Internationales Verkehrswesen
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2022 | Heft 1 Februar Fit für morgen - mit neuen Strategien und flexiblen Geschäftsmodellen Digital und vernetzt Heft 1 | Februar 2022 74. Jahrgang POLITIK Bausteine für einen klimagerechten Verkehr INFRASTRUKTUR Mehr Verkehrssicherheit auf Landstraßen? LOGISTIK Transportdienstleistungen digitalisieren MOBILITÄT Bausteine für tragfähige Verkehrslösungen TECHNOLOGIE Die Zukunft des sicheren Ladens INTERNATIONAL TRANSPORTATION The digital way to shape future mobility www.internationalesverkehrswesen.de it-trans.org +++ MOBILITY-AS-A-SERVICE +++ KONTAKTLOSES TICKETING +++ CYBERSECURITY UND DATA GOVERNANCE +++ 5G UND TELE- KOMMUNIKATION +++ DIGITALE TRANSFORMATION +++ AUTONOME MOBILITÄT +++ BIG DATA UND KÜNSTLICHE INTELLIGENZ +++ ON-DEMAND UND FLEXIBLE MOBILITÄT +++ KÜNSTLICHE INTELLIGENZ (KI) UND INTERNET DER DINGE (IOT) +++ SMART CITIES +++ Unter der Schirmherrschaft der Veranstalter Partner ENTDECKE DIE ZUKUNFT DER URBANEN MOBILITÄT! NEU TERMINIERT! TERMIN VORMERKEN. PERSÖNLICH TREFFEN. 10. - 12. Mai 2022 Messe Karlsruhe Unter der Schirmherrschaft von Winfried Hermann, Verkehrsminister Baden-Württemberg Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 3 Knut Ringat STANDPUNKT Kommende Jahre entscheidend für Mobilitätswende S eit rund zwei Jahren prägt die Corona-Pandemie das öffentliche Leben und damit auch maßgeblich die Entwicklungen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Zwei Jahre, die durch großes Engagement und Einigkeit der gesamten Branche, einer breiten und starken Unterstützung aller politischen Ebenen, aber auch von großem Verständnis und Solidarität unserer Fahrgäste geprägt sind. Nur durch dieses Zusammenspiel ist es bis heute gelungen, den ÖPNV sicher und beständig durch diese für alle nach wie vor sehr außergewöhnliche Zeit zu steuern. Auch wenn niemand vorhersagen kann, wie sich die Pandemie weiter entwickeln wird, mehren sich in den vergangenen Tagen und Wochen die Stimmen, die eine weitgehende Aufhebung der pandemischen Einschränkungen zum Ende der ersten Jahreshälfte erwarten lassen. Dies ist ein Hoffnungszeichen und zugleich Motivation, den eingeschlagenen Weg hin zur Mobilitätswende mit ganzer Kraft fortzusetzen. Die kommenden fünf bis sieben Jahre werden darüber entscheiden, ob diese in Deutschland gelingen wird. Neben dem notwendigen gesellschaftlichen und politischen Willen dazu bedarf es vor allem einer ausreichenden Finanzierung. Im Zusammenspiel von Nutzerfinanzierung, öffentlichen Mitteln (Bund, Länder, Kommunen) sowie neuen Finanzierungsquellen kann dies gelingen. Voraussetzung ist eine kontinuierliche Ausweitung des ÖPNV- Angebotes und damit einhergehend der Ausbau der Schieneninfrastruktur. Hier ist vor allem auch die Planungsbeschleunigung von enormer Bedeutung. Neben dem Infrastrukturausbau muss die Digitalisierung im ÖPNV vorangebracht werden, um mehr Menschen für den Umstieg auf Bus und Bahn zu begeistern. Vielfältige Projekte in den unterschiedlichsten Bereichen - von Mobilitäts-Apps bis hin zu innovativen Datenbanken für das interne Daten- und Wissensmanagement - sind in den vergangenen Jahren bereits entstanden. Die Pandemie wirkte dabei wie ein Beschleuniger. Vorhaben, die schon lange in Planung waren, wurden vorgezogen und realisiert. Nur ein Beispiel: Im Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) wurde eine Auslastungsprognose von Bussen und Bahnen entwickelt und in die verbundeigene App integriert. Mit der Information über die Auslastung der Fahrzeuge können die Fahrgäste auf Verbindungen ausweichen, die nicht so hoch frequentiert sind. Wir gehen davon aus, dass das aktuelle Bedürfnis nach ausreichend Abstand auch zukünftig erhalten bleibt. Und damit steigt wiederum der Bedarf nach ausreichend Kapazitäten. Die kommenden Jahre werden darüber entscheiden, ob die Mobilitätswende gelingt. Die eingeschlagene Richtung stimmt, aber es wird darauf ankommen, diesen Weg auch bei den vor uns liegenden schwierigeren Rahmenbedingungen fortzusetzen. Lassen Sie uns weiter gemeinsam erfolgreich an der Mobilitätswende arbeiten - jetzt! Prof. Knut Ringat Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsführung der Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH Foto: RMV / Holger Peters Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 4 POLITIK INFRASTRUKTUR 23 Vor 100 Jahren: War die Avus die erste Autobahn? Teil 2: Reichsautobahn - und-wieder Rennstrecke Wolfgang F. Jäger WISSENSCHAFT 20 Der Baum an Landstraßen Ein Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit Jean Emmanuel Bakaba Juliane Martin LOGISTIK Foto: Sinus XL / pixabay SEITE 20 Bild: Hulki O. Tabak / Unsplash SEITE 46 Foto: Jae Young Ju / iStock SEITE 12 28 Zero Waste World Mit zirkulären Supply Chains Abfall reduzieren und Lieferketten dekarbonisieren - Standpunkt Katrin Zeiler WISSENSCHAFT 30 Digitalisierung von Transportdienstleistungen Untersuchung der Potenziale zur Einbindung von Transportdienstleistungen in dynamische Plattformen Larissa Eger Katrin Joussen Carolin Schwarz Jacqueline Höllig Thilo Levy Andreas Kraus 14 Bausteine für einen klimagerechten Verkehr Manuel Hendzlik Martin Lange Philipp Klöckner Martin Lambrecht Kilian Frey Katrin Dziekan Miriam Dross Martin Schmied Seite 12 „Die Zukunft liegt in kollaborativen Geschäftsmodellen“ Neue Herausforderungen für Automobilhersteller und Zulieferer. Interview mit Prof. Dr. Ellen Enkel, Universität Duisburg-Essen INTERNATIONAL 37 A three-point turn for climate ambition in transport Did climate talks in Glasgow steer the world towards a paradigm shift? Daniel Bongardt Marion Vieweg Nadja Taeger 40 Modular platform concept for shunting locomotives Sustainable vehicle architectures for existing vehicles through modularity Julian Franzen Jannis Sinnemann Udo Pinders Walter Schreiber 43 Generating robust dispatching solutions Taking into account block sections’ operational risk Ullrich Martin Markus Tideman Weiting Zhao 46 CADMUSS - an innovative project to improve maritime safety Sönke Reise Carsten Hilgenfeld Diego Piedra-Garcia 49 Charging infrastructure and charging methods for electric buses Focus on the city of Shenzhen in China which has the world’s largest fully electric fleet of buses Elisabeth Gütl Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 5 INHALT Februar 2022 Aktuelle Themen, Termine und das umfangreiche Archiv finden Sie unter www.internationales-verkehrswesen.de TECHNOLOGIE RUBRIKEN 03 Standpunkt 06 Im Fokus 19 Bericht aus Brüssel 73 Forum Veranstaltungen 74 Impressum | Gremien AUSGABE 2 | 2022 71 Die Zukunft des sicheren Ladens Moderne Authentifizierungslösung für das EV-Charging Johannes Weil Foto: Günter Koch SEITE 56 Foto: AdobeStock / Elatec SEITE 71 MOBILITÄT 56 Neue Mobilitätskonzepte für Metro und Straßenbahn Chancen und Rollenverteilung von spurgeführten Bahnsystemen in urbanen Räumen Günter Koch 62 Homezone - die Tarifinnovation für den ÖPNV Ein flexibles elektronisches Tarifkonzept für die Stammkund: innen des Karlsruher Verkehrsverbundes Stefan Weigele Anna Fechner Stefanie Herrmann Benjamin Bock Transport-Strategien - Straße vs. Schiene - Personen und Waren - Automatisierung in der Praxis Special: Mobilitätsmonitor Nr. 14 Erscheint am 18. Mai 2022 66 Crowdsourcing in der Radverkehrsforschung Erfahrungen aus der wissenschaftlichen Begleitung der SWR-Mitmachaktion #besser- Radfahren Martin Temmen Jochen Eckart Jule Merk Ahmet-Serdar Karakaya David Bermbach 70 Digitalisierung für die Mobilitätswende Im Flickenteppich das Muster erkennen Katja Krause 52 Data as a force to shape future urban mobility Bridging the data divide to shape a just digital transformation for climate-friendly urban mobility Lena Plikat Frederic Tesfay 54 Modern authentication solutions for fleet management Safe on the road thanks to driver identification and access control Johannes Weil Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 6 IM FOKUS Sonderkommission eTrailer einberufen M it Übernahme der Amtsgeschäfte durch die neue Bundesregierung hat der Bundesverband eMobilität e. V. (BEM) eine neue Initiative gestartet, um Anhänger-Fahrzeuge mit eigenem batterie-elektrischen Antrieb regulatorisch zuzulassen und weiterzuentwickeln. Kurz vor Jahresende 2021 hat der Verband eine Sonderkommission eTrailer einberufen, die gleich im Januar des neuen Jahres tagte. Die zum Thema beratende BEM-Arbeitsgruppe war zuvor mehrfach am Widerstand zuständiger Behörden gescheitert. Als eTrailer, also elektrifizierte Anhänger, werden Fahrzeuge bezeichnet, die meist über eine Ladefläche zur Beförderung von Gütern, jedoch über einen eigenen Antrieb und einen eigenständigen, von außen aufladbaren Energiespeicher verfügen. Sie werden hinter Zugfahrzeugen wie PKW, LKW, Omnibussen oder Traktoren mitgeführt. Sie schieben nicht, unterstützen jedoch das Gespann, erhöhen die Reichweite und tragen erheblich zur Einsparung klimaschädlicher Abgase bei - sogar bei Diesel- oder Benzin-Zugfahrzeugen um 20 % und mehr. Zur Kategorie eTrailer zählen moderne Lösungen des eCaravan für den umweltschonenden Tourismus genauso wie elektromobile Lösungen für voll digitale Schwerlasttransporte. Während die Technik bereits erprobt und belastbar ist und auch das Fahrverhalten sowie sämtliche Sicherheitsaspekte technisch überprüft sind, ist in Europa wegen gesetzlicher Inkompatibilität bislang keine Zulassung für eTrailer möglich. Auch die derzeitige Fahrzeugerfassung im Kraftfahrtbundesamt (KBA) ist nicht ausreichend. Die Sonderkommission des BEM will diese Blockade nunmehr auflösen und die Zulassung von eTrailern, etwa als eigene Fahrzeugkategorie, vorantreiben. Weiterhin soll die Befreiung bzw. die Anrechnung der Umweltwirkung auf die Mautabgabe erreicht, das eKennzeichen eingeführt und die Anpassung der Führerscheinklassen bzw. der Fahrzeugpapiere eingeleitet werden. Zur BEM-Sonderkommission eingeladen sind Vertreterinnen und Vertreter der zuständigen Bundes- und Landesministerien, Trailer-Hersteller, Hersteller aus der Automotive- und der Logistikbranche, Zulieferer sowie Unternehmen der Branchen Antriebssysteme und Batterietechnologie. www.trailerdynamics.de Bild: Krone Optimierte Routenplanung mit dem E-LKW D ie neue deutsche E-LKW-Marke Bax hat einen batterieelektrischen 7,5-Tonner mit einer Reichweite von bis zu 200 Kilometern, mehr als drei Tonnen Zuladung und serienmäßigem Telematiksystem vorgestellt. Disponenten und Einsatzleiter können so den Standort des Bax 7.5 und alle wichtigen Fahrzeugzustände jederzeit über das Cargofleet 3-Telematikportal einsehen. Das System zeigt neben Standort, Batterieladung und Restreichweite auch die Zuladung des Fahrzeugs an - das ermöglicht eine optimierte Routenplanung und bessere Auslastung des Fahrzeugs. Eine Fahrstilanalyse mit Verbrauchsdaten und Stand-/ Fahrzeitanalyse motiviert den Fahrer, besonders wirtschaftlich zu fahren. Als Elektrofahrzeug ist der Bax 7.5 generell weniger wartungsintensiv als ein Diesel - es gibt weder Zahnriemen noch Steuerkette oder Injektoren und andere Nebenaggregate. Zudem sorgt der Bax Remote Service Support dafür, dass die Werkstatt einen Fehler bereits identifizieren kann, bevor das Fahrzeug zur Wartung oder Reparatur vorfährt - das spart wertvolle Zeit. Das Telematiksystem im Bax stammt vom europäischen Marktführer für Truck-Trailer-Telematik, idem telematics. Telematiksysteme dieses Umfangs sind bei Verteilerfahrzeugen, Vans und Transportern noch eher die Ausnahme. Die serienmäßige Telematik im Bax- 7.5 dürfte jedoch auch rein auf den Citytransport fokussierten Speditionen oder kommunalen Flotten Vorteile bringen. Als systemoffene Plattform lässt es sich mit allen marktgängigen Transportmanagement- Systemen verbinden. Hinter dem neuen LKW-Hersteller Bax stehen der bayerische Hersteller für Spezial- und Heavy Duty-Fahrzeuge Paul Nutzfahrzeuge GmbH sowie die BPW Bergische Achsen KG als System- und Mobilitätspartner der Transportindustrie. Das erste Fahrzeug der Marke Bax ist ein LKW mit 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht, der in enger Zusammenarbeit mit Spediteuren, Verladern, Fahrern und Aufbauten-Spezialisten entwickelt wurde. Herzstück des Fahrzeugs ist ein in die Hinterachse integriertes Antriebssystem von BPW. www.bax.de Foto: Bax Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 7 IM FOKUS LKW-Flotten möglichst emissionsarm betreiben D er Navigationssoftware-Konzern Here übernimmt ein Software-Tool der schweizerischen Handelsgenossenschaft Migros, das diese gemeinsam mit der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa entwickelt hat, und macht dieses weltweit verfügbar. Mit dem Tool lassen sich die CO 2 -Emissionen von Lastwagen mit verschiedenen Antriebssystemen für beliebige Routen berechnen. Es kann Logistikern weltweit aufzeigen, auf welchen Routen Wasserstoff-, Elektro-, Biogas- oder Biodiesel-LKW am besten eingesetzt werden können und wie hoch deren CO 2 -Emissionen im Vergleich zu dieselbetriebenen Trucks sind. Die Umstellung von Lastwagenflotten auf erneuerbare Energie ist ein Ziel vieler Flottenbetreiber weltweit. Das weiß man auch beim global tätigen Navigationssoftware-Unternehmen Here, einer gemeinsame Tochterfirma der deutschen Automobilhersteller Audi, BMW und Daimler. Beteiligt sind außerdem Intel, Bosch, Continental und der chinesische Tencent-Konzern. Here liefert das Kartenmaterial für Logistikkonzerne weltweit, unter anderem auch für die Routenplanung der rund 800 Lastwagen der Migros-Genosenschaft. Das nun von Here übernommene Software-Tool basiert auf einer Zusammenarbeit zwischen Migros und der Empa. Mit Hilfe der Software kann der Einsatz von Lastwagen mit alternativen Antrieben und erneuerbaren Treibstoffen wie Wasserstoff, Elektro, Biogas und Biodiesel hinsichtlich Leistung, Reichweite, Nutzlast und Kosten für individuelle Routen analysiert und gleichzeitig die real zu erwartenden CO 2 - Einsparungen im Vergleich zu Diesel-LKW berechnet werden. Dank einer Anbindung an Ökobilanz-Datenbanken lassen sich auch synthetische Treibstoffe integrieren. Der zugrundeliegende mathematische Ansatz ist als „Willans-Approximation“ bekannt und wird bis heute weltweit in vielen Studien im Bereich von Energiewandlern eingesetzt. Benannt ist sie nach dem englischen Erfinder Peter Willans, der im späten 19. Jahrhundert seine Beobachtungen an Dampfmaschinen in dieser Form dargestellt hat. Forschende der Empa nutzen den Ansatz seit geraumer Zeit zur Auswertung von Fahrzeugverbrauchsdaten und konnten damit zeigen, dass er nicht nur auf Verbrennungs- oder Elektromotoren, sondern auch auf Gesamtfahrzeuge anwendbar ist. Gegenwärtig betreibt Migros elf Wasserstoff-LKW, 78 Biodiesel- und Biogas-LKW sowie 13 Elektro-Trucks. Die ISO- und DINzertifizierte Software wird nun unter dem Namen „CO 2 -Insights“ von Here vertrieben und kann bis zum 31. März 2022 von allen Kunden kostenlos genutzt und evaluiert werden. Das Software-Tool soll kontinuierlich weiterentwickelt werden. www.here.com Bild: Migros Comau baut Elektromotoren-Montagelinie für Geely D as Stellantis-Unternehmen Comau hat für das Werk Geely Veremt der Geely Automobile Holdings im chinesischen Ningbo eine automatisierte Montagestraße für E-Antriebe entwickelt und eingerichtet. Sie zeichnet sich durch einen automatischen Produktionsbetrieb für die Montage der Permanent-Magnet-Rotoren, Getriebe und elektrischen Antriebe aus. Darüber hinaus werden auch Qualitätskontrolle und Tests automatisiert. Diese Lösung soll den Automatisierungsgrad des Werks von 40 % auf 80 % steigern und eine Serienproduktion von 120.000 Aufträgen pro Jahr ermöglichen. Die automatisierte Montagestraße nutzt zahlreiche Roboter zur Installation der Rotoren sowie 3D-Positionierungs- und Führungssysteme, eine automatische Installation der Magneten mit hoher Geschwindigkeit, die automatische Einspritzung von Rotorkernen, die automatische dynamische doppelte Unwuchtkorrektur, Magnetisierung und vieles mehr. Dies umfasst 3-in- 1-Montagesysteme für Statorgehäuse, Wärmeschutzhüllen, statische Motortests, dynamische Motortests, automatisches Zuführen und Einpressen von Lagern, automatisches Zuführen und Anziehen von Bolzen sowie die automatische Messung und Auswahl von Dichtungen. Nach Expertenschätzungen könnten E- Autos im Jahr 2050 bis zu 80 % aller Neuwagenkäufe ausmachen. Dieser rasche Anstieg hätte zur Folge, dass Autohersteller nach neuen Wegen suchen, die Montage elektrischer Achsantriebe, die Elektromotoren, Getriebe und Leistungselektronik in einer Einheit kombinieren, zu automatisieren. Comau, ein Unternehmen von Stellantis, ist weltweit tätiger Anbieter industrieller Automatisierungslösungen und -systeme. Zum umfangreichen Portfolio gehören Technologie und Systeme für die Fertigung von Elektro-, Hybrid- und herkömmlichen Fahrzeugen, Industrieroboter, kollaborative und tragbare Roboter, selbststeuernde Logistiklösungen sowie vernetzte digitale Dienstleistungen und Produkte, um Maschinen- und Prozessdaten zu übermitteln und analysieren. www.comau.com Foto: Comau Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 8 IM FOKUS Fahren „schlaue“ Pakete künftig mit Bus und Bahn? D as Forschungsprojekt „CargoSurfer“ will im ländlichen Raum freie Kapazitäten des Öffentlichen Personennahverkehrs für den Transport von Gütern nutzen - wobei Pakete ebenso gemeint sind wie frische regionale Produkte. Die Situation: Im ländlichen Raum bleiben einerseits viele Sitzreihen in Bussen und Regionalbahnen oft leer, sodass immer wieder Linien eingestellt werden. Andererseits besteht gerade abseits der Städte Bedarf für funktionierende Lieferketten, etwa für Bestellungen aus dem Online-Handel. Im Idealfall reduziert CargoSurfer Verkehr und Emissionen, spart Kosten und steigert die Effizienz des Transportverkehrs. Fracht im öffentlichen Nahverkehr mitzunehmen, funktioniert jedoch nur, wenn alles lückenlos überwacht wird und zuverlässig ankommt. Künstliche Intelligenz soll die Fracht „intelligent“ machen. Eine von der Kühne Logistics University in Hamburg zu entwickelnde Software fährt quasi als virtueller Paketkurier mit. Treten während der Fahrt Probleme auf, wie zum Beispiel ein Stau oder Verspätungen der Bahn, werden diese eigenständig von der Fracht erkannt. Wird der vorgesehene Anschluss nicht erreicht, werden alle Beteiligten rechtzeitig informiert und gleich ein neuer Transportplan erstellt. Rund ein Jahr lang wird die Entwicklung der Software voraussichtlich in Anspruch nehmen, ehe das System in der Praxis erprobt werden kann und die ersten intelligenten Pakete sich in Hessen auf den Weg machen. Dabei greift man auf eine bereits markterprobte Anwendung im Bedarfsverkehr der Trapeze Group Deutschland GmbH zurück, die nun für das Gütermitnahmesystem aufgerüstet wird. Als regionale Logistik-Partner sind die cantus Verkehrsgesellschaft mbH und Regionalverkehr Main-Kinzig GmbH dabei. Projektpartner bei „CargoSurfer“ sind die Vereine „Gutes aus Waldhessen“ und „SPESSARTregional“, das Behinderten- Werk Main-Kinzig, die Verkehrsgesellschaften Cantus und Regionalverkehr Main-Kinzig, die Kühne Logistics University, Trapeze Group Deutschland GmbH und die LaLoG LandLogistik GmbH, die das Projekt leitet. Das Bundesministerium für Digitalisierung und Verkehr (BMDV) fördert das Vorhaben über eine Dauer von drei Jahren im Rahmen der Forschungsinitiative „mFUND“. www.landlogistik.eu Neue KRITIS-Verordnung fordert besseren Schutz vor Hackern W orst-Case-Szenarien nach Cyberattacken sind keine Utopie mehr. Sogenannte Kritische Infrastrukturen (KRITIS), also systemrelevante Unternehmen und Organisationen, zu denen etwa Krankenhäuser und Energieunternehmen zählen, sind immer öfter Opfer massiver Cyberangriffe. Cyberangriffe seien für KRITIS-Betreiber aller Branchen beinahe an der Tagesordnung, berichtet das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Vor allem das Internet birgt enorme Gefahren: 35 % der KRITIS-Unternehmen waren laut einer aktuellen Studie von techconsult in den zurückliegenden Monaten Opfer eines Hackerangriffs, 56 % der Angriffe kamen über Phishing-Mails zustande. Beunruhigend: Knapp die Hälfte der 200 Teilnehmer der Umfrage setzt in solchen Fällen ausschließlich auf die Eigenverantwortung der Belegschaft. Am 1. Januar 2022 trat nun eine Anpassung der BSI-KRITIS-Verordnung (KRI- TIS-V) in Kraft, um systemrelevante Unternehmen und Organisationen besser vor solchen Angriffen zu schützen. Die „Zweite Verordnung zur Änderung der BSI-KRITIS- Verordnung“ erweitert den Kreis der kritischen Infrastrukturen zugeordneten Unternehmen. Solche KRITIS sind besonderen IT-Sicherheitsvorkehrungen unterworfen, die im IT-Sicherheitsgesetz 2.0 (IT-SiG 2.0) als strenge Schutzmaßnahmen und Meldepflichten definiert sind. Betroffen von den Änderungen ist auch der Sektor Transport und Verkehr. Logistikunternehmen mit mehr als 53,2 Mio. Sendungen pro Jahr fallen nun ebenso unter die KRITIS-Verordnung wie Nahverkehrsbetriebe mit 125 Mio. Fahrgästen jährlich. Da auch Schwellenwerte im Luftverkehr sowie in der See- und Binnenschifffahrt angepasst wurden, erhöht sich die Anzahl betroffener Unternehmen in diesem Sektor um mehr als 70 Betreiber. Dazu gehören zum Beispiel künftig die Flugsicherung und Verkehrszentralen von Fluggesellschaften. Neu im IT-SiG 2.0 ist unter anderem auch, dass der Gesetzgeber für Verstöße Geldstrafen bis 20- Mio. EUR oder 4 % des gesamten weltweit erzielten jährlichen Unternehmensumsatzes vorsehen kann. Guten Schutz vor externen Angriffen aus dem Internet - etwa durch Ransomware und Malware - ist laut Rohde & Schwarz Cybersecurity ein virtueller Browser wie der im Auftrag des BSI entwickelte „R&S Browser in the Box“. Schutz vor potenziell unsicheren Komponenten im Betriebssystem bieten spezielle Zero-Trust-Produkte wie der „R&S Trusted VPN Client“, die unabhängig vom Windows-Betriebssystem arbeiten. Angriffe etwa aufgrund von Sicherheitslücken laufen dann ins Leere. www.rohde-schwarz.com Foto: Pavel Danilyuk / Pexels Foto: Rohde & Schwarz Cybersecurity Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 9 IM FOKUS Wo wir Mobilität für eine lebenswerte Zukunft neu denken. polis-mobility.com Begegnungen verändern alles. Wir bringen auf der neuen Messe für urbane Mobilität erstmalig Wirtschaft, öffentliche Hand und Zivilgesellschaft zusammen. Und gestalten gemeinsam die Städte der Zukunft. Köln, 18.-21.05.2022 polisMobility_2022_Anzeige_Int_Verkehrswesen_210x139mm_DE.indd 1 polisMobility_2022_Anzeige_Int_Verkehrswesen_210x139mm_DE.indd 1 26.01.22 15: 54 26.01.22 15: 54 Neuer Stadtbahntunnel für Karlsruhe in Betrieb S eit 11. Dezember 2021 ist der neu gebaute Stadtbahntunnel in Karlsruhe in Betrieb. Bauherr der sogenannten städtischen Kombilösung zur Weiterentwicklung des Karlsruher Modells ist die Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (KASIG), die das Projekt nach Fertigstellung an die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) übergeben hat. Insgesamt geht es dabei um zwei unterirdische Gleise mit sieben Haltestellen, darunter die fünf U-Bahn-Stationen Kronenplatz, Marktplatz (Kaiserstraße), Europaplatz, Marktplatz (Pyramide) und Ettlinger Tor, die vom Frankfurter Unternehmen TM Ausbau ausgestattet wurden. Auf einer Strecke von insgesamt 3,4 Kilometern fahren nun Straßenbahnen und Stadtbahnen durch den T-förmigen Tunnel. Durch die so entstandene straßenbahnfreie Fußgängerzone gewinnt die Karlsruher Innenstadt deutlich an Attraktivität. Der technisch sehr anspruchsvolle Ausbau der fünf U-Bahn-Stationen erforderte ausschließlich Sonderkonstruktionen und Sondermaterialien. Oberste Priorität hat der Brandschutz: Alle eingesetzten Baustoffe entsprechen der Baustoffklasse A. Es durften weder brennbare Baustoffe und Oberflächen noch verzinkte Elemente genutzt werden. Die Bauteile bestehen aus Edelstahl bzw. Spezialstählen mit Korrosionsschutzklasse 5, der höchsten Klasse im Ausbau. Das Ausbauunternehmen übernahm die gesamte Werk- und Montageplanung inklusive der statischen Berechnungen. In diesem Rahmen nahmen die Spezialisten bei den Konstruktionen an den Bahnsteigen eine sogenannte Heißbemessung für eine Temperaturbeanspruchung der tragenden Konstruktionen bis 800 °C über einen Zeitraum von 30 Minuten bei gleichzeitigen Windlasten von 50kg/ m 2 vor. Sonderanfertigungen sind auch die Bahnsteigdecken inklusive Beplankungen aus Glasgranulat- Platten mit Akustikbeschichtungen, die Bahnsteigvorsatzschalen mit Beplankung aus Zementplatten und weitere Sonderkonstruktionen. In der Bauvorbereitung spielte die Baustellenlogistik eine zentrale Rolle. Alle Materialien wurden am Großmarkt Karlsruhe angeliefert und dort von der Baustellenlogistik auf einen 7,5-Tonner-LKW umgeladen, der das Material drei Kilometer weit durch die Stadt bis zur Rampe transportierte. Hier wurde die Lieferung auf eine Gleislore umgeladen und von einem Zwei- Wege-Bagger zu den verschiedenen Bahnhöfen gezogen. www.tm-ausbau.eu Foto: TM Ausbau Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 10 IM FOKUS Instandhaltung 4.0: Optimierter Zugservice in der Ostschweiz I n Zusammenarbeit mit dem Regionalfahrzeug Instandhaltungscenter Ostschweiz (RICO) der Schweizerischen Bundesbahnen AG (SBB) hat Kistler eine neue Bremskraft-Messlösung für Züge entwickelt, die den gesamten Wartungsprozess vor Ort effizienter macht. Alle Komponenten des Systems passen in einen Koffer; eine kundenindividuelle Softwarelösung sorgt für reibungslose Abläufe. Die neue BFMS (Brake Force Measurement Solution) für RICO besteht aus vier Bremskraftsensoren, dem modularen Datenerfassungssystem KiDAQ in Kompaktausführung und einem Notebook mit der Applikationssoftware. Alle Komponenten finden in einem robusten Hartschalenkoffer Platz, der einen flexiblen Transport von Wagen zu Wagen ermöglicht. Bei Bedarf besteht die Möglichkeit, die Messapplikationssoftware drahtlos über die hauseigenen Tablets der RICO-Mitarbeitenden zu steuern. Die Servicetechniker werden von der BFMS-Software Schritt für Schritt durch den Prozess geführt: Nach Auswahl des Zugtyps werden dem Anwender die Reihenfolge der Drehgestelle und die Anzahl der Bremsen übersichtlich grafisch dargestellt. Anschließend kann mit den vier Bremskraftsensoren ein komplettes Drehgestell in einem Prozessschritt ausgemessen und auf einen Blick visualisiert werden: gemessene Bremskraft pro Rad und Drehgestell, Kraftwirkung im zeitlichen Verlauf sowie eine direkte Einordnung und Bewertung prozessspezifischer Kennwerte gegenüber vorgegebenen Referenzen. Pro Drehgestell sind mindestens drei Messungen durchzuführen, deren Durchschnittswert innerhalb der Vorgabe liegen muss. Alle Messreihen werden sowohl lokal als auch sicher in der Cloud gespeichert. So können zum Beispiel vorangegangene Messungen am selben Zug jederzeit abgerufen, verglichen und in das automatische Reporting mit einbezogen werden. Das RICO in Oberwinterthur ist einer von elf regionalen Servicestandorten der SBB. Die Zuständigkeit umfasst Unterhalt, Reparaturen und Umbauten der Zugflotte von Thurbo, einem regionalen Tochterunternehmen der SBB für die Ostschweiz, sowie weiterer Züge der bundesdeutschen SBB GmbH, ebenfalls eine SBB-Tochter. Der überwiegende Teil der betreuten Flotten besteht aus zwei- oder mehrteiligen Gelenktriebwagen, die im S-Bahn- und Regionalverkehr zum Einsatz kommen. www.kistler.com Foto: Kistler Historische S-Bahnstrecke wird reaktiviert N ach mehr als 40 Jahren soll die S-Bahnstrecke der sogenannten Siemensbahn in Berlin reaktiviert werden. Die von 1927 bis 1929 erbaute S-Bahnstrecke verläuft über 4,5 Kilometer von Jungfernheide im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf bis nach Gartenfeld im Bezirk Spandau. Seit dem Reichsbahnerstreik im Jahr 1980 ist diese Strecke nicht mehr in Betrieb. In den kommenden Jahren soll der Innovationsund- Wissenschaftscampus „Siemensstadt 2 “ im Spandauer Ortsteil Siemensstadt mit rund 10.000 neuen Wohnungen entstehen. Deshalb soll die S-Bahnstrecke nun reaktiviert werden, um dieses neue Stadtviertel zu erschließen und schnelle Anschlüsse an den Hauptbahnhof und den Berliner Flughafen zu ermöglichen. Für das umfangreiche Projekt sind umfangreiche Planungsleistungen erforderlich. Da die zweigleisige, elektrifizierte Strecke und die vorhandene Infrastruktur seit gut 40 Jahren nicht mehr instandgehalten wurden, müssen Gleisanlagen und Oberbau vollständig erneuert werden. Für die bestehenden Bahndämme ist eine Erneuerung oder Ertüchtigung geplant. Gleiches gilt für Ingenieurbauwerke wie Eisenbahnüberführungen, Viadukte oder Stützbauwerke. Eine rund 70 Meter lange Brücke über die Spree muss neu gebaut werden. Im Bahnhof Jungfernheide ist ein drittes S-Bahn-Gleis geplant, das mit einer dritten Bahnsteigkante einschließlich Überdachung und Zugängen neu gebaut werden soll. Instandgesetzt werden müssen auch die Haltepunkte Wernerwerke und Siemensstadt sowie der Bahnhof Gartenfeld. Dabei müssen die Planungen teilweise spezielle Anforderungen erfüllen, denn die im Bezirk Spandau befindlichen baulichen Anlagen der Siemensbahn stehen seit 1995 unter Denkmalschutz. Das Ingenieurbüro Sweco übernimmt die Gesamtprojektleitung, die kaufmännische Federführung und die BIM-Gesamtkoordination des Auftragnehmers. Außerdem ist das Büro für die Objektplanung der Verkehrsanlagen, die Objekt- und Tragwerksplanung für Ingenieurbauwerke wie Stützbauwerke, Lärmschutzwände, Eisenbahnüberführungen und Bahnsteiganlagen, die Fachplanungen für Oberleitungen, Leit- und Sicherungstechnik sowie die Umweltplanung verantwortlich. Der Antrag zum Planrecht beim Eisenbahn-Bundesamt soll im Jahr 2024 eingereicht werden. Die Inbetriebnahme der reaktivierten S-Bahnstrecke der Siemensbahn ist für Ende 2029 geplant. www.sweco-gmbh.de Foto: DB AG Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 11 IM FOKUS verkehr.bremen.de asv.bremen.de MOBILITÄTS- VISIONÄRE GESUCHT! Wir suchen Menschen, die interdisziplinär planen, Mobilität kreativ denken und Projekte innovativ realisieren. Bewerben Sie sich jetzt als Planer: in oder Ingenieur: in! SB-21-093 RZ Anz_IntVerkehrswesen_210x139.indd 1 SB-21-093 RZ Anz_IntVerkehrswesen_210x139.indd 1 12.04.21 10: 02 12.04.21 10: 02 Testzug mit Digitaler Automatischer Kupplung unterwegs auf europäischen Bahnstrecken E in Zug mit neuartigen Digitalen Automatischen Kupplungen ist in einem mehrmonatigen Praxistest auf europäischen Bahnstrecken unterwegs. Die Digitale Automatische Kupplung (DAK) ist ein wesentlicher Bestandteil der Digitalisierung von Güterzügen und ein entscheidender Hebel, um die Schiene gegenüber der Straße wettbewerbsfähiger zu machen. Sie ermöglicht es, Güterwagen automatisch, also ohne Handarbeit zu kuppeln. Auch die Wagenverbindungen für die Bremsen werden automatisch hergestellt. Erstmals können Güterwagen mit durchgehenden Strom- und Datenleitungen ausgerüstet sein. Mit der DAK sind schnellere, automatisierte Rangierabläufe möglich. In Summe steigt die Kapazität von Umschlagbahnhöfen wesentlich. Güterzüge können mit der neuen Kupplungstechnik auch länger und schwerer werden, mit höherem Tempo als bisher unterwegs sein und dadurch im Schienenverkehr besser „mitschwimmen“. Das erhöht die Kapazität im Schienennetz. Die DAK soll also maßgeblich dazu beitragen, die europäischen Klimaziele zu erfüllen. Die Fahrt des „Güterzugs der Zukunft“ ging zunächst von Deutschland aus nach Österreich und anschließend in die Schweiz, weitere EU-Länder sollen folgen. Dabei wird die DAK in anderen Fahrsituationen erprobt, als dies in Deutschland möglich wäre. Dazu gehören stärkere Steigungen, engere Kurven oder andere klimatische Bedingungen. Der Praxistest soll die DAK zur Serienreife führen und Ende dieses Jahres abgeschlossen werden. Streckenfahrten in Deutschland und Kuppelversuche auf Rangierbahnhöfen fanden bereits in den vergangenen Monaten statt. Der Testzug ist Teil eines Forschungsprojekts, das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) finanziert wird. Daran beteiligt ist ein Konsortium aus der DB und ihrer Tochter DB Cargo, den schweizerischen und den österreichischen Güterbahnen SBB Cargo und Rail Cargo Austria sowie den Wagenhaltern Ermewa, GATX Rail Europe und VTG. Ziel ist die EU-weite Einführung der DAK. www.bmvi.de Foto: DB AG Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 12 „Die Zukunft liegt in kollaborativen Geschäftsmodellen“ Automobilproduktion, Digitalisierung, Elektrifizierung, Technologiewandel Die zunehmende Digitalisierung der Fahrzeuge, aber auch der rasante Technologiewechsel vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb verändern die individuelle Mobilität von Grund auf. Welche neuen Herausforderungen bringt das für etablierte Hersteller und Zulieferer in absehbarer Zukunft - gerade im Automobilland Deutschland? Einschätzungen von Prof. Dr. Ellen Enkel, Inhaberin des Lehrstuhls für Allgemeine BWL und Mobilität an der Universität Duisburg-Essen. Frau Professor Enkel, die grundlegende Veränderung im Automobilbau bemerken wir bereits täglich auf den Straßen: 2021 wurden mit rund 356.000 mehr PKW mit reinem Elektroantrieb neu zugelassen als jemals zuvor, doch die Gewinner sind ausschließlich Elektroauto-Anbieter wie Polestar, Tesla und Smart. Was kommt da auf die etablierten Autohersteller künftig noch zu? Bei modernen Fahrzeugen sehen wir, wie sich der Fokus vom Maschinenbau hin zu Elektrotechnik, Mechatronik und Software verschiebt - einerseits durch geänderte Anforderungen der Kunden, andererseits durch die Möglichkeiten, welche die Digitalisierung für Nutzer und Automobilindustrie bringt. Dieser neue Fokus bietet für Kunden wie für Industrie viel Potenzial - von prädiktiven Analysen der Ausfallwahrscheinlichkeit über „Over the air“-Updates von Softwarekomponenten bis hin zu neuen Sicherheits- und Komfort- Features in Fahrerassistenzsystemen. Für den Kunden unterscheiden sich Fahrzeuge künftig in den kundenindividuellen Services, eine Kaufentscheidung fällt kaum noch allein basierend aufgrund von Motorleistung, Verbrauch, Design oder Unterhaltskosten. Was bedeutet diese zunehmende Digitalisierung konkret für die Hersteller, also für OEMs und Zulieferer? Auf Produktionsseite bedeutet dies, dass mehr Elektronikbauteile und Sensoren für diese Dienstleistungen benötigt werden und die Automobilindustrie damit in Konkurrenz um Rohstoffe und Bauteile mit der IT-Industrie und anderen Maschinenbau-orientierten Industrien steht. Daher ist eine wichtige Kompetenz nicht mehr nur die Hardwareintegration diverser Zuliefererteile, sondern zunehmend die Softwareintegration: Aktuell haben PKW noch eine Vielzahl von Steuergeräten, die dann Funktionen wie die Klimatisierung, die Motorsteuerung, oder das ESP übernehmen. Eleganter und langfristig besser ist ein zentrales Steuergerät für sämtliche Funktionen, wie es Tesla bereits vormacht Der zunehmende Anteil an Elektrofahrzeugen, die die Gesamtkomplexität des Fahrzeugs und die Anzahl der Produktionsschritte verringern, beeinflusst die Produktionsabläufe ebenfalls. Das profunde Wissen traditionsreicher Autohersteller, wie man leistungsstarke Benzin- und Dieselmotoren bauen und weiter optimieren kann, verliert also weiter an Gewicht? Neue Akteure aus Asien, die aus der Informations- und Kommunikationstechnik, aus der Elektronikbranche kommen, betreten bereits den Automobilmarkt. Sie bringen ihre Expertise im Bereich Software-Integration ein und sind damit weit mehr als Nachahmer. Durch neue Wettbewerber, sowohl bei Elektroautos als auch beim autonomen Fahren, gibt es also viel neue und ernst zu nehmende Konkurrenz. Die Transformation zu Elektroautos führt zu massiv gesunkenen Markteintrittsbarrieren. Das ermöglicht es Startups und vor allem den asiatischen Newcomern, wettbewerbsfähige Produkte herzustellen, die erst in Asien Marktanteile erobern und mittlerweile auch nach Europa und Nordamerika ausgerollt werden. Foto: Jae Young Ju / iStock POLITIK Interview Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 13 Interview POLITIK Ist Elektromobilität nicht auch eine Frage des Zugangs zu speziellen Rohstoffen, wenn wir zum Beispiel an Seltene Erden für Batterien denken? Die Batteriehersteller sind ja bestrebt, zum einen das Batterie-Recycling auch in großindustriellen Maßstäben zu verbessern, um wertvolle Rohstoffe wie Kobalt oder Lithium wiederverwerten zu können, zum anderen durch neue Zell-Chemie den Anteil etwa von Kobalt in den Batterien zu verringern. Tesla fertigt in seiner chinesischen Giga-Factory bereits kobaltfreie Batterien. Die Autohersteller hierzulande wollen sich in Sachen Batterieproduktion unabhängiger machen von den zumeist asiatischen Zulieferern, indem sie neue Batterie-Fabriken in Europa bauen, auch in Deutschland - VW beispielsweise in Salzgitter, Stelantis in Saarbrücken. Mit zunehmender Elektrifizierung der Fahrzeuge müssen aber auch neue Lieferketten aufgebaut werden. Die Pandemie hat ohnehin viele über Jahre eingespielte Lieferketten unterbrochen ... Generell waren die Lieferketten in der Automobilbranche immer hervorragend abgestimmt. Aktuell sehen wir einen Trend zu Resilienz-Steigerungen, verstärkt durch die Einbrüche in der Corona- Pandemie. Die Chipkrise stellt ja aktuell ein großes Problem für die zeitnahe Produktion dar. Die Anzahl der verbauten Smart-Sensorik und -Aktuatorik nimmt durch Fahrerassistenzsysteme rasant zu. Höher automatisiertes Fahren in Stufe 4 oder 5 wird eine weitere Steigerung bringen müssen. Die OEM versuchen, sich robuster aufzustellen, indem erstens weniger Chips verbaut werden und zweitens mehr Flexibilität bei der Bandbreite verwendbarer Chiptypen erreicht werden soll. Auch bei diesem Thema soll der Hersteller Tesla der etablierten Konkurrenz voraus sein.. Wie lässt sich diese enorm anwachsende Vielfalt der Ersatzteile organisatorisch managen? Bisher ist Vielfalt kein so großes Problem, weil tendenziell durch die Elektromobilität die Vielfalt der mechanischen Bauteile sinkt, während die Anzahl der Sensor- und Softwarekomponenten langfristig steigt. Dies verlangt ein Umdenken bei der Fahrzeugwartung: Weniger mechanische Bauteile sind gleichbedeutend mit weniger Wartungsaufwand etwa bei Bremsen oder Betriebsstoffen, zugleich werden „Over the air“-Updates der Software ohne Werkstattbesuch oder Beteiligung der Kunden möglich. Allerdings könnten die ständig neuen, komplexen Funktionalitäten selbst eine höhere Serviceunterstützung erfordern. Werden Autos dann wegen ihrer überbordenden Elektronik zu kurzlebigen Wegwerfprodukten? Die Hersteller haben daran kein Interesse, weil gerade die Wertstabilität ein wichtiges Kriterium für die Gesamtkosten des Betriebs, die Total Cost of Ownership, und damit für die Attraktivität ihrer Produkte ist. Daher ist davon auszugehen, dass Fahrzeuge zunehmend Update-fähig gemacht werden, um die Software immer auf dem aktuellen Stand zu halten und neue Funktionalitäten zu ermöglichen. Außerdem könnten Elektronik und Software durch den Wegfall vieler einzelner Steuergeräte auch im „Second life“ besser beherrschbar werden. Vielleicht braucht das Auto künftig eine ähnliche Update-Politik wie das Smartphone, wo sicherheitsrelevante Updates „over the air“ bereitgestellt werden. Und vielleicht wird in Zukunft nicht immer gleich ein neues Auto, sondern eher eine neue Version des Betriebssystems verkauft oder im Abo angeboten. Durch die hohe Digitalisierung im Fahrzeug werden neue Geschäftsmodelle mit mehr regelmäßigem Kontakt zum Kunden möglich. Allerdings droht dann eine neue Abhängigkeit von Softwareunternehmen, im schlimmsten Fall sogar der Wegfall des direkten Kundenkontaktes, wenn Ride-Hailing-Unternehmen die Transportdienstleistung übernehmen und die OEMs nur noch die physischen Fahrzeuge herstellen. Das bedeutet, wer jetzt in der Fahrzeugindustrie kluge Entscheidungen für morgen treffen will, sieht sich völlig neuen Herausforderungen gegenüber? Tatsächlich steigt die Komplexität der strategischen Entscheidungsfindung in der Automobilindustrie, durch neue Möglichkeiten, und durch technische Herausforderungen in Bereichen wie Leichtbau, Abgasnachbehandlung, Brennstoffzellenleistung oder überhaupt Antriebstechnologie. Hier sind die Hersteller mit unterschiedlichen Strategien unterwegs: Toyota etwa verbleibt zunächst mit seinem Fokus auf Hybrid- und Wasserstoffantrieb, inzwischen auch batterieelektrischen PKW. Volkswagen hat seinen Fokus auf batterieelektrische PKW gelegt, während beispielsweise BMW Technologie-offen bleibt. Insgesamt haben sich deutsche Anbieter durch die CO 2 -Regulierung und Kaufprämien in Europa und in China auf den batterieelektrischen Antrieb fokussiert, während man auf den internationalen Märkten noch zwischen verschiedenen alternativen Antriebsformen hin und her pendelt. Wir sind also in einer Übergangsphase, in der die Automobilindustrie den Erlös, der für die Transformation zur Elektromobilität benötigt wird, hauptsächlich aus dem Verkauf traditioneller Antriebe generiert. Die Zukunft liegt aber klar in kollaborativen Geschäftsmodellen und neuen Technologien. In offenen Innovationsprozessen wird zunehmend mit Kunden, Zulieferern und Unternehmenspartnern kooperiert und entwickelt. Beispiel ist die Zusammenarbeit mit Start-ups zur Integration neuer Technologien und Geschäftsmodelle. Start-ups können dabei auch aus anderen Industrien kommen, aus der Gaming- oder Health-Industrie etwa, und radikale Innovationen ermöglichen. ■ Prof. Dr. Ellen Enkel lehrt am Lehrstuhl für allgemeine BWL und Mobilität der Universität Duisburg-Essen. Während ihrer Promotion in Wirtschaftspädagogik leitete sie parallel das Kompetenzzentrum Knowledge Source an den Instituten für Betriebswirtschaftslehre und für Wirtschaftsinformatik an der Universität St. Gallen in der Schweiz, zwischen 2003 und 2008 das Kompetenzzentrum Open Innovation am Institut für Technologiemanagement der Universität St. Gallen. Anschließend wurde Ellen Enkel als Professorin für Innovationsmanagement an die Zeppelin Universität in Friedrichshafen berufen. Dort war sie gleichzeitig Leiterin des Dr.