beuth-Verlag, Berlin, S. 290 f. [8] Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). 2010: Gewinnung und Verknüpfung von Nachfragedaten im ÖPNV, VDV-Schrift 951, 08/ 2010 , Köln, S. 38 f. [9] Bergner, U., König, R. 2012: Kundenorientierte Dimensionierung des Platzangebotes im ÖPNV. In: DER NAHVERKEHR. Düsseldorf: Alba-Verlag. 12/ 2012, S. 34-40 Ulrich Bergner, Dipl.-Ing. Sachgebietsleiter Qualitätsmanagement im Bereich Unternehmenssteuerung und Systementwicklung, Hamburger Hochbahn AG, Hamburg ulrich.bergner@hochbahn.de Benjamin Richter, M.Sc. Sachbearbeiter Abteilung Fahrgasterhebung im Bereich Angebots- und Betriebsplanung, Rhein-Neckar-Verkehr GmbH, Mannheim b.richter@rnv-online.de bis von Hast. 1 Hast. 2 Hast. 3 Hast. 4 Hast. 5 Hast. 6 Hast. 7 Hast. 8 Hast. 9 Hast. 10 Hast. 11 Hast. 12 Hast. 13 Hast. 14 Hast. 15 Hast. 16 Hast. 17 Hast. 18 Hast. 19 Hast. 20 Einsteiger Hast. 1 3 7 7 0 7 4 3 4 18 6 3 3 0 2 0 0 0 0 0 69 Hast. 2 3 7 1 6 2 5 3 17 7 3 2 0 1 0 0 0 0 0 58 Hast. 3 6 4 4 1 1 2 10 2 1 1 0 1 0 0 0 0 0 33 Hast. 4 0 2 5 3 10 19 6 3 1 0 1 0 0 0 0 1 53 Hast. 5 2 0 2 2 7 4 4 2 0 1 0 0 0 0 0 24 Hast. 6 9 4 12 22 6 5 5 0 2 0 0 0 0 0 67 Hast. 7 1 3 16 5 3 2 0 1 0 0 0 0 0 30 Hast. 8 2 15 4 2 1 0 1 0 0 0 0 0 25 Hast. 9 17 5 4 2 0 2 0 0 0 0 0 29 Hast. 10 2 5 14 3 5 1 1 2 3 2 38 Hast. 11 4 12 3 5 2 2 4 4 3 38 Hast. 12 7 2 4 2 1 1 2 1 21 Hast. 13 0 2 0 0 0 0 0 3 Hast. 14 1 0 0 0 0 0 2 Hast. 15 2 1 3 2 2 11 Hast. 16 0 0 0 1 2 Hast. 17 0 0 1 2 Hast. 18 1 1 2 Hast. 19 3 3 Hast. 20 0 Aussteiger 0 3 10 20 5 21 22 19 37 141 45 37 52 10 28 8 6 13 13 18 508 Nachfrage Erschließungs-SEV Nachfrage Express-SEV Bild 5: Nachfragepotenzial für einen Erschließungs- und Express-SEV (eine Fahrtrichtung) 69 123 146 179 147 140 124 75 67 50 44 40 28 18 128 128 128 128 128 69 115 123 129 121 0 50 100 150 200 250 300 Hast. 1 Hast. 2 Hast. 3 Hast. 4 Hast. 5 Hast. 6 Hast. 7 Hast. 8 Hast. 9 Hast. 10 Hast. 11 Hast. 12 Hast. 13 Hast. 14 Hast. 15 Hast. 16 Hast. 17 Hast. 18 Hast. 19 Hast. 20 e l l e t s e t l a H r e d n a t r h a f b A i e b g n u z t e s e B U-Bahn (2 Teilstrecken) Erschließungs-SEV Express-SEV Bild 6: Fahrzeugbesetzungen des Erschließungs- und Express-SEV (eine Fahrtrichtung) FORUM Veranstaltungen Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 84 Schieneninfrastruktur - Fit für die Zukunft? ! Vorschau: 2. iaf Kongress BahnBau vom 20.-21.05.2015 in Münster I n Ergänzung zur 2017 geplanten iaf bietet der iaf Kongress BahnBau, der 2011 vom Verband Deutscher Eisenbahn-Ingenieure e.V. (VDEI) ins Leben gerufen wurde, alle vier Jahre der Schienenverkehrstechnik- Branche ein besonderes Forum. Zwar gibt es weltweit viele Kongresse und Fachtagungen, die sich entweder mit Großprojekten oder mit reinen Instandhaltungstechnologien für den Fahrweg befassen. Der iaf Kongress BahnBau bewegt sich indessen thematisch zwischen diesen Polen und fokussiert auf die Bestandsnetze in Europa als real existierender Basis des Eisenbahntransportes. Schon beim ersten Kongress 2011 konnte der VDEI die Chefs der vier Netzbetreiber aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich auf das Podium holen. Themen wie die Zunahme von Warenströmen, umweltpolitische Richtlinien, länderübergreifende Verkehre, Streckenauslastung und Kapazitätsengpässe wurden intensiv diskutiert. Der Dialog der Netzchefs war somit initiiert und ist seither nicht abgerissen. Doch es bleiben Fragen: Wie ist die Entwicklung in den letzten vier Jahren vorangeschritten? Was hat sich verändert oder verbessert? Wo besteht Optimierungsbedarf? Wie sehen die Strategien der einzelnen Länder aus? Worin bestehen die Chancen? Und wie kann man weiter voneinander lernen? Antworten und Ergebnisse zu diesen Fragen werden anhand aktueller Projekte in- vier Themenblöcken an zwei Tagen illustriert. Handel, Tourismus und Verkehr: Mobilität für eine vernetzte Welt Vorschau: Weltverkehrsforum 2015 in Leipzig, 27.-29. 05.2015 H andel und Tourismus sind wichtige Wachstumsmotoren für die Weltwirtschaft. Der globale Güteraustausch steht für gut 50 % der globalen Wirtschaftsleistung; Der internationale Tourismus macht mehr als ein Fünftel (21 %) des weltweiten Exports an Dienstleistungen aus. Diese Leistungsfähigkeit jedoch ist vollständig von funktionierenden Verkehrssystemen abhängig. Das absehbare Wachstum der Nachfrage stellt den Verkehrssektor allerdings vor enorme Herausforderungen. Nach Prognosen der OECD wird sich der Welthandel in den kommenden Jahrzehnten mehr als verdreifachen und das Frachtvolumen mehr als vervierfachen (s. S. 14). Der wirtschaftliche Aufstieg Asiens und Afrikas bringt dabei auch veränderte und komplexere Frachtströme, mit entsprechenden Herausforderungen für Infrastruktur und Logistikketten. Der Passagierverkehr nimmt angesichts steigender Einkommen in vielen Schwellenländern ebenfalls zu: Die Zahl der internationalen Touristenankünfte steigt in den kommenden 15 Jahren von 1,1 Mrd. (2013) auf 1,8 Mrd. Damit gewinnen nachhaltige Formen des Tourismus an Bedeutung. Das Weltverkehrsforum 2015 stellt diese Herausforderungen in den Mittelpunkt. Unter dem Titel „Handel, Tourismus und Verkehr: Mobilität für eine vernetzte Welt“ versammelt das „Davos des Verkehrs“ vom 27.-bis 29. Mai zum achten Mal Verkehrsminister aus aller Welt, Entscheider aus Wirtschaft und internationalen Organisationen sowie Vordenker aus der Wissenschaft in Leipzig, um die sich ankündigenden Umwälzungen im Verkehrssektor zu beleuchten. Unter den Diskutanten in diesem Jahr sind EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc und OECD-Generalsekretär Angel Gurría, Turkish Airlines-CEO Temel Kotil und UPS-Chein Cindy Miller, der CEO von Dubai Trade, Mahmood Ahmed Al Bastaki, dazu Barack Obamas ehemaliger Wahlkampfmanager David Ploufe, heute Cheflobbyist von Uber, sowie mehrere Dutzend Verkehrsminister aus aller Welt. Das Programm umfasst alle Verkehrsträger und bietet vielfältige Networking-Möglichkeiten. ■ INFORMATION UND ANMELDUNG: www.internationaltransportforum.org/ 2015 Hinweis: Die Teilnahme erfordert eine Einladung; diese kann über die Webseite angefragt werden. Transport Trade and Tourism Transport Trade and Tourism Mobility for a connected world 27 - 29 May 2015 - Leipzig, Germany 2015 Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 85 Veranstaltungen FORUM Themenblock 1: Schieneninfrastruktur heute - Anspruch und Wirklichkeit Hier kommentieren die Chefs der vier Netzbetreiber aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich die Entwicklung ihrer