Internationales Verkehrswesen
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expert verlag Tübingen
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2024
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www.internationales-verkehrswesen.de POLITIK Kombinierter Verkehr INFRASTRUKTUR Haltestellenanalyse LOGISTIK Containerisierung des Einzelwagenverkehrs MOBILITÄT Förderung des Fahrradpendelverkehrs TECHNOLOGIE KI in der Flugsicherung Digitalisierung in Transport und Verkehr Heft 1 | Februar 2024 76. Jahrgang schaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie \Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\ Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\ Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus \VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\ Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft BUCHT I P P Friedrich Krüger Schall- und Erschütterungsschutz im Schienenverkehr Grundlagen der Schall- und Schwingungstechnik - Praxisorientierte Anwendung von Schall- und Erschütterungsschutzmaßnahmen 3., überarbeitete und erweiterte Au age 2023 775 Seiten €[D] 168,00 ISBN 978-3-8169-3482-0 eISBN 978-3-8169-8482-5 expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de In diesem Buch wird der Gesamtkomplex der Entstehung, Ausbreitung und Minderung sowie der Messung und Bewertung von Erschütterungen, Körperschall und Luftschall bei Schienenbahnen behandelt. Dabei werden physikalische, technische und rechtliche Fragen einbezogen sowie Grundlagen der Fahrzeug- und Oberbautechnik dargestellt. Inhalt Einführung - Physikalische Grundlagen - Umgang mit Pegelwerten - Rechtsschutz der Anwohner vor Lärm und Erschütterungen des Schienennah- und Fernverkehrs - Messung und Bewertung von Schall und Erschütterungen - Schall- und Schwingungsanregung beim Schienenverkehr - Schall- und Schwingungsminderungen im Schienenverkehr - Besondere Geräusche in engen Gleisbögen - Grundlagen und Beispiele für Erschütterungs- und Schallminderungsmaßnahmen - Prüftechnik - Prognoseverfahren für Erschütterungen, Sekundär- und Primärluftschall - Grundlagen der Fahrzeug- und Fahrwegtechnik - Fahrkomfort - Begri e, Normen und Datensammlung schaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie \Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\ Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\ Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus \VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\ Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 3 DOI: 10.24053/ IV-2024-0001 EDITORIAL Editorial Liebe Leserinnen und Leser, bislang haben Sie die Zeitschrift Internationales Verkehrswesen aus dem Trialog Verlag erhalten. Seit Beginn des Jahres wird Internationales Verkehrswesen nun in Tübingen herausgegeben. Wir möchten uns daher als Verlag bei Ihnen vorstellen. Die Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG ist einer der führenden Wissenschaftsverlage auf den Gebieten der Germanistik, Romanistik, Anglistik, Fremdsprachendidaktik, Theologie und Kulturwissenschaft und schon seit 50 Jahren Publikationsort für zahlreiche Lehrbücher, wissenschaftliche Monografien und Fachzeitschriften. Seit 2018 haben wir unser Portfolio um spannende Fachgebiete aus den Bereichen Wirtschaft, Management, Tourismus, Sozialwissenschaften, IT, Maschinenbau, Elektrotechnik, Bauwesen und Energie, Umwelt und Verkehr erweitert. Wir möchten Sie selbstverständlich weiterhin mit den wichtigen und aktuellen Inhalten aus dem internationalen Verkehrswesen versorgen. Dabei freuen wir uns immer auf Ihre Anregungen und Ihre Kritik, mit der Sie sich gerne an unser Redaktionsteam wenden können. Wenn Sie einen Beitrag für Ausgabe 2/ 2024 einreichen möchten, senden Sie uns diesen gerne bis zum Redaktionsschluss am 28.03.2024. In dieser Ausgabe widmen wir uns dem Thema Digitalisierung in ihren vielen Facetten. Dabei spielt insbesondere das Thema künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle. Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen und eine spannende Lektüre! Ulrich Sandten-Ma Patrick Sorg Redaktionsleitung Redaktion © Lukas Wehner © Lukas Wehner Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 4 SEITE 12 SEITE 12 Foto: xxxxx Foto: xxxxx Foto: © iStock.com/ metamorworks SEITE 25 Schlagen Sie einfach nach: Fach- und Wissenschafts-Artikel aus Internationales Verkehrswesen finden Sie ab dem Jahr 2000 online in der Beitragsübersicht auf der Archiv-Seite im Web. www.internationalesverkehrswesen.de/ archiv THEMEN, SCHLAGWORTE, AUTOREN, ... POLITIK 12 KI zur Auswertung von Beteiligung? Das Potenzial von Sprachmodellen zur Erkennung von Verkehrsmitteln in Beteiligungsbeiträgen Laura Mark, Julia Romberg, Tobias Escher 17 Gesellschaftliche Einstellungen zu Fragen der Mobilitätswende Ausgewählte Ergebnisse aus einer repräsentativen Befragung in Deutschland Torsten Fleischer, Maike Puhe, Jens Schippl MOBILITÄT 40 Förderung des Fahrradpendelverkehrs in Deutschland Ergebnisse der Nachbefragung des Projekts PendlerRatD Jana Heimel, Isabell Balzer 46 Das digitale ÖPNV-Taxi Plattformgesteuerte Taxi- und Mietwagenverkehre als Bestandteil einer differenzierten Bedienung im ÖPNV - Teil 1 Hubertus Baumeister, Horst Benz, Stephan Diekmann, Samir El-Zahab INFRASTRUKTUR 25 Digital und nachhaltig mobil Juliane Schicketanz und Timmo Janitzek 29 Studien von DHL und Zebra Logistik und Intralogistik durchlaufen rasante Transformation Dirk Ruppik WISSENSCHAFT 32 Nutzung von Bushaltestellen für die letzte Meile Logistisches Konzept und systematische Machbarkeitsuntersuchung am Beispiel der Stadt Nürnberg Ralf Bogdanski, Carina Siefert, Carolina Stürmer Aktuelle Themen, Termine und das umfangreiche Archiv finden Sie unter www.internationales-verkehrswesen.de Foto: © iStock.com/ filadendron SEITE 12 SEITE 12 Foto: © iStock.com/ photoschmidt SEITE 40 Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 5 SEITE 12 Foto: xxxxx INHALT Februar 2024 AUSGABE 2 I 2024 Mobilität für alle - ÖPNV - Regionale Vernetzung - Mobilitätswandel - Bedürfnis und Akzeptanz - Verknüpfung der Systeme - ÖPNV in der Fläche Erscheint am 08.05.2024 LOGISTIK 54 Containerisierung des Einzelwagenverkehrs Wie die Trennbarkeit von Güterwagen und Behälter die Zukunft des Einzelwagenverkehrs beeinflusst Ralf Elbert, Aylin Altun TECHNOLOGIE 57 Zukunft in der Warteschleife: KI in der Flugsicherung Künstliche Intelligenz (KI) hat das Potenzial, das Luftverkehrsmanagement nachhaltig zu verändern - relevante Anwendungen sind jedoch noch nicht marktreif. Jörg Buxbaum, Jens Konopka 64 KI-FLEX: Autonomes Fahren, sicher und zuverlässig Rekonfigurierbare Hardwareplattform zur KI-basierten Sensordatenverarbeitung für das autonome Fahren Bernd Schäufele, Michael Rothe, Philipp Holzinger, Simon Pfenning, Julian Pfeifer, Johann Nikolai Hark, Carsten Reuter, Hans-Joachim Stolberg Foto: © iStock.com/ Roman Vyshnikov SEITE 54 Foto: AI-generiert SEITE 57 RUBRIKEN 3 Editorial 6 im Fokus 11 Kontrapunkt 24 Bericht aus Brüssel 69 Forum Veranstaltungen Standpunkt 74 Impressum Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 6 IM FOKUS zugute, sondern auch der Service-Crew, die für Wartung, Instandhaltung und Reparatur verantwortlich ist. Der Status aller Behälterstandorte ist mit einem Mausklick oder Tastendruck auf dem Bildschirm immer aktuell sichtbar. Da die Nachweise der UVV-Prüfung mit Zeit- und Geo-Stempel versehen werden, sind auszusortierende Behälter sofort erkennbar, sodass Ersatzbeschaffungen entsprechend geplant werden können. Aktueller Behälterbestand - auf einen Klick im Blick Jeder Behälter hat im System eine eigene Akte und eine detaillierte Standorthistorie. Die Disposition ist daher immer darüber informiert, bei welchem Kunden, an welchem Ort sich aktuell welche Behälter befinden und optional, ob sie voll, leer oder defekt sind. Auch dem Fahrpersonal erleichtert mobile: container die tägliche Arbeit. Bei Anlieferungen oder Abholungen werden die eindeutig zugeordneten Behälter-IDs mit Zeitstempel, Geokoordinaten sowie Fahrzeug- und Auftragsdaten verknüpft. Die Fahrerinnen und Fahrer lesen die Informationen einfach am Behälter ein und übertragen sie in Echtzeit in die zentrale Datenbank. Dadurch entfällt das langwierige Eintippen sowie das Führen von händischen Papierprotokollen und -notizen. Vielfältige Einsatzmöglichkeiten Hiervon profitieren vor allem Entsorgungs- und Recyclingbetriebe, die eigene Container, Behälter oder Gebinde bewegen. „Anstelle einer langwierigen Erfassung per Hand genügt jetzt ein kurzer Scan, und die Mulde oder der Behälter ist sofort im System registriert. Das ist sehr effektiv und beschleunigt unsere Abläufe enorm“, so Johann Breitsamer, Geschäftsführer der Breitsamer Entsorgung & Recycling GmbH (München). Auch bei Entsorgungsunternehmen, die mobile Toiletten und Sanitäreinrichtungen für Baustellen oder Veranstaltungen vermieten, kommen die Vorzüge von mobile: container zum Tragen. „Bei Fragen zum aktuellen Status quo unserer vermieteten WCs sind wir jederzeit auskunftsbereit. Wir wissen nicht nur, wo sie im Einsatz sind, sondern auch, wann und in welchen Zyklen sie gereinigt wurden“, be- Berlin (D) / Götzis (A) / Zürich (CH), 26. Oktober 2023 - Schnelle Antworten auf Fragen zum Standort und Zustand von Abfallbehältern, Mulden und mobilen WCs bietet das neue Modul mobile: container von rona: systems. Es ermöglicht eine lückenlose Dokumentation der Behälter und ihrer Bewegungen sowie das einfache Hinzufügen neuer Behälter über ein Tablet und deren Verbindung mit einem RFID-Transponder oder QR-Code. Mit dieser mobilen Inventarisierungsfunktion können Behälterstandorte schnell und einfach geändert und korrigiert werden, sodass ein aktueller und transparenter Überblick über den Bestand in Containerdepots jederzeit möglich ist. Davon profitieren die Service- und Wartungsabteilungen in Unternehmen der Abfallwirtschaft ebenso wie das Fahrpersonal, Controlling und Management. Leichte Erfassung, aktueller Überblick Die Einsatzmöglichkeiten des Inventur- Moduls reichen von Bauschuttmulden, Abfall-Containern und -behältern bis hin zu vermieteten mobilen Sanitäreinrichtungen. Das Personal kann damit einzelne oder mehrere Behälter direkt über ein Tablet erfassen und in rona: office zuordnen. Nach der Inventarisierung - entweder mit Nummer oder noch einfacher per Bar-/ QR-Code oder RFID-Transponder - können sie sofort dem Depot zugeordnet werden. Bestehende Container und ihre Standorte können flexibel über das Tablet bearbeitet und geändert werden, wodurch langwierige und zeitaufwändige Inventurarbeiten entfallen. Auch die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen gemäß Unfallverhütungsvorschriften (UVV) lassen sich einfach durchführen. So erinnert mobile: container an periodische UVV- Checks und ermöglicht die unmittelbare Durchführung direkt über das Tablet mit einer Checkliste. Die abgeschlossene Prüfung wird erfasst und gegebenenfalls mit Fotos dokumentiert, sodass die aktualisierten Daten sofort im System ersichtlich sind. Behältersicherheit gewährleistet Die Funktionserweiterung kommt nicht nur Fahrern, Disponenten und dem Management tont Martin Ofner, Applikationsbetreuer bei der Stipits Entsorgung GmbH (Rechnitz/ A). Neben den funktionellen Beschleunigungen im täglichen Arbeitsablauf des Fahrpersonals, der Disposition und des Service punktet mobile: container auch beim Controlling und Management. Denn es liefert eine substanzielle Basis realer Bestands- und Auslastungszahlen, die Investitionsvorhaben im Container-Bereich und langfristige Planungen möglich machen. Über rona systems Die rona: systems GmbH liefert seit über 25 Jahren kundenorientierte Anwendungen zur Prozessoptimierung von Abfall- und Entsorgungsunternehmen und ist mittlerweile mit sieben Standorten und mehr als 650 Kunden zum größten Anbieter für IT-Lösungen der Branche gewachsen. Auf Basis der IT- Komplettlösung rona: office unterstützt der Marktführer Kunden im DACH-Raum und den angrenzenden EU-Ländern bei der transparenten Planung, effektiven Optimierung und schnellen Umsetzung von Geschäftsprozessen. Zahlreiche Module, etwa zur Integration von Fahrzeugdaten oder zur papierlosen Lieferscheinabwicklung, komplettieren die umfassenden Anwendungen von rona: systems. Weit über 12.000 Benutzer vertrauen im täglichen Geschäftsalltag auf das ausgewiesene Know-how und die flexiblen IT-Lösungen des Recycling-Experten. Flexibles Behältermanagement Behälter, Mulden und Boxen immer im Blick Erweiterte Anwendungsmöglichkeiten mit mobile: container Aktueller und transparenter Überblick über den Behälterbestand in Containerdepots: Mit der mobilen Inventarisierungsfunktion von mobile: container lassen sich Behälterstandorte schnell und einfach ändern und bei Bedarf korrigieren. (Grafik/ Abbildung: rona: systems) Drehkreuz kann künftig auch mit dem Fahrrad passiert werden Automatic Systems bedient mit TRS Bike Anforderungen, die der zunehmenden umweltfreundlichen Mobilität gerecht werden Automatic Systems bringt mit TRS Bike ein neues Drehkreuz auf den Markt, welches das Mitführen von Fahrrädern oder E-Scootern ermöglicht. Das System besteht aus einem dreiarmigen TRS 370-Einzeldrehkreuz für Personen, welches mit einer bidirektionalen motorisierten Tür für Zweiräder kombiniert wird. Die Fahrraderkennung wird durch Induktionsschleifen im Boden oder eine intelligente Sensorik ermöglicht und bietet im Zuge der Anwendung Sicherheit und einen hohen Komfort. Auch als Ergänzung für bereits bestehende Drehkreuze der Serie TRS 37x ist das Modell optimal geeignet und fügt sich nahtlos ins bestehende Gesamtbild ein. Die mannshohe Vereinzelungsanlage bietet ein kompaktes Design, das zudem die Integration von Zutrittskontrollsystemen wie Kartenleser, biometrische Leser sowie eine Fernbedienung ermöglicht. Diese flexiblen Ausstattungsmöglichkeiten machen TRS Bike zur perfekten Wahl für Anwender, die eine umweltfreundliche Mobilität fördern und zugleich eine reibungslose Eingangskontrolle gewährleisten möchten. Das Drehkreuz schafft darüber hinaus ein hohes Maß an Sicherheit für die betreffende Liegenschaft und verhindert unbefugte Zutritte zuverlässig. Zudem verfügt die Lösung über die neuesten CE-Normen und Richtlinien für einen sicheren Betrieb. Denn kontrollierte Schließkräfte tragen zum Unfallschutz der Nutzer bei, sodass ein Verletzungsrisiko nahezu ausgeschlossen wird. TRS Bike besteht aus hochwertigem Stahl, der vor Korrosion geschützt ist und sich somit für den Außeneinsatz prädestiniert. Das Material ist unempfindlich gegenüber rauen Umweltbedingungen sowie starker Beanspruchung und dadurch besonders langlebig. Die Tatsache, dass die Lösung nicht nur qualitativ hochwertig und beständig ist, sondern auch hinsichtlich des Preis-Leistungs-Verhältnisses sehr attraktiv, macht sie besonders kosteneffizient. Zum Unternehmen Die 2022 gegründete Automatic Systems Deutschland GmbH agiert als Spezialist für Fahrzeug-, Personen- und Passagiereingangskontrollanlagen in der gesamten DACH Region. Der Hauptsitz des Automatic Systems Mutterkonzerns befindet sich im belgischen Wavre. Das Unternehmen verfügt über weitere Niederlassungen in Belgien, Frankreich, England, Spanien, Kanada und den USA. Mit insgesamt 200.000 installierten Anlagen in 150 Ländern gehört Automatic Systems zu den weltweit führenden Unternehmen seiner Branche. IM FOKUS Anzeige Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 8 sagte Flege: „Bei allem Verständnis für die schwierige Haushaltssituation: Wer Lkw- Transporte auf die Schiene verlagern will, darf keine 186 Millionen Euro bei den Güterbahnen streichen. Und wenn die seit Jahren von der Bundesregierung angekündigte Digitalisierung des Zugverkehrs endlich Gestalt annehmen soll, ist eine Kürzung um 250 Millionen Euro beim Europäischen Zugsicherungssystem ein ganz schlechtes Signal. So wird die Verkehrswende ausgebremst - und das heißt nichts Gutes für die Klimaziele der Bundesregierung.“ Als positiv bewertet die Allianz pro Schiene das Bemühen der Bundesregierung, Berlin, 19.01.2024. Die Allianz pro Schiene beklagt schmerzhafte Einschnitte im nun bereinigten Bundeshaushalt für das Jahr 2024. Der Geschäftsführer des Verkehrsbündnisses, Dirk Flege, kritisierte insbesondere die beschlossenen Kürzungen im Schienengüterverkehr und bei der Digitalisierung des Zugverkehrs. Bei den dringend notwendigen Investitionen in die Schieneninfrastruktur unternehme die Regierung allerdings weiterhin große Kraftanstrengungen, um die Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte auszugleichen. Mit Blick auf die Einsparungen im Haushalt des Bundesverkehrsministeriums den Investitionshochlauf für die Schieneninfrastruktur beizubehalten. „Das Urteil zum Klima- und Transformationsfonds hat alle vor große Herausforderungen gestellt. Daher verdient es Anerkennung, dass die Regierung weiterhin zu ihren zugesagten Milliarden-Investitionen steht, etwa für die Sanierung der Hochleistungskorridore. Jetzt gilt es, für die folgenden Haushaltsjahre die Weichen richtig zu stellen. Ein mehrjähriger Fonds für die Schieneninfrastruktur würde Finanzierungssicherheit für den dringend notwendigen Ausbau und ein in Zukunft zuverlässigeres System Schiene schaffen.“ PM Haushalt bereinigt: Einschnitte im Schienengüterverkehr bleiben Allianz pro Schiene: Starke Belastung für Warentransport auf der Schiene / Investitionshochlauf für Infrastruktur wird beibehalten IM FOKUS DB Regio betreibt Schwarzwaldbahn vorerst bis 2029 weiter Das Land setzt bei der anspruchsvollen Bergstrecke zwischen Rheintal und Bodensee auf Kontinuität. Die DB Regio betreibt die Schwarzwaldbahn zwischen Karlsruhe und Konstanz bis mindestens 2029. Die Schwarzwaldbahn verbindet in technisch anspruchsvoller Streckenführung das Rheintal mit dem Bodensee. Für den dort verkehrenden RE Karlsruhe-Konstanz besteht ein unbefristeter Verkehrsvertrag mit der DB Regio. Das Land hat sich entschieden, auf die zu Ende 2026 bestehende Kündigungsmöglichkeit zu verzichten. Stattdessen haben sich das Verkehrsministerium und DB Regio nunmehr über den Zuschussbedarf für die Jahre 2027 bis 2032 geeinigt. Das Land kann den Vertrag aber schon zu Ende 2029 erstmalig wieder kündigen. Gutes Angebot bleibt trotz unsicherer Finanzlage erhalten Das heute schon sehr gute stündliche Angebot auf der Schwarzwaldbahn bleibt erhalten. Da aufgrund der Haushaltslage des Bundes momentan nicht sicher ist, ob die Länder künftig ausreichend Regionalisie- Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 9 IM FOKUS rungsmittel bekommen, hat das Land zunächst von Angebotsausweitungen abgesehen. Sollten mehr Regionalisierungsmittel vom Bund fließen, können auch später noch einzelne Taktlücken bei der Schwarzwaldbahn geschlossen werden. Zudem werden verschiedene Teilstücke durch Überlagerung mit anderen Netzen ohnehin deutlich häufiger bedient - beispielsweise zwischen Engen und Konstanz. Die bei den Fahrgästen beliebten Doppelstockzüge werden weiter verkehren. Besonders verschlissene Sitze und Fenster werden erneuert; zudem erhalten alle Wagen eine Auffrischung der Außenlackierung. Neuausschreibung mit Risiken verbunden Eine entsprechende Ergänzungsvereinbarung wurde jetzt vom Amtschef des Verkehrsministeriums, Berthold Frieß, unterschrieben. Hierzu sagte Herr Frieß: „Mit Neuausschreibungen gehen in der Regel Verbesserungen beim Fahrplan und beim Rollmaterial einher. Sie bringen aber auch Risiken mit sich. Mit Stuttgart 21 und der Elektrifizierung der Hochrheinbahn haben wir im gleichen Zeitraum schon zwei anspruchsvolle Transformationsprozesse vor der Brust. Deswegen setzen wir bei der Schwarzwaldbahn vorerst auf Kontinuität anstelle des Risikos, dass etwa ein Neubetreiber wegen des Fachkräftemangels nicht genügend Lokführerinnen und Lokführer findet.“ David Weltzien, Vorsitzender der Regionalleitung DB Regio Baden-Württemberg, machte deutlich: „Die Schwarzwaldbahn ist eine der schönsten und bekanntesten Eisenbahnstrecken in Deutschland und als Gebirgsbahn ein Wahrzeichen für die Region. Umso mehr freue ich mich, dass wir von DB Regio weiter für unsere Fahrgäste unterwegs sein können. Rund elf Millionen Menschen, so viele wie vor Corona, sind 2023 mit der Schwarzwaldbahn gefahren. Mein großer Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen, die täglich für die Reisenden im Einsatz sind und das möglich machen.“ Abschließend sagte Berthold Frieß: „Auf der Schwarzwaldbahn gab es in den letzten zwei Jahren nach einer Streckensanierung Probleme im Zusammenspiel von Rad und Schiene, die die DB aber engagiert angegangen ist. Den Beschäftigten der Schwarzwaldbahn wünsche ich deshalb für die nächsten Vertragsjahre alles Gute! “ PM Siemens Mobility liefert erste 70 Mireo Nah- und Fernverkehrszüge an ÖBB Erster Abruf über 70 Züge aus Rahmenvereinbarung von 2023 Auftragswert mehr als 800 Mio. Euro Konsequente Weiterentwicklung der Mireo Plattform Die ÖBB haben die ersten 70 Züge aus der Rahmenvereinbarung bestellt, die Siemens Mobility Ende des Sommers 2023 gewonnen hat. Ab Ende 2027 werden die Züge in drei unterschiedlichen Varianten geliefert. Bei den Fahrzeugen handelt es sich um eine Weiterentwicklung der in Europa bereits erfolgreich etablierten Mireo-Elektrotriebzüge. Sie sind bis zu 160 km/ h schnell und verfügen über zahlreiche Annehmlichkeiten für die Fahrgäste wie etwa Klimaanlage, WLAN, barrierefreie Einstiege, Steckdosen, Ski- und Snowboardhalterungen, Platz für Kinderwagen oder Rollstühle in den Einstiegsbereichen sowie die Möglichkeit zur Mitnahme von Fahrrädern. Speziell für die ÖBB und deren Fahrgäste werden die Wagen im Vergleich zu bisherigen Mireo-Zügen breiter konstruiert, was das Fahrgasterlebnis weiter verbessern wird. Siemens Mobility konstruiert die neuen Züge erstmals mit klassischen, innengelagerten Drehgestellen als Einzelwagenkonzept. Michael Peter, CEO Siemens Mobility: „Siemens Mobility und die ÖBB verbindet eine lange und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Wir sind stolz der ÖBB eine Weiterentwicklung der Siemens Mobility Plattform Mireo als Einzelwagenkonzept für diese neue Flotte anbieten zu können. Mit zahlreichen Innovationen, grenzüberschreitenden Fahrzeugzulassungen und erhöhtem Fahrgastkomfort werden die neuen Mireo-Züge dazu beitragen, die Attraktivität des ÖBB Nah- und Regionalverkehrs weiter zu steigern.“ „Mit den 70 zusätzlichen Triebzügen setzen wir unser Investitionsprogramm in eine moderne Flotte konsequent fort. Die neuen Züge sind 160 km/ h schnell und bieten erhöhten Fahrgastkomfort, verfügen über barrierefreie Einstiege, die Möglichkeit zur Fahrradmitnahme und WLAN. Zusätzlich wurde ein besonderer Fokus auf effizienten Energieverbrauch gelegt,“ betont ÖBB CEO Andreas Matthä. Im Detail besteht der Auftrag aus elf Nahverkehrszügen mit 73 Metern Länge und 28 Zügen mit 106 Metern Länge für den Einsatz in verschiedenen Bundesländern. 31 Garnituren mit 106 Meter Länge für den inneralpinen Fernverkehr vervollständigen den ersten Abruf. Bei der Zugsicherung kommt das modernste European Train Control System [ETCS] von Siemens Mobility zum Einsatz. Dies ermöglicht im Zusammenspiel mit der passenden Infrastruktur deutlich kürzere Zugfolgen, was auf besonders intensiv befahrenen Strecken wichtig sein kann. Für große Nachhaltigkeit sorgen die Leichtbauweise, der daraus resultierende niedrige Energieverbrauch sowie der Einsatz von Klimaanlagen mit natürlichem Kältemittel und einer Wärmepumpenfunktion. Die Triebzüge sind durch ihren geringen Energieverbrauch besonders umweltfreundlich. Der Wagenkasten ist aus Aluminium gefertigt, auch bei den innengelagerten Fahrwerken kommt eine neue Leichtbautechnologie zum Einsatz. Österreichisches Know-how ermöglicht mehr Komfort für die Fahrgäste Zum Einsatz kommen die Fahrwerke SF7500, die im Siemens Mobility Kompe- Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 10 des Zugs verbessert sich, die Fahrgäste haben mehr Platz und können ein verbessertes Raumerlebnis genießen. Die Züge werden im globalen Werkeverbund von Siemens Mobility gebaut. Die modernen Fahrwerke stammen aus unserem Kompetenzzentrum in Graz. PM tungsfahrmotoren angetrieben, die für eine zwischen Anzugskraft und Energieeffizienz ausbalancierte Beschleunigung sorgen. Die Fahrwerke werden gewichts- und platzsparend innengelagert ausgeführt. Der auf diese Weise gewonnene Raum wird genützt, um andere Fahrzeugkomponenten unter den Wagen zu verlagern. Das Fahrverhalten IM FOKUS tenzzentrum für Fahrwerke in Graz entwickelt wurden und sich bereits vielfach international bewährt haben. Im Unterschied zu bisherigen Mireo-Zügen, bei denen sich zwei Wagen ein Fahrwerk teilen („Jakobsdrehgestell“), erhält jeder Wagen der ÖBB-Mireos zwei Drehgestelle. Mehrere dieser Drehgestelle werden mit Hochleis- „KI-Champions BW 2024“ gesucht Das Wirtschaftsministerium schreibt zum fünften Mal den Wettbewerb „KI-Champions BW“ aus. Start-ups, Unternehmen und Forschungseinrichtungen können sich mit ihren KI-Innovationen bis zum 5. April 2024 bewerben. „Künstliche Intelligenz (KI) als Schlüsseltechnologie ist von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Sie fördert Innovationen und trägt zum nachhaltigen Wirtschaftswachstum in einer zunehmend digitalisierten Welt bei. In Baden-Württemberg gibt es viele Unternehmen, die von eigens entwickelten KI-Lösungen und Innovationen profitieren. Mit den KI-Champions sollen auch in diesem Jahr herausragende Beispiele von Unternehmen, Forschungseinrichtungen und KI-Clustern ausgezeichnet werden, die bereits erfolgreiche KI-Lösungen verwenden oder einzigartige KI-Innovationen vorantreiben. So wollen wir die nationale und internationale Sichtbarkeit als KI-Standort erhöhen. Beim Start-up BW Summit am 11. Juli 2024 wird den KI-Champions eine passende Bühne geboten“, sagte Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus zum Start des Wettbewerbs. „Mit Ihrer Bewerbung zeigen Sie das bereits vorhandene Potenzial im Land und tragen dazu bei, die Marke ‚KI-made in BW‘ zu stärken. Denn der Wettbewerb ‚KI-Champions BW‘ bietet zudem einen passenden Rahmen, um möglichen Anwendern und weiteren Interessierten zu zeigen, wie sich KI-Lösungen über die verschiedensten Branchen hinweg erfolgreich einsetzen lassen“, so Hoffmeister-Kraut weiter. „KI-Champions BW 2024“ Ab sofort können sich sowohl Start-ups als auch Unternehmen aller Branchen sowohl mit ihren KI-basierten Produkten, Dienstleistungen oder Geschäftsmodellen sowie auch Forschungseinrichtungen mit herausragenden KI-Forschungsprojekten, die bereits möglichst weit fortgeschritten und ein bedeutendes wirtschaftliches Potenzial oder einen wesentlichen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen versprechen, bewerben. Auch dieses Jahr können KI-Cluster, die herausragende KI-Innovationen vorantreiben und unterstützen, am Wettbewerb teilnehmen. Bis zum 5. April 2024 gibt es hierfür die Möglichkeit, sich über das Online-Formular: KI-Champion BW 2024 zu bewerben. Die Bekanntgabe der KI-Champions 2024 erfolgt im Rahmen des Start-up BW Summit am 11. Juli 2024 in Stuttgart. Des Weiteren werden die Best-Practice-Beispiele auf dem Portal Wirtschaft digital BW veröffentlicht. „Aktionsprogramm KI für den Mittelstand“ Mit dem „Aktionsprogramm KI für den Mittelstand“ soll die Anwendung und Kommerzialisierung von Künstlicher Intelligenz im Mittelstand branchenübergreifend und schnell vorangetrieben werden. Hierfür sind sowohl Leuchtturmprojekte mit internationaler Strahlkraft geplant als auch Maßnahmen, um kleine und mittlere Unternehmen flächendeckend mit den Möglichkeiten der KI vertraut zu mache. PM Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 11 DOI: 10.24053/ IV-2024-0002 Alexander Eisenkopf KONTRAPUNKT I n den letzten Jahren wurde sowohl von Politikern als auch aus der Wissenschaft wiederholt ein Verbot innerdeutscher Flüge ins Gespräch gebracht. Dies wäre zwar ein radikaler, aber trotzdem denkbarer Eingriff in die Verkehrsmärkte gewesen, den klimapolitisch motivierte Beobachter für unabdingbar gehalten haben. Schaut man auf die aktuelle Entwicklung des innerdeutschen Luftverkehrs, hat sich dieses Problem jedoch bereits teilweise erledigt. Während die sogenannte Recovery-Rate der deutschen Flughäfen im Jahresdurchschnitt 2023 bei knapp 80 Prozent des Vor-Corona-Niveaus lag, erreichte die Zahl der Passagiere im innerdeutschen Verkehr nur knapp die Hälfte von 2019. Peinlich für den Luftverkehrsstandort Deutschland ist, dass sich der Markt in den europäischen Nachbarländern wieder weitgehend auf das Vor-Krisen-Niveau erholt hat. Diese ernüchternde Entwicklung hat sowohl angebotswie auch nachfrageseitige Gründe. Tatsächlich schwächelt der für das Inlandsgeschäft wichtige Geschäftsreiseverkehr noch immer, weil Online-Meetings das Reisen zum Teil entbehrlich machen und der Trend, zuhause zu arbeiten, bisher nicht wirklich gebrochen wurde. Auch die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland verläuft derzeit eher mau. Bedeutsamer ist allerdings die Angebotssituation. Generell hatten zumindest die größeren Flughäfen im letzten Jahr noch Probleme, ausreichend Personal zu gewinnen. In Erinnerung an das Chaos im Sommer 2022 wurden daher im Sommerflugplan 2023 zehntausende Flüge vorab gestrichen. Außerdem ziehen die ihrem Namen gerecht werdenden Low Cost Airlines wie Ryanair, Easyjet oder Wizz Air ihre Flugzeuge aus Deutschland ab. Hohe Flughafengebühren, Steuern und Luftsicherheitskosten machen es für sie unattraktiv, deutsche Flughäfen zu nutzen oder gar innerdeutsche Verkehre zu organisieren. Seit 2019 sind allein die staatlich bedingten Standortkosten um rund 50 Prozent gestiegen. Außerdem scheuen die Low Cost Airlines den Wettbewerb mit dem Platzhirsch Lufthansa; die Lufthansa hat aber auch ihr Angebot im innerdeutschen Verkehr deutlich eingeschränkt und treibt die Substitution innerdeutscher Flüge durch integrierte Schienenverkehrsangebote aktiv voran. Bei ihren Zubringerflügen zu den Drehkreuzen Frankfurt und München, die den Markt dominieren, gab es besonders starke Rückgänge. Hier ist keine Besserung in Sicht, wie die angekündigte komplette Streichung der Verbindungen von Friedrichshafen nach Frankfurt wegen unzureichender Flugzeugkapazitäten zeigt. Diese Geschäftspolitik der Lufthansa scheint eine Art vorauseilender Gehorsam mit Win-win-Komponente zu sein. Der politisch unerwünschte und auch ökonomisch weniger attraktive Kurzstreckenverkehr wird heruntergefahren, während im Gegenzug die Politik über ein höheres Gebührenniveau die „Billigflieger“ aus dem deutschen Markt heraushält. So hat die Bundesregierung z. B. der Erhöhung der Maximalgebühr für Passagier- und Gepäckkontrollen zugestimmt und die ursprünglich beschlossene Kerosinsteuer, die Lufthansa in ihrem internationalen Geschäft stärker belastet hätte, zugunsten einer Erhöhung der Luftverkehrssteuer aufgegeben. In einer solchen Gemengelage hat es der sich selbst immer noch als Flag Carrier lesende „Teuerflieger“ Lufthansa sehr viel leichter, bei knappem Angebot hohe Ticketpreise und sprudelnde Gewinne abzusichern. Ein damit verknüpftes schleichendes Grounding des innerdeutschen Luftverkehrs kann aber nicht im Interesse der Mobilitätsbedürfnisse der Menschen und der Wirtschaft sein, zumal sich die Angebotsqualität des Fernverkehrs der Deutschen Bahn aktuell auf eher bescheidenem Niveau bewegt. Und die wirtschaftliche Situation der regionalen Flughäfen droht sich dramatisch zuzuspitzen. Kluge Politik für den Luftverkehrsstandort Deutschland würde anders aussehen, denn dessen Interessen sind nicht automatisch deckungsgleich mit denen der Lufthansa. Innerdeutscher Luftverkehr auf dem Rückzug Prof. Dr. rer. pol. Alexander Eisenkopf zu aktuellen Themen der Verkehrsbranche Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 12 DOI: 10.24053/ IV-2024-0003 POLITIK Künstliche Intelligenz Berücksichtigung von Beiträgen möglichst nahe zu kommen sowie in einigen Verfahrensarten die Rechtssicherheit zu gewährleisten [1]. Der Mangel an Ressourcen bei initiierenden Institutionen und ihren Dienstleistern führt in der Folge regelmäßig zu Verzögerungen bei der Auswertung, und häufig kann das volle Potenzial der Daten nicht ausgeschöpft werden [2, 3]. Seit Langem wird versucht, die Auswertungsschritte durch Automatisierung zu unterstützen. Große Hoffnungen werden dabei in die sich in den letzten Jahren rapide entwickelten Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) gesetzt. Diese sollen die Beiträge so vorsortieren und auf bereiten, dass sie effizienter durch die verantwortlichen Personen begutachtet werden können, denn klar ist: Am Ende muss die finale Entscheidung immer durch Menschen getroffen werden. Vielversprechende Ansätze entstammen dem Bereich der natürlichen Sprachverarbeitung (Natural Language Processing / NLP). Dazu zählen unter anderem Sprach- Sprachmodelle zur Auswertung von Beteiligungsbeiträgen Die Konsultation der Öffentlichkeit ist zu einem festen Bestandteil der räumlichen Planung geworden. Gerade in konfliktträchtigen Bereichen wie der Verkehrsplanung wird sie von öffentlichen Institutionen oder Vorhabenträgern zunehmend genutzt, nicht zuletzt in der Hoffnung, dadurch bessere Lösungen zu entwickeln und die Akzeptanz von Maßnahmen zu erhöhen. Allerdings führen insbesondere die häufig eingesetzten Online-Formate regelmäßig zu großen und kaum strukturierten Datenmengen. Diese müssen im Anschluss aufwendig manuell geprüft und anhand verschiedener Merkmale kategorisiert werden, um relevante Informationen sowie daraus möglicherweise resultierende Handlungsbedarfe zu identifizieren und diese für Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit aufzubereiten. Dabei gelten hohe Anforderungen an Fairness, Transparenz und Sorgfalt, um dem demokratischen Ideal der gleichwertigen modelle wie beispielsweise BERT, RoBERTa oder auch ChatGPT. Gemein haben diese verschiedenen Ansätze, dass Modelle zunächst auf einer sehr großen Datenmenge trainiert werden, um ein umfassendes Sprachverständnis und Kontextwissen über Wörter zu erlangen. Wir konzentrieren uns im Folgenden auf ein konkretes Konzept, das sogenannte überwachte maschinelle Lernen zur Textklassifikation. Dabei werden die vortrainierten Modelle mithilfe kleinerer Datensätze nachtrainiert (sog. Fine-Tuning), um diese gezielt auf den jeweiligen Anwendungskontext anzupassen. Dafür werden Trainingsdaten benötigt, die für eine Menge von Texten angeben, zu welcher vorher festgelegten Kategorie ein Beitrag durch das Sprachmodell zugeordnet werden soll. Die Kategorien können sich dabei z. B. auf einen im Text genannten Inhalt wie ein Verkehrsmittel beziehen oder auf eine Eigenschaft des Textes, wie dessen Verständlichkeit. Die Erstellung (Kodierung) solcher Trainingsdaten erfolgt in der Regel durch Personen und KI zur Auswertung von Beteiligung? Das Potenzial von Sprachmodellen zur Erkennung von Verkehrsmitteln in Beteiligungsbeiträgen Beteiligung, KI, Verkehrsmittel, Auswertungshilfe, Sprachmodelle Die Konsultation der Öffentlichkeit ist mittlerweile fester Bestandteil der häufig konfliktträchtigen Verkehrsplanung. In der Folge müssen jedoch oft große Mengen an Beiträgen manuell ausgewertet werden. Künstliche Intelligenz bietet die Aussicht, diesen Prozess zu unterstützen. Zur Untersuchung des Potenzials trainieren wir ein Sprachmodell zur Erkennung von Verkehrsmitteln. Unsere Ergebnisse zeigen, dass überwachtes maschinelles Lernen zuverlässig Verkehrsmittel in Texten identifizieren und damit in der Praxis die Auswertung von Konsultationsprozessen unterstützen kann. Laura Mark, Julia Romberg, Tobias Escher Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 13 DOI: 10.24053/ IV-2024-0003 Künstliche Intelligenz POLITIK ist damit relativ arbeitsintensiv. Gleichzeitig ermöglicht sie die Anpassung an die konkrete Klassifikationsaufgabe. Trotz des großen Potenzials solcher Modelle wurde deren Anwendbarkeit in der Planungspraxis bislang jedoch noch nicht ausreichend untersucht [4]. Unser Anliegen ist es daher, eine konkrete Anwendungsmöglichkeit von KI in der Auswertung von Beteiligungsbeiträgen zu evaluieren. Wir konzentrieren uns dafür auf Konsultationen zu Verkehrsplanungsprozessen und schlagen vor, deren manuelle Auswertung zu unterstützen, indem wir die öffentlichen Beiträge automatisch nach Verkehrsmitteln kategorisieren. Im Folgenden stellen wir zunächst das zu diesem Zweck von uns entwickelte Kategorisierungsschema dar. Anhand dieses Schemas wurden insgesamt 1.700 Beiträge aus sieben verschiedenen Konsultationsverfahren in Deutschland kodiert und anschließend in Teilen zum Training und in Teilen zur Evaluation eines Sprachmodells genutzt. Auf dieser Grundlage bewerten wir das Potenzial moderner Textklassifikationsmodelle für die Zuordnung von deutschsprachigen Textbeiträgen zu Verkehrsmitteln. Die hier präsentierten Ergebnisse zeigen, dass moderne Sprachmodelle sehr zuverlässig Verkehrsmittel kategorisieren können und dass das hier entwickelte Modell auch erfolgreich auf Verfahren anwendbar ist, die nicht Teil des Trainings waren. Dies deutet darauf hin, dass die Verwendung unseres Modells in der Praxis den Ressourcenaufwand für die Vorstrukturierung der Beiträge der Öffentlichkeit nach Verkehrsmitteln erheblich reduzieren und somit die Auswertung von Konsultationsprozessen unterstützen kann. Kategorisierungsschema nach Verkehrsmitteln Das Kategorisierungsschema dient als Grundlage für die Kodierung der Trainingsdaten, mit denen anschließend der Klassifikationsalgorithmus trainiert wird. Das verwendete Schema definiert, nach welchen Aspekten bei einer automatisierten Auswertung kategorisiert wird und in der Folge priorisiert oder gefiltert werden kann. Es bildet somit die Basis für eine sinnvolle KI-gestützte Auswertung. Das hier genutzte Kategorisierungsschema wurde mit dem Ziel entwickelt, auf verschiedene Planungs- und Konsultationsverfahren mit Verkehrsbezug universell anwendbar zu sein, unabhängig vom genauen Thema, dem räumlichen Bezug und Maßstab und der genauen Fragestellung. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass die Klassifikationsgenauigkeit eines auf den kodierten Beiträgen von wenigen Verfahren trainierten Sprachmodells auch für andere Verfahren mit Verkehrsbezug beständig bleibt und somit der Aufwand einer manuellen Kodierung stark reduziert werden kann. Als wichtigste Kategorisierungsdimension wurden die in Beiträgen angesprochenen Verkehrsmittel gewählt, da davon ausgegangen wird, dass eine solche Unterscheidung für die Auswertung verkehrsbezogener Beteiligungsverfahren immer relevant und oft der erste Schritt ist. Um alle relevanten Verkehrsmittel abzudecken und das Schema damit möglichst allgemeingültig anzulegen, wurde es auf Basis bestehender Auswertungen von verkehrsbezogenen Konsultationsverfahren und in einem gemeinsamen Prozess mit Praktiker*innen aus deutschen Verwaltungen und Planungsbüros entwickelt [5]. Zwar sind in vielen gängigen Verkehrsplanungsverfahren nicht alle Verkehrsmittel quantitativ relevant, können aber in einzelnen Verfahren oder in Zukunft sehr relevant sein und werden deswegen im Sinne einer umfassenden Abdeckung mit aufgenommen. Das Schema ist hierarchisch aufgebaut, sodass eine Auswertung in verschiedenen Detailgraden erfolgen kann (siehe Abbildung 1). Wichtig ist, dass ein Beitrag beliebig vielen Kategorien zugeordnet sein kann. Es ist auch möglich, dass ein Beitrag keiner der Kategorien zugeordnet wird, nämlich wenn er sich auf kein Verkehrsmittel bezieht. Zunächst ist relevant, ob sich der Beitrag auf motorisierten oder nicht-motorisierten Verkehr bezieht, oder auch auf beide oder keine von beiden Kategorien. In der Folge kann genauer nach Verkehrsmittel spezifiziert werden, bei nicht-motorisiertem Verkehr nach Fahrradverkehr, Fußverkehr, Rollern und nicht-motorisiertem Wirtschafts- und Lieferverkehr, bei motorisiertem Verkehr nach ÖPNV, öffentlichem Fernverkehr und motorisiertem Wirtschafts- und Lieferverkehr. Private Pkw sind dabei nicht als Spezifizierung enthalten, weil normalerweise kaum Beiträge rein für den privaten Pkw- Verkehr verfasst werden, sondern sich die Beiträge meist auf den motorisierten Verkehr im Allgemeinen beziehen. Wenn ein Beitrag einem Verkehrsmittel zugeordnet ist, muss er weiter spezifiziert werden in fließenden oder ruhenden Verkehr. Als optionale zusätzliche Spezifizierung kann er zudem den Kategorien der „Neuen Angebote“ oder der „Intermodalität“ zugeordnet werden. Erstere bezeichnen Angebote, die in den letzten Jahren relevant geworden sind für den täglichen Verkehr bzw. aktuell an Bedeutung gewinnen, wie etwa Elektromobilität oder „Mobility as a Service“, Zweiteres die Kombination verschiedener Verkehrsmittel für einen Weg. Das Schema bietet sowohl die Möglichkeit einer groben Kategorisierung von Beiträgen, beispielsweise nach motorisiertem und nicht-motorisiertem Verkehr, als auch einer detaillierten Auswertung. Letzteres ergibt besonders bei großen Datenmengen Bild 1: Kategorisierungsschema nach Verkehrsmitteln Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 14 DOI: 10.24053/ IV-2024-0003 averaged F 1 ). Diese gibt als Durchschnitt über die verschiedenen Kategorien an, welcher Anteil an Beiträgen korrekt als einer Kategorie zugehörig bzw. nicht zugehörig klassifiziert wurde. Alle Werte stellen den Durchschnitt aus fünf Trainingsläufen dar (fünffache Kreuzvalidierung). Im Ergebnis zeigt sich eine hervorragende Leistung: Wie aus Tabelle 2 ersichtlich, wurden für das auf den Beteiligungsbeiträgen aus Hamburg trainierte und evaluierte Modell im Durchschnitt 97 % der Kategorien korrekt zugeordnet. Darüber hinaus zeigt die Spalte „Hamburg“ die Ergebnisse für die einzelnen Klassen. Wir sehen, dass viele Kategorien fast perfekt automatisiert zugeordnet werden können, während nur wenige vom Sprachmodell nicht so gut erfasst werden können. Dabei handelt es sich um die Kategorien, die seltener vergeben wurden, wodurch auch weniger Trainingsdaten zur Verfügung standen. In diesem ersten Schritt wurde das Modell auf denselben Daten trainiert, auf die es dann auch angewendet wurde, nämlich den beiden Verfahren aus Hamburg. Indem wir die Praktikabilität in den Vordergrund stellen, fragen wir zweitens, inwieweit unser Modell auch auf andere mobilitätsbezogene Konsultationsverfahren anwendbar ist. Um die Robustheit des Modells zu messen, wenden wir das zuvor auf den Beiträgen aus Hamburg trainierte Modell auf Stichproben von Beiträgen aus den anderen wir den öffentlichen Fernverkehr mit dem ÖPNV als neue Kategorie für öffentlichen Verkehr zusammen. Als Erstes untersuchen wir die Frage, wie gut Sprachmodelle die Kategorisierung von Verkehrsmitteln erlernen können. Hierzu setzen wir auf das leistungsfähige RoBERTa Sprachmodell [6] und verwenden eine vortrainierte deutschsprachige Version [7]. Dieses vortrainierte Modell wird mithilfe der kodierten Daten der beiden Mobilitätsplanungsprojekte in Hamburg nachtrainiert, um eine Kategorisierung entsprechend unseres Schemas zu ermöglichen. Um die Güte der erlernten Vorhersage zu ermitteln, trainieren wir das Modell zunächst auf 80 % der Daten. Dann vergleichen wir die Vorhersage des Sprachmodells für die restlichen 20 % der Beiträge mit den manuellen Kodierungen. Um zu messen, wie gut das Modell die jeweilige Kategorie erkennt, verwenden wir das F 1 -Maß [8]. Dieses berücksichtigt sowohl, wie viele der Vorhersagen des Modells tatsächlich eine korrekte Zuordnung des Beitrags zu dessen Kategorie darstellen (Precision), als auch, wie viele der Beiträge einer Kategorie gefunden wurden (Recall). Das F 1 -Maß nimmt den Maximalwert von 1 an, wenn das Sprachmodell perfekt die manuell kodierten Daten vorhersagt. Auf Ebene eines gesamten Verfahrens mit Beiträgen verschiedener Kategorien berichten wir als Gütemaß die Genauigkeit (Micro- Sinn oder wenn ein Verkehrsmittel oder ein Thema spezifisch betrachtet werden sollen. Auf Basis des Schemas wurde eine detaillierte Kodieranweisung erstellt, anhand derer alle 1.700 Beiträge von drei Personen unabhängig voneinander kodiert wurden. Die Personen waren zuvor in einem iterativen Prozess geschult worden. In den meisten Kategorien wiesen die drei Kodierungen eine hohe Übereinstimmung auf. Das bedeutet, dass sich die drei Personen bei der Zuordnung der Beiträge zu Kategorien größtenteils einig waren und damit die Kodierung eine hohe Qualität aufweist. Nur bei selten vorkommenden Kategorien gab es teilweise voneinander abweichende Einschätzungen der Kodierenden. Die unterschiedlich kodierten Beiträge wurden durch zwei Supervisorinnen zu einer finalen Kodierung zusammengeführt, auf deren Basis die Sprachmodelle trainiert wurden. Datensätze und Ergebnisse In die Kodierung der Datensätze wurden sieben verschiedene Beteiligungsverfahren mit Verkehrsbezug einbezogen. Hierbei handelt es sich um Verfahren zur Umgestaltung der Elbchaussee in Hamburg („Elbchausseedialog“, 743 kodierte Beiträge), zur autoarmen Gestaltung des Quartiers Hamburg Ottensen („freiRaum Ottensen“, 697 kodierte Beiträge), zur Erarbeitung eines Mobilitätskonzepts in Krefeld („Krefeld bewegen“, 100 kodierte Beiträge) und Offenburg („OG 2035“, 100 kodierte Beiträge) sowie um drei Verfahren zur Radinfrastruktur in Bonn, Köln Ehrenfeld und Moers, die wir als „Raddialoge“ zusammengefasst betrachten (60 kodierte Beiträge). Tabelle 1 zeigt auf, wie sich die Kategorien über die manuell kodierten Datensätze zusammensetzen. Motorisierter und nichtmotorisierter Verkehr halten sich etwa die Waage mit 1073 und 947 Zuordnungen. Es wird zudem offensichtlich, dass in den kodierten Verfahren der fließende Verkehr eine weitaus höhere Relevanz für die Öffentlichkeit hatte als der ruhende Verkehr (1342 im Gegensatz zu 398 Beiträgen). Bei den Unterkategorien der Verkehrsmittel zeigen sich deutliche Unterschiede in der Verteilung. Einige Kategorien werden nur sehr selten thematisiert, beispielsweise der öffentliche Fernverkehr mit nur 2 und der nicht-motorisierte Wirtschafts- und Lieferverkehr mit 6 Zuordnungen. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, werden seltene Kategorien für das Training des verwendeten Sprachmodells zunächst ausgeschlossen. Dies betrifft den nicht-motorisierten Wirtschafts- und Lieferverkehr, Inter- und Multimodalität und den öffentlichen Fernverkehr. Während die ersten beiden vollständig entfallen, fassen Kategorie Elbchausseedialog (Hamburg) freiRaum Ottensen (Hamburg) Krefeld bewegen OG 2035 (Offenburg) Raddialoge (Bonn, Köln Ehrenfeld und Moers) Gesamt Motorisierter Verkehr 487 394 88 81 23 1073 - ÖPNV 90 58 32 12 0 192 - Öffentlicher Fernverkehr 0 1 1 0 0 2 Motorisierter Wirtschafts- & Lieferverkehr 33 54 12 6 0 105 Nicht-motorisierter Verkehr 412 372 47 58 58 947 - Fahrrad 327 293 30 46 53 749 - Fuß 165 180 30 28 9 412 - Roller 0 17 1 0 0 18 Nicht-motorisierter Wirtschafts- & Lieferverkehr 0 5 1 0 0 6 Ruhender Verkehr 114 214 28 26 16 398 Fließender Verkehr 642 466 86 95 53 1342 Neue Angebote 23 26 4 8 1 62 Inter- und Multimodalität 3 1 6 4 0 14 Tabelle 1: Übersicht über die anhand des Schemas manuell vergebenen Kategorien in den kodierten Beiträgen der verschiedenen Beteiligungsverfahren. Logistik-Prozesse digitalisiert? POLITIK Künstliche Intelligenz lässig immer deutlich über 90 % der Beiträge korrekt den darin genannten Verkehrsmitteln zuordnen. Damit kann es eindeutig die ihm zugedachte unterstützende Rolle bei der Vorstrukturierung von Beiträgen erfüllen. Die wenigen verbleibenden Fehlklassifikationen werden dann bei der für jeden Beitrag nötigen „menschlichen Abwägung“ erkannt. Besonders bedeutsam ist, dass die Leistungen des Modells sich kaum verschlechtern, wenn es auf bislang unbekannte Daten aus verkehrsrelevanten Beteiligungen angewandt wird. Damit entfällt die Notwendigkeit, im Vorfeld ausgewählte Beiträge manuell zu kodieren, um diese Sprachmodelle zu trainieren - eine Voraussetzung von überwachtem maschinellen Lernen, die in der Beteiligungspraxis schnell dazu führen kann, dass die Effizienzgewinne durch Automatisierung verloren gehen. Zudem bietet ein solches standardisiertes Modell auch die Möglichkeit, verschiedene Beteiligungsverfahren miteinander vergleichen zu können und daraus Erkenntnisse über die Stimmung oder die Relevanz bestimmter Themen für die lokale Bevölkerung zu ziehen, beispielsweise über eine prozentuale Betrachtung der Werte in Tabelle 1. Unabhängig davon zeigen die Ergebnisse, dass gerade selten vorkommende Verkehrsmittel noch nicht ausreichend gut erkannt werden können. Während dies durch eine Erhöhung der Menge der Trainingsdaten verbessert werden kann, gehen wir davon aus, dass in der Praxis in vielen Verfahren auch spezifische Kategorien vorkommen beziehungsweise bedeutsam sind, die in einem allgemeingültigen Modell, wie es hier aufgestellt wurde, nicht berücksichtigt sind. Das bedeutet, dass immer auch eine gewisse Modell macht relativ selten Fehler bei der Klassifikation von Beiträgen, selbst bei der Analyse unbekannter Datensätze. Zusammenfassung und Diskussion Die Beteiligung der Öffentlichkeit an Planungsprozessen ist aus zahlreichen Gründen wünschenswert, jedoch nicht ohne zusätzlichen Aufwand für die durchführenden Institutionen umsetzbar. Wie wir hier zeigen konnten, können die großen Fortschritte in der natürlichen Sprachverarbeitung sinnvoll zur Unterstützung der Auswertung von Beteiligungsbeiträgen genutzt werden: Das von uns hier vorgestellte Modell kann zuverin Tabelle 1 aufgeführten Konsultationen („Krefeld bewegen“, „OG 2035“, „Raddialoge“) an. Es kann festgestellt werden, dass auch in diesen Fällen die Genauigkeit auf einem hohen Niveau von 91 % bis 94 % bleibt. Die Spalten „Krefeld bewegt“, „OG 2035“ und „Raddialoge“ in Tabelle 2 geben darüber hinaus Einblick in die Güte des Modells, um einzelne Kategorien zu erkennen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Sprachmodelle wie RoBERTa ein erhebliches Potenzial besitzen, Beiträge aus verkehrsbezogenen Verfahren äußerst zuverlässig automatisiert nach Verkehrsmitteln zu strukturieren. Das hier genutzte Kategorie Hamburg Krefeld bewegt OG 2035 (Offenburg) Raddialoge Motorisierter Verkehr 0.97 0.96 0.92 0.84 - ÖPNV 0.92 0.77 0.91 - Wirtschafts- & Lieferverkehr 0.87 0.70 0.80 Nicht-motorisierter Verkehr 0.97 0.89 0.94 0.94 - Fahrrad 0.98 0.90 0.93 0.98 - Fuß 0.92 0.87 0.79 0.78 - Roller 0.60 0.00* Ruhender Verkehr 0.96 0.88 0.92 0.97 Fließender Verkehr 0.98 0.98 0.98 1.00 Neue Angebote 0.83 0.75 0.55 0.00* Genauigkeit über alle Kategorien (Micro-averaged F1) 0.97 0.91 0.93 0.94 Tabelle 2: Übersicht über die Klassifikationsergebnisse des Sprachmodells für die verschiedenen Verfahren. Berichtet wird das F1-Maß (jeweils als Durchschnitt aus 5 Trainingsläufen). Die Ergebnisse basieren auf einem Sprachmodell, das ausschließlich auf Beteiligungsbeiträgen aus Hamburg trainiert wurde. Mit * markierte Kategorien traten nur einmal in den Daten auf. Ergebnisse sind in diesen Fällen nicht aussagekräftig. Leere Felder weisen auf Kategorien hin, die im jeweiligen Datensatz manuell nicht zugeordnet wurden. Logistik-Prozesse noch nicht durchgängig digitalisiert? Langjährige Erfahrung in Consulting, Systemintegration, Projektmanagement und Betrieb. Den perfekt ausgestatteten digitalen Logistik- Arbeitsplatz, in nahezu jedem Land der Erde: • IT-Leistungen (Cloud, SAP, Infrastruktur & Office-IT) • Logistik-Applikationen (CargoWise, TMS, WMS) • Cyber Security für alle Logistik-Prozesse und Daten • 24/ 7 Monitoring & internationaler Help Desk Unsere 150 IT- und Logistik- Expert: innen bieten Ihnen: Digitalisierung der Prozesse entlang Ihrer Logistik-Wertschöpfungskette Wir stehen bereit. 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B. 18 % aller Beiträge im Trainingsdatensatz freiRaum Ottensen keinem Verkehrsmittel zugeordnet werden konnten. Diese können also rein mit dem Verkehrsmittelschema nicht sinnvoll ausgewertet werden und müssen zukünftig noch besser integriert werden. Zusammenfassend ist zu sagen, dass KI unseren Ergebnissen zufolge für die Auswertung von Beteiligungsbeiträgen bereits jetzt ein großes Potenzial bereithält. Wie gezeigt wurde, kann diese bereits mit heute verfügbaren Sprachmodellen sinnvoll unterstützt werden. Nun ist die Herausforderung, die hier entwickelten Modelle in der Praxis anwendbar zu machen und so in die existierenden (Verwaltungs-)abläufe zu integrieren, dass diese einfach zur Verfügung stehen und direkt für die Auswertung nutzbar gemacht werden können. Dazu befindet sich aktuell ein Auswertungstool in Vorbereitung, das in Kürze online verfügbar sein soll. Dieses frei verfügbare Open Source Werkzeug soll in Zukunft die Planenden bei der Auswertung von mobilitätsbezogenen Beteiligungsbeiträgen unterstützen. Laura Mark Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf, Institut für Sozialwissenschaften Laura.mark@hhu.de Bild ©Tilman-Schenk Julia Romberg Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften Julia.romberg@gesis.org Bild ©Tilman-Schenk Dr. Tobias Escher Juniorprofessor an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf, Institut für Sozialwissenschaften tobias.escher@hhu.de Bild ©Tilman-Schenk LITERATUR [1] Livermore, M. A.; Eidelman, V.; Grom, B. (2018): Computationally assisted regulatory participation. In: Notre Dame Law Review, (93. Jg.) Heft 3, S. 977-1034. [2] Simonofski, A; Fink, J; Burnay, C. (2021): Supporting policy-making with social media and e-participation platforms data: A policy analytics framework. In: Government Information Quarterly, (38. Jg.) Heft 3. 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Einleitung Viele Experten erachten eine Mobilitätswende als erforderlich, um das Mobilitätssystem an die Herausforderungen unserer Zeit anzupassen. Entsprechende Maßnahmen werden von der Politik in Deutschland und in anderen Regionen mit unterschiedlicher Intensität unterstützt. So zählt die Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen und damit die Einführung energieeffizienter, sauberer und klimaschonenderer Antriebstechnologien zu den zentralen Zielen der Energie- und Verkehrspolitik in Deutschland und Europa. Auch andere Strategien werden teilweise schon seit Jahrzehnten verfolgt. Gerade in Städten gilt nachhaltige Mobilität schon länger als handlungsleitendes Paradigma, das auf einem modal split mit geringeren Anteilen des Motorisierten Individualverkehrs (MIV) und auf Konzepten wie der Stadt der kurzen Wege auf baut (Holden et al. 2019; Schippl et al. 2016). In den letzten Jahren konnte die Attraktivität von Alternativen zum eigenen Pkw insbesondere in den urbanen Zentren in Deutschland sicherlich gestärkt werden. Dazu trägt unter anderem die Digitalisierung bei, die Zugang zu und Nutzung des ÖV erheblich vereinfacht und neue Angebo- Gesellschaftliche Einstellungen zu Fragen der Mobilitätswende Ausgewählte Ergebnisse aus einer repräsentativen Befragung in Deutschland Fahrrad, Pkw, Individualverkehr, Verkehrskonzepte, ÖPNV, Verkehrspolitik, Nutzungsverhalten Wir stellen Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage (N = 1.507) vor, die wir 2022 in Deutschland durchgeführt haben. Dabei konzentrieren wir uns auf ein Fragenset, das sich den Einstellungen zu restriktiven Maßnahmen im Bereich individueller Pkw-Mobilität widmet. Torsten Fleischer, Maike Puhe, Jens Schippl Mobilitätswende POLITIK Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 18 DOI: 10.24053/ IV-2024-0004 POLITIK Mobilitätswende te ermöglicht (Canzler und Knie 2016). Perspektivisch könnten auch Mobilitätsdienstleistungen unter Nutzung automatisierter bzw. autonomer Fahrzeuge neue Chancen bieten. Gleichzeitig bezweifeln viele Experten, dass eine tiefgreifende Änderung des Mobilitätsektors, einschließlich der immer noch Pkw-dominerten Mobilitätsmuster, nur durch Angebotsverbesserungen gelingen kann - solche angebotsseitigen Verbesserungen oder Innovationen sind sicherlich notwendig, aber nicht hinreichend für eine gelingende Mobilitätstransition. (Horn et al. 2019; Schippl und Arnold 2020). Vielfach wird argumentiert, dass es dazu auch restriktiver Eingriffe bedarf, die beispielweise die Dominanz des Pkw im öffentlichen Raum reduzieren. Die Implementierung solcher Politikstrategien und Maßnahmen braucht aber ein gewisses Maß an sozialer und politischer Akzeptanz. Viele Städte haben bereits Maßnahmen eingeführt, die den Pkw-Verkehr zurückdrängen. Doch hier zeigen sich immer wieder Widerstände (Kirschner und Lanzendorf 2020). Nachhaltige Mobilität gilt einerseits als grundsätzlich weithin anerkanntes gesellschaftliches Ziel. Gleichzeitig zeigt sich in vielen Bereichen aber eher Dissens als Konsens, wenn es um deren konkrete Umsetzung geht (Drexler et al. 2022). In diesem Zusammenhang fordert der Deutsche Städtetag in seinem Positionspapier „Nachhaltige Mobilität für alle - Agenda für eine Verkehrswende aus kommunaler Sicht“ einen „breiten politischen und gesellschaftlichen Konsenses für eine nachhaltige Mobilität für alle“ (Horn et al. 2018). Vor diesem Hintergrund möchten wir in diesem Beitrag ausgewählte Ergebnisse aus einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage (N = 1.507) vorstellen, die wir im November / Dezember 2022 im Mixed- Mode-Design in Deutschland zum Thema Mobilität und autonomes Fahren durchgeführt haben. Dabei möchten wir uns auf Ausschnitte aus einem Frageset konzentrieren, das ursprünglich auf die Erhebung von Kontextvariablen zu den im Fokus der Studie stehenden Erwartungen an und Ein- Bild 1: Histogramme der relativen Häufigkeiten der Antworten in Prozent („Pkw zurückdrängen“, links; „Verbrenner-Aus“, Mitte; „mehr Rad und Bahn“, rechts) PKW zurückdrängen Verbrenner- Aus Mehr Bus und Bahn Alle 4,99 4,63 6,06 Altersgruppen 16 bis 24 Jahre 5,15 4,71 5,78 25 bis 34 Jahre 5,57 5,18 6,51 35 bis 44 Jahre 4,26 3,71 5,84 45 bis 54 Jahre 4,83 4,26 5,93 55 bis 64 Jahre 5,00 4,54 6,31 65 bis 74 Jahre 5,07 4,73 5,99 75 Jahre und älter 5,21 5,93 5,94 Höchster Bildungsabschluss Fachhochschul-/ Hochschulstudium 5,42 5,26 6,68 Abitur/ Fachabitur 5,50 5,33 6,72 10. Klasse/ Mittlere Reife/ POS 4,57 4,17 5,60 bis 9. Klasse/ Hauptschulabschluss 5,10 4,41 5,93 Subjektiver Wohlstand Ich kann mir vieles leisten 5,12 5,00 6,16 Ich kann mir einiges leisten 5,01 4,82 6,30 Ich komme zurecht 5,02 4,61 5,80 Ich muss mich etwas einschränken 5,04 4,33 6,13 Ich muss mich sehr einschränken 4,42 3,93 6,17 Einwohnerzahl des Wohnortes 500.000 Ew. und mehr 4,97 5,31 6,39 100.000 bis unter 500.000 Ew. 4,62 4,78 6,20 20.000 bis unter 100.000 Ew. 4,92 4,51 6,08 5.000 bis unter 20.000 Ew. 5,37 4,58 5,91 bis unter 5.000 Ew. 4,85 3,88 5,69 Subjektive Urbanisierung Im Stadtzentrum 5,22 5,06 6,58 Am Stadtrand 4,67 4,71 6,02 Im Umland einer Stadt 4,96 4,64 5,87 Auf dem Land 5,20 4,16 5,76 Täglich meistgenutztes Verkehrsmittel Pkw-Nutzer 4,39 3,99 5,43 ÖV-Nutzer 5,84 5,62 6,89 Radfahrer 6,10 5,93 7,55 Fußgänger 5,83 5,17 6,72 Tabelle 1: Mittelwerte des Antwortverhaltens Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 19 DOI: 10.24053/ IV-2024-0004 Bild 1 zeigt die Histogramme des Antwortverhaltens bezüglich der drei Maßnahmen. Im Vergleich der Grafiken besonders auffällig ist, dass sich bei der Frage nach dem „Verbrenner-Aus“ fast ein Viertel der Befragten eindeutig ablehnend (Skalenpunkt „0“, „dem stimme ich auf gar keinen Fall zu“) positionieren. Zugleich haben sich fast 15 % sehr klar zustimmend (10, „dem stimme ich auf jeden Fall zu“) geäußert. Zu sehen ist außerdem, dass die neutrale Mittelkategorie „5“ sowohl weniger häufig gewählt wurde als beide Extremkategorien „0“ und „10“ am Rande des Spektrums als auch seltener als die Mittelkategorie bei den Fragen nach den beiden anderen Maßnahmen. Bei den PKW-Restriktionen in Städten oder den Rad- und Bahninvestitionen offenbart das Antwortverhalten hingegen eine stärkere Tendenz zur Skalenmitte. Hinsichtlich der Frage nach dem Verbrenner-Aus liegt demnach eine stärkere Polarisierung vor als bei Frage 1 oder 3. Die deutlichere Polarisierung bezüglich des Verbrenner-Aus mag auch daran liegen, dass die Aussage zum Zurückdrängen des Pkw mit der Relativierung „so weit wie möglich“ weniger ultimativ formuliert ist als die Frage nach dem „Verbrenner-Aus“. Letztere stellt ein klares Verbot von Benzin- und Dieselmotoren in Aussicht, während das Zurückdrängen des PKW grundsätzlich auch durch massive Steigerung der Attraktivität von Alternativen möglich ist und damit auch als freiwillige Entscheidung der Nutzer interpretiert werden kann. Auch die Antworten zu Frage 3 lassen sich als Hinweis auf eine grundsätzliche Offenheit vieler Bürger und Bürgerinnen für eine politisch unterstützte Steigerung der Attraktivität von Alternativen deuten. Für eine klar ablehnende „0“ haben sich weniger als 10 % entschieden, obwohl die Aussage eine Reduktion von Investitionen in Straßeninfrastruktur beinhaltet. Vorsichtig negative Antwortkategorien (1-4) werden wenig gewählt, vorsichtig positive Antworten (6-9) sind deutlich stärker vertreten. Knapp 20 % stimmen der Aussage voll zu. Im Folgenden möchten wir auf Basis des vorliegenden Datensatzes detaillierter diskutieren, wie das Antwortverhalten mit soziodemographischen und räumlichen Faktoren zusammenhängt. Hierzu sind in Tabelle 1 die Mittelwerte der Zustimmungswerte in unterschiedlichen Differenzierungen zusammengefasst. Die Aufschlüsselung nach Altersgruppen zeigt zunächst, dass sich die Zustimmungswerte bei „Mehr Bus und Bahn“ über das gesamte Altersband nur geringfügig unterscheiden, sie liegen - mit Ausnahme der Gruppe der 25-34-Jährigen, die hier besonders große Zustimmung zeigt - durchweg recht nahe am Mittelwert. Vielschichtiger Spektrum von 0 „dem stimme ich auf gar keinen Fall zu“ bis 10 „dem stimme ich auf jeden Fall zu“ reichte. 2. Ergebnisse Die Durchschnittswerte für die stärker mit Restriktionen verbundenen Maßnahmen „Pkw zurückdrängen“ und „Verbrenner-Aus“ liegen mit 4,99 bzw. 4,63 relativ nahe am Skalenmittelpunkt. Frauen äußern sich dabei im Mittel (mit Werten von 4,93 bzw. 4,49) geringfügig ablehnender als Männer (5,04 bzw. 4,75). Die eher auf Angebotsverbesserung abzielende Frage 3 („mehr Rad und Bahn“) stößt im Mittel insgesamt auf etwas mehr Zustimmung (6,06), und dabei bei Frauen (6,12) noch etwas deutlicher als bei Männern (5,99). Insgesamt sind die Unterschiede in den Einschätzungen zwischen Männern und Frauen aber eher unbedeutend. Weitere interessante Einsichten bietet ein Blick auf die Häufigkeitsverteilungen. stellungen zum autonomen Fahren gerichtet war. Neben allgemeinen Einschätzungen zur Rolle von Wissenschaft und Technik in der Gesellschaft fragten wir auch nach Ansichten zu (insgesamt 8) konkreten politischen Maßnahmen, von denen drei verkehrspolitischer Natur waren: 1. Innerhalb von Städten sollte die Nutzung privater Pkw so weit wie möglich zurückgedrängt werden. („Pkw zurückdrängen“) 2. Neue Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren in Deutschland zu verkaufen, sollte nur noch für etwa 10 bis 15 Jahre erlaubt sein. („Verbrenner-Aus“) 3. Es sollte weniger in Straßen und mehr in Radwege und Bahnstrecken investiert werden. („mehr Rad und Bahn“) Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden gebeten, ihre Ansichten auf einer 11-teiligen Likert-Skala zu markieren, wobei das 23% 25% 22% 12% 14% 17% 16% 19% 16% 16% 14% 17% 18% 22% 17% 17% 13% 20% 20% 14% 18% 18% 18% 22% 20% 13% 9% 20% 13% 17% 28% 34% 34% 24% 28% 30% 27% 23% 28% 30% 26% 23% 31% 19% 28% 25% 31% 29% 23% 26% 34% 31% 30% 23% 23% 27% 28% 34% 32% 27% 14% 13% 17% 15% 17% 18% 15% 9% 14% 16% 18% 14% 13% 13% 11% 17% 16% 11% 17% 15% 11% 17% 16% 16% 17% 16% 11% 12% 18% 15% 14% 12% 11% 21% 18% 16% 17% 17% 19% 15% 18% 20% 16% 9% 19% 19% 17% 16% 14% 18% 19% 18% 13% 14% 16% 20% 21% 18% 18% 17% 13% 13% 13% 27% 21% 16% 22% 29% 21% 19% 20% 25% 20% 35% 20% 20% 19% 23% 22% 26% 16% 15% 21% 23% 23% 22% 27% 14% 15% 21% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Fußgänger Radfahrer ÖV-Nutzer Pkw-Nutzer bis unter 5.000 Ew 5.000 bis unter 20.000 Ew 20.000 bis unter 100.000 Ew 100.000 bis unter 500.000 Ew 500.000 Ew und mehr Auf dem Land Im Umland einer Stadt Am Stadtrand Im Stadtzentrum Ich muss mich sehr einschränken Ich muss mich etwas einschränken Ich komme zurecht Ich kann mir einiges leisten Ich kann mir vieles leisten bis 9. Klasse/ Hauptschulabschluss 10. Klasse/ Mittlere Reife/ POS Abitur/ Fachabitur Fachhochschul-/ Hochschulstudium 75 Jahre und älter 65 bis 74 Jahre 55 bis 64 Jahre 45 bis 54 Jahre 35 bis 44 Jahre 25 bis 34 Jahre 16 bis 24 Jahre alle stimme voll zu stimme eher zu unentschieden weiß nicht stimme eher nicht zu stimme gar nicht zu Bild 2: Geclusterte 1 Verteilung der Antworthäufigkeiten zur Maßnahme 1: Innerhalb von Städten sollte die Nutzung privater Pkw so weit wie möglich zurückgedrängt werden. („Pkw zurückdrängen“) Mobilitätswende POLITIK Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 20 DOI: 10.24053/ IV-2024-0004 häufig in prekären Verhältnissen leben, die wiederum mehrheitlich in Städten auftreten. (Kemper 2018). Um die materielle Situation abzubilden, haben wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach ihrer eigenen Einschätzung ihres Wohlstandes gefragt. Dabei äußerten jeweils ein Drittel der Stichprobe „Ich kann mir einiges leisten.“ bzw. „Ich komme zurecht“, jeweils etwa ein Achtel „ich kann mir vieles leisten“ bzw. „ich muss mich etwas einschränken.“ Hier ergeben sich für die drei Fragen jeweils leicht unterschiedliche Muster. Bei der Frage nach dem Zurückdrängen von Pkw in Städten fällt der Mittelwert für fast alle Lebensstandard-Kategorien relativ gleich aus. Nur die Gruppe, die sich nach eigener Einschätzung am meisten einschränken muss, steht dieser Aussage etwas ablehnender gegenüber. Etwa 40 % dieser - in der Stichprobe eher kleinen - Gruppe stimmen ihr überhaupt nicht zu. Bei der Frage nach dem Verbrenner-Aus sinkt die durchschnittliche Zustimmung mit dem subjektiv eingeschätzten Lebensstandard. Denkbare Erklärungen wären hier, dass Elektroautos im Vergleich zu Verbrennern als teurer wahrgenommen werden und diese Gruppe vermutlich auch seltener von Dienstwagen- Optionen profitieren. Günstige Gebrauchtwagen, die vor allem für Menschen interessant sind, die sich einschränken müssen, gibt es derzeit fast ausschließlich mit Benzin- oder Dieselantrieb und (noch) nicht als Elektrofahrzeug. Bei der Aussage zu mehr Investitionen in die Rad- und Bahninfrastruktur liegen die Mittelwerte fast aller Kategorien in einem ähnlichen Bereich, nur die mittlere Kategorie „ich komme zurecht“ antwortet etwas negativer. Eine mögliche Erklärung wäre, dass die höheren Einkommensgruppen beruflich mobiler sind und mehr Bahn fahren. Möglich, dass hier urbane Wohnlagen stärker vertreten sind, die mit einer höheren Affinität zur Nutzung von Fahrrad und ÖPNV einhergehen. Bei den Gruppen, die sich stärker einschränken müssen, könnte es sein, dass sie wegen geringerer Autoverfügbarkeit auf die Verkehrsmittel Rad und Bahn stärker angewiesen sind. Um das Antwortverhalten nach der räumlichen Lebenssituation differenzieren zu können, wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer um zwei Aussagen gebeten - zum einen um die Einwohnerzahl ihres Wohnortes und zum anderen um eine subjektive Einschätzung von dessen Urbanisierungsgrad. Letzteres ist vor allem für größere Städte von Interesse, legen verschiedene empirische Signale doch nahe, dass sich insbesondere beim zukünftigen Umgang mit Pkw in Städten die Interessen der Kernstadt von denen des Stadtrandes unterscheiden könnten. In der Gesamtschau präsentiert sich das Bild bei „Pkw zurückdrängen“ und „Verbrenner-Aus. Hier zeigen ebenfalls die 25-34-Jährigen große Zustimmung, während die benachbarte Gruppe der 35-44-Jährigen beide Maßnahmen am stärksten ablehnen. Die 35-44-Jährigen sind eine Altersgruppe, die generell eine relativ hohe PKW-Affinität erkennen lässt (Nobis and Kuhnimhof 2018). Es handelt sich in dieser Altersgruppe oft um Menschen in der so genannten Rush Hour des Lebens, bei denen die Kombination aus Familienarbeit und Berufstätigkeit ein sehr enges Zeitbudget mit sich bringt (Panova et al. 2017). Auffällig und eher überraschend ist, dass die Altersgruppe der über 75-Jährigen die mit Abstand größte Zustimmung zu einem Verbrennerverbot aufweist. Auch hinsichtlich der Zustimmung zum Zurückdrängen von Pkw zeigen die über 75-Jährigen eine höhere Zustimmung als die 35-44-Jährigen. Bei einer Differenzierung nach der höchsten abgeschlossenen schulischen Ausbildung zeigt sich bei allen drei Maßnahmen das gleiche Muster. Menschen mit hohen Bildungsabschlüssen stimmen stärker zu als der Durchschnitt, wobei Personen, deren höchster Abschluss zum Zeitpunkt der Umfrage ein Abitur bzw. Fachabitur ist, noch etwas positiver antworten. Hierbei handelt es sich um einen zusätzlichen Alterseffekt, ist doch diese Gruppe (nicht überraschend) vor allem in der Altersgruppe der 16-25-Jährigen vertreten. Interessant ist, dass Menschen mit niedrigem Schulabschluss (9.Klasse/ Hauptschulabschluss) bei allen drei Fragen positiver antwortet als Menschen mit einem etwas höheren Abschluss (10.Klasse/ Mittlere Reife). Es wäre weiter zu prüfen, inwieweit dies mit dem Wohnort korreliert bzw. es daran liegt, dass Menschen mit niedrigem Schulabschluss 20% 26% 22% 16% 10% 20% 18% 21% 21% 16% 19% 18% 22% 20% 13% 17% 21% 23% 15% 15% 24% 25% 28% 21% 22% 18% 11% 20% 11% 19% 24% 29% 30% 17% 23% 20% 21% 20% 26% 18% 24% 22% 23% 10% 23% 24% 22% 21% 21% 19% 26% 25% 25% 19% 15% 16% 19% 30% 34% 22% 8% 18% 13% 10% 11% 9% 10% 11% 16% 11% 10% 11% 11% 12% 14% 10% 10% 14% 12% 12% 9% 9% 14% 14% 10% 12% 12% 9% 7% 11% 17% 9% 13% 17% 18% 16% 17% 14% 11% 18% 13% 15% 14% 10% 14% 18% 15% 13% 15% 15% 19% 14% 13% 12% 19% 16% 15% 13% 21% 15% 21% 17% 17% 36% 35% 29% 30% 28% 21% 32% 30% 27% 25% 39% 30% 27% 28% 27% 28% 33% 21% 25% 15% 29% 31% 32% 38% 25% 20% 29% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Fußgänger Radfahrer ÖV-Nutzer Pkw-Nutzer bis unter 5.000 Ew 5.000 bis unter 20.000 Ew 20.000 bis unter 100.000 Ew 100.000 bis unter 500.000 Ew 500.000 Ew und mehr Auf dem Land Im Umland einer Stadt Am Stadtrand Im Stadtzentrum Ich muss mich sehr einschränken Ich muss mich etwas einschränken Ich komme zurecht Ich kann mir einiges leisten Ich kann mir vieles leisten bis 9. Klasse/ Hauptschulabschluss 10. Klasse/ Mittlere Reife/ POS Abitur/ Fachabitur Fachhochschul-/ Hochschulstudium 75 Jahre und älter 65 bis 74 Jahre 55 bis 64 Jahre 45 bis 54 Jahre 35 bis 44 Jahre 25 bis 34 Jahre 16 bis 24 Jahre alle stimme voll zu stimme eher zu unentschieden weiß nicht stimme eher nicht zu stimme gar nicht zu Bild 3: Geclusterte 1 Verteilung der Antworthäufigkeiten zur Maßnahme 2: Neue Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren in Deutschland zu verkaufen sollte nur noch für etwa 10 bis 15 Jahre erlaubt sein. („Verbrenner-Aus“) POLITIK Mobilitätswende Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 21 DOI: 10.24053/ IV-2024-0004 mende Haltung zum Ausbau des ÖV und auch der Fahrradinfrastruktur. Die Ergebnisse von Andor et al. 2018 zeigen, dass 69 % der Befragten der Ausweisung von Busspuren auf staubelasteten Straßen zustimmen. Knapp die Hälfte befürwortet Fahrverbote für Fahrzeuge, die die Schadstoffgrenzwerte überschreiten. Gleichzeitig sprechen sich 57 % (65 % in 2021) der Befragten gegen eine Erhöhung der Parkgebühren in den Innenstädten aus. Zudem lehnt knapp die Hälfte ein Verbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab 2035 ab. Das Bürger: innengutachten, welches vom Berliner Abgeordnetenhaus in Auftrag gegeben wurde, um Feedback zu den Dekarbonisierungsmaßnahmen des Berliner Verkehrssektors einzuholen, kommt in dieser Frage zu einem ähnlichen Ergebnis. Laut Forschungsdaten sprechen sich etwas mehr als 60 % der Bürger: innengutachter (n=63) für eine vollständige Umstellung von fossilen Motoren zu nicht-fossilen Motoren die größte Polarisierung, was damit erklärt werden könnte, dass diese Frage für viele die größte Eingriffstiefe in Alltagsroutinen aufweist und alle Raumkategorien betrifft. Eine etwas schwächere, aber ebenfalls deutliche Polarisierung lässt die Frage nach der Zurückdrängung von Pkw aus Städten erkennen. Bei allen drei Fragen haben die Faktoren Alter und Ausbildung den größten Einfluss auf das Antwortverhalten. Der Pearson-Korrelationskoeffizient zwischen den drei Variablen nimmt Werte zwischen 0,48 und 0,59 an, was als insgesamt starke Korrelation gedeutet werden kann. Andere Studien, die zum Teil ein breiteres Set an Fragen zu verkehrspolitischen Maßnahmen umfassen, kommen in vielen, aber nicht in allen Bereichen zu ähnlichen Ergebnissen. Sowohl eine Befragung von Andor et al. 2018 wie auch eine Befragung des ADAC zeigen eine eher ablehnende Haltung der Bevölkerung zu restriktiven Maßnahmen für den MIV und eine eher zustimzeigt sich, dass sich die im Stadtzentrum Wohnenden bei allen drei Fragen am aufgeschlossensten zeigen und über dem Bevölkerungsdurchschnitt liegen. Darüber hinaus ist das Bild differenzierter: Gegen das „Pkw zurückdrängen“ sprechen sich vor allem Bewohner von Großstädten unterhalb einer halben Million Einwohner sowie Personen aus, die am Stadtrand leben. Verglichen damit ist die Ablehnung „auf dem Land“ sowie in kleineren Städten eher geringer. Dies mag auch damit zu tun haben, dass man sich von einer solchen Maßnahme weniger betroffen sieht, weil „Städte“ hier eher mit „Großstädten“ konnotiert sein könnten. In Bezug auf ein generelles Verbrenner-Aus kann man etwas pointiert formulieren: Je kleiner die Einwohnerzahl und je ländlicher der subjektive Urbanisierungsgrad, desto größer die Ablehnung. Hier zeigt sich u. E. unter anderem, dass in solchen räumlichen Strukturen keine ausreichenden öffentlichen Verkehrsangebote zur Verfügung stehen und Elektrofahrzeuge bisher für die meisten keine (preisliche? ) Alternative zum konventionellen Pkw und vor allem zu konventionellen Gebrauchtfahrzeugen darstellen. Die Einschätzung des Ausbaus von Rad- und Bahn-Infrastruktur ist insgesamt deutlich positiver, folgt aber ähnlichen Strukturen. Auch hier sinkt die Zustimmung mit der Gemeindegröße. Einen abschließenden Blick erlaubt die Unterscheidung der Antworten nach dem täglich am längsten genutzten Verkehrsmittel. Die Zahlen der Stichprobe liegen dabei nahe dem deutschen modal split (Nobis and Kuhnimhof 2018): 58 % geben hier den Pkw an, 15 % den städtischen ÖPNV und 12 % das Fahrrad. 