-Manfred-Bischoff-Instituts für Innovationsmanagement der Airbus, begründete den berufsbegleitenden Masterstudiengang Digital Pioneering und begleitete hier zahlreiche studentische Start-ups. Im Jahr 2020 folgte der Ruf an die Universität Duisburg-Essen als Nachfolgerin von Prof. Ferdinand Dudenhöffer. ellen.enkel@uni-due.de ZUR PERSON POLITIK Klimaschutz Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 14 Bausteine für einen klimagerechten Verkehr Klimaschutz im Verkehr, Treibhausgase, Verkehrspolitik, Verkehrswende, Energiewende im Verkehr Der Verkehrssektor in Deutschland muss bis 2045 treibhausgasneutral sein. Bisherige Maßnahmen reichen aber noch nicht aus, um das für 2030 gesteckte Klimaschutzziel zu erreichen. Vorhergesagt ist eine Lücke beim Klimaschutz im Verkehr von 41 Mio. t CO2-Äquivalenten. Dieser Beitrag stellt acht Bausteine des Umweltbundesamtes (UBA) zum Schließen der Lücke vor: Effizienz und Elektrifizierung von PKW, Effizienz und Elektrifizierung schwerer Nutzfahrzeuge, Abbau klimaschädlicher Subventionen, verursachergerechte Bepreisung, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Ausbau der Schiene, Stärkung des Umweltverbunds und postfossile Kraftstoffe. Manuel Hendzlik, Martin Lange, Philipp Klöckner, Martin Lambrecht, Kilian Frey, Katrin Dziekan, Miriam-Dross, Martin Schmied M obilität ist ein unverzichtbarer Teil des täglichen Lebens. Der Verkehr ist jedoch auch einer der größten Verursacher von Treibhausgasen in Deutschland. Um den Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens und den Minderungsnotwendigkeiten nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) für 2030 gerecht zu werden, muss der Verkehr in Deutschland seine Treibhausgasemissionen bereits in den kommenden Jahren schnell und drastisch mindern (UBA 2021a). Dieser Text basiert auf einer umfangreicheren Darstellung des Umweltbundesamtes in deren Internetangebot. Treibhausgasemissionen und Klimaschutzziele des Verkehrs in Deutschland Im Jahr 2019 war der Verkehrssektor für rund 164 Millionen Tonnen (Mio. t) Treibhausgase (berechnet als CO 2 -Äquivalente; kurz: CO 2 -Äq.) verantwortlich und ist damit der einzige Sektor, der seine Treibhausgasemissionen seit 1990 nicht mindern konnte. Er trug mit einem Anteil von 20 % zu den Treibhausgasemissionen Deutschlands bei (1990: 13 %). Eine deutliche Verringerung der Emissionen brachte kurzfristig nur die Corona-Pandemie (rund 146 Mio. CO 2 -Äq. in 2020). Nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz müssen die Treibhausgasemissionen des Verkehrs auf 85 Mio. t CO 2 -Äq. im Jahr 2030 sinken - im Vergleich zum Jahr 2019 ist dies fast eine Halbierung (-48 %). Bis- zum Jahr 2045 muss Deutschland laut- KSG treibhausgasneutral werden, was für den Verkehrssektor die Reduktion der- Treibhausgasemissionen auf null bedeutet. Mit den bisher beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen können die Treibhausgasemissionen im Verkehr laut aktuellem Projektionsbericht der Bundesregierung auf rund 126 Mio. t CO 2 -Äq. in 2030 gesenkt werden (Bundesregierung 2021). Damit würde der Verkehrssektor sein Ziel von 85 Mio. t um rund 41 Mio. t CO 2 -Äq. verfehlen. Auch die im KSG festgelegten Emissionsziele für die einzelnen Jahre bis 2030 werden laut Projektionsbericht überschritten - beispielsweise im Jahr 2025 um 28 Mio. t CO 2 - Äq. Das erhöht den Druck auf die Politik, im Verkehrssektor nachzusteuern und bei allen Klimaschutzmaßnahmen ein deutlich höheres Tempo vorzulegen (Bild 1). Die Ergebnisse des Projektionsberichts dienen als Grundlage der hier vorgelegten Instrumente und Maßnahmen, also als Referenzentwicklung. Denn diese Projektion schließt bereits beschlossene Maßnahmen und erwartete Entwicklungen, wie etwa einen CO 2 -Preis von 125 EUR/ t CO 2 für das Jahr 2030, schon ein. Auch die beschlossenen europäischen CO 2 -Flottenzielwerte für PKW, leichte und schwere Nutzfahrzeuge werden in der Referenz eingerechnet, ebenso wie ein verhältnismäßig hoher Anteil erneuerbarer Kraftstoffe durch die nationale Umsetzung der Erneuerbare-Energie- Richtlinie (RED II) der EU. Der richtige Rahmen: Verkehrsrecht und Verkehrsplanung Das Straßenverkehrsrecht steht in seiner gegenwärtigen Form einer klimagerechten Mobilität im Weg. Es schränkt die Gestaltungsspielräume der Kommunen stark ein Bild 1: Treibhausgasemissionen im Verkehr in Deutschland, Projektionen 2021-2030 sowie Ziele nach Klimaschutzgesetz Quelle: Umweltbundesamt, Bundesregierung Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 15 Klimaschutz POLITIK und folgt im Wesentlichen der Prämisse von Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs mit einer starken Priorisierung des motorisierten Individualverkehrs. Die Hemmnisse für mehr Klimaschutz im Straßenverkehrsrecht sollten aufgelöst werden (UBA 2021b). Auf Bundesebene bedarf es einer integrierten Planung der Verkehrsinfrastruktur über alle Verkehrsträger hinweg. Die Planung sollte sich an den Klimaschutzzielen orientieren und im Voraus antizipieren, welche Infrastrukturen für mehr Klimaschutz im Verkehr erforderlich sind. Sicher ist, dass sich diese erheblich von den bestehenden unterscheiden werden. Auch weitere Nachhaltigkeitsaspekte wie soziale Verträglichkeit, Umweltschutz und Öffentlichkeitsbeteiligung sollten in die Planung einfließen. Hierfür ist eine gesetzliche Grundlage erforderlich. Dieses Gesetz sollte Vorgaben dafür enthalten, wie sich Personen- und Güterverkehr entwickeln sollen. Acht Bausteine für ambitionierten Klimaschutz im Verkehr Klimaverträglicher Verkehr verändert die Mobilität und erfordert ein Umdenken in vielen Bereichen. Es müssen verschiedene Hebel gleichzeitig bedient werden. Die notwendigen Maßnahmen lassen sich acht zentralen Bausteinen zuordnen, die ordnungsrechtliche, ökonomische sowie infrastrukturelle Instrumente enthalten (Bild 2). Jeder einzelne Baustein ist für einen klimaverträglichen Verkehr unverzichtbar, seine konkrete Ausgestaltung ist aber flexibel. Durch einen ausgewogenen Mix der Instrumente können Lasten, Kosten und notwendige Veränderungen zwischen Staat, Wirtschaft und Bürger*innen aufgeteilt und sozialverträglich gestaltet werden. Die im Folgenden vorgestellten Maßnahmen in den achten Bausteinen gehen über die bereits beschlossenen Maßnahmen der Bundesregierung hinaus - dies ist notwendig, um die Klimaschutzlücke 2030 zu schließen. Baustein 1: Effizienz und Elektrifizierung für PKW und leichte Nutzfahrzeuge Für PKW und leichte Nutzfahrzeuge (LNF) gibt es zwei Hebel für mehr Klimaschutz: eine höhere Effizienz und damit ein geringerer Energieverbrauch der Fahrzeuge sowie die Elektrifizierung der Antriebe. Um das Klimaschutzziel im KSG bis 2030 zu erfüllen, sind in Deutschland rund 16 Mio. Elektro-PKW und Elektro-LNF erforderlich, die Verbrennerfahrzeuge ersetzen. Die europäischen CO 2 -Standards für PKW und LNF sind wesentliche Treiber für einen Markthochlauf der Elektrofahrzeuge und für eine bessere Effizienz neuer Fahrzeuge. Allerdings müssten die Standards deutlich verschärft werden, um mehr Tempo in die Elektrifizierung der Fahrzeuge zu bringen. Eine Verschärfung der CO 2 -Standards auf 80 % bis 2030 gegenüber 2021 ist nach Analysen des UBA notwendig (heute: -37,5 % bei PKW und -31 % bei LNF bis 2030, Planung der EUKommission: -55 % bzw. -50 %). Außerdem bedarf es eines ambitionierten Zwischenziels für 2025 von -30 % gegenüber 2021 (heute: -15 %) sowie konkreter Ziele für alle Folgejahre bis 2030. Plug- In-Hybride sollten zudem nur noch mit einem realistischen durchschnittlichen elektrischen Fahranteil auf die CO 2 -Flottenzielwerte angerechnet werden. Die Alternative zu deutlich nachgeschärften CO 2 -Flottenzielwerten ist eine nationale E-Quote. Diese Quote von Elektrofahrzeugen an neuzugelassenen PKW und LNF müsste für ähnliche hohe Minderungen bei 40 % im Jahr 2025 und bei 85 % im Jahr 2030 liegen. Im EU-Recht sollte eine Möglichkeit zur Einführung nationaler E-Quoten verankert werden. Flankierend sollte ein Bonus-Malus-System für Neuwagen eingeführt werden, das die Kaufpreise für klimaschonende PKW senkt und klimaschädliche PKW verteuert, ohne dass Steuergelder dafür ausgegeben werden müssen. Baustein 2: Effizienz und Elektrifizierung für schwere Nutzfahrzeuge Schwere Nutzfahrzeuge (SNF) verursachen mehr als ein Viertel der deutschen Treibhausgasemissionen im Verkehr. Die Verlagerung von Straßengütertransporten auf klimaschonendere Verkehrsträger wie Bahn und Binnenschiff ist eine wichtige Klimaschutzmaßnahme. Allerdings würden selbst bei einer Verdopplung der heutigen Güterverkehrsleistung auf der Schiene bis 2030 noch immer knapp 60 % der gesamten Güterverkehrsleistung auf die Straße entfallen. Daher sind eine Steigerung der Effizienz von SNF sowie die Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs unverzichtbar. Um das Angebot an effizienten konventionellen bzw. elektrischen LKW auszuweiten und deren Marktanteile schnell zu steigern, müssten nach Berechnung des UBA die europäischen CO2-Flottenzielwerte für SNF auf -50 % gegenüber 2021 verschärft werden (derzeit -30 %, eine Revision der EU-Verordnung ist für 2022 vorgesehen). Zudem wären jährlich steigende Minderungsanforderungen für die Jahre zwischen 2025 und 2030 sinnvoll. Oberleitungshybrid-LKW sind die kostengünstigste und klimaschonendste Option für den Fernverkehr auf der Straße. Daher sollte unverzüglich mit dem Aufbau einer Oberleitungsinfrastruktur für LKW auf deutschen Autobahnen begonnen werden mit dem Ziel, bis 2030 in Summe rund 1.700-km zu elektrifizieren. Motor für eine nachhaltige Entwicklung des Schwerlastverkehrs kann die LKW-Maut sein. Zwingend erforderlich ist dann die Ausweitung der LKW-Maut auf alle Straßen und auf alle LKW ab 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht ab 2025 sowie die Integration einer zusätzlichen CO 2 -Komponente in die Mauttarife ab 2023. Baustein 3: Abbau klimaschädlicher Subventionen Der Abbau klimaschädlicher Subventionen ist zentral für das Erreichen von Klimaschutzzielen. Dieselprivileg, Dienstwagenbesteuerung, Entfernungspauschale und Subventionen für den Luftverkehr sind nicht nur umwelt- und klimaschädlich, sondern kosten den Staat viel Geld und haben häufig negative soziale Verteilungswir- 2 PKW: Elektrifizierung und Effizienz <<<<<<< Verschärfung CO 2 - Flottengrenzwerte Nationale E-Quote Bonus-Malus-System Verursachergerechte Bepreisung <<<<<<< CO 2 -Bepreisung PKW-Maut ab 2030 LKW: Elektrifizierung und Effizienz <<<<<<< Verschärfung CO 2 - Flottengrenzwerte LKW-Maut (CO 2 -Preis) Oberleitungs-LKW Abbau klimaschädlicher Subventionen <<<<<<< Dieselprivileg Dienstwagenprivileg Entfernungspauschale Luftverkehr Postfossile Kraftstoffe <<<<<<< Treibhausgasquote PtL-Quote für den Luftverkehr Stärkung Umweltverbund <<<<<<< Attraktiver ÖPNV Rad- und Fußverkehr Digitale Lösungen und Sharing Geschwindigkeitsbegrenzung <<<<<<< 120 km/ h auf Autobahnen 80 km/ h außerorts 30 km/ h innerorts Integrierte Verkehrsplanung Reform des Verkehrsrechts Rahmenbedingungen Bausteine Ausbau Schiene <<<<<<< Infrastrukturfonds Digitalisierung Schienengüterverkehr Bild 2: Bausteine für klimaverträglichen Verkehr Quelle: Umweltbundesamt POLITIK Klimaschutz Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 16 kungen (UBA 2021c). Ohne klimaschädliche Subventionen erhöht sich die Wettbewerbsfähigkeit umweltfreundlicher Verkehrsträger, so dass deren Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen wachsen kann. Darüber hinaus setzt die Abschaffung von Subventionen Anreize zu Verkehrsvermeidung. Der durch den Subventionsabbau geschaffene finanzielle Spielraum für den Staat sollte neben der Abfederung sozialer Härten (v. a. bei der Entfernungspauschale) für den Ausbau von Bus und Bahn genutzt werden. Konkret sollte die Subventionierung von Dienstwagen ab 2022 schrittweise abgebaut werden, um Steuerneutralität herbeizuführen. Kosten für private Fahrten mit dem Dienstwagen müssten dann die Fahrer*innen selbst tragen. Gleichzeitig sollte die Begünstigung von Plug-In Hybriden zeitnah entfallen, da ihr Beitrag zur Emissionsminderung klein ist. Die Energiesteuer für Diesel sollte ab 2023 schrittweise auf das Niveau der Energiesteuer von Benzin (bemessen am Energiegehalt) angehoben werden, wodurch das Dieselprivileg von heute 18,4 Cent pro Liter Diesel entfällt. Die Entfernungspauschale sollte 2027 abgeschafft werden. Um soziale Härten abzufedern, sollten Wegekosten in Härtefällen bei der Einkommenssteuer berücksichtigt werden. Umweltschädliche Subventionen für den Luftverkehr sollten parallel zur Weiterentwicklung ökonomischer Instrumente (z. B. Emissionshandel) zeitnah abgebaut werden. Das betrifft vor allem die Energiesteuerbefreiung von Kerosin, die Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge und die Subventionierung von Regionalflughäfen. Baustein 4: Verursachergerechte Bepreisung Wer einen Schaden verursacht, sollte diesen zahlen. Eine verursachergerechte Bepreisung von Klimaschäden hat großes Potenzial für Klimaschutz. Starke Wirkung entfaltet ein kontinuierlicher und planbar ansteigender CO 2 -Preis. Dieser sollte allerdings deutlich ambitionierter sein als aktuell im Gesetz über einen nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen (Brennstoffemissionshandelsgesetz - BEHG) beschlossen. So sollten die Fixpreise des BEHG von 2023 bis 2026 verdoppelt werden (z. B. 2023: 70 statt 35 Euro/ t CO 2 ) und im Jahr 2030 ein CO 2 -Preis von mindestens 200 bis 250 Euro / t erreicht werden (nominal). Die zusätzlichen Einnahmen werden für eine substantielle Absenkung der EEG- Umlage genutzt, um die CO 2 -Bepreisung sozialverträglich zu flankieren und gleichzeitig klimaverträgliche Antriebstechnologien zu fördern. Zusätzliche Einnahmen des Staates könnten zudem für eine Pro-Kopf- Klimaprämie an private Haushalte und Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr genutzt werden. Ein höherer CO 2 -Preis kann damit sozial gerecht ausgestaltet werden und führt nicht zwangsläufig zu Mehrkosten für die Bürger*innen. Beim Brennstoffemissionshandel ist zu bedenken: Mit einer steigenden Zahl an Elektrofahrzeugen nimmt die Steuerungswirkung von Energiesteuer und CO 2 -Preis ab. Mit sinkenden Benzin- und Dieselmengen werden die staatlichen Einnahmen zur Finanzierung des Verkehrs stark zurückgehen. Um die Finanzierungslücke zu schließen, sollte in den kommenden Jahren die Einführung einer fahrleistungsabhängigen PKW-Maut auf allen Straßen vorbereitet werden. Baustein 5: Geschwindigkeitsbegrenzungen Die Einführung allgemeiner Geschwindigkeitsbegrenzungen auf allen Straßen in Deutschland wäre ein kurzfristig realisierbarer, kostengünstiger und wirksamer Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen des Verkehrs. Zudem würde auch die Verkehrssicherheit erhöht und die Lärm- und Schadstoffemissionen gemindert. Konkret schlägt das Umweltbundesamt ein generelles Tempolimit von 120 km/ h auf Autobahnen, ein generelles Tempolimit von 80 km/ h außerorts und eine Regelgeschwindigkeit von 30 km/ h innerorts vor. Baustein 6: Ausbau Schiene Der Schienenverkehr spielt in einem klimaverträglichen Verkehrssystem eine tragende Rolle. Die Bundesregierung hat das Ziel, die Verkehrsleistung im Schienenpersonenverkehr bis 2030 zu verdoppeln und den Marktanteil des Schienengüterverkehrs auf 25 % (von heute 19 %) zu erhöhen. Das kann nur gelingen, wenn deutlich mehr Mittel in den Neu- und Ausbau der Schieneninfrastruktur investiert werden, unterstützt durch einen Infrastrukturfond. Auf bestimmten Hauptachsen sollten Güterverkehrstrassen prioritär geplant und mit digitaler Technik ausgestattet werden. Zudem muss die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Straße verbessert werden. Im Kombinierten Güterverkehr sind zusätzliche Terminals, die Weiterentwicklung der Verladetechnik und eine verbesserte Logistik zur flächendeckenden Erschließung erforderlich. Die Bahn muss wieder zuverlässig und attraktiv werden. Dazu gehört, dass der Fernverkehr im Hochgeschwindigkeitsverkehr Lücken schließt (Verlagerung von Kurzstreckenflügen), die Systemgeschwindigkeit im klassischen IC-Verkehr erhöht und vernachlässigte Mittelzentren besser eingebunden werden. Voraussetzung ist eine stärkere Digitalisierung der Infrastruktur, der Planungsprozesse und Produkte sowie ein Maßnahmenpaket zur Gewinnung von Fachkräften für Planung und Bau. Zusammenfassung der Bausteine für mehr Klimaschutz im Verkehr und deren zusätzliche Treibhausgasminderung Bausteine für Klimaschutz im Verkehr bis 2030 Zusätzliche Treibhausgasminderung (in Millionen Tonnen CO2-Äquivalente) Baustein 1: Effizienz und Elektrifizierung für PKW (inkl. leichte Nutzfahrzeuge) 13 bis 15 Baustein 2: Effizienz und Elektrifizierung für schwere Nutzfahrzeuge 7 bis 10 Baustein 3: Abbau klimaschädlicher Subventionen 5 bis 6 Baustein 4: Verursachergerechte Bepreisung 3 bis 5 Baustein 5: Geschwindigkeitsbegrenzungen 3 Baustein 6: Ausbau Schiene 3 bis 5 Baustein 7: Stärkung Umweltverbund 2 bis 3 Baustein 8: Postfossile Kraftstoffe keine Minderung zusätzlich zur Referenzentwicklung Insgesamt 36 bis 47 Tabelle 1: Vorschläge des UBA für Bausteine für einen klimaverträglichen Verkehr und Treibhausgasminderungen im Jahr 2030 gegenüber dem Projektionsbericht 2021 der Bundesregierung Quelle: Umweltbundesamt Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 17 Klimaschutz POLITIK Baustein 7: Stärkung Umweltverbund Kern eines klimaneutralen Verkehrssystems ist ein funktionierendes und nachhaltiges Angebot im Umweltverbund, also von Bussen und Bahnen, im Rad- und Fußverkehr sowie bei Sharing-Angeboten. Für einen attraktiven ÖPNV sollten die Regionalisierungsmittel erhöht und mehr Gelder für das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) zur Verfügung gestellt werden. Das ist eine wesentliche Grundlage für die Erweiterung des Angebots und die Steigerung der Qualität. Außerdem sind digitale Lösungen (z. B. Mobility as a Service) und flexiblere Bedienformen gerade in ländlichen Räumen (z. B. Rufbusse oder Ridepooling) nötig. Rad- und Fußverkehr sind nicht nur gesunde, aktive Verkehrsformen, sondern emissionsfrei. Rad- und Fußverkehr müssten daher noch stärker gefördert und in der Verkehrsplanung von Beginn an mitgedacht werden. Deshalb sollten die Maßnahmen, die der Nationale Radverkehrsplan vorsieht, zügig umgesetzt und darüber hinaus eine mit Finanzmitteln unterlegte nationale Fußverkehrsstrategie verabschiedet werden. Baustein 8: Postfossile Kraftstoffe Aus Sicht des UBA ist die Bedeutung postfossiler, alternativer Kraftstoffe wie Power-to- Liquid (PtL, auch E-Fuels) oder Power-to-Gas (PtG) zum Klimaschutz bis 2030 begrenzt: Die Herstellung von PtL und PtG ist deutlich teurer als andere postfossile Energieversorgungsoptionen. Zudem können bis 2030 nur kleine Mengen bereitgestellt werden - und diese sind bereits im Projektionsbericht eingerechnet. Zusätzliche Potential zur Schließung der Klimaschutzlücke 2030 werden daher nicht gesehen. PtL und PtG sind Alternativen v.a. für den internationalen Luft- und Seeverkehr und sollten vorrangig dort eingesetzt werden. Neue Instrumente, die den Einsatz von PtL/ PtG auf Straße und Schiene fördern, sind derzeit wenig sinnvoll. Auch eine Anrechnung von postfossilen Kraftstoffen auf die CO 2 -Flottenzielwerte ist nicht zielführend, denn dies behindert die Verbreitung hocheffizienter Fahrzeuge und den Markthochlauf der Elektromobilität. Biokraftstoffe können ebenfalls nur sehr begrenzt zu Treibhaushausminderungen im Verkehr beitragen, da die verfügbaren Mengen nachhaltiger Optionen aus Abfall- und Reststoffen stark beschränkt sind. Ihre Rolle sollte daher nicht weiter über die bereits beschlossenen Mengen hinaus gestärkt werden. Fazit: So gelingt Klimaschutz im-Verkehr - zielsicher und sozialverträglich Die acht vorgestellten Bausteine können in Summe die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors um zusätzlich rund 36 bis 47 Mio. t CO 2 -Äq. im Jahr 2030 reduzieren und damit die Lücke von 41 Mio. t CO 2 -Äq. zwischen der Referenzentwicklung des Projektionsbericht 2021 (126 Mio. t CO 2 -Äq.) und dem Ziel des Bundes-Klimaschutzgesetzes (85 Mio. t CO 2 -Äq.) schließen. Entscheidend ist dabei: Der Beitrag einzelner Bausteine ist zwar unterschiedlich hoch, aber keiner davon ist verzichtbar, wenn das Klimaschutzziel 2030 im Verkehr sicher und sozialverträglich erreicht werden soll (Tabelle 1). Verkehr und Verkehrsentwicklung gehen alle an. Daher kollidieren im Verkehrssektor so viele Interessen, Wünsche und Vorstellungen wie in kaum einem anderen Bereich. Klar ist: Eine Verkehrswende braucht mutige Entscheidungen mit Weitblick über 2030 hinaus. Die Entwicklung eines modernen und attraktiven Angebots für Schiene, öffentlichen Verkehr, für Rad- und Fußverkehr ist beispielweise nicht innerhalb weniger Jahre zu schaffen. Zudem ist Deutschlands Verkehrspolitik in einen europäischen Rahmen eingebunden, der durch seine Gesetzgebung die Richtung vorgibt und die Spielräume für einzelne Mitgliedsstaaten begrenzt, eigene Maßnahmen und Ambitionen zu realisieren. Umso wichtiger sind deshalb ambitionierte Ziele auch auf EU-Ebene. Klar ist auch: Die Anstrengung lohnt sich. Eine Wende im Verkehr hin zu aktiven, sozial gerechten, umwelt- und klimaschonenden Verkehrsformen bringt nicht nur die deutschen und europäischen Klimaschutzziele in Reichweite. Sie mindert gleichzeitig auch Lärm und Luftbelastungen, verringert den Flächenverbrauch und fördert die Verkehrssicherheit. Vor allem aber erhöht sie die Lebensqualität und macht den öffentlichen Raum zum Begegnungsraum für alle. ■ Martin Lange, Dr. Fachgebietsleiter Schadstoffminderung und Energieeinsparung im Verkehr, Umweltbundesamt, Dessau martin.lange@uba.de Philipp Klöckner Wissenschaftlicher Mitarbeiter Fachgebiet Schadstoffminderung und Energieeinsparung im Verkehr, Umweltbundesamt, Dessau philipp.kloeckner@uba.de Manuel Hendzlik Wissenschaftlicher Mitarbeiter Fachgebiet Umwelt und Verkehr, Umweltbundesamt, Dessau manuel.hendzlik@uba.de Kilian Frey Wissenschaftlicher Mitarbeiter Fachgebiet Umwelt und Verkehr, Umweltbundesamt, Dessau kilian.frey@uba.de Katrin Dziekan, Dr. Fachgebietsleiterin Umwelt und Verkehr, Umweltbundesamt, Dessau katrin.dziekan@uba.de Martin Lambrecht Wissenschaftlicher Mitarbeiter Fachgebiet Umwelt und Verkehr, Umweltbundesamt, Dessau martin.lambrecht@uba.de Miriam Dross Fachgebietsleiterin Nachhaltige Mobilität in Stadt und Land, Umweltbundesamt, Dessau miriam.dross@uba.de Martin Schmied Abteilungsleiter Verkehr, Lärm und räumliche Entwicklung, Umweltbundesamt, Dessau martin.schmied@uba.de Weiterführende Informationen und Kurzpapiere: www.umweltbundesamt.de/ themen/ verkehr-laerm/ klimaschutz-im-verkehr QUELLEN Bundesregierung (2021): Projektionsbericht 2021. www.bmuv.de/ download/ projektionsbericht-der-bundesregierung-2021 UBA (2021a): Treibhausgasminderung um 70 Prozent bis 2030: So kann es gehen! www.umweltbundesamt.de/ publikationen/ treibhausgasminderung-um-70-prozent-bis-2030 UBA (2021b): Damit das Recht dem Klimaschutz nicht im Weg steht - Vorschläge zur Beseitigung von Hemmnissen im Straßenverkehrsrecht. www.umweltbundesamt.de/ sites/ default/ files/ medien/ 366/ dokumente/ uba-kurzpapier_strassenverkehrsrecht_kliv_0.pdf UBA (2021c): Umweltschädliche Subventionen in Deutschland. www. umweltbundesamt.de/ publikationen/ umweltschaedliche-subventionen-in-deutschland-0 DAS FACHMAGAZIN FÜR DIE JACKENTASCHE Lesen Sie Internationales Verkehrswesen und International Transportation lieber auf dem Bildschirm? Dann stellen Sie doch Ihr laufendes Abo einfach von der gedruckten Ausgabe auf ePaper um - eine E-Mail an service@trialog.de genügt. Oder Sie bestellen Ihr neues Abonnement gleich als E-Abo. Ihr Vorteil: Überall und auf jedem Tablet oder Bildschirm haben Sie Ihre Fachzeitschrift für Mobilität immer griffbereit. www.internationales-verkehrswesen.de/ abonnement Trialog Publishers Verlagsgesellschaft | Baiersbronn | service@trialog.de ePaper-EAZ_IV_TranCit.indd 3 ePaper-EAZ_IV_TranCit.indd 3 11.11.2018 18: 27: 05 11.11.2018 18: 27: 05 Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 19 D ie derzeit besonders in Deutschland, Österreich und Luxemburg leidenschaftlich geführte Debatte über die Absicht der EU-Kommission, durch die Taxonomieverordnung Investitionen in Gasprojekte und Atomenergie unter bestimmten Umständen als nachhaltig einzustufen, ist nur die Spitze des Eisbergs. Wenn in Brüssel über die Umstellung von Wirtschaft und Verkehr auf nachhaltigere Kraftstoffe diskutiert wird, dann kommen seit Monaten immer wieder die gleichen Fragen auf: Welche Technologien und Treibstoffe sollen gesetzlich gepusht und welche zurückgedrängt werden? Für welche sollen Fördermittel gezahlt, für welche sollen solche Beihilfen beschränkt oder gar verboten werden? Welche Antriebsarten werden als „Brückentechnologien“ noch für eine Übergangszeit gebraucht und wie geht man gesetzgeberisch mit ihnen um? Das Thema taucht in sehr unterschiedlichen Gesetzesinitiativen auf und wird, je nach Zuständigkeit, von unterschiedlichen Fachministern und verschiedenen Ausschüssen im Europäischen Parlament diskutiert. Einige Beispiele, ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Eine Verordnung und eine Richtlinie zum Gas- und Wasserstoffmarkt sollen Rahmenbedingungen für die Abkehr von fossilen und die zunehmende Versorgung mit nachhaltigeren Gasen schaffen. Regeln für den Einsatz von Wasserstoff, E-Fuels aber auch Flüssigerdgas (LNG) im Verkehr sind jedoch auch in Gesetzesvorschlägen für alternative Schiffs- und Flugzeugtreibstoffe und für den Aufbau einer Infrastruktur für alternative Treibstoffe (AFIR) enthalten und ebenfalls in der Richtlinie über Energieeffizienz. Um die Herstellungsbedingungen solcher Kraftstoffe geht es in der Richtlinie für Erneuerbare Energien, um die Bedingungen für ihren Transport in der Richtlinie für transeuropäische Energienetze. Die Wirtschaftlichkeit einzelner Kraftstoffe wird von der geplanten Energiesteuerrichtlinie beeinflusst, ihre Förderfähigkeit von speziellen EU-Beihilfeleitlinien. Wie viel Geld bei Investoren eingesammelt werden kann, entscheiden Details in der eingangs erwähnten Taxonomieverordnung. Mit der Frage, was wie stark und wie lange gefördert werden soll, beschäftigt sich aber auch die EU-Wegekostenrichtlinie (Eurovignette). Selbst vor Annahme einer Entschließung zur Binnenschifffahrtspolitik wurde im Europäischen Parlament ausführlich diskutiert, welche Rolle LNG als Brückentechnologie spielen soll. Dass die Fragen des Förderns und Zurückdrängens in unterschiedlichen EU-Gesetzen letztlich unterschiedlich beantwortet werden, ist eine große Gefahr. So etwas verwirrt Transport- und Logistikunternehmen sowie Geldgeber und erschwert ihnen Investitionsentscheidungen, statt sie zu erleichtern. Im schlimmsten Fall widersprechen sich einige EU-Gesetze und bremsen sich aus. Für Europapolitiker ist es schwer, hier eine goldene Richtschnur für konsistente Vorgaben zu finden. Manche bezweifeln, dass es eine solche geben kann. Sie zu finden, wäre aber wichtig. Angesichts des immensen Finanzbedarfs müssen sich EU und Mitgliedstaaten auf dem Weg zur Klimaneutralität nämlich sehr gut überlegen, wofür sie Beihilfen zahlen. Subventionen für Brückentechnologien, die ins Nichts führen, können sie sich nicht leisten. Ein hilfreicher Ansatz könnte sein, so gut wie möglich vom Ende her zu denken - dem Ziel Klimaneutralität bis 2050 - und dann die Etappenziele festzulegen. Wenn die Einschätzung der Experten etwa lautet, dass LNG CO 2 -Einsparungen von rund 20 Prozent erlaubt, der Verkehr bis 2050 aber 90 Prozent einsparen muss, gibt das einen Hinweis, dass dieser Treibstoff nicht mehr allzu lange gefördert werden sollte. Beachtet werden muss aber auch - differenziert nach Verkehrsträger - welche Alternativen zu fossilen Kraftstoffen es überhaupt gibt, auf was Transportunternehmen also umsteigen können, wenn sie höheren Preisen etwa für Diesel oder Kerosin entgehen wollen. Wichtig für die Frage der öffentlichen Förderung sollte auch sein, wie gut sich - um bei dem Beispiel zu bleiben - LNG-Antriebe auf nachhaltigere Treibstoffe umrüsten lassen. Das entscheidet nämlich darüber, ob sich Investitionen in Brückentechnologien langfristig lohnen. Zwar sind höchstwahrscheinlich noch nicht alle Erfindungen gemacht, die nachhaltigeren Verkehr ermöglichen. Offenheit für neue Technologien ist nötig. Aber klar ist auch, dass sich öffentliche Förderung auf die Kraftstoffe und Antriebsformen konzentrieren muss, welche die größten Emissionseinsparungen versprechen. Nutzer anderer Brückentechnologien müssen diese ab einem gewissen Zeitpunkt dann selbst finanzieren. Eine günstige Brückentechnologie kann es übrigens sein, möglichst viel Energie zu sparen. Auch wenn das etwa bedeuten könnte, zu akzeptieren, dass Frachtschiffe langsamer ans Ziel kommen als gewohnt. ■ Frank Hütten EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Verkehrs-Zeitung B E R I C H T A U S B R Ü S S E L VON FRANK HÜTTEN Der schwierige Drahtseilakt zwischen Fördern und Verbieten Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 20 INFRASTRUKTUR Wissenschaft Der Baum an Landstraßen Ein Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit Baumunfälle, Ländererlass, Geschwindigkeitsüberwachung, Fahrzeug-Rückhaltesysteme, Geschwindigkeitsbeschränkung Seit 1995 werden Baumunfälle an Landstraßen bundesweit statistisch erfasst. Die Länder haben inzwischen viele Erfahrungen gesammelt und wurden nach ihren Erfahrungen, Hemmnissen und Problemen im Umgang mit diesen schweren Unfällen befragt. Die durchgeführten Gespräche zeigen, dass die Länder unterschiedlich stark betroffen sind. Die Analyse der Wirkungskontrolle von insgesamt 75 untersuchten Maßnahmen zeigt, dass die wirksamsten Maßnahmen zur Reduzierung dieser Unfälle sind: die Überwachung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, das Aufstellen von Fahrzeug-Rückhaltesystemen und das Aufstellen von Beschilderung, die die Linienführung für alle Verkehrsteilnehmende verdeutlicht. Jean Emmanuel Bakaba, Juliane Martin I m Jahr 2019 starben nach der amtlichen Statistik 3.046 Menschen bei Straßenverkehrsunfällen in Deutschland, davon ca. 58 % auf Landstraßen [1]. Unfälle auf Landstraßen sind durch eine besonders hohe Unfallschwere gekennzeichnet. Unfälle mit Aufprall an Bäume (Baumunfälle) werden seit 1995 explizit in der Verkehrsunfallstatistik polizeilich erfasst und in [1] dokumentiert. Seither stellen diese Unfälle mit ihren besonders schweren Verletzungsfolgen ein Problem für die Verkehrssicherheit dar. Dies zeigen die Unfallschwere und die durchschnittlichen Unfallkosten (Bild 1). Einige Bundesländer haben deswegen Programme initiiert, um Baumunfälle auf Bestandsstrecken möglichst zu vermeiden bzw. deren Folgen zu vermindern. Teilweise wurden aber auch Konzepte ausgearbeitet, die bei Neuplanungen zwischen den Belangen aus Verkehrssicherheit und kulturhistorischer Bedeutung von Alleen abwägen. Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat deshalb eine Studie [2] in Kooperation mit der Technischen Universität Dresden mit dem Ziel initiiert, Sicherheitsprogramme zur Vermeidung von Baumunfällen in den einzelnen Bundesländern systematisch zu erfassen und deren Wirksamkeit zu bewerten bzw. zu evaluieren. Dabei sollten auch Probleme bei der Umsetzung solcher Programme aufgezeigt werden. Methodik Dazu wurde zunächst eine Literaturrecherche zum Baumunfallgeschehen sowie zum Stand und zur praktischen Umsetzung des Regelwerkes (z. B. ESAB [3], RPS [4], M.-Uko [5]) durchgeführt. Hierfür wurden Gespräche mit den Straßenbauverwaltungen von jedem der 13 Flächenländer geführt. Inhalt der Gespräche war die Entwicklung der Verkehrssicherheitsarbeit in Bezug auf Baumunfälle seit der Einführung der Baumunfallstatistik im Jahre 1995 sowie aktuelle und zukünftige Strategien. Aus diesen Gesprächen konnten 75 Maßnahmen aus vier Bundesländern zusammengestellt werden, deren Wirksamkeit durch Vorher/ Nachher-Untersuchungen bewertet wurden. Darüber hinaus wurde eine Potentialabschätzung zur Vermeidung von Baumunfällen anhand einer Datenbank zum Baumbestand am Straßenrand vorgenommen. Bedeutung und Folgen von Baumunfällen im Ländervergleich Ein Vergleich der Baumunfall- und Verunglücktenzahlen sowie deren zeitliche Entwicklung über die letzten 25 Jahre zeigt, dass die Bundesländer unterschiedlich stark von Baumunfällen betroffen waren und sind. Vor allem in den Bundesländern im Norden und Osten des Landes verunglückt ein hoher Anteil der auf Landstraßen Getöteten bei Baumunfällen (Bild 2). Dies hängt zum Teil an der historischen Entwicklung des Straßennetzes und des Baumbestandes sowie an der Siedlungsdichte und den sich daraus ergebenden längeren Fahrweiten. Für einige Bundesländer sind Baumunfälle UKO 108, IG Sonderausgabe Schutzplanke Baum kein Aufprall Unfallschwere [Getötete/ 1.000 U(P)] Mittlere Unfallkosten [1.000 €/ U(P)] Unfallschwere [Getötete/ 1.000 U(P)] Mittlere Unfallkosten [1.000 €/ U(P)] 2019 1995 41 57 114 107 131 215 71 106 136 18 38 64 Bild 1: Unfallschwere und mittlere Unfallkosten nach Aufprallarten für 1995 und 2019 Quelle: UDV 2021 Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 21 Wissenschaft INFRASTRUKTUR seit Jahrzehnten das Hauptthema im Landstraßenbereich. Für andere Bundesländer gehören sie einfach neben anderen Sicherheitsproblemen (z. B. Motorrad, Wild) dazu. Die unterschiedlich starke Betroffenheit der Bundesländer spiegelt sich auch im Zeitpunkt des Beginns der intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema „Baumunfälle“ wider. Ob überhaupt Programme gegen Baumunfälle eingeführt wurden, ist durch die jeweilige Betroffenheit geprägt. Doch auch zwischen jenen Bundesländern, die aktiv geworden sind, gibt es große Unterschiede in Aufbau und Inhalt derartiger Programme (Programminitiator, enthaltene Maßnahmen, Wirkungskontrollen). Von geringem Einfluss auf die in den Programmen enthaltenen Maßnahmen ist hingegen, ob die Initiatoren dieser Programme die Straßenbehörden selbst sind oder die jeweiligen Ministerien (Tabelle 1). Bei der Umsetzung der Programme stehen die Straßenbehörden verschiedensten Problemen gegenüber. Dies sind Probleme bei der Nach- und Neupflanzung von Bäumen (u. a. erschwerter Grunderwerb, geeignete Baumstandorte, Baumkrankheiten, Klimawandel), bei der Umsetzung der konkreten Maßnahmen (u. a. Standort- und Systemwahl von Fahrzeug-Rückhaltesystemen (z.B. Schutzplanken), Widerstand gegen Maßnahmen) sowie übergeordnete Aspekte (u. a. Personalkürzungen in den Behörden). Wirksamkeit von Maßnahmen gegen Baumunfälle Im Rahmen des zugrundeliegenden Forschungsprojektes wurde eine Wirkungskontrolle an 75 Maßnahmen durchgeführt. Die Betrachtungszeiträume vor und nach der Umsetzung der Maßnahmen lagen bei drei Jahren. Die Maßnahmen wurden hinsichtlich der Zielsetzungen „Baumunfälle verhindern“ und „Baumunfallfolgen mindern“ bewertet (Tabelle 2). Besonders wirksame Maßnahmen, um Baumunfälle zu verhindern, sind die Überwachung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, das Aufstellen von Fahrzeug- Rückhaltesystemen (z. B. Schutzplanken) und das Aufstellen von Beschilderung, die die Linienführung verdeutlicht. Überholverbote und Änderungen am Baumbestand sind ebenfalls sehr wirksam, allerdings nur auf Grundlage einer geringen Stichprobe. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf. Geschwindigkeitsbeschränkungen, das Aufbringen von Fahrstreifenmarkierungen, die die Linienführung verdeutlichen sowie Maßnahmenkombinationen wurden als wirksam eingestuft. Maßnahmen der Deckensanierung und -erneuerung sind hingegen nur bedingt wirksam. Sie sollten von anderen Maßnahmen flankiert werden. Alle untersuchten Maßnahmen zeigten eine Wirksamkeit bezüglich des Ziels „Baumunfallfolgen mindern“. Unterschiedliche Fahrbahnbreiten und Baumabstände zeigten in der Untersuchung keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Maßnahmen. Dies zeigt, dass selbst in schmalen Straßenquerschnitten mit nah am Fahrbahnrand stehenden Bäumen wirksame Maßnahmen umsetzbar sind (z. B. Fahrzeug-Rückhaltesysteme, Geschwindigkeitsbeschränkung und ggf. deren Durchsetzung). Empfehlungen Aus den vorliegenden Ergebnissen lassen sich grundsätzliche Empfehlungen ableiten: •• Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit in von Baumunfällen verstärkt betroffenen Streckenabschnitten sind folgende Maßnahmen zu priorisieren: 1. Geschwindigkeitsüberwachung 2. Fahrzeug-Rückhaltesysteme 3. Maßnahmen zur Verdeutlichung der Linienführung durch Beschilderung (z. B. Kurventafeln und -schilder) und Markierung (z. B. Erneuerung, Mittelmarkierung) 4. Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit •• Überholverbot, Änderungen am Baumbestand und Kurvenbegradigungen haben sich ebenfalls als sehr wirksam gezeigt, jedoch bei einem jeweils kleinen Streckenkollektiv. •• Deckenerneuerungen zur Vermeidung von Baumunfällen sind nur bedingt wirksam. •• Eine zu späte oder gar keine Umsetzung beschlossener Maßnahmen ist zu vermeiden. Hier bedarf es klarer Vorgaben zum Vorgehen und zu verwaltungsinternen Prozessen durch Dienstanweisungen, Leitfäden oder Erlasse. •• In schmalen und sehr schmalen Querschnitten können Fahrzeug-Rückhaltesysteme auch bei kleinen Abständen eingesetzt werden (siehe auch Leitfaden für Sonderlösungen zum Baum- und Objektschutz an Landstraßen der BASt [6]). An solchen schmalen Bild 2: Auf Landstraßen Getötete im Jahr 2019 nach Bundesländern [1] Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 22 INFRASTRUKTUR Wissenschaft Querschnitten können Geschwindigkeitsbeschränkungen und deren Überwachungen kurzfristig Baumunfälle und ihre Folgen stark reduzieren. Für die Straßenbauverwaltungen der Länder wird Folgendes zusätzlich empfohlen: •• Es sollten Prioritätenlisten mit Maßnahmen vorgegeben werden, die bei Baumunfallauffälligkeiten anzuwenden sind. Dies kann durch Handlungsleitfäden oder Erlasse erfolgen. •• Auf Landesebene sollten Wirkungskontrollen zu umgesetzten Maßnahmen in den Landesprogrammen durchgeführt und ggf. angepasst werden. Ein Erfahrungsaustausch zwischen den örtlichen Unfallkommissionen zu wirksamen Maßnahmen sollte gefördert werden. •• Umzusetzende bzw. umgesetzte Maßnahmen sollten von einer verstärkten Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden, um das Verständnis für die Maßnahme und deren Befolgungsgrad zu erhöhen. •• Die Fachplanungsabteilungen sind sowohl finanziell als auch personell ausreichend abzusichern. •• Besonders im Umgang mit den immer komplexer werdenden Fahrzeug-Rückhaltesystemen und deren Anforderungen sollten die Mitarbeiter stärker geschult werden. Dies betrifft sowohl die Rechtssicherheit ihrer Planungen als auch den Umgang mit Hindernissen im Wirkungsbereich (Sonderlösungen). •• Die obersten Straßenbauverwaltungen der Länder sollen eigene Nachrüst-Programme für Fahrzeug- Rückhaltesysteme (z. B. Schutzplanken) nach dem Vorbild des bundesweiten Programmes aufsetzen. So kann das Baumunfallgeschehen auf Landes- und Staatsstraßen langfristig verringert werden. Bisher nicht auffällige, jedoch gefährdete Streckenabschnitte können dadurch präventiv geschützt werden. •• Die hier formulierten Empfehlungen und festgestellten wirksamen Maßnahmen gegen Baumunfälle sind in den „Bausteinen für einen Erlass gegen Baumunfälle“ zusammengefasst und können als Vorlage für die verwaltungsinterne Arbeit dienen. Diese können unter www.udv.de/ baumunfaelle heruntergeladen werden. ■ QUELLEN [1] Statistisches Bundesamt (Destatis 2020): Verkehr - Verkehrsunfälle 2019, Datenblätter UJ 19 aus den Jahren 1995 und 2018, 2019, Wiesbaden. [2] Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (2021). Forschungsbericht Nr. 74: Evaluation von Maßnahmenprogrammen ausgewählter Bundesländer gegen Baumunfälle - ISBN 978-3-948917-04-3; Lippold, C.; Martin, J.; Bakaba, J.E.; Berlin. [3] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. (FGSV 2006): Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäume (ESAB), 2006, Köln. [4] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. (FGSV 2009): Richtlinien für den passiven Schutz durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (RPS), 2009, Köln. [5] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. (FGSV 2012): Merkblatt zur Örtlichen Unfalluntersuchung in Unfallkommissionen (M Uko), 2012, Köln. [6] Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt 2017): Leitfaden für Sonderlösungen zum Baum- und Objektschutz an Landstraßen, 2017, Bergisch Gladbach. Jean Emmanuel Bakaba, Dr.-Ing. Referent Verkehrsinfrastruktur, Unfallforschung der-Versicherer, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V., Berlin e.bakaba@gdv.de Juliane Martin, Dipl.-Ing. Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Technische Universität Dresden juliane.martin@tu-dresden.de Maßnahmen aus Maßnahmenprogrammen des Verkehrsministeriums aus Maßnahmenprogrammen der Straßenbauverwaltung kein Programm vorhanden 1) BB BW BY MV NI NW RP SH HE SL SN ST TH Fahrzeug-Rückhaltesysteme ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja nein ja ja Geschwindigkeitsbeschänkung ja nein nein ja ja ja ja nein ja nein nein nein ja Geschwindigkeitsüberwachung ja nein nein ja ja ja nein nein nein nein nein nein nein Bäume entfernen nein ja ja nein 2) nein ja ja nein 4) nein nein nein ja ja Baumspiegel nein 2) nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein andere verkehrsrechtliche Maßnahmen (Markierungen, Überholverbote, Kurventafeln, etc.) ja nein nein ja nein ja ja nein nein nein ja nein nein Maßnahmen am Straßenkörper (Griffigkeit, Entwässerung, Trassierung) nein ja nein nein nein ja nein nein nein nein ja nein nein Öffentlichkeitsarbeit nein nein nein ja ja nein nein nein nein nein nein nein nein sonstige Maßnahmen nein nein nein nein ja 3) nein nein nein nein nein nein nein nein Wirkungskontrolle ja nein ja ja ja nein ja nein nein nein ja nein nein 1) angegeben sind die häufigsten Maßnahmen aus der Praxis; 2) seit Ende der 90er Jahre nicht mehr; 3) Dialog-Displays; 4) nicht an Landesstraßen 06 E v a l u a t i o n v o n L ä n d e r p r o g r a m m e n g e g e n B a u m u n f ä l l e | U n f a l l f o r s c h u n g k o m p a k t N r. 1 0 8 Einführung von Regelwerken Tabelle 1: Übersicht der Maßnahmen in Länderprogrammen Maßnahmen Baumunfälle verhindern **) Baumunfallfolgen mindern ***) kurzfristige Maßnahmen Überwachung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit +++ +++ Verdeutlichung der Linienführung durch Beschilderung +++ ++ Verdeutlichung der Linienführung durch Markierung ++ ++ Geschwindigkeitsbeschränkung ++ ++ Überholverbot *) +++ +++ Änderung am Baumbestand*) +++ +++ mittelfristige Maßnahmen Fahrzeug-Rückhaltesysteme +++ +++ Deckenerneuerung + ++ +++ sehr wirksam ++ wirksam + bedingt wirksam; *) hohe Wirkung bei geringer Stichprobe; **) bezogen auf die Unfallkosten der Baumunfälle mit schwerem Personenschaden UKa(SP, Baum); ***) bezogen auf die schwerste Unfallfolge des Betrachtungszeitraumes Tabelle 2: Übersicht zur Wirksamkeit von untersuchten Maßnahmen gegen Baumunfälle Internationales Verkehrswesen (74) 2 | 2022 23 Straßenbau INFRASTRUKTUR Vor 100 Jahren: War die Avus die erste Autobahn? Autostraße, Schnellfahrstrecke, Rennstrecke Motiviert durch Misserfolge bei Automobil-Rennsportveranstaltungen forcierte die deutsche Monarchie unter Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1909 die Gründung der Automobil-, Verkehrs- und Übungsstraße (Avus) GmbH. Die kombinierte Automobil-Rennstrecke bzw. Schnellverkehrsstraße, die heute den nördlichen Teil der Autobahn A 115 bildet, wurde aufgrund des Ersten Weltkriegs erst am 24. und 25.09.1921 eingeweiht und gilt als zentraler Vorläufer der Autobahnen. Bis 1998 stand die Strecke für international beachtete Rennsporterfolge. Zeitgleich mit dem Bau ihres Anschlusses an den Berliner (Außen-)Ring erhielt die Avus die Klassifizierung einer Reichsautobahn. War also die Avus die weltweit erste Autobahn? - Teil-2-des zweiteiligen Artikels: Reichsautobahn - und wieder Rennstrecke. Wolfgang F. Jäger B ereits im Dezember 1934 schlug der Regierungspräsident in Potsdam vor, dass „eine Zubringerautobahn bis zur Südschleife Avus über Jagdschloss Stern gebaut wird [...] Im übrigen wäre die Avus für den allgemeinen Verkehr freizugeben, um auf diese Weise den auf der Charlottenburger-Chaussee - Kaiserdamm gehenden Ausfallverkehr frühzeitig abzuleiten“ [R- 2/ 21394, Bl. 22]. Im Dezember 1936 gab die Behörde „Der Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen“ (GI) im Fall der Südverlängerung der Avus ihre bis dahin geübte Zurückhaltung auf, Autobahnen auch innerhalb des Berliner Rings zuzulassen. Grund hierfür waren Forderungen des Regierungspräsidiums und der Stadt Potsdam, die nach Eröffnung der Autobahnen aus Richtung München und Frankfurt a. M. mit einer erheblich gesteigerten innerstädtischen Verkehrsbelastung rechneten. Der GI ging anfangs davon aus, dass „die Stadt Berlin von sich aus die rechtlichen Voraussetzungen schaffen wird, dass die Avus bei Fertigstellung dieses Zubringers für den öffentlichen Verkehr wie die Reichsautobahn unentgeltlich benützbar wird [...], allerdings unter Belassung der Südschleife, damit eine Verwendung der Avus zu besonderen Veranstaltungen und Rennen offengehalten wird“ [R 4601/ 986, Bl. 73]. Mithin die Oberste Nationale Sportbehörde (ONS) setzte sich ab 1938 jedoch dafür ein, die Avus zur Attraktivitätssteigerung zu verkürzen, weshalb die Oberste Bauleitung der Reichsautobahnen (OBR) Berlin beauftragt wurde, eine Verlegung der bisherigen Südschleife (Bild 9) zu planen und mit der Avus AG Übernahmeverhandlungen für alle Anlagen (einschließlich der Nordkurve) zu führen. Die 1939 bis 1941 gebaute, nie vollendete Süd-Steilkurve im Grunewald Bis Ende Januar 1939 ging man von einer Lage der neuen Südkurve nördlich des Großen Sterns (Anschlussstelle Hüttenweg) aus, verlegte diese aufgrund anderweitiger Planungen des Generalbauinspektors (GBI) jedoch äußerst kurzfristig in das Forstareal nördlich der Havelchaussee (Bild 10). Die Dammschüttungen an der neuen Süd-Steilkurve begannen im Februar 1939, wobei der Gesamtbodenbedarf genau der Menge entsprach, die beim Bau des nördlichen Teils des Avus-Zubringers frei wurde und ohnehin hätte abgelagert werden müssen. In seinen Berechnungen von April 1939 formulierte GI-Mitarbeiter Fritz Heller das Ziel: „Durch die Anlage einer neuen südlichen Bild 9: Ehemaliges Avus-Südtor (1921-1939) mit Zahlstelle in der Nähe der Spanischen Allee, zugleich Ein- und Ausfahrt für Fahrzeuge aus und in Richtung Wannsee Quelle: Kubisch/ Rietner 1987, S. 16 Bild 10: Lageplan der heute lediglich in der Dammschüttung hergestellten Avus-Südkurve nördlich der Havelchaussee vom Februar 1941 Quelle: Bundesarchiv Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 24 INFRASTRUKTUR Straßenbau Wendekurve für die Avus-Rennstrecke sollen die technischen Voraussetzungen geschaffen werden, um den Rennen auf der Avus ihre rennsportliche Bedeutung und damit ihren repräsentativen Charakter zu erhalten“ [R 4601/ 968, Bl. 150-158]. Heller gewährleistete dies durch Trassierungselemente von A ~ 191 m / R = 108 m / A ~ 191 m in der rund 680 m langen Wende-Steilkurve mit partiell parabelförmiger Querneigung (Bilder 11 und 12). Für die Detailvisualisierung der Süd- Steilkurve wurde im Grunewald ab April 1939 ein Modell 1: 100 (Bild 13) angefertigt, wobei in Verbindung mit diesem Modell bis Januar 1940 die vorläufige Entwurfsplanung aufgestellt wurde. Nach weiterer Optimierung der Planung hätten im Scheitelbereich schließlich Fahrgeschwindigkeiten von bis zu 380 km/ h erreicht werden können. Während die Erdarbeiten weiterliefen, stellte der GI im April 1940 die Herstellung der Fahrbahndecke kriegsbedingt bis auf weiteres zurück. Vorgesehen war zu diesem Zeitpunkt entweder eine Fahrbahndecke aus Kleinpflaster in Beton (wie in der Wendekurve am Leipziger Dreieck) oder alternativ eine Fahrbahn aus Klinker auf Beton (wie bei der Avus-Nordkurve). Im Oktober 1940 waren der Tribünensowie der bis zu 10 m hohe Südkurven-Wall fertig geschüttet, wobei die Humusandeckung noch bis Frühjahr 1941 durchgeführt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Bauarbeiten nicht wieder aufgenommen. Die seinerzeit erbrachten Erdbauleistungen sind heute noch im Grunewald erkennbar. ▲ Bild 12: Querschnitt der ehemals geplanten Avus-Südkurve mit folgenden Werten im Scheitelkreis: δ ~ 1,15° (qδ = 2,0 %) sowie γ = 45° (qγ = 100,0 %) und vorläufiger max. v = 234 km/ h (Stand: April 1939) Quelle: R 4601/ 986, Bl. 156 ◀ Bild 11: Lageskizze mit Trassierungselementen der ehem. geplanten Avus-Südkurve, Stand: April 1939 Quelle: R 4601/ 986, Bl. 151 Bild 13: Modell 1: 100 der ehemals geplanten Avus-Südkurve im Grunewald im August 1939 (vorne rechts eine geplante Zuschauer-Tribüne) Quelle: R 4601/ 986, Bl. 163 Internationales Verkehrswesen (74) 2 | 2022 25 Straßenbau INFRASTRUKTUR Mit dem Anschluss an den Berliner Ring wird die Avus zur Autobahn Die Bauarbeiten für die neue Autobahnverbindung von der ursprünglichen Avus-Südschleife (am Bahnhof Nikolassee) bis zum Berliner (Autobahn-)Ring (Bild 14) wurden zwar vergleichsweise spät, dann aber sehr zügig in Bau genommen: Im April 1938 begannen die Erdarbeiten im heutigen Land Brandenburg südlich der Berliner Stadtgrenze bis zum Dreieck Nuthetal. Im Juni 1938 war erstmals Baubeginn auf Berliner Stadtgebiet vom Kleeblatt Zehlendorf in Richtung Königsweg (Stadtgrenze). Ab August 1938 war auch das hinsichtlich des Brückenbaus sehr aufwändige Teilstück vom Bahnhof Nikolassee bis zum Zehlendorfer Kleeblatt in Bau; und ab November 1938 begannen schließlich die Bauarbeiten auf Grund und Boden der Avus mit dem Abbruch der Südschleife und der Tieferlegung der späteren Autobahngradiente in diesem Bereich. Die drei letzteren Teilstücke sind deshalb von besonderem Interesse, da hier erstmals in einer deutschen Stadt eine Autobahn mit reduzierten Entwurfsparametern in der Linienführung - wie für eine Stadtautobahn üblich - gebaut worden ist. Der GI schrieb im Dezember 1936 u. a. zur Linienführung: „Ich lasse hierfür der Einzelbearbeitung freie Hand, bitte jedoch, bedacht zu sein, den Charakter einer Autobahn (etwa nach Klasse III) möglichst auf der ganzen Linie zu erhalten. Als Querschnitt bitte ich, sowohl den Regelquerschnitt, wie auch einen verringerten Querschnitt mit 12 m zusammenhängender Fahrbahnbreite und insgesamt 16 m Planumsbreite wahlweise bei der Untersuchung zu prüfen. Der [Avus-]Zubringer ist jedoch auf alle Fälle kreuzungsfrei zu führen“ [R 4601/ 968, Bl. 58]. Die Entwurfsklasse III war ursprünglich ausschließlich für Autobahnen im Bergland mit Mindestradien von R = 300 m konzipiert [Jäger 2013, S. 80]. Tatsächlich konnte beim Avus-Zubringer ein Verzicht auf den begrünten Mittelstreifen abgewendet werden. Der kleinste verwendete Radius nördlich der Potsdamer Chaussee ist mit R = 260 m aber kleiner, als die damaligen Richtlinien es zuließen. Am 01.12.1939 erfolgte der Besitzübergang der Avus an das Unternehmen „Reichsautobahnen“, mit dem zeitgleich alle Benutzungsgebühren auf der Avus entfielen und die Avus formal die Klassifizierung einer Reichsautobahn erhielt. Ohnehin war infolge des am 01.09.1939 begonnenen Zweiten Weltkriegs (1939 bis 1945) der zivile Autoverkehr auf der Avus auf einen bis dato nicht gekannten Niedrigststand zurückgegangen. Der Anschluss der Avus an den Außenring, also an die heutige BAB A 10, erfolgte in zwei Etappen: Nachdem mit der Verkehrsfreigabe am 23.09.1940 die Hauptstadt südlich des Kleeblatts Zehlendorf (Bilder 15 und 16) eine neue Autobahnverbindung an den Berliner Ring erhalten hatte, erfolgte im Juni 1941 die Eröffnung des baulich sehr aufwändigen Lückenschlusses zwischen der Anschlussstelle Nikolassee (heute: Spanische Allee) und dem Kleeblatt Zehlendorf. Die seit 1938 geführten Verhandlungen der OBR Berlin mit der Avus AG wurden auch nach dem 01.12.1939, dem Tag des Besitzübergangs der Avus auf das Unternehmen „Reichsautobahnen“, fortgeführt. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung der Avus AG im Januar 1941 wurde der Vertrag genehmigt, die Avus mit allen ihren Anlagen und Gebäuden für 2,8 Mio. RM in das Eigentum des Deutschen Reichs übergehen zu lassen. Bild 14: Lageskizze des Anschlusses der Avus an den Berliner Ring, Stand vom Februar 1939 Quelle: Gabriel 2010, S. 330 Bild 15: Gesamtansicht des Original-Kreuzungsbauwerks im Kleeblatt Zehlendorf (Bauwerk 271, Baujahr 1938-40) vor dessen Ersatzneubau 2017/ 18, Aufnahme vom September 2016 Foto: Wolfgang F. Jäger Bild 16: Massivität auf sehr schlanken Pfeilern: Blick unter das Kreuzungsbauwerk im Kleeblatt Zehlendorf (Baujahr 1938-40, Prellschlagbearbeitung) vor dessen Ersatzneubau 2017/ 18, Aufnahme vom September 2016 Foto: Wolfgang F. Jäger Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 26 INFRASTRUKTUR Straßenbau Nach dem Zweiten Weltkrieg steigt die Avus-Rennstrecke zu neuem Glanz auf Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war an Motorsport in den alliierten Besatzungszonen Deutschlands zunächst nicht zu denken. Das Avus-Verwaltungsgebäude, die Tribünen und das Nordtor waren ausgebrannt. Allein die Avus-Nordkurve, in deren Zentrum während des Kriegs zahlreiche Not- Baracken errichtet worden waren, hatte den Zusammenbruch fast unbeschädigt überstanden. Die Avus selbst lag teilweise im britischen, teilweise im amerikanischen Sektor Berlins, war zwar für den Zivilverkehr geöffnet, jedoch aufgrund des schlechten Zustands der Fahrbahndecke für Rennsportveranstaltungen unbrauchbar. Auf Druck der Berliner Öffentlichkeit berief der Magistrat am 19.12.1950 einen Ausschuss ein mit dem Ziel, die Avus zwischen Nordkurve und Motorradschleife wieder für Autorennen nutzbar zu machen. Nach zweimonatiger Sanierung fand am 01.07.1951 mit dem Internationalen Avus-Rennen das erste Autorennen der Nachkriegszeit statt. Mit 330.000 Zuschauern war es zugleich das meistbesuchte Autorennen, das es auf der Avus jemals gegeben hatte. Zugleich stand die Avus im Zenit ihres Beliebtheits- und Bekanntheitsgrads. Bild 17 zeigt die Avus-Nordkurve im Jahr 1953. Mangels Fertigstellung der Südkurve an der Havelchaussee wurde bei den Rennveranstaltungen ab 1951 in der Regel an der sogenannten Motorradkurve nördlich des Großen Sterns (Anschlussstelle Hüttenweg) gewendet. Bis 1967 genehmigte die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe die Rennen auf diesem verkürzten Teil unter Nutzung der legendären Nordkurve. Mit wachsender Zahl von Unfällen, von denen einige sogar tödlich ausgingen, hatte die Motorsportbehörde, Fédération Internationale de l’Automobile (FIA), Steilkurven als sehr gefährlich und nicht mehr zeitgemäß eingestuft. Überhaupt entsprachen geradlinige Hochgeschwindigkeitskurse nicht mehr den Anforderungen des Rennsports. Am 10.09.1967 fand dann auf der Nordkurve das letzte Autorennen statt, worauf diese dem letzten Bauabschnitt des heutigen Autobahndreiecks Funkturm zu weichen hatte. Der Anschluss der Avus an den Stadtring Berlin (heutige BAB A 100) wurde am 11.08.1971 für den Verkehr freigegeben. Im gleichen Zusammenhang ist auch die neue Nord-Flachkurve gebaut worden, die fortan bei den Rennveranstaltungen genutzt wurde. Zwischen 1951 und 1998 (außer 1957, 1960/ 61, 1968-1970, 1972, 1979 und 1981) fand mindestens einmal im Jahr ein Autorennen statt, organisiert vor allem durch den ADAC, den AvD oder den DMV. Bild 18 zeigt die Impressionen am Nordende der Avus etwa im Jahre 1960. Das letzte Autorennen auf der Avus fand am 02./ 03.05.1998 statt (Internationales ADAC-Avus-Rennen um den Großen Preis der B.-Z.). Temporäre Sperrungen der Avus für Rennveranstaltungen waren nach der Wiedervereinigung Deutschlands zunehmend problematischer geworden. Als Ersatz für die Avus gilt seit 2000 der Euro- Speedway Lausitz. War die Avus die erste Autobahn der Welt? Paul Hafen führt 1956 in seinem Werk „Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen“ die Avus konsequenterweise als „Vorläufer der Autobahnen“ auf [Hafen 1956, S. 1-35]. Als Autobahnvorläufer wird der exklusive Schnellverkehrsweg für das Automobil bezeichnet, der - im Gegensatz zur Eisenbahn - erst in einem jahrzehntelangen Entwicklungsprozess in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden ist und der zur Weiterentwicklung diente, bis allgemeine Entwurfsstandards auf dem Weg zur Straßenklassifizierung Autobahn sich immer mehr festigten. Dabei können Begriffe wie Nur-Autostraßen, Autobahnvorläufer oder Kraftfahrzeugstraßen in der Regel gleichgesetzt werden, da diesen Verkehrswegen - ihre Anbaufreiheit vorausgesetzt - häufig Bild 17: Impressionen am Nordende der Avus im Jahre 1953 mit Funkturm, Avus-Verwaltungsgebäude und mit Fahrradfahrern auf der Avus-Nordkurve Quelle: Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz Bild 18: Nochmals Impressionen am Nordende der Avus mit Funkturm, Avus-Tribüne und Avus-Verwaltungsgebäude etwa 1960 Quelle: Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz noch ein Kriterium oder mehrere Kriterien fehlen, die nach allgemeinen Erwartungen im 20. Jahrhundert für eine Autobahn benötigt werden. Auch sind bei der Vielzahl der sogenannten Autobahnvorläufer tatsächlich nur die wenigsten in ihrer ursprünglich geplanten Weise baulich verwirklicht worden, was an sich schon zeigt, welche Breite von Ideen diesen langjährigen Entwicklungsprozess begleitet hat. In den verschiedenen Teilen der Literatur und in den Medien wird anlässlich von Jubiläen oder sonstigen Anlässen immer hervorgehoben, dass der eine oder der andere Verkehrsweg „die erste Autobahn der Welt“ gewesen sei. Naturgemäß geht es der Berliner Avus ebenso. Und selbstverständlich sind damit vielerorts Emotionen verbunden, offenkundig mit der Befürchtung, dass allein schon der Hinweis, dass der eine oder andere Verkehrsweg partiell ein honoriger Meilenstein in der Entwicklungsgeschichte der späteren Autobahnen war, einen noch so geringen „Imageverlust“ bedeuten könnte. Das ist aber eben gerade bei der Avus, die bekanntermaßen in ihrer zweibahnigen Eisenbahn-Parallellage im Grunde genommen unverändert in das spätere Netz der Autobahn integriert wurde, selbstverständlich nicht der Fall! Grundsätzlich sollen an dieser Stelle aber noch keine Wertungen vorgenommen werden, da hierzu in den kommenden Jahren weitere wissenschaftliche Beiträge geplant sind. Gleichwohl fällt auf, dass in unserer globalisierten Welt eine wirklich umfassende ingenieurwissenschaftliche Dokumentation der jeweiligen Entwicklungen hinsichtlich der nationalen Automobil-Schnellverkehrswege noch nicht stattgefunden hat. Bei der FGSV hat deren Querschnittsausschuss QA- 5 „Geschichte des Straßen- und Verkehrswesens“ mit seiner langjährigen Veröffentlichungsreihe vor allem unter der Redaktion von Wolfgang Wirth dazu beigetragen, einen wesentlichen und sehr umfangreichen Teil dieses historischen Prozesses zu analysieren. Außerdem ist am 22.01.2020 in München der FGSV-Querschnittskreis QK 5.1 Autobahngeschichte gegründet worden, der mithin zur Erforschung von historischen Verbindungslinien zu übergreifenden nationalen und internationalen Entwicklungstendenzen eingerichtet wurde. Im Jahr 2020 hat sich der neu eingerichtete QK 5.1 zunächst vor allem mit grundsätzlichen Fragen beschäftigt. Ausblick Auf der Avus und in deren Umfeld stehen im laufenden Jahrzehnt erneut umfangreiche Sanierungs-, Um- und Ausbaumaßnahmen an. Als bedeutendstes Projekt ist vor allem der geplante Umbau des Autobahndreiecks Funkturm zu nennen, dessen Kreuzungsbauwerke nach mehr als 50-jähriger Nutzung des Neubaus entsprechender Ersatzbauten bedürfen. Zudem ist im Bereich der derzeit noch bestehenden Nord-Flachkurve eine Linienverlegung der BAB A 115 erforderlich, so dass den berühmten und unter Denkmalschutz stehenden Avus-Gebäuden (Avus-Tribüne und Avus-Rundbau) in naher Zukunft eine merkliche und sichtbare Wandlung bevorstehen wird. Nach dem Stand der Planungen sollen sowohl der Avus-Rundbau als auch die Avus-Tribüne erhalten bleiben. Vorgesehene Konzepte, die die Namen „Tor zu Berlin“ bzw. „Stadteingang West“ tragen und auch ein Avus- Museum vorsehen, sind sehr verheißungsvoll. Es bleibt zu hoffen, dass dieses infrastrukturell erforderliche Zukunftsprojekt derart behutsam erfolgen wird, dass die Entwickler sich städtebaulich der historischen Bedeutung dieses Orts bewusst sind und dass zusätzlich die bis zu 100 Jahre alten städtebaulichen Grundriss-Elemente der legendären Nordkurve oder des ehemaligen Nordtors in moderner Form wieder aufgegriffen werden können. ■ Besonderer Dank gilt Herrn Peter Gombar aus Grafing b. München für die Bearbeitung und Restaurierung von Bildern und Zeichnungen. LITERATUR Bundesarchiv-Bestände R 4601 „Der Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen“ (GI) sowie R 4602 „Reichsautobahnen-Direktion“ (RAB-Dir.) (und weitere) Gabriel, Roland (2010): Dem Auto eine Bahn - Deutsche ‚Nurautostraßen’ vor 1933. Archiv für die Geschichte des Straßen- und Verkehrswesens, Heft 23, Köln: FGSV-Verlag Hafen, Paul (1956): Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen. Forschungsarbeiten aus dem Straßenwesen, Neue Folge Band 19, für die FGSV e. V., Goerner, Ernst (Hrsg.), Bonn: Ferdinand-Dümmlers- Verlag Jäger; Wolfgang F. (2013): Der Streckenentwurf der Reichsautobahnen - Eine ingenieurtechnische Analyse auf der Grundlage ausgewählter Archivbestände. Archiv für die Geschichte des Straßen- und Verkehrswesens, Heft 26, Köln: FGSV-Verlag Kalender, Ural (2012): Die Geschichte der Verkehrsplanung Berlins. Archiv für die Geschichte des Straßen- und Verkehrswesens, Heft 24, Köln: FGSV-Verlag Kirchner, Axel (2008): Die Avus - Deutschlands legendäre Rennstrecke - Acht Jahrzehnte Motorsport. Bielefeld: Delius-Klasing-Verlag Kubisch, Ulrich; Rietner, Gert (1987): Die Avus im Rückspiegel. Berlin: Elefanten-Press Wirth, Wolfgang (2019): Gesamtkunstwerk Straße - Die Geschichte des Autobahnpioniers Hans Lorenz. München: Franz-Schiermeier-Verlag Wolfgang F. Jäger, Dr.-Ing. Leiter FGSV-Querschnittskreis QK 5.1 Autobahngeschichte, Bruchköbel buero.dr.jaeger@gmx.de IDEEN FÜR DIE STADT VON MORGEN www.transforming-cities.de/ einzelheft-bestellen www.transforming-cities.de/ magazin-abonnieren Digitalisierung versus Lebensqualität Big Data | Green Digital Charter | Kritische Infrastrukturen | Privatheit | Sharing-Systeme 1 · 2016 Was macht Städte smart? URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Mit veränderten Bedingungen leben Hochwasserschutz und Hitzevorsorge | Gewässer in der Stadt | Gründach als urbane Klimaanlage |Baubotanik 1 · 2017 Stadtklima URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Lebensmittel und Naturelement Daseinsvorsorge | Hochwasserschutz | Smarte Infrastrukturen | Regenwassermanagement 2 · 2016 Wasser in der Stadt URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Verbrauchen · Sparen · Erzeugen · Verteilen Energiewende = Wärmewende | Speicher | Geothermie | Tarifmodelle | Flexible Netze | Elektromobilität 2 · 2017 2 · 2017 Stadt und Energie URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Erlebnisraum - oder Ort zum Anbau von Obst und Gemüse Urban Farming | Dach- und Fassadenbegrünung | Grüne Gleise | Parkgewässer im Klimawandel 3 · 2016 Urbanes Grün URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Die Lebensadern der Stadt - t für die Zukunft? Rohrnetze: von Bestandserhaltung bis Digitalisierung | Funktionen von Bahnhöfen | Kritische Infrastrukturen 4 · 2016 Städtische Infrastrukturen URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Die Vielschichtigkeit von Informationsströmen Smart Cities | Automatisierung | Mobilfunk | Urbane Mobilität | Datenmanagement | Krisenkommunikation 3 · 2017 Urbane Kommunikation URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Angri ssicherheit · Betriebssicherheit · gefühlte Sicherheit IT-Security | Kritische Infrastrukturen | Notfallkommunikation | Kaskadene ekte | Vulnerabilität | Resilienz 4 · 2017 4 · 2017 Sicherheit im Stadtraum URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Was macht Städte smart? Soft Data | IT-Security | Klimaresilienz | Energieplanung | Emotionen | Human Smart City | Megatrends 1 · 2018 Die intelligente Stadt URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Energie, Wasser und Mobilität für urbane Regionen Mieterstrom | Solarkataster | Wärmewende | Regenwassermanagement | Abwasserbehandlung | Mobility as a Service 2 · 2018 Versorgung von Städten URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Zunehmende Verdichtung und konkurrierende Nutzungen Straßenraumgestaltung | Spielraum in Städten | Grüne Infrastruktur | Dach- und Fassadenbegrünung | Stadtnatur 3 · 2018 Urbane Räume und Flächen URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Daseinsvorsorge für ein funktionierendes Stadtleben Urbane Sicherheit | Mobilität im Stadtraum | Zuverlässige Wasser- und Energieversorgung | Städtische Infrastruktur 4 · 2018 URBANE SYSTEME IM WANDEL. DAS TECHNISCH-WISSENSCHAFTLICHE FACHMAGAZIN Gesund und sicher leben in der Stadt Gesund und sicher leben in der Stadt TranCit drittel hoch.indd 1 TranCit drittel hoch.indd 1 31.01.2019 08: 52: 27 31.01.2019 08: 52: 27 Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 28 Zero Waste World Mit zirkulären Supply Chains Abfall reduzieren und Lieferketten dekarbonisieren Die Art und Weise, wie die Welt Waren herstellt, transportiert und verkauft, verändert sich. Eine intelligentere und nachhaltigere Lieferkette zu entwickeln und dadurch die Umweltauswirkungen zu reduzieren, ist Ziel des Kooperationsprogramms Zero Waste World (ZWW), das das Logistik-Unternehmen CHEP im Jahr 2019 ins Leben gerufen hat. Katrin Zeiler, Senior Director Zero Waste World und Customer Innovation & Solutions Europa, über Nachhaltigkeit in der Logistik und den Weg dorthin. J edes einzelne Land der Welt ist vom Klimawandel betroffen. Er stört Volkswirtschaften und wirkt sich auf das Leben der Menschen aus. Laut Copernicus-Klimawandeldienst der Europäischen Union gehörte 2021 weltweit zu den sieben wärmsten Jahren seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Kohlenstoffdioxid- und Methankonzentrationen stiegen auch 2021 weiter an. Für viele Unternehmen stehen die Beseitigung von Abfällen und die Dekarbonisierung von Supply Chains ganz oben auf der Agenda. Die Industrie muss sich der Herausforderung stellen, die Nachhaltigkeitsagenda zu erfüllen und gleichzeitig auf die stetig wachsende Nachfrage der Verbraucher zu reagieren. CHEP als Logistik-Unternehmen, das sich auf das Pooling von Ladungsträgern spezialisiert hat, nimmt sich dieser zu lösenden Aufgabe seit über 70 Jahren an. Das als Pooling bekannte Geschäftsmodell baut auf dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft auf. Produzenten und Hersteller teilen und wiederverwenden dabei kontinuierlich die ihnen zur Verfügung gestellten Paletten und Behälter in der globalen Supply Chain. Dieses System verlängert den Lebensdauerzyklus der Paletten im Vergleich zu Einwegplattformen und verbraucht daher weniger Ressourcen und produziert weniger Abfall. Die Herausforderung unserer Zukunft: mit weniger Abfall und Verschwendung mehr bewegen Um die Vision einer abfallfreien Lieferkette mit null Emissionen schneller zu verwirklichen und auf eine breite Basis zu stellen, wurde 2019 das Zero Waste World Programm (ZWW) ins Leben geru- Foto: Hans Braxmeier / pixabay LOGISTIK Standpunkt Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 29 Standpunkt LOGISTIK fen: Ein Kooperationsprogramm für Hersteller und Einzelhändler, dessen Ziel gemeinsame Innovationen und neue, skalierbare Lösungen sind. Im Mittelpunkt stehen die Herausforderungen, Abfall abzubauen, Leertransporte zu vermeiden und Ineffizienzen zu beseitigen. Zudem adressiert ZWW die weltweit dringende Frage: Wie lässt sich die ständig wachsende Nachfrage bewältigen und gleichzeitig die Umweltbelastung reduzieren? Verpackungsabfall eliminieren: Einwegverpackungen sind sichtbare Ressourcenverschwendung Da die Weltbevölkerung wächst und auch unser Verlangen zu kaufen und zu konsumieren zunimmt, entwickelt sich die Produktion von Verpackungsmaterial weiterhin exponentiell. Ein großer Teil dieses Materials ist allein dafür konzipiert, Produkte bis ins Verkaufsregal oder in das Zuhause der Verbraucher zu bringen. Es ist also von vornherein für den einmaligen Gebrauch bestimmt und wird danach überflüssig. Da eine ausreichende und kosteneffektive Infrastruktur für die Abholung und das Recycling dieses Materials fehlt, ergeben sich unweigerlich enorme Abfallmengen, die zum Großteil auf der Mülldeponie landen. Viele Jahre lang wurden Verpackungssysteme so entworfen, dass möglichst geringe Kosten anfielen, ohne auf die unbeabsichtigten Folgen für die Umwelt zu achten. So kann es nicht weitergehen. Teilbare und wiederverwendbare Sekundär- und Tertiärverpackungen sind die Lösung, um mit weniger mehr zu bewegen. Unternehmen sind mehr denn je gefordert, die Ergonomie ihrer Produkte zu verbessern, um den Verbrauch natürlicher Ressourcen zu minimieren und die Produktlebensdauer zu verlängern. Sie müssen Innovationen vorantreiben, um die Menge von Verpackungszubehör zu verringern, das zur Transportsicherung verwendet wird. Einwegverpackungen sind generell durch Rationalisierung und Wiederverwendung zu beseitigen. Als ein weiterer Schritt können neue Logistikplattformen dazu beitragen, „Zero Packaging“-Initiativen zu unterstützen. Leertransporte vermeiden Der Straßengüterverkehr ist momentan der zweitgrößte Verursacher von Treibhausgasemissionen in Europa. Dennoch sind 25 % der europäischen Lastkraftwagen immer noch nicht effizient beladen. Das führt dazu, dass Streckenkilometer, Kapazität, Kosten und schädliche Emissionen verschwendet werden. Mit dem europäischen Green Deal ist der Industrie auferlegt worden, ihre CO 2 - Emissionen bis 2030 um 50-% zu senken und bis 2050 vollkommen dekarbonisiert zu sein. Dank der einzigartigen Transparenz über Tausende von Bewegungen in den europäischen Lieferketten und dem Einsatz fortschrittlicher Datenanalysen kann CHEP gemeinsame Transportflüsse seiner Kunden identifizieren und Transportkooperationen schmieden. Auf diese Weise lassen sich ineffiziente Teilladungen und verschwendete Kilometer fast komplett beseitigen. Die Collaborative Transport Solutions, die seit über sieben Jahren in ganz Europa im Einsatz sind, zählen mehr als 240 Kooperationen in der Region. Diese Lösungen haben Unternehmen geholfen, weltweit mehr als 87,3 Mio. Leerkilometer und 112 Kilotonnen CO 2 einzusparen. Betriebliche Ineffizienzen beseitigen Supply Chains sind derzeit großen Belastungen ausgesetzt. Nicht nur durch die kurz- und langfristigen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, sondern auch durch die Abkehr von Antrieben mit CO 2 -Emission, die steigende Zahl der Umweltgesetze und die Folgen von politischen Ereignissen wie dem Brexit. Solch wechselnde und komplexe Dynamiken setzen die Fähigkeit voraus, mit Ungewissheit und Veränderung im Prozess umgehen zu können. Nur so lässt sich die Verbrauchernachfrage weiterhin wettbewerbsfähig erfüllen - ohne unnötigen Abfall, Kosten und Ineffizienzen zu verursachen. Die Verpackung und der Transport von Waren sind ein Schlüsselbereich in diesen voneinander abhängigen Supply Chains. Die richtige Verpackung muss jederzeit verfügbar sein, wenn die Nachfrage nicht prognostizierbar ist. Produktschäden und Rückgaben müssen durch gleichbleibend hohe Verpackungsqualität und maximale Transporteffizienz reduziert werden, damit die Waren unter allen Umständen pünktlich geliefert werden. Indem physische Paletten und Behälter mit digitaler Intelligenz kombiniert werden, kann die Sichtbarkeit in der Supply Chain drastisch erhöht werden. Brambles, Mutterkonzern von CHEP, gründete 2016 BXB Digital, um genau dies zu erreichen: Das Unternehmen setzt innovative digitale und IdD-Technologien für eine datengestützte End-to-End-Transparenz in der Lieferkette ein. Dies ermöglicht es, weltweit Supply-Chain-Kooperationen aufzubauen. Die Digitalisierung der Lieferkette erhöht die Sichtbarkeit und Rückverfolgbarkeit der Produkte. Das bedeutet, Engpässe zu vermeiden, eine volatile Verbrauchernachfrage besser zu prognostizieren, die Sicherheit der Lebensmittellieferungen zu verbessern und letztlich die Lieferketten der Kunden schlanker, effizienter und zirkulärer zu gestalten. Die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch geschieht dabei nicht von selbst und nicht von heute auf- morgen. Es wird Unternehmen und Regierungen Mut kosten, das lineare Supply-Chain-Modell „Take, Make, Waste“ zu überdenken und auf eine Kreislaufwirtschaft überzugehen. Es erfordert ein Umdenken, neue Verhaltensweisen und neue Wege der Zusammenarbeit - kurzum, eine Revolution. Denn eine sinnvolle nachhaltige Entwicklung lässt sich letztendlich nur durch die Zusammenarbeit aller an der Wertschöpfungskette beteiligten Akteure umsetzen. ■ Katrin Zeiler , Senior Director Zero Waste World und Customer Innovation & Solutions in Europa, verantwortet seit 2020 den Ausbau der 2019 von CHEP gegründeten Initiative ZWW. Zuvor war sie in verschiedenen leitenden Funktionen globaler Innovationsinitiativen in der Logistikbranche tätig, unter anderem als Program Director Innovation Centre Americas und Head of Customer Engagement im Innovation Centre in Deutschland für DHL. Ihre Expertise umfasst die Bereiche Big Data, Augmented Reality (AR), Künstliche Intelligenz (KI), Internet der Dinge (IoT), Robotik und nachhaltige Logistiklösungen. Der Commonwealth Handling Equipment Pool (CHEP) wurde 1945 von der australischen Commonwealth-Regierung gegründet, um die vom U.S.