Länder in den vergangenen Jahren. Sie beschreiben außerdem die Tendenzen für die Zukunft in ihren Verantwortungsbereichen. Zu diesem länderübergreifenden Erfahrungsaustausch werden der Vorstandsvorsitzende der DB Netz AG Frank Sennhenn, der Vorstandssprecher der ÖBB- Infrastruktur AG Ing. Mag. (FH) Andreas Matthä, der Leiter Infrastruktur und Mitglied der Konzernleitung der SBB AG Philippe Gauderon sowie der Vorstandsvorsitzende bei SNCF Réseau, Jacques Rapoport, erwartet. Themenblock 2: Finanzierung der Infrastruktur - Fit für die Zukunft? ! Vertreter der politischen Gremien stellen die Art und Weise der Finanzierung für den Erhalt und den Ausbau der Schieneninfrastruktur in ihren Ländern vor. Erwartet werden neben dem Geschäftsführer der Allianz pro Schiene e.V., Dirk Flege, werden hierzu die Leiterin der Abteilung Landverkehr im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), MinDirig.in Claudia Horn, aus Österreich DI Herbert Kasser als Generalsekretär des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) sowie Pierre-André Meyrat, der stellvertretende Direktor des Bundesamtes für Verkehr (BAV) aus der Schweiz. Themenblock 3: Innovationen für die Schieneninfrastruktur der Zukunft werden aktuelle Lösungen u.a. zum Anlagen- und Programmmanagement, zur Reduktion von Schallemissionen oder zur Verbesserung der Ökobilanz bei den Bahnen präsentiert. Vortragende sind der Leiter Anlagenmanagement Fahrbahn SBB Dr. Jochen Holzfeind, Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Peter Veit von der TU Graz, Prof. Klaus Lieberenz von der GEPRO Ingenieurgesellschaft mbH, Andy Doherty von Network Rail aus London und Dr.-Ing. Susanne Lange, Leiterin Arbeitsgebiet Technik- und IH-Management Schiene, Zentrale der DB Netz AG. Themenblock 4: Eisenbahningenieure und qualifiziertes Personal - Fit für die Zukunft? ! Hier beziehen Eurailpress (DVV Media Group GmbH) und die Allianz pro Schiene e.V. Stellung. Neben Vorträgen, Diskussionen und Dialog-Veranstaltungen bietet der iaf Kongress auch eine branchenspeziische Ausstellung sowie technische Demonstrationen am Gleis auf dem Außengelände geben. Zahlreiche nationale und internationale Austeller haben bereits technische Innovationen angekündigt. ■ KONTAKT UND WEITERE INFO Veranstaltungsort: Messe und Congress Centrum Halle Münsterland GmbH Albersloher Weg 32 48155 Münster Anmeldung, ausführliches Programm und alle weitere Informationen: www.iaf-kongress.com Fahrzeugdynamik-Kongress in Graz Vorschau: 24. Fahrzeugdynamik-Kongress für Schienen- und Straßenfahrzeuge der International Association for Vehicle System Dynamics (IAVSD) vom 17.-21.08.2015 in Graz/ Österreich. V om 17. bis 21. August 2015 trefen sich über 300 internationale Experten in Graz, um über neueste Entwicklungen im Bereich Fahrzeugdynamik zu diskutieren. Veranstaltet wird die mittlerweile 24. Ausgabe des Symposiums vom Forschungsinstitut „Virtual Vehicle“ in Kooperation mit den Technischen Universitäten Graz und Wien sowie den Industriepartnern AVL, Magna Steyr und Siemens. Über 100 Fachvorträge, 70 Poster-Präsentationen und 10 Keynote-Beiträge bilden ein breites Programm. Die Themenschwerpunkte sind unter anderem Lauftechnik und Stabilität, Antrieb und Bremse, Schwingungen und Komfort sowie die Interaktion von Rad-Schiene und Reifen-Straße. Zusätzlich diskutieren weltweit führende Experten in fünf State-of-the-Art Vorträgen einige der derzeit relevantesten Themen im Bereich der Fahrzeugdynamik: • Zustandsüberwachung von Schienenfahrzeugen und Fahrwegen • Dynamik von Schienengüterfahrzeugen • Messung, Bewertung und Simulation von Gleislageabweichungen und der Fahrzeug-Fahrweg Interaktion • Automatisiertes Fahren und autonome Funktionen von Straßenfahrzeugen • Zukunftsweisende Innovationen bei Fahrwerksauhängungen Im Rahmen von Technical Visits werden aktuelle Technologien demonstriert. Auf dem Programm stehen Besichtigungen des Fahrwerke-Kompetenzzentrums von Siemens, des Schienenwalzwerks von Voestalpine Schiene sowie Fahrzeug- und Technikpräsentationen bei Magna Steyr und AVL. Darüber hinaus werden neueste Technologiedemonstratoren und Versuchseinrichtungen am Forschungszentrum „Virtual Vehicle“ und der Technischen Universität Graz vorgestellt. ■ INFORMATION UND ANMELDUNG: Anmeldung über die Kongress-Website: www.iavsd2015.org FORUM Veranstaltungen Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 86 Schienengüterverkehr in der Rhein-Main-Region Rückblick: 2. Austauschplattform „Güter auf die Schiene“ am 13. 03.2013 in Frankfurt am Main I m März 2015 richteten die DB Netz AG, der Regionalverband FrankfurtRhein- Main und die IHK Frankfurt am Main nach 2013 die zweite regionale Austauschplattform „Güter auf die Schiene“ aus. 110 Teilnehmende der verladenden Wirtschaft, Spediteure, Logistiker, Immobilienentwickler, Eisenbahnunternehmen, Häfen, Kommunen sowie Fachleute aus Beratung und Wissenschaft waren zugegen. Der hessische Verkehrsminister Tarek Al- Wazir kündigte die Neuaulage einer Landesförderung für Anschlussgleise an. DB Netz Vorstand Dr. Jörg Sandvoß machte deutlich, dass schon viele kleine Ausbaumaßnahmen zur Steigerung der Kapazitäten beitragen. Weitere Themen der Veranstaltung bildeten das 2017 vorgesehen neue Trassenpreissystem der DB Netz AG, Praxisbeispiele von DB Schenker Rail, Firma Frankenbach aus Mainz und Firma Kombiverkehr. Ansätze für einen eizienteren Schienengüterverkehr bieten unter anderem Online-Transportbörsen, wie sie auf Basis des EU-Projektes CODE24 seit 2013 über www. freit-one.com und www.railcargo-online. com nutzbar sind. Die Veranstaltung wurde ergänzt durch Informationsstände der Börse freit-one.com, DB Netz, CODE24, Häfen Frankfurt, Hanau und Aschafenburg. ■ Sustainable Mobility for Smart Cities Vorschau: Konferenz Nachhaltige Mobilität für Intelligente Städte am 20.05.2015 in Berlin I m Rahmen der Messe Metropolitan Solutions im CityCube Berlin (20.