10 % gehen überwiegend zu Fuß. Die Zustimmung zu den Maßnahmen folgt dabei teilweise den subjektiven individuellen Betroffenheiten. Jeweils die Hälfte der Pkw-Nutzenden stimmt einem Zurückdrängen der Pkw in Städten bzw. einem Verbrenner-Aus überhaupt nicht zu oder eher nicht zu, wobei die Ablehnung für ein Verbrenner-Aus hierbei noch deutlicher ist. Zugleich stimmt jeweils ca. ein Drittel diesem zu oder eher zu. Maßnahmen zum Ausbau der Rad- und Bahn-Infrastruktur unterstützen jeweils rund zwei Drittel der Rad- und ÖV-Nutzer. Die stärkste Ablehnung findet sich in der Gruppe der regelmäßigen Pkw-Nutzer (ca. 30 %), liegt damit aber immer noch deutlich unter der Zahl der Befürworter (45 %). 3. Diskussion und Vergleich mit anderen Studien Bei allen drei Fragen konnte erwartet werden, dass ein gewisses Maß an Polarisierung erkennbar wird. Die Frage nach einem baldigen Verkaufsverbot von Benzin- oder Dieselmotoren zeigt in unserer Stichprobe 29% 46% 31% 19% 27% 26% 22% 29% 26% 24% 24% 24% 30% 31% 24% 22% 28% 29% 24% 20% 34% 33% 25% 26% 29% 24% 24% 28% 21% 26% 32% 26% 35% 26% 18% 24% 33% 26% 33% 24% 30% 28% 32% 24% 34% 27% 29% 23% 29% 26% 29% 28% 28% 28% 28% 24% 27% 30% 33% 28% 17% 16% 15% 22% 23% 20% 18% 19% 19% 22% 16% 20% 18% 16% 12% 23% 18% 22% 18% 21% 16% 19% 25% 17% 20% 22% 17% 22% 14% 19% 13% 6% 12% 15% 15% 15% 14% 8% 12% 14% 14% 14% 10% 13% 15% 13% 13% 13% 11% 16% 12% 10% 7% 9% 10% 15% 19% 11% 20% 13% 5% 5% 3% 16% 15% 12% 10% 14% 8% 13% 14% 11% 8% 11% 11% 13% 10% 10% 14% 13% 8% 7% 16% 16% 11% 11% 10% 6% 9% 11% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Fußgänger Radfahrer ÖV-Nutzer Pkw-Nutzer bis unter 5.000 Ew 5.000 bis unter 20.000 Ew 20.000 bis unter 100.000 Ew 100.000 bis unter 500.000 Ew 500.000 Ew und mehr Auf dem Land Im Umland einer Stadt Am Stadtrand Im Stadtzentrum Ich muss mich sehr einschränken Ich muss mich etwas einschränken Ich komme zurecht Ich kann mir einiges leisten Ich kann mir vieles leisten bis 9. Klasse/ Hauptschulabschluss 10. Klasse/ Mittlere Reife/ POS Abitur/ Fachabitur Fachhochschul-/ Hochschulstudium 75 Jahre und älter 65 bis 74 Jahre 55 bis 64 Jahre 45 bis 54 Jahre 35 bis 44 Jahre 25 bis 34 Jahre 16 bis 24 Jahre alle stimme voll zu stimme eher zu unentschieden weiß nicht stimme eher nicht zu stimme gar nicht zu Bild 4: Geclusterte 1 Verteilung der Antworthäufigkeiten zur Maßnahme 3: Es sollte weniger in Straßen und mehr in Radwege und Bahnstrecken investiert werden. („mehr Rad und Bahn“) Mobilitätswende POLITIK Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 22 Anhang: zur Methodik Gegenstand der Analyse bilden die Antworten von Teilnehmende einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage, die unter anderem zum Ziel hatte, Einstellungen zu den oben genannten Fragensets zu eruieren. Vor dem Hintergrund einer zunehmend schlechter werdenden telefonischen Erreichbarkeit jüngerer Bevölkerungsgruppen wurde die Erhebung im Mixed-Mode Design durchgeführt, mit jeweils 50 % Online-Interviews (CAWI - Computer Assisted Web Interview) und 50 % telefonischen Interviews (CATI - Computer-Assisted Telephone Interview). Die Grundgesamtheit umfasst bei den CA- TI-Interviews die gesamte deutschsprachige Wohnbevölkerung in Privathaushalten mit Telefonanschluss (Festnetz oder Mobilfunk) ab 16 Jahren. Die Auswahlbasis ist einerseits das ADM Mastersample (Festnetznumhier nicht so stark ausfällt wie bei der Frage nach dem Verbrenner-Verbot. Zudem deckt die hier vorgestellte Studie klare Unterschiede im Antwortverhalten der verschiedenen Altersgruppen auf. Besonders die Unterschiede zwischen den benachbarten Altersgruppen der 25-34-Jährigen und der 35-44-Jährigen ist auffallend. Auch wenn viele Studien zu recht ähnlichen Ergebnisse kommen, so wäre weitere Forschung wünschenswert, um die Einstellungen und damit letztlich auch die Umsetzbarkeit von verschiedenen Maßnahmen genauer zu untersuchen. Wichtig wäre es, die Begründungsmuster für Zustimmung und Ablehnung zu den einzelnen Maßnahmen besser zu verstehen. Wird beispielsweise ein Zurückdrängen des Pkw eher als ungerecht empfunden oder geht es eher darum, dass Alternativen als zu teuer oder als zu zeitaufwendig wahrgenommen werden? Um hier weiterzukommen, bedarf es sicherlich auch qualitativer Studien, die insbesondere verschiedene Altersgruppen bzw. Lebenskontexte systematisch berücksichtigen (vgl. Puhe et al. 2021). Ebenfalls von Interesse wären Langzeitstudien, die untersuchen, ob sich die Zustimmung/ Ablehnung von Maßnahmen einige Zeit nach deren Realisierung anders darstellt als vorher. DOI: 10.24053/ IV-2024-0004 im Stadtgebiet Berlin bis zum Jahr 2035 aus. Wie in anderen Studien auch, treffen auch hier die Pull-Maßnahmen auf eine deutlich breitere Unterstützung als die restriktiven Push-Maßnahmen (Kreuschner et al. 2023). Ein ähnliches Bild zeichnen die Studien des ADAC aus den Jahren 2021 und 2023. In beiden Befragungswellen geben 70 % der Befragten an, sie könnten sich einen vollständigen Verzicht auf das Auto überhaupt nicht vorstellen. Dieser Wert deckt sich auch mit den Ergebnissen von Kreuschner et al., hier lehnen etwas mehr als 60 % ein Fahrverbot für Pkw in der Stadt Berlin ab. Deutliche Ablehnung erfahren in der ADAC-Studie von 2023 Maßnahmen, die den Autoverkehr verteuern oder beschränken, wie z. B. Steuererhöhung bei Kraftstoffen, die Abschaffung der Pendlerpauschale oder die Verknappung/ Verteuerung von städtischem Parkraum. Einen Ausbau des ÖPNV begrüßen dagegen in der ADAC-Umfrage aus dem Jahr 2023 81 % der Befragten (76 % in 2021). Ebenso findet sich eine breite Unterstützung für den Ausbau der Tank- und Ladeinfrastruktur für alternative Kraftstoffe bzw. Strom und die Einführung klimaneutraler Kraftstoffe. Ein großer und von 2021 bis 2023 wachsender Anteil der Befragten ist nicht der Auffassung, dass alle Pkw in Zukunft elektrisch fahren sollten. Im Unterschied zu der in diesem Beitrag vorgestellten Studie, lassen die Ergebnisse von ADAC 2023 für verschiedene Altersgruppen keine grundsätzlichen Unterschiede bei den Einstellungen zu Verkehr und Umwelt erkennen. 4. Fazit Mit den Ergebnissen der hier vorgestellten Studie werden Erkenntnisse aus anderen Studien zu Einstellungen zu verkehrspolitischen Maßnahmen in Deutschland weitgehend bestätigt. Darüber hinaus zeigt die vorliegende Studie sehr deutlich das hohe Maß an Polarisierung hinsichtlich mancher Fragen. Das betrifft gerade auch die sogenannte Antriebswende (Manderscheid 2020), womit ein Umstieg auf alternative Antriebe gemeint ist. Dieser Wandel, also ein Austausch der Antriebstechnik, lässt sich grundsätzlich ohne größere Änderungen der Mobilitätsmuster vollziehen und wird deshalb gerne als der leichtere Teil einer Verkehrswende angesehen. Diese umfasst über die Antriebswende hinausgehende Maßnahmen wie beispielsweise einer Neu-Aufteilung des Straßenraumes zugunsten aktiver Verkehrsmittel. In dieser Studie wurde diese Thematik mit der Zustimmung nach einer Zurückdrängung des Pkw thematisiert. Entsprechende Maßnahmen kommen nicht ohne Verhaltensänderung der Bürger aus. Auffallend an den Ergebnissen dieser Studie ist, dass die Polarisierung LITERATUR ADAC 2023: Klimaschutz und Mobilität. Was die Menschen 2023 bewegt. Online (20.9.2023): https: / / www.adac.de/ verkehr/ standpunkte-stu dien/ mobilitaets-trends/ umfrage-klimaschutzmobilitaet/ . Andor, M., Frondel, M.; Horvath, M.; Larysch, T.; Ruhrort, L. 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Die ADM-Mobilfunkstichprobe enthält alle möglicherweise vergebenen Mobilfunknummern in allen von der Bundesnetzagentur freigegebenen Vorwahlbereichen. Zusätzlich wurde die ADM-Auswahlgrundlage durch ein eigenes Mobilfunkpanel des Befragungsinstituts (Info GmbH) ergänzt. Auf dieser Grundlage wurde bei Festnetznummern eine repräsentative Haushaltsstichprobe, bei Mobilfunknummern eine repräsentative Personenstichprobe gezogen. Die Teilnehmenden für die CAWI-Interviews wurden aus einem aktiv rekrutierten Online-Access Panel gewonnen. 1 Zur Clusterung: Wie im Text erwähnt wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gebeten, ihre Ansichten auf einer 11-teiligen Likert-Skala zu markieren, wobei das Spektrum von 0 „dem stimme ich auf gar keinen Fall zu“ bis 10 „dem stimme ich auf jeden Fall zu“ reichte. Um die grafische Darstellung in den Abbildungen 2-4 lesbarer zu machen, wurden diese Antworten zu 5 Kategorien zusammengefasst: „stim- Torsten Fleischer Forschungsgruppenleiter und stellv. Institutsleiter des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS), Karlsruher Institut für Technologie (KIT) torsten.fleischer@kit.edu Dr. Maike Puhe senior scientist, Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS), Karlsruher Institut für Technologie (KIT) maike.puhe@kit.edu Jens Schippl senior scientist, Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS), Karlsruher Institut für Technologie (KIT) jens.schippl@kit.edu Die medienübergreifende Publikation Transforming Cities berichtet über Städte im Wandel, über die weltweite Urbanisierung und ihre Auswirkungen. Anspruch ist die ganzheitliche Analyse und Aufbereitung von Kernfaktoren zur aktiven Gestaltung der Stadt von morgen. www.transforming-cities.de Das sind unsere Themen 2024 für Sie: 1 Kommunale Wärmewende 2 Offene und sichere Städte 3 Prinzip Schwammstadt 4 Transformation urbaner Mobilität Mobilitätswende POLITIK Anzeige Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 24 DOI: 10.24053/ IV-2024-0005 S ehr lange hat sich die EU-Kommission Zeit gelassen für ihren neuen Anlauf zur Reform der Richtlinie über den Kombinierten Verkehr (KV). Ursprünglich war ein Gesetzesvorschlag bereits für 2022 angekündigt, dann wurde er immer wieder verschoben und zuletzt sogar aus dem im Juli präsentierten Legislativpaket für einen „grüneren Güterverkehr“ herausgenommen, in dessen Kontext er eigentlich gehört. Seit Anfang November liegt der Vorschlag endlich vor. Vielleicht war es die Erleichterung darüber, dass die Reformpläne nicht noch bis nach der Europawahl im Juni 2024 aufgeschoben wurden, die den europäischen Verband für den Kombinierten Verkehr UIRR zunächst bewogen haben, von einem Vorschlag zu sprechen, der „eine wahre Revolution verspricht“. Die UIRR streicht besonders heraus, dass die Umweltfreundlichkeit des KV mit dem Richtlinienentwurf explizit anerkannt wird, weil danach künftig nur solche Verkehre als KV eingestuft und gefördert werden sollen, die mindestens 40 Prozent weniger externe Kosten verursachen als der Gütertransport über die Straße. Ein weiterer zentraler Punkt des Vorschlags ist für die UIRR die Vorgabe, dass EU-Staaten nationale Pläne dafür aufstellen müssen, wie sie innerhalb von siebeneinhalb Jahren die Kosten des Kombinierten Verkehrs um mindestens 10 Prozent drücken wollen. Die Vorschläge sind ohne Frage wichtig, aber können sie eine Revolution bei der Förderung des KV auslösen? Trotz der langen Arbeit an dem Gesetzesentwurf überlässt die EU-Kommission wichtige Fragen den Mitgliedstaaten oder verschiebt ihre Beantwortung auf die Zukunft. Was genau zu den externen Kosten des Güterverkehrs zählt und wie die Kostenersparnis eines KV-Transports mithilfe der geplanten Plattformen für elektronische Frachtinformationen (eFTI) digital berechnet wird, soll erst nach Verabschiedung der KV-Richtlinie in einem delegierten Rechtsakt festgelegt werden. Ob die vorgeschlagene neue KV-Definition Operateuren aber künftig Scherereien bei Kontrollen durch die Behörden erspart, hängt maßgeblich von ihrer Praxistauglichkeit ab. Nach intensiverem Studium blicken KV-Operateure und ihr Verband UIRR inzwischen skeptischer auf die Vorschläge. Viele fragen sich, woher sie die Daten für die Berechnung der externen Kosten bekommen sollen. Manche zweifeln, dass die Mobilfunkabdeckung in der EU gut genug ist, um das Ergebnis dieser Berechnungen bei einer Straßenkontrolle überall auf Knopfdruck abrufen zu können. Andere weisen darauf hin, dass der Auf bau des 2020 auf EU-Ebene beschlossenen eFTI-Systems nur langsam vorankommt. Bis zum Sommer 2026 soll es bereit sein. Seit Juli arbeitet ein europäisches Konsortium aus 22 Projektpartnern - darunter auch das Bundesverkehrsministerium - unter der Führung Estlands an den Grundlagen eines europaweit einheitlichen Betriebs nationaler Zugänge der Mitgliedstaaten, sogenannter eFTI-Gates. Bei der Förderung des Kombinierten Verkehrs will die Kommission den Mitgliedstaaten zwar viel Spielraum lassen, sie verweist aber auch auf die Geltung des EU-Beihilferechts. Das erlaubt auch heute schon zahlreiche Subventionen für den KV, sie müssen allerdings in Brüssel angemeldet und genehmigt werden. Der EU- Verband der Bahn- und Infrastrukturbetreiber CER fordert, diese Genehmigungspflicht aufzuheben. Davon steht im Kommissionsvorschlag aber nichts. Von den Mitgliedstaaten wird viel eigene Initiative bei der Förderung verlangt. Die direkt im Richtlinienvorschlag angelegten Fördermöglichkeiten sind überschaubar. Neu ist der Vorschlag, Lkw-Transporte im Rahmen des KV von Nacht-, Sonntags- und Feiertagsfahrverboten zu befreien. Einen Vorteil bringt das aber nur, wenn die verladende Wirtschaft zu diesen Zeiten auch Waren annimmt. Ob Lkw im Vor- und Nachlauf des KV weiterhin schwerer sein dürfen als im reinen Straßengüterverkehr, wird nicht in der KV-Richtlinie, sondern in der Richtlinie über Maße und Gewichte entschieden. Nicht rühren will die Kommission an der Kabotagefreiheit im Vor- und Nachlauf. KV-Operateure sollen also kostengünstige ausländische Dienstleister weiter unbegrenzt nutzen dürfen, während im Straßengüterverkehr die Kabotage mit Blick auf die Sozialstandards eng reglementiert wird. Im KV sei kein systematischer Kabotage-Missbrauch zu sehen, heißt es in der Kommission dazu. Im Europaparlament und Ministerrat könnte es darüber aber kontroverse Diskussionen geben. Auch die 2017 geplante Reform der KV-Richtlinie ist schließlich maßgeblich an der Frage des Umgangs mit der Kabotagefreiheit gescheitert. Bei der Förderung des Kombinierten Verkehrs sind noch viele Fragen offen B E R I C H T A U S B R Ü S S E L VON FRANK HÜTTEN Frank Hütten EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Verkehrs-Zeitung Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 25 Xxxxx xxxxxxxxxxx LOGISTIK DOI: 10.24053/ IV-2024-0006 grund eines hohen Komforts gegenüber dem klassischen Auto, da man während der Fahrt andere Dinge erledigen kann. Zudem sprechen sie mehr Menschen an, die bisher nicht selbst fahren konnten oder durften. Ohne Regulierung solcher Angebote könnten in der Folge also mehr Menschen mit privaten Pkw mehr Wege zurücklegen, wodurch zusätzliche negative Umweltwirkungen des Verkehrs wie Lärm oder Flächenverbrauch entstehen. Private „Robotaxis“, aber auch fahrerlose Ruf busse, die entlang von bestehenden Bus- und Bahnlinien verkehren, stehen dabei in Konkurrenz zum klassischen ÖPNV. Gleichzeitig haben diese neuen Fahrzeuge aber eine geringe Kapazität, sodass in der Folge insgesamt deutlich mehr Fahrzeuge auf der Straße unterwegs sind. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen, wie ältere Menschen und Kinder, von Angeboten ausgeschlossen werden, wenn die Planung und Buchung von Routen nur noch über bestimmte technische Voraussetzungen (z. B. Smartphone) funktionieren. D ie Digitalisierung und Automatisierung bieten zahlreiche Chancen: Durch die zunehmende Digitalisierung wissen wir mehr über die Mobilität der Menschen. Eine Kommune kann somit ihr öffentliches Verkehrsangebot besser an die Nachfrage anpassen, damit Energie sparen sowie den Verkehr intelligent steuern. Autonome On- Demand-Angebote bringen Menschen zur nächsten Haltestelle, die bisher nicht den ÖPNV nutzen konnten, weil es am passenden Angebot mangelte. Diese Veränderungen eröffnen das Potenzial, Wege vom privaten Pkw auf den ÖPNV zu verlagern. Mobilitäts-Apps erhöhen die Nutzerfreundlichkeit und Attraktivität, Wege mit Bus und Bahn oder Sharing-Angeboten in einer App zu planen und zu buchen (Mobility-asa-Service, MaaS). Mehr Menschen können so am Mobilitätsangebot teilhaben. Allerdings birgt die Digitalisierung im Verkehr auch zahlreiche Risiken für Umwelt und Klima. Das private automatisierte Fahrzeug könnte an Attraktivität gewinnen, auf- Die Vorteile digitaler Lösungen im Verkehr sollten also vorrangig für eine nachhaltige Mobilität zur Verfügung stehen. Hierzu sind verschiedene Regulierungsansätze notwendig, die die Aspekte Mobilität, Klimaschutz, Energieeffizienz, Verkehrssicherheit, Gesundheitsschutz sowie Flächen- und Ressourcenverbrauch berücksichtigen. Eine Ausgestaltung des Rechtsrahmens sollte grundsätzlich das Konzept einer integrierten Verkehrsplanung als Basis haben. Eine integrierte Verkehrsplanung richtet die Ausgestaltung des Verkehrsangebotes und der -infrastruktur an ökologischen und gesellschaftlichen Zielen aus. Beispiele für diese Ziele sind eine Verbesserung der Mobilität bei weniger Pkw-Verkehr durch die Stärkung des Umweltverbundes, eine Steigerung der Verkehrssicherheit, eine Verbesserung der Luftqualität und eine Verringerung des Verkehrslärms. Nachfolgend werden fünf konkrete Bausteine für einen konsistenten Regulierungsrahmen einer nachhaltigen Digitalisierung Digital und nachhaltig mobil Umweltbundesamt, Chancen, Risiken, ÖPNV, automatisierter Verkehr, Infrastruktur Fahrassistenzsysteme, vernetzte Rufbusse und Mobilitäts-Apps halten zunehmend Einzug in unseren Alltag. Diese und weitere aktuelle und zukünftige Entwicklungen der Digitalisierung im Verkehr, ihre Chancen und Risiken sowie notwendige Rahmenbedingungen wurden in zwei Forschungsvorhaben im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) analysiert. Zusammengefasst sind die Ergebnisse nun in einer Broschüre veröffentlicht. Dieser Artikel gibt die zentralen Ergebnisse wieder. Juliane Schicketanz und Timmo Janitzek Digitalisierung INFRASTRUKTUR Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 26 INFRASTRUKTUR Digitalisierung DOI: 10.24053/ IV-2024-0006 und Automatisierung im Personenverkehr vorgestellt (Bild 1). Baustein 1: Zulassung automatisierter Fahrzeuge Die Zulassung automatisierter Fahrzeuge sollte an ihren Einsatzzweck gebunden sein. Damit ist eine Genehmigung insbesondere für solche Fahrzeuge zu erteilen, die Verkehrsangebote als Teil des ÖPNV und als Sammelfahrdienste darstellen. Bisher sind automatisierte Fahrzeuge in Deutschland vor allem im Rahmen von kontrollierten Versuchen im Straßenverkehr eingesetzt. Eine Zulassung automatisierter Fahrzeuge in größerem Rahmen sollte nur dann erfolgen, wenn vollständig funktionierende digitale Verkehrssicherheitssysteme vorhanden sind, die die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden (d. h. auch im Fuß- und Radverkehr) gewährleisten. Solche Systeme müssen z. B. das sichere Abbiegen von automatisierten Fahrzeugen umfassen. Des Weiteren fallen hierunter Vorgaben für technische Standards zur Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmenden, z. B. zum Vorfahrt-Gewähren oder auch die Signalisierung von Parkplatzsuchfahrten, Ein- und Ausstiegen und Fahrgastwechsel. Darüber hinaus sollte die Energieeffizienz bei der Zulassung automatisierter Fahrzeuge berücksichtigt werden. Dies betrifft nicht nur die fahrzeugseitig verbauten Antriebe (z. B. batterieelektrische Antriebe), sondern auch die zusätzlichen Energiebedarfe durch IT-Systeme im Fahrzeug. Geringere Energiebedarfe können durch Vorgaben bzw. Anreize zur Entwicklung energieeffizienter Komponenten für die Automatisierung (wie Sensorik, Aktorik oder Bildverarbeitung) erreicht werden. Auch eine Programmierung und Umsetzung energiesparender Fahrweisen, die durch Automatisierung und Vernetzung möglich werden, sind wichtig. Zudem sollte eine effiziente Erhebung und Verarbeitung von Daten erfolgen. Dies betrifft eine prioritäre bzw. ausschließliche Sammlung und Nutzung von sicherheits- und verkehrsrelevanten Daten. Baustein 2: Begrenzung negativer Effekte des automatisierten Fahrens Ohne Regulierung des automatisierten Fahrens ist mit einer erheblichen Zunahme des Pkw-Verkehrs zu rechnen, beispielsweise aufgrund von Leerfahrten. Bei knappen Parkmöglichkeiten könnten die Nutzenden von fahrerlosen Fahrzeugen diese einfach in der Nähe ihres Aufenthaltsortes herumkreisen und sich zu einem späteren Zeitpunkt abholen lassen. Dies ist mit verschiedenen negativen Umweltfolgen verbunden (z. B. Lärm, Flächeninanspruchnahme, Verkehrssicherheit). Regelungen sollten daher unter anderem Leerfahrten und Parksuchverkehr adressieren. Dies kann beispielsweise über fahrleistungsabhängige Abgaben für Wege ohne Personen geschehen oder über Regelungen für den maximalen Parkplatzsuchradius beim automatisierten Parken. Ebenso kann Fahrzeugen das Einfahren in bestimmte Stadtgebiete verwehrt werden, wenn die Mitfahrenden zuvor keinen Parkplatz vor Ort gebucht haben. Einschränkungen des Autoverkehrs dürfen dabei nicht die Erreichbarkeit eines Quartiers oder einer Straße durch die Bürgerinnen und Bürger einschränken. Daher sollten Kommunen sicherstellen, dass die Zonen mit Zufahrtsbeschränkungen gut an das ÖPNV-Netz angeschlossen sind und am Rand der Gebiete Stellplätze für Pkw vorhanden sind. Baustein 3: Stärkung des Umweltverbundes Zur Stärkung des Umweltverbundes müssen Bund, Länder und Kommunen ein bundesweites, lückenloses öffentliches Verkehrssystem im Fern- und Nahverkehr schaffen, das gut mit den Rad- und Fußverkehrsnetzen verknüpft ist. Das Rückgrat des Systems bilden auch in Zukunft Busse und Bahnen, die zunehmend automatisiert fahren werden und die auf der ersten und letzten Meile durch automatisierte Sammelfahrdienste als Linienbedarfsverkehr (§44 PBefG) oder gebündelter Bedarfsverkehr (§50 PBefG) im ÖPNV-Standard ergänzt werden. Diese Bedarfsverkehre sollten in die Nahverkehrsplanung sowie in die Tarifsysteme des ÖPNV integriert werden. Gleichzeitig müssen Buchungen mit und ohne Smartphone sowie Bezahlmöglichkeiten mit und ohne Kreditkarte ermöglicht werden, um niemanden von der Nutzung auszuschließen. ÖPNV-Standard bedeutet auch ein barrierefreier Zustieg und der Transport von Gepäck und Fahrrädern. Um die ÖPNV-Qualität von Sammelfahrdiensten sicherzustellen, muss der Staat den Anbietern Vorgaben zur Buchungs- und Bezahlmöglichkeit sowie zur Barrierefreiheit machen. Sammelfahrdienste braucht es nicht nur zu den Hauptverkehrszeiten, sondern besonders in den Zeiten und Gebieten schwacher Nachfrage. Um auch in den weniger lukrativen Zeiten und Gebieten ein attraktives Angebot zu schaffen, gibt es verschiedene Optionen: Entweder schafft die öffentliche Hand eigene Sammelfahrdienste als Teil des ÖPNV-Angebots oder sie setzt Anreize für kommerzielle Betreiber, ein Angebot einzurichten (bspw. durch gebündelte Konzessionen für lukrative mit schwächer nachgefragten Bedienungsgebieten). Allerdings bestünde in den besonders lukrativen innerstädtischen Gebieten dann das Risiko einer Verlagerung von Verkehrsanteilen des Umweltverbundes auf die neuen Angebote infolge der Konkurrenz. Baustein 4: Digitale Infrastruktur Neben automatisierten Fahrzeugen bedarf es einer vernetzten digitalen Infrastruktur. Diese sollte durch öffentliche Investitionen nur dann ausgebaut werden, wenn sie gemeinwohlorientiert und energieeffizient ist und vorrangig für ein nachhaltiges Verkehrsmanagement genutzt wird. Letzteres kann eingesetzt werden, um die Einhaltung der Straßenverkehrsregeln durchzusetzen, eine Maut für das Fahren auf bestimmten Straßenkategorien oder in bestimmten Zonen zu erheben und dadurch einen finanziellen Anreiz zum Umstieg auf den Umweltverbund zu schaffen, die Verkehrssteuerung automatisierter Fahrzeuge durch eine übergeordnete Betriebszentrale zu übernehmen, die eine ökologisch nachhaltige Fahrweise fördert, oder durch eine vorgeschlagene Routenwahl gezielt bestimmte Straßen und Gebiete zu entlasten. Da die digitale Infrastruktur eng mit Gemeinde-, Kreis-, Land- und Bundesstraßen verbunden ist, bedarf es vor der Einführung eines digitalen Verkehrsmanagements einer Klärung der Verantwortlichkeiten (Kommune, Land, Bund). Es gilt die sachliche und örtliche Zuständigkeit für die Finanzierung, den Auf bau und den Betrieb der erforderlichen digitalen Infrastruktur zu regeln. Außerdem ist der Bezug zu den Betreibern automatisierter Fahrzeuge festzulegen. Es bedarf einer genauen Abgrenzung zwischen der technischen Aufsicht, der Betriebszentrale des Betreibers, die operativ ins Fahrzeug hereinreicht, und der übergeordneten öffentlichen digitalen Infrastruktur. Um die Vernetzung zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur zu ermöglichen, muss die Unter der Schirmherrschaft von +++ Digitale Transformation Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 27 DOI: 10.24053/ IV-2024-0006 Eingangsabbildung: © iStock.com/ metamorworks tätsdaten gewährleistet werden. Initiativen zur Verbesserung des Datenangebotes und der Datenvernetzung gibt es bereits, beispielsweise die Mobilithek des BMDV oder den Mobility Data Space der DRM Datenraum Mobilität GmbH. In den kommenden Jahren ist daher mit einer Verbesserung der Datenlage zu rechnen. Zahlreiche rechtliche Fragen, insbesondere im Hinblick auf Bereitstellungsbzw. Erhebungspflichten sowie den Datenzugang für Dritte und Finanzierungsfragen sind aber noch zu klären. Mobilfunkinfrastruktur, insbesondere 5G, flächendeckend ausgebaut werden. Die erheblichen Rohstoff- und Energiebedarfe für diese Vernetzung sollten in Treibhausgasbilanzen einfließen. Der Ausbau der digitalen Infrastruktur sowie die Verarbeitung der Mobilitätsdaten muss nach Energieeffizienzkriterien bspw. entsprechend des „Blauen Engels“ für Rechenzentren erfolgen. Baustein 5: Mobilitätsplattformen & Mobility-as-a-Service Die Weiterentwicklung digitaler Mobilitätsplattformen zu „Mobility-as-a-Service“- Plattformen, mit denen man einfach ganze Wegeketten mit verschiedenen Verkehrsmitteln planen und buchen kann, hat das Potenzial, Verkehr vom MIV auf den Umweltverbund zu verlagern. Dadurch können digitale Mobilitätsplattformen zum Klimaschutz, zur Flächen- und Ressourcenschonung sowie zur Luftreinhaltung und zum Lärmschutz beitragen. Um MaaS-Anwendungen zu ermöglichen, muss der Austausch einer Vielzahl von statischen und dynamischen Mobili- LITERATUR Albrecht, T.; Kühne, B.; Verse, B. (2023): Digitalisierung und Automatisierung im Verkehr. Ein regulativer Rahmen für eine nachhaltige Entwicklung , Umweltbundesamt (Hrsg.), 173679. Bruns, F.; Straumann, R.; Nobis, C.; Winter, M.; Kolarova, V.; Karl, A.; Burgdorf, C.; Werner, J.; Frölicher, J.; Regling, L. (2023): Abschlussbericht Digitalisierung im Verkehr. Vorschläge für Regelungskonzepte Juliane Schicketanz Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Umweltbundesamt im Fachgebiet I 2.1 „Umwelt und Verkehr“ juliane.schicketanz@uba.de Timmo Janitzek Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Umweltbundesamt im Fachgebiet I 2.1 „Umwelt und Verkehr“ timmo.janitzek@uba.de und Rahmenbedingungen zur Realisierung einer nachhaltigen Mobilität , Umweltbundesamt (Hrsg.), 3718 58 1000. Thaller, C.; Blechschmidt, J.; Deineko, E.; Fremder, L.; Galich, A.; Hettich, G.; Kirsten, S.; Liedtke, G.; Winkler, C.; Vortisch, P.; Zeidler, V.; Heidt, C.; Helms, H.; Kraeck, J. (2023): Abschlussbericht Digitalisierung im Verkehr. Potenziale und Risiken für Umwelt und Klima , Umweltbundesamt (Hrsg.), 3716 58 1030. Veranstalter 14. - 16. Mai 2024 Messe Karlsruhe it-trans.org Fachmesse | Konferenz | Netzwerken Unter der Schirmherrschaft von Dr. Volker Wissing Bundesminister für Digitales und Verkehr Partner +++ Künstliche Intelligenz +++ Bezahlung & Ticketing +++ Cybersecurity +++ Daten-Standards & Governance +++ Digitale Transformation +++ 5G & Telekommunikation +++ Shared Mobility & Mobility as a Service +++ Autonome Mobilität +++ NEXT STOP IT-TRANS! Jetzt Ticket sichern: Anzeige tiven und nachhaltigen Vermittlung von (Fach-)Wissen Bausteinen zur effekmit den wichtigsten verlag.expert Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 29 Xxxxx xxxxxxxxxxx LOGISTIK DOI: 10.24053/ IV-2024-0007 Vision für Logistikzentren bis 2027 Zebra Technologies hat in der Studie „Warehousing Vision“ neue Trends und Herausforderungen untersucht, die Lagerhaltung und -betrieb in Zukunft entscheidend transformieren werden. Für die Studie wurden 1403 IT- und Betriebsmanager aus den Bereichen Produktion, Transport und Logistik, Einzelhandel, Expresszulieferer und Großhandelsvertrieb zu momentanen und geplanten Modernisierungsmaßnahmen in ihren Lagerhaus-, Vertriebs- und Fulfillment- Zentren im Zeitraum 2019 bis 2024 befragt. Laut Studie wollen sechs von zehn Entscheidungsträgern in die Transparenz von Beständen, Lagerhäusern und Lieferketten bis 2027 investieren. Neun von zehn Befragten erwarten, dass der Einsatz von Radio Frequency Identification (RFID), Computer Vision, stationären Barcodelesegeräten und Bildverarbeitungssystemen vorherrschender wird. Generell fokussieren die Unternehmen auf fortschrittliche Technologien, die eine bessere Nutzung und Produktivität der Maschinen, Anlagen, Ausrüstungen und Menschen ermöglichen. Dies verbessert wiede- D ie Zukunft der Logistik und Intralogistik wird in den nächsten Jahren gemäß der Studien von DHL [1] und Zebra Technologies [2] durch technologische und wirtschaftliche Megatrends geprägt werden. Einen großen Einfluss auf die Entwicklung hatten und haben dabei die Corona-Pandemie, der Russisch-Ukrainische-Krieg, der Klimawandel und der demografische Wandel bzw. der Fachkräftemangel. Dekarbonisierung, Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit und Diversifizierung der Lieferketten sind gesellschaftliche und wirtschaftliche Trends, die in den nächsten Jahren stark zum Tragen kommen [3]. Zudem verändern Omnichannel-Logistik und teils spezialisierte digitale Marktplätze stark den Handel von Produkten und Dienstleistungen. Technologisch prägende Entwicklungen sind stationäre und mobile Roboter im Lager und in der Produktion, Computer Vision, die rasante Entwicklung von Big- Data-Analyse und Künstlicher Intelligenz sowie die Nutzung von alternativen Energiequellen. rum das Wohlbefinden der Arbeitnehmer und die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit. Laut Zebra Technologies wird es immer bedeutender, dass die Lagerhausbetreiber einem genauen Plan für die Einführung der jeweiligen Technologien folgen. Nur so kann eine stetige und durchhaltbare Reifung des Lagerbetriebs erfolgen. Bei den Investitionen in den Lagerhausbetrieb stehen sowohl die Kundenbedürfnisse als auch die Bedürfnisse der Arbeitnehmer im Fulfillment im Fokus. Die Pandemie hat auch hier den Einsatz neuer Technologien beschleunigt. Im Lagerhaus bzw. der Intralogistik werden zunehmend Wearables, mobile Drucker und widerstandsfähige sog. Rugged Tablets eingesetzt. Gleichzeitig haben 27 Prozent der Lagerhausbetreiber bereits Autonome Mobile Roboter (AMR) eingeführt. Innerhalb von fünf Jahren soll die Zahl auf 90 Prozent steigen. Automation und Einsatz neuster Technologien ist unausweichlich Laut Zebra Technologies ist eine positive Transformation bei der Einstellung von Studien von DHL und Zebra Logistik und Intralogistik durchlaufen rasante Transformation RFID, Lagerhaltung, Roboter, Big Data, Künstliche Intelligenz, Asien Die Investition in Automation und fortgeschrittene Technologien wird von Unternehmen immer mehr als vorteilhaft und unausweichlich gesehen, um am Markt bestehen zu können. Wichtig für die Effizienzsteigerung ist die Ausgewogenheit zwischen Automation und Einsatz von erfahrenen Mitarbeitern. Dirk Ruppik Transformation INFRASTRUKTUR Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 30 Eingangsabbildung: © iStock.com/ Blue Planet Studio INFRASTRUKTUR Transformation DOI: 10.24053/ IV-2024-0007 Lagerhausbetreibern und Entscheidern entlang der Lieferketten zu beobachten. Die Investition in Automation und fortgeschrittene Technologien wird immer mehr als vorteilhaft und unausweichlich gesehen, um am Markt bestehen zu können. Zudem verbessern die Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen in Lagerhäusern durch neue Technologien, um die harte Arbeit attraktiver und flexibler für die Arbeitnehmer zu machen. Große Herausforderungen in schwierigen Zeiten entstehen durch die hohe geforderte Pünktlichkeit bei der Auftragsbearbeitung, die nötige Transparenz der Bestände, hohe Transportkosten und wachsende Versendungsvolumina (+20 Prozent von 2020 bis 2022). Zwischen 2022 und 2025 erwarten acht von zehn Lagerhausbetreiber einen Zuwachs an Produktvielfalt und Versendungsvolumen. Natürlicherweise wird damit auch das Rücksendevolumen steigen, was ein aufwändiges Retourenmanagement nötig macht. Weiterhin soll die Größe und Anzahl der Lagerhäuser der jeweiligen Betreiber zunehmen. 