-Militär zurückgelassenen Frachtpaletten einzusammeln, und gehört heute zum australisch-britischen Dienstleistungsanbieter Brambles. www.brambles.com/ zero-waste-world ZUR PERSON Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 30 LOGISTIK Wissenschaft Digitalisierung von Transportdienstleistungen Untersuchung der Potenziale zur Einbindung von-Transportdienstleistungen in dynamische Plattformen Digitalisierung, Dynamische Transportplattform, Bewertungsmodell Speditionen müssen sich durch die Digitalisierung neuen Herausforderungen stellen. Konzepte, wie die Integration von Speditionen und Transportplattformen in dynamische Produktionsplattform, stellen neue Chancen für das Transportgewerbe dar. Daher untersucht dieser Artikel die Potenziale zur Einbindung von Transportdienstleistungen in dynamische Plattformen, um unternehmensübergreifende Lieferketten aufbauen zu können. Hierfür werden drei Varianten der Integration von Transportdienstleistungen vorgestellt. Die Varianten werden einer wirtschaftlichen, rechtlichen und technologischen Bewertung unterzogen. Anschließend werden die gewonnenen Erkenntnisse diskutiert und ein Ausblick für die weitere Entwicklung gegeben. Larissa Eger, Katrin Joussen, Carolin Schwarz, Jacqueline Höllig, Thilo Levy, Andreas Kraus I n den vergangenen Jahren haben sich durch die Einflüsse der Digitalisierung Branchen wie der Einzelhandel oder die Hotelbranche enorm entwickelt. Der Markt der traditionellen Unternehmen hat sich durch Plattformgeschäftsmodelle stark verändert, indem eine Umstrukturierung auf eine digitale Geschäftsausrichtung erfolgt ist [1]. Im B2B-Bereich des verarbeitenden Gewerbes wird der Wandel der Geschäftsstrukturen vom klassischen Unternehmen hin zu dynamischen Produktionsplattformen immer stärker erkennbar [2]. Die Potenziale und Einsatzmöglichkeiten von dynamischen Produktionsplattformen werden durch das Forschungsprojekt „Dynamische Produktionsplattform“ (DPNB) tiefergehend untersucht, wobei der Aufbau ganzheitlicher Lieferketten von elementarer Relevanz ist. Eine dynamische Produktionsplattform, wie der DPNB, ist ein Online-Marktplatz, der Anbieter und Nachfrager von Produktionsressourcen aktiv zu dynamischen, unternehmensübergreifenden Produktionsnetzwerken zusammenführt. Neben der eigentlichen Produktionssowie Montagetätigkeit ist der Transport für die Gewährleistung von durchgängigen Produktionsketten für die Kunden der DPNB Plattform von ausschlaggebender Wichtigkeit [3]. Daher untersucht dieser Artikel die Einsatzmöglichkeiten von Transportdienstleistungen innerhalb von Produktionsplattformen. Es wird analysiert, ob die Integration von Transportdienstleistungen durch die Speditionen direkt oder durch die Anbindung von Transportplattformen in eine dynamische Produktionsplattform realisierbar ist. Rolle der Transportdienstleister in einer dynamischen Produktionsplattform Die aktuellen Untersuchungen in der Literatur fokussieren sich vor allem auf das Wachstum und die Entwicklung von dynamischen Produktionsplattformen [4]. Bereits erste Untersuchungen zum Geschäftsmodell einer dynamischen Produktionsplattform zeigen großes Potenzial zur Erarbeitung einer durchgängigen Supply Chain, die neben den reinen Produktionsleistungen auch Montage und Transportdienstleistungen enthält [5]. Zur Integration von Transportdienstleistern in das Geschäftsmodell einer dynamischen Produktionsplattform muss der Transportbereich tiefergehend untersucht werden [3]. Der deutsche Speditionsmarkt besteht zu ca. 65 % aus kleinen und mittelständischen Unternehmen 1 [6, 7, 8]. Im Rahmen der digitalen Transformation hat sich das traditionelle und etablierte Speditionsgeschäft durch neue Geschäftsmodelle verändert und die Spielregeln der Branche wurden neu definiert [9]. Immer mehr Akteure, wie Sennder [10], Forto [11] oder TimoCom [12] versuchen eine zentrale Plattform zwischen Verlader und Frachtführer zu etablieren. Dazu kommen Unter- PEER REVIEW - BEGUTACHTET Eingereicht: 21.09.2021 Endfassung: 11.01.2022 Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 31 Wissenschaft LOGISTIK nehmen wie Amazon, die klassische Spediteure in einem stark umkämpften Markt mit geringen Margen unter Druck setzen. Zur Stärkung der Marktposition mittelständiger Spediteure müssen neue Plattformkonzepte diskutiert werden, welche den engen Kundenkontakt beibehalten, die Vernetzung der KMU fördern und die Branchenkenntnisse und Serviceleistungen der Speditionen als elementare Kernleistungen integrieren, um somit branchenfremden Plattformen zuvorzukommen. Ein Beispiel für so eine Plattform ist die NeoCargo AG [13], welche die Bedürfnisse der mittelständischen Speditionen in den Fokus stellt. Zur Anbindung der Transportdienstleistungen können drei Alternativen unterschieden werden, die in Bild 1 zusammengefasst werden. Die erste Variante untersucht die Anbindung von vorhandenen Transportplattformen an die DPNB Plattform. Dabei verbinden Transportplattformen den Frachtführer und den Spediteur miteinander. Die zweite Variante beinhaltet eine direkte Anbindung der Speditionen an die DPNB Plattform, wobei die Speditionen ihre Transportkapazitäten der Plattform zur Verfügung stellen können. Die dritte Variante untersucht ebenfalls eine direkte Einbindung der Speditionen an die DPNB Plattform mit dem Unterschied, dass die Transportdienstleistungen von der DPNB Plattform als Kontingente erworben werden. Die drei Varianten zur Anbindung werden einer wirtschaftlichen, technologischen und rechtlichen Betrachtung unterzogen, um Handlungsempfehlungen für die Praxis ableiten zu können. Wirtschaftliche Betrachtung der Anbindungsvarianten Im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtung erfolgt die Untersuchung der drei Anbindungsvarianten unter der Berücksichtigung von Parametern, die für den wirtschaftlichen Erfolg maßgeblich entscheidend sind [14]. Bild 2 beinhaltet diese acht Parameter, welche die Grundlage der ökonomischen Betrachtung darstellen. Die Variante 1 vergleicht das variierende Angebot von Transportkapazitäten aus allen Plattformen, um die bestgeeignete Kapazität der Frachtenbörsen für den Kunden zu vermitteln. Das Risiko für die Produktionsplattform kann als gering eingeschätzt werden, da alle Informationen über einen Drittanbieter zur Verfügung gestellt werden. Es entsteht bei nicht verkauften Kapazitäten der Produktionsplattform kein Verlust. In Anbetracht der Finanzierung bietet Variante 1 niedrigere Einstiegsbarrieren in den Markt, da das Startkapital für die Anbindung durch ein potenzielles schnelles Erreichen der kritischen Masse gering ausfällt. Der Personaleinsatz für beispielsweise die Begutachtung der Kapazitäten und deren Qualität wird bei der Variante 1 durch die angebundene Frachtenbörse sichergestellt und entfällt für die DPNB Plattform. Die Reichweite der Produktionsplattform steigt exponentiell durch jede Anbindung eiwww.dpnb.de Transportplattform 1 DPNB Transportplattform 2 Variante 1 Kapazitäten bei Transportplattformen Spedition 1 DPNB Spedition 2 Variante 2 Kapazitäten bei Speditionen Spedition 1 DPNB Spedition 2 Variante 3 Kapazitäten bei DPNB Plattform Spedition 1 Spedition 2 www.dpnb.de Parameter Reichweite Fachwissen Aufwand Kundenzufriedenheit Arbeitskräfte Finanzierung Flexibilität Risiko Bild 1: Drei Varianten zur Anbindung der Transportdienstleistungen Eigene Darstellungen Bild 2: Parameter der wirtschaftlichen Betrachtung Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 32 LOGISTIK Wissenschaft ner Transportplattform und deren Transportanbietern. Während eine große Reichweite durch Variante 1 garantiert wird, ist das verfügbare Fachwissen bezüglich vieler Aspekte von Transportdienstleistungen weniger durch das Plattformpersonal bereitgestellt als durch den Transportdienstleister an sich. Somit lässt sich das Fachwissen der Transportplattform als eher gering einschätzen. Das kann durch eigenständiges Informieren und Nachfragen beim Transportdienstleister in einem erhöhten Aufwand für den Kunden resultieren und demnach den Kommunikationsaufwand erhöhen. Ebenso besteht eine Abhängigkeit der Produktionsplattform zu den angebundenen Transportplattformen. Im Falle eines geringeren Angebots ist ein Wechsel zu anderen Transportplattformen durch den Kunden wahrscheinlich. Der Einfluss der DPNB Plattform auf die Preisgestaltung ist eher gering, während die Ungewissheit bezüglich der Dauer der Angebote durch deren mehrfache Sichtbarkeit über verschiedene Kanäle eine langfristige Planung weiter erschwert. Beides wirkt sich negativ auf die individuelle Flexibilität der Plattform aus, da diese selbst nur schwer neue Marktbedingungen berücksichtigen kann. Die Variante 2 beinhaltet die Vermittlung von Kapazitäten eines Transportdienstleisters an Kunden der DPNB Plattform. Die Transportplattform hebt hierbei die individuellen freien Kapazitäten des einzelnen Spediteurs hervor und gibt solche direkt an den Kunden weiter. Dies erleichtert die Kontaktaufnahme für den Kunden und bietet die Möglichkeit, eine längerfristige Partnerschaft aufzubauen. Der Kunde steht somit direkt im Kontakt mit dem Transportdienstleister, profitiert von dessen Fachwissen und kann ggf. Mengenrabatte aushandeln. Die Verhandlungen werden durch eine individuelle Preisgestaltung seitens des Transportdienstleisters potenziell begünstigt. Dabei reflektiert die Kundenzufriedenheit die Leistung und das Angebot des Transportdienstleisters und weniger die Unterstützung durch die Plattform selbst. Durch eine direkte Anbindung der Spediteure wächst die Anzahl der Nutzer langsam. Dies führt zu einer beschränkten Reichweite und folglich zu einem hohen Bedarf an Startkapital, mit dessen Hilfe die Anfangsphase überbrückt werden muss, bevor eine kritische Masse erreicht ist. Hinzu kommt ein erhöhter Kontrollaufwand für die Produktionsplattform durch deren Vermittlerrolle. Die Qualität und Echtheit der angegebenen Daten der Transportdienstleister müssen einer Begutachtung unterzogen werden. Dies erhöht die Kosten und verlangt den Einsatz von qualifizierten Arbeitskräften. Zudem spiegelt sich die direkte Verbindung in einer großen Abhängigkeit der Plattform von den Entwicklungen der einzelnen Firmen wider. All dies resultiert in einer geringen Flexibilität der Transportdienstleistungsplattform und in einen hohen Finanzierungsbedarf. Lediglich das trotz unvorhergesehener Ereignisse oder stark schwankender Nachfrage und Angebote geringe Risiko und der niedrige Aufwand durch das Agieren als Verbindungsstelle erweisen sich im Rahmen dieser Variante als Vorteil der Plattform. Die Variante 3 beschreibt den Ein- und Weiterverkauf von Kontingenten durch die DPNB Plattform, sodass diese die eigenen erworbenen Kapazitäten weitervermittelt. Hierbei ist es der Plattform möglich, die Preise der eigenen Kontingente individuell zu setzen, während der Kunde die Chance hat, Mengenrabatte auszuhandeln. Außerdem unterstützt die Plattform den Kunden bei der Suche eines geeigneten Angebots, wodurch sich der Aufwand für den Kunden verringert. In dieser Variante stellt Fachwissen eine wesentliche Voraussetzung dar. Dieses bildet eine gute Grundlage für eine hohe Kundenzufriedenheit. In Folge des direkten Kundenkontakts der Transportdienstleistungsplattform wächst das Vertrauen der Kunden und ermöglicht den Aufbau zuverlässiger Partnerschaften und langfristiger Planungen. Ein weiteres Merkmal stellt die Flexibilität und Unabhängigkeit der Plattform gegenüber Schwankungen der Marktpreise und Nachfrage dar. Korrespondierend zu den Vorteilen dieser Variante wirken sich die Vermittler- und Anbieteraufgaben der Plattform auch negativ auf den Aufwand aus. Diese Variante erfordert außerdem eine hohe Finanzierung. Für das Anbieten eigener Kapazitäten benötigt die Plattform ein hohes Startkapital, weist somit hohe Fixkosten und, durch beispielsweise schlechte Prognosen, hohe Opportunitätskosten auf. Zudem benötigt diese Variante qualifizierte Arbeitskräfte für die Disposition der Kapazitäten. Das Wachstum der Nutzeranzahl erweist sich durch die direkte Anbindung der Transportdienstleister als sehr langsam. Dies führt zu einer beschränkten Reichweite. Hinzu kommt ein sehr hohes Risiko, welches sich aus dem Nicht-Verkauf der Kapazitäten und den Auswirkungen durch unvorhergesehene Ereignisse zusammensetzt. Tabelle 1 fasst die Chancen und Risiken der ökonomischen Betrachtung zusammen. Diese basieren auf den quantitativen Untersuchungen der drei Varianten auf Grundlage von den identifizierten Parametern. Technische Betrachtung der Anbindungsvarianten Im Zuge der technischen Betrachtung wird zwischen der Anbindung der Transportplattformen (Variante 1) und der Transportanbieter (Variante 2 und 3) unterschieden. Die Anbindung einzelner Transportanbieter (Variante 2 und 3) unterscheiden sich in diesem Fall nicht, da in beiden Fällen dieselben Schnittstellen und Integrationskonzepte benötigt werden. Für die Integration beider Varianten in eine dynamische Produktionsplattform ist es notwendig, dass die Logistikplattform und die Logistikanbieter Schnittstellen zu ihren IT-Systemen bereitstellen. Als minimale Voraussetzung für den Informationsaustausch sollten Schnittstellen für die Kapazitäten- und Preiseabfrage, die Transportbeauftragung und das Tracking vorhanden sein. Die konkreten Chancen Risiken Variante 1 Geringe Einstiegsbarrieren und schnelles Erreichen der kritischen Masse Hohes Ausmaß der Abhängigkeit von angebundenen Transportplattformen und geringer Einfluss auf die Angebote Variante 2 Direkter Kundenkontakt und langfristige Partnerschaften Erschwerter Einstieg und Behauptung im Markt; schwierige Sicherstellung der Qualität Variante 3 Hohe Kundenloyalität und Unabhängigkeit der Plattform Hoher finanzieller Verlust beim Scheitern der Plattform Tabelle 1: Zusammenfassung der Ergebnisse der wirtschaftlichen Betrachtung Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 33 Wissenschaft LOGISTIK Anforderungen an die benötigten Schnittstellen bezüglich Nachrichtenformat, Nachrichteninhalt und Technologie gehen aus der Wahl der Integrationsvariante hervor. Bei der direkten Anbindung von Logistikanbietern (Variante 2 und 3) muss jeder Anbieter individuell angebunden und auf das interne Datenmodell gemappt werden (siehe Bild 3). Aus technischer Perspektive gibt es drei unterschiedlichen Anbindungsmöglichkeiten: die Anbindung durch eine manuelle Integration jedes einzelnen Anbieters in die Plattform, über ein gemeinsames Framework/ Standard oder über die Schaffung von Interoperabilität. Für die manuelle Integration verschiedener Anbieter müssen für jeden neuen Anbieter plattformseitig spezifische Datenmodelle, Abfragen und deren Integration erarbeitet und entwickelt werden. Dies entfällt bei der Anbindung über ein gemeinsames Framework/ Standard. Allerdings müssen sich die Plattform sowie die Logistikanbieter, die sich an der Plattform beteiligen wollen, auf ein gemeinsames Framework zur Ausgestaltung des Informationsaustausches einigen. Dies sollte den Vorgang des technischen Austauschs beschreiben und inhaltlich ein Nachrichtenformat festlegen. Eine Vielzahl an anwendbaren Frameworks und Standard existieren bereits (z. B. EDIFACT oder das ICT Framework [15]). Um sich nicht auf ein gemeinsames Framework oder Standard einigen zu müssen, kann eine dynamische Logistikplattform Interoperabilität zwischen den unterschiedlichen Systemen der Logistikanbieter schaffen. Hierbei werden keine Formate oder Technologien zum Austausch vorgegeben, sondern Technologien bereitgestellt, um unterschiedliche Formate und Schnittstellenvarianten auf die intern verwendeten Formate zu mappen. Hierzu können Grundlagen aus bestehenden Systemen des Internet of Things (IoT) [16], oder der in den letzten Jahren verstärkt aufkommende Literatur zu Logistik Interoperabilität bezogen werden [17, 18]. Bestehende Literatur schafft Interoperabilität beispielsweise über das Erstellen von Softwareadaptern [16] und die Verwendung von Ontologien [16, 17]. Die Integration von Logistikanbietern über eine externe Transportplattform (Variante 1) ist die Variante mit geringstem plattformseitigen Entwicklungsaufwand (siehe Bild 4). Es werden lediglich die Schnittstellen der externen Plattform zur Kommunikation angebunden. Die Integration der auf der Transportplattform vertretenen oder interessierten Anbieter übernimmt die externe Plattform. Die technische Integration sollte in Abhängigkeit von den Plattformzielen gewählt werden. Wenn eine möglichst hohe Flexibilität und Dynamik von Bedeutung ist, sollten Anbieter die Möglichkeit haben, sich direkt mit der Plattform zu verbinden. Somit sollte die Anbindung der einzelnen Logistikanbieter (Variante 2 und 3) gewählt werden. Für eine möglichst geringe Partizipationshürde, die insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen mit geringen IT-Kenntnissen nicht benachteiligen, ist die manuelle Integration sowie die Integration über Schaffung von Interoperabilität von Vorteil. Beide Integrationsmöglichkeiten stellen nur geringe Anforderungen an die bereitzustellenden Schnittstellen und ermöglichen somit den Logistikanbietern einen einfachen Zugang zur dynamischen Plattform, da keine bzw. nur geringe Änderungen an ihren IT-Systemen notwendig sind. Speziell die Schaffung von Interoperabilität erlaubt eine schnelle Anbieterintegration, da sie den Prozess der manuellen Integration automatisiert und somit den plattformseitigen Entwicklungsaufwand verringert. Die Integration einzelner Anbieter über ein gemeinsames Framework oder Standards verringert ebenfalls den plattformseitigen Entwicklungsaufwand und die Integrationszeit. Allerdings sind für die Partizipation in der dynamischen Plattform seitens der Logistikanbieter mit großer Wahrscheinlichkeit Änderungen in den IT-Systemen nötig, da viele Mittelständler eigene IT- Systeme verwenden, die unterschiedlichen Standards folgen oder auch Standards abweichend implementieren [17]. Für die Integration über eine externe Plattform (Vawww.dpnb.de Transportanbieter A Transportanbieter B …. 1 3 2 DPNB DPNB Transportplattformen 1 2 3 1 1 3 2 1 1 3 2 1 1 Transportanbieter A Transportanbieter B …. 1 3 2 1 1 3 2 1 1 3 2 1 1 2 3 Preise / Kapazitäten Transportbeauftragung Tracking Bild 3: Direkte Anbindung einzelner Speditionsunternehmen www.dpnb.de Transportanbieter A Transportanbieter B …. 1 3 2 DPNB DPNB Transportplattformen 1 2 3 1 1 3 2 1 1 3 2 1 1 Transportanbieter A Transportanbieter B …. 1 3 2 1 1 3 2 1 1 3 2 1 1 2 3 Preise / Kapazitäten Transportbeauftragung Tracking Bild 4: Anbindung einer Transportplattform Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 34 LOGISTIK Wissenschaft riante 1) spricht die Auslagerung des Integrationsaufwandes an die externe Plattform, allerdings führt dies zu einer Abhängigkeit von der externen Plattform, sowie deren Schnittstellen. Tabelle 2 fasst die Chancen und Risiken der technischen Betrachtung zusammen. Rechtliche Betrachtung der Anbindungsvarianten Der rechtlichen Betrachtung der Anbindungsvarianten liegt die Gesetzgebung nach deutschem Recht zugrunde. Die erste Alternative wäre, dass die Produktionsplattform als reiner Vermittler von Kapazitäten der angebundenen Transportplattformen dient und die Vermittlung zwischen bestehender Transportplattform und der dynamischen Produktionsplattform (DPNB Plattform) vornimmt. Die Tätigkeit beschränkt sich somit auf das Zusammenführen des Verladers des Spediteurs und dem Transportdienstleister. Dabei werden keine vertraglichen Transportabschlüsse durch die Frachtenbörse durchgeführt. Alle Bedingungen für Anbieter und Nachfrager auf der Börse werden über die AGBs geregelt. Bei Variante 2 würde der Kontakt zwischen Auftraggeber und durchführendem Frachtenführer durch die DPNB-Plattform hergestellt. Bei erfolgreichem Abschluss wird ein Vermittlungsentgelt einbehalten. Der Frachtenvermittler ist ein echter Vermittler nach § 93 HGB. Er schließt einen (Makler-)Vertrag ab - mit Verlader oder Frachtführer. Um den Maklervertrag zu erfüllen, muss er weitere (Fracht- oder Speditions-)Verträge mit Subunternehmern abschließen. Hierfür bekommt er eine Vermittlungsprovision. Kommt kein Vertrag zustande, entfällt die Vermittlungsprovision. Er ist somit in der Pflicht, mit allen Vertragsparteien Verträge für den jeweiligen Einzeltransport mit den dafür nötigen Einzelrahmenbedingungen zu schließen. Er muss seine Tätigkeit gesondert versichern und ist bei Fehlleistungen in der Haftung. Bei Variante 3 würde die Plattform bilaterale Verträge mit dem Versender einerseits und mit dem Frachtführer andererseits schließen. Danach träte die Plattform als Spediteur i. S. d § 453 HGB auf, d. h. sie verpflichtet sich, die Versendung sicherzustellen. Dies umfasst die Organisation der Beförderung, insbesondere die Bestimmung des Beförderungsmittels und des Beförderungsweges und die Auswahl der ausführenden Frachtführer nach §- 454 HGB. Bei einem Güterschaden haftet die DPNB- Plattform wie ein Frachtführer nach § 459 HGB der Höhe nach beschränkt auf 8,33 SZR/ KG. Bei einer Überschreitung der Lieferfrist, haftet der Spediteur höchstens in Höhe des dreifachen Betrags der Fracht. Tabelle 3 fasst die Ergebnisse der rechtlichen Untersuchungen zusammen. Ableitung von Handlungsempfehlungen zu den drei Anbindungsvarianten Durch die ökonomische, technische und rechtliche Betrachtung lassen sich Handlungsempfehlungen für die Anbindung von Transportdienstleistungen an eine dynamische Produktionsplattform ableiten. Alle drei beschriebenen Anbindungsvarianten enthalten Chancen und Risiken, die individuell abgewogen werden sollten. Vor allem durch die rechtliche Betrachtung wird empfohlen, sich auf die Anbindung von bereits bestehenden Transportplattformen, also Variante 1, zu fokussieren. Die Gewinnung eines höheren Entgelts durch eine Tätigkeit als Spedition oder Frachtenvermittler der Varianten 2 und 3 steht in keiner Relation zu den damit einhergehenden Risiken und administrativen Verwaltungsaufwendungen gegenüber der Variante 1. Die ökonomische Betrachtung der Anbindungsvarianten unterstützt die Ergebnisse der rechtlichen Betrachtung. Während die erste Variante mithilfe einer besonders großen Reichweite und Nutzerzahl ihre Vermittlungsfunktion in den Vordergrund stellt, setzt die zweite Variante auf Flexibilität und Sicherheit bei unvorhergesehenen Ereignissen. Die Variante 3 fungiert überwiegend als IT-Schnitt- und Überbrückungsstelle. Eine Anbindung der DPNB Plattform an bestehende Frachtenbörsen beinhaltet entscheidende Chancen wie beispielsweise eine große Reichweite durch die bereits registrierten Nutzer, ein niedriges Risiko und hohe Kundenzufriedenheit. Darüber hinaus kann die kritische Masse schnell erreicht und das für den Kunden passendste Angebot zeiteffizient gefunden werden. Technik Chancen Risiken Integration Produktionsplattform Manuelle Integration • Geringer Entwicklungsaufwand • Plattform übernimmt Integration • Geringere Flexibilität • Kontrollverlust • Abhängigkeit von einem externen Anbieter Integration einzelner Logistikanbieter Manuelle Integration • Flexibilität • Geringe Zugangshürde • Entwicklungsaufwand Integration über Framework/ Standard • Einmaliger Entwicklungsaufwand • Absprache/ Einigung aller Beteiligten über den Standard/ das Framework • Änderungen an bestehenden Systemen / „Frameworkzwang“ Interoperabilität • Flexibilität • Geringe Zugangshürde • Forschungsbedarf Tabelle 2: Zusammenfassung der Ergebnisse der technischen Betrachtung Chancen Risiken Variante 1 Keine Haftung bei den durchzuführenden Dienstleistungen. Geringstes Einnahmenpotential (Nutzungsentgelt der Plattform) Variante 2 Mittleres Einnahmenpotential (Maklerprovision). Haftung bei Fehlleistungen. Variante 3 Höchstes Einnahmenpotential (Entgelt durch die Erbringung der Dienstleistungen). Haftung bei Güterschäden oder Lieferverzögerungen. Tabelle 3: Zusammenfassung der Ergebnisse der rechtlichen Betrachtung Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 35 Wissenschaft LOGISTIK Aus technischer Betrachtung bietet die Anbindung über bereits bestehende Transportplattformen vor allem den Vorteil, dass plattformseitig lediglich ein geringer Entwicklungsaufwand notwendig wird. Das Integrieren neuer Anbieter übernimmt die Transportplattform, sodass der Aufwand der Produktionsplattform deutlich gesenkt werden kann. Dies geht im Vergleich zu dem direkten Anbinden vom Anbieter allerdings mit einem Flexibilitäts- und Kontrollverlust einher, die jedoch in Zusammenhang mit den Ergebnissen der ökonomischen und rechtlichen Betrachtung vernachlässigbar sind. Zusammenfassend kann die Variante 1 für die Anbindung von Transportdienstleistungen an eine Produktionsplattform gegenüber den Varianten 2 und 3 präferiert werden. Zusammenfassung und Ausblick In dynamischen Plattformkonzepten, wie der DPNB, wird die Integration von Speditionen und Transportplattformen analysiert und neue Chancen für das Transportgewerbe dargestellt. Es wurden drei unterschiedliche Anbindungsvarianten von Transportdienstleistungen an dynamische Produktionsplattformen untersucht. Die erste Variante stellt die Anbindung von bereits bestehenden Transportplattformen, die zweite und dritte Variante die Anbindung von einzelnen Transportanbietern dar. Dabei unterscheiden sich die Varianten 2 und 3 darin, dass der DPNB in Variante 2 nur die Anbindung der Transportanbieter vornimmt und in Variante 3 darüber hinaus auch die Kapazitäten der Speditionen erwirbt. Durch eine rechtliche, technische und wirtschaftliche Betrachtung konnte Variante 1 als präferierte Variante identifiziert werden. Zusätzlich zu den vorgestellten qualitativen Kriterien könnten auch noch quantitative Kriterien für die Betrachtung herangezogen werden. Das Präferieren von Variante 1 begründet sich vor allem auf die verringerte Haftung der rechtlichen Betrachtung, die vereinfachte Anbindungsmöglichkeit der technischen Betrachtung und das Erreichen der kritischen Masse der ökonomischen Betrachtung. Zusätzlich zu den vorgestellten qualitativen Kriterien der Untersuchungen können zur Validierung der Ergebnisse der drei Varianten noch quantitative Kriterien herangezogen werden. Als nächster Schritt sollte die Einbindung von Variante 1 in die DPNB Plattform aus Prozesssicht überprüft werden. Erste Untersuchungen ergaben bereits, dass sich die prozessuale Betrachtung von den drei Varianten in die bestehen DPNB Plattformprozesse integrieren lassen. Darüber hinaus sind die vorhandenen Transportplattformen, die sich zur Anbindung eignen könnten, stark auf die Bedürfnisse der Verlader ausgelegt, sodass eine digitale Plattformlösung für Transportdienstleistungen im Markt identifiziert werden muss, bevor diese angebunden werden kann. ■ 1 KMU: weniger als 250 Mitarbeiter LITERATUR [1] Parker, G. G.; Van Alstyne, M. W.; Choudary, S. P. (2017): Die Plattform-Revolution: Von Airbnb, Uber, PayPal und Co. lernen: Wie neue Plattform-Geschäftsmodelle die Wirtschaft verändern: Methoden und Strategien für Unternehmen und Start-ups. 1. Aufl. Frechen: MITP-Verlags GmbH & Co. KG. www.ciando.com/ img/ books/ extract/ 3958455212_lp.pdf (Abruf: 18.09.2021). 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[13] NeoCargo (2022): NeoCargo - connecting logistics. www.neocargo.de/ (Abruf: 08.01.2022). [14] BMWi (2019): Die volkswirtschaftliche Bedeutung von digitalen B2B-Plattformen im Verarbeitenden Gewerbe. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. www.plattform-i40.de/ IP/ Redaktion/ DE/ Downloads/ Publikation/ Bedeutung-B2B-Plattformen. html (Abruf: 18.09.2021). [15] Pedersen, J. T. (2012): One Common Framework for Information and Communication Systems in Transport and Logistics: Facilitating Interoperability. In: Paulina Golinska und Marcin Hajdul (Hrsg.): Sustainable Transport. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, S. 165-196. www.researchgate.net/ publication/ 301174134_One_Common_Framework_for_Information_and_Communication_Systems_in_Transport_and_Logistics_ Facilitating_Interoperability (Abruf: 18.09.2021). [16] Zehnder, P.; Wiener, P.; Straub, T.; Riemer, D. (2020): StreamPipes Connect: Semantics- Based Edge Adapters for the IIoT. In: A. Harth, S. Kirrane, A.-C. Ngonga Ngomo, H. Paulheim, A. Rula, A. L. Gentile, et al. (Hrsg.): The Semantic Web, Bd. 12123. Cham: Springer AT A GLANCE Freight forwarders have to face new challenges due to digitalization. Concepts such as integrating freight forwarders and transport platforms into dynamic production platforms represent new opportunities for the transport industry. Therefore, this article examines the potentials for integrating transportation services into dynamic platforms to build cross-company supply chains. For this purpose, three variants of integrating transportation services are presented. The variants are subjected to an economic, legal and technological evaluation. The findings are then discussed, and an outlook for further development is given. Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 36 LOGISTIK Wissenschaft International Publishing (Lecture Notes in Computer Science), S. 665-680. https: / / link. springer.com/ chapter/ 10.1007/ 978-3-030-49461-2_39 (Abruf: 18.09.2021). [17] Hofman, W. (2019): Toward Large-Scale Logistics Interoperability Based on an Analysis of Available Open Standards. In: K. Popplewell, K.-D. Thoben, T. Knothe, R. Poler (Hrsg.): Enterprise Interoperability VIII, Bd. 9. Cham: Springer International Publishing (Proceedings of the I-ESA Conferences), S. 249-261. www.researchgate.net/ publication/ 332639552_Toward_Large-Scale_Logistics_Interoperability_Based_on_an_Analysis_of_Available_Open_Standards (Abruf: 18.09.2021). [18] Mohammadi, M.; Hofman, W.; Tan, Y. H. (2020): Seamless interoperability in logistics by ontology alignment. In: Journal of Supply Chain Management Science, Vol. 1, No. 3-4 (2020). S. 104-117. DOI: 10.18757/ jscms.2020.5444. www.researchgate.net/ publication/ 348452951_Seamless_interoperability_in_logistics_by_ontology_alignment (Abruf: 18.09.2021). Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Projekts „Broker für dynamische Produktionsplattformen“, das von Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMWF) unter dem Programm „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ gefördert und durch den Projektträger Karlsruhe betreut wird. Thilo Levy Geschäftsführer, Transport Betz Logistik GmbH, Malsch thilo.levy@transportbetz.de Andreas Kraus Prozessmanager, Transport Betz GmbH, Malsch andreas.kraus@transportbetz.de Jacqueline Höllig Wissenschaftliche Mitarbeiterin, FZI Forschungszentrum Informatik, Karlsruhe hoellig@fzi.de Katrin Joussen Institut für Fördertechnik und Logistiksysteme, Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe ucevs@student.kit.edu Carolin Schwarz Institut für Fördertechnik und Logistiksysteme, Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe ugzxa@student.kit.edu Larissa Eger Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Fördertechnik und Logistiksysteme, Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe larissa.behrens@kit.edu Brief und Siegel für Wissenschafts-Beiträge Peer Review - sichtbares Qualitätsinstrument für Autoren und Leserschaft P eer-Review-Verfahren sind weltweit anerkannt als Instrument zur Qualitätssicherung: Sie dienen einer konstruktiv-kritischen Auseinandersetzung mit Forschungsergebnissen, wissenschaftlichen Argumentationen und technischen Entwicklungen des Faches und sollen sicherstellen, dass die Wissenschaftsbeiträge unserer Zeitschrift hohen Standards genügen. Herausgeber und Redaktion laden daher Forscher und Entwickler im Verkehrswesen, Wissenschaftler, Ingenieure und Studierende sehr herzlich dazu ein, geeignete Manuskripte für die Rubrik Wissenschaft mit entsprechendem Vermerk bei der Redaktion einzureichen. Die Beiträge müssen „Originalbeiträge“ sein, die in dieser Form und Zusammenstellung erstmals publiziert werden sollen. Sie durchlaufen nach formaler redaktioneller Prüfung ein standardisiertes Begutachtungsverfahren, bei dem ein Manuskript in der Regel zwei, in besonderen Fällen weiteren Gutachtern (Referees) aus dem betreffenden Fachgebiet vorgelegt wird. Die Kernpunkte dieses Peer Review- Verfahrens: •• Angenommene Manuskripte gehen an jeweils zwei Gutachter der entsprechenden Fachrichtung anonymisiert zur Begutachtung. •• Gutachter nehmen ihre Begutachtung anhand eines standardisierten Bewertungsbogens vor, kommentieren die Bewertung schriftlich und empfehlen die danach uneingeschränkte Annahme zur Veröffentlichung, die Überarbeitung in bestimmten Punkten oder die Ablehnung. •• Die Redaktionsleitung teilt den Autoren die Entscheidung der Gutachter umgehend mit, bei Bedarf zusammen mit den Überarbeitungsauflagen. Die Gutachten selbst werden nicht an die Autoren weitergeleitet - die Gutachter bleiben also für die Autoren anonym. Interessierte Autoren erhalten die Verfahrensregeln, die allgemeinen Autorenhinweise mit der aktuellen Themen- und Terminübersicht sowie das Formblatt für die Einreichung des Beitrages auf Anfrage per Mail. Diese Informationen stehen auch auf www.internationales-verkehrswesen.de unter dem Menüpunkt „Autoren-Service“ zum Download bereit. KONTAKT Eberhard Buhl, M.A. Redaktionsleiter Internationales Verkehrswesen Tel.: +49 7449 91386.44 redaktion@internationales-verkehrswesen.de Strategy INTERNATIONAL Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 37 A three-point turn for climate ambition in transport Did climate talks in Glasgow steer the world towards a-paradigm shift? COP26, Climate Change, Glasgow, NDC The 26th Conference of the Parties to the UNFCCC (COP26) in Glasgow showed a number of new climate initiatives in the transport sector. In the run-up to COP26, a large number of countries made net-zero pledges, promising to reduce emissions to zero. However, a recent analysis of climate pledges by GIZ shows that key states continue to fall short in their mid-term transport sector goals. Though more countries have set sector targets, large emitters such as China, the US and India have yet to follow suit. 2022 is a crucial year for countries around the world to ramp up their climate ambition in transport. Daniel Bongardt, Marion Vieweg, Nadja Taeger O n 13 November 2021, 197 countries signed the Glasgow Climate Pact at the 26th Conference of the Parties to the United Nations Framework Convention on Climate Change (COP26). In his closing speech, UN Secretary General António Guterres emphasised that current efforts are not enough, though he did note the presence of some “building blocks for progress” [1]. The Glasgow Climate Pact reaffirms that limiting global warming to 1.5 °C requires rapid, deep and sustained reductions in global greenhouse gas emissions. The world must lower global carbon dioxide emissions by 45 per cent by 2030 relative to 2010 levels and to net zero by around mid-century. Achieving those goals, he stressed, is a matter of life and death. Below we look at Guterres’s ‘building blocks for progress’ in the transport sector and argue that Glasgow just was the first step in a three-point turn. Overall national climate ambition is increasing, though it still falls short overall In the run-up to COP26, a large number of countries, subnational governments and companies made net-zero pledges, promising to reduce emissions to zero or fully compensate for remaining emissions by a specific date. The US and EU aim to hit net zero by 2050, China announced plans for carbon neutrality by 2060, and India declared its pledge to achieve net zero by 2070 during the UN climate talks. A total of 50 countries officially submitted their carbon neutrality targets to the UNFCCC in their long-term strategies (LTS) or as part of their new or updated ‘second generation’ nationally determined contributions (NDCs), as illustrated in figure 1. Another 26 countries announced net-zero targets in other ways, either at the COP26 Climate Ambition Summit or through national strategy documents and national legislation. The transport sector continues to-lag behind Transport remains one of the fastest growing sectors in terms of GHG emissions, with an increase of 17.2% between 2010 and 2019 globally [2]. At the current rate, the global carbon budget for the transport sector will be exhausted by the early 2030s, as shown in a recent study by the University of Technology in Sydney [3]. The sector is covered by economy-wide targets in many NDCs, but most are not yet supported by sectoral targets. Only 11 of the countries with netzero targets have submitted transport sector targets for 2050 in their LTS or second generation NDCs. Most set mid-term targets for 2030. 30 net-zero targets are supported by transport targets, as shown in figure 1. Setting ambitious longand mediumterm sector targets is essential to guide policy-making and to ensure the accountability of institutions and individuals. Setting targets can enable a wider public discussion about what needs to happen to decarbonise the sector, how this can help improve existing - and often disappointing - transport systems and what needs to be done to mitigate the adverse effects of climate measures. A - Out of 76 net-zero targets, 50 have been submitted in NDCs or LTS B - Out of 76 net-zero targets, 30 are backed by transport targets in NDCs or LTS 76 = political pledge* = Target in NDC = Target in LTS = Target in NDC & LTS 76 Figure 1: Net-zero pledges and transport targets in NDCs, LTS or elsewhere Source: Authors INTERNATIONAL Strategy Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 38 More transport sector targets, yet none from big emitters By 25 November 2021, 18 countries had set quantitative GHG emission targets for the transport sector. This equals 38 % of all second generation NDCs [4]. But those countries cover merely 3.6 % of global transport CO 2 emissions (2019). This is due to the fact that many of the countries that have set GHG emission targets for the transport sector in their second generation NDCs are very small, such as The Gambia, Belize and the Seychelles, and most are middleor lowincome countries. Though this is an improvement over the first round of NDCs, where only 21 % of NDCs contained GHG targets for the sector, it is far from enough. 34 countries set non-GHG emission targets for the sector in their second generation NDCs. These targets included specific goals for increasing the share of electric and other zero-emission vehicles, improving vehicle efficiency and enhancing the use of biofuels and other forms of renewable energy in transport. Such targets can be very useful, as they provide clear guidance for action. However, they fall short of enabling a comprehensive transformation of the sector. Most focus on improving vehicles instead of addressing the need to avoid travel and shift to more efficient modes of transport, such as public passenger transport or rail freight. So far, none of the large emitters have set GHG emission targets for the transport sector in their NDCs or LTS. Among them are countries with net-zero targets, like China, the EU, India and the US, which together represent 57 % of global transport CO 2 emissions. Japan, which represented around 2.8 % of global emissions from the sector in 2019, is an exception. Overall, 30 countries support their net-zero targets with midterm transport targets in their NDCs or with mediumand long-term transport targets in their LTS. Eight of these are EU member states. Existing transport targets mostly fall short of what is needed Current transport sector targets in LTS and second generation NDCs cover a wide range of ambition levels. Fiji, for example, aims to reduce domestic maritime emissions by 40 % by 2030, which represented around 6 % of the country’s total transport sector emissions in 2011, the most recent inventory year. Others, such as Bangladesh and Mauritius, have absolute emission targets or reduction targets that are below the baseline but that would still result in a continued substantial increase of emissions up to 2030 relative to current levels. Only a few midterm targets deliver actual reductions compared with current emission levels. For example, Japan aims to limit transport sector emissions to 146 Mt CO2e by 2030, a 35 % reduction below its transport emissions in 2013. However, it is essential that countries move from marginal reductions to systemic change and peak emissions in the sector as close as possible to 2030 if they are to achieve the stated carbon neutrality goals and objectives of the Paris Agreement. Doing so will require targets that trigger change and enable innovation and the redirection of funds towards cleaner and more sustainable transport solutions. More NDCs are reporting on adaptation in the transport sector The lack of effort to mitigate climate change will require enhanced adaptation efforts in the transport sector. Even with the enhanced reduction of greenhouse gases starting today, the current irrevocable temperature increase will require the adaptation of existing transport systems. The latest IPCC Assessment Report (AR6 6, 2021) underscores the urgency to act [5]. Current targets will product global heating with severe consequences. Extreme weather events are expected to increase in frequency and intensity as a consequence of climate change. Sea level rise, increasing temperatures and changes in rainfall patterns will pose a variety of challenges to transport systems, material and equipment and are likely to hit marginalised and vulnerable groups hardest. 42% of submitted NDCs now mention adaptation measures for the transport sector, compared with only 22% in the first generation and only 15% in submitted longterm strategies. Notably, 58% of second generation NDCs from low-income countries spell out adaptation measures for the transport sector, a sign of their vulnerability to climate change. Adaptation remains focused on transport infrastructure measures Around half of the adaptation areas mentioned in NDCs address infrastructure, especially roads, and technical solutions, such as improved flood protection and maintenance. 