-22.05.2015) veranstaltet die German Partnership for Sustainable Mobility (GPSM) die Konferenz „Sustainable Mobility for Smart Cities“, die sich vor allem mit den Themenfeldern • Smart Mobility • Clean Air • Intelligent Transport Systems (ITS) auseinandersetzt. Hintergrund ist, dass die Verkehrssysteme in vielen Städten überlastet sind und in der Folge ihre Zuverlässigkeit nachlässt, wogegen die Umweltverschmutzung steigt. Die hat gravierende Auswirkungen nicht nur auf Umwelt und Lebensqualität, sondern auch auf die wirtschaftliche Entwicklung. Nichtmotorisierte Bevölkerungsschichten, die als Fußgänger oder Radfahrer unterwegs sind oder auf öfentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, werden bei der Stadt- und Infrastrukturplanung oft vernachlässigt. Aber auch das Wirtschaftsleben kann merklich beeinträchtigt werden. Nationale und internationale Experten haben auf dieser Konferenz die Möglichkeit, ihr Wissen und ihre Erfahrungen zu nachhaltiger Mobilität auszutauschen und die Herausforderungen gerade im urbanen Bereich zu diskutieren. Konferenzsprache ist Englisch. Die GPSM ist eine Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). Sie versteht sich als Lotse, der das Interesse an nachhaltigen Mobilitäts- und Logistiklösungen in Entwicklungs- und Schwellenländern mit Knowhow und konkreten Angeboten aus Deutschland zusammenführt und einen Beitrag zu internationaler Zusammenarbeit leistet. So bietet sie Unterstützung bei Bemühungen, Mobilitätskonzepte eizienter, systematischer und nachhaltiger zu planen und umzusetzen sowie Entscheider und Planer weltweit mit Konzepten und Methoden der Mobilität „Made in Germany“ vertraut zu machen. Das GPSM-Netzwerk umfasst mittlerweile über 50 Partner und versammelt von Technologieanbietern über Beratungsirmen bis hin zu einschlägigen Nichtregierungsorganisationen eine ganze Bandbreite von Akteuren. ■ Weitere informationen: Frau insa eekhof , Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, Tel. 06196/ 792636 insa.eekhof@giz.de www.metropolitansolutions.de/ veranstaltung/ nachhaltige-mobilitaet-fuer-intelligente-staedte/ TAG/ 65224 Weitere informationen: Peter endemann , Region Frankfurt Bereich Mobilität endemann@region-frankfurt.de www.region-frankfurt.de/ Mobilität/ Schienengüterverkehr (Link rechte Spalte: „Zweite regionale Austauschplattform: Güter auf die Schiene“) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 87 V E R K E H R S W I S S E N S C H A F T L I C H E N AC H R I C H T E N Mitteilungsblätter der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. 2. Heft Mai 2015 Das Baltikum zum Kennenlernen Auslands-Fachexkursion Estland, Lettland, Litauen Termin: 17.09. - 25.09.2015 D ie bisherigen DVWG-Fachexkursionen führten u.a. nach China, Indien, Kanada, Spanien, und Dubai. Aufgrund des vielfachen Wunsches nach einem weiteren interessanten Reiseangebot möchten wir unseren Mitgliedern auch in diesem Jahr wieder ein attraktives Reiseziel anbieten: das Baltikum. Im Rahmen der Auslandexkursion 2015 lernen Sie die zahlreichen historischen, architektonischen und kulturellen Besonderheiten dieser noch jungen europäischen Staaten kennen und erhalten einen Einblick in deren verkehrstechnische Entwicklung. Fachprogramm (aktueller Arbeitsstand): • Fachbesuch am Tallinner Hafen von Muuga, über den ca. 90 % des estnischen Seehandels abgewickelt werden. Der Hafen spielt eine große Rolle beim Öltransport, in der Containerschiffahrt, beim Holzhandel sowie beim Transport von Stahl und Kohle. Gesprächs-/ Diskussionsrunde mit einem Vertreter der Tallinner Hafen AG • Besuch einer Straßenbau-Firma in Riga, Präsentation und allgemeine Informationen über die Straßenbausituation in Lettland • Trefen mit einem Vertreter von „Rail Baltica“, einer neuen Eisenbahnstrecke, die die estnische Hauptstadt Tallinn und das lettische Riga mit Polen und dem mitteleuropäischen Eisenbahnnetz verbinden soll. Vorstellung des Großprojektes Das abwechslungsreiche und interessante touristische Programm führt Sie nicht nur in die 3 baltischen Hauptstädte Tallinn, Riga und Vilnius, sondern darüber hinaus auch nach Tartu, Pärnu, auf die größte estnische Insel Saaremaa, nach Klaipeda, zur Kurischen Nehrung (Weltkulturerbe), Kaunas und Trakai. Das ausführliche Reiseprogramm mit allen Informationen zu Leistungen, Ablauf, Preisen usw. inden Sie auf unserem Internetportal www.dvwg.de. Wir laden Sie herzlich ein, an dieser spannenden Reise teilzunehmen! Ihre DVWG-Hauptgeschäftsstelle Nachhaltige Mobilität Prof. Uwe Laue, BV Mecklenburg-Vorpommern e.V. A m 27. Januar 2015 fand im Rahmen der diesjährigen Mitgliederversammlung der Bezirksvereinigung Mecklenburg-Vorpommern in der IHK zu Rostock eine Vortragsveranstaltung zum Thema „Zukunft Automobil - zwischen Mobilität und Umweltanforderungen“ statt. Als Referenten waren Herr Lars Mönch vom Umweltbundesamt, Fachgebietsleiter Schadstofminimierung und Energieeinsparung im Verkehr, und Herr Dietmar Weiß, früherer Mitarbeiter bei der Daimler AG, Forschungsgruppe Gesellschaft und Technik, eingeladen. Zunächst sprach Herr Mönch zu Problemen der zukünftigen Energieversorgung des Verkehrs und zur Messung von Realemissionen im Straßenverkehr. Er wies einführend darauf hin, dass die Belastungen von Mensch und Umwelt durch den Verkehr auch weiterhin zunehmen werden. Allein technische Minderungspotenziale können das Verkehrswachstum vor allem des Luftverkehrs nicht Foto: Bildpixel/ pixelio.de Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 88 DVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten kompensieren. Dazu werden alternative Kraftstofe benötigt. Gasförmige und lüssige Kraftstofe könnten zukünftig synthetisch aus regenerativer elektrischer Energie hergestellt werden und einen Beitrag leisten. Danach befasste sich der Referent mit der Ermittlung und Bewertung von Realemissionen im Straßenverkehr. Er wies dabei auf die erhebliche Diskrepanz dieser Realemissionen zu den geforderten Grenzwertemissionen hin, die mit den steigenden Anforderungen von Euro 3 (2000) bis Euro 6 (2014) bei NOX sogar gewachsen sind. Diese Tendenz wurde durch jüngere Messungen der Realemissionen von NOX und CO 2 bestätigt. Dazu wurden Testfahrzeuge von verschiedenen Herstellern und mit unterschiedlichen Abgasbehandlungssystemen eingesetzt, die mit entsprechenden Messgeräten ausgestattet wurden. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die realen Emissionen im Mittel etwa um das 7-fache höher lagen als der Euro- 6-Grenzwert. Das schlechteste Fahrzeug hatte sogar einen 25-fach höheren Schadstofausstoß. Hauptgrund für diese nicht zu akzeptierende Diferenz ist der für den Abgastest derzeitig gültige Fahrzyklus (NEDC - New European Driving Cycle), der nur einen Teil des Motorkennfeldes abdeckt. Deshalb ist dieser Testzyklus zu erweitern und der Realität besser anzupassen. Daran wird intensiv gearbeitet. Die Festlegung der Test - Rahmenbedingungen ist aufgrund erheblicher Interessenkonlikte allerdings nicht einfach. Ein Vorschlag zur Einführung eines neuen Testverfahrens sieht eine Überwachungsphase ab September 2015 (Einführung Euro 6a) und die Anwendung der neuen Grenzwerte ab September 2017/ September 2018 (Euro 6b) vor. Die verbindliche Umsetzung dieses realitätsnäheren Verfahrens wird zu deutlich emissionsärmeren Autos führen und damit spürbar zur Reduzierung der Schadstofemissionen im Straßenverkehr beitragen. Im zweiten Vortrag befasste sich Herr Weiß mit der Zukunft des Automobils. Dabei ging er besonders auf den Stand der Fahrerassistenzsysteme, die Auswirkungen der Vernetzung von Fahrzeugen und Personen und auf die Perspektiven des autonomen Fahrens ein. Er ging dabei von den allgemein anerkannten Entwicklungslinien neuer Technologien aus und stellte fest, dass die Entwicklung des Automobils seit längerer Zeit bereits die letzte Lebensphase, die der Perfektion und Ausdiferenzierung, erreicht hat. Damit steht der Entwicklungssprung zu einer qualitativ neuen Technologie auf der Tagesordnung. Das autonome Fahren könnte dafür als wichtige Grundlage angesehen werden. Es ist derzeit in der Forschung und Entwicklung, aber mit der zunehmenden Akzeptanz von Fahrerassistenzsystemen auch im praktischen Leben bereits auf einem guten Weg. Die Verknüpfung gegenwärtig bereits verfügbarer Technologien ermöglicht theoretisch schon heute vollautomatisch fahrende Autos. Allerdings bedarf es dazu einer Änderung der Gesetzgebung und Haftung. Fahrsimulator-Versuche haben gezeigt, dass ungeachtet zunächst großer Skepsis nach relativ kurzer Zeit bei vielen Probanden Akzeptanz und eine erhebliche Zahlungsbereitschaft für autonom fahrende Autos entstehen. Das autonome Auto wird zu einer deutlich höheren Verkehrssicherheit, zu harmonischen Verkehrslüssen, zur Energie-, Emissions- und Lärmreduzierung sowie zur optimierten Nutzung von Infrastrukturen beitragen. Nach den beiden Referaten kam es zu sehr interessanten Diskussionen. Im Zusammenhang mit den notwendigen Emissionsminderungen im Straßenverkehr wurde besonders über Probleme bei der Forschung und Entwicklung für alternative Energien, sowie über die Genauigkeit von Emissionsmessungen und statistische Erfahrungen von regionalen und globalen Emissionsmengen debattiert. Auch das autonome Auto wurde intensiv diskutiert. Dabei standen neben der technisch-technologischen Machbarkeit vor allem Fragen zur Übergangsphase zum autonom fahrenden Auto (in dieser Zeit sind sowohl traditionell von Menschen gefahrene und vollständig autonome Fahrzeuge gemeinsam auf den Straßen unterwegs) und zu den dafür erforderlichen Rahmenbedingungen im Mittelpunkt. Schließlich gab es auch noch interessante Überlegungen über das künftig zu erwartende Mobilitätsverhalten der Menschen. ■ mecklenburg-vorpommern@dvwg.de Die BV Südbayern trauert um Professor Dr.-Ing. Josef Eisenmann P rofessor Dr.-Ing. Josef Eisenmann, langjähriges Beiratsmitglied der DVWG Südbayern bis 1998, ist am 29.01.2015 im Alter von 86 Jahren verstorben. Er hat jahrzehntelang mit Rat und Tat am Erfolg der Bezirksvereinigung Südbayern mitgearbeitet. Josef Eisenmann war von 1969 bis 1996 Ordinarius des Lehrstuhls für Bau von Landverkehrswegen der TU München und gleichzeitig Leiter der angeschlossenen Prüfanstalt. Nach dem Studium des Bauingenieurwesens hatte er seinen berulichen Werdegang zunächst als Referendar bei der Deutschen Bundesbahn begonnen. Er war unter anderem beim Bundesbahn- Zentralamt in München im Bereich Oberbautechnik tätig, bevor er wieder an die TU München zurückkehrte, um dort über Jahrzehnte hinweg eine aktive und prägende Rolle in Forschung und Lehre zu übernehmen. Auf Eisenmann gehen entscheidende Entwicklungen im Eisenbahnaber auch im Straßenoberbau sowie bei der Bemessung von Betondecken auf Flughäfen zurück. Mit Dankbarkeit erinnern wir uns an seine Arbeit für die DVWG Südbayern. Seine fundierten Vorschläge und fachkundigen Beiträge zu aktuellen Themen waren stets eine Bereicherung und seine Ratschläge zur Fortentwicklung unserer Gesellschaft hoch geschätzt. Wir trauern um unseren Ratgeber Josef Eisenmann und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Karin Jäntschi-Haucke, Vorsitzende der DVWG Südbayern e.V. Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 89 Verkehrswissenschaftliche Nachrichten DVWG Einführung der Niederlurstraßenbahn 2 vom-Typ FLEXITY Classic bei der Via Verkehrsgesellschaft Axel Sindram, Bezirksvereinigung Rhein-Ruhr A m 23.02.2015 hatten die Mitglieder der Bezirksvereinigung Rhein-Ruhr (WVV e. V.) die Gelegenheit, auf dem Betriebshof Schweriner Straße der Essener Verkehrs AG (EVAG) die neubeschafte Straßenbahn des Typs NF2 „Flexity“ zu besichtigen. In einem umfassenden Einführungsvortrag stellte Dipl.-Ing. Martin Dreps, Leiter des Bereichs Fahrzeugtechnik Schienenfahrzeuge bei der Via Verkehrsgesellschaft mbH zunächst die unternehmerischen und technischen Rahmenbedingungen, den Ablauf der Beschafung und die Konstruktionsdetails des neuen Fahrzeugs vor. Dreps studierte an der Ruhr-Universität Bochum Elektrotechnik mit der Vertiefungsrichtung Nachrichtentechnik. Seine beruliche Laubahn begann er bei Krupp Stahl. Anschließend war er u.a. in der Solarindustrie tätig. Im Jahre 2002 trat er in die Essener Verkehrs AG ein. Das Gemeinschaftsunternehmen Via Verkehrsgesellschaft mbH ist ein Zusammenschluss der Essener Verkehrs AG (EVAG), der Mülheimer VerkehrsGesellschaft mbH und der Duisburger Verkehrsgesellschaft AG (DVG). Am Tag befördert die Via im Schnitt 581 000 Fahrgäste. Der Schienenfahrzeugpark besteht aus insgesamt 234 Fahrzeugen, aufgeteilt in Stadtbahn - Wagen, zumeist Typ B, sowie Straßenbahnen in Meter- und Regelspur, sowohl in niederals auch in hochluriger Ausführung. Aufgrund dieser Typenvielfalt ist ein freizügiger Fahrzeugeinsatz im Verkehrsgebiet der VIA nicht möglich. Auf der Linie 107, die den Stadtbahntunnel in Richtung Messe/ Gruga und Bredeney mitbenutzt, werden die vorhandenen Hochlur-Wagen des Typs M8 zur Zeit für eine weitere Betriebszeit bis mindestens 2020 ertüchtigt, ein Einsatz der neuen Fahrzeuge ist dort nicht vorgesehen. Die EVAG und die MVG haben in den Jahren 2011 und 2012 insgesamt 42 neue Straßenbahnen bestellt. Ziel ist es, bis zum Jahr 2022 auch im Straßenbahnbereich vollständige Barrierefreiheit herzustellen. Betreiber wird künftig das Gemeinschaftsunternehmen Via. Die 42 neuen Straßenbahnen vom Typ „Flexity“ basieren auf den bisherigen M8D- Nieder-lurwagen der ersten Generation. Sie werden am Bombardier-Standort in Bautzen gefertigt. Die elektrische Ausrüstung kommt aus dem Werk Mannheim, die Drehgestelle aus Siegen. In den konstruktiven Vorgaben des Lastenhefts wurde besonderer Wert auf Dauerhaftigkeit Wirtschaftlichkeit über den gesamten Lebenszyklus der Bahnen gelegt. 