61 Prozent der Betreiber wollen auch weitere Arbeitskräfte einstellen, was aufgrund des Fachkräftemangels problematisch sein wird. Daher setzen acht von zehn Entscheidungsträger immer mehr auf Automation. Teilautomatisierung und Augmentation erscheinen als beste Lösung Beide Studien prognostizieren eine starke Zunahme an mobilen Robotern (AMR) im Lager, wobei die Zebra-Studie die Bedeutung der Ausgewogenheit zwischen Automation und Einsatz von erfahrenen Mitarbeitern zur Effizienzsteigerung herausstellt. Die Mehrzahl der befragten Unternehmen (73 Prozent) sieht Teilautomatisierung und Augmentation der Lagerarbeiter hier als besten Weg. AMR verkürzen Laufzeiten, vermindern die Fehleranzahl und schaffen neue Arbeitsmöglichkeiten. Technologien zur Erweiterung der Fähigkeiten von Lagermitarbeitern sind z. B. mobile Drucker und widerstandsfähige sog. Rugged Tablets, Industriescanner, Wearables wie Smarte Watches und Glasses für Augmented Reality sowie Hüftgurte. Der vermehrte Einsatz von Sensoren und RFID bei der Datengewinnung wird andere Arbeitsbereiche für Mitarbeiter erschließen. Durch die eingesetzten Technologien werden die Arbeitsplätze zudem für schwer zu findende, qualifizierte Mitarbeiter attraktiver. Rasante Entwicklung von Big Data und KI Mit der rasanten Entwicklung der KI-Technologie und der Sensortechnik werden stationäre Roboter wie kollaborative Roboter (Cobots) und Industrieroboter immer vielfältiger und vielseitiger. Erwartet wird, dass in Zukunft eine zunehmende Arbeitsteilung zwischen Menschen und Cobots existieren wird. Roboter werden natürlich meist in sich wiederholenden, gleichbleibenden Prozessen eingesetzt. Die Frage ist, wie Innovationen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) die Arbeitsfelder erweitern werden. KI wird besonders auch in der Objekterkennung eingesetzt. Aber auch Felder wie die fähigkeitsbasierte Roboterprogrammierung mittels Datenhandschuh sind ein Thema, das die Zukunft prägen wird. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Anwendungen von Big Data und KI in der Logistik und Intralogistik. Z. B. werden durch KI Lieferketten transparenter und steuerbar. Vorausschauende Planung und Handlung werden möglich. Unternehmen können die künftige Nachfrage für bestimmte Produkte anhand von bereits vorhandenen Daten abschätzen und darauf basierend ihre Lagerbestände samt den Sicherheitsbeständen bestimmen. Dafür werden einer Software für Maschinelles Lernen (historische) Trainingsdaten gefüttert und mit der Hilfe von Algorithmen bestimmte Muster in der Nachfrage erkannt. Aus diesen Mustern kann die künftige Nachfrage bestimmt werden. Auch die einzelnen Produktvorschläge können mit KI besser auf die jeweiligen Kunden abgestimmt werden. Darüber hinaus wird KI auch in der Routen- und Netzwerkplanung bei der Auslieferung der Produkte eingesetzt. Ein weiteres Einsatzfeld ist das Risikomanagement. In Zukunft werden auch KI-gesteuerte Roboterschwärme beispielsweise in der Kommissionierung oder Paketzentren zur Verteilung eingesetzt. Solche Roboterschwärme vereinen die Fähigkeiten von leistungsfähiger Sortier- und Fördertechnik mit den Potenzialen autonomer KI-basierter Robotersysteme. In einem Paketzentrum von STO Express in Yiwu, China, werden Roboterschwärme bereits für die Sortierung und den Transport von Paketen eingesetzt. Dazu scannt jeder Roboter das Paketlabel und bringt es zur jeweiligen Ablegestation für eine bestimmte Provinz. Dadurch fallen viele Arbeitsschritte weg und sehr viel manuelle Arbeit wird eingespart. Auch in Deutschland wurde im Oktober letzten Jahres das Loadrunner-System von Fraunhofer IML und Kion Group beim KEP-Dienstleister DPD in Köln-Porz getestet [4]. Durch den Roboterschwarm erhofft sich DPD laut des Leiters für das operative Geschäft Björn Scheel eine flexible Anpassung an schwankende Paketvolumina und Skalierungsmöglichkeiten. Allerdings ist die KI-Lösung bisher noch nicht marktreif. Laut VDI sind Zweidrittel aller Unternehmen in Deutschland überzeugt, dass KI einer der wichtigsten technologischen Treiber unserer Zeit ist, doch nur acht Prozent nutzen KI im eigenen Unternehmen bisher (Studie Bitkom zu KI, April 2021). Durch exponentiell wachsende Computerleistung, Big Data und mächtige Algorithmen sind die Einsatzmöglichkeiten allerdings künftig nahezu unbeschränkt [5]. LITERATUR [1] The Logistics Trends Radar 6.0, 25. October 2022, DHL Trend Research [2] Whitepaper Warehouse Vision Study, Tech that enhances human capabilities and drives modernization, Mai 2022 Zebra Technologies Corp [3] DHL Logistics TrendRadar gibt Einblicke in Zukunftstrends, April 2023, Redaktion, Logistik Express [4] Bradl Nadine, DPD testet autonomen LoadRunner mit Kion und Fraunhofer IML, Logistra Magazin, Oktober 2022 [5] Künstliche Intelligenz, KI ist der technologische Treiber unserer Zeit! , VDI Verein Deutscher Ingenieure e. V. Dirk Ruppik Asien-Korrespondent und freier Fachjournalist, Phuket (TH) dirkruppik@gmx.de P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Die PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL ist eine der führenden Fachpublikationen im Projektmanagement im deutschsprachigen Raum. Die Zeitschrift liefert fundierte Fachinformation für Projektmanager: innen u. a. in Industrie, Bauwesen, Beratungs- und Ingenieurbüros, im Bereich der Softwareentwicklung und im Dienstleistungsgewerbe. Das Themenspektrum reicht von wissenschaftlichen Fachbeiträgen zu Methoden und Techniken des Projektmanagements bis hin zu Praxis- und Erfahrungsberichten aus dem Projektalltag. Neben grundlegenden Orientierungsbeiträgen liefert die Fachzeitschrift auch Beiträge über Techniken und Verfahren des Projektmanagements und berichtet über Projektfallstudien. Sie schlägt so eine Brücke zwischen Theorie und Praxis. Herausgegeben wird das Fachmagazin von der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. unter Mitwirkung der Schweizerischen Gesellschaft für Projektmanagement spm und Projekt Management Austria pma. ISSN 2941-0878 Î Infos zum Abonnement per eMail unter abo@narr.de Das Jahresabonnement kostet € 67,- (print) bzw. € 198,- (print + online), Vorzugspreis für private Leser: innen € 88,- (print + online), das Einzelheft € 20,- (alle Preise zzgl. Postgebühr). GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Projektmanagement und Nachhaltigkeit PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 3 (2023) 1. Auflage 2023, 80 Seiten €[D] 20,00 ISBN 978-3-381-10161-0 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Digitalisierung im Projektmanagement PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 1 (2023) 1. Auflage 2023, 76 Seiten €[D] 20,00 ISBN 978-3-381-10031-6 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Arbeit der Zukunft - was Projekte beitragen PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 2 (2023) 1. Auflage 2023, 84 Seiten €[D] 20,00 ISBN 978-3-381-10151-1 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Zukunft des Projektmanagements PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 5 (2022) 1. Auflage 2022, 84 Seiten €[D] 20,00 ISBN 978-3-7398-9120-0 Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria Projekte für die Gesellschaft PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 4 (2023) 1. Auflage 2023, 68 Seiten €[D] 20,00 ISBN 978-3-381-10171-9 erscheint fünfmal im Jahr Übersicht über alle Hefte: narr.digital/ journal/ pm Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 32 DOI: 10.24053/ IV-2024-0008 D ie Kurier-, Express- und Paketlogistik (KEP- Branche) verzeichnet seit vielen Jahren ein stark steigendes Sendungsaufkommen, getrieben durch den Versandhandel 1 . Die damit stetig zunehmenden Zustellverkehre auf der letzten Meile sind somit repräsentativ für unvermeidbare Wirtschaftsverkehre in urbanen und suburbanen Räumen, die möglichst nachhaltig gestaltet werden müssen. Für eine nachhaltige Stadt- und Ballungsraumlogistik ist es von großer Bedeutung, nicht ausschließlich auf das Substitutionsprinzip zu setzen, d. h. auf batterieelektrisch angetriebene Nutzfahrzeuge 2 . Schließlich werden damit zwar schädliche Emissionen vermieden und ökologische Vorteile erzielt, die sozialen Schadwirkungen des Wirtschaftsverkehrs bleiben aber bestehen, so die Inanspruchnahme großer Verkehrsflächen und die Gefahren für schwächere Verkehrsteilnehmer. Kommunen setzen daher verstärkt auf das Konsistenzprinzip, also auf den Einsatz kleiner und ungefährlicher Verkehrsmittel; national auf elektrisch unterstützte, mehrspurige Lastenräder 3 und international auf Light Electric Vehicle 4 . Für einen logistischen Nachteilsausgleich dieser kleinen Ver- Nutzung von Bushaltestellen für die letzte Meile Logistisches Konzept und systematische Machbarkeitsuntersuchung am Beispiel der Stadt Nürnberg ÖPNV-Verkehrssysteme, Vorsorgeprinzip, Straßenverkehr, Logistik, Infrastruktur Der bisherige Einsatz von Lastenrädern auf der letzten Meile der Paketlogistik (KEP) erfordert Mikro- Depotflächen im urbanen Raum, die kaum verfügbar sind. Als Alternative wird die logistische Nutzung von Bushaltestellen für einen Behälterumschlag von KEP-Transportern auf Lastenräder nach dem kooperativen Vorsorgeprinzip untersucht. Bushaltestellen sollen in freien Zeitfenstern als temporäre Ablageorte und Umschlagsfläche dienen. Um konzeptionell geeignete Bushaltestellen zu identifizieren, wird eine übertragbare analytische und systematische Herangehensweise am Beispiel der Stadt Nürnberg vorgestellt. Ralf Bogdanski, Carina Siefert, Carolina Stürmer INFRASTRUKTUR Wissenschaft Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 33 DOI: 10.24053/ IV-2024-0008 kehrsmittel gegenüber konventionellen Nutzfahrzeugen hinsichtlich Nutzlast, Nutzvolumen und Reichweite beim Einsatz in der KEP-Branche hat sich das Mikro-Depot- Konzept erfolgreich etabliert 5 6 , welches jedoch einen Bedarf an logistischer Nutzfläche für einen zusätzlichen Sendungsumschlag auf Lastenräder in den Zustellgebieten verursacht 7 8 . Dieser nicht unerhebliche Flächenbedarf im öffentlichen oder privaten Raum ist ein Verfügbarkeitsproblem und somit limitierender Faktor für das Mikro-Depot-Konzept, so dass die logistischen Potentiale des Lastenradeinsatzes in der KEP-Branche auf der letzten Meile nicht vollständig nutzbar sind. Einen derzeit viel diskutierten Ausweg aus diesem Dilemma bietet, als eine Form des Vorsorgeprinzips, die kooperative logistische Nutzung von öffentlichen Nahverkehrssystemen. Als Sonderform des Kombinierten Verkehrs soll hier der Hauptlauf mit ÖPNV-Verkehrsmitteln und der Nachlauf mit logistikgerechten Lastenrädern erfolgen. Die bekannten Konzepte dieses Vorsorgeprinzips unterscheiden zwischen exklusiver logistischer Nutzung von ÖPNV-Verkehrsmitteln einerseits (so z. B. Gütertram- Lösungen 9 ) und einem Personen-/ Güter-Mischbetrieb andererseits 10 11 . Beide Ansätze lassen sich als hohe Integration von öffentlichen Nahverkehrssystemen in die logistischen Prozesse der letzten Meile bezeichnen, mit derzeit hohen rechtlichen, praktischen und ökonomischen Hemmnissen einer zeitnahen Umsetzung in die verkehrliche Praxis. Im weiteren Verlauf dieses Beitrags soll daher der Frage nachgegangen werden, wie eine wesentlich leichter umsetzbare, niedrige Integration von ÖPNV-Verkehrsinfrastrukturen in die letzte Meile der KEP-Branche erfolgen kann, ohne die logistische Nutzung von ÖPNV-Verkehrsmitteln. Der Fokus liegt auf der Nutzung von Haltestellen des Verkehrssystems Bus, da dieses in urbanen Räumen durch ein sehr dichtes Netz auf dem Verkehrsträger Straße und eine logistische Barrierefreiheit im Vergleich zu Straßenbahn, S- und U- Bahn gekennzeichnet ist 12 . Es handelt sich um das sog. Haltestellenkonzept, bei dem vorkommissionierte Wechselbehälter an Bushaltestellen in logistisch relevanten Zustellgebieten von motorisierten KEP-Transportern auf Lastenräder für den Nachlauf umgeschlagen werden sollen, wobei mehrere Prozessvarianten denkbar sind. Zunächst kann zwischen einem Milkrun (Bild 1) und einer Tagestour (Bild 2) unterschieden werden. Beim Milkrun werden kleinere Wechselcontainer verwendet, die mit dem Lastenrad sukzessiv für die Auslieferung der darin vorkommissionierten Pakete abgeholt werden. Diese Variante hat den Vorteil, dass kleinere Boxen verwendet werden, die leichter bewegt und potenziell auch in Bussen transportiert werden können. Bei der Tagestour muss ein entsprechend größerer Wechselcontainer verwendet werden, der bei einer einmaligen Übergabe an das Lastenrad übergeben wird. Beide Varianten können synchron (Bild 2) oder asynchron (Bild 1) ausgeführt werden. Im synchronen Modell treffen sich Transporter oder Bus und Lastenrad an einer Haltestelle für einen direkten Behälterumschlag; im asynchronen Modell bewegen sich die Fahrzeuge zeitversetzt. Der Wechselcontainer muss in diesem Fall diebstahlsicher an den Bushaltestellen Wissenschaft INFRASTRUKTUR Bild 1: Niedrige ÖPNV-Integration: asynchroner Milkrun Bild 2: Niedrige ÖPNV-Integration: synchrone Tagestour Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 34 DOI: 10.24053/ IV-2024-0008 zwischengelagert werden. Gleichzeitig wurde in mehreren Experteninterviews mit Partnern aus der KEP-Branche erarbeitet, dass eine asynchrone Variante als besser umsetzbar gesehen und somit bevorzugt wird. Um den Personentransport nicht zu stören, sollen Zeitfenster an Haltestellen für den Behälterumschlag genutzt werden, wenn diese nicht von Bussen belegt sind. Fahrgäste dürfen nicht behindert oder gefährdet werden, dafür muss u.a. genügend Fläche verfügbar sein und die Bushaltestelle muss für den Einsatz von Lastenrädern geeignet sein. Daraus ergibt sich die Forschungsfrage, wie konzeptionell geeignete Bushaltestellen am Beispiel der Stadt Nürnberg systematisch und nachvollziehbar quantitativ und qualitativ identifiziert werden können und ob sich daraus ein relevantes Lastenradpotential ableiten lässt. Eine derartig differenzierte Vorgehensweise ist für Bushaltestellen aus Forschungsprojekten zur logistischen ÖPNV-Integration bisher nicht bekannt, so wurden beispielweise in Frankfurt am Main logistisch geeignete Straßenbahnhaltestellen nach einem sehr groben Katalog von maximal fünf Kriterien rein qualitativ klassifiziert 13 . Für das Haltestellenkonzept gilt neben der Bewertung der logistischen Eignung die Prämisse, dass der Personentransport oder der fließende Verkehr keinesfalls beeinträchtigt werden darf. Da die konzeptionelle Eignung einer Haltestelle abschließend nur durch eine kriterienbasierte Besichtigung validiert werden kann, ist es wichtig, aus circa 1.600 Bushaltestellen im Stadtgebiet Nürnberg eine ebenfalls kriterienbasierte Vorauswahl zu treffen. Hierfür wurden systematische und auch auf andere Städte übertragbare Datenanalysen entwickelt, die drei verschiedene Datenquellen nutzen. Diese sind Fahrplandaten und Haltestellenkataster der Verkehrsbetriebe sowie Luftbilddaten. Basierend auf den vorhandenen Daten und den konzeptionellen Anforderungen wurde ein Kriterienkatalog mit insgesamt 19 quantitativen und qualitativen Kriterien erstellt und ein zweistufiges Klassifizierungsverfahren entwickelt. Dabei unterscheidet der Kriterienkatalog zwischen sog. Muss- und Kann- Kriterien, welche sich je Prozessvariante unterscheiden können. Im Folgenden werden die verwendeten Datenquellen sowie der entwickelte Kriterienkatalog anhand ausgewählter Kriterien für die niedrige Integration mit asynchroner Tagestour vorgestellt und dessen Anwendung in der Klassifizierung von geeigneten vs. ungeeigneten Haltestellen am Beispiel der Stadt Nürnberg dargestellt. Datenquellen Fahrplandaten Für die Analysen stehen ca. 30 Millionen Echtzeitdaten von Stopps an Bushaltestellen im Zeitraum von März 2022 - März 2023 zur Verfügung. Diese Echtzeitinformationen wurden über die öffentliche Schnittstelle API der VAG in einer Datenbank gesammelt und von der HexFourty UG dem Forschungsprojekt zur Verfügung gestellt. Neben den geplanten Ab- und Anfahrtszeiten (Soll-Information) an einer Bushaltestelle werden auch die tatsächlichen Ab- und Anfahrtszeiten (Ist-Information) ausgegeben, sodass neben den tatsächlichen blockierten und freien Zeiten an einer Haltestelle ermittelt werden kann, wenn ein Halt verspätet ist. Haltestelleninformationen Neben den öffentlich zur Verfügung stehenden Daten der VAG, welche unter anderem die Lage und Kennung aller VAG-Haltestellen enthalten 14 , hat die VAG dem Forschungsteam zusätzlich ein ausführliches Haltestellenkataster zur Verfügung gestellt. Dieser enthält neben der genauen Geocodierung der Lage der Haltestelle auch Informationen zu der Bauart der Haltestelle, beispielsweise ob es sich um eine Haltestelle am Fahrbahnrand, eine Haltestellenbucht, eine Haltestellenbucht in Längsparkstreifen oder einen Busbahnhof handelt und Informationen zu Tiefe und Länge der Haltestelle sowie die Bordsteinhöhe. Darüber hinaus sind auch der Bodenbelag an der Haltestelle, die Art der hinteren Haltestellenbegrenzung, oder ob ein Warteunterstand vorhanden ist, erfasst. Aus diesen Informationen lassen sich beispielsweise Kriterien zur logistischen Eignung für den Behälterumschlag oder zum Fahrgastwechsel bewerten. INFRASTRUKTUR Wissenschaft Bild 3: Darstellung Klassifizierungsmechanismus Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 35 DOI: 10.24053/ IV-2024-0008 Luftbilddaten Um neben dem Haltestellenkataster noch weiterführende Informationen zu den Haltestellen zu erhalten, wurde eine eigene Luftbildanalyse über Google-Satellitenbild sowie Google Street View durchgeführt. Anhand eines vorgefertigten Variablenkataloges wurde systematisch jede Haltestelle im Raum Nürnberg analysiert. Dieser Variablenkatalog wurde in ein Excel-Format gebracht und Variablenausprägungen als Drop-down-Liste hinterlegt. Ausgang für die Liste an Haltestellen sowie deren Geokoordinaten war das Haltestellenkataster der VAG. Dadurch wurden zusätzlich Informationen zu der Verkehrslage an der Haltestelle erfasst, wie beispielsweise die Variable „Verkehrsflussbehinderung“, welche angibt, ob nachfolgender Verkehr durch ein an der Haltestelle haltendes Fahrzeug (Bus oder Transporter) behindert wird und z. B. anhalten und warten müsste oder ein Überholmanöver stattfinden müsste. Oder die Variable „Überholung möglich“, welche angibt, ob und wie ein Überholmanöver stattfinden könnte, dargestellt durch die Ausprägungen „Ja, ohne Fahrbahnwechsel“, „Ja, über zweite Fahrbahn“, „Ja, über Gegenverkehr“ oder „Nein, keine Überholung möglich“. Weitere erfasste Informationen sind unter anderem, ob ein Radweg an der Haltestelle vorhanden ist oder ob viel Verkehr zu erwarten ist. Kriterienkatalog und Klassifizierungsmechanismus Die Einteilung der Haltepunkte hinsichtlich ihrer Eignung für die Prozessvariante basiert auf einem Kriterienkatalog und einem zweistufigen Klassifizierungsmechanismus (vgl. Bild 3). Dabei werden die Haltepunkte im ersten Schritt basierend auf sog. Muss-Kriterien in geeignete vs. ungeeignete Haltestellen unterteilt. Im zweiten Schritt werden geeignete Haltepunkte basierend auf sog. Kann-Kriterien weiter differenziert und in drei Unterklassen „sehr gut“, „gut“ und „befriedigend“ geeignet priorisiert. Während der Klassifizierungsmechanismus den festen Rahmen der Haltestellenanalyse bildet, können sich die angewendeten Kriterien je Prozessvariante unterscheiden. Neben der Einteilung in Mussbzw. Kann-Kriterien wird im Kriterienkatalog eine inhaltliche Zuordnung der Kriterien in Fahrplaneigenschaften (FPE), Haltestelleneigenschaften (HSE) und Verkehrseigenschaften (VE) genutzt. Während die Einteilung in Mussbzw. Kann-Kriterium Einfluss auf den Klassifizierungsmechanismus nimmt, dient die inhaltliche Zuordnung lediglich der Struktur des Kriterienkataloges. Schritt 1 Das Ziel des ersten Schritts ist eine Einteilung aller Haltepunkte in die zwei Kategorien geeignete Haltestelle und ungeeignete Haltestelle. Für diese erste Einteilung werden Muss-Kriterien formuliert, welche die minimalen Anforderungen an die Haltestelle für den entsprechenden Prozessablauf definiert. So ist beispielsweise die freie Zeit zwischen der Ankunft bzw. Abfahrt zweier ÖPNV-Busse an der Haltestelle entscheidend, ob ein KEP- Transporter ausreichend Zeit hat, um diesen freien Zeitslot für das Ausladen eines Wechselbehälters zu nutzen. Gleichzeitig spielen Eigenschaften der Haltestelle wie Tiefe und Länge eine entscheidende Rolle, ob der Haltepunkt grundsätzlich geeignet erscheint. Die Kriterien werden daher auch als Muss-Kriterien bezeichnet und sind ein hartes K.-o.-Kriterium. Jedes Muss-Kriterium ist gleichwertig und die Nicht-Erfüllung von bereits einem Muss-Kriterium führt zum Ausschluss des Haltepunktes bzw. der Einteilung in die Kategorie „ungeeignete Haltestelle“. Ist eine Haltestelle beispielsweise ausreichend groß, weil sie sowohl in der Länge als auch in der Tiefe den definierten Anforderungen entspricht, aber die freie Wissenschaft INFRASTRUKTUR Nr. Beschreibung kurz Beschreibung lang Datengrundlage Fahrplaneigenschaften FPE.1 Zeitslots Ausreichend freie Zeit zwischen dem Halt zweier Busse an den Haltestellen, um einen Wechselbehälter aus Transporter auszuladen und zu befestigen. Ist erfüllt, wenn jeweils montags - samstags in dem Zeitfenster von 8.00- 10.59Uhr kein Halt (FPE.1a), ein Halt (FPE.1b) oder im Durchschnitt mind. 3 freie Zeitslots von mind. 10 Minuten (FPE.1c) vorhanden sind. ▪ 1 Jahr an VAG Echtzeitdaten ▪ IST-Zeitdifferenz zwischen Abfahrtszeit eines Busses und Ankunftszeit des nächsten Busses Haltestelleneigenschaften HSE.2 Hast. Länge Ausreichende Länge an Haltestelle, um Wechselbehälter auf das Lastenrad aufzuladen. Ist erfüllt, wenn Länge an Haltestelle mind. 15 m. VAG-Haltestellenkataster HSE.3 Sicherungsfläche für Wechselbehälter Geeignete Fläche an der Haltestelle vorhanden, um einen Wechselbehälter abzustellen und für die spätere Abholung zu sichern. Ist erfüllt, wenn eine nutzbare Fläche von mind. 120cmx80cm vorhanden ist. Begehung vor Ort Verkehrseigenschaften VE.1 Kein blockierter Verkehr Kein Blockieren der Straße, wenn ein Transporter an einer Haltestelle hält, d.h. eine Überholung ist jederzeit möglich. Ist erfüllt, wenn eine der folgenden Variablen zutrifft: ▪ Überholung ohne Fahrbahnwechsel möglich ▪ Überholung über zweite eigene Fahrbahn ▪ Überholung über Gegenfahrbahn möglich ▪ Sonstige Überholung & Kein Verkehr Luftbildanalyse Tabelle 1: Auszug der Muss-Kriterien für Schritt 1 der Haltestellenklassifizierung für die niedrige Integration mit asynchroner Tagestour Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 36 DOI: 10.24053/ IV-2024-0008 Zeit zwischen zwei Fahrten für den Umschlagsprozess zu kurz ist, kann die Haltestelle nie geeignet sein. Auch in dem umgekehrten Fall, indem eine Haltestelle zwar einen großen freien Zeitslot aufweist, aber entweder in Tiefe oder Länge nicht die notwendigen Grenzwerte erreicht, ist die Haltestelle für den Prozessablauf auszuschließen. Tabelle 1 zeigt einen Auszug der insgesamt 8 festgelegten Muss-Kriterien für die niedrige Integration mit asynchroner Tagestour. Schritt 2 Im zweiten Schritt der Haltestellenanalyse werden nun ausschließlich Haltestellen betrachtet, welche in Schritt 1 als geeignet identifiziert wurden. Diese bereits reduzierte Anzahl an Haltestellen werden basierend auf den Kann-Kriterien bewertet und in drei Unterklassen sehr gut, gut und befriedigend geeignet differenziert. Entgegen der Muss-Kriterien führt es nicht zum Ausschluss der Haltestelle, wenn ein Kann-Kriterium nicht erfüllt wird. Jedoch kann ein Kann-Kriterium als wünschenswert angesehen werden, sodass die Haltestelle mit der Erfüllung von Kann-Kriterien Pluspunkte sammelt, welche der Haltestelle in Ihrer Einordnung in die drei Klassen sehr gut, gut bzw. befriedigend geeignete Haltestelle zugutekommt. Dabei werden die verschiedenen Kann-Kriterien unterschiedlich stark gewichtet, um die Bedeutung einzelner Kann-Kriterien hervorzuheben. Die Gewichte der Kann-Kriterien werden eingeteilt in hoch (5 Punkte), mittel (3 Punkte) und niedrig (1 Punkt). Erfüllt eine Haltestelle also ein hoch gewichtetes Kann-Kriterium bekommt sie 5 Punkte, erfüllt sie ein mittel gewichtetes Kann-Kriterium erhält sie zusätzlich 3 Punkte. Die Summe der Gesamtpunkzahl dient der Einordnung in die drei Klassen geeigneter Haltestellen. Während alle in Schritt 1 als geeignet identifizierten Haltestellen grundsätzlich für den Prozessablauf in Frage kommen, sind sehr gut geeignete oder gut geeignete Haltepunkte solchen, welche nur befriedigend geeignet sind, vorzuziehen. Dabei liegt die maximal erreichbare Punktzahl bei 33 Punkten, sehr gut geeignete Haltepunkte müssen mindestens 22 Punkte erreichen, Haltepunkte, die zwischen 11 und 21 Punkte erreichen, werden der Gruppe gut geeignet zugeordnet und alle Haltepunkte mit 10 oder weniger Punkten sind befriedigend geeignet. Tabelle 2 zeigt einen Auszug der insgesamt 11 festgelegten Kann-Kriterien für die niedrige Integration mit asynchroner Tagestour sowie deren zugeordnete Gewichtung. Haltestellenanalyse der Stadt Nürnberg Der beschriebene Klassifizierungsmechanismus sowie die zugrundeliegenden Muss- und Kann-Kriterien wurden in ein automatisiertes Python-Skript übersetzt, sodass die Haltestellenanalyse voll automatisiert stattfindet. Um das Programm zu starten, wird lediglich eine Input Datei im Excel-Format benötigt, welche die anzuwendenden Grenzwerte festlegt. So muss beispielsweise übergeben werden, wie groß das freie Zeitfenster am Vormittag für die Belieferung (FPE.1) und am Nachmittag INFRASTRUKTUR Wissenschaft Nr. Beschreibung kurz Beschreibung lang -Gewichtung Datengrundlage Fahrplaneigenschaften FPE.3 Zuverlässigkeit/ Pünktlichkeit Hohe Zuverlässigkeit einer Haltestelle, sodass selten mit Verspätungen des ÖPNV-Bus an Haltestellen zu rechnen ist und folglich die Einhaltung der freien Zeitslots wahrscheinlich ist. Ist erfüllt, wenn im Jahresdurchschnitt an einer Haltestelle mind. 80 % der Fahrten von Montag - Samstag im Zeitfenster von 8.00 Uhr -10.59 Uhr (3h) pünktlich waren. Dabei wird eine Fahrt als pünktlich bezeichnet, wenn die Zeitdifferenz zwischen IST- und SOLL Abfahrtszeit an der Haltestelle <= |60| Sekunden beträgt. Die Wahrscheinlichkeit von 80 % dieser derart definierten Pünktlichkeit wurde in Experteninterviews als sinnvoll erachtet. hoch 1 Jahr an VAG Echtzeitdaten Zeitdifferenz zwischen IST- und SOLL-Abfahrtszeit eines Halts an der Haltestelle Haltestelleneigenschaften HSE.8 Barrierefreie Erreichbarkeit Barrierefreie Erreichbarkeit der Haltestelle Ist erfüllt, wenn Variable barrierefreie Erreichbarkeit der Haltestelle == ja mittel VAG Haltestellenkataster HSE.11 Warteunterstand Definierte Fläche für Fahrgäste, was die Konkurrenz zwischen wartenden Fahrgästen und Lastenrad/ Wechselbehälter reduziert. Ist erfüllt, wenn Variable: Warteunterstand == ja niedrig VAG Haltestellenkataster Verkehrseigenschaften VE.2 Verkehrsfluss Keine Behinderung des Verkehrsflusses bei Halt von Transporter an Bushaltestelle, beispielsweise durch eine eigene Busspur, eine Haltestellenbucht, eine separate Straßenführung oder einen Busbahnhof. Ist erfüllt, wenn Variable: Keine Verkehrsflussbehinderung == ja hoch Luftbildanalyse VE.3 Radweg Anwesenheit eines Fahrradweges in direkter Umgebung einer Bushaltestelle, um leichtes Fortfahren des Lastenrades zu ermöglichen. Ist erfüllt, wenn eine der folgenden Variablen zutrifft: ▪ Radweg, auf Gehweg davor == ja | ▪ Radweg, auf Gehweg dahinter == ja | ▪ Radweg, auf Straße == ja | ▪ Mischweg == ja mittel- Luftbildanalyse Tabelle 2: Auszug der Kann-Kriterien für Schritt 2 der Haltestellenklassifizierung für die niedrige Integration mit asynchroner Tagestour Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 37 DOI: 10.24053/ IV-2024-0008 für die Abholung der Retouren (FPE.2) mindestens sein sollte. Im Folgenden werden die Datenauf bereitung als Voraussetzung zur Analyse, die Grenzwertbestimmung sowie die Ergebnisse für die niedrige Integration mit asynchroner Tagestour in der Stadt Nürnberg vorgestellt. Datenaufbereitung Das Haltestellenkataster der VAG Nürnberg enthält 1604 Haltepunkte für Bushaltestellen im Raum Nürnberg. Bei Sichtung der Daten wird jedoch festgestellt, dass es sich nicht bei jedem der 1604 Haltepunkte um eine aktuelle Bushaltestelle handelt. Zunächst werden daher all jene Haltepunkte ausgeschlossen, für welche keine Daten in den Variablen des Kriterienkataloges hinterlegt sind. Dies bezieht sich vor allem auf die Informationen des Haltestellenkatasters, wie Haltestellentiefe, aber auch auf die Echtzeitfahrplandaten. Über die Luftbildanalyse und einen Gegencheck der Aushangfahrpläne, welche auf der Internetseite des VGN abgerufen werden können, wurde zusätzlich überprüft, ob Haltepunkte ggf. nicht mehr aktuell sind. Dadurch wurden Haltepunkte identifiziert, welche vermutlich alte Ersatzbushaltestellen sind. Dabei wurde aber auch festgestellt, dass wenige Haltepunkte, für welche Fahrplandaten fehlen, zwar existieren, jedoch ausschließlich von der infra Fürth oder den Stadtwerken Erlangen angefahren werden. Diese Haltepunkte befinden sich zwar in Nürnberg, jedoch meist in Randlage und werden nicht von der VAG Nürnberg bedient. Nach der Datenkontrolle muss also festgestellt werden, dass sich die vorliegenden Echtzeitfahrplandaten ausschließlich auf die Linien der VAG beziehen. Somit sind auch Zeitslot-Berechnungen an Haltepunkten fehlerhaft, welche sowohl von der VAG als auch bspw. der infra Fürth angefahren werden, was eine abschließende Kontrolle der Aushangfahrpläne bei der Besichtigung der Haltepunkte zwingend notwendig macht. Abschließend werden auch Haltepunkte ausgeschlossen, welche in über 50 % der Stopps als Start- oder Endhaltestelle einer Linie genutzt werden. Der Auf bau der Echtzeitfahrplandaten lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob ein solcher Haltepunkt durch einen wartenden Bus zwischen zwei Fahrten blockiert wird. Dadurch kann an diesen Haltepunkten der freie Zeitslot an der Bushaltestelle nicht zuversichtlich ermittelt werden. Durch diese Datenbereinigung müssen insgesamt 584 Haltepunkte ausgeschlossen werden und 1020 Haltepunkte verbleiben für die Haltestellenklassifikation. Grenzwertbestimmung Zur Festlegung der benötigten Zeit, welche an einer Haltestelle benötigt wird, um einen Wechselbehälter aus einem Transporter auszuladen und an einer Haltestelle abzustellen und zu sichern (asynchrone Prozessvariante), wird eine MTM-Analyse (Methods-Time-Measurement) durchgeführt. Bei dieser wird der zu untersuchende Auslade- und Sicherungsprozess zunächst in 25 Schritten modelliert, beginnend mit „In Bushaltestelle einfahren“, „Transporter abschalten“ bis hin zum letzten Schritt „Losfahren“. Jeder dieser Schritte wird in Bewegungselemente heruntergebrochen, denen in Abhängigkeit verschiedener Faktoren ein Zeitwert zugeordnet wird. Einige Schritte können über diese Analyse sehr gut zeitlich eingeordnet werden, andere jedoch wie z. B. das „Abstellen und Sichern des Wechselcontainers“ müssen geschätzt werden. Das Ergebnis dieser Überlegungen führt schließlich zu einem Zeitbedarf von 7,7 Minuten. Um Wissenschaft INFRASTRUKTUR Bild 4: Darstellung der Ergebnisse aus Schritt 1 und Schritt 2 auf der Karte Pufferzeiten zu gewährleisten, wird daher der Grenzwert von 10 Minuten für FPE.1 und FPE.2 angenommen. Neben der Festlegung der Größe des freien Zeitslots für das Ausbzw. Einladen eines Wechselbehälters an der Haltestelle sind weitere Grenzwerte festzulegen, diese betreffen die Haltestellentiefe (HSE.1) und Haltestellenlänge (HSE.2), die Zuverlässigkeitsquote in Prozent für FPE.3 und FPE.4 sowie der Grenzwert, ab wann ein Bus als pünktlich betrachtet wird, und die Bordsteinhöhe (HSE.6). Auf diese wird an dieser Stelle nicht im Detail eingegangen. Ergebnisse Von den 1020 Haltepunkten im Raum Nürnberg, welche die Voraussetzungen für die Haltestellenklassifikation erfüllen, werden im ersten Schritt 512 (50,2 %) geeignete Haltepunkte und 508 (49,8 %) ungeeignete Haltepunkte identifiziert. Damit werden im zweiten Schritt 512 Haltpunkte anhand der Kann-Kriterien bewertet. Dabei ist der Mittelwert der erreichten Punktzahl bei den Haltepunkten etwa 16 Punkte. Die maximal erreichte Punktzahl ist 30, die kleinste erreichte Punktzahl ist 6. Dies führt zu einer Verteilung der Haltepunkte in 75 (7,3 %) sehr gut geeignet, 362 (35,5 %) gut geeignet und ebenfalls 75 (7,3 %) befriedigend geeignete Haltepunkte (vgl. Bild 4). Aus Sicht der KEP-Branche sind natürlich nur solche Bushaltestellen interessant, die in geeigneten Zustellgebieten liegen, in denen aufgrund der Sendungs- und Gebietsstrukturen der Lastenradeinsatz wirtschaftlich ist. Hierzu wurden weitere, umfangreiche Analysen des Stadtgebiets anhand wirtschaftsgeographischer und unternehmensspezifischer Daten durchgeführt, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Im Ergebnis INFRASTRUKTUR Wissenschaft konnte ein Abgleich der 512 prinzipiell logistisch geeigneten Bushaltestellen mit den für den Lastenradeinsatz geeigneten Zustellgebieten durchgeführt werden, was die Anzahl nochmals auf 173 Bushaltestellen reduzierte. Die derart analytisch ermittelten, konzeptionell geeigneten Haltestellen wurden im letzten Schritt durch eine standardisierte, ebenfalls kriterienbasierte Vor-Ort-Besichtigung validiert und mit Messungen und Fotos dokumentiert, hieraus ergaben sich 83 als endgültig konzeptionell geeignet eingestufte Haltestellen im Stadtgebiet. Hauptgründe für die weitere Reduzierung der Anzahl waren veraltete Luftbilddaten und fehlerbehaftete Haltestellenkataster. Von diesen Haltestellen aus wurde ein logistisches Potential von täglich bis zu 150 einsetzbaren Lastenrädern ermittelt. Damit wurde die Forschungsfrage beantwortet, wie konzeptionell geeignete Bushaltestellen am Beispiel der Stadt Nürnberg systematisch und nachvollziehbar quantitativ und qualitativ identifiziert werden können und ob sich daraus ein relevantes Lastenradpotential ableiten lässt. Die vorgestellte Vorgehensweise ist grundsätzlich auf jede andere Stadt übertragbar und müsste ggf. lediglich auf die lokal verfügbaren Datenquellen adaptiert werden. Derzeit wird ein Pilotversuch vorbereitet, der die mit dem Haltestellenkonzept für Nürnberg theoretisch ermittelten Potentiale validieren und alle organisatorischen und technischen Details dieser innovativen Variante des Vorsorgeprinzips auf der letzten Meile abbilden soll. Dazu gehört auch die Entwicklung einer digitalen Echtzeit-Anwendung zur Ermittlung der freien Zeitfenster an Bushaltestellen für die Umschlagsprozesse. Die neue Buch-Reihe aus der Kooperation von UVK und der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Die Reihe behandelt insbesondere neue Fachthemen und neue Herangehensweisen in der Projektmanagementpraxis. Dabei steht der konkrete Nutzen für die praktische Anwendung im Vordergrund. Leser: innen dürfen sich sowohl auf einen Wissenszuwachs als auch Tipps für den Praxisalltag freuen. Bestellen Sie unter www.uvk.de . Projektmanagement neu denken Anzeige Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 39 DOI: 10.24053/ IV-2024-0008 Wissenschaft INFRASTRUKTUR Eingangsabbildung : © Carina Siefert 1 Vgl. BIEK e.V. (2023). 