29% refer to the much-needed mainstreaming of adaptation in institutional and regulatory instruments, including setting the right legal frameworks, incorporating climate impacts and adaptation in planning and defining design standards that include adaptation needs. Many measures relating to infrastructure and transport systems state a desired outcome instead of a strategy for its achievement, as illustrated in figure 3. Goals such as “enhancing the resilience and climateproofing of critical infrastructure” or “climate proofing transport infrastructure” neglect to mention the legal frameworks, planning tools and design standards needed for their realisation and the risks and solutions that their planners must be aware of. It is essential that countries build resilient transport systems that will continue to function under increasing climate change pressures. Planners must be aware of the problems and have the tools and knowledge to address the challenges. National governments can support the work by collecting and distributing relevant information and by creating legislative frameworks that require the assessment of climate risks and adaptation solutions. Climate-smart transport planning today will save enormous costs from climate-change impacts tomorrow. Do the climate talks in Glasgow give reason for hope? More and more countries have announced net-zero emission targets. While these are essential for transport in the mid-term, the world has seen three important developments that are relevant for transport now. Together, they make up a three-point turn needed to transform the sector. Figure 2: Adaptation measures in NDCs Source: Authors Strategy INTERNATIONAL Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 39 New international transport initiatives to accelerate decarbonisation First, the UK COP26 Presidency has urged countries to enact voluntary commitments and coalitions of the willing. Fortunately, some countries have already pledged to take the lead and move faster to initiate change in the sector. After initiatives on deforestation and the phase-out of coal were launched in the first week of COP26, Transport Day (November 10th) saw the announcement of four ambitious transport coalitions: a. the Clydebank Declaration for Green Shipping Corridors, b. the International Aviation Climate Ambition Coalition, c. the Memorandum of Understanding on Zero-Emission Mediumand Heavy- Duty Vehicles, and d. the Declaration on Accelerating the Transition to 100% Zero-Emission Cars and Vans. Figure 3 shows the members of the above initiatives. Request for updated climate pledges by the end of 2022 Second, the Glasgow Climate Pact has responded to the current urgency by requesting that its signatories revisit and strengthen the 2030 targets in their NDCs by the end of 2022. Ramping up the ambition of national climate pledges before the next “official” cycle in 2025 is necessary so as not to lose valuable time. Updating the NDCs is a great opportunity to strengthen climate ambition in transport. China, for example, could outline transport emission peaking and reductions in its upcoming sectoral climate plans. At GIZ, we will track these pledges and continue to update our NDC and LTS database, the Tracker of Climate Strategies for Transport (https: / / changing-transport.org/ tracker/ ). A growing need for resilient transport systems Third, after hotly debating funding for creating more resilient infrastructure and services and for handling climate impacts, the Parties finally agreed to double the financial resources for adaptation and to start work on activities to avert, minimise and address loss and damage. These issues are essential for transport systems, which have already seen millions of euros worth of damage in extreme weather events such as flooding and storms. Transforming the transport sector cannot wait for COP27 Though Glasgow was not the big success that some had hoped for, it represents a starting point for more ambitious and accelerated climate action in transport. Right now, the transport sector is no longer moving in the wrong direction. But it has yet to turn itself around. More ambitious action is needed for both mitigation and adaptation. In the best case, Glasgow marks the start of a wider process of reform. Guterres concluded his speech with a famous saying by the Scottish writer Robert Louis Stevenson: “Don’t judge each day by the harvest you reap, but by the seeds that you plant.” We need a real paradigm shift in how we get from place to place. That is, we need transport systems for people, not vehicles. This requires the cessation of funding for high-carbon transport and a shift of investments to sustainable modes of transport and the phasing-out of internal combustion engines. It is imperative that the new German government take the lead and not only start transforming its own transport sector but also partner with other countries in a collective effort to achieve net-zero mobility. ■ REFERENCES [1] UNFCCC (2021): Secretary-General’s Statement on the Conclusion of the UN Climate Change Conference COP26. Online: https: / / unfccc.int/ news/ secretary-general-s-statement-on-the-conclusion-of-theun-climate-change-conference-cop26 (Access: 11.01.2022) [2] SLOCAT (2021): Transport Emissions. Online: https: / / tcc-gsr.com/ transport-demand/ transport-emissions/ (Access: 11.01.2022) [3] Teske, S.; Niklas, S.; Langdon, R. (2021): TUMI Transport Outlook 1.5°C - A global scenario to decarbonise transport. Online: https: / / outlook.transformative-mobility.org/ (Access: 11.01.2022) [4] GIZ, SLOCAT (2021): Transport in new Nationally Determined Contributions and Long-Term Strategies. Online: https: / / changing-transport.org/ publication/ transport-in-ndcs-and-lts/ (Access: 11.01.2022) [5] IPCC (2021): Sixth Assessment Report. Online: https: / / www.ipcc.ch/ report/ ar6/ wg1/ #FullReport (Access: 11.01.2022) Marion Vieweg Consultant, Current Future, Berlin (DE) marion.vieweg@current-future.org Nadja Taeger Advisor, G310 - Energie, Wasser, Verkehr, GIZ, Bonn (DE) nadja.taeger@giz.de Daniel Bongardt Programme Director Sustainable Transport and PtX, G310 - Energie, Wasser, Verkehr, GIZ, Bonn (DE) daniel.bongardt@giz.de Figure 3: COP26 statements and declarations on climate action in transport Source: GIZ INTERNATIONAL Technology Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 40 Modular platform concept for shunting locomotives Sustainable vehicle architectures for existing vehicles through modularity Shunting, Modularity, Vehicle platform, Rail freight, Sustainability, Efficiency Rail freight vehicles are long-lived and enormously varied. This applies especially to shunting locomotives. Shunting locomotives on the market have an interwoven and interface-rich architecture. On the other hand, there is the discussion about cost efficiency and sustainability. This paper therefore presents a modular platform concept for the sustainable modernization of vehicles. Julian Franzen, Jannis Sinnemann, Udo Pinders, Walter Schreiber R ail transport is seen as the key to sustainable freight transport. Nevertheless, diesel-powered vehicles are predominantly used for shunting and the last mile. The vehicles used for this purpose are put under economic constraints due to tight budgets and the need for economy. As a result, life cycle cost optimization and digitalization approaches are more and more increasing. Innovations are gradually finding their way into research and the market, although mainly for new vehicles. Following on from current sustainability discussions, sustainable and green traction concepts for shunting vehicles are also coming into focus. While green traction technologies are currently not available in a market-ready solution, they are potentially available in a few years. In summary, maintainability, digitalization and sustainability of shunting vehicles will be the key boundary conditions for vehicle architectures in the coming years. State of the art and current challenges There are various types of shunting vehicles with two to four axles, depending on the intended use. All different types have the same basic structure. In principle, the structure of a locomotive can be divided into the running gear (wheelsets, bogies, brake components), the vehicle frame with buffers and the superstructures. The superstructures include the drive train, the brake frame, the auxiliary equipment, the driver’s cab and control components [1]. Currently, the development of shunting vehicles is mostly based on function fulfillment, i.e. the provision of traction to fulfill the transport task. The results are vehicle architectures with interwoven, complicated and interface-rich arrangements of vehicle components. This fact has a negative impact on the maintainability of the vehicle because it results in high workloads and therefore in financial expenses as well as downtimes. At the same time, there are many variants of vehicles in stock. This diversity results from different vehicle configurations delivered by the manufacturer and replacements made during maintenance and modernization. Due to the long life of shunting locomotives, modernizations of existing vehicles are often advantageous from a commercial point of view compared to the acquisition of new vehicles, resulting in the existence of further modernized variants [2]. From the point of view of maintainability, the large number of variants, which is favored by inadequate documentation of modifications, means that maintenance work has the character of a single project and economies of scale cannot be exploited. Furthermore, shunting vehicles have hardly been digitally integrated into value chains to date [3]. Due to the diversity of the individual vehicles (even of the same series), digitalization efforts, e.g. IoT solutions for component monitoring, have a high individual project character and are accordingly not scalable. Moreover, methods, e.g. for predicting component states, are based on reference data. This data cannot be provided due to the lack of data availability and thus prevent the application of such methods. Typically, shunting vehicles are currently equipped with diesel engines. Even if railway-specific engines comply with emission limits, alternative forms of traction are increasingly attracting the interest of operators [2]. With current vehicle architectures, the integration of modern diesel engines represents a common modernization at reasonable cost. Alternative topologies based on accumulators, fuel cells or the combustion of hydrogen in diesel engines cannot be integrated into existing vehicles, or only at unacceptable expense, due to completely different operational and spatial requirements. The state of the art, outlined for vehicle architectures of existing vehicles, is therefore not open to overarching concepts that consider maintainability, digitization and sustainability. Modularity as an enabler The previously mentioned challenges result in new requirements for vehicle architectures of both existing and new vehicles. Due to changing operational and legal requirements, the flexibility of vehicle architectures is becoming more important. A further challenge for the cost-efficient, sustainable operation and maintenance of an existing vehicle is the management of the diversity of variants. Only when vehicles become comparable from a maintenance perspective, economies of scale can be activated to save costs and increase benefits. In this context, the methodical modularization of the vehicle structure represents a promising approach. Rail vehicles are complex technical systems consisting of many components with interdependencies. By definition, the concept of modularity addresses the state of a system in which dependencies Technology INTERNATIONAL Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 41 between the individual components of a system are kept low and component interactions take place via unified interfaces [4]. This can be seen as the opposite of the current state of the art for structures of existing shunting vehicles. Figure 1 shows the methodical modularization of the locomotive structure to create an open vehicle platform. Starting from a target system (e. g. a shunting locomotive that has to be modernized due to its age), modularization is carried out in compliance with the usual process specifications (RAMS, CSM-VO according to EU/ 402/ 2013, DIN EN 50126 ff.) to ensure functional safety by first identifying the essential (safety relevant) functions of the target system (e.g. providing traction). Based on these, individual functions are identified in the next development step that are necessary to fulfill the main functions (e. g., increasing the motor speed, filling the flow transmission, controlling the traction motors, etc. to provide traction). The preparation of the overall structure is done with respect to modularity by forming assemblies, which in turn may consist of one or more components and are used to perform a single function. These assemblies are separated from one another in terms of mechanics, energy and signaling, and are connected to one another by defined interfaces. Thus, assemblies can be subjected separately to a safety assessment to promote interchangeability within the framework of the modular principle. The overall system architecture finally results from the arrangement of the assemblies on the vehicle, considering safety, approval and operation requirements. If the project is successfully implemented, approved and tested, the concept is standardized and becomes part of the standardized vehicle platform. The existing vehicle platform is the starting point for the realization of individual customer requirements, which are integrated into the existing standard. This can involve replacing individual components and assemblies (e. g. the engine module with a different performance class) or adding (software) modules to implement individual safety and non-safety-related functions. In addition, the modular architecture allows to implement alternative drive topologies within an acceptable cost framework thanks to economies of scale. However, the core of the implementation remains the approvable standard of the platform locomotive. Realization and advantages of the platform locomotive The Westfälische Lokomotiv-Fabrik Reuschling applies the modular vehicle platform for the modernization of dieselhydraulic shunting vehicles. In the process, the vehicle structure of an existing vehicle is designed in the course of updating the technical structure from the point of view of a modular standard. Figure 2 shows the model of an existing modernization standard for the LHB 530C series. As can be seen from the model, there is a consistent separation of the most important components and assemblies of the superstructure in separate frames and carriages. This achieves a flexibility that not only affects maintainability, as explained in more detail in the following section, but also operational processes. For example, hoods that are easy to dismantle can significantly reduce the complexity of the transport of shunting locomotives to operating locations by road, because the vehicle does not have an oversize body. In this way, costs can be reduced and processes be streamlined. The use of the modular principle to realize individual customer requirements affects not only the design but also the control unit of the vehicle. The control and software architecture of the platform locomotive is also modular in design, so that once modules have been replaced or substituted, there is no need to go through a complete software approval process; instead, all that is required is an examination of the module involved, its interfaces and the impact on the overall system. Vehicle structures based on the modular principle have many advantages. These are presented below in more detail but not exhaustive for the aspects of maintainability, digitization and alternative drives. Maintainability Mechanically, the use of quick-release fasteners to attach the individual modules to the vehicle frame and the storage of components on slides greatly accelerates maintainability and interchangeability. Due to the modular design and better accessibility, times for troubleshooting can be significantly reduced. In extreme cases, modules can be exchanged with identical ones. As a result, downtimes and costs are reduced because disassembly activities, waiting times for services or components are reduced and operational capability can be restored more quickly. An example of mounting a compressor on a carriage for simplified maintainability is shown in figure- 3. By pulling the carriage out, the component can, in contrast to current state of the art architectures, be quickly and easily maintained. The concept also allows procurement to be extended to related, e.g. automotive, suppliers. For example, truck engines of suitable performance classes can be used as part of the platform concept, with exhaust gas standards, lower procurement prices and times, larger quantities, and a highly available maintenance network. Overall, life cycle Figure 1: Procedure for modularization and creation of a standardized vehicle platform Figure 2: CAD drawing of a shunting locomotive modernized according to the modular concept (LHB 530C) INTERNATIONAL Technology Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 42 costs can thus be consistently reduced in the realization phase, but especially during use and maintenance. Digitalization As shunting vehicles are increasingly integrated into the operator’s IT infrastructure, the vehicles require appropriate infrastructure and connectivity. The IT infrastructure on vehicles ranges from simple localization sensors (GPS) to decentralized computing capacities for data evaluation, for example for condition monitoring. Furthermore, a decentralized control periphery is implemented on the vehicle. This means that modules are connected to the central control unit via a common link, e.g. Profinet, and components are not wired separately, as it was previously the case. This means that only one instead of several signal cables are required per module, which reduces the amount of cabling, required space and potential errors e.g. due to line damage. Lastly, data availability is guaranteed and the flexibility of the data infrastructure on the vehicle is ensured in order to make replacements or extensions, e.g. for the application of artificial intelligence methods. Sustainability As described previously, the vehicle platform allows drive trains to be considered with a large degree of freedom. Currently, diesel-hydraulic drives are predominantly implemented for shunting vehicles. Using advanced engine technology, these are characterized by reduced emissions and lower consumption (up to 50 % fuel savings compared to existing engines) with the same or higher performance. In the near future, as shown by initial feasibility studies conducted by numerous operators, alternative drive technologies will additionally influence the decision-making space in modernization projects of shunting vehicles. While alternative combustion drives, e.g. gas engines, can be integrated into existing standards due to their similarity to existing solutions, the challenge for green hydrogen-based drives is much more challenging due to storage and refueling. Accordingly, different powertrains can be expected due to different energy conversion processes with different spatial as well as safety requirements. While it does not seem realistic to integrate hydrogen-based drive solutions into state-of-the-art vehicle bodies, the platform concept provides a suitable basis for the realization of such concepts. However, due to the long decision-making cycles, it is important to prepare architectures for corresponding solutions now. Conclusion To date, the concept described for modularizing the vehicle architecture has been implemented for ten shunting locomotives and further vehicles are currently being retrofitted. Modularization of vehicle architectures is also regularly used in some cases, e.g., for remotorization. Observations and experience gained in practice have confirmed the advantages of modularity for maintainability. In the area of digitalization, the decentralized and modular control architecture provides a resilient basis for vehicle control and diagnostics. In addition, it has already been possible to implement sophisticated digitalization projects using the platform concept (see e. g. a3-Lok [5] and RangierTerminal 4.0 [6]). The integration of alternative drive technologies will most clearly shape the further development of the platform concept in the coming years, especially for existing vehicles. The combination of different sustainable energy supplies on the vehicle (hydrogen combustion, fuel cell, battery) in conjunction with their respective novelty poses technical problems for the platform concept on the one hand, because fundamentally different boundary conditions exist with regard to spatial arrangements, interactions and signal and material flows. Apart from the technical functionality, the legal, social and economic constraints of alternative drive technologies also determine the design of a sustainable vehicle platform. Even if the first pilot applications for very limited use cases will appear in the near future, the development of a marketable vehicle platform for sustainable drive topologies will initially be in the focus of research and development due to the issues to be solved. Nevertheless, Westfälische Lokomotiv-Fabrik Reuschling considers the development of a suitable platform concept to be without alternative for seriously achieving sustainability and zero emission targets. ■ LITERATURE [1] Janicki, J.; Reinhard, H.; Rüffer, M. (2020): Schienenfahrzeugtechnik. [2] Höft, U. (2016): Mehr Güter auf die Schiene, aber wie? Ansätze und Vorschläge zur Attraktivitätssteigerung des Schienengüterverkehrs. Gutachten für die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen im Deutschen Bundestag. [3] Müller, S.; Lobig, A.; Liedtke, G. (2016): Chancen und Barrieren für Innovationen im deutschen Schienengüterverkehr: Eine innovationstheoretische Perspektive. In: Zeitschrift für Verkehrswissenschaft 87 (3), S. 177-206. [4] Magee, C.; Weck, O. (2004): Complex System Classification. In: INCOSE International Symposium 14 (1), S. 471-488. [5] Geischberger, J.; Falgenhauer, R.; Hanisch, R.; Franzen, J.; Grunwald, A. (2021): RangierTerminal4.0: Automatisiertes Rangieren im JadeWeserPort . In: Der Eisenbahningenieur 12/ 2021, S. 43-46. [6] Franzen, J.; Lingen, M.; Pinders, U.; Kuhlenkötter, B. (2019): Reduction of system-level lifecycle costs through movement-based operation adjustment for railway vehicles. In: Proceedings of the 12th World Conference on Railway Research. Figure 3: Better accessibility of components e.g. by mounting on slides for better troubleshooting and maintainability Jannis Sinnemann, Dr.-Ing. Innovation Manager, Westfälische Lokomotiv-Fabrik Reuschling GmbH & Co. KG, Hattingen (DE) j.sinnemann@reuschling.de Udo Pinders, Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. CEO and Shareholder, Westfälische Lokomotiv-Fabrik Reuschling GmbH & Co. KG, Hattingen (DE) u.pinders@reuschling.de Julian Franzen, Dr.-Ing. Head of Innovation, Westfälische Lokomotiv-Fabrik Reuschling GmbH & Co. KG, Hattingen (DE) j.franzen@reuschling.de Walter Schreiber, Dipl.-Ing. Management Board and Shareholder, Westfälische Lokomotiv-Fabrik Reuschling GmbH & Co. KG, Hattingen (DE) w.schreiber@reuschling.de Technology INTERNATIONAL Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 43 Generating robust dispatching solutions Taking into account block sections’ operational risk Dispatching, Rescheduling, Risk mapping, Operational risk analysis Not least because of the increasing demand for transport and limited possibilities to expand railway infrastructures, efficient dispatching approaches gain in importance. The Institute of Railway and Transportation Engineering at the University of Stuttgart developed a proactive dispatching algorithm, which automatically generates robust dispatching solutions while taking random disturbances in dynamic circumstances into account. Ullrich Martin, Markus Tideman, Weiting Zhao N ot least because of the increasing demand for transport and limited possibilities to expand railway infrastructures, efficient dispatching approaches gain in importance. Hence and thankfully funded within the framework of a German Research Foundation (DFG) project, the Institute of Railway and Transportation Engineering at the University of Stuttgart developed a proactive dispatching algorithm, which automatically generates robust dispatching solutions while taking random disturbances in dynamic circumstances into account [1]. Therefore, the proposed algorithm consists of two major processes as depicted in figure 1: The operational risk analysis, which is performed in offline mode and the generation of dispatching solutions in online mode-[2]. The main idea behind this dispatching approach is that the negative impact of disturbances on the operational quality strongly depends on the points of their appearance. By dividing the infrastructure into block sections and by disturbing railway operation on every block section separately in offline mode as shown in figure 2, the resulting operational risk index of every block section of the studied network can be calculated based on the resulting average total weighted waiting time. Finally, an operational risk map can be obtained. This risk map remains valid as long as neither significant changes in infrastructure nor in railway operations program occur [3]. According to figure 3 and based on the findings of the operational risk analysis, the dispatching solutions are generated in online mode, which means during real time operation. To ensure a lasting effect of the generated solutions, the investigated time span is divided into stages (1 st task). At the beginning of every stage, the train runs of the current timetable are artificially prolonged according to the risk levels of the block sections a train passes (2 nd task). Regarding this linkage, a detailed description is made in the next section. The underlying idea is, to add implicitly especially for high-risk block section larger additional recovery times, whereby the timetable is more robust against potential disturbances. Then, it is checked whether the modified timetable contains blocking time conflicts. If no conflicts are detected, the current timetable will be maintained until the beginning of the next stage. Otherwise, the conflicts are solved by retiming or reordering as it is described in [4] and partly in the next section (3 rd task). Methods The proposed dispatching algorithm is based on several widespread used scientific methods such as Tabu Search algorithm as well as Monte Carlo method. The latter one is used for creating sufficient disturbance scenarios during the operational risk analysis (see [3]). In addition, the inverse cumulative distribution function is utilized in connection with the aforementioned linkage between the risk index of a specific block section and the prolonging of the train runs along this section. Depending on the characteristics of the investigated railway network, the block sections are classified according to their risk index into so-called risk level (L). To prolong the train runs, it is necessary to establish a functional relationship between the risk level of a block section and the additional recovery times (x) to be added in the 2 nd task (see figure 3). Those additional recovery times represent potential disturbances like dwell time extensions, departure time extensions, running time extensions and entry delays. Unfavorably, it is difficult to directly link x to L, which is why a cumulative distribution function (P) serves as a bridge that linearly relates P to L Figure 1: General workflow of the dispatching algorithm INTERNATIONAL Technology Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 44 with maximum-minimum normalization [1,-4]. Concerning this, the underlying mathematical derivation is given in formula 1: (1) It can easily been seen that x depends on P max (maximum value of cumulative probability function), P min (minimum value of cumulative probability function), L max (maximum value of operational risk level), and L min (minimum value of operational risk level) as well as L. While L represents the individual risk level of a specific block section, the four other variables are predefined by the user before using the dispatching algorithm. As described in the introduction and according to figure 3, it is investigated whether these prolonged train runs are coming into conflict with each other. If they do so and a user-defined threshold that represents a maximum allowable total weighted waiting time is exceeded, the conflicts are rated as significant conflicts. In this case, the train runs are reordered with the help of Tabu Search algorithm. At this, neighboring train orders starting with the current train order are generated and the corresponding total weighted waiting time is calculated iteratively, until a user-defined aspiration and/ or termination criteria is satisfied. In this way, a balance between the quality of the solution and the computation time is ensured [4]. Results In this paper, special attention is paid to the linkage between the calculated risk index or rather risk level of a block section and the additional recovery times that are added on the trains passing through this block section. In the framework of a case study, a reference railway network was utilized that consists out of 35 block sections. Under the assumption of L max = 5 (maximum value of operational risk level) and L min = 1 (minimum value of operational risk level), the operational risk analysis revealed the classification shown in table 1 [2]. To obtain the additional recovery times based on the shown risk classification and by utilizing the formula shown in figure 4 a few more assumptions had to be made in the case study [4]: •• The maximum value of cumulative probability function P max is set 0,95 •• The maximum value of cumulative probability function P min is set 0,05 •• The negative exponential distribution with rate parameter β = 10 minutes Figure 2: Workflow of the operational risk analysis Figure 3: Workflow of the generation of dispatching solutions Technology INTERNATIONAL Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 45 serves as the probability distribution function f(x) All these things considered, the resulting additional recovery times for the train runs can be obtained. As an instance, table 2 shows the additional recovery times imposed on freight train runs depending on the risk level of the block sections. It should be noted that entry delays are only relevant for block sections functioning as an entrance to the investigated railway network and that dwell time extensions and departure time extensions are only relevant, if the timetable of a specific train run contains a stop in the specific block section. Modifying the current timetable according to the obtained, partly very large additional recovery times and continuing the workflow of the generation of dispatching solutions as depicted in figure 3, it might be assumed that the resulting maximum throughput capacity of the investigated railway network would be compared to other widely used dispatching principles significantly lower. In fact, extensive testing within the case study proved for 1,650 assumed disturbed timetables that the proposed dispatching algorithm offers even a 2.68 or rather 4.46 percent higher maximum throughput capacity than greedy algorithm and first come first serve-principle [1]. Conclusions and Contributions The dispatching algorithm described in this paper possesses considerable advantages. First, railway dispatchers can effectively be relieved. This can be traced back to the automatic generation of dispatching solutions as well as to their increased robustness against potential disturbances. Second, the first major algorithm process, which is the operational risk analysis, can be utilized for effective timetable planning by disclosing high-risk block sections long before real time railway operation. Building on this, recovery times can be spread more efficient along the train runs. This supports a good balance between capacity utilization and operation quality. Furthermore, the algorithm is capable to solve various conflict types such as following, crossing, merging and opposing conflicts and it is basically possible to adapt the algorithm to any other railway network implemented in RailSys software. Moreover, the proposed dispatching approach provides further flexibility. On the one hand, the length of the stages (see Figure 3, 1st task) can be adjusted depending on the application case. On the other hand, the probability distribution function, which is used to link the risk level of a specific block section to the additional recovery times, can be set individually. Concluding all, the proposed dispatching algorithm is a promising approach to raise railway operation quality in the event of disturbances. Not least because of the algorithms’ high flexibility, one of the current research work of the Institute of Railway and Transportation Engineering at the University of Stuttgart deals with its adaption in the field of other transport modes. ■ REFERENCES [1] Martin, U.; Tideman, W.; Zhao, W. (2018): Risk Oriented Dispatching of Railway Operation under the Consideration of Random Disturbances in Dynamic Circumstances (DICORD). DFG-project (MA 2326/ 22-1) - in progress, Institute of Railway and Transportation Engineering, Stuttgart [2] Tideman, W.; Martin, U.; Zhao, W. (2019): Proactive Dispatching of Railway Operation. Proceedings to 8th International Conference on Railway Operations Modelling and Analysis (ICROMA) - Rail- Norrköping 2019, Norrköping, Sweden, June 17th - 20th, 2019, pp. 1605-1614 [3] Zhao, W. (2017): Hybrid Model for Proactive Dispatching of Railway Operation under the Consideration of Random Disturbances in Dynamic Circumstances, vol. 22, Books on Demand, Norderstedt, Neues verkehrswissenschaftliches Journal [4] Zhao, W. ; Martin, U.; Cui, Y.; Liang, J. (2017): Operational risk analysis of block sections in the railway network. In: Journal of Rail Transport Planning & Management, 7 (4), pp. 245-262, DOI: 10.1016/ j. jrtpm.2017.09.003 Markus Tideman, M.Sc. Former research assistant, Institute of Railway and Transportation Engineering (IEV), University of Stuttgart (DE) post@ievvwi.uni-stuttgart.de Weiting Zhao, Dr.-Ing. Former research assistant, Institute of Railway and Transportation Engineering (IEV), University of Stuttgart (DE) post@ievvwi.uni-stuttgart.de Ullrich Martin, Prof. Dr.-Ing. Director, Institute of Railway and Transportation Engineering (IEV), University of Stuttgart (DE) ullrich.martin@ievvwi.uni-stuttgart. de AUF EINEN BLICK Nicht zuletzt aufgrund des steigenden Transportbedarfs und eingeschränkter Möglichkeiten zum Ausbau von Bahninfrastrukturen gewinnen effiziente Dispositionsansätze an Bedeutung. Daher hat das Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen der Universität Stuttgart im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts einen proaktiven Dispositionsalgorithmus entwickelt, der unter Berücksichtigung zufälliger Störungen bei sich dynamisch ändernden Situationen automatisch robuste Dispositionslösungen generiert. Der entwickelte Algorithmus besteht aus zwei Hauptprozessen: Der betrieblichen Risikoanalyse, die im Offline- Modus durchgeführt wird, und der Generierung von Dispositionslösungen im Online- Modus. Besonderes Augenmerk wird in diesem Beitrag auf die Verknüpfung dieser beiden Prozesse gelegt, indem in einer sogenannten betrieblichen Risk Map die Beförderungszeiten der Zugfahrten entsprechend der in dieser Risk Map enthaltenen Risikostufen der einzelnen Blockabschnitte verlängert werden. Darüber hinaus gibt dieser Artikel eine kurze Einführung in den vorgeschlagenen Dispositionsalgorithmus im Allgemeinen. Außerdem werden kurze Auszüge einer Fallstudie beschrieben, die die Wirksamkeit des Algorithmus belegen. Risk level Block section designation 1 (lowest risk) B18, B24, B29, B32, B33, B34, B35 2 B1, B2, B15, B16, B17, B30, B31 3 B3, B5, B9, B10, B22, B23, B25 4 B4, B11, B13, B14, B26, B27, B28 5 (highest risk) B6, B7, B8, B12, B19, B20, B21 Table 1: Operational risk levels of the block sections in the context of the case study Additional recovery time [min] to compensate … Risk level … dwell time extensions … running time extensions … departure time extensions … entry delays 1 (lowest risk) 0.26 0.51 0.26 1.03 2 1.04 2.08 1.04 4.15 3 1.97 3.93 1.97 7.86 4 3.10 6.21 3.10 12.42 5 (highest risk) 4.58 9.16 4.58 18.33 Table 2: Additional recovery times imposed on freight train runs on the specific block sections INTERNATIONAL Technology Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 46 CADMUSS - an innovative project to improve maritime safety Collision prevention, Safety, Maritime transport chains, Ship encounters The evaluation of a (maritime) traffic situation requires sound training and professional experience. Decisions can be made based on this training and experience. (Partially) autonomous ships must be trained or require generalized algorithms to react appropriately in any situation. The goal is for vessels to be able to determine the technical manoeuvring distance and the required personal perceived safety distance. Sönke Reise, Carsten Hilgenfeld, Diego Piedra-Garcia A utonomous or semi-autonomous vehicles require a wide range of technical support systems with corresponding software in order to navigate safely in traffic. In the case of manually controlled vehicles, humans take over many of these tasks. One of these tasks is the situation-dependent assessment of safety distances to other vehicles. In motor vehicle traffic, this assessment depends, among other things, on the driving speed, the skill and experience of the driver as well as other circumstances such as the condition of the road and weather conditions. It is easy to see that the “safe” distance can vary greatly from case to case. The CADMUSS project focuses on this topic in the maritime environment. It is intended to make a contribution to collision prevention and thus to increasing the safety of maritime transport chains. International shipping is at the beginning of an epochal change. In addition to moving away from fossil fuels, ships will operate more autonomously in the future. This means that, in addition to the human judgement of the ship’s command, technical and digital systems for assessing a hazardous situation will also play a prominent role. This article aims to highlight the CADMUSS project and the associated scientific and practical significance and relevance for maritime decision-makers. Initial situation and project objectives Several thousand maritime accidents occur each year [1]. In many cases, groundings or contact with infrastructure or other floating objects in the water are relatively inconsequential. In the case of contact with other ships, on the other hand, great damage to the ship and crew can occur. In 2020, 49 major ships were lost as a result of maritime accidents [2]. The causes of these accidents are varied and often there is not just one single reason that led to the accident, but rather a chain of causes. Reconstructing the course of events leading to the accident is just as important in the maritime industry as it is for all other modes of transport and serves to identify who caused the accident and clarify the question of liability. This makes it all the more important to reduce accidents at sea and to develop suitable assistance systems for this purpose. To assess the risk of a possible accident, two distances must be evaluated. Image: Hulki O. Tabak / Unsplash Technology INTERNATIONAL Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 47 The first is the minimum technical distance. This describes the minimum distance that ships must be away from each other in order to avoid a collision while taking the best possible accident-prevention course of action. If the distance is less than this, a collision is possible due to the manoeuvring characteristics of the ships (including stopping distance and course keeping inertia). In other words, if the minimum technical distance is not achieved, ships could collide if the ship’s command makes the wrong decisions. In the area of a port entrance, two ships regularly pass each other at a small distance without touching, as the ship’s command behaves in accordance with the traffic regulations. Theoretically, however, a collision would be possible by changing course within the minimum technical distance. The second is the “comfort distance”, which is determined by the subjective sense of safety of the ships command and depends, among other things, on the type of ship, the sailing speed and the weather conditions. The responsible ship’s command will endeavor to keep clear of other vessels as necessary as possible and not allow them to encroach on the comfort distance. If another vessel is within the comfort distance, this triggers extra caution and manoeuvring readiness on the part of the ship’s command on duty. Without doubt, the knowledge of these distances and the recognition of them is of outstanding importance for the development of assistance systems. This is the overarching goal of the CADMUSS project (Collision Avoidance Domain-Method Used by Ships and aShore). Specifically, CADMUSS aims to generate models for calculating the minimum technical safety distance of ships [3]. In addition, the personal safety distance (comfort distance) of the ship’s command is to be determined as a function of the weather conditions and the type of ship. These two safety distances are to be integrated in the form of a demonstrator both in shipboard operations, but also on land-based VTS (Maritime Traffic Safety) and in web applications. As an additional challenge, not only a 2D but also a 3D safety zone will be investigated. While the 2D safety zone represents a bird’s eye view, the 3D part will include the depth profile and the underwater hull. The project has Polish and German partners from science and industry: •• Gdynia Maritime University [PL]. •• Gdansk University of Technology [PL] •• Navsim Technology [PL] and •• FleetMon | JAKOTA Cruise Systems [DE] •• Wismar University [DE] •• IN-Innovative Navigation