70 % der Nieder-lurtechnik sowie die Drehgestelle sind bewährte Komponenten. Insbesondere wurde auch eine vollverschweißte Edelstahl-Ausführung des Wagenkastens bis zum Dach gefordert, Verklebungen sind nach Aufassung des Referenten zu wenig dauerhaft. Durch die Vorgabe „schraubengleich“ sollen sich niedrige Standzeiten bei Reparaturen und Instandsetzungen sowie eine hohe Standardisierung in der Ersatzteilversorgung ergeben. Die neuen Fahrzeuge sind mit knapp 30 Metern zudem knapp zwei Meter länger und mit 42 Tonnen zur Verbesserung der Antriebsadhäsion auch ca. sechs Tonnen schwerer als die vorhandenen 34 Bahnen vom Typ M8D-NF 1. Aus diesem Grund inden auch stärkere bzw. zusätzliche Bremsen und stärkere Achsen Verwendung. Die Brandlöschanlage konnte dank der Verwendung noch wirkungsvoller brandhemmender Materialien geringer dimensioniert werden. Im Übrigen wurde das Lastenheft von dem Typ M8D-NF 1d abgeleitet. Eine Vergabebeschwerde erfolgte nicht. Die Technische Aufsichtsbehörde (TAB) bei der Bezirksregierung Düsseldorf hat nach Abnahme des ersten Fahrzeuges die Typenzulassung erteilt, so dass die weiteren Fahrzeuge nach der BOStrab nur noch ein vereinfachtes Zulassungsverfahren zu absolvieren haben. Zwischenzeitlich musste jedoch der ursprünglich eingebaute Alu- Fußbodenbelag der ersten 10 Fahrzeuge durch einen solchen aus Edelstahl. ersetzt werden. Die restliche Serie erhält ebenfalls den neuen Fußboden. Die Zeitabstände der Lieferungen betragen 14 Tage, sollen aber auf 7 Tage verkürzt werden. Da die Mitarbeiter der EVAG in den Produktionsprozess intensiv eingebunden sind, können auch die Inbetriebnahmen zügig erfolgen. Der erste Fahrgasteinsatz erfolgte mit der Fertigstellung der neuen Linienführung der Linie 109 über den Berthold-Beitz-Boulevard und die Frohnhauser Straße am 20.-Oktober 2014. Die zu ersetzenden Alt-Fahrzeuge bleiben für eine Übergangszeit von 1-2 Jahren im Bestand und werden sodann sukzessive ausgemustert und als Ersatzteilspender verwendet. Die EVAG hat die Betriebshöfe um 3 zusätzliche Gleise erweitert um den zusätzlichen Stellplatzbedarf zu decken. Das derzeit noch übliche dauernde Abstellen von Fahrzeugen im Tunnel sorgt dagegen für eine beschleunigte Verrottung und soll aufgegeben werden. Bei der anschließenden Werkstattbesichtigung erwähnte der Referent die Erwartung, dass die Stadtbahnwagen des Typs B ohne weiteres eine Lebensdauer von bis zu 50 Jahren erreichen könnten, so dass ein Zeitraum zum Austausch erst für die Jahre 2025-2030 angedacht werden müsste. ■ rheinland@dvwg.de Die Teilnehmer der Veranstaltung vor der „Flexity“ Foto: Axel Sindram Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 90 DVWG Verkehrswissenschaftliche Nachrichten Ehrung für Prof. Dr. Hans Ahlbrecht Christoph von Nell, Sebastian Belz, Axel Sindram, Bezirksvereinigung Rhein-Ruhr A uf der Mitgliederversammlung des WVV (Bezirksvereinigung Rhein- Ruhr) wurde Prof. Dr. Hans Ahlbrecht für sein langjähriges Wirken mit der Ehrenplakette der DVWG ausgezeichnet. Prof. Ahlbrecht ist seit Jahrzehnten im WVV aktiv. Viele Jahre nahm er, zunächst als Vertreter seines Arbeitgebers EVAG, später als persönliches Mitglied, am Vereinsleben teil, und ist dem WVV bis heute treu geblieben. Er nimmt regelmäßig an den Veranstaltungen teil und hat dem Vorstand des WVV mit zahlreichen Hinweisen formeller und inhaltlicher Art stets unterstützend zur Seite gestanden. Über viele Jahre nahm er bis 2014 die Aufgabe des Rechnungsprüfers wahr, zeitweise in schwierigen Umbruchsjahren ebenso wie zuletzt in Zeiten wirtschaftlicher Stabilität des WVV. Die Feier zum 60-jährigen Jubiläum des WVV hat er ebenfalls mit organisiert. Als Vorsitzender der verkehrshistorischen Arbeitsgemeinschaft der EVAG hat er zahlreiche Sonderfahrten im Essener Straßenbahnnetz mit fachlichem und kulturellem Informationsprogramm organisiert und während der Fahrten wertvolle Informationen zur Geschichte der Stadt Essen und ihres Verkehrsbetriebs gegeben. Heute ist er tätig als Fahrzeugprüfer bei Abnahmen von Nahverkehrsfahrzeugen (Stadtbahnen, Straßenbahnen, Wuppertaler Schwebebahn). Er ist europaweit ein begehrter Fachmann in dieser besonderen Profession. Bis 2007 war er zusätzlich auch als Lehrbeauftragter am Lehrstuhl „Öfentliche Verkehrs- und Transportsysteme“ der BUGH Wuppertal wissenschaftlich tätig.Er ist beteiligt an einer Vielzahl von Fachartikeln und Publikationen, u.a. des VDV bzw. früher des VÖV und zur regionalen Verkehrsgeschichte. In seiner Dankesrede erwiderte Prof. Ahlbrecht, angesprochen auf sein bis heute umfangreiches Arbeitsprogramm, er beabsichtige, ab 80 nur noch halbtags zu arbeiten. ■ Ehrung für Prof. Dr. Hans Ahlbrecht durch den Vorstand des WVV, Sebastian Belz ADAC Helikopter Simulator in Sankt Augustin Marcus Kunze, Junges Forum der Bezirksvereinigung Rheinland A m 12. März 2015 fand die erste Exkursion des Jungen Forums in diesem Jahr statt. Besichtigt wurde die ADAC HEMS Academy am Flugplatz Bonn-Hangelar. Die ADAC HEMS Academy gehört zum Bereich Luftrettung des ADAC und ist das weltweite erste integrierte Trainingszentrum für Helikopterpiloten, Notärzte und Rettungsassistenten. Die ADAC Luftrettung ist in Deutschland an 36 Stationen mit 50 Helikoptern vertreten. Im Wesentlichen betreibt der ADAC die Helikopter EC 135 und EC 145, die durch ca. 150 Piloten bedient werden. Darüber hinaus verfügt der ADAC über 760 Ärzte und 280-Rettungsassistenten. Das Unternehmen liegt jährlich ca. 50 000 Einsätze, bei welchen 45 000 Patienten versorgt werden. Die Zahlen der Einsätze sowie auch der geretteten Personen ist in den letzten 40 Jahren konstant gestiegen. Wen und wie schult die ADAC HEMS Academy? Die HEMS Academy bietet ein weltweit einzigartig integriertes Training, abgestimmt auf alle drei Besatzungsmitglieder, an. Die Idee ist, die Ausbildung so durchzuführen, dass die Piloten, Ärzte und Rettungsassistenten in der Academy gemeinsame Szenarien durchlaufen, um ein so realitätsnahes Training wie möglich anzubieten. Im Rahmen des Besuches besichtigten wir zuerst einen Helikopter Mockup, an welchem die engen Verhältnisse an Bord sowie das Be- und Entladen geübt werden. Unweit des Mockups beindet sich ein vollständig ausgestatteter Behandlungssaal, in welchem die direkte Behandlung des Patienten geübt werden kann. Die Ausbilder haben dank modernster Technik die Möglichkeit die Übungsszenarien