2 Vgl. Bogdanski (2019), S. 37. 3 Vgl. Douglas, Martyn; Schubert, Tim; Schuhmacher, Thomas (2020), S. 34. 4 Bogdanski; Liu (2021), S. 15. 5 Vgl. Bogdanski (2015), S. 52ff. 6 Vgl. Bogdanski (2017), S. 63ff. 7 Vgl. Stiehm; Rüdiger; Gade; u.-a. (2019). 8 Vgl. Mauch; Weiß; Wohlhüter; u.-a. (2021). 9 Vgl. Schocke; Schäfer; Höhl; u.-a. (2020). 10 Vgl. Bogdanski; Cailliau (2022a). 11 Vgl. Bogdanski; Cailliau (2022b). 12 Vgl. Bogdanski; Cailliau (2022b), S. 49ff. 13 Vgl. Schocke; Schäfer; Höhl; u.-a. (2020), Anlage 3 und Anlage 4. 14 VAG Nürnberg (2023). LITERATUR BIEK e.V. (2023): BIEK - Paketbranche meistert turbulente Zeiten: Mit rund 4,2 Mrd. transportierten Sendungen im Jahr 2022 deutlich über Vor-Corona-Niveau. URL https: / / www.biek.de/ / presse/ meldung.html, abgerufen am 11. Januar 2024. Bogdanski, Ralf (2015): NACHHALTIGE STADTLOGISTIK DURCH KURIER-, EXPRESS-, PAKETDIENSTE - Studie über die Möglichkeiten und notwendigen Rahmenbedingungen am Beispiel der Städte Nürnberg und Frankfurt am Main. Berlin, Bundesverband Paket und Expresslogistik e. V. Studie. Bogdanski, Ralf (2017): INNOVATIONEN AUF DER LETZTEN MEILE - Bewertung der Chancen für die nachhaltige Stadtlogistik von morgen. Berlin, Bundesverbandes Paket und Expresslogistik e. V. Studie. Bogdanski, Ralf (Hrsg.) (2019): Nachhaltige Stadtlogistik: warum das Lastenfahrrad die letzte Meile gewinnt. 1. Auflage Aufl., München, Huss. Bogdanski, Ralf und Cailliau, Cathrin (2022a): KEP UND ÖPNV: CHANCE FÜR DIE LETZTE MEILE? Untersuchung zur Nutzung von öffentlichen Nahverkehrssystemen für den Pakettransport auf der letzten Meile. Berlin, Bundesverband Paket und Expresslogistik e. V. Bogdanski, Ralf und Cailliau, Cathrin (2022b): Kombinierter KEP-Verkehr mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln: Einsatz auf der letzten Meile in Ballungsräumen. Wiesbaden [Heidelberg], Springer Gabler. Bogdanski, Ralf und Liu, Tong (2021): Light Electric Vehicles for a Green Transport Transition Regulatory Approaches, Managerial Challenges and Market Potentials in Germany and China. Beijing, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH. Douglas, Martyn; Schubert, Tim; und Schuhmacher, Thomas (2020): Urbane Logistik - Herausforderungen für Kommunen: Auswertung und Ergebnisbericht einer Online-Befragung. Dessau-Roßlau, Umweltbundesamt. Mauch, Lars; Weiß, Fabio; Wohlhüter, Manuela; u.-a. (2021): Micro-Hubs für eine nachhaltige Citylogistik | Erfahrungen aus dem Pilotprojekt Logspaze in Stuttgart. Fraunhofer IAO. Schocke, Kai-Oliver; Schäfer, Petra; Höhl, Silke; u.-a. 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A. wissenschaftliche Mitarbeiterin, Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, TH Nürnberg Fakultät Betriebswirtschaft carolina.stuermer@th-nuernberg.de Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 40 LOGISTIK Xxxxx xxxxxxxxxxx DOI: 10.24053/ IV-2024-0009 MOBILITÄT Fahrradverkehr Fahrrad zum Einsatz. [3] Besonders hoch ist der Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV) bei Berufs- und Ausbildungsfahrten, mit fast 39 % repräsentieren sie den größten Anteil der Fahrten im MIV. [4] Vor diesem Hintergrund erweist sich die Ansprache von Berufspendelnden als Einführung Trotz des durch die Corona-Pandemie geförderten Fahrradbooms der vergangenen Jahre [1] werden noch immer nahezu 60 % der Wege mit dem Auto zurückgelegt, im ländlichen Raum sind es sogar 70 % der Wege. [2] Lediglich für 11 % aller Wege kommt das geeignetes Mittel zur Erhöhung des Radverkehrsanteils und zur Abschöpfung des Wachstumspotenzials des Fahrrades. Das Projekt „PendlerRatD“, das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans 2020 (NRVP) sowie von Un- Förderung des Fahrradpendelverkehrs in Deutschland Ergebnisse der Nachbefragung des Projekts PendlerRatD Radverkehr, Pendeln, Bewusstseinswandel, nachhaltige/ aktive Mobilität In diesem Beitrag wird die im Rahmen des BMDV-Forschungsprojekts „PendlerRatD“ veränderte Pendlermobilität von potenziellen Radeinstigen Autofahrenden analysiert. Mit Fokus auf den Fahrradpendelverkehr werden die Ergebnisse der Nachbefragung nach den einmonatigen Pilotphasen des Projektes untersucht. Die Studie zeigt, dass das Fahrradpendeln das Wohlbefinden der Pendelnden steigert und die Umstiegsbereitschaft vom MIV auf das Fahrrad fördert. Zudem betont sie die Schlüsselrolle von Arbeitgebern und die Bedeutung einer verbesserten Fahrradinfrastruktur für den Erfolg der Mobilitätswende. Jana Heimel, Isabell Balzer Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 41 Fahrradverkehr MOBILITÄT DOI: 10.24053/ IV-2024-0009 ternehmen (Dieter Schwarz Stiftung, Bosch e-Bikes, AOK, BASF und IBES Baugrundinstitut) gefördert wird, verfolgt das Ziel, den Fahrradpendelverkehr zu stärken. Hierbei werden motorisierte Berufspendelnde durch Anreizmechanismen dazu angeregt, auf ökologisch nachhaltige Verkehrsalternativen umzusteigen, wobei ein besonderes Augenmerk auf dem Fahrrad liegt. Über die gezielte Ansprache von Arbeitnehmendende und die Bereitstellung von Leihrädern für einen bestimmten Zeitraum gelingt es innerhalb des Projekts, einstig MIV-Pendelnde zum Umstieg auf das Fahrrad zu bewegen. Der vorliegende wissenschaftliche Beitrag gibt einen Überblick über PendlerRatD, die erzielten Forschungsergebnisse und die Umsetzung eines Anreizsystems. Im Folgenden werden zunächst der theoretische Hintergrund und bisherige Forschungsergebnisse zum Thema nachhaltige Mobilität vorgestellt. Anschließend wird der methodische Auf bau der Studie dargestellt. Dann erfolgt die Präsentation wesentlicher Ergebnisse. Abschließend werden die Ergebnisse kritisch betrachtet und zusätzliche Anregungen für zukünftige Maßnahmen zur Steigerung des Fahrradpendleranteils in Unternehmen dargelegt. Forschungsergebnisse und theoretischer Hintergrund Bereits im Jahre 2012 wurde der Einfluss von nachhaltiger Mobilität auf Arbeitnehmer erforscht. So haben beispielsweise Heinen und Kollegen ein Online-Survey in verschiedenen Niederländischen Kommunen durchgeführt, um herauszufinden, welche Faktoren am Arbeitsplatz das Fahrradpendelverhalten beeinflussen. Neben Distanz und Geschlecht spielen auch soziale Normen, finanzielle Anreize durch den Arbeitgeber und die Verfügbarkeit von Geschäftswagen oder kostenlose Tickets für den öffentlichen Personennahverkehr eine wichtige Rolle bei der Wahl des Pendelfahrzeugs. Darüber hinaus wird in dieser Studie die Relevanz von Fahrradinfrastruktur am Arbeitsplatz als Einflussfaktor aufgezeigt. Sichere Fahrradabstellanlagen sind beispielsweise von besonderer Relevanz.[7] In den USA, in der vom Automobil dominierten Stadt Charlotte in North Carolina, wurden 2019 verschiedene Fahrradpendelnde zu ihrem Mobilitätsverhalten und ihrer Entscheidung mit dem Fahrrad zu Pendeln befragt. Besonders auffällig ist bei diesen Interviews, dass es zwar insgesamt wenige Fahrradpendelnde in Charlotte gibt, es sich dabei aber um besonders leidenschaftliche Fahrradpendelnde handelt. Motiviert werden sie von einem großen Netzwerk an Fahrrad-Enthusiasten, die „Neulingen“ gerne in einem Buddy-System zur Seite stehen. Zwar bemängeln sie teilweise die Infrastruktur am Arbeitsplatz, allerdings haben sie gelernt sich damit zu arrangieren und sind häufig ihrer Gesundheit zuliebe mit dem Fahrrad unterwegs. Nichtsdestotrotz wird die Relevanz der Arbeitgeber bei der Pendelentscheidung betont, vor allem hinsichtlich kontinuierlicher Fahrradnutzung. [9] Insgesamt weisen viele Studien darauf hin, dass der Anteil derer, die gerne mit dem Fahrrad pendeln möchten, steigt und sich immer mehr Menschen vornehmen, regelmäßiger das Fahrrad zu nutzen. [11] Jedoch setzen nur wenige dieses Vorhaben in die Tat um, da, wie die bisherige Forschung zeigt, die Voraussetzungen dafür nicht stimmen.[12] Dieses Verhalten lässt sich mit Hilfe der Attitude-Behavior Gap erklären. Die Attitude-Behavior Gap (oder auch Value-Action Gap) dient als theoretische Basis der PendlerRatD-Forschung. Sie findet vor allem im Bereich der Nachhaltigkeitsforschung, somit auch bei nachhaltiger Mobilität, Anwendung und beschreibt die „Lücke“ (Gap) zwischen der Einstellung von Individuen zu nachhaltigem Verhalten und ihren tatsächlichen Verhaltensweisen. [5], [6] Blake, als einer der ersten Forscher zur Value-Action Gap, identifiziert drei unterschiedliche Einflussfaktoren für die tatsächliche Habitualisierung von umweltfreundlichem Verhalten: individuelle Faktoren (z. B. Faulheit), Verantwortlichkeit (z. B. Abwerten des eigenen Einflusses auf die gesamte Entwicklung) und Praktikabilität (z. B. fehlende Zeit und Ermutigung).[8] Mithilfe von Aktivierung, Ermutigung und Aufklärung möchte PendlerRatD einen Bewusstseinswandel herbeiführen und so die genannte Lücke schließen, dafür kommen beispielsweise auch Boni in Form von physischen Anreizen zum Einsatz. Methodischer Aufbau Im Rahmen von PendlerRatD wurde ein mehrstufiges Verfahren mit insgesamt vier Studienphasen absolviert (siehe Bild 1). Dabei sei anzumerken, dass die Studienphasen 2 bis 4 in drei Jahren in Folge (2019, 2020/ 1, 2022) durchgeführt wurden. Der vorliegende Beitrag beinhaltet die Beschreibung der wesentlichen Projektphasen mit Fokus auf der Darstellung der jüngsten Studienergebnisse (Phase 4 Nachbefragung) aus dem Jahr 2022. Bild 1: Überblick über PendlerRatD-Studienphasen Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 42 DOI: 10.24053/ IV-2024-0009 Ergebnisse Die Ergebnisse der Nachbefragung zeigen, dass 37 % der Teilnehmenden täglich zu ihrer Arbeitsstätte pendeln (müssen), während fast die Hälfte der Teilnehmenden (47 %) nur maximal an drei Tagen pro Woche pendelt. Insbesondere die Corona-Pandemie trug zu einem Anstieg des Home-Office und mobilen Arbeitens bei, was wiederum zu einer Verringerung des Pendelverkehrs führte. Die zurückgelegten Pendeldistanzen während der Pilotphasen liegen bei den Teilnehmenden je nach Hauptverkehrsmittel 4 im Durchschnitt zwischen 14 und 17 Kilometern (siehe Bild 2). Hervorzuheben ist, dass die durchschnittlichen Pendeldistanzen mit dem Auto und dem Fahrrad identisch sind und jeweils 14 Kilometer betragen. Dabei benötigen fahrradfahrende Berufspendler durchschnittlich gerade einmal 7 Minuten mehr Zeit, um die gleiche Strecke wie Autofahrende zu absolvieren. Pendelnde, die eine Kombination verschiedener Verkehrsmittel nutzen, zeigen eine vergleichbare durchschnittliche Pendeldauer. Trotz einer im Durchschnitt längeren Fahrzeit, sind Berufspendelnde mit dem Fahrrad insgesamt die zufriedensten Pendelnden. Ihre Zufriedenheit in Bezug auf Gesundheit-, Umwelt- und Kostenaspekte übertrifft deutlich die der motorisiert Pendelnden. Berufspendelnde, die das Auto nutzen, schätzen hingegen speziell den Komfort und die Flexibilität ihres Pendelfahrzeugs (siehe Bild 3). Das Wohlbefinden stellt beim Pendeln einen wichtigen Faktor dar und entscheidet abschließend über die Wahl des Verkehrsmittels. Von besonderer Relevanz ist daher, dass sich 80 % der Teilnehmenden beim Pendeln mit dem Rad besser fühlen als beim Pendeln mit dem Auto. Mehr als 75 % der Teilnehmenden berichten sogar, dass ihnen das Pendeln mit dem Rad große Freude bereitet. Bemerkenswert ist die Ummotiviert ihren „inneren Schweinehund“ zu überwinden. Testung PendlerRatD App-basiertes Anreizsystem Die Probanden wurden angehalten, ihre täglichen Pendelfahrten mit der Pendler- RatD-App zu dokumentieren. Sie dient nicht nur der Erfassung der gefahrenen Kilometer. Im Rahmen des Bonus-Moduls der App erfolgt eine Anreizgewährung für die konsequente Nutzung des Fahrrads im Pendelverkehr, welche über die reine Kilometerdokumentation hinausgeht. Aufgezeichnete Touren, gefahrene Kilometer und/ oder überwundene Höhenmeter 3 können gegen Boni, bspw. Fahrradequipment, von Sponsoren oder Arbeitgebern eingetauscht werden. Auf diese Weise sollten die Probanden nicht nur zur App-Testung, sondern auch zum kontinuierlichen Umstieg auf das Fahrrad als Pendelmittel motiviert werden. Studienphase 4: Nachbefragung Der Fokus des vorliegenden Beitrags liegt auf der Ergebnisdarstellung der Nachbefragung. Aus diesem Grund dienen die nachfolgenden Abschnitte der detaillierten Vorstellung des Vorgehens während der Studienphase 4. Datenerhebung Die Datenerhebung für die Nachbefragung erfolgte jeweils zwei Wochen nach Abschluss der entsprechenden Pilotphasen 2022, und zwar im Zeitraum zwischen Mai und November 2022. Die Stichprobe umfasste sämtliche Teilnehmenden der acht Pilotphasen. Die Grundgesamtheit bestand somit aus 223 Teilnehmenden (182 Leihradelnde und 41 Eigenradelnde). Die Teilnehmenden wurden aufgefordert, an der Abschlussbefragung teilzunehmen, indem ihnen ein Umfragelink per E-Mail zugesandt wurde. Zur Sicherstellung einer möglichst großen Rücklaufquote erfolgte eine Erinnerung zur Teilnahme per Mail. Der Fragebogen der Abschlussbefragung bestand aus den folgenden fünf Themenfeldern: Pendelsituation (vor und während der Pilotphase) Umstiegsbereitschaft PendlerRatD-App mit Tracking- und Bonus-Modul Infrastruktur & Sicherheit (Allgemein (in der Stadt bzw. Region) und beim Arbeitgeber) Soziodemographische Angaben Insgesamt haben 176 der Probanden an der Befragung teilgenommen. Männer dominieren mit 55 % der Befragten die Stichprobe, 44 % der Teilnehmenden sind weiblich und 1 % nennt das Geschlecht divers. Studienphase 2: PendlerRatD-Studie Nachdem das Projekt erfolgreich aufgesetzt und ein Projektpartnernetzwerk von mehr als 30 Organisationen aufgebaut werden konnte (Studienphase 1), wurde in der anschließenden Phase 2 eine quantitative Studie durchgeführt. Es handelte sich dabei um eine Onlinebefragung zum Mobilitätsverhalten von Pendelnden. Innerhalb der Befragung wurde neben dem aktuellen auch das gewünschte Pendelverhalten der Mitarbeitenden des Projektpartnernetzwerks abgefragt. Die Onlinebefragung wurde von Arbeitgebern (u. a. LBBW, AOK Heilbronn-Franken) und Multiplikatoren (wie ADFC, IHK, VCD) aus dem Projektpartnernetzwerk an Arbeitnehmende per Mail und/ oder durch Bekanntmachungen in Newslettern kommuniziert. Insgesamt nahmen 4.372 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet der Bundesrepublik Deutschland, mehrheitlich aus dem süddeutschen Raum, an der zwischen März und September 2022 durchgeführten PendlerRatD-Studie teil. [10] Die Ergebnisse decken sich mit den eingangs geschilderten Fakten zur Fahrradnutzung und zum Modalsplit. Mehrheitlich pendeln die Teilnehmenden mit dem Auto zur Arbeitsstätte (62 %).[10] Überraschenderweise würde aber jeder zweite Autofahrende gern mit dem Fahrrad pendeln, sofern es denn die Rahmenbedingungen ermöglichen. Genau hier setzt PendlerRatD an, indem es gezielt potenzielle Umstiegskandidaten adressiert und zur Teilnahme an einer Pilotierung zum Ausprobieren von Pendeln mit dem Rad/ e-Bike einlädt. 1 Studienphase 3: Pilotierung Die Durchführung von insgesamt acht zeitlich (von April bis Oktober 2022) und örtlich (Pilotphasen in verschiedenen Städten im süddeutschen Raum 2 ) rollierenden einmonatigen Pilotphasen stand im Fokus der dritten Studienphase. Während der Pilotphasen wurden den vormalig motorisierten Berufspendelnden (Studienteilnehmende der PendlerRatD-Studie) Pedelecs und Fahrrad- Basisequipment (Smartphone Halterung, Regenponcho, Fahrradtasche und Helm) zur Verfügung gestellt. Dabei stand das PendlerRatD-Projektteam allen Probanden während der gesamten Pilotphase beratend zur Seite. So konnten bedarfsgerecht Unsicherheiten, Bedenken und Hemmnisse abgebaut werden. Es wurden außerdem PendlerRatD- Stammtische zum Erfahrungsaustausch untereinander aber auch zum Austausch mit dem Projektteam angeboten. Es zeigte sich am Ende einer jeden Pilotphase, dass nebst der Bereitstellung eines e-Bikes, dieser „Caring-Aspekt“ ein wesentliches Erfolgskriterium für die Erzielung von Umstiegseffekten impliziert. So waren die Teilnehmenden Bild 2: Durchschnittliche Pendeldistanz und Pendeldauer (einfacher Weg) nach Hauptverkehrsmittel MOBILITÄT Fahrradverkehr Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 43 DOI: 10.24053/ IV-2024-0009 beeinflusst das gesamte Bewusstsein der Probanden und ihre Einstellung zum Fahrradpendeln positiv. Neben den dargestellten positiven Entwicklungen haben die Teilnehmenden Verbesserungspotenziale bei Arbeitgebern und bei der städtischen bzw. kommunalen Radinfrastruktur identifiziert. Speziell der Radwege(aus-)bau ist wichtig zur Steigerung des Radverkehrs innerhalb von Städten und Gemeinden. Arbeitgeber sollten ebenfalls Verbesserungen an ihrer Fahrradinfrastruktur vornehmen und mehr Stellplätze, Duschen und Umkleiden einrichten. Zudem erweist sich das Thema Bike Leasing über den Arbeitgeber als wichtige Stellschraube Der Erfolg der Pilotphasen lässt sich ebenfalls durch die bereits getätigten Fahrradkäufe und das Abschließen von Fahrradleasing-Verträgen aufzeigen. Bereits 31 % der Teilnehmenden haben sich noch während der Pilotphasen ein Fahrrad ohne Elektroantrieb gekauft oder geleast. Räder mit Elektroantrieb wurden zudem von 11 % der Teilnehmenden gekauft bzw. geleast. Ferner besteht bei 40 % der Teilnehmenden Interesse am Kauf oder Leasing eines (Elektro-) Rades. Die Ergebnisse weisen insgesamt auf einen Bewusstseinswandel bei den Teilnehmenden hin. Die Erkenntnis, dass die Nutzung des Fahrrades beim Pendeln zum Wohlbefinden beiträgt und Freude bereitet, stiegsbereitschaft, die durch die Möglichkeit des Ausprobierens und die gezielte Anreizsetzung zur Fahrradnutzung während der Teilnahme an den Pilotphasen bei ehemaligen Autopendlern hervorgerufen werden konnte: 71 % der Teilnehmenden geben an, auch nach den Pilotphasen weiterhin mit dem Fahrrad pendeln zu wollen (siehe Abbildung 4). Dieses Resultat verdeutlicht den (zumindest kurzfristigen) Erfolg der durchgeführten Studie für die Förderung des Radverkehrsanteils und betont die Relevanz der gezielten Ansprache von Berufspendelnden. Eine zusätzliche Bestätigung des Erfolgs manifestiert sich im Anstieg des Fahrradanteils als Hauptverkehrsmittel unter den Teilnehmenden. Während bei der Umstiegsbereitschaft auch Teilnehmende inkludiert werden, die möglicherweise nur während der Sommermonate oder zumindest an bestimmten Tagen in der Woche auf das Fahrrad umstiegen möchten, liefert der Anstieg des Fahrradanteils als Hauptverkehrsmittel einen Einblick auf langfristigere Umstiege. Lediglich 3 % der Teilnehmenden in der Mobilitätsbefragung aus Studienphase 2 gaben das Fahrrad als Hauptverkehrsmittel an. In der Nachbefragung (zwei Wochen nach den Pilotphasen) sind es bereits 23 % der Befragten, die das Fahrrad als Hauptverkehrsmittel nennen. Darüber hinaus ist der Anteil der Autofahrenden um 39 % gesunken, in erster Linie zu Gunsten des Rades, aber auch zu Gunsten der Kombination verschiedener Verkehrsmittel (10 %). Dabei handelt es sich hauptsächlich um das Fahrrad in Verbindung mit dem öffentlichen Personennahverkehr. Bild 3: Zufriedenheit mit der Pendelsituation nach den Pilotphasen unterschieden nach Hauptverkehrsmittel Bild 4: Einschätzungen bezüglich des (zukünftigen) Pendelverhaltens Fahrradverkehr MOBILITÄT von nachhaltigen Mobilitätsalternativen für Arbeitnehmende können Arbeitgeber einen aktiven Beitrag zu nachhaltiger Mobilität leisten und diese gezielt fördern. Die Ergebnisse verdeutlichen somit, dass Arbeitgeber in der Pflicht stehen, nachhaltige Verkehrsmöglichkeiten zu fördern und die dafür notwendige Infrastruktur zu schaffen. Nur so kann der dauerhafte Bewusstseinswandel der Arbeitnehmende gefördert und ein Beitrag zur Mobilitätswende geleistet werden. Der Ausbau der Fahrradinfrastruktur insgesamt, in Städten und Kommunen, sowie deren Instandhaltung trägt ebenfalls zur regelmäßigen Fahrradnutzung bei. Vor diesem Hintergrund sind nicht nur Arbeitgeber in die Pflicht genommen, Verbesserungen vorzunehmen, auch Städte und Kommunen müssen in die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur investieren, um den Radverkehrsanteil dauerhaft zu steigern und auf einem hohen Niveau zu halten. Limitationen der Studie lassen sich hinsichtlich der Stichprobe feststellen. Es handelte sich bei den Probanden um Personen, die in der Mobilitätsbefragung das Interesse Erprobung nimmt eine bedeutende Position für die langanhaltende Veränderung des Bewusstseins ein und wird von den Teilnehmenden als äußerst positiv und bedeutsam angesehen Die Umstiegsbereitschaft von 71 % sowie die Steigerung des Fahrrades als Hauptverkehrsmittel um 23 % verdeutlichen diese Bewertung. Das regelmäßige Pendeln mit dem Rad trägt zum Wohlbefinden und zur Zufriedenheit der Pendelnden bei. Wie die Ergebnisse zeigen, fühlen sich die Teilnehmenden beim Pendeln mit dem Rad besser als beim Pendeln mit dem Auto. Zudem sind Fahrradpendelnde insgesamt die zufriedensten Pendelnden. Ferner zeigt die Studie die Schlüsselrolle des Arbeitgebers in der Verkehrswende auf. Fehlende Bike-Leasing-Angebote ebenso wie fehlende infrastrukturelle Angebote für Fahrradfahrende am Arbeitsplatz (Duschen, Umkleiden und Abstellmöglichkeiten) erschweren den Arbeitnehmenden den Umstieg aufs Fahrrad, weshalb der Großteil der Befragten hier Verbesserungsvorschläge äußert. Durch die Installation der Fahrradinfrastruktur und die Vorstellung zur Steigerung des Fahrradpendleranteils. Es zeigt sich, dass Arbeitgeber ebenfalls in die Verantwortung genommen werden müssen und ihren Beitrag zur Verkehrswende leisten müssen. Fazit und Ausblick Der vorliegende Beitrag präsentiert die zentralen Ergebnisse des BMDV-Forschungsprojekts „PendlerRatD“. Der Fokus liegt auf den Ergebnissen der Nachbefragung, die mit einem 14-tägigen Abstand im Anschluss an die PendlerRatD-Pilotphasen durchgeführt wurde. Der Beitrag bietet zudem einen detaillierten Einblick in das mehrstufige Verfahren der Studie. Insgesamt unterstreichen die Darlegungen das Potenzial zur Förderung des Fahrrads als bevorzugtes Verkehrsmittel für Pendelnde. Die einmonatigen Pilotphasen ermöglichen den Teilnehmenden einen einfachen und risikofreien Einstieg in das regelmäßige Pendeln mit dem Rad. Auf diese Weise können die Teilnehmenden erste Erfahrungen sammeln und die Option des Fahrrades als Pendelfahrzeug im Gegensatz zum Auto individuell verproben und bewerten. Die Max L. J. Wolf Projektarbeit bei kleineren und mittleren Vorhaben Orientierung schaffen für die Praxis mit dem Projektmanagement-Kompass! expertverlag.de MOBILITÄT Fahrradverkehr Anzeige Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 45 DOI: 10.24053/ IV-2024-0009 Eingangsabbildung: © iStock.com/ photoschmidt zur Teilnahme bekundet haben. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass es sich um Personen mit generellem Interesse am Fahrradpendeln und der Fahrradnutzung handelt. Passionierte Autofahrende, die eine grundlegende negative Einstellung gegenüber dem Radverkehr haben, konnten folglich nicht erreicht und zum Umstieg motiviert werden. Die wissenschaftliche und praktische Relevanz der Studie ist nichtsdestotrotz gegeben. Die acht einmonatigen Pilotphasen erstreckten sich über verschiedene Standorte im süddeutschen Raum. Die gleichartigen Resultate der Standorte geben Aufschluss darüber, dass die zusammengefassten Ergebnisse valide sind. Zusätzlich zeigen ähnliche internationale und nationale Studien nahezu identische Ergebnisse, was die Aussagekraft dieser Erkenntnisse untermauert. [7] Für das Jahr 2024 ist eine weitere Nachbefragung geplant, um die bisherigen Ergebnisse zu validieren. In dieser Umfrage sollen alle Testradelnden der vergangenen Jahre (2019 bis 2022) erneut zu ihrem Pendelverhalten, ihrer Fahrradnutzung und ihrer Umstiegsbereitschaft befragt werden. Abschließend sei festgehalten, dass das kostenlose Bereitstellen von Fahrrädern einen großen Beitrag zum Abbau von Hemmnissen, Bedenken und Ängsten beim Fahrradpendeln leistet und gleichzeitig erste Anreize zur Nutzung nachhaltiger Mobilitätsalternativen setzt. Folglich trägt die Studie maßgeblich zum Bewusstseinswandel bei Individuen aber auch zur Mobilitätswende und zur Steigerung des Radverkehrsanteils bei. Zukünftig sollten daher auch Arbeitgeber die Zugangsmöglichkeiten zu nachhaltigen Mobilitätsalternativen erleichtern und Anreize zur Fahrradnutzung setzen. LITERATUR [1] Sinus Markt- und Sozialforschung GmbH. Fahrrad-Monitor Deutschland 2021; 2021 17.11.2021. Verfügbar unter: https: / / bmdv.bund.de/ SharedDocs/ DE/ Anlage/ StV/ fahrrad-monitor-2021.pdf? __ blob=publicationFile. [2] Nobis C, Kuhnimhof T. Mobilität in Deutschland - MiD: Ergebnisbericht [Studie von infas, DLR, IVT und infas 360]. Bonn, Berlin; 2018. Verfügbar unter: http: / / www.mobilitaet-in-deutschland.de/ pdf/ MiD2017_Ergebnisbericht.pdf. [3] Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Hrsg. Nationaler Radverkehrsplan 3.0: Fahrradland Deutschland 2030. Berlin; 2022 2022. Verfügbar unter: https: / / zukunft-radverkehr.bmvi.de/ bmvi/ de/ home/ file/ fileId/ 421/ name/ Nationaler%20Radverkehrsplan%203.0_BMDV_ Deutsch_barrierefrei.pdf. [4] Umwelt Bundesamt. Mobilität privater Haushalte: Umwelt Bundesamt; 2022 [Stand: 23.03.2023]. Verfügbar unter: https: / / www.umweltbundesamt.de/ daten/ private-haushalte-konsum/ mobilitaet-privater-haushalte#-hoher-motorisierungsgrad. [5] Venghaus S, Henseleit M, Belka M. The impact of climate change awareness on behavioral changes in Germany: changing minds or changing behavior. Energy, Sustainablity and Society 2022; 12(8): 1-11. [6] Kollmuss A, Agyeman J. 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The effect of work-related factors on the bicycle Jana Heimel, Prof Dr. Professorin für Internationales Management, Controlling und Tourismusmanagement; Fakultät International Business, Hochschule Heilbronn jana.heimel@hs-heilbronn.de Isabell Balzer, M.A. Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fakultät International Business, Hochschule Heilbronn isabell.balzer@hs-heilbronn.de 1 Weitere Ergebnisse der PendlerRatD-Studie 2022 sowie der zuvor durchgeführten PendlerRatD-Studien (2019 und 2020) stehen auf der Internetseite von Pendler- RatD zur Verfügung (https: / / pendlerratd. com/ studienbericht/ ) 2 Bei den Städten handelt es sich um Heilbronn, Ludwigshafen am Rhein, Neustadt an der Weinstraße, Frankfurt am Main, Neckarsulm, Forchheim, Augsburg und Regensburg. 3 Die Definition der notwendigen Parameter erfolgt durch den Sponsor bzw. den Arbeitgeber. 4 Bei dem Hauptverkehrsmittel handelt es sich um das am häufigsten zum Pendeln verwendete Verkehrsmittel. commute mode choice in the Netherlands. 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Fahrradverkehr MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 46 DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 MOBILITÄT ÖPNV ist dieser linien-, haltestellen- und fahrplangebunden, um durch Bündelung große Fahrgastmengen zu befördern. Außerhalb des vorhandenen Liniennetzes fehlt es insbesondere im ländlichen Raum an einer Flächenbedienung durch den ÖPNV, was die Nutzung von privaten Pkw vielfach S ammeltaxis sind weltweit dort sehr verbreitet, wo der ÖPNV nur wenig ausgeprägt ist, insbesondere in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa. In Westeuropa ist grundsätzlich ein gut nutzbarer straßen- und schienengebundener ÖPNV vorhanden. Allerdings alternativlos macht. Die Statistiken des Kraftfahrtbundesamtes weisen aus diesem Grund in jedem Landkreis einen hohen Motorisierungsgrad mit privaten Pkw auf. Um diesen entscheidenden Systemnachteil des ÖPNV gegenüber dem Pkw zu verringern, liegt es nahe, auch die Flotte des ei- Das digitale ÖPNV-Taxi Plattformgesteuerte Taxi- und Mietwagenverkehre als Bestandteil einer differenzierten Bedienung im ÖPNV - Teil 1 Plattformgesteuerter ÖPNV, differenzierte Bedienformen, Integration des Gelegenheitsverkehrs in den ÖPNV Mobilitätswende, Klimaschutz im Verkehr und Teilhabe an Mobilität erfordern eine erheblich höhere Nutzung des ÖPNV als bisher. Deshalb sind neben einer Angebotsausweitung alle Formen der differenzierten Bedienung im ÖPNV auszuschöpfen. Dieser erste Teil des zweiteiligen Beitrags weist auf die strategische Bedeutung des Gelegenheitsverkehrs für den ÖPNV hin, erläutert das juristische Konzept und beschreibt die Konzeption eines Modellprojektes des Landkreises Vechta. Der zweite Teil untersucht die Wirtschaftlichkeit des ÖPNV-Taxi und die Chancen von On-Demand-Mischverkehren. Zum Abschluss wird über erste Erfahrungen im Landkreis Vechta und die dort weiter geplanten Schritte berichtet. Hubertus Baumeister, Horst Benz, Stephan Diekmann, Samir El-Zahab ÖPNV MOBILITÄT genwirtschaftlichen Gelegenheitsverkehrs von bundesweit etwa 100 Tsd. Taxen und Mietwagen mit ihren freien Kapazitäten für den gemeinwirtschaftlichen Linien- ÖPNV zu nutzen, wie es bereits Fiedler 1982 in seinem differenzierten Bedienmodell vorgeschlagen hat. 1 Mit den neuen digitalen Technologien kann sein wegweisendes Modell nunmehr verkehrlich und wirtschaftlich effizient im ÖPNV umgesetzt werden. Die hierdurch bewirkte Verbesserung der Angebotsqualität für die Fahrgäste, einschließlich der grundsätzlichen Möglichkeit auch einer Haustürbedienung mit einem in den ÖPNV integrierten Taxi („ÖPNV-Taxi“) als Teilkomponente, stärkt daneben den Linienverkehr strukturell entscheidend. Darüber hinaus kann dann der Linienverkehr vom Zwang der Feinerschließung befreit werden, weil diese vom Gelegenheitsverkehr übernommen wird. Damit werden die Fahrzeiten der Busse beschleunigt, sodass auch der Fahrplantakt verbessert werden kann. Dies führt zu einer deutlichen Erhöhung der Attraktivität der Linienverkehre und bietet deshalb auch im ländlichen Raum die Möglichkeit, durch die Nutzung eines dann besser gebündelten ÖPNV schädliche Treibhaus-Emissionen durch Verbrenner-km mit privaten Pkw zu reduzieren. Eine Kf W-Studie ergab, dass sich 71 % der Haushalte in Landgemeinden eine stärkere Nutzung des ÖPNV vorstellen können. Die wichtigste Voraussetzung hierfür wäre aber eine gute verkehrliche Anbindung, wobei der Fahrpreis nicht die entscheidende Rolle spielen würde. 2 Die Befassung mit diesem Thema ist deshalb in dem geplanten Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV zwischen Bund, Ländern und Kommunen 3 von hoher Bedeutung. Auch die EU-Kommission hat die hohe Bedeutung der Taxen und Mietwagen für eine gut funktionierende Personenbeförderung im lokalen Bedarfsverkehr unterstrichen. Hintergrund seien die weitreichenden Veränderungen auf dem europäischen Markt des Bedarfsverkehrs für die Personenbeförderung, insbesondere aufgrund neuer technologischer Entwicklungen und Geschäftsmodelle. Die Mitgliedstaaten stünden laut Kommission vor der Herausforderung, neue Betriebsformen in den bestehenden nationalen Verkehrsmarkt sinnvoll zu integrieren. Die Kommission verfolge mit ihrer Veröffentlichung drei grundlegende Ziele. Sie strebe zum einen danach, bestehenden und neuen Marktteilnehmern einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Zum anderen sollen nachhaltige und intelligente Mobilitätsdienste für die Fahrgäste geschaffen werden, um nicht zuletzt die Umweltauswirkungen des Verkehrssektors insgesamt zu verringern. 4 „Es ist äußerst wichtig, dass der Bedarfsverkehr für die Personenbeförderung (wie Taxis oder private Mietfahrzeuge) öffentliche Verkehrsmittel (wie U-Bahnen, Busse, Straßenbahnen) sowie Formen der aktiven Mobilität (wie Gehen und Radfahren) ergänzt und sie nicht bloß ersetzt. Für eine optimale Integration sollte der Bedarfsverkehr für die Personenbeförderung Teil des lokalen Plans für eine nachhaltige städtische Mobilität sein, der in Übereinstimmung mit europäischen Leitlinien ausgearbeitet wurde. Der Bedarfsverkehr für die Personenbeförderung soll die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel erleichtern und steigern, indem er die erste Meile zu oder die letzte Meile von den Haltestellen des öffentlichen Verkehrs bedient, wodurch öffentliche Verkehrsmittel zu einer attraktiven und bequemen Option werden und der Bedarf an der Nutzung privater Fahrzeuge verringert wird. Dies ist besonders wichtig in Gebieten, in denen das öffentliche Verkehrsnetz weniger dicht ausgebaut ist, z. B. in städtischen Randgebieten oder Vororten.“ Im Landkreis Vechta wurde vor diesem Hintergrund in organisatorischer, technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Sicht das Modell eines digital gesteuerten ÖPNV- Taxi als weitere Komponente für eine differenzierte ÖPNV-Bedienung auf Kreisgebiet entwickelt. Damit gewährleistet nunmehr das ÖPNV-Gesamtkonzept „moobil+“ des Landkreises Vechta (www.moobilplus.de) mithilfe einer digitalen Buchungs- und Dispositionszentrale eine differenzierte Bedienung im ÖPNV mit einer grundsätzlichen Mobilitätsgarantie, die noch weiter ausgebaut werden soll. Das den ÖPNV des Landkreises Vechta ergänzende Modell des ÖPNV-Taxi hat angesichts der Vorteile für die Verkehrsbedienung des Gesamtsystems ÖPNV und seiner Wirtschaftlichkeit in kurzer Zeit weitere Befürworter bei mehreren Kommunen im ländlichen Raum gefunden. 5 Auch in einigen Großstädten wird mittlerweile diskutiert, ob das ÖPNV-Taxi zur Ergänzung des städtischen ÖPNV eingesetzt werden soll. Die Notwendigkeit zur Integration von Taxi- und Mietwagenverkehren in den ÖPNV des Landkreises Vechta Der Landkreis Vechta wird im Bahnverkehr durch die Linie RB58 Osnabrück-Bremen in Nord-Süd-Richtung erschlossen. Die Strecke bindet den Landkreis an den Schienenfernverkehr und die Oberzentren Bremen und Osnabrück an und hat darüber hinaus aufgrund der zahlreichen Haltepunkte im Landkreis eine große Bedeutung für die regionalen Verflechtungen innerhalb des Landkreises. Die Linie wird durch die Nord- WestBahn betrieben und verkehrt sowohl werktags als auch an Wochenenden und Feiertagen in der Zeit zwischen ca. 4: 30 Uhr und 24: 00 Uhr in einem Grundtakt von 60 Minuten. Das Angebot des konventionellen Busverkehrs im Landkreis Vechta ist in Bezug auf Fahrplan und Linienführung im Wesentlichen auf die Belange des Schulverkehrs ausgerichtet. Die meisten Linien haben unregelmäßige Abfahrtszeiten sowie unterschiedliche Start- und Endhaltestellen bzw. variierende Routen je nach Fahrt oder auch Fahrtrichtung. Außerhalb der Schultage besteht auf den meisten Linien kein oder nur ein reduziertes Angebot. Die seit 2013 eingeführten Ruf busse des bedarfsorientierten Linienverkehrs „moobil+“ verkehren montags bis freitags zwischen ca. 5: 50 Uhr und 20: 30 Uhr im Taktfahrplan. Es bestehen kreisweit 15 Linien im Richtungsbandbetrieb mit sowohl festen Haltestellen als auch Bedarfshaltestellen. Der Ein- und Ausstieg ist nur an den Haltestellen möglich. Für Auskunft, Buchung und bargeldlose Zahlung der Ruf bus-Fahrten steht ein internetbasiertes Buchungsportal einschließlich App zur Verfügung. In einer vom Landkreis betriebenen Mobilitätszentrale können sich Fahrgäste informieren und beraten lassen und erhalten Hilfestellung bei der Buchung oder Stornierung von Fahrten mit dem Rufbus. Damit ist im Landkreis Vechta tagsüber an Werktagen ein strukturiertes ÖPNV- Mindestangebot vorhanden, an den Abenden und an Wochenenden wird allerdings kein ÖPNV angeboten. Dies führt dazu, dass der Mobilitätsbedarf von Personen, die über keinen Pkw verfügen, an Abenden und an Wochenenden nicht befriedigt werden kann. Hiervon sind vor allem Familien mit Kindern und Jugendlichen (Stichwort „Elterntaxi“) sowie Senioren und Menschen mit Behinderung betroffen. Aufgrund des Mangels an öffentlichen Verkehrsangeboten kann der ÖPNV auch noch keine echte Alternative zum Individualverkehr darstellen. Ein weiteres Problem ist bei Personen erkennbar, für die aufgrund von Mobilitätseinschränkungen anstatt einer Beförderung von Haltestelle zu Haltestelle nur eine Fahrt von Adresse zu Adresse in Frage kommen kann. Eine solche Möglichkeit war im bisherigen ÖPNV-Angebot des Landkreises nicht enthalten. Das Projekt zur Entwicklung des ÖPNV-Taxi 2019 wurde das Projekt ÖPNV-Taxi vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) und von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Bundesprogramms „Ländliche Entwicklung und Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 47 DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 48 DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 unternehmerische Strukturen der Taxiunternehmen auf. Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die beihilfenrechtskonforme Finanzierung des ÖPNV-Taxi ist eine gemeinwirtschaftliche Tarifverpflichtung der Taxiunternehmen durch den Aufgabenträger. Über eine allgemeine Vorschrift gemäß Art. 3 Abs. 2 VO 1370/ 2007 werden die Taxiunternehmen verpflichtet, statt des eigenwirtschaftlichen Taxitarifs nach § 51 Abs. 1 PBefG den vorgegebenen gemeinwirtschaftlichen ÖPNV-Tarif anzuwenden. Die allgemeine Vorschrift wird entweder ergänzend in die Rechtsverordnung nach § 51 Abs. 1 PBefG aufgenommen (und ggf. flankiert durch Regelungen nach § 47 Abs. 3 PBefG) oder als Sondervereinbarung diskriminierungsfrei mit jedem Taxiunternehmen mit Betriebssitz im Gebiet der zuständigen Behörde, das am Modell partizipieren möchte, nach § 51 Abs. 2 PBefG gefasst. Die Fahrten werden nach den Regeln der VO 1370/ 2007 und seines Anhanges beihilfenrechtskonform abgerechnet. Das entwickelte beihilfenrechtskonforme Abrechnungsmodell berücksichtigt alle betriebswirtschaftlichen Faktoren des Taxigewerbes (u. a. Fixkostendeckungsbeiträge als Grundpreis und Betriebskosten der einzelnen Fahrt als Arbeitspreis). Hierbei werden bei der digitalen Abrechnung zur Ausschaltung beihilfenrechtswidriger sog. positiver Effekte auch Korrekturfaktoren zugrunde gelegt, die einen überschießenden Fixkostendeckungsbeitrag und eine Überdeckung der Gesamtkosten verhindern. In der Praxis erhalten die Taxiunternehmen eine Vergütung, die je nach zeitlicher Fahrtenlage in einer Tagesschicht in etwa zwischen der Vergütung der gesetzlichen Krankenkassen und dem behördlich festgesetzten Taxitarif nach § 51 Abs. 1 PBefG liegt (siehe dazu Grafik 1). Über eine digitale Abrechnung kann mit geringem administrativem Aufwand wöchentlich und bei Bedarf sogar täglich abgerechnet werden. Fahrten des ÖPNV-Taxi mit klimafreundlichen E-Fahrzeugen und barrierefreien Fahrzeugen könnten über das Abrechnungssystem höher vergütet werden (beihilfenrechtlich zulässiges Anreizsystem gemäß dem Anhang der VO 1370/ 2007). Die Taxiunternehmer erbringen weiterhin ihre eigenwirtschaftlichen Taxiverkehre gemäß § 47 Abs. 1 PBefG und stellen daneben im Modell des ÖPNV-Taxi ihre Hilfsfunktion für den Linienverkehr nach § 8 Abs. 2 PBefG sicher. Im Ergebnis wird durch die Konzeption des Modells eine wirtschaftliche Aushöhlung des bestehenden Linienverkehrs verhindert. Die Fahrten für das ÖPNV-Taxi können mit den bestehenden Taxigenehmigungen erbracht werden, sodass keine neuen Genehmigungsverfahren erforderlich sind. Die Einbindung von Mietwagen in dieses System ist bei Bedarf nellen Grundlagen und der digitalen Möglichkeiten der neuen Mobilitätsplattform eine Vorlage für die Vereinbarung mit den Taxi- und Mietwagenunternehmen erarbeitet und mit diesen im Vorfeld abgestimmt. Nach rund drei Jahren Entwicklungszeit konnte nun im Juni 2023 ein erster Pilotbetrieb für das ÖPNV-Taxi in den Städten Dinklage und Lohne im Landkreis Vechta unter Beteiligung von drei ortsansässigen Taxiunternehmen, nämlich Taxi Brinkmann (Dinklage), Taxi Kolbeck und City Taxi (beide Lohne) mit folgenden Bedienzeiten gestartet werden: montags bis donnerstags von 7: 00 Uhr bis 23: 00 Uhr, freitags und samstags von 7: 00 Uhr bis 2: 00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 8: 00 Uhr bis 23: 00 Uhr. Hierbei war es dem Landkreis wichtig, dass zu den von den Taxiunternehmen eingesetzten Fahrzeugen bereits von Anfang an mindestens ein Fahrzeug zur Beförderung von im Rollstuhl sitzenden Personen gehört. Das ÖPNV-Taxi soll im ersten Halbjahr 2024 auf alle Städte und Gemeinden des Landkreises Vechta ausgedehnt werden. Aus Marketinggründen wurde entschieden, das ÖPNV-Taxi im Landkreis Vechta weiter als „moobil+Taxi“ (siehe dazu Aufmacherbild) zu bezeichnen, um den Aspekt der Erweiterung des bereits bestehenden Mobilitätssystems moobil+ bei gleichzeitiger Anwendung bzw. Nutzung bereits eingeführter Komponenten wie moobil+-Grundtarif, Mobilitätszentrale und Buchungssystem in den Vordergrund zu stellen. Das juristische Konzept des ÖPNV- Taxi Die Fahrgäste des ÖPNV-Taxi zahlen gemäß den Tarif bedingungen des Aufgabenträgers Landkreis Vechta nur den ÖPNV-Tarif (Einzelfahrschein oder Monatskarte) und einen Zuschlag. Die Zuschläge können gemäß der Rechtsprechung des EuGH 6 angemessen sozial gestaffelt werden, um das System des ÖPNV-Taxi finanziell nicht zu überfordern. Ein zuschlagfreies „Taxi für alle“ als vollwertige Alternative für die private Pkw-Nutzung, dessen Kosten von der öffentlichen Hand getragen werden, kann angesichts der Größe der Pkw-Fahrzeugflotten in den Kommunen kein realistischer Ansatz des ÖPNV-Taxi sein. 7 Der ÖPNV-Aufgabenträger gleicht den Taxiunternehmen die finanzielle Unterdeckung auf der Grundlage des Markttarifs für Taxifahrten gemäß der Rechtsverordnung des Landkreises Vechta nach § 51 Abs. 1 PBefG aus, aber nur für die konkret erbrachten Fahrten mit dem ÖPNV-Taxi. Damit fallen keine Vorhaltekosten wie in den gemeinwirtschaftlichen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen des Aufgabenträgers an, denn das ÖPNV-Taxi setzt auf bereits vorhandene eigenwirtschaftliche regionale Wertschöpfung“ (BULE) als ein zukunftsweisendes Mobilitätsprojekt ausgewählt, das als geeignet dafür angesehen wurde, die Mobilität der Menschen in den ländlichen Räumen zu verbessern, und wird seitdem vom Bundesministerium finanziell gefördert. Die Idee für das Projekt wurde aus der Fachabteilung des Landkreises heraus mitentwickelt und von Beginn an vom Landrat und von nahezu allen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Landkreis unterstützt. Der offizielle Projektstart des Projektes war für Anfang 2020 vorgesehen; aufgrund der Corona-Pandemie musste dieser aber auf Mitte 2020 verschoben werden. Die Ziele des Projektes lagen darin, die bestehenden Mobilitätslücken im Landkreis Vechta, insbesondere an den Abenden und an Wochenenden, durch die Einbindung von Taxi- und Mietwagenverkehren als Teil eines integrierten ÖPNV zu schließen. Wo nötig, sollte in ihrer Mobilität eingeschränkten Personen auch eine Adressbedienung angeboten werden. Bereits gebuchte ÖPNV- Taxi-Fahrten sollten weiteren Fahrgästen für Zubuchungen offenstehen, wodurch eine insgesamt effiziente und umweltfreundliche Beförderung angestrebt wurde. Gleichzeitig sollte das neue Angebot den ÖPNV insgesamt attraktiver machen und zu einer Steigerung der ÖPNV-Nutzerzahlen führen. Auch die gesamte Branche der Taxi- und Mietwagenunternehmen im Landkreis Vechta sollte gestärkt werden, wodurch wiederum ein bedeutender Beitrag zur Erhaltung dieser wichtigen Säule der Mobilitätsinfrastruktur für die Bevölkerung im Landkreis Vechta geleistet werden sollte. Ein solches Vorgehen ist auch generell geeignet, dem Taxisterben im ländlichen Raum zu begegnen. Die wesentlichen Arbeitsschritte des Projektes waren: 1. Entwicklung eines juristischen Konzepts auf der Grundlage eines umfassenden Rechtsgutachtens 2. Entwicklung organisatorischer Grundlagen und Beschreibung der Prozesse 3. Vereinbarung mit den Taxiunternehmen 4. Erweiterung moobil+-Buchungssystem und Weiterentwicklung zur Mobilitätsplattform Auf Basis des neu entwickelten ÖPNV- Taxi-Konzeptes wurde nach den Vorgaben des Landkreises das aktuell vorhandene Buchungssystem für die moobil+Ruf busse (Basis: T.DiMo-System der Trapeze Group Deutschland GmbH) hinsichtlich Organisation, Buchung und Abrechnung von ÖPNV- Taxi-Fahrten erweitert und als Mobilitätsplattform für alle im Landkreis vorhandenen ÖPNV-Angebote ausgebaut. Weiter wurde auf Basis der rechtlichen und konzeptio- MOBILITÄT ÖPNV Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 49 DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 forderung des ÖPNV nach Effizienz gerecht zu werden, keine rein privaten Relationen als „Taxi für alle“ zu unterstützen und somit die Kosten der öffentlichen Hand überschaubar zu halten, werden ÖPNV-Taxi-Fahrten dann ermöglicht, wenn mindestens der Start- oder der Ziel-Haltepunkt während des Beförderungszeitraums als „verkehrlich wichtiger Haltepunkt“ definiert ist. Um welche Haltepunkte es sich dabei konkret handelt (z. B. Bahnhöfe, Ortszentren, stark frequentierte Einrichtungen), wird vom Landkreis und den Städten und Gemeinden bestimmt und soll längerfristig im Nahverkehrsplan verankert werden. Während des Pilotprojektes sind zunächst alle möglichen Haltepunkte des ÖP- NV-Taxi als verkehrlich wichtig eingestuft. Der anzuwendende Tarif für das ÖPNV- Taxi Der Tarif für ÖPNV-Taxi-Fahrten setzt sich aus dem moobil+-Grundtarif und einem entfernungsabhängigen Zuschlagtarif für ÖPNV-Taxi-Fahrten zusammen. Die Höhe des Zuschlagtarifs orientiert sich an den fiktiven Taxi-Kosten, die für eine Fahrt mit dem normalen Taxi anfallen würden, abzüglich eines vom Landkreis übernommenen Anteils (derzeit 80 %; später sind 50 % geplant). Der Zuschlagtarif wird auf die zu befördernden Fahrgäste automatisch aufgeteilt und verringert sich bei einer Bündelung mehrerer Fahrtwünsche zu einer Tour entsprechend. Weiter kann das System des ÖP- NV-Taxi von Dritten (kreisangehörige Städte und Gemeinden, Krankenhäuser, Seniorenüber territoriale Grenzen zu ermöglichen. In diesen Fällen sind unterschiedliche Taxitarife nach § 51 Abs. 1 PBefG von Kommunen im digitalen Abrechnungsprogramm zu berücksichtigen. Das juristische Konzept des ÖPNV-Taxi wurde auf der Sitzung des BLFA (Bund/ Länder Fachausschuss) Straßenpersonenverkehr am 09./ 10.05.2023 gemäß Niederschrift vorgestellt und grundsätzlich positiv aufgenommen. Organisatorische Grundlagen und Prozessgestaltungen Bediengebiete und Haltepunkte des ÖPNV-Taxi Grundsätzlich stellt das gesamte Gebiet des Landkreises Vechta das Bediengebiet des ÖPNV-Taxi dar; es gibt keinerlei räumliche Segmentierung des Angebots innerhalb des Landkreises. Somit ist ein Fahrtwunsch grundsätzlich von jedem beliebigen Punkt zu jedem anderen Punkt innerhalb des Landkreises erfüllbar, wenn die damit verbundene Wegstrecke nicht unterhalb eines bestimmten Mindestmaßes (derzeit 1.000 Meter) liegt. Mögliche Haltepunkte sind alle ÖPNV- Haltestellen einschließlich der Bedarfshaltestellen des moobil+Rufbusangebots und für das ÖPNV-Taxi zusätzlich eingerichtete virtuelle Haltepunkte. Daneben findet auch eine Adressbedienung für in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen und für Fahrgäste statt, deren Fußweg bis zum nächsten Haltepunkt einen zumutbaren Maximalwert überschreitet. Um der grundsätzlichen Anüber eine Mischkonzession nach § 47Abs. 3 PBefG gestaltbar. Vergaberechtliche Verfahren sind damit im Modell des ÖPNV-Taxi nicht notwendig, weil die Taxiunternehmen über eine ergänzende Finanzierung des Aufgabenträgers im ÖPNV über eine allgemeine Vorschrift gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG weiterhin eigenwirtschaftlich fahren. Mangels vertraglicher Beschaffung von Nahverkehrsleistungen gelten die Tariftreuevorschriften des Landesvergabegesetzes nicht; es ist aber der Mindestlohn anzuwenden. Allen Taxiunternehmen auf dem Gebiet eines Landkreises wird die Teilnahme an diesem System durch transparente Veröffentlichungen des Aufgabenträgers auf dessen Homepage und in amtlicher Bekanntmachung diskriminierungsfrei ermöglicht. Da die allgemeine Vorschrift (Sondervereinbarung) gemäß Art. 2 lit. m) VO 1370/ 2007 nur auf dem Gebiet des zuständigen Aufgabenträgers gilt und aufgrund der Regelung des § 47 Abs. 4 PBefG zur Beförderungspflicht im Pflichtfahrbereich der nach § 51 Abs. 1 PBefG festgesetzten Taxitarife (Tarifpflicht), können nur die Taxiunternehmen am Modell des ÖPNV-Taxi teilnehmen, die ihren Betriebssitz innerhalb des Gebietes der zuständigen Behörde für den Gelegenheitsverkehr haben (Landkreise und Städte). Damit sind Fahrten mit dem ÖPNV-Taxi grundsätzlich nur als Binnenverkehr auf dem Gebiet eines Aufgabenträgers möglich. Denkbar sind aber - wie im Busverkehr - Kooperationen von Aufgabenträgern über Zweckvereinbarungen, um Fahrten mit dem ÖPNV-Taxi AAbbrreecchhnnuunnggsspprriinnzziipp eennttsspprreecchheenndd aallllggeemmeeiinneerr VVoorrsscchhrriifftt Aufgabenträger rabattiert Taxitarif für Fahrgäste durch gemeinwirtschaftliche Tarifverpflichtung im Rahmen einer allgemeinen Vorschrift* • Taxiunternehmen erbringen eigenwirtschaftlich ÖPNV- Leistungen* • mit Unternehmen vor Ort können ÖPNV-Leistungen wettbewerbsfrei erbracht werden • Fahrgäste zahlen ÖPNV-Tarif plus entfernungsabhängigen Zuschlagtarif • ein Teil des Zuschlagtarifs kann auch von Dritten übernommen werden (z.B. Betriebe) • Aufgabenträger zahlt Differenz zum genehmigten Taxitarif an die Taxiunternehmen (allerdings mit Abschlägen gemäß den Vorgaben des Anhangs der VO (EG) 1370/ 2007) Fahrpreis Taxi Ausgleich Aufgabenträger Zuschlagtarif *gem. VO (EG) 1370/ 2007 ÖPNV-Tarif Freier Taximarkt ÖPNV-Taxi Erlös Taxiunternehmen Zuschuss von Dritten Grafik 1: Abrechnung mit Taxi-Unternehmen entsprechend allgemeiner Vorschrift. Quelle: nbsw nahverkehrsberatung Partnerschaftsgesellschaft ÖPNV MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 50 DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 System, über den die für sie wichtigen Daten ausgetauscht werden. Gleichzeitig erhalten sie die Berechtigung zum Herunterladen einer moobil+TAXI-App, über die sie auch ihre Aufträge zur Durchführung von moobil+Taxi-Fahrten direkt in den Fahrzeugen behandeln können. Zur Unterstützung der Fahrgäste und Verkehrsunternehmen und zur Überwachung des Betriebsablaufs stehen die Beschäftigten in der Mobilitätszentrale des Landkreises auch für das ÖPNV-Taxi zur Verfügung. Zur Durchführung einer moobil+Taxi- Fahrt berechnet das moobil+-Buchungssystem die optimale Route, bestimmt auf Basis der Anfahrtswege, der Verfügbarkeit und der Häufigkeit, mit der ein Unternehmen bisher beauftragt wurde, das nächste frei gemeldete Fahrzeug und sendet den Fahrauftrag mit allen nötigen Informationen einer allgemeinen Vorschrift dar. Auch nach Abschluss der Vereinbarung können die Verkehrsunternehmen frei darüber entscheiden, ob sie ihre Fahrzeuge für den Einsatz als ÖPNV-Taxi frei- oder abmelden (siehe dazu Bild 1 und Bild 2). Hat ein Unternehmen freie Fahrzeugkontingente gemeldet, erhält es bei entsprechender Nachfrage automatisch Aufträge zur Durchführung von ÖPNV-Taxi-Fahrten. Dabei kann es noch zum Durchführungszeitpunkt bestimmen, welches konkrete Fahrzeug zum Einsatz kommen soll. Die komplette Organisation, Steuerung und Abrechnung von ÖPNV-Taxi-Fahrten wird über die Mobilitätsplattform des Landkreises abgewickelt. Die Unternehmen, mit denen die Sondervereinbarung abgeschlossen wurde, werden im System registriert und erhalten einen direkten Zugang zum heime, Firmen, Einkaufszentren, Hotel- und Gastronomiebetriebe etc.) über Kostendeckungsverträge mit dem Aufgabenträger zeit-, personen- oder haltepunktspezifisch bezuschusst werden, um mit Fahrten des ÖPNV-Taxi sicher bedient zu werden. Zusammenspiel mit Taxiunternehmen Jedem Unternehmen mit Taxigenehmigungen im Landkreis Vechta steht es frei, die Sondervereinbarung gemäß § 51 Abs. 1 PBefG mit dem Landkreis zur Durchführung von ÖPNV-Taxi-Fahrten abzuschließen. Die Vereinbarung dient einerseits dazu, die Regeln zur Durchführung und Abrechnung der ÖPNV-Taxi-Fahrten festzulegen. Andererseits stellt sie die zur Gewährung von beihilferechtskonformen Ausgleichszahlungen an die Verkehrsunternehmen nötige gesetzliche Basis in Form Bild 1: Übersicht für Taxi-Unternehmen: langfristige Verfügbarkeit der Fahrzeuge als moobil+Taxi. Quelle: © Trapeze Group Deutschland GmbH MOBILITÄT ÖPNV Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 51 DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 form wurde das Ziel verfolgt, dass alle zu einem Fahrtwunsch passenden ÖPNV- Angebote im Landkreis einschließlich des ÖPNV-Taxi-Angebots über die gleiche App erreicht werden können. Dabei sollen nicht nur einzelne Angebote behandelt werden, sondern je nach Fahrtwunsch auch multimodale Beförderungsketten automatisch zusammengestellt und angeboten werden, die ebenso wie einzelne Angebote in einem Vorgang gebucht und bargeldlos bezahlbar sind. Hierbei sollen auch die durch den Fahrtwunsch vorgegebenen Rahmenbedingungen (z. B. Anzahl benötigter Plätze) und die im Beförderungszeitraum vorhandene Kapazitätsauslastung der in Frage kommenden Fahrzeuge bereits bei der Buchung berücksichtigt werden. Damit kann ausgeschlossen werden, dass über die Plattform Fahrtmöglichkeiten angeboten werden, die vom Fahrgast dann doch nicht buchbar wären. Um diese Anforderungen zu erfüllen, holt sich die neue Plattform über eine digitale Schnittstelle (Hafas-Rest-API) zum VBN-Auskunftsserver die nötigen Informationen hinsichtlich aller zu einem Fahrtwunsch passende, linienbasierte ÖPNV-Angebote (konventionelle Bus-Angebote, SPNV-Angebote). Die so erhaltenen Informationen werden mit den von der Plattform gehaltenen Informationen zu den ÖPNV-Taxi- und Ruf busangeboten ergänzt. So können die über die Schnittstelle erhaltenen ÖPNV-Angebote mit ÖPNV-Taxi- und Ruf busangeboten zusammengespielt werden, sodass alle möglichen und im Beförderungszeitraum tatsächlich nutzbaren Angebote wie auch Beförderungsketten, bestehend aus verschiedenen Angeboten, dem Fahrgast zur Auswahl in einer Übersicht dargestellt werden. Es erfolgt nicht nur eine Ausweisung einzelner ÖPNV- Taxi-Angebote, sondern wo möglich und zumutbar, werden ÖPNV-Taxi-Angebote in den Fällen auch dynamisch erzeugt, in denen damit Zu- und Abbringerverkehre zu anderen ÖPNV-Angeboten geschaffen und dem Fahrgast dann als Beförderungskomplettpaket angeboten werden können (siehe dazu Bild 3). Keine ÖPNV-Taxi-Fahrt wird angeboten, wenn ein Fahrtwunsch mit einem anderen ÖPNV-Angebot auf zumutbare Weise (nicht zu viele Umstiege, keine zu große Reisezeitverlängerung, kein nur auf den Schülerverkehr ausgerichtetes Angebot) erfüllt ist. Bei ggf. parallel verkehrenden Ruf busangeboten wird auch noch überprüft, ob entsprechend dem Fahrtwunsch des Fahrgastes im Beförderungszeitraum genügend Plätze im relevanten Fahrzeug vorhanden sind. Nur dann würde eine Ruf bus-Fahrt als Parallelangebot gelten und keine ÖPNV-Taxi-Fahrt angeboten. In allen Fällen, in denen ÖPNV-Taxi-Angenehmen dafür entscheiden, eine kurze Dauer am Zielort einer Tour auf eine eventuelle Rückfahrt zu warten. Wenn es dann innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Beendigung einer Tour eine Rückfahrt für das Unternehmen gibt, wird ihm diese von der Plattform mit hoher Priorität vermittelt. Die Abrechnung mit den Taxiunternehmen Aus beihilferechtlichen Gründen darf - wie oben ausgeführt - der Landkreis den Verkehrsunternehmen für die Durchführung der moobil+Taxi-Fahrten nicht mehr bezahlen, als sie im normalen Geschäft verdienen würden. Dementsprechend werden vom moobil+-Buchungssystem die Taxi-Tarife während eines Tages entsprechend der Taxi- Verordnung des Landkreises automatisch berechnet, die ein Unternehmen sonst für die Durchführung der Touren erhalten hätte. Die Taxiunternehmen erhalten für jede durchgeführte Fahrt den Taxitarif, allerdings mit Abschlägen gemäß den Vorgaben des Anhangs der VO 1370/ 2007. Die Abrechnung mit den Taxiunternehmen wird am Ende eines jeden Tages über die Plattform automatisch angestoßen. Damit wird ein zeitnaher Zahlungsfluss an die Taxiunternehmen ermöglicht und aufwendige nachträgliche Abrechnungen sind hinfällig. Die Nutzung des moobil+-Buchungssystems einschließlich der digitalen Zugänge und die Unterstützung durch die Mobilitätszentrale sind ebenfalls aus Rechtsgründen mit keinen Kosten für die Verkehrsunternehmen verbunden. Die neue Mobilitätsplattform mit integriertem ÖPNV-Taxi-Angebot Mit der Erweiterung des bereits vorhandenen Buchungssystems zur Mobilitätsplattüber die digitalen Zugänge an das Unternehmen. Das Unternehmen befördert dann zum vorgesehenen Zeitpunkt die angemeldeten Fahrgäste von und zu den gewünschten Haltepunkten, wobei den Verkehrsunternehmen keinerlei Aufgaben bezüglich Kontrolle oder Verkauf von Fahrscheinen zufallen, da das Fahrgeld bereits bei der Buchung bargeldlos beglichen wurde. Sie kontrollieren lediglich, ob es sich bei der am Abfahrtsort erscheinenden Person um den buchenden Fahrgast handelt und ob die ggf. mitfahrenden Personen den angegebenen Personenarten (z. B. Erwachsene oder Kinder) entsprechen. Gewünschte Änderungen am Abfahrtsort (z. B. mehr mitfahrende Personen) können vom Fahrer über moobil+TAXI-App angemeldet und ggf. automatisch nachgebucht werden. Bei der Durchführung einer Fahrt, bei der sich das Taxipersonal über die moobil+TAXI-App automatisch navigieren lassen kann, helfen spezielle Informationen im Fahrauftrag dabei, die von Fahrgästen ggf. gewünschten Anschlüsse von und zu anderen ÖPNV- Angeboten halten zu können. So weiß das ÖPNV-Taxi-Personal z. B. darüber Bescheid, ob es noch auf einen mit dem Zug ankommenden Fahrgast warten soll oder ob ein Fahrgast einen bestimmten Bus erreichen möchte. Die GPS-Positionen des zum Einsatz kommenden Fahrzeugs werden dazu genutzt, automatisch Qualitätsaufzeichnungen über die ordnungsgemäße Durchführung einer Fahrt zu erstellen. Damit kann z. B. bei Fahrgastbeschwerden im Nachhinein kontrolliert werden, ob Fahrten tatsächlich auftragsgemäß durchgeführt wurden und ein Fahrzeug rechtzeitig an einer bestimmten Haltestelle war. Um Leerfahrten zu reduzieren, können sich Verkehrsunter- Bild 2: Einfache Möglichkeit zur spontanen Abmeldung eines Fahrzeugs als moobil+Taxi über moobil-Taxi-App. Quelle: © Trapeze Group Deutschland GmbH ÖPNV MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 52 Rechtsanwalt Dr. Hubertus Baumeister (BBG und Partner): Entwicklung des juristischen Konzeptes gemäß Europa- und Personenbeförderungsrecht Dipl.-Ing. Horst Benz (kreamobil GmbH): Entwicklung konzeptueller Grundlagen, Definition Prozesse und Spezifikation Software, Projektsteuerung Stephan Diekmann (Landkreis Vechta): Projektleitung, Kommunikation mit Taxi-Unternehmen Samir El-Zahab (NBSW Nahverkehrsberatung): Entwicklung des betriebswirtschaftlichen Modells auf digitaler Basis zur beihilfenrechtskonformen Abrechnung mit Taxi-Unternehmen Thomas Krause (Linne & Krause): Definition wesentlicher Parameter zur Abrechnung mit Taxi-Unternehmen Dipl.-Ing. Martin Einhoff (Trapeze Group Deutschland GmbH): Projektleitung bei der Realisierung der Mobilitätsplattform Rechtsanwalt Dennis Steinke (BBG und Partner): Entwicklung der Sondervereinbarung als allgemeine Vorschrift der VO 1370/ 2007 mit den Taxiunternehmen Florian Wegmann (ehemals Landkreis Vechta): Entwicklung konzeptueller Grundlagen, zu Beginn des Projektes Projektleitung DOI: 10.24053/ IV-2024-0010 bote möglich sind, wird von der Plattform immer überprüft, inwiefern die damit verbundenen Fahrtwünsche mit bereits vorher gebuchten Fahrten bündelbar sind. Dies kann der Fall sein, wenn ein ggf. damit verbundener Umweg nicht zu groß und die Fahrzeiten der Fahrgäste nicht zu lang werden. Kann eine Bündelung innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Wunschabfahrtszeit mit einer bereits gebuchten Fahrt erfolgen, wird einem Fahrgast nur diese Möglichkeit zur Auswahl dargestellt. Falls keine Bündelung möglich ist oder der Fahrgast zu lange warten müsste, wird ihm auch ein neues ÖPNV-Taxi zu seiner Wunschabfahrtszeit angeboten. Falls von einem Fahrgast eine Beförderungskette gewählt wird, die aus Fahrten mit einem normalen ÖPNV-Bus 8 , einem Ruf bus und dem ÖPNV-Taxi bestehen können, werden von der Plattform Anschlusssicherungsinformationen generiert und an die beteiligten Fahrzeuge einschließlich des ÖPNV-Taxis weitergegeben (siehe dazu Bild 4). Projektbeteiligte: An dem Projekt zur Konzeption und Realisierung des ÖPNV-Taxis im Landkreis Vechta waren folgende Personen und Stellen beteiligt: Bild 3: Angebotene Mobilitätskette bestehend aus moobil+Taxi und Rufbus. Quelle: © Trapeze Group Deutschland GmbH Bild 4: Übergang von moobil+-Rufbus zu moobil+Taxi. Quelle: © Max Arens 1 Fiedler, Mehr Phantasie bei der Verkehrsbedienung ländlicher Gebiete tut not! - Das differenzierte Bedienungsmodell, nahverkehrs-praxis Nr. 8/ 1982, S. 343, siehe auch grundlegend zur heutigen Rolle der Taxis für den öffentlichen Verkehr Kummer/ Stefanov, Öffentlicher Verkehr und Taxi, Internationales Verkehrswesen 4/ 2019, S. 14 (Teil 1) und Internationales Verkehrswesen 1/ 2020, S. 10 (Teil 2). 2 Römer/ Salzgeber: Verkehrswende in Deutschland braucht differenzierte Ansätze in Stadt und Land, KfW Research Nr. 363 v. 11.01.2022, 1 (3). 3 Koalitionsvertrag 2021 - 2025 zwischen SPD, Bündnis 90 / Die Grünen, FDP, S. 39 f. 4 EU-Kommission, Bekanntmachung v. 02.02.2022, 2022/ C 62/ 01, S. 10 f, C. 5 Landkreis Freudenstadt (vgl. den Taxiflyer unter www.vgf-info.de mit Hinweis auf die App-Buchungsmöglichkeit); ein ÖPNV-Taxi wird demnächst u.- a. in den Landkreisen Freyung-Grafenau, Garmisch-Partenkirchen, Lüchow-Dannenberg, Harz, Gütersloh sowie Bad Salzuflen starten; der Landkreis Cloppenburg prüft gerade die Einführung des ÖPNV- Taxis nach dem Vorbild des Nachbarlandkreises Vechta. 6 EuGH, Urt. v. 05.06.2008 C-164/ 07, Rn. 13 m.w.N. 7 Der Landkreis Vechta hat aktuell etwa 147 Tsd. Einwohner und laut Statistik des Kraftfahrtbundesamtes am 01.01.2023 etwa 91 Tsd. zugelassene Pkw. Damit bringen die Bürger dieses Landkreises geschätzt 365 Mio. € p.- a. für die Nutzung ihrer Pkw auf. 8 Seit 1. Dezember 2023 sind auch Fahrten mit der neuen landesbedeutsamen Buslinie zwischen Vechta und Cloppenburg als Teil von über die Mobilitätsplattform angebotenen Beförderungsketten möglich. Damit kann das ÖPNV-Taxi auch als MOBILITÄT ÖPNV Eingangsabbildung: © Landkreis Vechta, Steinkamp Hubertus Baumeister, Dr. Rechtsanwalt, BBG und Partner baumeister@bbgundpartner.de Horst Benz, Dipl.-Ing. Geschäftsführer kreamobil GmbH horst.benz@kreamobil.de Stephan Diekmann Landkreis Vechta, Zuständig für moobil+ 2632@landkreis-vechta.de Samir El-Zahab nbsw nahverkehrsberatung, Partner el-zahab@nbsw.de Christoph Zahrnt Projektverträge Ein Leitfaden für Projektmitarbeiter: innen 1. Au age 2023, 302 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-7398-3240-1 eISBN 978-3-7398-8240-6 Bei der Arbeit in Projekten hat man auf verschiedene Weise mit dem Vertragsrecht zu tun. Das Buch unterstützt unter anderem dabei, was bei der Erstellung einer Leistungsbeschreibung aus rechtlicher Sicht beachtet werden sollte. Die Leistungsbeschreibung kann den größten Teil eines Vertragsdokuments ausmachen. Der Autor erklärt zudem, was bei der sachgerechten Projektdurchführung in rechtlicher Hinsicht zu beachten ist. Hier spielt insbesondere die Abnahmeprüfung eine zentrale Rolle. Anzeige Zu- und Abbringer zu dieser wichtigen Linie innerhalb einer aufeinander abgestimmten Mobilitätskette genutzt und zusammen mit Fahrten auf der landesbedeutsamen Linie beauskunftet, gebucht und bezahlt werden. ÖPNV MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 54 DOI: 10.24053/ IV-2024-0011 LOGISTIK Güterverkehr 25 % zu steigern [1]. Aktuell liegt der Anteil der Schiene am gesamten Güterverkehr bei etwa 20 %, davon wiederum 17 % beim Einzelwagenverkehr [2]. Um Treibhausgasemissionen zu reduzieren, soll ein Modal Shift vom Straßenzum Schienengüterverkehr stattfinden, da der SGV knapp 90 % weniger Emissionen ausstößt [3] als der D er Schienengüterverkehr (SGV) gewinnt zunehmend an Aufmerksamkeit im Kontext der Erreichung der Klimaziele. Im Masterplan Schienengüterverkehr des BMDV hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, den Modal Split der Schiene am Güterverkehr bis 2030 auf mindestens Lkw-Verkehr, der mit seinem Modal Split von 71 % mit Abstand führt [4]. Der Einzelwagenverkehr (EV) ist eine Produktionsform des Schienengüterverkehrs, bei dem einzelne Wagen oder Wagengruppen über ein mehrstufiges, schienengebundenes Transportnetzwerk vom Sender zum Empfänger transportiert wer- Containerisierung des Einzelwagenverkehrs Wie die Trennbarkeit von Güterwagen und Behälter die Zukunft des Einzelwagenverkehrs beeinflusst Innovation, Schienengüterverkehr, Intermodaler Transport Die Nutzung des Schienengüterverkehrs ist wesentlich für die Erreichung der Klimaziele sowie für die Umsetzung der Ziele des Masterplan Schienengüterverkehr des BMDV. Um die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des Einzelwagenverkehrs zu steigern, sind innovative Konzepte notwendig. Die Containerisierung des Einzelwagenverkehrs durch Trennbarkeit von Güterwagen und Behälter bringt neue Potenziale mit sich, flexibler zu agieren, besser auf Kundenbedürfnisse einzugehen und dadurch den Modal Shift vom Straßenzum Schienengüterverkehr zu unterstützen. Ralf Elbert, Aylin Altun Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 55 Güterverkehr LOGISTIK DOI: 10.24053/ IV-2024-0011 den. Dabei werden zunächst einzelne beladene Güterwagen oder Wagengruppen von den Absendern mithilfe von Rangierfahrten gesammelt. Für eine maximale Auslastung der zulässigen Zugkapazitäten, vor allem die Zuglänge, werden diese auf der Hauptstrecke mit anderen Güterwagen bzw. Wagengruppen zusammengestellt, transportiert und anschließend an die Empfänger mittels entsprechender Rangierfahrten verteilt [5]. Durch das Zusammenstellen aus Einzelwagen und Wagengruppen können Effizienzvorteile der Schiene gegenüber der Straße erzielt werden. Im Vergleich zum Kombinierten Verkehr (KV) entfällt außerdem der Umschlag der Güter zwischen Straße und Schiene. Allerdings sind die Prozesse, die zur Zusammenstellung der Züge benötigt werden, sehr personal-, zeit- und kostenintensiv [6]. Der Einzelwagenverkehr heute Die Produktionsform des Einzelwagenverkehrs wird genutzt, wenn das Sendungsauf kommen für die Nutzung des Ganzzugverkehres, bei dem ein Kunde alle Wagen eines Zuges belädt und so bis zum Empfänger transportieren lässt [5], zu gering ist oder der Versender/ Empfänger bspw. aufgrund eines eigenen Gleisanschlusses keinen Bedarf für einen Vor- oder Nachlauf mit einem Lkw hat, wie es beim kombinierten Straßen- und Schienenverkehr der Fall ist. Der EV ist dementsprechend das schienengebundene Gegenstück zum Lkw-Verkehr, da Sendungen in einzelnen Wagen oder Wagengruppen transportiert werden können. Dies erklärt wiederum, warum der EV und der Lkw-Verkehr stärker im gegenseitigen Wettbewerb stehen [5]. Während sich die Transportleistung des Kombinierten Verkehrs von 2015 bis 2021 dynamisch von 51,6 auf 58,3 Mrd. Tonnenkilometern (tkm) entwickelt hat [7] , sind im Einzelwagenverkehr eher rückläufige Zahlen zu beobachten: Dort hat sich die Transportleistung von 2015 bis 2020 von 23 auf 21 Mrd. tkm verringert [1]. Grund dafür ist unter anderem die Tatsache, dass der EV sehr manipulationsintensiv ist [8]: Die Güterwagen erfordern sowohl bis zur Ankunft am Start-Rangierbahnhof als auch auf der Hauptstrecke und bis zur Ankunft beim Empfänger mehrfach Rangierfahrten, um die Züge so zusammenzustellen, dass sie über einen möglichst langen Streckenabschnitt eine vorteilhaft hohe Zugkapazität ausnutzen können. Dadurch ergeben sich mehrere Nachteile, z. B. hohe Rangierkosten an Zugbildungsanlagen und vor Ort bei den Versendern/ Empfängern als auch lange Transportzeiten. Dabei lässt sich ein signifikanter Anteil der Transportzeit im EV auf die Rangierfahrten zurückführen [6]. Veränderungen des EV durch eine Containerisierung Die im EV genutzten herkömmlichen Güterwagen sind fest verschweißte Einheiten von Tragwagen und Behälter. Die kleinste Sendungseinheit ist ein Güterwagen mit einer dazugehörigen Güterwagennummer [5]. Durch eine Containerisierung, die eine Trennung von Tragwagen und Behälter ermöglicht, ändert sich das - die kleinste Sendungseinheit wird ein Behälter. In der Konsequenz haben damit sowohl der Behälter als auch der Tragwagen eine eigene Nummer zur Identifikation und Steuerung. Solche Güterwagenkonzepte eröffnen neue Möglichkeiten, z. B. branchenspezifische Lösungen für den EV, und befinden sich aktuell in Planung oder sind gar im Umlauf auf den Schienen. Beispiele hierfür sind etwa der m²-Güterwagen von DB Cargo (siehe Abbildung 1), der InnoWaggon von Innofreight Solutions (siehe Abbildung 2), die Intermodalwagen von Wascosa sowie das Plattformkonzept TransANT der Rail Cargo Group. Gemeinsamkeit dieser innovativen Güterwagenkonzepte ist, dass sie unterschiedlichste modulare Tragwagen mit abnehmbaren, multifunktionalen Behältern verbinden. Dabei können die standardisierten Behälter bei den Kunden des EV abgeladen und von diesen angemietet werden, um sie innerhalb ihres eigenen Werkgeländes (fallweise sogar platzsparend gestapelt) als Lagerfläche zu nutzen. Die Tragwagen müssen im Vergleich zum Equipment im Kombinierten Verkehr weiterhin ablauf bergfähig sein, sodass sie rangiert werden können, was eine Grundvoraussetzung für die Nutzung im EV ist [9]. Während für die Nutzung von herkömmlichen Güterwagen im EV eine Anbindung an das Schienennetz durch einen Gleisanschluss notwendig ist, können durch eine Trennung von Tragwagen und Behälter auch Kunden ohne Gleisanschluss Güter beispielsweise über Railports versenden und empfangen, wobei ähnlich wie im KV die letzte Meile des Behälters über einen Transport auf der Straße stattfindet. Beim Versand können bereits beladene Behälter direkt auf die Tragwagen umgeschlagen werden, was die Anzahl an Rangierfahrten verringert. Im besten Fall können mit derselben Rangierfahrt, mit der die Behälter zum Kunden geliefert werden, neue Behälter abgeholt und weiter transportiert werden. Damit können Rangierkosten gesenkt und die Umlaufzeit reduziert werden. Die skizzierten Potenziale des EV durch eine Containerisierung, d. h. Trennbarkeit von Tragwagen und Behälter, stellt jedoch insbesondere die Disposition der Transporte vor neue Herausforderungen. Während im klassischen EV lediglich der Güterwagenumlauf gesteuert wird, müssen bei solch containerisierten Transporten zusätzlich zum Tragwagen auch die Behälter separat gesteuert werden. Wie in Abbildung 1 und 2 zu sehen, können bei einigen Anbietern sogar bis zu zwei Behälter auf einem Tragwagen platziert werden, was eine Steuerung noch komplexer gestaltet. Dies stellt ein taktisches Planungsproblem im Operations Research dar und wird in der Literatur als Bild 1: m²-System der DB Cargo (Bild: DB AG, Pablo Castagnola) Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 56 Artikelstartbild: © iStock.com/ Roman Vyshnikov DOI: 10.24053/ IV-2024-0011 Service Network Design Problem mit Asset Management bezeichnet [10]. Die Aufgaben, die sich dabei der Disposition stellen, sind: sowohl die Tragwagen als auch die Behälter effizient zu steuern, sodass Zugkapazitäten möglichst ausgelastet und Leerfahrten reduziert werden. Dabei sollen so viele Behälter wie nötig, jedoch so wenige wie möglich im Umlauf bleiben, um auch hier Kapazitäten auszuschöpfen und Leerstände zu vermeiden. Ziel ist eine Minimierung der Umlaufzeit von Tragwagen und Behälter, um möglichst viele Aufträge innerhalb einer Zeitperiode abwickeln zu können und somit die Transportleistung zu erhöhen. Zusammenfassung und weitere Entwicklung Insgesamt lässt sich festhalten, dass der EV einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten kann. Durch eine Containerisierung und die Entwicklung optimierter Dispositionsplanungen kann die Umlaufsteuerung der Tragwagen und Behälter effizient gestaltet und dadurch Zeit und Kosten gesenkt werden, was folglich die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs steigert [6]. Wie genau sich solche innovativen Güterwagenkonzepte auf die Umlaufsteuerung auswirken und welche Lösungsverfahren für die daraus resultierenden neuen Planungsprobleme in der Disposition möglich sind, wird aktuell im „Forschungslab innovativer Güterwagen“ untersucht - einem Kooperationsinstitut zwischen der DB Cargo und der TU Darmstadt, das die Zusammenarbeit im Bereich Planung und Analyse von Logistik- und Transportdienstleistungen fördert . Bild 2: MonTainer von Innofreight (Bild: Innofreight.com) LITERATUR [1] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (2021). Klimaschutz im Verkehr - Schienengüterverkehr.https: / / bmdv.bund. de/ DE/ Themen/ Mobilitaet/ Klimaschutzim-Verkehr/ Schienengueterverkehr/ schienengueterverkehr.html#: ~: text=Im%20 Masterplan%20Schienenverkehr%20 h a t % 2 0 s i c h , b i s % 2 0 z u % 2 0 1 5 0 % 2 0 Lkw%20ersetzen. (Abruf 05.01.2024) [2] Roland Berger im Auftrag des VDV: Gutachten zum Schienengüterverkehr in Deutschland bis 2030. URL: https: / / www. vdv.de/ rb-pub-21-021-cop-vdv-gutach tenschienengueterverkehr-210921-on line-es.pdfx (Abruf 05.01.2024) [3] Umweltbundesamt (2022). Emissionsdaten. https: / / www.umweltbundesamt. de/ themen/ verkehr/ emissionsdaten#ve rkehrsmittelvergleich_personenverkehr_ grafik (Abruf 05.01.2024) [4] Allianz Pro Schiene. Marktanteile: Der Erfolgskurs der Güterbahnen. https: / / www. allianz-pro-schiene.de/ themen/ gueterverkehr/ marktanteile/ (Abruf 05.01.2024) [5] Stuhr, H. et al. (2023). Schienengüterverkehr: Marktumfeld, Produktion, Technik und Innovation. Springer Fachmedien Wiesbaden. https: / / doi.org/ 10.1007/ 978- 3-658-38753-2 [6] Bundesnetzagentur (2022). Sondererhebung Einzelwagenverkehr, Marktstrukturen und Wirtschaftlichkeit. https: / / data.bundesnetzagentur.de/ Bundes netzagentur/ SharedDocs/ Downloads/ DE/ Sachgebiete/ Eisenbahn/ Unterneh men_Institutionen/ Veroeffentlichungen/ Marktuntersuchungen/ Sondererhebung/ ewv_bericht.pdf (Abruf 05.01.2024) [7] Statista (2023). Beförderungsleistung im kombinierten Verkehr in Deutschland in den Jahren 2007 bis 2021. https: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 1167956/ umfrage/ befoerderungs leistung-im-kombinierten-verkehr-indeutschland/ (Abruf 05.01.2024) [8] Mühlsteiger, A. & Rüger, B. (2020). Effizienzsteigerung im Einzelwagenver kehr. Eisenbahntechnische Rundschau (ETR), 19. http: / / hdl.handle.net/ 20.500. 