GmbH [DE] Project structure The project has been ongoing since September 2020 and is scheduled for completion in autumn 2023. The processing is divided into nine work packages. In the first step, relevant scenarios and collision avoidance strategies are evaluated by means of expert interviews. From this, the requirements for the user interfaces, which are still to be developed, and for the user experience are to be compiled. Based on this, the most extensive part, the development of a 2D ship domain concept, is undertaken. “Ship domain” stands for the immediate area around a ship. For this purpose, the academic project partners develop concepts for the comfort zone and the maneuver zone. With these results - based on historical data - a data model can then be created whereby the question of data provision must not be neglected. In any case, relevant data include AIS position data, weather data, static and dynamic ship data as well as information on the respective location with regard to possible traffic separation areas, maximum draught and maximum speed. In addition to the data provision, data interfaces have to be defined. In order for the tool to be versatile, applications and interfaces to the ships and the traffic control centres have to be created and questions of system architecture have to be answered. After that, the development of a 3D model can begin, which, unlike the 2D model, takes into account the underwater hull and thus also the vertical ship movements as a result of the sailing speed and the swell. In the further course, ship-to-ship encounters are simulated in order to be able to determine the dimensions of the safety areas. The simulations are performed for a predefined set of controlled variables and boundary conditions. For example, the loading and stability conditions of the ship, weather conditions, bathymetric profile of the area (nature and structure of the seabed) and type of evasive manoeuvres. For this purpose, the most advanced numerical model of ship dynamics is used. As a result, a wide range of the ship safety area is calculated for a set of input parameters. Safety models can then be developed. The ship-based safety model provides the ship’s command with an operational decision-making tool. Based on this model, a modified type can be generated that can be used on shore by traffic control centers and web applications. After an evaluation of the previous results by the project partners and the comparison between the on-board, land-based and web-based demonstrator, further seabased and land-based parts are to be integrated. This will then involve the dynamisation of the areas, since, as mentioned at the beginning, these are among other things depending on the vessel speed. In addition, the model must provide a user interface that promises a positive user experience with the integration of the 2D and 3D models. Finally, applicability studies are foreseen to turn the demonstrator into a marketable product to improve maritime safety. Figure 1: Methodology for recording and assessing risk in ship encounters [4] Figure 2: Visualization of the maneuvering zone of a fictitious ship [1] INTERNATIONAL Technology Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 48 Findings to date Assessment of the safety of ship encounters Ships encounter each other on a daily basis, and the narrower the waters, the shorter the distances between them. This can be well observed in Europe in the Kadet Trench and the Fehmarn Belt. The challenge in the project is to use data - and not personal observation of the situation - to record and evaluate the respective situation. Figure 1 shows the basic procedure for assessing the safety of ship encounters. In a first step, all relevant data about the focussed ship, the ships in its (immediate) vicinity have to be collected with regard to static and dynamic ship and sailing data. In addition, environmental data (wind, visibility, water depth, ...) also play a role. In a further step, a situation picture of the situation must be created from this data. It should be noted that this situation is dynamic, i.e. it changes continuously and can become more critical or less critical. This is relevant for the situational analysis required in the third step. As a result of this situational analysis, a yes or no decision must be made as to whether the risk of a collision is acceptable (because ships in the close range are not currently on a collision course) or unacceptable (because a collision is likely). If the algorithm, which has not yet been defined, comes to the conclusion that there is a risk and that this risk is not acceptable, possible manoeuvres must be examined and evaluated, as a result of which the best and most suitable manoeuvre is initiated in the final step. Further challenges in assessing a situation occur because the expected minimum passing distances and the time until this distance is reached change with every second. Furthermore, this data does not allow a reference to the (necessary) manoeuvre space and the actual time remaining for a manoeuvre. Therefore it needs to be combined with other data. At this point, the two distances already mentioned must then be considered more in detail, with a further challenge in the subjectively assessed “comfort zone”. Development of the 2D Ship Domain Concept Taking into account the findings from the expert surveys, the various aforementioned data sources, it is possible to develop and implement a draft calculation algorithm for maneuver zones. An example of this can be seen in figure 2. This model was then used with data from a known real ship to verify the algorithm. The result is shown in figure 3. The results shown in figure 2 and figure 3 were generated using SIMDAT, a simulation software specially developed by ISSIMS GmbH (HSW). It should be noted that the zones shown in figures 2 and 3 appear static, but these are highly variable and dynamic depending on the ship parameters and environmental conditions (e. g. wind direction and strength), increasing the complexity of the calculations. Procedure and interim conclusion In the next steps, an extensive demonstration and experimental environment is set up to simulate and test the influences of different variables. Furthermore, this serves the development of the safety modules for ship and shore side. In addition, the 2D model is extended by the 3D model, which is based on the vertical ship movements as a result of the sailing speed and the wave motion. The ambitious project shows first successes. It could be shown that it is technically possible to process tens of thousands of objects in less than 50 milliseconds and thus to make a meaningful decision as to whether a ship is running on a collision course in the close range. The 2D Ship Domain concept has proven to be applicable and consequently the definition of the comfort and manoeuvring zone. ■ The CADMUSS project is funded by the German Federal Ministry for Economic Affairs and Energy within the funding announcement “MarTERA ERA-NET COFUND” [5] and is supervised by Project Management Jülich (PtJ). LITERATURE [1] JAKOTA Cruise Systems, 2021. Online available: www.fleetmon.com/ maritime-news/ [2] Alliance, 2021. Online available: www.agcs.allianz.com/ news-andinsights/ news/ safety-shipping-review-2021-press-de.html [3] JAKOTA Cruise Systems, 2021. Online available: www.cadmuss.tech [4] Wismar University of Applied Sciences, internal CADMUSS project presentation, 2021. [5] Project Management Jülich, 2021. Online available: www.martera.eu Carsten Hilgenfeld, Dr. FleetMon | JAKOTA Cruise Systems GmbH, Rostock (DE) hilgenfeld@fleetmon.com Diego Piedra-Garcia FleetMon | JAKOTA Cruise Systems GmbH, Rostock (DE) piedra@fleetmon.com Sönke Reise, Prof. Dr. Professor for Transport and Logistics, Wismar University of Applied Sciences, Rostock (DE) soenke.reise@hs-wismar.de Figure 3: Visualization of the maneuvering zone of a RoPax ferry [4] Technology INTERNATIONAL Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 49 Charging infrastructure and-charging methods for electric buses Focus on the city of Shenzhen in China which has the world’s largest fully electric fleet of buses Electric bus fleet, Charging infrastructure, Shenzhen The movement towards a sustainable and greener future aims to transform the transport sector. Therefore, the public transportation sector is currently undergoing a major transition. In comparison to diesel buses, electric buses have a limited driving range and the charging process takes longer. However, they offer an improved environmental balance. Cities like Shenzhen provide an example on how to transform public transport with a fully electric bus fleet in operation. Elisabeth Gütl T he European Union’s Clean Vehicles Directive (CVD) sets ambitious goals and obliges member states of the EU to focus on the procurement of alternative initiatives in the public sector. Until 2025 many member states have committed to procuring at least 45 % of ‘clean’ buses in the vehicle category ‘M3’ (used for the carriage of passengers, having a maximum mass exceeding 5 tonnes). That means they are powered by sources such as electricity, hydrogen biofuels or natural gas. Half of them must be run with zero local emissions, thus they must be either powered by electricity or hydrogen. By the end of 2030 this percentage will increase to 65 % [1]. Hence many countries from the EU have focused their efforts on eliminating diesel buses and replace them with electric buses. But there are still obstacles to tackle. The Image: Volvo Buses INTERNATIONAL Technology Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 50 driving range of electric buses is lower than that of diesel busses and the recharging time is longer. Therefore, a suitable charging infrastructure is necessary and the right charging method needs to be taken into account [2]. Taking a closer look at possible charging methods it can be differentiated between AC or DC charging, inductive charging and battery swap stations [3]. AC or DC charging Looking at AC (alternating current) or DC (direct current) charging of electric buses the main distinction is between a normal power recharging point and a high power recharging point. A normal power recharging point allows a transfer power of less than or equal to 22 kW. A high power recharging point allows a transfer of electricity with a power of more than 22 kW [4]. For electric buses the charging power varies depending on the type of use and the charging strategy. Lower charging power is typically performed with overnight charging of electric buses. This means that, for a common battery size of electric buses, between 200 to 300 kWh [5], with a charging power of e.g. 50 kW, a 300 kWh battery can be charged in around 6 hours in a depot overnight. Higher charging power with up to 500 kW is usually performed by charging with a pantograph and can recharge the battery rapidly. A pantograph is an apparatus that collects power through contact with an overhead line either mounted on the roof of an electric bus or for example mounted on the roof of a bus station (see figure 1) [6]. Inductive charging Inductive charging is a contactless wireless technique that recharges electric vehicles and transmits power by electromagnetic induction [8]. Simply spoken it consists of two parts: the primary coil and the secondary coil. The primary coil (transmitter coil) can be, for example, imbedded in the street and the secondary coil (receiver coil) is on top of the electric bus. The working principle is like a transformer: power is transferred across an air gap without any mechanical contact [9]. Inductive charging can be carried out both stationary and dynamic, thus an electric vehicle can be also charged while it is in motion. Inductive charging offers many advantages. No human intervention is required for the charging process and there are no conductive losses because no conductive wires are used for charging. On the other hand inductive charging systems are still under development and setting up the infrastructure can be cost-prohibitive [10]. Battery swap stations Battery swap stations offer the advantage of replacing the whole battery with a recharged one. The battery change happens fully automated at battery swap stations and the battery can thus be replaced quickly en route [11]. One design solution to achieve an efficient battery swapping process is to produce electric buses with an integrated roof-top mounted battery exchange system. If the battery needs to be recharged the electric bus can utilise a battery swap station along its route and swap the fully automated battery in less than one minute [12]. Building up battery swap stations is expensive, however they offer the advantage to recharge empty batteries more flexibly, for example when electricity demand is low [13]. Shenzhen model Shenzhen is the first major city in the world that has managed to fully electrify buses in the public transport system. By the end of 2017 the entire bus fleet of about 17,000 buses in Shenzhen was fully electrified. Since the initial investment costs for a suitable charging infrastructure as well as the procurement cost of electric busses are rather high, Shenzhen adopted a new business model to tackle the challenging transformation (see figure 2) [14]. The parties involved in this newly adopted business model are the electric bus production company, a financial leasing company, the bus company, the charging facility operator and the government. A key point of the model is how the vehicle and battery are purchased separately. The electric bus produced by the electric bus production company is purchased by the financial leasing company, while the battery is purchased by the charging facility operator. After purchasing the electric bus, the financial leasing company leases the bus to the bus company for eight years. The charging facility operator is responsible for establishing the charging infrastructure, maintaining it and for the charging cost. To use this service, the bus company pays a maintenance service fee to the charging facility operator. The government subsidises the electric vehicles. [15]. Regarding the charging mode, several charging modes have been evaluated, in the end Shenzhen opted to go for large-scale DC fast charging stations. Most of the buses in Shenzhen’s public transport system have an operation distance of 190 kilometres per day. This means that they mainly need to recharge at night. [16]. Shenzhen opted to replace diesel buses for several reasons. Busses in public transport do frequently stop which means that diesel busses are not operating in their optimum operating point. Furthermore, diesel buses do emit more particles as for example gasoline-powered vehicles do. Therefore, electric busses contributed to a more liveable and environmentally-friendly city by improving the air quality in Shenzhen [17]. Figure 1: Charging with a pantograph [7] Technology INTERNATIONAL Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 51 Future prospect: Solid-state battery Up to now different types of lithium batteries are still the dominating type of batteries used in electric vehicles. Among them lithium-ion batteries are most commonly used since they are low in weight and offer a high energy storage potential. But the driving range is limited and the operating temperature has an impact on their performance and longevity of lithium-ion batteries [18]. Furthermore, lithium-ion batteries use liquid electrolyte, to allow the movement of ions between anode and cathode, which is flammable and therefore a safety hazard. Solid-state batteries replace liquid electrolyte by a solid electrolyte which is not flammable and hence leads to a safer vehicle operation [19]. Another notable benefit is the higher energy density and therefore a longer driving range since they can use a lithium metal anode. Currently solid-state batteries are still under research and challenges like cost effective manufacturing or finding the right type of electrolyte are still to be overcome to make them ready for mass market use [20]. Conclusion Transforming the public transport sector and replacing diesel buses by more environmentally-friendly electric buses is one measure to help prevent climate change. Building up the infrastructure and choosing the right charging method can be challenging. Shenzhen in China already underwent this transformation and shows an example on how to successfully reshape the public transport sector. Shenzhen adopted a new business model and opted for DC fast charging stations to recharge their electric buses. Although there are other approaches that can be considered, Shenzhen shows us one possible way forward on how to support public transportation electrification and this could have positive consequences for other cities in the future. ■ REFERENCES [1] Directive (EU) 2019/ 1161 of the European Parliament and of the Council of 20 June 2019 amending Directive 2009/ 33/ EC on the promotion of clean and energy-efficient road transport vehicles. [2] Rogge, M.; Wollny, S.; Sauer, D. U. (2015): Fast Charging Battery Buses for the Electrification of Urban Public Transport—A Feasibility Study Focusing on Charging Infrastructure and Energy Storage Requirements. In: Energies 8(5), pp. 4587-4606 [3] Arif, S. M.; Lie, T. T.; Seet, B. C.; Ayyadi, S.; Jensen, K. (2021): Review of Electric Vehicle Technologies, Charging Methods, Standards and Optimization Techniques. 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Ser.: Earth Environ. In: Sci. 295, 5, p. 52048 [16] World Bank (2021): Electrification of Public Transport. A Case Study of the Shenzhen Bus Group. World Bank, Washington, DC [17] Lin, Y.; Zhang, K.; Shen, Z.-J. M.; Miao, L. (2019): Charging Network Planning for Electric Bus Cities: A Case Study of Shenzhen, China. Sustainability 11, pp. 17 [18] Iclodean, C.; Varga, B.; Burnete, N.; Cimerdean, D.; Jurchiş, B.: (2017): Comparison of Different Battery Types for Electric Vehicles. IOP Conf. Ser.: Mater. In: Sci. Eng. 252(1), p. 12058 [19] Kaufmann, T.; Thielmann, A.; Neef, C. (2021): Advanced technologies for industry. Product watch : Solid-state-lithium-ion-batteries for electric vehicles. European Commission, Brussels [20] Hatzell, K. B.; Zheng, Y. (2021): Prospects on large-scale manufacturing of solid state batteries. In: MRS Energy & Sustainability 8(1), pp. 33-39 Elisabeth Gütl, Dipl.-Ing. Project Manager, Great Wall Motor Austria R&D GmbH, Kottingbrunn (AT) elisabeth.guetl@gwm.at Figure 2: New business model of Shenzhen to electrify the public transport system [15] INTERNATIONAL Urban mobility Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 52 Data as a force to shape future urban mobility Bridging the data divide to shape a just digital transformation for climate-friendly urban mobility Urban mobility, Data, Digital transformation, Data literacy The sheer volume of data collected has grown exponentially. But particularly in developing and emerging countries, major gaps in availability, quality and usability of data lead to a lack of significant resources necessary to face the complex urban challenges. The Transformative Urban Mobility Initiative (TUMI) - funded by the German Federal Ministry for Economic Cooperation and Development (BMZ) - believes that for cities, data is a crucial enabler to make better as well as more informed decisions about sustainable mobility. With the development of an Urban Mobility Data Hub, TUMI is working together with its partners on making mobility data available for 40 cities in Africa, Latin America and Asia to shape the digital transformation of urban mobility in a climate-friendly way. Lena Plikat, Frederic Tesfay U rban development and transport are inseparably interconnected. Cities are growing rapidly, leading to overall growth in travel demand. Reaching a certain degree of saturation in industrialized countries, urban and transport development is progressing in other regions of the world with an enormous dynamism. Especially in developing and emerging countries unplanned urban growth is a challenge for achieving sustainable urban mobility. To shape future mobility in a climatefriendly way, it is crucial for cities to understand their complex mobility ecosystem. This is where data analysis and visualization play a key role, which is the only way to anticipate the need for mobility services at an Lagos, Nigeria. Image: GIZ Urban mobility INTERNATIONAL Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 53 early stage and respond accordingly. Mobility data thus enable well-founded policy and investment decisions so that transport modes can be efficiently adopted and used. Gaps in coverage, quality, and usability of data Lately, the digital revolution has led to the fact that the accessibility of data has greatly increased, as well as how easy information can be spread. But developing and emerging countries are being left behind. Despite the value of public intent data, particularly in developing and emerging countries, gaps in their availability, quality, and usability persist. For example, 35 percent of the world’s largest cities and 92 per cent of the largest lowand middle-income cities do not have complete land use or transportation maps [1]. Conventional land use maps, which divide the earth’s surface into categories such as “forest”, “water” or “tundra”, often group urban areas into a single category - such as “urban” or “built-up” - and thus do not reflect the complexity of urban spaces. OpenStreetMap, a citizen generated geospatial application that relies on users to digitize the location of roads and other infrastructure, shows a clearly lower coverage in lower income countries. In India, only 21 percent of the road network had been digitized by 2015. Additionally, adaptation of technologies such as ground-based sensors, which can measure air pollution or climatic conditions, is still too limited to provide data at scale. [2] Detailed data on movement patterns and mobility offers exist partially, although timeliness remains particularly an issue with survey and census data. [3] In addition to this, it is often not accessible to decisionmakers. Often, cities lack the know-how on how to make use of this data and incorporate it into the practices of local governments. There is a lack of concrete, databased application examples to make the CO 2 reduction and scaling potential in this area tangible. What TUMI is doing to bridge the data divide Bridging the digital divide is a social and economic imperative. In cooperation with the Latin American Development Bank (CAF), TUMI is developing a virtual Mobility Data Hub, where open data relevant for urban and transport planning will be made accessible. A key component of the hub is the cooperation between TUMI and ETH Zurich. Developed by students at the university, high-resolution satellite data are being converted into a physical representation of the city with the help of artificial intelligence and thus made usable for decision-makers and planners in urban and mobility development. These data will be supplemented by mobility data from different sources (e. g. phone data, GTFS, GPS, LiDaR) to form a comprehensive data basis for integrated transportation and mobility planning. Another important data input will be the collection of gender-specific data, which is currently being collected in three African cities under TUMI’s Women Mobilize Women Initiative. TUMI is committed to highlighting socioeconomic and genderspecific data biases at an early stage. The final element will be to pilot the use case in three cities, putting the Data Hub to use. TUMI will work closely with three cities to assist in their mobility planning through the use of the data hub. We will jointly work to utilize the advantages of data driven city planning, transport development as well as digitization of information. This will test and improve the versatility of the tool just built. Further engagement with the tech world will be adopted with localized and innovative demonstration activities such as Hackathons or Design Thinking Workshops with the with local Stakeholders. If cities miss out on the digital revolution, they risk to lose in the transformation and adaptation to climate resilience in sustainable mobility. TUMI is seeking to build the future of qualified experts and decisionmakers to drive the change needed in every city. Improving digital literacy and providing relevant skills to the respective government employees to make data-based, sustainable decisions in the field of transportation and mobility planning is thereby key. Only if we make data available for all people, we can improve the quality of life in our cities and allow policy makers to make data-driven decisions in order to provide citizen with more efficient and sustainable mobility services for a more liveable, resilient and inclusive city. ■ Please get in contact with TUMI if you would like to hear more or get involved in this project: info@transformative-mobility.org REFERENCES [1] World Bank (2021): Sustainable Mobility: Policy Making for Data Sharing. Online: www.sum4all.org/ data/ files/ policymakingfor datasharing_pagebypage_030921.pdf (Accessed: Jan. 4, 2022). [2] Maron, M. (2015): How Complete is OpenStreetMap? Online: https: / / blog.mapbox.com/ how-complete-is-openstreetmap-7c369787af6e (Accessed: Jan. 4, 2022). [3] World Bank [2021]: World Development Report 2021. Online: https: / / wdr2021.worldbank.org/ the-report/ (Accessed: Jan. 6, 2022). Lena Plikat Junior Advisor, GIZ, Bonn (DE) lena.plikat@giz.de Frederic Tesfay Project Manager, GIZ, Bonn (DE) frederic.tesfay@giz.de TUMI AT A GLANCE The Transformative Urban Mobility Initiative (TUMI) is implemented by GIZ and funded by the German Federal Ministry for Economic Cooperation and Development (BMZ). TUMI is the leading global implementation initiative on sustainable mobility, formed through the union of 11 prestigious partners. TUMI’s vision is thriving cities with enhanced economic, social and environmental performances in line with the New Urban Agenda, the Agenda 2030 and the Paris Agreement. TUMI is based on three pillars: innovation, knowledge, investment. Website: www.transformative-mobility.org Hoi An, Vietnam Image: GIZ INTERNATIONAL Products & Solutions Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 54 Modern authentication solutions for fleet management Safe on the road thanks to driver identification and access-control Authentication solution, Fleet management, User authentication, Access control, Driver identification Protect people, data and vehicles and optimize costs and processes while keeping an eye on regulatory compliance: vehicle fleet operators face a number of requirements. Modern authentication solutions based on radio frequency identification (RFID) and mobile technologies for driver identification and access control help to meet these challenges. They can significantly improve the utility of telematics and other fleet management solutions. To make the implementation a success, there are important aspects to consider. Johannes Weil W hether it’s a tradesman’s business, a logistics group, a transport company or a municipality, numerous companies, organizations and public institutions depend on their fleets running as smoothly, safely and cost-effectively as possible. Accordingly, demand and supply are growing steadily in terms of hardware and software solutions for optimizing fleet management. According to estimates, the total market volume for such intelligent fleet management solutions will be around 500-billion euros 1 by 2025. Telematics and other fleet management solutions offer a wide range of functions to support fleet managers. For example, they help managers view vehicle positions and routes in real time. This facilitates planning and makes it possible to give employees direct feedback on their driving behavior. In addition, managers can easily monitor whether operating times and regulations are being adhered to. To exploit the potential of such fleet management solutions, it is important to know who is behind which wheel. In addition, it must be ensured that only authorized persons who have the necessary qualifications use the company vehicles. This calls for an intelligent authentication solution that can be linked to telematics systems. It not only allows unique driver identification, but also enables reliable access control, while protecting the drivers’ personal data at all times (figure 1). Reliable authentication with RFID and mobile technologies A modern authentication solution based on RFID or digital credentials, also called mobile credentials, is ideally suited for fleet management. A simple and inexpensive option for implementing user authentication and access control is a badge equipped with an RFID tag, which most employees already carry in the form of an ID card. When the card is held up to the reader, the identification process is automatic and the authorized driver is given immediate access to the vehicle. It is also possible to use digital credentials based on NFC (Near Field Communication) or BLE (Bluetooth Low Energy) technologies, with which a large proportion of all mobile devices such as smartphones are equipped. The readers required for the authentication process are installed in the dashboard; either they are already integrated on site, or they can be easily retrofitted. Figure 1: For fleet managers it is important to know who is behind which wheel. Image: Elatec / Shutterstock Products & Solutions INTERNATIONAL Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 55 Benefits for fleet management: Improve safety, transparency and efficiency For the operation and management of a fleet of vehicles, modern authentication solutions offer a number of advantages. Security Access control with a authentication solution increases the level of security. It protects against theft and misuse - both in terms of data and the valuable fleet vehicles. The risk of traffic hazards, personal injury and vehicle damage is significantly reduced. This is because only authorized drivers who have the necessary qualifications, such as the appropriate driver’s license, are given access to fleet vehicles with their ID card. Authorizations can be assigned individually for each employee and thus restricted to specific vehicles. Compared to vehicle keys, RFIDand smartphone-based solutions for access control have a decisive advantage: an ID card with a picture or a smartphone is much less likely to be passed on. In addition, RFIDand smartphone-based solutions are harder to clone than physical keys. Transparency Process and cost optimization play a central role in fleet management. Here, driver identification provides important services. The ability to track drivers and routes in real time allows optimization potential to be identified and implemented. Deployment planning, productivity analyses, and the creation and evaluation of safety statistics are simplified. It is also possible to monitor driver behavior and check compliance with operating hours. The drivers’ personal data is protected at all times. Efficiency Access to fleet vehicles can be via cards, key fobs or mobile credentials, which can be quickly deactivated via a central system in the event of loss or revocation of authorization. This reduces the cost and effort of key management (see figure 2). An authentication solution also reduces administrative effort in the area of personnel management; for accounting purposes, driver authentication data can be easily fed into the time recording system and payroll accounting. How to achieve successful implementation To ensure that the introduction of an authentication solution based on RFID, NFC and BLE is a success, three aspects require special attention during implementation. Flexibility through universal readers In many companies and organizations, employee badges are already used for applications such as access control or the time and attendance system. The fleet management application should integrate seamlessly with the company’s existing systems. This is the only way to ensure uniform and time-saving administration and maximum user convenience at the same time. The challenge: a variety of card technologies are available on the international market, each with its own data formats, communication frequencies and security functions. Different technologies may therefore be in use within a company or facility - especially if multiple locations are maintained, possibly even in different countries. However, most readers are only capable of reading a few card technologies. One solution is offered by multi-frequency readers, which are compatible with up to 60 transponder technologies commonly used worldwide. The universal devices, which for example the solution provider Elatec has in its portfolio, use both RFID for authentication and access as well as the technologies NFC or BLE. This means that mobile devices can also be integrated into the system, providing the greatest possible flexibility. Reliable protection of people, inventory and-data The readers used must be equipped against both physical tampering and hacker attacks and support advanced encryption. Only then will they provide the level of security required to control access to fleet vehicles and support a secure authentication process. Last but not least, this protects sensitive data - such as the personal details of employees or drivers and internal information such as route plans or driver behavior - from misuse. However, to effectively and holistically secure an RFID-based authentication solution, it is not enough to look at the reader alone. It is necessary to include the entire system in the company’s security concepts. A must: remote updates for widely dispersed fleet vehicles Requirements and IT infrastructures change over time, making adjustments necessary. Only with a flexible system that provides for optimization, adaptation and upgrades will companies and organizations be on the safe side in the future. For fleets in particular, the option of mobile remote configuration is extremely important. After all, vehicles are often widely scattered and must also be available for use. If remote updates are possible, all installed readers in a fleet can be easily updated, regardless of their location, without incurring downtime for the vehicles or cost-intensive for technicians. ■ 1 www.grandviewresearch.com/ press-release/ globalsmart-fleet-management-market Johannes Weil Head of Industry Team Europe, ELATEC- GmbH, Puchheim (DE) info-rfid@elatec.com Figure 2: Drivers can get access to fleet vehicles via cards, key fobs or mobile credentials. Image: Elatec Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 56 MOBILITÄT Urbaner Verkehr Neue Mobilitätskonzepte für-Metro und Straßenbahn Chancen und Rollenverteilung von spurgeführten Bahnsystemen in urbanen Räumen Bus Rapid Transit, ÖPNV, Schienenverkehr, Metropolräume, Verkehrsplanung Die Automobilisierung der Welt, allen voran in Nordamerika und Europa, nährte ab der Mitte des vergangenen Jahrhunderts die Illusion einer grenzenlosen Mobilität in den Städten. Straßenbahnen wurden vielerorts eingestellt und der Busverkehr blieb im Stau der sich schnell füllenden Straßen stecken. Weder gelang es, die Straßeninfrastruktur dem wachsenden Bedarf „hinterher“ zu bauen; noch die auf dem Reißbrett autogerechte Stadt zu schaffen. Günter Koch I n Nordamerika und einigen europäischen Städten wie in Frankreich, Spanien oder Großbritannien verschwanden Straßenbahnen fast ganz. Auch im Westen Deutschlands sah es nicht viel besser aus. In vielen Städten wurden die Schienen unter die Erde verlegt, damit oben Platz für die Autos frei wurde. Die schienenfreie Innenstadt wurde zum Leitbild der Verkehrsplanung. Die Straßen wurden auch hierzulande immer voller. So stieg die PKW- Dichte in Deutschland im Zeitraum von 2012 bis 2019 um 12 % auf 569 PKW pro 1.000 Einwohner, bei einem Anstieg des Bestandes um 14 % 1 . In den Metropolen und Städten wächst die Fahrzeugdichte kontinuierlich, auch in Städten mit einem dichten ÖV-Angebot 2 . Aber auch der ÖPNV konnte in diesem Zeitraum um rund 8 % zulegen. Bei der Betrachtung überfüllter Straßen sollte die Frage erlaubt sein, wo hier elektrische Automobile, Sharing oder Taximodelle, autonom fahrende PKW oder Kleinbusse - als Bedarfsverkehre oder nicht - das Kapazitätsproblem lösen können. Politisch und medial wurde das Ziel gesetzt, weniger Straßen, weniger Umweltbelastung. Die Straßenflächen werden aber nicht nur für die Mobilität benötigt, sondern auch zur Ver- und Entsorgung von Bewohnern, Gewerbebetrieben, Verwaltungen und anderen Diensten. Weiterhin werden aus dem vorhandenen Straßenraum noch Flächen abzuzweigen sein, für eine sichere und kapazitiv ausreichende Fußgänger- und Radfahrerinfrastruktur. Auch wenn sich in manchen Metropolen oder auch nur einigen Stadtteilen davon, durch neues Arbeiten wie Homeoffice die Zahl der Wege reduzieren wird, wird der Zuzug in die großen Städte wohl weiter anhalten. Dazu kommt in vielen Ländern auch noch das ungebremste Bevölkerungswachstum, von innen wie von außen. Soweit, so gut, der Lösungsansatz kann nur sein, dass auf weniger Fläche sich mehr Menschen bewegen oder bewegt werden können. Zu Fuß zu gehen oder mit dem Rad zu fahren ist sicher ein guter Lösungsansatz für eine klimaneutrale Mobilität. Die Mobilität in Metropolräumen lässt sich dadurch kaum umfänglich lösen. Es sind unter anderem die großen Entfernungen, die zurückzulegen sind, um beispielsweise von zu Hause zum Arbeitsplatz zu kommen und das in einer akzeptablen Zeit. Die Kapazität eines Verkehrssystems ist wegen der vielen technischen und betrieblichen Faktoren nicht eindeutig abzugrenzen. In Bild 1 wird die Zahl der benötigten Fahrspuren als Richtwert aufgezeigt, bezogen auf eine Hochleistungsmetro, wie sie in vielen asiatischen Städten wie Bangkok unterwegs sind. Die Fahrspur einer Metro ersetzt dabei über 20 Spuren des motorisierten Individualverkehrs (MIV). Bussysteme sind durchaus leistungsfähig, aber sehr hohe Kapazitäten können nur mit der Metro/ U-Bahn gefahren werden. Zum Vergleich wurde auch das innovative, automatisch fahrende Transport System Bögl (TSB) aufgenommen. Schienenbahnen im urbanen Verkehr Im Folgenden sollen einige Ansätze diskutiert werden, welche Rolle Metro und Straßenbahnen im Blickwinkel neuer Mobilitätskonzepte im urbanen Verkehrsmarkt spielen können. Die Besonderheit der Schienenbahnen ist ihre Spurführung. Ihr größter Vorteil liegt darin, dass bei einer Bild 1: Benötigte Fahrspuren - Vergleich von Verkehrssystemen Fotos und Darstellungen, wenn nicht anders angegeben, vom Autor Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 57 Urbaner Verkehr MOBILITÄT Metro Zuglängen von ca. 130 m und mehr realisiert werden können, gesteuert von nur einem Fahrzeugführer bzw. (teil-)autonom fahrend. Bei Straßenbahnen ist die Zuglänge auf 75 m begrenzt, da sie am Straßenverkehr teilnehmen, doch es ist wiederum ein Vorteil, dass sie das können. Begrenzte Straßenfläche wird optimal ausgenutzt. Das Rad-Schiene-System arbeitet mit geringen Rollwiderständen, was weniger Energie und auch weniger Verschleiß mit sich bringt als zum Beispiel der Betrieb von Bussystemen. Straßenbahnen haben den Vorteil, dass sie immer sichtbar sind. Sie sind Bestandteil der Stadtgestaltung. So besteht die Chance, dass Käufer, Mieter und Immobilienentwickler wie auch Gewerbetreibende bereits den Öffentlichen Verkehr vor Augen haben, bevor sie beispielsweise ihre Entscheidungen für Investitionen oder eine Standortwahl treffen (Bild 2). Die Stadtbahn ist die moderne Variante der Straßenbahn, sie hat überwiegend einen eigenen Bahnkörper. In vielen Städten fährt sie auch unterirdisch, von einer Metro/ U- Bahn kaum zu unterscheiden. Eines der ältesten und gleichzeitig auch modernsten Stadtbahnsysteme hat Frankfurt am Main (Bild 