zu überwachen und gezielt zu steuern und zu beeinlussen. Fühlt sich eine Schulungsgruppe zu sicher, wird das Szenario schwieriger gemacht - bspw. plötzliche Ohnmacht eines Patienten tritt ein, oder wenn die Schulungsgruppe unsicher ist, vereinfacht der Schulungsleiter das Szenario um den Übungsefekt zu optimieren. Damit werden die Teilnehmer ebenfalls mit sich ständig ändernde Situationen konfrontiert. Das Highlight der Führung war ein Besuch und ein Flug im Full-Flight-Simulators. Die HEMS Academy verfügt über 2 Simulatoren (1x EC 135 und 1x EC 145), die realitätsnahe Flüge im Gelände ermöglichen. Die Aufgabe der Simulatoren ist, insbesondere kritische Flugmanöver mit Piloten zu trainieren, die unabhängig von Wetter und Zeit sind, sowie umweltfreundlich und die teuren Betriebsstunden der Hubschrauber senken. Dementsprechend kommen nicht nur Piloten des ADAC hier zum Training sondern Piloten weltweit aus den verschiedenen Einsatzbereichen. Die DVWG Mitglieder hatten das Privileg, einen Flug im Simulator mitzuerleben und fühlten sich schnell, als ob sie in einem echten Hubschrauber unterwegs gewesen wären. Die Führung endete mit einer weiteren Besonderheit der Trainingsanlage in Sankt Augustin. Die ADAC HEMS Academy verfügt über einen Systemtrainer, wo Flüge und Flugverfahren rein anhand der Instrumenten nachgespielt und bewertet werden können. Besonderheit der Software ist, dass sie die Systeme eines Hubschraubers und physikalische Gesetze einfach den Lehrgangsteilnehmern erklärt und dadurch der Lernefekt und das Verständnis gesteigert wird. Die DVWG Rheinland dankt mit seinen 11 Teilnehmern der Exkursion der ADAC HEMS Academy für die einzigartige Besichtigung der Anlage und die Beantwortung der zahlreichen Fragen. ■ Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 91 Verkehrswissenschaftliche Nachrichten DVWG Veranstaltungen der Bezirksvereinigungen Berg & Mark berg-mark@dvwg.de 21.05.2015, 16: 00 Uhr Erfassung der subjektiven und objektiven Sicherheit im ÖPV durch Datenbanken, Einschätzung des Lagebildes bei S-Bahnen im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr 18.06.2015, 16: 00 Uhr Datensicherheit und Datenschutz, Basis intelligenter Verkehrssysteme, Ort: Bergische Universität Wuppertal, Fachbereich D, Abt. Bauingenieurwesen, Eugen-Langen-Saal HD 35, Pauluskirchstr. 7 Berlin-Brandenburg e.V. berlin-brandenburg@dvwg.de 06.05.2015, 16: 00 Uhr Exkursion RollsRoyce Flugzeugtriebwerke - Leise Triebwerke für die moderne Luftfahrt Ort: RollsRoyce, Eschenweg 11, 15827 Blankenfelde-Mahlow Nordhessen e.V nordhessen@dvwg.de 28.05.2015, 16: 00 Uhr Zukunftsfähige Mobilität und Verkehrskonzepte 18.06.2015, 16: 00 Uhr Ökologie und Arbeit - Beispiele aus Verkehr und Energie Ort: Universität Kassel, Zentrum für Umweltbewusstes Bauen, Gottschalkstraße 28a Freiburg freiburg@dvwg.de 12.05.2015, 18: 15 Uhr Reformpotenziale im Öfentlichen Personen-Nahverkehr Ort: Universität Freiburg, Kollegiengebäude III, Hörsaal 3044 Hamburg hamburg@dvwg.de 12.05.2015, 18: 00 Uhr Junges Forum - Kamingespräch „Nachwuchs trift Entscheider“ Ort: HSBA Hamburg School of Business Administration, Alter Wall 38, 20457 Hamburg 20.05.2015, 17: 00 Uhr Exkursion „Durch Verkehr und Stadt“ Moderierter Rundgang zu Hamburger Verkehrsräumen mit Trefpunkt: Chilehaus, Durchgang Meßberg 15.06.2015, 18: 00 Uhr Fachexkursion: Die AKN als Partner im Hamburger Nahverkehr Vortrag mit anschl. Besichtigung Ort: AKN Hauptgebäude 3. OG, Konferenzraum, Rudolf-Diesel-Straße 2, Kaltenkirchen Nordbayern e.V nordbayern@dvwg.de 21.05.2015, 17: 30 Uhr Bürgerbeteiligung im Planungsverfahren Busanbindung Am Wegfeld - U- Bahnhof Flughafen Ort: Technische Hochschule Nürnberg, Kesslerplatz 12 12./ 13.06.2015 2-Tages-Exkursion nach Dresden Innovative Problemlösungen in Logistik und Verkehr: Die „Gläserne“ Manufaktur und Elektromobilität Rheinland e.V rheinland@dvwg.de 21.05.2015, 17: 00 Uhr Flughafen Düsseldorf - Status quo und Perspektiven (mit Vorfeld-Rundfahrt) Ort: Flughafen Düsseldorf, Flughafenstr. 105 16.06.2015, 18: 00 Uhr Mobilitätsmanagement im Rheinland: Erfahrungen der Modellkommunen Alfter und Bergisch Gladbach Ort: Verkehrsverbund Rhein-Sieg GmbH, Glockengasse 37-39, 50667 Köln Württemberg e.V wuerttemberg@dvwg.de 18.05.2015, 14: 00 Uhr Wissenschaftliches Symposium: Elektromobilität im Nutzfahrzeugbereich Ort: Hochschule Heilbronn, Max-Planck- Straße 39, 74081 Heilbronn 08.06.2015, 17: 30 Uhr Maschineller Tunnelbau - eizient und-umweltgerecht Ort: Verband Region Stuttgart, Kronenstraße 25, 70173 Stuttgart 15.06.2015, 17: 30 Uhr Zukünftige Infrastruktur und Mobilität im ländlichen Raum Ort: Duale Hochschule Baden-Württemberg, Lohrtalweg 10, 74821 Mosbach Oberrhein e.V oberrhein@dvwg.de 04.05.2015, 18: 30 Uhr Stammtisch des Jungen Forums Ort: Gaststätte Pfannestiel, Am Künstlerhaus 53, 76131 Karlsruhe 09.06.2015, 17: 30 Uhr Fachvortrag: „Elektromusterländle - Aktivitäten in Baden-Württemberg“ Ort: Infopavillon „K.“, Ettlinger Tor, Karlsruhe Südbayern e.V südbayern@dvwg.de 06.05.2015, 12: 00 Uhr transport logistic 2015: Alpenquerender Güterverkehr - infrastrukturelle, technische und betriebliche Herausforderungen am Beispiel des Brennerverkehrs, Ort: Messe München 9.05.2015 Exkursion nach Franzensfeste: Projekt Brenner-Basistunnel in Italien BBT-Info-Stelle Franzensfeste 19.05.2015, 17: 30 Uhr 2. S-Bahn-Stammstrecke München: Sachstand und weitere Entwicklung 19: 00 Uhr, Mitgliederversammlung Ort: Straßenbauamt München, Winzererstraße 41, 80797 München, Oizierscasino 26.06.2015, 13: 00 Uhr Exkursion nach Nürnberg: Wartung und Reparatur von Nahverkehrszügen - Die neue Werkstatt der DB Regio, Besuch des DB Museums, Regio Franken, Leiter Instandhaltung, Nürnberg Zentrale Veranstaltungen Fulda 9. Mai 2015, 11.00 Uhr Gemeinsamer Workshop Bezirksvereinigungen und Präsidium DB Trainingszentrum Fulda Tallinn, Riga, Vilnius 17.