12708/ 140228 [9] DB Cargo AG (2022). Wagen mit System. URL: https: / / www.dbcargo.com/ rail-de-de/ logistik-news/ neues-wagenkreislaufwirtschaft-salzgitter-ag-m2wagen-8965290 (Abruf 05.01.2024) [10] SteadieSeifi, M. et al. (2014). Multimodal freight transportation planning: A literature review. European journal of operational research 233.1. 1-15. Ralf Elbert, Prof. Dr. Leiter des Fachgebiets Unternehmensführung und Logistik, Technische Universität Darmstadt elbert@log.tu-darmstadt.de Aylin Altun, M. Sc. Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fachgebiet Unternehmensführung und Logistik, Technische Universität Darmstadt altun@log.tu-darmstadt.de LOGISTIK Güterverkehr Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 57 Xxxxx xxxxxxxxxxx LOGISTIK DOI: 10.24053/ IV-2024-0012 führen. Eine relevante Rolle spielt dabei das Luftverkehrsmanagement mit seinen drei Elementen [4] Luftraumgestaltung, Nachfrage-Kapazitäts-Ausgleich und Flugverkehrskontrolle. Getrieben durch technologisch bedingte Sprünge in der IT-Performance [5] sind in den vergangenen Jahren vermehrt KIgestützte Systeme in den Fokus gerückt, um das weltweite Luftverkehrsmanagement noch effizienter, sicherer und umweltgerechter zu machen. Es geht dabei nicht um die Entwicklung einer universellen künstlichen Intelligenz, sondern um die Nutzung von Maschinellem Lernen - also Algorithmen und Modelle, die dem System ermöglichen, aus Daten zu lernen und multidimensionale Muster und Zusammenhänge zu erkennen, die dem Menschen verborgen sind [6]. I m Luftverkehrsmanagement bieten KIgestützte Systeme sichtbare Potenziale für weitergehende Effizienz, Sicherheit und Umweltfreundlichkeit der Luftfahrt [1]. Trotz intensiver Forschung mit teils vielversprechenden Ergebnissen [2] sind weltweit noch keine maßgeblichen KI-Lösungen implementiert. Die Zurückhaltung bei der Umsetzung liegt an gewichtigen Gründen - in erster Linie dem Neuartigkeitscharakter, dazu einer konservativen Zuliefererindustrie und teilweise auch fehlenden Daten. Um die Potenziale von KI tatsächlich zu erschließen, hat die Branche diese Hürden aus dem Weg zu räumen und schlüssige Integrationsstrategien zu entwickeln. Rund 100.000 Flüge der kommerziellen Luftfahrt fanden weltweit 2023 im Mittel pro Tag statt [3]. Zahlreiche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um diese Flüge sicher und effizient an ihren Zielort zu Warum KI? Es gibt Rahmenbedingungen und Eigenschaften des Luftverkehrs, die Maschinelles Lernen für Anwendungen im Luftverkehrsmanagement geeignet erscheinen lassen: 1) Komplexität des Luftverkehrs Luftverkehr ist ein dynamisches, komplexes System mit einer Vielzahl an komplizierten Elementen, den Flugzeugen. Diese Elemente werden im kontrollierten Luftraum zentral orchestriert durch die Flugsicherung - allerdings in einer Grauzone zwischen Steuerung und Regelung. Sprachprobleme, Rufzeichenverwechslungen, unvorhersehbare Reaktionszeiten von Cockpitcrews, parallele Funksprüche und Nichtbefolgen von Anweisungen der Flugsicherung verhindern einen intakten Regelkreis. Diese Effekte machen Prozesse im Luftverkehr schwer vorhersehbar und führen zu emergenten Eigenschaften wie unerwarteten Engpässen Zukunft in der Warteschleife: KI in der Flugsicherung Luftverkehrsmanagement, Lösungen, Potenzial, Digitalisierung Künstliche Intelligenz (KI) hat das Potenzial, das Luftverkehrsmanagement nachhaltig zu verändern - relevante Anwendungen sind jedoch noch nicht marktreif. Jörg Buxbaum, Jens Konopka Flugsicherung TECHNOLOGIE Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 58 DOI: 10.24053/ IV-2024-0012 TECHNOLOGIE Flugsicherung oder Verzögerungen. Regelbasierte Algorithmen stoßen in diesem System schnell an ihre Grenzen. [7]. 2) Chaosverhalten des Flugwetters Luftverkehr findet im Freien statt - Flüge sind unablässig dem Einfluss von Wetter unterworfen. Wettergeschehen wiederum zeigt Eigenschaften von komplexen wie von chaotischen Systemen. Interaktionen seiner vielen Variablen wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Windmuster führen zu nichtlinearen Effekten und emergenten Phänomenen, die nicht oder nur sehr eingeschränkt vorausgesagt werden können [8]. 3) Analog-digitale Regelungskette Das Flugverhalten jedes einzelnen Flugzeugs ist zum einen stark regelbasiert (Internationale Flugregeln, örtliche geltende Verfahren, airlinebasierte Operation Manuals) und genügt bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Es ist gleichzeitig stark abhängig vom individuellen Verhalten der Pilotendyade, die wiederum überwiegend mündlich per analogem Sprechfunk mit der Flugsicherung kommuniziert und das Flugzeug über die händische Eingabe von Zielparametern oder manuellen Steuerimpulsen regelt. Von einer durchgängigen Digitalisierung ist das System Luftverkehr weit entfernt. 4) Datenlücken Viele prognose- und steuerungsrelevante Daten im Luftverkehr sind vorhanden und verfügbar (Flugzeugmuster, Airline, Destination, Flughöhe, Position). Andere Informationen sind nur einigen Prozessbeteiligten bekannt (Freigabeinformationen, Flugzeugmasse, Cost-Index) und stehen auch nur eingeschränkt digital zur Verfügung. Fallweise sind verfügbare Daten lückenhaft oder - wie zum Beispiel bei Wetterinformationen - nicht zwingend aktuell. KI ist in der Lage, „maßvolle“ Informationslücken kompensieren zu können. Gleichzeitig stellt jedoch die Nichtverfügbarkeit relevanter Datenquellen eine große Hürde dar, wie später noch erörtert wird. Maschinelles Lernen verfügt über Eigenschaften, die sehr gut zu den Rahmenbedingungen des Luftverkehrs passen, und kann deswegen eine spürbare Unterstützung bieten: Es werden große Mengen an Einflussfaktoren gleichzeitig berücksichtigt. Es besteht eine große Toleranz in Bezug auf die Höchstmenge gleichzeitig zu verarbeitender Daten aus unterschiedlichsten Quellen. Ergebnisse, Muster und Erfahrungen können leicht auf ähnliche, aber nicht gleiche Situationen übertragen werden. Mit Maschinellem Lernen können Erfahrungen aus unterschiedlichen, hochkomplexen Situationen gesammelt und verfügbar gemacht werden, die ein einzelner Mensch (z. B. Fluglotse) nie sammeln kann bzw. wofür er mehrere Berufsleben bräuchte. Stand der Anwendung von KI- Lösungen bei Flugsicherungen Während das Potenzial von KI beim Einsatz im Luftverkehrsmanagement groß erscheint, sind relevante KI-Systeme in operativen Bereichen der Flugsicherung weltweit noch nicht im Einsatz. Allein von der Kontrollzentrale Maastricht von EUROCONTROL ist bekannt, dass dort ein KI-gestütztes Planungssystem verwendet wird, um standardisierte Routenführungen für Flüge vorzuschlagen [9]. Allerdings steht diese Aufgabe nicht in Verbindung mit der unmittelbaren, operativen Flugverkehrskontrolle. Einige Umsetzungen gibt es auch bei der KI-gestützten Bildauswertung - einem der ältesten KI-Anwendungsfelder. So wird am türkischen Alanya Gazipaşa International Airport automatisch mit dem System „A- FOD“ von Argos AI mittels KI nach Objekten und Tieren auf dem Vorfeld- und Pistensystem gesucht [10]. Auch am Flughafen London Heathrow sorgen KI-gestützte Algorithmen in Verbindung mit hochauflösenden Kameras dafür, dass vom Kontrollturm bei schlechten Sicht- Luftraum- und Verfahrensplanung Nachfrage-Kapazitäts- Ausgleich Flugverkehrskontrolle ▪ Berechnung von optimalen Sektorzuschnitten und optimalen Sektorgrößen ▪ Zusammenstellung sinnvoller Kombinationen von Sektoren in Abhängigkeit von verschiedenen Verkehrs- und Wetterszenarien ▪ Berechnung energieeffizienter An- und Abflugverfahren samt passender Übergabehöhen zwischen Sektoren und Betriebseinheiten ▪ Ermittlung „ähnlicher“ Sektoren und Ableitung der zugrundeliegenden Eigenschaften ▪ Zusammenstellung von Lösungsstrategien (Kombination Wetter, Verkehrsbelastung, weitere Rahmenbedingungen) ▪ Verkehrsangepasste Sektorkonfigurationen für das optimale Verhältnis zwischen Personaleinsatz und Kapazität ▪ Strategische Personaleinsatzplanung ▪ Wetterprognose / Zugrichtungsprognose / Auswirkungen von Wetter auf den Flugbetrieb ▪ Spracherkennung, Workloadmessung am Arbeitsplatz ▪ Workloadprognose: Berechnung der zu erwartenden Aufwände in den nächsten 30 Minuten ▪ Identifikation von Einzelflügen, die besonders viel Aufwand bedeuten ▪ Antizipatives Conformance Monitoring (Pilotenverhalten - wird Wetter umflogen? ) ▪ Time oder Distance to fly für Anflüge ab Top of Descent (letzte Reiseflughöhe) ▪ Ermittlung energieeffizienter Trajektorien für Einzelflüge am Betriebstag ▪ Konflikterkennung weit vor Einflug in den Sektor unter Berücksichtigung des Vertikalflugverhaltens (Basis: Gesamte Verkehrssituation auf Basis eines hierfür trainierten, neuronalen Netzes) ▪ Fernziele: Optionen für Konfliktlösungen, Arbeitsaufteilung („KI-basierter Assistent“) Sonstiges: ▪ Verbesserte Prognose von Landezeiten als Unterstützung für Flughafenprozesse ▪ „Autolotsenfunktion“ für Realzeitsimulationen und für das Training ▪ Predictive Maintenance Tabelle 1: Potentiale KI-gestützter Systeme im Luftverkehrsmanagement Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 59 DOI: 10.24053/ IV-2024-0012 fürchtung, in ihrer beruflichen Rolle obsolet werden zu können [15]. Sachlich betrachtet ist für Fluglotsen diese Befürchtung derzeit unbegründet - die erfolgreiche Hochautomatisierung eines hochsicherheitsrelevanten, komplexen Systems wie der Flugsicherung ohne zentrale Verantwortung von menschlichen Experten ist bis auf Weiteres nicht absehbar [16]. d) Oligopolistische Lieferantenstrukturen Weltweit sind Flugsicherungssysteme stark von einer Zulieferindustrie abhängig, die vorwiegend von oligopolistischen Strukturen geprägt ist. In einem Oligopol bleiben bedeutsame (und kostenintensive) Innovationen oft im Hintergrund, solange kein anderer Marktteilnehmer den Weg bahnt. Ein Verdrängungswettbewerb findet in der ATM-Zuliefererindustrie kaum statt, da für Flugsicherungen der Wechsel von einem Anbieter zum anderen durchaus eine Dekade dauern könnte. Künstliche Intelligenz (KI) findet in diesem Umfeld eher Erwähnung in Prospekten und auf Fachmessen, anstatt sich als wirksame, marktreife Produkte zu manifestieren. e) Fehlende Daten Obwohl Künstliche Intelligenz grundsätzlich in der Lage ist, eine partielle Datenlücke zu kompensieren, stellt das gänzliche Fehlen relevanter Informationen eine erstellt eine Herausforderung für das Management dar und kann entsprechend kritisch betrachtet werden. b) Offene Zertifizierungsfragen Die nötige Zertifizierung von KI-Algorithmen ist noch nicht in allen Aspekten geklärt - weswegen auch die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA KI in den Fokus genommen hat [13]. Es gibt Projekte, deren Schwerpunkt allein auf der Zertifizierbarkeit von KI liegt. So z. B. im Projekt „KIEZ 4.0“, das im Rahmen des Luftfahrtforschungsprogramms von der Bundesregierung gefördert wird [14]. Sicher ist schon jetzt, dass sich KI-gestützte Anwendungen nicht laufend auf Grundlage aktualisierter Datenstände „erneuern“ dürfen. Für eine Zertifizierung braucht es einen kalkulierbar statischen Entwicklungsstand und reproduzierbare Ergebnisse. Gleichzeitig sorgen Neuerungen im Luftverkehrsmanagement (neue Verfahren, neue eingesetzte Flugzeugmuster, Änderungen von Flugregeln) dafür, dass regelmäßig neue Trainingsdaten benötigt werden und verarbeitet werden müssen - mit anschließender Neuzertifizierung der Software. c) Skepsis Auch potenzielle Vorbehalte in der Arbeitnehmerschaft können eine Rolle spielen - weckt doch KI bei vielen Menschen die Bebedingungen das Abrollen von Flugzeugen von den Pisten zuverlässig erkannt werden kann [11]. Gründe für zurückhaltende Implementierungen Es gibt verschiedene Gründe für das branchenweite Fehlen bereits eingeführter und laufender KI-Lösungen: a) Hang zu bewährter Technik Flugsicherung ist geprägt von traditioneller, bewährter Technologie und dem Bestreben, sichere, vergleichsweise simple und vor allem nachvollziehbare Lösungen zum Management des Luftverkehrs zu bieten - und das kreative Element dem Entscheidungsträger Mensch (Fluglotse) zu überlassen. Neuartige technische Optionen leiden in der Luftfahrt unter einem extrem langen Realisierungszeitraum von teilweise mehreren Jahrzehnten - z. B. bei der Einführung von ADS-B [12]. (ADS-B steht für Automatic Dependent Surveillance-Broadcast - per ADS-B senden Flugzeuge automatisch ihre eigene Position und andere Informationen an Bodenstationen und andere Flugzeuge aus.) Solche langwierigen Entwicklungsprozesse führen dazu, dass schnelle Leistungsoptimierungen bei Flugsicherungssystemen oder unmittelbare Gewinne für Zulieferunternehmen nicht in Aussicht stehen. Dies Bild 1: Mögliche Einsatzgebiete KI-gestützter Systeme und Lotsenassistenz über den Flugverlauf und am Lotsenarbeitsplatz Flugsicherung TECHNOLOGIE Learning-basierte Prädiktionsverfahren im KI-AMAN deutlich bessere Anflugreihenfolgen berechnet als konventionelle AMANs [19]. Vorhersage wetterbedingter Betriebseinschränkungen für Flughäfen Im Forschungsvorhaben „Met4Airports“, das Ende 2023 abgeschlossen wurde, kam KI zum Einsatz, um Betriebseinschränkungen durch Gewitter für die Flughäfen Frankfurt und München vorherzusagen. Ziel davon war die verbesserte Planung für die Flugsicherung und das Flughafenpersonal durch die Verknüpfung meteorologischer Daten mit Betriebsdaten der Flughäfen und der DFS. Die Auswertungen für die Zielgrößen Einzelflugverspätung, Durchschnittsverspätung und Departure Rate zeigten Ergebnisse, die die vorhandenen Baselines übertreffen. Die entwickelte Vorhersage für wetterbedingte Verspätungen wurde von Operateuren der DFS und der Münchner Flughafengesellschaft FMG als hilfreich bewertet. Besonders bei prozessübergreifenden Koordinierungsaufgaben und der Personalplanung bei schlechtem Wetter erkannten die Beteiligten Vorteile. Das Forschungsvorhaben sah sich einigen Herausforderungen gegenüber. Die begrenzte Verfügbarkeit von Daten, insbesondere hinsichtlich der Archivierungszeiträume, erwies sich als zentral. Einschränkungen für das eingesetzte KI- Verfahren resultierten auch aus späten und nur reaktiven Aktualisierungen der TOBT (=Target Off Block Time) von Fluggesellschaften. Hier zeigte sich, dass die Qualität von KI-Berechnungen von der Güte der Eingangsdaten abhängt. Änderungen an den meteorologischen Vorhersagemodellen stellten eine weitere Herausforderung dar, da kontinuierliche Anpassungen erforderlich waren. Während der Corona-Pandemie traten spezifische Probleme auf, da die Daten in dieser Zeit nicht repräsentativ waren. Als Ergebnis des Projekts wurde deutlich, dass vor einer potenziellen Implementierung weitere Forschungsarbeit notwendig ist. LOKI: Mensch und KI als Partner? Das DLR untersucht seit 2022 in Zusammenarbeit mit Austro Control und DFS im Projekt LOKI (Kollaboration von Luftfahrt- Operateuren und KI-Systemen) die Möglichkeit, bestimmte Aufgaben am Lotsenarbeitsplatz in Zukunft (2040 oder später) an eine KI-Instanz zu delegieren. In LOKI wird der Prototyp eines KI-gestützten Assistenten entwickelt, der Fluglotsen in ihrer anspruchsvollen Arbeit unterstützt. flughafen München besser vorherzusagen. Dabei wurde das System, das sich nicht im operationellen Einsatz befindet, mit der aktuellen Position und Geschwindigkeit des Luftfahrzeugs sowie mit der Anzahl der anderen im Anflug befindlichen Flugzeuge und Informationen über das vorherrschende Windprofil gespeist. Die Vorhersagegüte lag deutlich über den bislang im Einsatz befindlichen Methoden. Die Abbildung zeigt die Positionen von Flugzeugen im Anflug auf die Pisten 26R/ L des Flughafen München 10 Minuten vor der per KI vorhergesagten Landung (grün) und 15 Minuten (orange). Die Abbildung illustriert anhand zweier stattgefundener Anflüge, dass aus der lateralen Position eines Flugzeugs im Flughafennahbereich nur schlecht auf die genaue Landezeit geschlossen werden kann. Grund dafür ist, dass weitere Faktoren die restliche Flugzeit bestimmen, u. a. das Windfeld, das Geschwindigkeitsprofil im Anflug sowie die Eindrehpunkte auf den „Transitions“ bzw. fallweise eine direkte Routenführung, was auch von anderen im Anflug befindlichen Flugzeugen beeinflusst wird. Mithilfe des maschinellen Lernens können diese Effekte berücksichtigt und die Genauigkeit der Landezeitvorhersage stark verbessert werden. Die mittels des neuronalen Netzes erzeugte Vorhersage hat - bezogen auf die tatsächliche Landezeit (Standardabweichung) - einen Fehler von 1 Minute 10 Minuten vor der Landung und von 1,4 Minuten 15 Minuten vor der Landung. Es wird erwartet, dass die Leistung weiter gesteigert werden kann, wenn beispielsweise Informationen über den Flugzeugtyp ebenfalls berücksichtigt werden. Örtliche Anpassung eines Arrival-Management-Systems Ein anderes Beispiel für die Potenziale eines KI-basierten Systems ist eine Entwicklung im Arrival-Management-System (AMAN) der DFS, der ebenfalls im Rahmen des Projekts „KIEZ 4.0“ stattfand. Bisher musste bei der Entwicklung von Anflugplanungen die Reihenfolgeplanung mit einem großen Aufwand an die speziellen operationellen Anforderungen des jeweiligen Standorts und die Arbeitsweisen der Lotsen angepasst werden. Verfahren aus dem Bereich des maschinellen Lernens erlauben es nun, dieses Wissen durch selbstlernende Algorithmen aus Daten zu extrahieren. Der Zeitaufwand einer Implementierung wird verringert - unter Aufrechterhaltung der Planungsqualität und der Lotsenakzeptanz. Als Nebeneffekt ergab sich eine massive Abnahme des Programmieraufwands. Durch Verwendung von KI-Verfahren im AMAN wurden die Anzahl nötiger Programmierzeilen um 97 % reduziert. Simulationen beim DLR in Braunschweig zeigten, dass das Machinehebliche Hemmschwelle für Fortschritte in der KI-Entwicklung dar. So gibt es teilweise national sehr strenge Regelungen zur Verwendung von (prinzipiell bei der Flugsicherung vorliegenden) Flugverlaufsdaten und Sprachdaten - andere Daten (z. B. Freigabeinformationen, Cost-Index, Vorgaben aus den Operation Manuals der Airlines) sind schlicht nicht verfügbar, weil die Verteilung dieser Information bisher keinen Nutzen versprach. Herauszuheben ist der Umstand, dass selbst der für eine Trajektorienprognose sehr relevante Wert der aktuellen Flugzeugmasse den Flugsicherungen von den Fluggesellschaften in der Regel nicht übermittelt wird. Ob Sicherheitsbedenken die Bewertung von KI-gestützten Lösungen für die Luftfahrt prägen, kann gerade die Steigerung der Sicherheit eine Motivation für den Einsatz von KI in der Flugsicherung sein. Begründet wird diese Erwartung mit der Eigenschaft maschineller Lernmethoden, das Verhalten von Systemen allein aus Daten erlernen und modellieren zu können. Insbesondere bei Systemen, die von einer Vielzahl von ggf. ebenfalls zueinander in Abhängigkeit stehenden Parametern abhängen, zeigt sich KI konventionellen Algorithmen oft überlegen. Von solchen disruptiven, immensen Verbesserungen wie durch Alpha-Fold [17] ist die Flugsicherungswelt noch weit entfernt, erste Entwicklungen sind aber vielversprechend. Steigflugprognose So zeigte sich in Untersuchungen im Forschungsbereich der DFS (DFS Deutsche Flugsicherung GmbH) in Zusammenarbeit mit dem chinesischen Forschungszentrum NRIEE (Nanjing Research Institute of Electronic Engineering), dass die Prognosequalität von Steigflugverhalten von Einzelflügen mittels Maschinellem Lernen gesteigert werden kann [18]. Die Methode erlaubte, die unbekannten Parameter für die (physikalischen) Modelle zu schätzen, für die Inferenz wurden für diese Zwecke trainierte neuronale Netze eingesetzt. Profitieren würde dabei u. a. die Zuverlässigkeit von Konflikterkennungssystemen, verbunden u. a. mit der Abnahme der Anzahl von Falschalarmen und Zunahme des Vertrauens des Operateurs in das System. Gleichzeitig illustriert dieser Anwendungsfall einen sehr wichtigen Punkt: KI ersetzt nicht die Fluglotsinnen und Fluglotsen - sondern unterstützt sie in ihrer Arbeit mit besseren Informationen und Vorschlägen. Landezeitvorhersage Ein weiteres neuronales Netz kam in einem Vorhaben der DFS zum Einsatz, um die Landezeit von Flügen auf dem Verkehrs- Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 60 DOI: 10.24053/ IV-2024-0012 TECHNOLOGIE Flugsicherung Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 61 DOI: 10.24053/ IV-2024-0012 4) Kompensation von Fluglotsenmangel Ein zukünftig zu erwartender, unerwünschter Fluglotsenmangel [24] erfordert innovative Lösungen. KI-gestützte Assistenzsysteme können die Arbeit der vorhandenen Fluglotsen unterstützen, indem sie komplexe Aufgaben übernehmen, Workloads prognostizieren und Konflikte frühzeitig erkennen. Damit könnte auch mit einem verringertem Personalstamm die nötige Sicherheit und Kapazität geboten werden, unter Einhaltung der Workload- und Arbeitszeitgrenzen für die Fluglotsinnen und Fluglotsen. Fazit KI hat das Potenzial, neue Dimensionen in der Sicherheit, der Kapazität und der Umwelteffizienz in der Luftfahrt zu erschließen. Während es wohl eine Vielzahl konkreter Einsatzoptionen, Forschungsvorhaben und Dutzende internationaler Gremien und Arbeitsgruppen in dem Kontext gibt, ist der Weg von KI in die Realität des Flugsicherungsbetriebs steinig. Insbesondere aufgrund der offensichtlichen Neuartigkeit, seinem geringen Überlapp mit angestammten Technologien in der Luftfahrt, fehlendem Wettbewerb unter den Systemlieferanten und fehlenden Daten sind die Fortschritte langsamer als in anderen Industrien. rieren und damit die Sicherheit signifikant erhöhen. 2) Umweltgerechte Flugführung Energieeffiziente Flugführung wird in den nächsten Jahren nochmals deutlich an Relevanz zunehmen. KI-gestützte Systeme können Fluglotsen unterstützen, den Luftverkehr treibstoffsparend zu führen und - wo nötig - um contrailfördernde, eisgesättigte Gebiete herumzuführen, ohne in den umliegenden Bereichen für eine Überlast zu sorgen [21] [22]. 3) Effekte des Klimawandels Der Klimawandel führt zu gravierenderen Wetterphänomenen, die einen signifikanten Einfluss auf das Luftverkehrsmanagement haben [23]. Mehr und mehr ist eine fortschrittliche Wetterprognose erforderlich, die diesen neuen Anforderungen Rechnung trägt - beispielsweise im erwähnten Projekt Met4airports. KI kann komplexe Zusammenhänge zwischen Wetterparametern analysieren und Vorhersagen erstellen, inklusive der Befliegbarkeit bestimmter Wetterzonen. Die Integration dieser Prognosen in Lotsenarbeitsplätze ermöglicht eine frühzeitige Erkennung von wetterbedingten Herausforderungen und verbessert die Resilienz des Luftverkehrssystems. Im Fokus von LOKI steht auch die Interaktion zwischen Mensch und KI: Wie zuverlässig muss eine derartige Assistenz sein? Welche Aufgaben können an eine KI delegiert werden - und welche auf keinen Fall? Wie verhält sich eine Assistenz, wenn die zu lösende Aufgabe nicht lösbar scheint oder technische Einschränkungen eine Lösung erschweren? Wie bleiben Fluglotsinnen und Fluglotsen im „Loop“ bei dem, was die KI entscheidet - und wie nachvollziehbar sollten deren Entscheidungen sein [20]? Treiber für KI-Anwendungen: Die Zeit Offen ist, ob die Entscheidung zur Nutzung von KI im Luftverkehrsmanagement allein durch die Flugsicherungen getroffen werden kann - oder Veränderungen in den Rahmenbedingungen für Luftverkehr von sich aus nach derartigen Lösungen verlangen. 1) Steigerung der Flugsicherheit bei zunehmendem Luftverkehr Mit dem zu erwartenden weiteren Anstieg des Luftverkehrs wird die gleichzeitig nötige Steigerung des Sicherheitsniveaus pro Flug zur obersten Priorität, um das Sicherheitsniveau des Gesamtsystems Luftverkehr auf dem etablierten Stand zu halten. KI-basierte Systeme können frühzeitig Konflikte identifizieren, Lösungsoptionen gene- Abbildung 2: Positionen von Flugzeugen im Anflug auf die Pisten 26R und 26L des Flughafen München 10 Minuten vor der per KI vorhergesagten Landung (grün) und 15 Minuten (orange). Die beiden eingezeichneten, beispielhaften Einzelflüge zeigen, dass die Restflugzeit nicht unmittelbar aus der Position des Anflugs abgeleitet werden kann. Datengrundlage sind alle Anflüge bei Betriebsrichtung West über ein volles Jahr. Flugsicherung TECHNOLOGIE Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 62 Artikelstartbild Headerbild zur Illustration, AIgeneriert DOI: 10.24053/ IV-2024-0012 Je mehr der Umgang mit KI in der Gesellschaft, in der Mobilität und auch in der Luftfahrt zur Normalität wird - umso rascher und zielgerichteter werden sich auch KI-Lösungen im Flugverkehrsmanagement etablieren. Angefangen in unkritischen Anwendungsbereichen, bis hin zum langfristigen Ziel einer wirkungsvollen Unterstützung von Lotsen in ihrer zentralen Aufgabe - der sicheren Steuerung und Kontrolle von Luftverkehr. LITERATUR [1] AlishaS (2023). How Artificial Intelligence Is Used in Air Traffic Control (2023) Aufgerufen am 14.1.2024. 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Da I n den letzten Jahren erfährt automatisiertes Fahren eine hohe Aufmerksamkeit sowohl in der Industrie und Forschung als auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Moderne Fahrzeuge haben schon automatisierte Funktionen in Serienmodellen, wie z. B. der Drive Pilot von Mercedes Benz [1]. Die bereits erhältlichen Systeme beschränken sich jedoch auf bestimmte Bereiche, z. B. nur für Audie Möglichkeiten der Szenarien und Situationen nahezu unendlich groß sind, kann ein solches System nicht einfach regelbasiert arbeiten. Stattdessen sind KI-Ansätze üblich, bei denen das System anhand vorgegebener Trainingsdaten selbständig lernt. Die am häufigsten anzutreffenden Verfahren basieren entweder auf dem „Endto-End“-Prinzip oder dem „Sense-Plan- Act“-Prinzip. Beim „End-to-End“-Prinzip KI-FLEX: Autonomes Fahren, sicher und zuverlässig Rekonfigurierbare Hardwareplattform zur KI-basierten Sensordatenverarbeitung für das autonome Fahren Autonomes Fahren, KI, LIDAR, Objekterkennung, KI-FLEX Automatisiertes Fahren gewinnt zunehmend an Bedeutung in. Der flächendeckende Einsatz von automatisierten Fahrsystemen, insbesondere in städtischen Gebieten, ist jedoch immer noch ein hochaktuelles Forschungsthema. Künstliche Intelligenz (KI) wird dabei eingesetzt, um die Umgebung der Fahrzeuge zu erfassen. Der im Projekt KI-Flex als ASIC entwickelte flexible Multi-Core-Deep- Learning-Beschleuniger ist kleiner und energiesparender als herkömmliche KI-Systeme. Mit an diese Hardware angepasste KI-Algorithmen können damit Objekte hochpräzise erkannt werden. Bernd Schäufele, Michael Rothe, Philipp Holzinger, Simon Pfenning, Julian Pfeifer, Johann Nikolai Hark, Carsten Reuter, Hans-Joachim Stolberg Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 65 DOI: 10.24053/ IV-2024-0013 Autonomes Fahren TECHNOLOGIE bestehen die Trainingsdaten aus einem zusammengehörigen Abbild der Umgebung, also z. B. Kamerabildern und LIDAR-Punktwolken sowie Steuersignalen für das Fahrzeug. Die KI versucht dabei im Training, aus den Umgebungsinformationen direkt Handlungsweisen für das Fahrzeug zu lernen. Da die möglichen Szenarien so vielfältig sind, werden dafür besonders viele Trainingsdaten benötigt. Das „Sense-Plan-Act“-Muster unterteilt das automatisierte Fahren in mehrere Einzelschritte. Zunächst wird in der „Sense“- Phase ein Verständnis der Umgebung geschaffen. Das geschieht mit Objekterkennung aus Sensoren, v. a. Kamerabildern und LIDAR-Punktwolken. Im „Plan“-Schritt wird aus der Karte, dem erkennbar befahrbaren Bereich aus der Sensorik sowie den Parametern des Fahrzeugs, eine Trajektorie berechnet, die das Fahrzeug abfahren kann. Schließlich wird im „Act“-Teil die Trajektorie durch die Fahrzeugaktorik geregelt. Insbesondere bei „Sense“ und „Plan“ kommen KI-Algorithmen zum Einsatz, während die Regelung durch klassische Verfahren gut umgesetzt werden kann. Auch wenn das „Sense-Plan-Act“-Verfahren geringere Daten- und Rechenanforderungen als das „End-to-End“-Verfahren hat, werden für die Ausführung immer noch leistungsstarke Rechner benötigt. Seit einigen Jahren ist Deep Learning, d. h. tiefe neuronale Netze, sehr verbreitet. Da diese Netze sehr groß sind und mit vielen mathematischen Operationen Grafikberechnungen ähneln, sind in Forschungsfahrzeugen häufig Grafikprozessoren mit mehreren GB-Arbeitsspeicher verbaut. Diese können große Teile des Kofferraums in Anspruch nehmen. Da derartige Rechner nicht geeignet sind, in Serienfahrzeugen verbaut zu werden, ist nicht nur auf Softwareseite, sondern auch im Hardwarebereich noch Entwicklungsarbeit notwendig. Das Projekt KI-Flex hat sich zum Ziel gesetzt, einen flexibel programmierbaren Multi-Core-Deep-Learning-Beschleuniger als ASIC (FlexAISIC) zu entwickeln. Dieser ASIC ist um ein Vielfaches kleiner als gängige Hochleistungs-PCs. Der ASIC kann vor allem für die Objekterkennung mit neuronalen Netzen aus Kamera- und LIDAR-Daten verwendet werden. Dieser Artikel zeigt die Ergebnisse dieses Projekts, welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde. KI-Software für Objekterkennung in automatisierten Fahrzeugen KI-Software basiert heutzutage in vielen Fällen auf tiefen neuronalen Netzen. Dabei wird eine hohe Anzahl von hintereinander verketteten Recheneinheiten, so genannten Neuronen, eingesetzt. Im einfachsten Fall sind die Neuronen in aufeinanderfolgenden Ebenen teilweise oder vollständig miteinander verknüpft. Jedes Neuron berechnet anhand einer gewichteten Aktivierungsfunktion aus den Eingangsdaten neue Ausgangsdaten, die der nächsten Ebene wieder als Eingang dient. Die Eingangsdaten für die ersten Neuronen sind das vollständige Sensorabbild, z. B. ein Kamerabild. Die letzte Schicht liefert als Ergebnis eine Objekterkennung oder -klassifizierung. Die Schichten dazwischen reagieren auf von Schritt zu Schritt größer werdende, abstrakte Merkmale innerhalb des Eingangssignals. Vorbild für dieses Verarbeitungsverfahren sind die Neuronen im menschlichen Gehirn, die ebenfalls stufenweise Objekte erkennen. Dabei werden z. B. bei einem Auto zuerst charakteristische Merkmale wie das Kennzeichen oder der Abstand der Scheinwerfer erkannt, bevor das Auto als zusammenhängendes Objekt erfasst wird. Eine weit verbreitete Netzarchitektur für die Objekterkennung mit neuronalen Netzen sind Convolutional Neural Networks (CNNs) [1]. Diese Architekturen machen sich die rasterförmige Anordnung von Bildern zu Nutzen. Die einzelnen Schichten können dabei aus den Komponenten „Convolution“, „Pooling“ oder „Fully Connected Layer“ bestehen. Bei Convolution wird für jeden Pixel im Bild ein neuer Wert abhängig von der Umgebung des Pixels berechnet. Beim Pooling findet ein Downsampling statt, d. h. die Bildgröße wird reduziert, und bei Fully Connected Layers besteht eine 1: 1-Verbindung zur vorherigen und nachfolgenden Schicht. Durch diese einheitlichen Layers und die für die Berechnung der Aktivierungsfunktionen benötigten mathematischen Operationen bieten sich CNNs für die Entwicklung eines FlexAISIC an. Da neuronale Netze i.d.R. für diese Operationen Software-APIs, wie TensorFlow oder PyTorch, verwenden, können diese APIs in Hardware abgebildet werden. Der Auf bau der in KI-Flex entwickelten Hardware wird im nachfolgenden Kapitel beschrieben. Aufbau der KI-Flex Hardware Hauptproblem im Bereich des autonomen Fahrens und der Verwendung der CNN- Netzwerk-Architektur ist die große Menge an Sensordaten und mathematischen Operationen, die kontinuierlich verarbeitet und berechnet werden müssen. Dies muss zur Wahrnehmung der Umgebung und dem Erkennen potenzieller Hindernisse zudem nicht nur mit hoher Geschwindigkeit in Echtzeit, sondern auch mit einem sehr niedrigen Energieverbrauch erfolgen. Aus diesem Grund ist es notwendig, solche Systeme weg von klassischen Grafikprozessoren hin zu spezialisierteren Schaltkreisen zu entwerfen. Jedoch ist der Bereich der Algorithmik der künstlichen Intelligenz auch einer Bild 1: Blockdiagramm der