3). Metros - in Deutschland und Österreich als U-Bahn bezeichnet - ermöglichen es, mit hoher Geschwindigkeit und hoher Kapazität Personen zu transportieren. Je größer ein Transportmittel ist, desto weniger fällt der Aufwand für Steuerung und Personal ins Gewicht. Tunnelstrecken oder Aufständerungen geben darunter oder darüber den Raum, den eine Stadt zum Atmen benötigt. Die richtige Wahl der Infrastruktur ist auch eine Frage der Baukultur. In Asien, Australien und dem Mittleren Osten sind aufgeständerte Strecken eine gute Trassenoption (Bild 4). Die Eingriffe in den Straßenverkehr sind gering, die Bauzeit lässt sich mit einer industrialisierten Fertigung deutlich reduzieren. Auch ist die notwendige Ingenieurtechnik lokal meist vorhanden. Alternative Systeme Neben dem klassischen Bahnsystem Stahlrad auf Stahlschiene gibt es auch andere Systeme, die im Massenverkehr eine Rolle spielen können. Dazu gehören zum Beispiel zahlreiche Monorailsysteme. Der große Vorteil wird darin gesehen, dass die Bahn aufgeständert errichtet und damit der Raum über vorhandenen Straßen genutzt werden kann, während die Stützen selbst wenig Fläche benötigen. Aufwendig ist die Herstellung von Weichenverbindungen. Hierzu sind Abschnitte des Tragbalkens als Schleppweiche variabel auszubilden. Straßenbündige Trassen sind nicht möglich. Busse können sich unabhängig und mit variabler Linienführung im Straßenraum bewegen. Ein großer Nachteil ist jedoch die Notwendigkeit eines Fahrers. Absehbar ist kein autonomer Betrieb ohne Personal zu erwarten, der gleichzeitig auch die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer garantiert. Neben dem Verbrennungsmotor hat sich der elektrische Antrieb etabliert. Dessen Versorgung mit Energie ist durch den Einbau von Energiespeichern technisch sichergestellt, wird aber noch mit hohen Kosten und viel Gewicht eingekauft. Obwohl die Technologie des Oberleitungsbusses (auch Obus oder Trolleybusses) seit über einem Jahrhundert gut funktioniert, ist sie bis heute nur selten eine Planungsoption. Technisch, städtebaulich und finanziell lässt sich diese Verweigerungshaltung der Verkehrspolitik nicht begründen. In einer Studie für Wiesbaden wurde im Jahr 2016 nachgewiesen, dass sich die Elektrifizierung ausgewählter Linien mit Fahrdraht wirtschaftlich rechnet 3 . Bussysteme mit eigenem, unabhängigem Fahrweg werden als Bus Rapid Transit (BRT) weltweit gerne als eine zukunftsweisende Lösung für den ÖPNV gepriesen. Unter anderem in Südamerika wurden diese Bussysteme erfolgreich aufgebaut und betrieben. Aber auch das BRT TransMilenio in Bogotá wird nun um eine klassische Metro ergänzt. Augenfällig ist der hohe Flächenbedarf für BRT, insbesondere bei den Haltestellen. Dieser ergibt sich durch die kleinen Fahrzeug- Bild 2: Ins Stadtbild integrierte Straßenbahntrasse, Flächenteilung mit nicht motorisiertem Verkehr (Freiburg) Bild 3: Stadtbahn Frankfurt unterwegs als Straßenbahn (und als U-Bahn) Bild 4: Aufgeständerte Trasse der Sydney Metro Northwest Corridor Foto: Martin Grötzschel Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 58 MOBILITÄT Urbaner Verkehr größen verbunden mit einer kurzen Fahrtenfolge. Ungleichmäßiges Fahren und die Einhaltung von Mindestabständen führt leicht zu Pulkbildung und reduziert damit die Kapazität. Dies macht ein gegenseitiges Überholen an den Haltestellen notwendig, was den Flächenbedarf enorm vergrößert (siehe Bild 5). Der dafür erforderliche Raum steht in den städtischen Verdichtungsräumen aber nur selten zur Verfügung. Eine Straßenbahn hätte sich hier sicher besser integrieren lassen. Statt umfangreicher Asphalt- und Betonflächen wären diese Flächen vielleicht auch besser für Grünzüge und Wege für den nicht motorisieren Verkehr zu nutzen gewesen, und gleichzeitig wären Transportgeschwindigkeit und Komfort im Öffentlichen Verkehr (ÖV) angehoben worden. Straßenbahnen können im Vergleich eine ganz andere städtebauliche Qualität bieten (Bild 6). Eine weitere Alternative sind Seilbahnen. Diese können wie Metros mit hoher Kapazität automatisch betrieben werden, haben aber das Problem der Haltestellen, die immer mindestens in der +1-Ebene angeordnet werden müssen. Eine Umsetzung in bestehenden Siedlungsbereichen über bestehenden Bebauungen ist eine Herausforderung bei der Durchsetzung, ist aber auf der anderen Seite gerade hinsichtlich der Kosten bei der Überwindung von Senken oder Erhebungen sehr günstig, da aufwendige Ingenieurbauwerke wie Brücken oder Tunnel entbehrlich sind. Automatisches Fahren Metros werden auf einem unabhängigen Bahnkörper trassiert, ohne jegliche Gleisquerungen. Dies ermöglicht ein automatisches Fahren, da Störungen auf dem Fahrweg so gut wie ausgeschlossen werden können. Ein automatisches Fahren bietet die Möglichkeit, einen flexiblen Fahrplan nach gewünschtem Angebot oder geforderter Kapazität anzubieten. Der Personalbedarf bleibt dabei weitgehend konstant, da überwiegend an zentralen Stellen Mitarbeiter benötigt werden und die Einbindung von Zugbegleitpersonal flexibel gestaltet werden kann. In Nürnberg verkehren die Linien U2 und U3 bereits seit 2008 im Automatikbetrieb ohne Fahrer, nach dem höchsten Automatisierungsgrad GoA4. Weltweit gibt es die Tendenz, Metrosysteme voll zu automatisieren. Ende 2018 gab es bereits 64 vollautomatisierte Linien in 42 Städten mit einer Länge von ca. 1.000 km (siehe Bild 7). Den Straßenbahnen geht es wie den Bussen. Die Teilnahme am Straßenverkehr erschwert ein automatisches oder gar autonomes Fahren. Alle straßengebundenen Bahnen werden bis auf weiteres kaum auf Personal im Führerstand verzichten können. Erst wenn autonome Kraftfahrzeuge einen umfassenden Praxistest bestanden haben, wird man es sich leisten können, diese Technologie auf die Bahnen zu bekommen. Auf das Kind, das spielend dem Ball auf die Straße hinterherläuft, gibt es noch keine Antwort, auch nicht für Straßenbahnen. Assistenzsysteme werden ihrem Namen gerecht und damit eine wichtige Rolle spielen, mehr aber auch nicht. Trotz- Bild 5: Platzbedarf an Haltestellen eines Hochleistungs-BRT, hier die Station Mundo Aventura des Transmilenio-Systems in Bogotá (Foto: Felipe Restrepo Acosta; https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ TransMilenio, 28.09.2021) Bild 6: Straßenbahn in Gold Coast (Australien) Bild 7: Übersicht vollautomatisierter Metros weltweit Quelle: UITP, 31.12.2018 Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 59 Urbaner Verkehr MOBILITÄT dem können Stadtbahnen bereits dort teilautomatisiert werden, wo sie auf unabhängigem Bahnkörper unterwegs sind. Stadtbahnen können kreuzungsfrei wie U-Bahnen unterwegs sein und abschnittsweise wie eine Straßenbahn im Straßenraum verkehren (z. B. Köln, Düsseldorf oder Hannover). Stationen und Haltestellen Die Haltestellen sind es, die neben den Fahrzeugen den emotionalen Zugang zu einem Verkehrssystem prägen. Warten, Information und Dienstleistungen sowie Handel stehen in dieser Reihenfolge im Fokus des Kunden. Haltestellen werden zur Identifikation, können als Treff- und Orientierungspunkt im urbanen Umfeld dienen (Bild 8). Haltestellen erfordern Raum, nicht nur in der Länge und Breite, sondern auch in Höhe oder Tiefe. Unterirdische Bahnhöfe mit ihren Zwischenebenen ermöglichen die Verteilung der Fußgängerströme. Metrostationen sollen nicht nur funktional sein, sondern dürfen uns gerne auch eine eigene Ausstrahlung spüren lassen (Bild 9). Bei Metro und Straßenbahnen ist es möglich, eine nahezu 100%ige Barrierefreiheit zwischen Bahnsteig und Fahrweg herzustellen. Durch Spurführung und ausgleichende Federung können Spalt und Stufe minimiert werden, was auch bei neuen Systemen konsequent umgesetzt wird. Problematisch bleibt die Migration von bestehenden Systemen. Hohes Fahrgastaufkommen sowie der Wunsch nach einem automatischen Betrieb haben zur Entwicklung von Bahnsteigtüren an der Bahnsteigkante geführt, auch als Passenger Screen Doors (PSD) bezeichnet (Bild-10). Damit wird sichergestellt, dass keine Fahrgäste in den Verkehrsraum der Bahn gelangen und nur der Bereich der Türen Bild 8: Haltestellen als Landmarken wie in Dubai Bild 9: U-Bahnstation Hafencity, Hamburg Bild 10: Plattform Screen Doors, hier in Barcelona Bild 11: Bahnsteigsperren (Gates) an Metro-Stationen, hier in Bilbao Bild 12: Metro (Taipeh) und Straßenbahn (Miskolc/ Ungarn) im Vergleich Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 60 MOBILITÄT Urbaner Verkehr freigegeben wird. Dies erfordert aber auch, dass fahrzeugseitig die Zugtüren immer mit den Bahnsteigtüren korrespondieren. Die Nürnberger U-Bahn ist ohne Bahnsteigtüren und ohne Fahrer unterwegs. Durch Detektoren in den Gleisbereichen der Haltestellen sowie an den Fahrzeugfronten wird überwacht, ob sich Personen oder Gegenstände im Gleis befinden und festgestellt, ob ein Anhalten des Zuges erforderlich ist. Mit großen Metrostationen lässt sich auch das Ticketing durch Bahnsteigsperren automatisiert und sicher lösen (Bild 11). In Mitteleuropa haben allerdings die offenen Zugänge zu den Bahnsteigen eine lange Tradition. Ausgewählte technische und betriebliche Aspekte Die Variabilität der Fahrzeuge für Stadtbahnen und Metros ist aufgrund der geforderten Kapazitäten und Einsatzfelder sehr groß und unterscheiden sich teilweise deutlich (Bild 12). Auch üben regionale Gewohnheiten und kulturelle Aspekte einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die Fahrzeugbeschaffung aus (Bild 13). Metros und Straßenbahnen sind seit über einem Jahrhundert zu 100 % elektrisch unterwegs. Dies ermöglicht die Nutzung von erneuerbarer Energie auf beste Art und Weise, ohne Speicher und mit der Möglichkeit der verlustarmen Bremsung sowie einer Energierückspeisung. Gegen die Straßenbahnen wird gern die störende Fahrleitung angeführt und das besonders in Städten, in deren Stadtbild eher die Beliebigkeit als die Schönheit der Architektur regiert. In Städten mit historischem Stadtbild wie Amsterdam, Freiburg, Bern, Wien oder Straßburg wird hingegen die Oberleitung überhaupt nicht thematisiert. Für die Akzeptanz eines Verkehrssystems ist unter anderem die erreichbare Reisegeschwindigkeit entscheidend, umso mehr, je größer die Reiseweite ist. Die Betrachtung der Reisegeschwindigkeit in Abhängigkeit von Höchstgeschwindigkeit und Haltestellenabstand (Bild 14) zeigt auf, wie ein System konfiguriert werden kann, um eine bestimmte Zielgröße zu erreichen. Bei Haltestellenabständen unter 500 m spielt der Einfluss der Höchstgeschwindigkeit nur eine geringe Rolle. Wird der Abstand auf 1.000 m vergrößert, erscheint eine Entwurfsgeschwindigkeit von 80 km/ h als optimal, was auch bei dem Entwurf der meisten Metros zugrunde liegt. Linien- und Netzbildung Der urbane Verkehr mit Metrozügen oder Straßenbahnen ist korridorbezogen mit weniger Variabilität hinsichtlich der Fahrtrouten ausgestattet, da die Routen der vorhandenen Infrastruktur folgen müssen. Der Bau neuer Verkehrsinfrastrukturen für spurgebundene Systeme ist besonders in dicht besiedelten Räumen eine große Herausforderung hinsichtlich der Akzeptanz, Durchsetzbarkeit und letztendlich der Finanzierung. Der vermeintliche Nachteil erweist sich aber eher als Vorteil. Die Bündelung von Transportkapazitäten ermöglicht eine bessere Steuerung und Ausnutzung von Kapazitäten. Je mehr Investitionen eine Trasse erfordert, desto mehr ist eine Trassenbündelung sinnvoll. Bild 15 zeigt für Bus, Straßenbahn und Metro eine typische Konfiguration der Linienführungen in einem Korridor. Eine Stadt besitzt eine Vielzahl von unterschiedlichen Korridoren, die sich zu einem Gesamtsystem überlagern, so wie die Bild 16 die Hierarchien der ÖV-Netze versinnbildlicht. Die Entscheidung für den Einsatz eines bestimmten Systems und dessen Konfigurierung bedarf einer sorgfältigen Abwägung Bild 13: Variierende Ansprüche an den Fahrgastraum in Asien (Taipeh, links) und Europa (München, rechts) Bild 14: maximal erreichbare Reisegeschwindigkeit in Abhängigkeit von Haltestellenabständen Bild 15: Typische Linienführungen unterschiedlicher Systeme in einem Korridor Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 61 Urbaner Verkehr MOBILITÄT Günter Koch Leiter Arbeitsgebiet Planung Metro und Straßenbahn, DB Engineering & Consulting GmbH, Karlsruhe guenter.ge.koch@deutschebahn.com aller, sehr unterschiedlicher Kriterien. Dazu gehören insbesondere auch die Nachhaltigkeit der Investitionen und der erforderliche Aufwand in der Betriebsführung. Dafür ist eine einschlägige Expertise in der Planung und für den Bau von Infrastrukturen, die Betriebsführung und des Fahrzeugeinsatzes erforderlich. Das System muss von oben nach unten geplant werden. In einem hierarchischen Netzmodell können die Rollen einzelner Verkehrssysteme aufgezeigt werden (Bild 16). Die obere Ebene bildet das Kernnetz, den Backbone mit hoher Kapazität und Reisegeschwindigkeit. Dies sind Schnellbahnen wie S- und U-Bahn/ Metro. In der unteren Ebene ist das richtige Verkehrsmittel zur Feinerschließung zu finden. Hier finden On-demand-Systeme ihre Rolle, aber auch Busse. Besonders flexibel sind Straßen- und Stadtbahnen unterwegs. Diese können sowohl die Fahrgäste in den Vorstädten zu Hause abholen und in den Kernstädten die Kapazitäten bündeln. Sie nehmen die mittlere Ebene ein. Die Konfigurierung und Planung und Umsetzung solcher Systeme verlangt viel Erfahrung. Viele kommunale Unternehmen in Mitteleuropa sind hier bestens aufgestellt. Aber auch international tätige Betreiber und Berater beherrschen dieses Geschäft. In diesem Bereich ist die DB Engineering & Consulting, eine Tochter der Deutsche Bahn, bereits seit 55 Jahren weltweit unterwegs. Aktuelle Projekte sind die Metro in Doha (Katar) oder die Stadtbahn in Canberra (Australien, Bild 17). Die Straßenbahn in der Kriegsstraße in Karlsruhe ging zum Jahresende 2021 in Betrieb. Ausblick Schienengebundene Verkehrssysteme wie Straßenbahnen und Metros werden auch weiterhin eine wesentliche Rolle im urbanen Personentransport spielen. Kein anderes Verkehrsmittel hat eine solche Transportkapazität zu bieten, bei wenig Personaleinsatz und gleichzeitig auch der Chance auf eine weitestgehende Automatisierung. Bahninfrastrukturen tragen zudem zur Nachhaltigkeit bei der Siedlungsentwicklung bei. Die Gründe für die Wahl, ob Straßen- oder Stadtbahn, sind vielfältig. Die Renaissance der Straßenbahn in Frankreich hat gezeigt, dass damit vor allem eine große Chance zur urbanen Umgestaltung verbunden ist. Durch die Schienen im öffentlichen Verkehrsraum steigt die visuelle Wahrnehmung des Systems. Und im Vergleich zu einer unterirdischen Stadtbahn oder Metro sind die Bauzeiten eher übersichtlich. Der Neubau der Stadtbahn in Canberra hat gerade mal vier Jahre gedauert. Wer große Menschenmengen transportieren will oder muss, wird auch künftig kaum um spurgebundene Verkehrsmittel mit hoher Leistungsfähigkeit herumkommen. Wichtig ist es, im urbanen Raum die richtige Mischung der unterschiedlichen Verkehrsmittel anzubieten. Alles „on Demand“ wird weder den heutigen noch den künftigen urbanen Gesellschaften mit ihren unterschiedlichen und kleinteiligen Ansprüchen gerecht werden. Schnelle, zuverlässige und leistbare Verkehrsmittel müssen hinsichtlich Qualität und Kapazität das Rückgrat von städtischen und regionalen Verkehrsnetzen sein. Busse sind es in den Metropolen sicher nicht. Wenn man sich allerdings den Raum für Busspuren auf großen Längen leisten kann, dann sollte man auch mal über eine Straßenbahn nachdenken. München, Wien oder Mailand sind sehr gute Beispiele, wie sich S- und U-Bahnen mit Straßenbahnen auf ideale Weise ergänzen. Dagegen fehlt in Hamburg bis heute ein leistungsfähiges System zwischen dem Bus und der S- und U-Bahn. ■ 1 Destatis.de, Pressemitteilung Nr. N 055 vom 11. September 2020 2 www.autohaus.de/ nachrichten/ autohandel/ pkw-dichtei n g r o s s s t a e d t e n j e d e s j a h r t a u s e n d e a u t o s mehr-2701877 3 Elektrisches Bussystem für Wiesbaden - Machbarkeitsstudie; DB Engineering & Consulting GmbH, Karlsruhe 2016 Bild 16: Hierarchie von Netzen im ÖPNV Darstellung: Marc Klemenz/ Günter Koch Bild 17: Stadtbahn in Canberra Foto: Martin Grötzschel Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 62 MOBILITÄT Ticketing Homezone - die Tarifinnovation für den ÖPNV Ein flexibles elektronisches Tarifkonzept für die Stammkund: innen des Karlsruher Verkehrsverbundes ÖPNV, Digitalisierung, E-Ticketing, E-Tarif, Covid-19, Homeoffice, Weltpremiere Das Homezone-Konzept ist bestechend einfach: Fahrgäste bestimmen ihr persönliches Tarifgebiet selbst, indem sie per Smartphone oder Computer einen beliebig großen Kreis (Homezone) festlegen. In ihrer persönlichen Homezone können sie den ÖPNV wie gewohnt nutzen, so wie sie es von klassischen Zeitkarten kennen. Der individuelle Preis wird auf Basis des Durchmessers, der jeweiligen ÖPNV-Angebotsqualität in der Homezone und dem gewählten Zeitraum ermittelt. Für Fahrten außerhalb der persönlichen Homezone lässt sich der neue E-Tarif bequem mit dem elektronischen Entfernungstarif kombinieren. Die-Integration ergänzender Mobilitätsangebote (MaaS) ist ebenfalls möglich. Stefan Weigele, Anna Fechner, Stefanie Herrmann, Benjamin Bock P ünktlich zum Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2021 startete der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) mit der KVV.homezone ein weltweit einzigartiges E-Tarifkonzept für den öffentlichen Verkehr. Zeitgleich wurde mit KVV.luftlinie ein verbundweiter „Luftlinientarif“ auf Basis eines Check-in/ Checkout-Systems für Gelegenheitskunden entwickelt und eingeführt - und die Tarife sind miteinander kombinierbar. Homezone: bestechend einfach und-intuitiv Das Prinzip des Homezone-Tarifsystems ist einfach, dabei aber sehr individuell und flexibel: Der Fahrgast bestimmt sein persönliches Tarifgebiet selbst, indem er auf seinem Smartphone oder am Computer einen beliebig großen Kreis, seine Homezone, entsprechend seiner persönlichen Mobilitätsbedürfnisse festlegt - völlig unabhängig von bisher bestehenden, starren Tarifgrenzen. Zur Festlegung ihrer persönlichen Homezone können den Fahrgästen mehrere bequeme und intuitive Optionen am Computer oder auf dem Smartphone zur Verfügung gestellt werden. Zum einen können sie direkt auf einer Landkarte den Kreis der Homezone setzen und durch Wisch-Bewegungen auf der Landkarte Radius und Mittelpunkt der Homezone verschieben. In einer weiteren Variante werden die Randpunkte der Homezone festgelegt, indem zwei Adressen oder Haltestellen eingegeben werden. Zum anderen ist es möglich, dass der Fahrgast mehrere Adressen oder Haltestellen einträgt und das System daraus eine optimale Homezone für ihn ermittelt. Egal welche Möglichkeit gewählt wird, die Kunden bekommen direkt alle relevanten Informationen zu ihrer persönlichen Homezone angezeigt: geografische Lage, Durchmesser, umfasste Haltestellen, Gültigkeitszeitraum und Preis (Bild 1). Preisbildung: individuell, leistungsgerecht und flexibel Bereits während der Festlegung der Homezone berechnet ein von civity entwickelter Algorithmus den Preis für die gewünschte Homezone. Der Preis für eine Homezone errechnet sich aus den folgenden Parametern (Bild 2): •• Durchmesser der persönlichen Homezone •• ÖPNV-Angebotsqualität innerhalb der Homezone •• Zeitliche Gültigkeit der persönlichen Homezone Der Preis spiegelt somit neben der Größe auch die Dichte des ÖPNV-Angebots innerhalb der Homezone wider. Dabei sorgt ein intelligenter Algorithmus für ausgewogene und gerechte Preise zwischen Stadt (dichteres ÖPNV-Angebot auf kleinerer Fläche) und Land (weniger dichtes Angebot auf größerer Fläche). Die Berücksichtigung der ÖPNV- Angebotsqualität erfolgt fahrplanbasiert differenziert nach den angebotenen Verkehrsmitteln (Bus und Schiene). Erstmals fließt damit die konkrete ÖPNV-Angebotsdichte flächendeckend und kleinräumig in die Kalkulation der Fahrpreise des ÖPNV ein. Homezone wählen und zeitliche Gültigkeit festlegen. Unbegrenzte Mobilität in der Homezone nutzen. Einfache Fahrten außerhalb der Home Zone im Entfernungstarif Achtung! Sie verlassen jetzt Ihre Homezone. Soll der Entfernungstarif aktiviert werden? Jetzt ! Jetzt aktivieren Homezone 3 Bild 1: Einfache und intuitive Festlegung der persönlichen Homezone Quelle: civity Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 63 Ticketing MOBILITÄT Die zeitliche Gültigkeit einer Homezone ist flexibel gestaltbar: Tages-, Wochen-, Monats- und Jahreskarten sind möglich. Sogar die Auswahl einzelner Wochentage ist denkbar. Somit können nach Bedarf auch mehrere Homezones für unterschiedliche Nutzungsmuster gebucht werden - etwa Homeoffice, Bürotage oder Freizeitnutzung (Bild-2). Ideale Kombination von Homezone und Entfernungstarif Neben der Homezone hat civity einen „Luftlinientarif“ für den KVV konzipiert, einen Check-in/ Check-out-basierten Entfernungstarif, der gleichzeitig mit der Homezone Mitte Dezember 2021 eingeführt wurde. Beide Tarife können einfach miteinander verknüpft werden. Verlässt der Fahrgast seine Homezone, kann er im Entfernungstarif weiterfahren, bei Wiedereintritt wird der Entfernungstarif beendet. Automatisierte Hinweise für die Fahrgäste sowie nachträgliche Empfehlungen für sinnvolle Erweiterungen der Homezone bei häufigen Fahrten außerhalb der festgelegten Homezone sind möglich. Homezone als ideale Antwort auf neue Mobilitätsmuster, Homeoffice etc. Auch wenn das Homezone-Konzept bereits vor der Corona-Pandemie entwickelt wurde, passt es ideal zu den veränderten und flexibleren Mobilitätsbedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger, denn der Tarifalgorithmus kann flexibel an die Kundenbedürfnisse angepasst werden - alle zeitlichen und räumlichen Kombinationen sind realisierbar. Die Homezone bietet neue Optionen und verschiedene Lösungsansätze. Die eingesetzte Technik und die individuelle Preisberechnung ermöglichen es, Homezones für verschiedene Gebiete sowie Zeiträume anzubieten. Fahrgäste können sich mehrere Homezones mit unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Gültigkeitsbereichen kaufen, zum Beispiel eine Homezone mit ausgewählten Wochentagen für Arbeitswege, eine weitere mit anderen Tagen für die Freizeit. Die Homezone bietet damit vielfältige Möglichkeiten und Chancen zur Bindung und Rückgewinnung bisheriger Stammkunden, die sich aufgrund der Corona-Pandemie vom ÖPNV abgewandt haben. Alle Macht den Fahrgästen! Die Homezone stellt jahrzehntealte Verhältnisse auf den Kopf: Nicht mehr die Tarifplanenden eines Verkehrsverbunds definieren den Zuschnitt von Tarifwaben und -zonen, sondern die Fahrgäste selbst: Sie werden zu Tarifplanenden und definieren ihre persönlichen Tarifgebiete im Verkehrsverbund passgenau, selbstständig und bei sich verändernden Mobilitätsmustern immer wieder neu (Bild 3). Die von Fahrgästen und Politik immer wieder kritisierten, unbeliebten und ungerechten Preissprünge an bisherigen Tarifgrenzen entfallen, da starre Tarifgrenzen durch flexible Homezones ersetzt werden. Besonders attraktiv ist die Homezone im KVV für Kunden, die bisher hinter einer Tarifzonengrenze wohnten und für eine relativ kurze Strecke einen Preissprung in Kauf nehmen mussten. Verbundübergreifende Homezones sind möglich Zum Start der Homezone im KVV ist diese nur im Verbundgebiet gültig. Flächen und ÖPNV-Angebot der angrenzenden Verbünde werden durch den Tarifalgorithmus erkannt und fließen nicht mit in die Preiskalkulation ein. Grundsätzlich ist es aber möglich, verbundübergreifende Homezones zu gestalten und damit Fahrgästen an den Verbundgrenzen ein einfaches und individuelles Tarifangebot zu machen. Homezone als Mobilitätstarif für MaaS-Konzepte Das Homezone-Tarifkonzept kann zu einem echten Mobilitätstarif weiterentwi- Homezone als kreisförmige Fläche Bepreisung der Größe Bepreisung der ÖPNV-Angebotsqualität Verschiedene zeitliche Varianten › Einfache Form für die Preisbildung › Einfach und verständlich aus Kundensicht › Vereinfacht technische Umsetzung › Optional: Ergänzung durch einen Grundpreis › Preis für Kreisdurchmesser › Lineare Bepreisung › Optional andere Bepreisung möglich (z. B. degressive Preissetzung) › Nutzbare Fläche wächst deutlich schneller als der Preis › ÖPNV-Angebotsdichte pro km² › Unterschiedliche Gewichtung nach Schiene und Straße › Wurzelfunktion und Kappung hoher Werte verhindern überhöhte Preise für Innenstädte und Verkehrsknoten › Bei gleicher Homezone-Größe sind städtische Homezones teurer als ländliche › Jahres-, Monats-, Wochen-, Tagesticket › Flexibler Gültigkeits-Zeitraum („Corona-Tickets“) › Optional: kundengruppen-spezifisch - „9-Uhr“-Homezone - Senioren-, Azubi-Homezone x km Bild 2: Ausgestaltungsvarianten für den Tarifalgorithmus Quelle: civity Klassischer Tarifzonenplan vom Verkehrsverbund entwickelt Persönliche Homezones von Fahrgästen festgelegt Bild 3: Fahrgäste gestalten ihre persönlichen Homezones. Quelle: KVV Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 64 MOBILITÄT Ticketing ckelt werden. Neben der bereits erläuterten räumlichen und zeitlichen Flexibilisierung sowie der Kombination mit Check-in/ Check-out basierten Entfernungstarifen, besteht die Möglichkeit, Angebote im Bereich der Mikromobilität sowie On-Demand- und Sharing-Angebote in das Homezone-Tarifsystem zu integrieren. Somit kann die Homezone zur Integration multimodaler Angebote in den ÖPNV beitragen und als Baustein für Mobility-as-a-Service- Konzepte (MaaS) dienen. Ebenfalls flexibel: die technische Umsetzung Der Homezone-Rechenkern kann als Software-as-a-Service-Lösung (SaaS) in eine bestehende Tariflandschaft integriert werden. Die für die Preisermittlung erforderlichen Fahrplandaten werden automatisch über gängige Schnittstellen (TRIAS) eingelesen. Somit kennt der Rechenkern alle ÖPNV- Abfahrten eines Tarifgebietes und errechnet mithilfe des Algorithmus den Preis für eine gewählte Homezone (Bild 4). Das Homezone-App-Modul ist ebenfalls individuell anpassbar und kann einfach in bestehende Ticketing-Apps integriert werden. Eine direkte Anbindung durch Drittanbieter ist ohne großen Aufwand möglich. Dies ermöglicht die Erstellung von individuellen Benutzungsoberflächen. Homezone-Rechenkern und App-Modul wurden von der Kölner Digital- und Softwareagentur Zweidenker im Auftrag des KVV entwickelt. Fazit und Ausblick Mit der Homezone liegt erstmals ein elektronisches Tarifkonzept für den öffentlichen Verkehr vor, das die Bedürfnisse der umsatz- und nachfragestärksten Kundengruppe in den Fokus nimmt: die Vielfahrenden und Stammkund: innen des ÖPNV. Das Homezone-Konzept individualisiert die Tarifgestaltung und legt die Gestaltungshoheit gewissermaßen in die Hände der Kundinnen und Kunden. Erstmals fließt die ÖPNV- Angebotsdichte in einem definierten Gebiet unmittelbar in die Preisgestaltung des ÖPNV ein. Mit der Kombination von Homezone für Vielfahrende und Luftlinientarif für gelegentliche Fahrten bietet der Karlsruher Verkehrsverbund seinen Kunden - als weltweit erster Verkehrsverbund - eine lückenlose elektronische Tarifierung für nahezu alle Kundenbedürfnisse an. Die beiden Tarifprodukte KVV.homezone und KVV.luftlinie werden zusätzlich zu den bestehenden Tarifprodukten eingeführt und laufend weiter optimiert. Für beide Tarifprodukte hat der KVV eine dauerhafte Genehmigung der zuständigen Behörde erhalten. Grundsätzlich eignet sich die Homezone für alle Verkehrsverbünde. Der von civity entwickelte Preisalgorithmus und der Rechenkern unseres Projektpartners Zweidenker lassen sich für alle bestehenden Tarif- und Ticketingsysteme sowie ÖPNV-Angebotsstrukturen adaptieren. Wie bei der Reform oder Ergänzung bestehender Tarifsysteme, muss dabei gleich zu Beginn mit den Verantwortlichen geklärt werden, wie groß die Veränderungsbereitschaft vor Ort ist und wie stark und über welchen Zeitraum sich das bestehende Tarifsystem durch die Homezone und den Luftlinientarif verändern soll. ■ Weitere Informationen zum Tarifkonzept Homezone sowie die Downloadhinweise für die Apps: www.kvv.de/ homezone.html www.homezone.civity.de/ Stefanie Herrmann Leiterin Tarifabteilung, Karlsruher Verkehrsverbund (KVV), Karlsruhe stefanie.herrmann@kvv.karlsruhe.de Benjamin Bock Prokurist und Mitglied der Geschäftsleitung, Karlsruher Verkehrsverbund (KVV), Karlsruhe benjamin.bock@kvv.karlsruhe.de Anna Fechner Projektleiterin, civity Management Consultants, Hamburg anna.fechner@civity.de Stefan Weigele Managing Partner, civity Management Consultants, Hamburg stefan.weigele@civity.de Umsetzung der Homezone und des Luftlinientarifs im KVV Im Jahr 2019 wurde die Idee für das neue Tarifkonzept Homezone erstmals in den Gremien des KVV präsentiert und fand dort breite Zustimmung. Daraufhin erfolgte eine intensive Phase der gemeinsamen Detailkonzeption sowie die Entwicklung des Tarifalgorithmus. Die konkrete Preisgestaltung der kvv.homezone ist von verschiedenen Faktoren abhängig und wurde im Rahmen einer Feinkonzeption auf lokale Gegebenheiten angepasst und mit Hilfe einer detaillierten Nachfrage- und Erlösprognose kalibriert. Im Jahr 2020 wurde eine erste Anwendung mit circa 300 Friendly Usern im KVV in einer dafür entwickelten Test-App der Zweidenker GmbH getestet. Parallel dazu erfolgte die Detailkonzeption eines verbundweiten Luftlinientarifs für Gelegenheitskunden und Fahrten außerhalb der Homezone. Inzwischen ist die kvv.homezone vollständig in die bestehende App regiomove des KVV integriert. Seit Dezember 2021 werden der kvv.homezone-Tarif sowie der Luftlinientarif parallel zum bestehenden Tarifsortiment im gesamten Verbundgebiet angeboten und sukzessive um weitere Funktionalitäten ergänzt. Der verbundweite Luftlinientarif wird mit der App der Firma Fairtiq verkauft. Civity begleitet den Karlsruher Verkehrsverbund umfassend und themenübergreifend von der ersten Idee über die Testphase bis hin zur marktreifen Umsetzung der kvv.homezone und der kvv.luftlinie. Der Begriff Homezone („Heimbereich“) ist bisher aus dem Mobilfunk bekannt. Bei Homezone- Tarifen bieten Mobilfunkanbieter ihren Kunden standortabhängige Tarife an. Der Kunde kann dabei einen Umkreis, z. B. um seine Wohnort- oder Arbeitsortadresse herum definieren und dort zu einem günstigeren Tarif telefonieren. Ziel ist es, Festnetz- und Mobilfunktarif miteinander zu verknüpfen, um pro Kunde einen höheren Umsatz zu generieren. Bild 4: Integration der Homezone in die KVV.regiomove-App Quelle: raumobil ALL YOU CAN READ Das Archiv der Zeitschrift Internationales Verkehrswesen mit ihren Vorgänger-Titeln reicht bis Ausgabe 1|1949 zurück. Sie haben ein Jahres-Abonnement? Dann steht Ihnen auch dieses Archiv zur Verfügung. Durchsuchen Sie Fach- und Wissenschaftsbeiträge ab Jahrgang 2000 nach Stichworten. Greifen Sie direkt auf die PDFs aller Ausgaben ab Jahrgang 2010 zu. Mehr darüber auf: www.internationales-verkehrswesen.de Trialog Publishers Verlagsgesellschaft | Baiersbronn | service@trialog.de ePaper-EAZ_IV_TranCit.indd 4 ePaper-EAZ_IV_TranCit.indd 4 11.11.2018 18: 32: 23 11.11.2018 18: 32: 23 Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 66 Crowdsourcing in der Radverkehrsforschung Erfahrungen aus der wissenschaftlichen Begleitung der SWR-Mitmachaktion #besserRadfahren Subjektive Sicherheit, Radverkehr, Radwege, Forschungsmethoden, Bürgerbeteiligung Im Rahmen der Aktion #besserRadfahren wurden die Zuschauer: innen des SWR dazu aufgerufen, mithilfe von Handy-Apps Situationen zu melden, in denen sie sich beim Radfahren unsicher gefühlt haben. Innerhalb eines Monats gingen über 10.000 Meldungen ein, die von einem Team der Hochschule Karlsruhe ausgewertet wurden. Diese per Crowdsourcing gewonnenen Daten lieferten nicht nur wertvolle Informationen für Forschung und Kommunen, sondern machten auch einen Perspektivwechsel möglich. Die Forschung nimmt nun die Perspektive der Radfahrenden ein, die so von Beforschten zu Forschenden werden. Martin Temmen, Jochen Eckart, Jule Merk, Ahmet-Serdar Karakaya, David Bermbach D as Projekt #besserRadfahren des Südwestrundfunks (SWR) hatte eine große mediale Reichweite: „Mach mit bei #besser- Radfahren! , der großen SWR Mitmachaktion. Zeig uns deine Gefahrenpunkte in der Region und wir gehen der Sache auf den Grund.“ Mit diesem Slogan wurden die Zuschauer: innen und Hörer: innen der Sender des SWR zur Teilnahme an der Aktion #besserRadfahren eingeladen. Zum Aufzeigen der Gefahrenpunkte wurden die beiden Apps RADar! und SimRa genutzt. Innerhalb des Aktionzeitraums vom 22.03. bis 22.04.2021 gingen über RADar! 10.726 Meldungen zu Mängeln an der Radinfrastruktur ein, auf 2.705 Fahrten meldeten die Teilnehmenden über SimRa Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmenden. Damit handelt es sich bei der Mitmachaktion des SWR um eine der bislang umfassendsten Erhebung zum Sicherheitsgefühl im Radverkehr in Deutschland. Den Meldungen der SWR- Zuschauer: innen „auf den Grund“ ging ein Team der Hochschule Karlsruhe, indem es eine fachliche Einordung aller Meldungen und eine detaillierte Auswertung von rund 7.000 Meldungen vornahm. Im Zentrum der Untersuchung stand das subjektive Sicherheitsempfinden der Radfahrenden. Dieses stellt einen wichtigen Faktor für die Förderung des Radverkehrs dar [1 bis 4]. So ist zu beobachten, dass ein großer Anteil der Bevölkerung zwar durchaus gewillt ist, das Fahrrad öfter zu nutzen, dies jedoch aus Angst vor Unfällen nicht tut [5 bis 7]. Der Umstieg auf das Fahrrad funktioniert daher nur mit erlebter Sicherheit-[8]. Foto: Foto: A. Krebs / pixabay MOBILITÄT Datenerhebung Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 67 Datenerhebung MOBILITÄT Im Rahmen dieses Artikels werden die zentralen Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Begleitung der Aktion dargestellt. Es werden sowohl die Ergebnisse der Erhebung besprochen als auch die Erfahrungen mit der gewählten Methode des Crowdsourcings mittels Smartphone-App reflektiert. Crowdsourcing Die Aktion #besserRadfahren hatte zum Ziel, die Wünsche und Ängste der Radfahrenden im Sendegebiet des SWR (Baden- Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland) zu erforschen und für die breite Öffentlichkeit aufzubereiten. Die Untersuchung erhebt keinen Anspruch darauf, Gefahrensituationen objektiv darzustellen, sondern nimmt die Perspektive der Radfahrenden ein. Diese wurden durch die aktive und eigenverantwortliche Einbindung in die Datenerhebung selbst zu Forschenden. Derartige Crowdsourcing-Ansätze wurden bereits zuvor in unterschiedlichen Projekten der Radverkehrsforschung genutzt. Im Projekt „Mit Smartphones generierte Verhaltensdaten im Radverkehr“ wurde untersucht, inwiefern Daten der Plattform Strava für die Radverkehrsplanung genutzt werden können [9, 10]. Ebenfalls einen Crowdsourcing-Ansatz verfolgte die ECO- Sense-Studie, die durch die Firmen meindienstrad.de (Baron Mobility Service) und CoSynth sowie die Universität Oldenburg (Abteilung für Wirtschaftsinformatik VLBA) durchgeführt wurde [11]. Hier wurden die Fahrräder von mehreren hundert Proband: innen mit eigens entwickelten Sensoren ausgestattet. Aufgezeichnet wurden die gefahrenen Strecken und Geschwindigkeiten, aber auch Erschütterungen und verschiedene Umweltparameter (z. B. Temperatur, Luftdruck). Im Rahmen der begleitenden Datenanalyse waren so neben Aussagen zur Routenwahl auch Aussagen zur Beschaffenheit der Fahrradinfrastruktur möglich. Bei den beiden Projekten wurden ausschließlich objektiv messbare Indikatoren zu den Radfahrten der jeweils ausgewählten Stichprobe erhoben. Eine große Herausforderung bei Erhebungen mittels Crowdsourcing stellt die Akquise von Teilnehmer: innen dar. Diese müssen über die Erhebung und die Möglichkeiten, sich an dieser zu beteiligen, informiert werden. Des Weiteren muss die Teilnahme für potenzielle Proband: innen sinnvoll erscheinen und ohne größere Hürden möglich sein. Durch die Verbreitung der Informationen zur Aktion über die unterschiedlichen TV- und Radio-Kanäle des SWR waren für #besserRadfahren beste Voraussetzungen gegeben, um ein möglichst breites Proband: innenfeld zu generieren. Die Hürden zur Teilnahme waren denkbar gering, da die beiden genutzten Apps über Google Play und den App Store erhältlich und so für die meisten Smartphone-Nutzer: innen (Android und iOS) leicht zugänglich sind. Als Motivation für die Teilnahme diente schließlich das Versprechen, den gemeldeten Gefahrenpunkten „auf den Grund zu gehen“ und die Anliegen der Teilnehmenden ernst zu nehmen und ihnen Gehör zu verschaffen. Somit ergänzten sich die Kooperationspartner des Südwestdeutschen Rundfunks (diverse Beiträge auf allen Kanälen des SWR: Radio, Fernsehen, Webseite und soziale Medien) mit den Teams der Hochschule Karlsruhe (wissenschaftliche Begleitung) und der Technischen Universität Berlin (Entwicklung der SimRa-App). Die beiden genutzten Apps setzen unterschiedliche Schwerpunkte. Sie sind unterschiedlich zu bedienen und stellen unterschiedliche Anforderungen bei der Auswertung der Daten (siehe Tabelle 1). Obwohl die beiden Apps im Rahmen derselben Aktion genutzt worden sind, werden die Ergebnisse daher getrennt voneinander dargestellt. Erfassung subjektiver Verkehrssicherheit mit RADar! Mit der App RADar! der Kampagne Stadtradeln des Netzwerks Klima-Bündnis wurden vor allem Mängel an der Infrastruktur erfasst. Die App bietet die Möglichkeit, Meldungen über positive wie auch negative Situationen abzugeben. Diese werden von den Teilnehmenden einer Kategorie aus einem vorgegebenen Katalog zugeordnet. Die App bietet zusätzlich die Möglichkeit, bereits eingegangene Meldungen zu bestätigen, sodass diese nicht mehrfach abgegeben werden müssen. Zudem können die Situationen durch Freitext oder Foto genauer beschrieben werden. Innerhalb des Aktionszeitraums gingen über RADar! 10.726 Meldungen ein. Der gesamte Datensatz wies eine hohe Qualität auf. So waren 97 % der Meldungen korrekt in die App eingetragen, lediglich 3 % waren nicht nutzbar, da es sich um Testbeiträge oder fehlerhafte Meldungen handelte. Entsprechend dem Aufruf wurden zu 95 % negativ empfundene Situationen gemeldet. Die Möglichkeit, die jeweilige Situation durch Freitext genauer zu schildern und damit besser nachvollziehbar zu machen, haben 92 % der Teilnehmenden wahrgenommen. Die Meldungen waren überwiegend (57 %) neutral formuliert. Die drei häufigsten Gründe für Meldungen beziehen sich auf infrastrukturelle Mängel. Hierbei wird auf fehlende Radwege, plötzliche endende Radwege mit unklarer Fortführung sowie zu schmale Radwege hingewiesen (siehe Bild-1). Zu den 10.726 eingegangenen Meldungen kam noch einmal die rund dreifache Menge an Bestätigungen durch andere Nutzer: innen (33.003). Die Anzahl der Bestätigungen eines gemeldeten Mangels Übersicht Erhebungsmethoden RADar! 