-25. September 2015 Auslands-Fachexkursion Baltikum Rostock-Warnemünde 27. -29. Mai 2015 DVWG-Jahrestagung 2015 mit Bundesdelegiertenversammlung und Jahresverkehrskongress „Wachsender Verkehr auf der Ostsee - Verkehrswirtschaftliche und umweltpolitische Herausforderungen im Seeverkehr“ DVWG Hauptgeschäftsstelle Weißenburger Straße 16 13595 Berlin Tel. +49 30 2936060 Fax +49 30 29360629 E-Mail: hgs@dvwg.de Internet: www.dvwg.de NEU Ihr Fahrplan für Rechtsfragen im ÖPNV Gesetze und Kommentar zum ÖPNV-Recht plus online-Zugang zu gerichtlichen Leitentscheidungen Das Praxishandbuch „Recht des ÖPNV“ liefert Ihnen: ▪ Ausführliche Erläuterungen und Kommentierungen aller relevanten Vorschriften des ö entlichen Personenverkehrsrechts ▪ Anwendungsbeispiele aus der Praxis ▪ eine verlässliche Grundlage für die erfolgreiche Bearbeitung rechtlicher Fragestellungen im Personenverkehr Recht des ÖPNV, Praxishandbuch, Hubertus Baumeister (Hrsg.), 1. Auflage 2013, Band 1 Gesetze 660 Seiten, Band 2 Kommentar 854 Seiten, gebunden, EUR 189,- inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten Weitere Infos, Leseprobe und Bestellung: www.eurailpress.de/ oepnvrecht | Telefon: (040) 23714-440 Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 93 Erscheint im 67. Jahrgang Impressum Herausgeber Prof. Dr. Kay W. Axhausen Prof. Dr. Hartmut Fricke Prof. Dr. Hans Dietrich Haasis Prof. Dr. Sebastian Kummer Prof. Dr. Barbara Lenz Prof. Knut Ringat Verlag DVV Media Group GmbH Postfach 10 16 09, D-20010 Hamburg Nordkanalstraße 36, D-20097 Hamburg Tel. +49 40 23714-01 Geschäftsführer Martin Weber Verlagsleiter Detlev K. Suchanek Tel. +49 40 23714 227 | detlev.suchanek@dvvmedia.com Redaktion Redaktionsleitung Eberhard Buhl, M. A. (verantwortlich) Tel. +49 40 23714-223 | Fax: +49 40 23714-205 eberhard.buhl@dvvmedia.com DVWG-Nachrichten Dr. Karin Jäntschi-Haucke (verantwortlich) hgs@dvwg.de Redaktionelle Mitarbeit Kerstin Zapp Korrektorat Ursula Ebeling Anzeigen Gesamtanzeigenleitung Tilman Kummer Anzeigenleitung Silke Härtel (verantw.) +49 40 23714-227 | silke.härtel@dvvmedia.com Anzeigenverkauf Tim Feindt +49 40 23714-220 | tim.feindt@dvvmedia.com Anzeigentechnik Patrick Schröter +49 40 23714-127 | patrick.schroeter@dvvmedia.com Gültig ist die Anzeigenpreisliste Nr. 52 vom 01.01.2015. Vertrieb Leiter Marketing & Vertrieb Markus Kukuk +49 40 23714-291 | markus.kukuk@dvvmedia.com Unternehmenslizenzen Digital/ Print Oliver Brandt +49 8191 3055039 | oliver.brandt@dvvmedia.com Leser- und Abonnentenservice Tel. +49 40 23714-260 | Fax +49 40 23714-243 kundenservice@dvvmedia.com Erscheinungsweise Viermal im Jahr Bezugsbedingungen Die Laufzeit eines Abonnements beträgt mindestens ein Jahr. Abbestellungen sind nur schriftlich möglich zum Ende eines Bezugszeitraumes mit einer Kündigungsfrist von sechs Wochen. Bei Nichtbelieferung ohne Verschulden des Verlages oder infolge höherer Gewalt bestehen keine Ansprüche gegen den Verlag. Zusätzliche digitale Abonnements Bezug auf Anfrage, gültig ist die Vertriebspreisliste vom 01.01.2015. Bezugsgebühren Abonnement Inland jährlich 172 EUR inkl. Porto zzgl. MwSt. | Ausland Print mit VAT-Nr. jährlich 192 EUR inkl. Porto, ohne VAT-Nr. inkl. Porto zzgl. MwSt. | Ausland Digital jährlich 172 EUR, ohne VAT-Nr. zzgl. MwSt. Das Print-Paket beinhaltet die jeweiligen Ausgaben gedruckt, digital und als E-Paper (E-Mail-Paket nur als E-Paper) sowie den Zugang zum Archiv. Einzelheft 45,- EUR Druck L.N. Schafrath GmbH & Co. KG, Geldern Herstellung Schmidt Media Design, München, schmidtmedia.com Titelbild A truck unloading Foto: ClipDealer Copyright Vervielfältigungen durch Druck und Schrift sowie auf elektronischem Wege, auch auszugsweise, sind verboten und bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung des Verlages. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Abbildungen übernimmt der Verlag keine Haftung. Eine Publikation der DVV Media Group ISSN 0020-9511 ImpREssum | GREmIEn Herausgeberkreis Herausgeberbeirat Ben möbius Dr., ehem. Abteilungsleiter Mobilität und Kommunikation des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Berlin Gerd Aberle Dr. rer. pol. Dr. h.c., Professor emer. der Universität Gießen und Ehrenmitglied des Herausgeberbeirats Ralf nagel Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Hamburg August Ortmeyer Dr., Leiter der Abteilung Dienstleistungen, Infrastruktur und Regionalpolitik im Deutschen Industrie und Handelskammertag (DIHK), Berlin uwe Clausen Univ.-Prof. Dr.-Ing., Institutsleiter, Institut für Transportlogistik, TU Dortmund & Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik (IML), Vorsitzender, Fraunhofer Allianz Verkehr Christian piehler Dr.-Ing., Programmdirektor Verkehr Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Köln Ronald pörner Prof. Dr., ehem. Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland e. V. (VDB), Berlin Florian Eck Dr., stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums e.V., Berlin michael Engel Dr., Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften e. V. (BDF), Berlin Alexander Eisenkopf Prof. Dr. rer. pol., ZEPPELIN-Lehrstuhl für Wirtschafts- & Verkehrspolitik, Zeppelin University, Friedrichshafen Tom Reinhold Dr.-Ing., Associate Partner, Oliver Wyman, Berlin Ottmar Gast Dr., Sprecher der Geschäftsführung der Hamburg-Süd KG, Hamburg Barbara Lenz Prof. Dr., Direktorin Institut für Verkehrsforschung, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Berlin Knut Ringat Prof., Präsident der DVWG und Sprecher der Geschäftsführung der Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH, Hofheim am Taunus Jürgen siegmann Prof. Dr.-Ing. habil., Fachgebiet Schienenfahrwege und Bahnbetrieb, TU Berlin Alexander Hedderich Dr., Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Schenker Rail GmbH und Mitglied des Executive Board der Deutsche Bahn AG, Berlin Erich staake Dipl.-Kfm., Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG, Duisburg Wolfgang stölzle Prof. Dr., Ordinarius, Universität St. Gallen, Leiter des Lehrstuhls für Logistikmanagement, St. Gallen Wolfgang Hönemann Dr., Geschäftsführer Intermodal der Wincanton GmbH, Mannheim ute Jasper Dr. jur., Rechtsanwältin Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek, Düsseldorf Johannes max-Theurer Geschäftsführer Plasser & Theurer, Linz matthias von Randow Hauptgeschäftsführer Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Berlin Kay W. Axhausen Prof. Dr.-Ing., Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme (IVT), Eidgenössische Technische Hochschule (ETH), Zürich Hartmut Fricke Prof. Dr.-Ing. habil., Leiter Institut für Luftfahrt und Logistik, TU Dresden Hans-Dietrich Haasis Prof. Dr., Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Maritime Wirtschaft und Logistik, Universität Bremen sebastian Kummer Prof. Dr., wissenschaftlicher Leiter der ÖVG und Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik, Wien peer Witten Prof. Dr., Vorsitzender des Aufsichtsrats der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Hamburg, und Sprecher der Logistik-Initiative Hamburg Oliver Wolf Hauptgeschäftsführer Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Köln Oliver Kraft ehem. Geschäftsführer HOLM, Frankfurt Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 94 Liebe Leserinnen und Leser, in ungewohnt kurzem zeitlichem Abstand zu dieser deutschsprachigen Ausgabe werden Sie erstmals auch eine Themenausgabe in englischer Sprache auf unserer Webseite finden und kostenlos herunterladen können. International Transportation 1/ 2015 wird ab 20. Mai verfügbar sein und mit dem Themenkreis Urban Transport aktuelle Fragestellungen zur urbanen Mobilität aufgreifen. Mehr Informationen zu den Sonderheften finden Sie auf www.internationalesverkehrswesen.de. Die nächste reguläre deutsche Ausgabe, Internationales Verkehrswesen 3/ 2015, wird am 7. September erscheinen und mit der Fragestellung Verkehrsraum - Lebensraum? vor allem hinterfragen, wie Mobilität gleichermaßen funktional wie auch umwelt- und vor allem nutzergerecht gestaltet werden kann. Ein direkter Hinweis noch für wissenschaftliche Autoren, deren Erstveröffentlichungen seit diesem Jahr ein Peer Review-Verfahren durchlaufen können: Für dieses Peer Review müssen Sie - anders als vielfach üblich - nichts bezahlen. Denn wir wollen, dass auch Nachwuchsautoren und kleinere Institute die Chance bekommen, sich mit ihren Aufsätzen in der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu profilieren - ohne horrende Prüfgebühren. Ihr Eberhard Buhl, Redaktionsleiter 05.-08.05.2015 München (DE) transport logistik mit Air Cargo Europe und mariLOG Internationale Leitmesse für Logistik, Mobilität, IT und Supply Chain Management Ort: Messe München Kontakt: +49 (89) 949-11368, info@transportlogistic.de 06.-07.05.2015 Düsseldorf (DE) Polis Convention Urban Development http: / / www.polis-convention.com 20.-22.05.2015 Berlin (DE) Metropolitan Solutions Dialogplattform rund um Strategien und Lösungen für den Aus- und Aufbau urbaner Infrastrukturen Ort: Messe Berlin / CityCube Veranstalter: Deutsche Messe AG http: / / www.metropolitansolutions.de 21.-22.05.2015 Berlin (DE) Praxisforum Verkehrsforschung 2015 Veranstalter: Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ) und infas Information und Anmeldung: https: / / www.infas.de/ service/ praxisforum 27.-29.05.2015 Leipzig (DE) International Transport Forum 2015 Transport, Trade and Tourism - Mobility for a connected world Veranstalter: International Transport Forum, Paris itf.contact@oecd.org http: / / 2015.internationaltransportforum.org 07.-11.06.2015 Mailand (IT) 61. UITP-Weltkongress mit Ausstellung „Smile in the city“ http: / / www.uitpmilan2015.org 11.-13.06.2015 Zürich (CH) IT15.Rail The Industrialised Railway - Harvesting the economies of scale in planning and production Info: info@it15rail.ch www.it15rail.ch 16.-19.06.2015 Bern (CH) Suisse Public Fachmesse für öfentliche Betriebe und Verwaltungen Veranstalter: BERNEXPO AG Tel.: +41 (31) 34011-11 www.suissepublic.ch 18.06.2015 Prien (DE) EU-Projekt AlpInfoNet - Abschlusskonferenz Ort: Chiemsee/ Herreninsel Info: www.alpinfonet.eu 18.-19.06.2015 Dessau-Roßlau (D) kommunal.mobil 2015 Umweltverträglicher Wirtschaftsverkehr in Städten. Veranstalter: Deutsches Institut für Urbanistik, Umweltbundesamt Kontakt: Simone Harms, Tel.: +49 (30) 39001-132, harms@difu.de 09.-11.09.2015 Hamburg (DE) Seatrade Europe Cruise & River Convention Veranstalter: Hamburg Messe und Congress GmbH Tel.: +49 (40) 3569-0, info@hamburg-messe.de www.seatrade-europe.com 17.-27.09.2015 Frankfurt am Main (DE) 66. IAA PKW Internationale Leitmesse der Mobilität Veranstalter: Verband der Automobilindustrie e. V. (VDA), Berlin Tel.: +49 (30) 897842-0 www.vda.de www.iaa.de TERMINE + VERANSTALTUNGEN 05.05.2015 bis 27.09.2015 Weitere Veranstaltungen inden Sie unter www.internationalesverkehrswesen.de, www.dvwg.de www.eurailpress.de, www.schifundhafen.de, www.dvz.de VORSCHAU | TERMINE Antrag auf persönliche Mitgliedschaft (Jahresbeitrag 96 EUR/ Studierende 48 EUR) Eintritt zum Titel, Vorname, Name Beruf, Amtsbezeichnung Geburtsdatum Anschrift (privat) - Straße, Haus-Nr. PLZ, Ort Telefon (privat) Fax (privat) E-Mail (privat) Firma, Institution (dienstlich) Anschrift (dienstlich) - Straße, Haus-Nr. PLZ, Ort Telefon (dienstlich) Fax (dienstlich) E-Mail (dienstlich) Wenn Sie den schriftlichen Kontakt mit der DVWG bzw. die Lieferung der Organzeitschrift „Internationales Verkehrswesen“ an eine dienstliche Adresse wünschen, wählen Sie bitte Kontakt „dienstlich“. Bitte beachten Sie, dass die Angabe der privaten Adresse für eine Anmeldung zwingend erforderlich ist! Kontakt: □ privat □ dienstlich Bezug der Zeitschrift „Internationales Verkehrswesen“: □ ja □ nein Interesse an Informationen zum Jungen Forum der DVWG: □ ja □ nein Ort/ Datum Unterschrift Weißenburgerstraße 16 Tel.: 030 / 293 60 60 www.dvwg.de 13595 Berlin Fax: 030 / 293 60 629 hgs@dvwg.de ■ Preisnachlass für Publikationen der Schriftenreihe (Bücher und CDs) erhalten ■ Gelegenheiten nutzen für den Auf- und Ausbau von Karriere-, Berufs- und Partnernetzwerken ■ exklusiven Zugang erhalten zum Internetportal der DVWG (Mitgliederbereich und Download) ■ persönliche Einladungen erhalten für über 200 Veranstaltungen im Jahr auf Bundesebene und in Ihrer Bezirksvereinigung ■ aktiv mitarbeiten in dem unabhängigen Kompetenzzentrum für Mobilität und Verkehr in Deutschland ■ im Jungen Forum und der Europaischen Plattform für Verkehrswissenschaften mitarbeiten ■ an jährliche Fachexkursionen ins Ausland teilnehmen Wir vernetzen Verkehrsexperten! Antrag auf körperschaftliche Mitgliedschaft finden Sie unter: www.dvwg.de ■ das „Internationale Verkehrswesen“, die renommierte Fach- und Organzeitschrift, beziehen Mitglied werden und Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft e.V. Je stärker der Verkehr zunimmt, desto wichtiger ist, dass er zuverlässig fließt - für komfortables Reisen und attraktive, wettbewerbsfähige Städte und Regionen. Dazu bieten wir Ihnen ein einzigartig umfassendes Portfolio: integrierte Lösungen für Verkehrs- und Parkraummanagement, innovative Verkehrsinformations-, Maut- und Ticketing-Systeme sowie maßgeschneiderte Service- und Beratungsleistungen. siemens.com/ mobility Und Integration geht für uns noch weiter. Mit unserem umfassenden Know-how zur Optimierung des Verkehrs auf Straße und Schiene werden wir mit intelligenter IT alle Verkehrsträger immer perfekt miteinander vernetzen - damit Reisende noch schneller, sicherer und entspannter von A nach B gelangen. Die Technologien dazu sind da. 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