10.756 Meldungen Meldungen von positiven und negativen Situationen durch Radfahrende Überblick über gesamtes Sendegebiet SimRa 2.705 Fahrten Aufzeichnung von Fahrten durch Radfahrende und Identifikation von kritischen Situationen Aussagen für ausgewählte Städte Tabelle 1: Übersicht der genutzten Apps und eingegangenen Meldungen Bild 1: Die zehn meistgemeldeten Mängel in RADar! Eigene Darstellung Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 68 MOBILITÄT Datenerhebung gibt einen Hinweis auf Hot Spots, die von vielen Personen als gefährlich wahrgenommen werden. In einzelnen Fällen wurden Situationen mehr als 50-mal bestätigt. Bei den so in den Fokus gerückten Stellen handelt es sich vielfach um unsichere Kreuzungen, Querungen oder zu schmale Radwege. Bei rund einem Drittel der Meldungen (35 %) wurden explizit Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmenden erwähnt, also Verkehrssituationen, bei denen Kollisionen nur durch Verhaltensanpassungen wie Ausweichen oder starkes Bremsen vermieden werden konnten. In weiteren 1,8 % der Fälle wurden sogar Unfälle genannt. An rund zwei Dritteln (64 %) der durch die Radfahrenden gemeldeten Konflikte waren Kraftfahrzeuge beteiligt. Diese Konflikte traten meist im Mischverkehr auf der Fahrbahn auf. Konflikte mit zu Fuß Gehenden haben lediglich einen Anteil von 14 % an der Gesamtheit der gemeldeten Konflikte. Um die Ergebnisse der Crowdsourcing-Erhebung zu verifizieren wurden vier Proband: innen mit Videokameras ausgestattet und alle ihre Fahrradfahrten über die Dauer einer Woche aufgezeichnet. Diese Videos wurden durch geschulte Beobachter: innen ausgewertet. Demnach waren die Konfliktpartner: innen der Radfahrenden lediglich zu 50 % Kraftfahrer: innen, aber zu 43 % zu Fuß Gehende. Betrachtet man die räumliche Situation der gemeldeten Konflikte, so fanden diese vielfach im Längsverkehr oder mit ruhendem Verkehr statt. So sind die am häufigsten genannten Konflikte enges Überholen und zu enges Begegnen. Deutlich seltener wurden durch die Radfahrenden Konflikte an Knotenpunkten gemeldet. Das Sicherheitsgefühl der Radfahrenden unterscheidet sich somit deutlich von den in der deutschlandweiten Unfallstatistik erfassten Unfällen. Hier zeigen sich die Verhältnisse umgekehrt - vor allem Knotenpunkte sind mit einem hohen Unfallrisiko behaftet, zu Unfällen im Längsverkehr kommt es im Verhältnis seltener. Immerhin 1,8 % der Meldungen berichten von Unfällen. Diese beschreiben meist Situationen an Kreuzungen, fehlende Radwege und gefährliche Einfahrten. Während Kreuzungen und Einfahrten aus der amtlichen Unfallstatistik als Unfallschwerpunkte bekannt sind, wurden Fahrunfälle (z. B.: Alleinunfälle mit stürzenden Radfahrenden) sehr viel öfter über RADar! gemeldet, als in der Unfallstatistik erfasst. Häufig genannte Probleme sind in diesem Zusammenhang infrastrukturelle Mängel, also Bodenunebenheiten sowie Hindernisse auf dem Fahrstreifen des Fahrrades. Erfassung subjektiver Verkehrssicherheit mit SimRa Die App SimRa [12] wurde genutzt, um Informationen über Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmenden zu erheben. Die App muss zu Beginn jeder Fahrt durch die Nutzer: innen manuell gestartet werden. Während der Fahrt greift die App auf die im Smartphone verbauten Beschleunigungssensoren zu, um plötzliche Bewegungsänderungen zu erkennen. Diese sind häufig ein Indikator für kritische Situationen wie Ausweichmanöver oder Vollbremsungen. Nach einer automatischen Vorauswertung der Beschleunigungsdaten werden die Nutzer: innen im Anschluss an die Fahrt gebeten, ihre Fahrt zu annotieren, indem sie erkannte Konfliktsituationen kategorisieren und beschreiben, fehlende ergänzen und die Daten zum Upload freigeben. Sim- Ra versucht damit, die für das subjektive Sicherheitsgefühl wichtigen Konflikte mit Hilfe der gemessenen Beschleunigungswerte deutlich zu machen. Durch den an die SWR-Zuschauer: innen gerichteten Aufruf wurden im Erhebungszeitraum 2.705 Radfahrten von 923 Teilnehmenden erhoben (davon nutzen 30 auch mehr als ein halbes Jahr nach Projektende noch die App). Dabei wurden insgesamt 1.111 Konflikte erfasst. Die mit SimRa gewonnenen Daten liefern aufschlussreiche Aussagen zu den lokalen Verhältnissen in einzelnen Städten. Für einen vollständigen Überblick über das SWR-Sendegebiet wurde die App jedoch nicht ausreichend genutzt. In fünf Großstädten und einer Mittelstadt konnten mehr als 100 Fahrten und mehr als 1.000 km erfasst werden. Dort lenkt SimRa den Blick auf einzelne Streckenabschnitte und Standorte, die von großer Bedeutung für den Alltagsradverkehr sind. Insbesondere „Lücken“ in der Streckenführung, also Abschnitte auf den vielgenutzten Radrouten, auf denen es vermehrt zu Konflikten kommt, sind gut zu identifizieren. Diese entstehen vor allem an den Stellen, an denen der Radverkehr gezwungen ist, die Hauptverkehrsachsen des KFZ-Verkehrs zu nutzen, weil keine verkehrsarme Alternative existiert oder weil diese nur schwer zu finden ist (siehe Bild 2). Die von SimRa errechnete relative Konflikthäufigkeit kann Hinweise auf unsichere Streckenabschnitte und Stellen geben. Für das gesamte Untersuchungsgebiet wurden folgende Konfliktdichten erkannt (Angaben in Konflikten je gefahrenem Kilometer, K/ R*km): Mittelwert 0,0602, Min 0,0098, Median 0,0527 und Max 0,1597. Zum Vergleich kann die Konfliktdichte auf den Stadtstraßen von Berlin herangezogen werden (ebenfalls in K/ R*km). Hier liegt der Mittelwert bei 0,11 und die Spannbreite zwischen 0,02 und 0,64 [13]. Der Mittelwert für die Konfliktdichte auf den Stadtstraßen von Dresden und Chemnitz liegt bei 0,096, die Spannbreite zwischen 0,02 und 0,33 (K/ R*km) [14]. Die mit SimRa für das Untersuchungsgebiet von #besserRadfahren erhobene Konfliktdichte liegt in den meisten Regionen leicht unter denen aus anderen Erhebungen. Dies ist ein Hinweis darauf, dass sich das Radfahren in der untersuchten Region tendenziell etwas weniger konfliktreich gestaltet. Wie auch schon für die über RADar! eingegangenen Meldungen kann ein Vergleich zur amtlichen Unfallstatistik dabei helfen, besser zu verstehen, welche Situationen von den Radfahrenden als gefährlich wahrgenommen werden. Erneut wurden im Verhältnis mehr Konflikte mit parkenden Autos und im Längsverkehr gemeldet, als dies nach den Zahlen der Unfallstatistik zu erwarten wäre. Seltener hingegen wurden Bild 2: Ausschnitt aus der SimRa-Analysekarte für den Landkreis Konstanz Quelle: SimRa Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 69 Datenerhebung MOBILITÄT Konflikte beim Abbiegen, Einbiegen und Kreuzen durch die Radfahrenden gemeldet. Betrachtet man die an gemeldeten Konflikten Beteiligten, so fanden 72 % der Konflikte zwischen Rad- und Kraftverkehr statt, in 2 % der Meldungen waren Rad- und Fußverkehr beteiligt. In immerhin 26 % der Fälle wurden Alleinunfälle gemeldet. Erneut zeigt sich, dass die Radfahrenden insbesondere Situationen, in denen Kraftfahrzeuge beteiligt sind, als bedrohlich wahrnehmen, während im Miteinander mit zu Fuß Gehenden kaum Konflikte wahrgenommen werden. Mit mehr als einem Viertel an gemeldeten Alleinunfällen wird deutlich, dass diese Art der Unfälle in der amtlichen Unfallstatistik deutlich unterrepräsentiert ist. Methodische Reflektion Die Crowdsourcing-Erhebung im Rahmen von #besserRadfahren hat dabei geholfen, besser zu verstehen, welche Situationen von den Radfahrenden im Südwesten Deutschlands als gefährlich wahrgenommen werden. Hierbei haben sich die Ergebnisse der genutzten Apps, Radar! und SimRa, gut ergänzt. Während über Radar! überwiegend Mängel an der Infrastruktur gemeldet wurden, gaben die über SimRa eingegangen Meldungen einen Einblick in die alltäglichen Konflikte der Radfahrenden mit anderen Verkehrsteilnehmenden. Durch die genaue Verortung der Meldungen werden Konfliktschwerpunkte deutlich hervorgehoben. Somit haben sich beide Apps als geeignete Instrumente für Crowdsourcing-Erhebungen zum subjektiven Sicherheitsempfinden im Radverkehr erwiesen. In der Nutzung zeigt sich Radar! als das einfachere, niedrigschwelligere Tool. Meldungen können durch die Proband: innen sowohl vor Ort als auch zu Hause und in beliebiger Anzahl abgegeben werden. Die Möglichkeit, bereits eingegangene Meldungen zu bestätigen, hat bei der Auswertung erhebliche Vorteile. Durch die einfache Teilnahmemöglichkeit wurde innerhalb eines kurzen Zeitraums eine hohe Teilnehmendenzahl erreicht. Zur Auswertung war die Kategorisierung der Meldungen durch die Nutzer: innen hilfreich, für konkrete Aussagen mussten jedoch die Freitextmeldungen ausgewertet werden, was zu einem erheblichen Arbeitsaufwand geführt hat. SimRa ist für die Proband: innen aufwendiger in der Nutzung. So muss beispielsweise die App zu Beginn jeder Radfahrt manuell gestartet werden. Im Nachgang müssen mögliche Konflikte bestätigt und schließlich zum Upload freigegeben werden. Der höhere Aufwand macht sich auch in den geringeren Nutzer: innenzahlen bemerkbar. In der Auswertung hingegen erweist sich die App als sehr „pflegeleicht“ - insbesondere die Berechnung der Konfliktdichte durch die App hat sich als große Hilfe erwiesen. Auch wurde noch nicht das gesamte Potenzial der App ausgeschöpft. So kann die Erfassung von Überholabständen sogar vollautomatisch erfolgen, wenn ein Sensor zur Abstandsmessung (z. B. OpenBikeSensor) mit der App gekoppelt wird [15]. Die Aktion #besserRadfahren hat guten Anklang bei den Radfahrenden im Sendegebiet des SWR gefunden. Die große Anzahl hochwertiger Meldungen zeugt von einer hohen Bereitschaft, konstruktiv an der Verbesserung der Verhältnisse für den Radverkehr mitzuwirken. Die Methode kann, alleine schon aufgrund der Anonymität der Teilnehmenden, keinen Anspruch auf Repräsentativität erheben. Jedoch schafft sie es, die aus der Perspektive der Radfahrenden drängendsten Probleme sichtbar zu machen. Durch das freie Format versetzt diese Art der Erhebung die Teilnehmenden in die Lage, selbst Untersuchungsthemen zu setzen. Auf diese Weise schafft sie es, die Lücke zwischen Forschenden und Beforschten zu schließen und eröffnet neue Möglichkeiten, die Frage zu beantworten, was Radfahrende brauchen. ■ LITERATUR [1] Horton, D. (2007): Fear of Cycling. In: Cycling and Society. Routledge, S. 149-168. [2] Hull, A.; O’Holleran, C. (2014): Bicycle infrastructure: can good design encourage cycling? In: Urban, Planning and Transport Research (2), H. 1, S. 369-406. [3] Schwedes, O.; Wachholz, S.; Frier, D. (2021): Sicherheit ist Ansichtssache. Subjektives Sicherheitsempfinden: Ein vernachlässigtes Forschungsfeld. IVP-Discussion Paper 1. Fakultät Verkehrs- und Maschinensysteme; Institut für Land- und Seeverkehr, Berlin. www.ivp. tu-berlin.de/ fileadmin/ fg93/ Dokumente/ Discussion_Paper/ DP17_ Schwedes_et_al.pdf (Abruf: 17.01.2022). [4] Wang, J.; Mirza, L.; Cheung, A; Moradi, S. (2014): Understanding factors influencing choices of cyclists and potential cyclists: A case study at the University of Auckland. In: Road and Transport Research (23), S. 37-51. [5] Geller, R.: Four Types of Cyclists. Portland Bureau of Transportation, Portland, OR. www.portlandoregon.gov/ transportation/ article/ 264746 (Abruf: 18.01.2022). [6] Aldred, R.; Woodcock, J. (2015): Reframing safety: An analysis of perceptions of cycle safety clothing. In: Transport Policy (42), H. 2, S. 103-112. [7] Bill, E.; Rowe, D.; Ferguson, N. (2015): Does experience affect perceived risk of cycling hazards? www.starconference.org.uk/ star/ 2015/ Bill.pdf (Abruf: 12.01.2022). [8] Fuchs, T.; Hansen, C.; Koopmann, L. (2016): Förderung des Radverkehrs in Städten und Gemeinden. DStGB Dokumentation 137, Berlin. www.dstgb.de/ publikationen/ dokumentationen/ nr-137-foerderung-des-radverkehrs-in-staedten-und-gemeinden/ doku137-final. pdf (Abruf: 17.01.2022). [9] Francke, A.; Lißner, S. (2017): Big Data im Radverkehr. Ein anwendungsorientierter Leitfaden zur Nutzung von smartphone-generierten Radverkehrsdaten. Professur für Verkehrsökologie und Professur für Verkehrspsychologie, Dresden. [10] Francke, A.; Lißner, S.; Becker, T. (2018): Big Data im Radverkehr. Ergebnisbericht: „Mit Smartphones generierte Verhaltensdaten im Radverkehr“. Professur für Verkehrsökologie und Professur für Verkehrspsychologie, Dresden. [11] Schering, J.; Janßen, C.; Kessler, R.; Dmitriyev, V.; Marx Gómez, J.; Stehno, C.; Pelzner, K.; Bankowsky, R.; Hentschel, R. (2021): ECOSense and its preliminary findings: Collection and analysis of bicycle sensor data. In: Environmental Informatics: New perspectives in Environmental Information Systems: Transport, Sensors, Recycling - Adjunct Proceedings of the 34th edition of the EnviroInfo - the long standing and established international and interdisciplinary conference series on leading environmental information and communication technologies. Kamilaris, A.; Wohlgemuth, V.; Karatzas, K.-D.; Athanasiadis, I. N. (Eds.), Shaker Verlag GmbH, S. 145-153. [12] Karakaya, A.-S.; Hasenburg, J.; Bermbach, D. (2020): SimRa: Using crowdsourcing to identify near miss hotspots in bicycle traffic. In: Pervasive and Mobile Computing (67), S. 101-197. [13] Alrutz, D.; Bohle, H.-G.; Müller, A.; Prahlow, H.: Unfallrisiko und Regelakzeptanz von Fahrradfahrern. Bericht zum Forschungsprojekt FE 82.262: Unfallrisiko, Konfliktpotenzial und Akzeptanz der Verkehrsregelungen von Fahrradfahrern. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen V, Verkehrstechnik 184, Bremerhaven. [14] Ohm, D.; Fiedler., F; Zimmermann, F.; Kraxenberger, T.: Führung des Radverkehrs im Mischverkehr auf innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen. Bericht zum Forschungsprojekt: FE 77.0496/ 2010. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen V, Verkehrstechnik 257, Bremen. [15] OpenBikeSensor (2022): OpenBikeSensor. www.openbikesensor.org / (Abruf: 14.01.2022). Ahmet-Serdar Karakaya, M.Sc. Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fachgebiet Mobile Cloud Computing, TU Berlin, und Einstein Center Digital Future, Berlin ak@mcc.tu-berlin.de David Bermbach, Prof. Dr.-Ing. Fachgebiet Mobile Cloud Computing, TU Berlin, und Einstein Center Digital Future, Berlin db@mcc.tu-berlin.de Jule Merk, M.Sc. Akademische Mitarbeiterin, BMVI-Stiftungsprofessur für Radverkehr, Hochschule Karlsruhe jule.merk@h-ka.de Jochen Eckart, Prof. Dr. Professur für Verkehrsökologie, Hochschule Karlsruhe jochen.eckart@h-ka.de Martin Temmen, Dipl.-Geogr. Akademischer Mitarbeiter, BMVI-Stiftungsprofessur für Radverkehr, Hochschule Karlsruhe martin.temmen@h-ka.de Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 70 MOBILITÄT Radverkehr Digitalisierung für die Mobilitätswende Im Flickenteppich das Muster erkennen Verkehrsplanung, Urbane Mobilität, Digitales Management Die Steuerung von Radverkehrsprojekten in einer Großstadt mit bezirklicher Selbstverwaltung ist eine Herausforderung. Seit 2020 unterstützt infraVelo, eine Tochtergesellschaft der landeseigenen Grün Berlin GmbH, Digitalisierungsaktivitäten des Landes Berlin. Zusammen mit der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz und den Bezirksämtern arbeitet das Unternehmen am digitalen Management der Projekte, um Prozesse effizienter und transparenter zu machen und die Mobilitätswende zu beschleunigen. Herausgekommen ist eine cloudbasierte Datenbank - ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer modernen Verwaltung. Katja Krause M ehr als 350 Radverkehrsprojekte werden aktuell in den zwölf Berliner Bezirken geplant oder bereits umgesetzt. Von der Sanierung von Radwegen über den Umbau von Kreuzungen bis zur Einrichtung von Pop-up-Radwegen ist alles dabei. Die Vielzahl an Projekten erschwert nicht nur den Gesamtüberblick - auch in den Bezirken selbst, die jeweils auf 20 bis 50 aktive Projekte kommen, ist das Management ein komplexer Vorgang. Systematische Erfassung der Daten Zunächst haben wir uns bei infraVelo die laufenden und geplanten Projekte und Prozesse angeschaut. Dabei wurde schnell klar, dass sehr viele Daten an unterschiedlichen Stellen eher unsystematisch vorlagen. Deshalb haben wir zunächst alles Vorhandene gesammelt und systematisiert, um alle Projekte übersichtlich dokumentieren, auswerten und controllen zu können. Hierfür wurde eine Datenbank entwickelt, die in Deutschland einzigartig ist und in die alle Verantwortlichen in den Bezirken die Daten zu ihren Projekten einspeisen können: Jeder Bezirk bzw. die zuständigen Mitarbeiter*innen können die erforderlichen Informationen eingeben. Dabei liefern die Projektleiter*innen Daten etwa zu Terminen und Zuständigkeiten. Auch die Antragstellung für finanzielle Mittel beim Land Berlin wird über die Datenbank erfasst. Neben den Bezirken arbeitet also auch die Senatsverkehrsverwaltung mit dem neuen Tool. Vorrang für das Vorrangnetz Das war aber nur eines der Ziele. Mit der erfolgreichen Digitalisierung der Daten sind wir nun in der Lage, die Planung und Umsetzung von Projekten noch stärker an die übergreifende Strategie zu koppeln. Die leitet sich aus dem Mobilitätsgesetz ab und heißt für Berlin, das Vorrangnetz auszubauen. Es definiert die für den Radverkehr besonders wichtigen Verbindungen auf einer Strecke von insgesamt ca. 865 km und soll überwiegend aus baulich vom übrigen Verkehr getrennten Radwegen oder geschützten Radfahrstreifen bestehen. Die Mobilitätswende ist überall Die Transparenz über die Projekte und den Fortschritt ist nicht nur für die Verantwortlichen wichtig. Aus der Datenbank werden die Informationen auf eine Karte auf der Website von infraVelo übertragen 1 . So werden sie auch für die Öffentlichkeit sichtbar. Damit kommen wir dem Hauptinteresse der Bürger*innen nach. Jede und jeder möchte doch wissen, was sich vor der Haustür konkret verändert. Beim Blick auf die Karte zeigt sich auch, dass die Projekte in ihrer Vielzahl zwar einem Flickenteppich ähneln, alle Maßnahmen zusammen aber ein Muster ergeben. In einer Großstadt wie Berlin mit ihren bezirklichen Besonderheiten kommt so das große Ganze zum Vorschein. ■ 1 www.infravelo.de/ karte Foto: Catkin / pixabay Katja Krause Geschäftsführerin infraVelo, Berlin geschaeftsfuehrung@infravelo.de Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 71 Elektromobilität TECHNOLOGIE Die Zukunft des sicheren Ladens Moderne Authentifizierungslösung für das EV-Charging Authentifizierungslösung, EV-Charging, Benutzerauthentifizierung, Zugangskontrolle Mit der Zahl der Elektrofahrzeuge wächst der Bedarf an leistungsfähiger Ladeinfrastruktur - inklusive einer zuverlässigen Authentifizierungslösung, mit der sich sowohl der Zugang zu den Ladesäulen als auch die Abrechnung einfach und sicher regeln lassen. Hierfür sind RFID (Radio-Frequency Identification) und mobile Technologien wie NFC (Near Field Communication) oder BLE (Bluetooth® Low Energy) besonders geeignet. Doch in einer sich stark wandelnden Branche können sich die Anforderungen an eine Authentifizierungslösung schnell ändern. Damit ihre Wahl nachhaltig und zukunftssicher ist, müssen Betreiber und Hersteller von Ladeinfrastruktur daher wichtige Punkte beachten. Johannes Weil D ie Betankung von Elektrofahrzeugen mit Strom soll sicher und komfortabel funktionieren. Um dies zu gewährleisten, müssen Betreiber von Ladestationen - ob öffentlich oder privat - eine Reihe an Überlegungen anstellen, die von vielen individuellen Gegebenheiten abhängen: Wer darf die Lademöglichkeit nutzen? Wie erfolgt die Abrechnung? Und wie wird die Nachvollziehbarkeit des Ladevorgangs sichergestellt? Die Anforderungen an Nutzerauthentifizierung, Zugangsbeschränkung und Abrechnungsmodelle unterscheiden sich je nach Anwendung. Die Möglichkeiten reichen von Mitgliederprogrammen bis hin zu kostenfreien Angeboten. So lassen sich Flottenfahrzeuge beispielsweise mit Hilfe von Mitarbeiterausweisen laden, sodass nur autorisierte Nutzer Zugang zu den Lademöglichkeiten haben und ein sicherer Ladevorgang gewährleistet ist. Für die interne Abrechnung ist es in diesem Fall erforderlich, nachzuvollziehen, wer die Säule wann und wie lange genutzt hat. Unternehmen wie Kinos oder Einkaufszentren, die Ladesäulen als zusätzliche Einnahmequelle nutzen, aber auch große Netzbetreiber, die Lademöglichkeiten an Schnellstraßen oder Autobahnen bieten, müssen ihren Kunden komfortable Zugänge und transparente Abrechnungsmodelle bieten, die per Kreditkarte oder Smartphone-App funktionieren. Erstausrüster (OEMs) müssen ihr Angebot an die Anforderungen von Betreibern und Nutzern anpassen. Das gilt nicht nur im Hinblick auf die Ladetechnik, mit der die Ladesäule arbeitet, sondern auch in Bezug auf die Optionen für Zugangskontrolle und Benutzerauthentifizierung. Herausforderungen bei der Integration einer Authentifizierungslösung für OEMs und Betreiber Ob Mitarbeiter, Mieter oder Flottenfahrer - Betreiber von Ladeinfrastruktur müssen wissen, wer auf ihr Angebot zugreift, den Zugang regeln und dabei sicherstellen, dass die Datensicherheit jederzeit gegeben ist. Betreiber sind auf eine Authentifizierungslösung angewiesen, die die maximale Sicherheit der sensiblen, personenbezogenen Nutzerdaten gewährleisten. Das gilt ganz besonders bei Authentifizierungs- und Zugangskontrolllösungen für gebührenpflichtige Ladestationen: Hier besteht ohne Verschlüsselung das Risiko, dass Signale, die zwischen Karte und Lesegerät ausgetauscht werden, beispielweise Kontodaten, abgefangen und missbraucht werden. Bieten Hersteller von Ladestationen ihre Produkte überregional oder sogar länderübergreifend an, müssen sie berücksichtigen, dass der Markt für Ladeinfrastruktur stark fragmentiert ist, etwa hinsichtlich technischer Spezifikationen und Datenschutzgesetzen. Besonders bei der Integration von Authentifizierungs- und Zugangskontrolllösungen ist es wichtig, dass die gewählte Lösung die Verwaltung der Ladestationen vereinfacht. Muss eine große Anzahl an Lesegeräten in einem großflächigen, gegebenenfalls landesweiten Ladenetz vor Ort aktualisiert werden, kann ein Update oder eine Neukonfiguration erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand bedeuten. Nutzer der Ladeinfrastruktur können zudem unterschiedliche Karten- oder mobile Technologien im Einsatz haben. Denn am internationalen Markt ist eine Vielzahl von Transpondertechnologien mit jeweils eigenen Datenformaten, Kommunikationsfrequenzen und Sicherheitsfunktionen verfügbar. Die meisten Lesegeräte sind jedoch lediglich in der Lage, nur einige wenige Kartentechnologien zu lesen. Das bedeutet für OEMs, die ihre Marktchancen erhöhen wollen, dass sie gegebenenfalls unterschiedliche Lesegeräte für verschiedene Kunden vorrätig halten müssen. Auch für Anbieter von Ladenetzen, die über Stationen in mehreren Regionen oder Ländern verfügen, kann es eine Herausforderung sein, ein Lesegerät zu finden, das für den Einsatz in al- Foto: AdobeStock / Elatec Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 72 TECHNOLOGIE Elektromobilität len Zielmärkten zertifiziert ist und alle an den jeweiligen Standorten bevorzugten Technologien unterstützt. Nicht zuletzt ändern sich auch die Anforderungen am Markt und gesetzliche Regelungen permanent. Smartphone-basierte Lösungen werden immer beliebter und lösen die klassische Karte in vielen Bereichen und Anwendungsszenarien ab. Die meisten Lesegeräte lassen sich jedoch nur eingeschränkt aufrüsten und an aktuelle Kundenbedürfnisse anpassen und müssten daher im Zweifelsfall kostspielig ausgetauscht werden. Die Lösung: Authentifizierung auf der Basis von RFID und mobilen Technologien Eine einfache, komfortable und sichere Möglichkeit für die Benutzerauthentifizierung und Zugangskontrolle bietet eine moderne Authentifizierungslösung auf der Basis von RFID und mobilen Technologien. An öffentlichen und privaten Ladestationen können Nutzer entweder mit einer RFID-Karte oder einem Token eindeutig identifiziert werden. Möglich ist auch der Einsatz von digitalen Berechtigungsnachweisen, sogenannten mobile Credentials. Sie basieren auf den Technologien NFC oder BLE, mit denen ein Großteil aller mobilen Endgeräte wie Smartphones ausgestattet ist. Der Einsatz einer solchen Authentifizierung schützt Ladestationen vor unbefugtem Zugriff und sorgt dafür, dass sensible Informationen wie die Zahlungsdaten der Nutzer nicht in falsche Hände geraten. Für die Nutzer genügt es, einfach den Berechtigungsnachweis in Form von Karte oder Smartphone an die Ladesäule zu halten. Das integrierte Lesegerät ermöglicht dann den sicheren, hygienischen und kontaktlosen Zugang zur Nutzung der Ladeinfrastruktur - ohne den Einsatz von Kreditkarten oder Passwörtern und PINs, die nur schwer im Gedächtnis bleiben. Zugangskontrolle und Benutzerauthentifizierung nachhaltig und sicher gestalten: Das gilt es zu beachten Wollen Betreiber und Hersteller mit ihrer Ladeinfrastruktur fortschrittlich, flexibel und sicher am Markt aufgestellt sein, sollte die Authentifizierungslösung folgende Kriterien erfüllen: Sicherheit für Infrastruktur und Daten Eine Zugangskontrolle mit Authentifizierungslösung erhöht das Sicherheitsniveau. Sie schützt vor Missbrauch - sowohl in Bezug auf Daten als auch auf die wertvolle Ladeinfrastruktur. Denn so erhalten nur autorisierte Nutzer mit ihrem Ausweis die Möglichkeit, Strom zu tanken. Ihr Ladeverhalten lässt sich so zudem problemlos nachvollziehen. Um die Datensicherheit zu erhöhen, sollte sich ein Lesegerät so programmieren lassen, dass es Verschlüsselungstechnologien einschließlich kryptografischer Methoden unterstützt, die eine hohe Rechenleistung erfordern. Entsprechende Geräte erlauben es Herstellern oder Betreibern, kundenspezifische Verschlüsselungsverfahren und andere komplexe Funktionen. Flexibilität und Komplexitätsreduktion Den Herausforderungen, die der stark fragmentierte Markt für Ladeinfrastruktur und die Vielzahl an gängigen Transpondertechnologien mit sich bringen, können Betreiber und Hersteller mit Multifrequenz-Lesegeräten begegnen. Am Markt sind universelle Reader verfügbar, die mehr als 60 weltweit gängige Transpondertechnologien verarbeiten können und für den Einsatz in bis zu 110 Ländern zertifiziert sind. Diese Lesegeräte, die beispielsweise der Lösungsanbieter Elatec im Portfolio hat, sind praktisch mit jeden von Anwendern genutzten Kartentechnologien kompatibel und können mobile Berechtigungsausweise verarbeiten. Sie sind damit ideal für den Einsatz im Bereich EV-Charging geeignet. So bieten sie mit einem einzigen, einfach zu integrierenden Gerät eine Lösung, die Vertrieb und Bestandsverwaltung vereinfacht. Für Hersteller bedeutet dies, dass sie nur eine Version ihres Systems für alle potenziellen Kunden vorrätig halten müssen. Die Komplexität wird mit einer solchen Lösung deutlich reduziert. Zukunftssicherheit durch Remote-Updates und -Upgrades Anforderungen und IT-Infrastrukturen verändern sich im Laufe der Zeit und machen Anpassungen erforderlich. Nur mit einem flexiblen System, das Optimierungen, Adaptionen und Upgrades vorsieht, sind Anbieter und Betreiber von Ladeinfrastruktur auch in Zukunft auf der sicheren Seite. Die Möglichkeit einer Remote-Konfiguration der Reader ist im Bereich Ladeinfrastruktur daher ein Muss. So können Betreiber und OEMs schnell auf sich ändernde IT-Infrastrukturen und Anforderungen reagieren und problemlos Optimierungen, Adaptionen und Upgrades vornehmen. Mit Remote-Updates und -Upgrades können alle installierten Lesegeräte zudem unabhängig von ihrem Standort einfach und schnell aktualisiert werden, ohne dass hohe Kosten für Techniker anfallen. Fazit Nicht nur Großkonzerne und staatliche Stellen mit eigenen Flotten, sondern zunehmend auch kleine Unternehmen und Vermieter werden den Ausbau der Ladeinfrastruktur in den kommenden Jahren voraussichtlich stark vorantreiben. Betreiber und OEMs, die auf eine sichere, skalierbare und marktübergreifend anwendbare Authentifizierungslösung setzten, sind klar im Vorteil und haben die Chance, einen entscheidenden Beitrag für eine stabile Ladeinfrastruktur zu leisten. ■ Johannes Weil Head of Industry Team Europe, Elatec-GmbH, Puchheim info-rfid@elatec.com So funktionieren RFID, NFC und BLE RFID-Karten haben einen eingebetteten Chip (oder Tag), der aus zwei Hauptkomponenten besteht: •• einer integrierten Einheit, die Informationen speichern und verarbeiten kann; und •• einer Antenne zum Senden oder Empfangen eines Signals Auf jeder RFID-Karte ist ein eindeutiger Datensatz - beispielsweise eine Nummer - gespeichert; er dient der Identifizierung der Karte und damit auch der Person, die sie bei sich trägt. Befindet sich eine Karte mit einem eingebetteten RFID-Tag in der Nähe eines RFID-Lesegeräts, sendet dieses ein Funksignal aus, um den Tag abzufragen. Das Funksignal aktiviert den Tag, der dann die Energie des Funksignals nutzt, um dem Lesegerät seine eindeutige ID mitzuteilen. Sowohl BLE als auch NFC sind Technologien für den kontaktlosen Datenaustausch. Ihr Hauptunterschied zu RFID besteht darin, dass die Informationsträger (z. B. Smartphones) aktive Funksender sind und eine Stromquelle benötigen. •• NFC basiert auf hochfrequenter RFID-Technologie (13,56 MHz) und ermöglicht einen kontaktlosen Datenaustausch in der Nahfeldkommunikation (< 10 cm). •• BLE ist eine Kurzstrecken-Funktechnologie für Entfernungen bis zu zehn Metern im Frequenzbereich von 2,4 GHz. Werden Smartphones für die Benutzerauthentifizierung und Zugangskontrolle verwendet, fungieren sie als Kartenemulatoren und senden eine eindeutige Benutzer-ID an das Lesegerät. Veranstaltungen FORUM Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 73 Das Klima retten! - Der ÖPNV als Schlüsselfaktor? Vorschau: 14. Deutscher Nahverkehrstag, 13.-15.06.2022, Koblenz I n der globalen Frage zur Rettung des Klimas ist die Verkehrswende ein notwendiger zukunftsweisender Baustein. Mit dem diesjährigen Motto greift der 14. Deutsche Nahverkehrstag, organisiert vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität Rheinland-Pfalz, eine der größten Herausforderungen unserer Zeit auf und setzt sich zum Ziel, bei der Beantwortung dieser Frage eine entscheidende Rolle zu spielen. Insbesondere für den ÖPNV müssen hier möglichst schnell kreative und innovative Antworten auf drängende Fragen gefunden werden. Beim diesjährigen Kongress in der Rhein-Mosel-Halle in Koblenz sollen altbekannte Herausforderungen, aber auch neue Lösungsansätze diskutiert werden, um einen gemeinsamen Weg in die klimagerechte Zukunft zu finden: •• Welche Rolle kann zukunftsorientierte Mobilität im Bereich der Klimaziele spielen? •• Wie schnell kann die Transformation des Verkehrs erfolgen? •• Was muss die Politik tun, um die Voraussetzungen und die Akzeptanz dafür zu schaffen? Innovation und neue Ideen sollen nicht nur eine inhaltliche Randnotiz sein, sondern auch ganz zentral Eingang in das Programm finden. Ein eigenes Start-Up-Special sowie ein Zukunftsforum für Studierende bilden spannende Zusatz-Elemente, die das umfangreiche Vortragsangebot und die große Fachmesse ergänzen werden. Für fünf Studierende bietet sich eine besondere Chance: Sie können einen Beitrag vor einer großen Anzahl erfahrener Nahverkehrs-Experten präsentieren. Alle Lehrstühle verkehrsbezogener Fachrichtungen im deutschsprachigen Raum sind eingeladen, bis zu zwei Studierende vorzuschlagen, die ein interessantes Thema bearbeiten und dazu einen Vortrag vor den „Expertinnen und Experten von heute“ halten wollen. www.deutschernahverkehrstag.de Nachhaltige Schifffahrt: Gemeinsam, klar, sauber! Vorschau: Deutscher Schifffahrtstag 2022,-29.09.-03.10.2022, Bremen und Bremerhaven D er Deutsche Schifffahrtstag 2022 wird vom 29. September bis zum 3. Oktober 2022 an zwei maritimen Standorten, in Bremen und Bremerhaven, stattfinden. Dabei werden unter dem Motto „Nachhaltige Schifffahrt: Gemeinsam, klar, sauber! “ die zentralen Zukunftsfragen der Schifffahrt diskutiert. Mit einem vielfältigen Programm, zu dem die seit Jahrzehnten größte Schiffs- und Bootsparade auf der Weser zählen soll, wird die Schifffahrt und ihre Zukunftsperspektive im Spannungsfeld globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Digitalisierung und dem gewachsenen Sicherheitsanspruch nicht nur für die maritime Fachwelt, sondern auch für die breite Öffentlichkeit präsentiert. Das vielfältige Programm wird in enger Zusammenarbeit mit Bremerhavener und Bremer Akteuren sowie unter Einbindung der gesamten maritimen Branche gestaltet. Zu den Aktivitäten zählen mehrere Fachkongresse, die sich mit zentralen Zukunftsthemen der Schifffahrt wie dem Erhalt und der Weiterentwicklung des maritimen Knowhows, der Emissionsreduktion und der Sicherheit der Seewege auseinandersetzen. Hinzu kommen Aktionen für Studierende, für Schüler und für die breite Öffentlichkeit. Bereits feststehende Veranstaltungs-Bestandteile sind ein Empfang des Senats der Freien Hansestadt Bremen mit einer Festansprache von Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte am Abend des 29. September im Rathaus zu Bremen, außerdem ein Empfang in der Seestadt Bremerhaven in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Schifffahrtsmuseum, eine Jubiläumsfeier der Deutschen Seemannsmission Bremerhaven und als maritimes Highlight eine Schiffs- und Bootsparade auf der Weser von Bremen nach Bremerhaven am 30. September 2022. Bereits jetzt hat sich eine Vielzahl beeindruckender Schiffe, die das gesamte maritime Spektrum vom modernsten und umweltfreundlichsten Schiff unter deutscher Flagge über vielfältige Behörden- und Arbeitsfahrzeuge bis hin zu gewerblichen Einheiten, Traditionsschiffen und Sportbooten abdecken, hierzu angemeldet, sodass das gemeinsame Ziel der größten Weserparade seit Jahrzehnten erreicht werden wird. www.deutscher-schifffahrtstag.de Moving Cities Vorschau: polisMOBILITY, 18.-21.05.2022, Köln A usgerichtet von der Messe Köln, soll die polisMOBILITY als Expo-Event für nachhaltige Mobilität auf intelligente und vernetzte Mobilitätslösungen fokussiert sein. Als Netzwerkplattform für internationale Politik, Städte und Kommunen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, sollen Lösungen statt Produkte im Vordergrund stehen. Avisiert sind drei Messehallen, mehr als 150 Aussteller und gut 10.000 Fachbesucher. Auf drei Bühnen diskutiert die polis- MOBILITY Mobilitätslösungen und Best Practice-Fälle in über 50 Themenslots, dazu kommen Teststrecken für E-Mobilität, autonomes Fahren und Mikromobilität in Köln. Die Schwerpunktthemen: •• Innovative Mobilitäts- und Stadtentwicklungskonzepte für die lebenswerte Stadt •• Partizipation der Bürger: innen für Akzeptanzsteigerung der Transformation •• Intelligente Sektorkopplung von Energie, Verkehr und Industrie für die Dekarbonisierung •• Vernetzte Mobilitätkonzepte sowie inter- und multimodale Fortbewegung für weniger Emissionen und Verkehrsreduzierung www.polis-mobility.de GREMIEN | IMPRESSUM Internationales Verkehrswesen (74) 1 | 2022 74 Erscheint im 74. Jahrgang Impressum Herausgeber Prof. Dr. Kay W. Axhausen Prof. Dr. Hartmut Fricke Prof. Dr. Hans Dietrich Haasis Prof. Dr. Sebastian Kummer Prof. Dr. Barbara Lenz Prof. Knut Ringat Verlag und Redaktion Trialog Publishers Verlagsgesellschaft Eberhard Buhl | Christine Ziegler Schliffkopfstr. 22 | D-72270 Baiersbronn Tel. +49 7449 91386.36 Fax +49 7449 91386.37 office@trialog.de www.trialog.de Verlagsleitung Dipl.-Ing. Christine Ziegler VDI Tel. +49 7449 91386.43 christine.ziegler@trialog.de Redaktionsleitung Eberhard Buhl, M. A. (verantwortlich) Tel. +49 7449 91386.44 eberhard.buhl@trialog.de Korrektorat: Ulla Grosch Anzeigen Tel. +49 7449 91386.46 Fax +49 7449 91386.37 anzeigen@trialog.de dispo@trialog.de Gültig ist die Anzeigenpreisliste Nr. 59 vom 01.01.2022 Vertrieb und Abonnentenservice Tel. +49 7449 91386.39 Fax +49 7449 91386.37 service@trialog.de Erscheinungsweise Viermal im Jahr mit International Transportation Bezugsbedingungen Die Bestellung des Abonnements gilt zunächst für die Dauer des vereinbarten Zeitraumes (Vertragsdauer). Eine Kündigung des Abonnementvertrages ist sechs Wochen vor Ende des Berechnungszeitraumes schriftlich möglich. Erfolgt die Kündigung nicht rechtzeitig, verlängert sich der Vertrag und kann dann zum Ende des neuen Berechnungszeitraumes schriftlich gekündigt werden. Bei Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages, bei Arbeitskampf oder in Fällen höherer Gewalt besteht kein Entschädigungsanspruch. Zustellmängel sind dem Verlag unverzüglich zu melden. Es ist untersagt, die Inhalte digital zu vervielfältigen oder an Dritte weiterzugeben, sofern nicht ausdrücklich vereinbart. Jahres-Bezugsgebühren Inland: Print EUR 220,00 / eJournal EUR 210,00 (inkl. MWSt.) Ausland: Print EUR 228,00 / eJournal EUR 210,00 (exkl. VAT) Einzelheft: EUR 39,00 (inkl. MWSt.) + Versand Das Abonnement-Paket enthält die jeweiligen Ausgaben als Print-Ausgabe oder eJournal mit dem Zugang zum Gesamtarchiv der Zeitschrift. Campus-/ Unternehmenslizenzen auf Anfrage Organ | Medienpartnerschaft VDI Verein Deutscher Ingenieure e.V. - Fachbereich Verkehr und Umfeld Druck Qubus Media GmbH, Hannover Herstellung Schmidt Media Design, München, schmidtmedia.com Titelbild Smart City. © Sinology / iStock Copyright Vervielfältigungen durch Druck und Schrift sowie auf elektronischem Wege, auch auszugsweise, sind verboten und bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung des Verlages. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Abbildungen übernimmt der Verlag keine Haftung. Trialog Publishers Verlagsgesellschaft Baiersbronn-Buhlbach ISSN 0020-9511 Herausgeberkreis Herausgeberbeirat Matthias Krämer Abteilungsleiter Strategische Planung und Koordination, Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Berlin Sebastian Belz Dipl.-Ing., Generalsekretär EPTS Foundation; Geschäftsführer econex verkehrsconsult GmbH, Wuppertal Gerd Aberle Dr. rer. pol. Dr. h.c., Professor emer. der Universität Gießen und Ehrenmitglied des Herausgeberbeirats Magnus Lamp Programmdirektor Verkehr Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), Köln Uwe Clausen Univ.-Prof. Dr.-Ing., Institutsleiter, Institut für Transportlogistik, TU Dortmund & Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik (IML), Vorsitzender, Fraunhofer Allianz Verkehr Florian Eck Dr., Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums e.V., Berlin Michael Engel Dr., Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften e. V. (BDF), Berlin Alexander Eisenkopf Prof. Dr. rer. pol., ZEPPELIN-Lehrstuhl für Wirtschafts- und Verkehrspolitik, Zeppelin University, Friedrichshafen Tom Reinhold Dr.-Ing., Geschäftsführer, traffiQ, Frankfurt am Main (DE) Ottmar Gast Dr., ehem. Vorsitzender des Beirats der Hamburg-Süd KG, Hamburg Barbara Lenz Prof. Dr., ehem. Direktorin Institut für Verkehrsforschung, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Berlin Knut Ringat Prof., Sprecher der Geschäftsführung der Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH, Hofheim am Taunus Detlev K. Suchanek Publisher/ COO, GRT Global Rail Academy and Media GmbH | PMC Media, Hamburg Erich Staake Dipl.-Kfm., ehem. Vorstandsvorsitzender der Duisburger Hafen AG, Duisburg Wolfgang Stölzle Prof. Dr., Ordinarius, Universität St. Gallen, Leiter des Lehrstuhls für Logistikmanagement, St. Gallen Ute Jasper Dr. jur., Rechtsanwältin Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek, Düsseldorf Johannes Max-Theurer Geschäftsführer Plasser & Theurer, Linz Matthias von Randow Hauptgeschäftsführer Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Berlin Kay W. Axhausen Prof. Dr.-Ing., Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme (IVT), Eidgenössische Technische Hochschule (ETH), Zürich Hartmut Fricke Prof. Dr.-Ing. habil., Leiter Institut für Luftfahrt und Logistik, TU Dresden Hans-Dietrich Haasis Prof. Dr., Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Maritime Wirtschaft und Logistik, Universität Bremen Sebastian Kummer Prof. Dr., Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik, Wien Peer Witten Prof. Dr., Vorsitzender der Logistik- Initiative Hamburg (LIHH), Mitglied des Aufsichtsrats der Otto Group Hamburg Oliver Wolff Hauptgeschäftsführer Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Köln Oliver Kraft Geschäftsführer, VoestAlpine BWG GmbH, Butzbach Ralf Nagel Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Hamburg Jan Ninnemann Prof. Dr., Studiengangsleiter Logistics Management, Hamburg School of Business Administration; Präsident der DVWG, Hamburg Ben Möbius Dr., Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland (VDB), Berlin Ullrich Martin Univ.-Prof. Dr.-Ing., Leiter Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen, Direktor Verkehrswissenschaftliches Institut, Universität Stuttgart Gegründet im Jahr 1990, liefert Trialog seit mehr als drei Jahrzehnten zielgruppenspezifische Informationen für Entscheider in technischen Branchen. Die Trialog Publishers Verlagsgesellschaft ist ein spezialisiertes Medienunternehmen mit klassischen und digitalen Publikationen für Ingenieure, technische Fach- und Führungskräfte und Experten aus Wissenschaft und Forschung. Die crossmedialen Fachmedien des Verlags sind darauf ausgerichtet, diese Zielgruppen in Beruf und Karriere professionell zu unterstützen. Bei Trialog Publishers erscheinen die technisch-wissenschaftlichen Fachmagazine »Internationales Verkehrswesen« (mit den englischsprachigen Specials »International Transportation«) sowie »Transforming Cities | Das Fachmagazin zum urbanen Wandel«. ... sind verlässliche Informationen Trialog Publishers Verlagsgesellschaft | 72270 Baiersbronn | Schliffkopfstraße 22 | www.trialog.de © Gerd Altmann auf Pixabay Was zählt ... Tri-Eintel-Eigen-Anz-1.indd 1 Tri-Eintel-Eigen-Anz-1.indd 1 18.02.2021 10: 58: 49 18.02.2021 10: 58: 49 2022 | Heft 1 Februar