KI-Beschleuniger-Hardware Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 66 DOI: 10.24053/ IV-2024-0013 FPGA, auf dem dynamisch zur Laufzeit bis zu zwei weitere FlexAICores mit beliebiger Funktionalität konfiguriert werden können. Dieses Board lässt sich dann als reguläre PCIe-Steckkarte in verschiedenen Systemen verwenden. Als Basis wird dafür im KI-Flex-Projekt ein AMD ZCU102 verwendet, das aus einer 4-Kern ARM Cortex A53 CPU und einem FPGA-Teil besteht, der bis zu fünf weitere dynamische FlexAICores fassen kann. Die Verwaltung der FlexAICores wird dabei von dem Treiber, Management Daemon und der als einheitlichen Schnittstelle agierenden User-Space-Software- Bibliothek des auf der CPU laufenden HERA- Frameworks [2] übernommen. Dieses hat als Ziel, (rekonfigurierbare) Beschleunigerhardware einfach und transparent für Anwendungssoftware zugängig zu machen. Dazu unterhält es zuerst einen Bitstream Cache, der auf einem geeigneten Rechner sowohl die statischen FPGA-Teile als auch die dazu passenden dynamisch rekonfigurierbaren FlexAICores erzeugt. Erstere werden über einfache Konfigurationsparameter (Host Interface, lokaler Speicher, Anzahl Cores, ...) und letztere per High-Level- Synthese aus der hardwareunabhängigen Zwischensprache HSAIL generiert. Dieser Cache wird dann in das eingebettete System im Auto übertragen. HERA nutzt diesen im Folgenden, um die von allen Anwendungen angefragten Kernels automatisiert zur Laufzeit zu analysieren und die benötigten FlexAICores je nach Bedarf dynamisch auszutauschen. Auf bauend auf der HERA-User- Space- Schnittstelle wurde zudem zur vereinfachten Verwendung sowohl TensorFlow erweitert als auch ein OpenCL Frontend bereitgestellt [3]. Diese erlauben es nun, sowohl die im Folgenden vorgestellten CNNs im Ganzen oder in Teilen als auch beliebige weitere und zukünftige Kernel auf den FP- GAs im System auszuführen. Der FlexAISIC ist in Bild 3 dargestellt. Die vollständige Verarbeitung aller Layer der im Folgenden vorgestellten CNNs wie auch beliebiger weiterer und zukünftiger Kernels ist ebenso auf den frei programmierbaren v-MP+ Kernen des FlexAISICs möglich. Die Implementierung aller Kernels (sowie von zusätzlichem Pre- und Postprocessing und weiterer Signalverarbeitung) erfolgt auf der auf Effizienz und Flexibilität optimierten Datenpfad- und Speicherarchitektur. Die mit 1 GHz Taktrate laufenden v-MP+-Kerne sind vollständig in Firmware und auch zur Laufzeit durch Nachladen von anderem Code dynamisch änderbar. Dabei können die acht v - MP+-Kerne des FlexAISIC wahlweise alle an einer Aufgabe arbeiten oder in beliebigen Gruppen bis hin zu einzelnen Kernen durch Booten unterschiedlicher Firmware je nach den Anwendungsstetigen schnellen Weiterentwicklung unterworfen, bei dem der Hardwareentwurf mit seinen langjährigen Entwicklungszyklen an seine Grenzen kommt und mehr Flexibilität erfordert. Aus diesem Grund wurde die KI-Flex-Hardware im Hinblick auf zwei Hauptziele entwickelt: Einerseits die Bereitstellung von performanten und energieeffizienten Recheneinheiten, die in der Lage sind, trainierte State of the Art CNNs in Echtzeit auszuwerten. Andererseits die Ergänzung dieser um flexible Beschleunigerhardware, die sich dynamisch an die Rechenanforderungen unterschiedlicher Umgebungsbedingungen anpassen und auch im Nachhinein noch flexibel adaptiert werden kann. Die für diese Anforderungen geeignete und im Projekt entwickelte Hardwarearchitektur ist in Bild 1 dargestellt. Sie ist in drei verschiedene Teilkomponenten untergliedert. Hauptbestandteil ist dabei der in 22nm FDSOI bei Globalfoundries gefertigte 8.68 mm² große FlexAISIC, dessen Layout in Bild 2 zu sehen und der für die grundlegenden CNN-Berechnungen verantwortlich ist. Dieser besteht einerseits aus acht programmierbaren Videantis v-MP+ Kernen und anderseits aus einem fixen FlexAICore zur Berechnung von Dense Layern. Komplementiert werden diese Recheneinheiten von 2 MB SRAM, um Daten lokal im Chip halten und schnellen Zugriff gewährleisten zu können. Das PCB mit dem FlexAISIC ist per FMC auf das TEC0330 - PCIe-FMC-Carrier Board montiert. Dieses beinhaltet einen Bild 2: Floorplan des FlexAISIC Bild 3: Der 8,86 mm 2 große FlexAISIC als Hauptbestandteil der KI-Flex-Beschleuniger- Hardware (hier: inkl. Aufsteckplatine auf das PCIe-FMC-Carrierboard) Bild 4: Vergleich der KI-Flex-Beschleuniger- Hardware (rechts) mit einem herkömmlichen KI-PC (links) / © Marc Frommer / Fraunhofer FOKUS TECHNOLOGIE Autonomes Fahren Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 67 DOI: 10.24053/ IV-2024-0013 verwendet. Die ursprünglich breitformatigen Bilder werden auf die Größe 300x300 herunterskaliert, bevor sie durch das Base Network verarbeitet werden. Als Ergebnis erzeugt das Base Network Feature Maps mit verschiedenen Auflösungen, die als Input in das Feature Network eingegeben werden. Dort werden sie mit Convolutions weiterverarbeitet, damit das Prediction Network daraus die Wahrscheinlichkeiten der Objektklassifikationen sowie die Bounding Boxes der erkannten Objekte prädizieren kann. Dies erfolgt ebenfalls mit Hilfe von Convolutions. Mit Non-Maximum-Suppression wird schließlich die wahrscheinlichste Objekterkennung ausgegeben und in das ursprüngliche Bild zurückberechnet. Die verwendete Architektur ist in Bild 5 dargestellt. Der LIDAR-Sensor besteht aus 32 einzelnen Laserschichten, für die in einem 360-Grad-Scan und einer horizontalen Winkelauflösung von bis zu 0.08 Grad maximal 4500 Punkte ausgegeben werden. Um diese Daten zu reduzieren, werden die LIDAR- Daten in einem zweidimensionalen Raster mit einer Zellgröße von 15x15 cm auf einer Gesamtfläche von 150x150 m um das Auto anforderungen jeweils unterschiedliche Aufgaben bearbeiten. Das optimierte Mapping vollständiger neuronaler Netze auf beliebige Anzahlen vorhandener v-MP+-Kerne wird dabei von einem automatisierten Mapping-Tool übernommen. Dieses sorgt für die Partitionierung der Verarbeitung auf die gewählte Anzahl von Kernen, das Scheduling von Speichertransfers unter Einbeziehung des über eine High-Speed-Busmatrix angebundenen On-Chip SRAMs und schließlich für die vollständige Codegenerierung für die v-MP+-Kerne. Vor der finalen Festlegung erlaubt das Mapping-Tool eine Exploration, um vorab festzustellen, welche Anzahl von Kernen und Speichergröße für die Erfüllung vorgegebener Anwendungsanforderungen ausreichend sind, so dass die nicht hierfür benötigten Ressourcen parallel für weitere Verarbeitungsaufgaben zur Verfügung stehen. So ließe sich bei gleichzeitigem Einsatz aller acht v-MP+-Kerne des FlexAISICs für das im Folgenden beschriebene neuronale Netz zur Bilderkennung eine Inferenzrate von jenseits 100 fps erreichen, während für den Praxiseinsatz niedrige zweistellige Inferenzraten ausreichend sind. Somit ist ein Großteil der Kerne parallel für weitere Aufgaben einsetzbar. In Bild 4 kann der Größenvergleich zu einem herkömmlichen System gesehen werden. Training neuronaler Netze für die KI-Hardware Die neuronalen Netze, die für KI-Flex verwendet werden, sind in der Lage, Bild- und LIDAR-Daten zu verarbeiten. Da LIDAR- Punktwolken sehr große Datenmengen erzeugen, werden diese in eine abstrakte Repräsentation umgewandelt, die ähnlich wie Bilder verarbeitet werden können. Eine Herausforderung in KI-Flex ist die Größe der Input-Daten, die der Flex-AISIC verarbeiten kann. Für diesen Zweck wurden daher spezielle neuronale Netze trainiert. Für die Bilderkennung wird eine Single- Shot-Detector[5]-Architektur verwendet. Sie ist einstufig und besteht aus drei verketteten Netzwerkmodulen. Dabei werden zunächst grundlegende Merkmale im Bild durch ein Base Network extrahiert. Hierfür wird ein Inception V2[6]-Netzwerk Bild 5: Neuronale Netze für die Bilderkennung. Das Base Network nutzt eine Inception V2 Architektur zur Feature Extraktion. Das Feature Network verarbeitet diese weiter und schließlich bestimmt das Prediction Network die Klassenwahrscheinlichkeiten und Bounding-Box-Positionen. Bild 6: Untersuchung der Komprimierungsalgorithmen (PNG3 - JPG95 bedeutet mit PNG3 trainiert aber JPG95 getestet) berechnet. Für jede Zelle wird der höchste und niedrigste LIDAR-Punkt bestimmt sowie als dritter Wert die maximale Reflektivität. Die 1000x1000 Zellen des Rasters mit jeweils drei Werten pro Zelle ähneln einem RGB-Bild mit einer Auflösung von 1000x1000. Dieses Abbild kann in eine ähnliche Netzwerkarchitektur wie das Bild gegeben werden. Dabei unterscheidet sich vor allem das Feature Network. Es besteht nicht aus simpel verketteten Convolutions, sondern einer Feature Pyramid [7]. Dabei werden durch wiederholtes Upsampling, Convolutions und geschickte Kombination mit Feature Maps aus dem Base Network detaillierte Feature Maps mit verschiedenen Skalierungen erzeugt. Durch die Ansicht aus der Bird’s Eye View können die Objektpositionen mit dem Prediction Network genau bestimmt werden. Ergebnisse Der in KI-FLEX gewählte KITTI-Datensatz musste angepasst werden, denn aufgrund der begrenzten Datenrate des FlexAISIC werden die Bild-Daten komprimiert, bevor sie an das Board gesendet werden. Deswegen müssen die Trainingsdaten der dort Autonomes Fahren TECHNOLOGIE Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 68 Eingangsabbildung: © iStock.com/ jiefeng jiang einem Inception V2 Base Network, einem Feature Network und einem Prediction Network eingesetzt. Die LIDAR-Daten werden in ein zweidimensionales Raster umgewandelt und mit einer Feature Pyramid Architektur verarbeitet, um detaillierte Feature Maps mit verschiedenen Skalierungen zu erzeugen. ausgeführten Netze ebenfalls aus komprimierten Bildern bestehen. In Bild 6 sind die Ergebnisse unserer Untersuchungen mit verschiedenen Komprimierungsalgorithmen dargestellt. Es hat sich gezeigt, dass in diesem Fall JPG mit einer Qualitätsstufe von 95 besser funktioniert als PNG, wenn das Netz auch direkt mit JPG-Bildern trainiert wurde. Die trainierten Netze sind so weit optimiert, dass sie mit den begrenzten Ressourcen des FlexAISIC ohne Probleme ausgeführt werden können und adäquate Ergebnisse liefern. Die Precision-Recall Curves für Autos auf Bild- und LiDAR-Daten sind in Abbildung 7 zu sehen. Zusammenfassung Ein Hauptproblem im Bereich des autonomen Fahrens und der Verwendung von CNN-Netzwerk-Architekturen ist die Verarbeitung großer Datenmengen in Echtzeit mit niedrigem Energieverbrauch. Die KI-Flex- Hardware wurde entwickelt, um leistungsstarke und energieeffiziente Recheneinheiten bereitzustellen und sie mit flexibler Beschleunigerhardware auszustatten, die sich an unterschiedliche Umgebungsbedingungen anpassen können. Die in KI-Flex entwickelte Hardwarearchitektur besteht aus dem FlexAISIC-Chip, der sich aus acht programmierbaren v-MP+ Kernen und einem FlexAICore zusammensetzt und für die grundlegenden CNN-Berechnungen verantwortlich ist. Das FlexAISIC-Board ist mit einem FPGA auf dem TEC0330-PCIe-FMC- Carrier Board montiert und ermöglicht die dynamische Konfiguration von bis zu zwei zusätzlichen FlexAICores. Die Verwaltung der FlexAICores erfolgt über das HERA- Framework, das eine einfache Nutzung von Beschleunigerhardware ermöglicht und die dynamische Anpassung der FlexAICores je nach Bedarf ermöglicht. Für die Verarbeitung von Bild- und LIDAR-Daten in KI-Flex werden speziell trainierte neuronale Netze verwendet. Für die Bilderkennung wird eine Single-Shot-Detector-Architektur mit DOI: 10.24053/ IV-2024-0013 Bild 7: Ergebnis des Trainings mit KITTI-Daten für Autos mit Bild-Daten (links) und LiDAR-Daten (rechts) LITERATUR [1] Ernstberger, U.; Thöne, O.; Weissinger, J. 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Johann Nikolai Hark Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Daimler Center for Automotive IT Innovations (TU Berlin) j.hark@dcaiti.com Carsten Reuter Geschäftsführer, videantis GmbH carsten.reuter@videantis.de Hans-Joachim Stolberg CEO, videantis GmbH hans-joachim.stolberg@videantis. de Bernd Schäufele Senior Researcher, Fraunhofer FOKUS bernd.schaeufele@fokus.fraunhofer.de Michael Rothe Gruppenleiter Embedded AI, Fraunhofer IIS michael.rothe@iis.fraunhofer.de Philipp Holzinger Wissenschaftlicher Mitarbeiter, FAU Erlangen philipp.holzinger@fau.de Simon Pfenning Wissenschaftlicher Mitarbeiter, FAU Erlangen simon.pfenning@fau.de Julian Pfeifer Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Daimler Center for Automotive IT Innovations (TU Berlin) julian.pfeifer@dcaiti.com TECHNOLOGIE Autonomes Fahren Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 69 DOI: 10.24053/ IV-2024-0014 Veranstaltungen FORUM weise durch ein parkendes Auto oder einen Bauschuttcontainer, umfährt das Fahrzeug diese mithilfe seiner Sensortechnik selbstständig. Die intelligenten Haltestellen versorgen das Shuttle mit zusätzlichen Informationen, beispielsweise zu Fahrgästen oder zu Verkehrsteilnehmern im Haltestellenbereich. Durch das Zusammenführen der Sensorinformationen aus Fahrzeug und Infrastruktur können Verkehrssicherheit, Transporteffizienz und Fahrgastkomfort erhöht werden.“ Mobilität zwischen Nachhaltigkeit und persönlicher Freiheit Der ÖPV ist der zentrale Baustein für die Verkehrswende und kann einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Lebensqualität in Städten leisten - wenn er dem Wunsch der Nutzenden nach freier und flexibler Mobilität entgegenkommt. Lösungen hierfür präsentieren die Ausstellenden der IT-TRANS 2024. Die Wahl des korrekten Tarifes, eine Herausforderung gerade für Gelegenheitsnutzende, löst die FAIRTIQ AG mit ihrer App. Das Unternehmen begleitet Betreiber bei der Einführung eines innovativen Ticketingsystems, dass das Reisen im öf- Mitte Mai öffnet die führende Fachmesse und Konferenz für intelligente Lösungen im öffentlichen Personenverkehr (ÖPV) ihre Tore: Vom 14. bis zum 16. Mai 2024 versammeln sich auf Einladung des Weltverbandes UITP und der Messe Karlsruhe die Stakeholder des ÖPV auf der IT-TRANS zum inzwischen siebten Mal in Karlsruhe. Im Mittelpunkt steht dabei, die Digitalisierung im Sektor gemeinsam weiter voranzutreiben - als Grundlage für einen attraktiveren, effizienteren und widerstandsfähigeren öffentlichen Verkehr. Lösungen in der praktischen Anwendung zu erleben, ist eines der vielen Highlights bei der IT-TRANS - bei Technical Visits ebenso wie an den Messeständen. So wird beispielsweise vor Ort auf der IT- TRANS ein autonomes FZI-Shuttle die Messebesuchenden zwischen zwei intelligenten Haltestellen transportieren und dabei komplexe Fahrmanöver wie Ausweichen oder Wenden vornehmen. „Das Besondere dabei ist, dass das Shuttle nicht auf eine Art virtuelle Schiene festgelegt ist, sondern die komplette Fahrbahnbreite einer Straße nutzen kann,“ erläutert FZI-Bereichsleiter Dr. Alexander Viehl die Demonstration. „Ist die vorgesehene Busspur belegt, beispielsfentlichen Verkehr so einfach gestaltet wie noch nie. (Halle 1, Stand J30) IVU Traffic Technologies bietet mit IVU.fleet essentials eine Leitstelle für Verkehrsbetriebe, die Personalplanung vereinfacht und effizienter macht und eine größtmögliche Agilität bei der Reaktion auf Engpässe bei Mitarbeitenden und Fahrzeugen bietet (Halle 1, Stand H10). Das Thema Sicherheit bedient die Derovis GmbH: Sie bietet eine Cloud App, mit der Fahrzeuge geortet, Personen gezählt, Falschparker und Gefahrenstellen erkannt werden (Halle 1, Stand L10). Künstliche Intelligenz nutzt Xovis für ihre Objekt- und Passagiererfassung als Grundlage für verbesserte Bedarfsplanung und Reporting (dm-arena, Stand X75). Das französische Unternehmen Citiway stellt auf der IT-TRANS 2024 eine App für intermodularen Verkehr von klassischem ÖPV und privaten On-demand-Angeboten inklusive Planung, Buchung und Zahlung (dm-arena, Stand T40) vor. Auch jungen Unternehmen bietet die IT-TRANS eine Plattform: Für den Gemeinschaftsstand „Junge Innovative“ gelten Sonderkonditionen für Start-ups. Tickets & Infos: www.it-trans.org So geht Verkehrswende: Digitale Lösungen und ihre Anwendung im Fokus der IT-TRANS Fachmesse und Konferenz 2024: Der Ticketvorverkauf ist gestartet - 80 Prozent der Fläche sind bereits vergeben Die IT-TRANS, Internationale Fachmesse und Konferenz für intelligente Lösungen im öffentlichen Personenverkehr, feierte ihre Premiere im Jahr 2008 in Karlsruhe. Innerhalb kurzer Zeit hat sich das zweijährige Event als wichtigste Plattform der Branche etabliert. Veranstalter sind der Internationale Verband für öffentliches Verkehrswesen (UITP) und die Messe Karlsruhe. Die IT-TRANS 2024 wird unterstützt vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), dem italienischen Verkehrsverband ASSTRA, ITS Spain sowie dem Branchennetzwerk Women in Mobility. Die IT-TRANS richtet sich an alle Akteure urbaner Mobilität, insbesondere an Entscheidungsträger in öffentlichen und privaten Verkehrsbetrieben, in Kommunen, Verkehrsbehörden und Verbänden. Internationale Unternehmen präsentieren auf der Fachmesse ihre neuesten Produkte und Dienstleistungen. In der dreitägigen Konferenz stellen Referenten aus aller Welt praxisnah in Sessions, Workshops und Präsentationen Innovationen vor und geben Empfehlungen für die praktische Umsetzung von digitalen Lösungen im urbanen Verkehr. Die nächste IT-TRANS findet vom 14. bis 16. Mai 2024 in der Messe Karlsruhe statt. Die Ausgabe 2026 wird dann, mit der Messe Karlsruhe als alleiniger Ausrichterin, vom 3. bis zum 5. März an den Start gehen. Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 70 DOI: 10.24053/ IV-2024-0014 FORUM Veranstaltungen Digitale Zwillinge Maritime Lösungen 4D-Geodaten 3D-Kataster Zum umfangreichen Ausstellungsprogramm gehört auch der Deutsche Kartographiekongress. „Die Kartographie ist der verlängerte Arm der Geodatenindustrie. Wir bringen die Ergebnisse der Erdbeobachtung und Datenerfassung einem breiten Publikum nahe“, sagt Prof. Dr. Jochen Schiewe, Präsident des Veranstalters, der Deutschen Gesellschaft für Kartographie. Auch die Veranstalter sind mit den Ergebnissen von 2023 sehr zufrieden, da sie ihre Marktpositionen ausbauen konnten. www.fair-point.com/ de/ event/ 2024/ intergeo/ request/ ? tfp=email= LogiMAT - Internationale Fachmesse für Intralogistik- Lösungen und Prozessmanagement Sustainability - AI - Ergonomics Die LogiMAT, Internationale Fachmesse für Intralogistik-Lösungen und Prozessmanagement setzt als größte jährlich stattfindende Intralogistikmesse in Europa neue Maßstäbe. Sie ist die führende internationale Fachmesse, die einen vollständigen Marktüberblick und kompetente Wissensvermittlung bietet. Wie sollen Unternehmen mit dem Rohstoff der Zukunft - den Daten - effizient und sicher umgehen? Wie sind die Schnittstellen zwischen Fachkräften, Produktionsmitteln und intelligenten Roboterassistenten zu definieren, um Arbeitsplätze zu optimieren? Wie können virtuelle Welten die entscheidenden Szenarien abdecken, die konkrete Wege vor Augen führen? Die notwendigen Technologien für Intralogistik-Lösungen und Prozessmanagement stehen auf der LogiMAT im Fokus. Deutscher Nahverkehrstag Der 15. Deutsche Nahverkehrstag findet vom 16. bis 18. April 2024 in der Rhein- Mosel-Halle in Koblenz statt. Die Veranstaltungszeiten lauten wie folgt: Dienstag, 16. April 2024: 14: 00 bis 18: 00 Uhr Mittwoch, 17. April 2024: 09: 00 bis 18: 00 Uhr Donnerstag, 18. April 2024: 09: 00 bis 14: 00 Uhr Abendveranstaltungen, 16. und 17. April 2024: ab ca. 18: 30 Uhr Stellen Sie die Weichen für Ihre Teilnahme am diesjährigen Nahverkehrstag und sichern Sie sich Ihren Platz auf der Veranstaltung und für das Abendprogramm. Ab sofort können Sie sich HIER registrieren. Das Kongressticket bietet Ihnen Zugang zum dreitägigen Vortragsprogramm sowie zur Messe des Deutschen Nahverkehrstages in der Rhein-Mosel-Halle. Eine Anmeldung für die Abendveranstaltungen ist freiwillig und ebenso über den Link möglich. www.deutschernahverkehrstag.de Intergeo 2024 Intergeo 2024 hat sich als eine der führenden Fachmessen im Bereich der Geoinformatik und Digitalisierung etabliert. Für die kommende Ausgabe der Intergeo 2024 vom 24. bis 26. September auf der Messe Stuttgart haben bereits über 500 Aussteller und rund 17 000 Fachbesucher ihre Teilnahme bestätigt. Intergeo 2024 Messe gilt als der entscheidende Punkt für den Start in die neue Geschäftssaison. Die Ausstellungsfläche wird den 7 Hauptelementen von geodatenbasierten Lösungen für eine nachhaltige Entwicklung gewidmet sein: Erdbeobachtung und Umweltüberwachung Intelligente Stadt BIM (Building Information Modeling) für Infrastruktur Nächste Termine LogiMAT Stuttgart: 19. - 21. März 2024 11. - 13. März 2025 24. - 26. März 2026 www.logimat-messe.de/ AERO - The Leading Show for General Aviation Die AERO Friedrichshafen ist die globale Plattform für alle Bereiche der Allgemeinen Luftfahrt. Entdecken Sie die Vielfalt unserer Branche in 12 Messehallen und unserem Static Display von Segelflugzeugen, Ultraleichtflugzeugen, Motorflugzeugen und Hubschraubern bis hin zur Business Aviation. Mit mehr als 650 Ausstellern aus 35 Ländern, über 35.000 Besuchern und über 500 Journalisten aus aller Welt ist die AERO Friedrichshafen der jährliche Treffpunkt der internationalen Community. 17. - 20. April 2024 Messe Friedrichshafen www.aero-expo.de Cable Car World home of new urban mobility Alle zwei Jahre ist die Messe Essen Austragungsort für die Kongressmesse „Cable Car World home of new urban mobility“. Als globaler Meeting-Point für Interessierte zu urbaner Mobilität in der Plus-Eins-Ebene mit Seilbahnen werden Fachkongress und Messe zu einem einzigartigen Event verknüpft. Die Cable Car World 2024 steht unter der Schirmherrschaft des Bundesministers für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing. 04. - 05. Juni 2024 Messe Essen https: / / www.cablecarworld.com/ Veranstaltungen Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 71 DOI: 10.24053/ IV-2024-0014 toverkehr von querendem Fuß- und Radverkehr jederzeit ausgebremst werden (siehe auch FGSV, 2020). Und das gilt für Privatfahrzeuge und Sharing-Fahrzeuge gleichermaßen, sodass durch automatisches Fahren zusätzlich geförderte Sharing-Szenarien (Riel et al., 2022) fraglich erscheinen. In der Stadt sollten Verkehrsstraßen urbane Räume sein; immer mehr geht es darum, Verkehre zu mischen - Shared Space (auch „Gemeinschaftsstraße“ genannt) und Begegnungszonen als Aufenthalts- und Lebensräume, als soziale Orte. Im nachgeordneten Straßennetz mit dem dort üblichen Miteinander aller kämen automatisch fahrende Autos kaum weiter. Nun könnte A uf Autobahnen schon bald, auf vierstreifigen Landstraßen mit Mitteltrennung und auf weitgehend anbaufreien städtischen Magistralen mit Trennung von Auto-, Rad- und Fußverkehr ab etwa 2035 ist automatisches Fahren (gemäß Stufe 4) kein technisches Problem - im Gegenteil, der Verkehr wird entspannter, sicherer und leistungsfähiger durch automatische Einhaltung von Tempolimits und (engeren) Fahrzeugabständen, wie wir das bereits vom assistierten Fahren kennen. Ungeklärt ist das Miteinander automatischer und konventioneller Fahrzeuge über einen längeren Zeitraum. Aber wie sieht das aus auf multifunktionalen Stadtstraßen mit Fuß- und Radverkehr, ÖPNV und Autoverkehr - „in hochkomplexen Umfeldern wie urbanen Räumen“ (Prognos, 2018)? Wird es wirklich die schöne neue Welt des Stadtverkehrs? Und passend dazu: „Der City-Pilot kann … im gesamten urbanen Umfeld die Steuerung bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/ h übernehmen“ (Prognos, 2018), und im Forschungsprojekt STADT: up (2023) geht es um „neue, KI-basierte Methoden … bei komplexen Verkehrssituationen“. Es gibt zum automatischen Fahren in der Stadt umfangreiche, recht interessante Ausführungen am Beispiel der Stadt Karlsruhe (Riel et al., 2022), auf die im Weiteren partiell eingegangen wird. Gehende und Radfahrende können automatisch fahrende Autos ohne Risiko stoppen, da deren Software aus Gründen der Sicherheit so ausgelegt sein muss - „Notbremsassistent mit Fußgängererkennung“ (Prognos, 2018). Es ist ein Unterschied, ob man Autolenkenden ins Auge schaut oder ob man einen Automaten in Form eines Robo-Autos vor sich hat. Wenn automatisch gefahren wird, ohne Blickkontakt und mit der Garantie des Anhaltens, kann der Auman argumentieren, dass das ja von Vorteil für Gehende und sich dort Aufhaltende ist. Aber was ist dann mit dem Autoverkehr, zu dem ja auch der notwendige Verkehr mit Liefer- und Einsatzfahrzeugen gehört? Wenn der weiter fließen soll, müsste ‚illegales‘ Queren Gehender und Radfahrender auf der Strecke zwischen Knotenpunkten und auch das Queren an roten Ampeln verhindert werden. Fuß- und Radverkehr sind der Dreh- und Angelpunkt des automatischen Fahrens in der Stadt. Ein (falscher) Ansatz für einen funktionierenden automatischen Autoverkehr wäre die Einzäunung der Fahrbahn (fencing), wie zum Beispiel in Tokyo. Dort werden Straßen Automatisch fahren - auch in der Stadt? Nein, aber … Das selbstfahrende Auto ist ein alter Traum; die noch ältere Geschichte ist lesenswert, erzählt von Fabian Kröger (2015). Der Traum wird mit vollautomatisiertem und künftig mit autonomem (fahrerlosem) Fahren - so die Fachbegriffe für die Stufen 4 und 5 zum selbstfahrenden Auto (gemäß SAE 2018 siehe auch ADAC, 2021) - technisch möglich. Mit dem Gesetz zum autonomen Fahren (Deutscher Bundestag) wurde 2021 der rechtliche Rahmen geschaffen; zum Entwurf des Gesetzes gibt es einen recht kritischen Kommentar (Holzer / Grützmacher, 2017). Und was noch fehlt sind Regelungen zu Fragen der Datensicherheit und der Haftung bei Unfällen, die ja auch beim automatischen Fahren nicht völlig auszuschließen und auch schon passiert sind (Diez-Holz, 2018 und ADAC, 2023). Hartmut Topp Bild 1: Fahren auf eingezäunten Fahrbahnen, hier in Tokyo © Glotz-Richter Standpunkt FORUM Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 72 DOI: 10.24053/ IV-2024-0014 in Wohnquartieren häufig als Shared Space gestaltet, aber in einigen Hauptverkehrsstraßen zwischen den Quartieren sind die Fahrbahnen eingezäunt (Bild 1) - auch ohne automatischen Autoverkehr. Auch in deutschen Städten gibt es Zäune zur Unterbindung von Querungen, hier allerdings im Mittelstreifen (Bild 2) - optisch weniger störend. Aber wollen wir die Freizügigkeit des Fußverkehrs in unseren Städten zu Gunsten eines automatischen Autoverkehrs weiter einschränken? Nein, (mehr) Zäune sind kein geeigneter Ansatz. Bei ROT gehen, wenn kein Auto kommt, ist in überschaubaren Situationen gängige Praxis. Auch der Appell, dies nicht zu tun, wenn Kinder in der Nähe sind ( den Kindern ein Vorbild ), wird oft nicht befolgt. Intelligente Ampeln, wie in Wien, mit Erfassung des Fuß- und Radverkehrs und des Autoverkehrs vermeiden das weitgehend, indem sie GRÜN entsprechend der aktuellen Nachfrage verteilen (Possegger, 2019). Aber oft werden Gehende an Ampeln - auch nach den entsprechenden Richtlinien (FGSV, 2015) - benachteiligt durch lange Wartezeiten und zu kurze Grünzeiten (Stimpel, 2023). Gehen bei ROT kommt so immer wieder vor. In China führt das zu Gesichtskontrollen. Das kommt bei uns überhaupt nicht in Frage - es entspricht nicht unserer Vorstellung von Offenheit, Begegnung, Anonymität und letztlich von Stadt. Wie sieht eine Lösung aus, die im Stadtverkehr Gehende, Radfahrende, ÖPNV und Autoverkehr einschließlich Lkw gleichermaßen berücksichtigt und Zäune vermeidet? Autofahrende müssten bei Einfahrt in die Stadt vom automatischen in den manuellen Modus wechseln. Und das muss verkehrsrechtlich durchgesetzt oder automatisch gesteuert werden. So wird ein verträgliches Miteinander aller am Verkehr Teilnehmenden gefördert unter Bedingungen, die wir gewohnt sind. Das ist insbesondere auch für den manuell fließenden Autoverkehr - und für die über einen längeren Zeitraum zu erwartende Mischung automatisch und manuell gesteuerter Fahrzeuge - von Vorteil und kommt ohne Einzäunung der Fahrbahn (Bild 1) aus. Im Projekt AutoRICH - RIsiken und CHancen des automatischen Fahrens in der Stadt am Beispiel Karlsruhe (Riel et al. (2022) - wird im Sharing-Szenario von deutlich weniger Autoverkehr ausgegangen, was den stadtverträglichen Umbau städtischer Verkehrsstraßen ermöglicht (Gothe / Matzdorff, 2022). Das können wir, wenn auch nicht in gleichem Maße, durch Förderung von Fuß- und Radverkehr sowie des ÖPNV und durch Home-Office und Video- Konferenzen im Sinne der Mobilitätswende auch erreichen - wie zum Beispiel in Freiburg, Münster und nicht zuletzt in Karlsruhe, oder auch in ausländischen Metropolen, wie Kopenhagen oder Paris. Gibt es denn trotz allem auch in der Stadt vertretbare Anwendungen des automatischen Fahrens? (1) Wie bereits weiter vorne angesprochen ist dies vorstellbar auf weitgehend anbaufreien städtischen Magistralen mit Trennung von Autoverkehr und geringem Rad- und Fußverkehr. (2) Der ÖPNV könnte - ähnlich wie heute auf Busspuren - in speziell dafür ausgestatteten Straßen mit wenig querenden Gehenden und Radfahrenden und mit ausnahmsweiser Mitteltrennung - wie in Bild 2 - automatisch fahren. Die Wahrscheinlichkeit eines absichtlichen Ausbremsens dürfte bei Robo-Bussen und Robo-Shuttles geringer sein als bei Robo-Autos. (3) Ein weiterer Anwendungsfall automatischen Autofahrens könnte fahrerloses Valet-Parking in periphere Parkgaragen von neuen (peripheren) Wohngebieten sein. Damit würde das Wohnumfeld von parkenden Autos freigehalten, und die Kapazität der Parkgaragen könnte erhöht werden (Höppner / Schuster, 2017). Auch hier dürfte das Ausbremsen eine geringere Rolle spielen - es könnte ja das Auto von Nachbarn sein, und wenn schon, ob das leere Auto früher oder später abgestellt wird, ist doch egal. Fazit: Automatisch Fahren - auch in der Stadt? Nein, aber … gemäß unserem Verständnis von Urbanität kommt automatisches Fahren in der Stadt nur in wohl definierten Ausnahmen in Frage. LITERATUR ADAC (2021): Autonomes Fahren: Die 5 Stufen zum selbstfahrenden Auto. ADAC (2023): Autonomes Fahren: So fahren wir in Zukunft. Diez-Holz, Lisa (2018): Immer wieder Unfälle mit autonomen Autos. INGENIEUR.de. Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen - FGSV (2015): Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA) - Lichtzeichenanlagen für den Straßenverkehr. Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen - FGSV (2020): Chancen und Risiken des autonomen und vernetzten Fahrens aus der Sicht der Verkehrsplanung. FGSV-Bericht. Gesetz zum autonomen Fahren. Deutscher Bundestag, Drucksache 18/ 11776. Holzer, Holger / Grützmacher, Malte (2017): Autonomes Fahren - Zu viel versprochen. ZEIT - ONLINE. Höppner, Tom / Schuster, Andreas (2017): Auswirkungen des fahrerlosen Valet Parkings auf die Verkehrsqualität in Parkbauten. Straßenverkehrstechnik 61 Nr. 9, S. 629-634. Gothe, Kerstin / Matzdorff, Lisa (2022): (Um-) gestaltung von 4 Straßentypen. In: Riel et al. (2022), S. 23-31. Kröger, Fabian (2015): Das automatisierte Fahren im gesellschaftsgeschichtlichen Bild 2: Zaun im Mittelstreifen verhindert das Queren, hier in Kaiserslautern © topp.plan FORUM Standpunkt STADT: up - Konsortium (2023): Solutions and Technologies for automated Driving in Town: An urban Mobility Project. Wachenfeld, Walther et al. (2015): Use-Cases des autonomen Fahrens. In: Autonomes Fahren - Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte. Hrsg. Maurer, Markus et al. Springer-Verlag. und kulturwissenschaftlichen Kontext. In: Autonomes Fahren - Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte. Hrsg. Maurer, Markus et al. Springer-Verlag. Possegger, Horst / TU Graz (2019): Fußgängerampeln mit Intelligenz - ab Ende 2020 in ganz Wien. Webseite Internationales Verkehrswesen 3. Juni 2019. Prognos (2018): Einführung von Automatisierungsfunktionen in der Pkw-Flotte. Auswirkungen auf Bestand und Sicherheit. Riel, Jan et al. - Hrsg. (2022): AutoRICH Autonomes Fahren - Risiken & Chancen für die Städte. Ministerium für Verkehr und Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Baden-Württemberg. SAE international - Society of Automotive Engineers. Stimpel, Roland (2023): Verkehrsregelung: Schikanen in Rot und Grün. mobilogisch Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung. S. 8-11. Hartmut Topp, Prof. Dr. topp.plan: Stadt.Verkehr.Moderation topp.plan@t-online.de Dieter Brendt, Olaf Mackowiak Führung in der Technik 1., Auflage 2021, 177 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-8169-3467-7 eISBN 978-3-8169-8467-2 Mitarbeitende zielgerichtet und effektiv führen zu können, ist ein Schlüssel für nachhaltigen Unternehmenserfolg. In diesem Buch werden den Leser: innen durch die direkte Ansprache und die Praxisbeispiele von Kolleg: innen in vergleichbaren Situationen Denkanstöße und Tipps geboten, um ihren Führungsstil zu analysieren und darauf aufbauend zu optimieren. Es werden bewährte Maßnahmen und Techniken zur effizienten Gestaltung und Beherrschung der vielfältigen Anforderungen im sich schnell verändernden technischen wie gesellschaftlichen Umfeld vorgeschlagen, die praxisgerecht im Führungsalltag eingesetzt werden können. Standpunkt FORUM Anzeige Internationales Verkehrswesen (76) 1 ǀ 2024 74 GREMIEN ǀ IMPRESSUM Herausgeberkreis Gerd Aberle Dr. rer. pol. Dr. h.c., Professor emer. der Universität Gießen und Ehrenmitglied des Herausgeberbeirats Sebastian Belz Dipl.-Ing., Generalsekretär EPTS Foundation; Geschäftsführer econex verkehrsconsult GmbH, Wuppertal Uwe Clausen Univ.-Prof. Dr.-Ing., Institutsleiter, Institut für Transportlogistik, TU Dortmund & Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik (IML), Vorsitzender, Fraunhofer Allianz Verkehr Johann Dumser Director Global Marketing and Communications, Plasser & Theurer, Wien Florian Eck Dr., Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums e.V., Berlin Alexander Eisenkopf Prof. Dr. rer. pol., ZEPPELIN-Lehrstuhl für Wirtschafts- und Verkehrspolitik, Zeppelin University, Friedrichshafen Michael Engel Dr., Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften e. V. (BDF), Berlin Ottmar Gast Dr., ehem. Vorsitzender des Beirats der Hamburg-Süd KG, Hamburg Ute Jasper Dr. jur., Rechtsanwältin Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek, Düsseldorf Oliver Kraft Geschäftsführer, VoestAlpine BWG GmbH, Butzbach Magnus Lamp Programmdirektor Verkehr Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), Köln Herausgeberkreis Kay W. Axhausen Prof. Dr.-Ing., Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme (IVT), Eidgenössische Technische Hochschule (ETH), Zürich Hartmut Fricke Prof. Dr.-Ing. habil., Leiter Institut für Luftfahrt und Logistik, TU Dresden Hans-Dietrich Haasis Prof. Dr., Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Maritime Wirtschaft und Logistik, Universität Bremen 76. Jahrgang Impressum Titelbild: © iStock.com/ RistoArnaudov Herausgeber Prof. Dr. Kay W. Axhausen Prof. Dr. Hartmut Fricke Prof. Dr. Hans Dietrich Haasis Prof. Dr. Sebastian Kummer Prof. Dr. Barbara Lenz Prof. Knut Ringat Verlag expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 72070 Tübingen Tel. +49 7071 97 97 0 Fax +49 7071 9797 11 info@narr.de www.narr.de Redaktionsleitung Dipl.-Phys. Ulrich Sandten-Ma Tel. +49 7071 97 556 56 redaktion@internationales-verkehrswesen.de Redaktion Patrick Sorg, M.A. Tel. +49 7071 97 556 57 redaktion@internationales-verkehrswesen.de Korrektorat: Dr. Grit Zacharias Anzeigen Tel. +49 7071 97 97 10 Fax +49 7071 97 97 11 anzeigen@narr.de Gültig ist die Anzeigenpreisliste Nr. 61 vom 01.01.2024 Vertrieb und Abonnentenservice Tel. +49 7071 97 97 10 Fax +49 7071 97 97 11 abo@narr.de Erscheinungsweise 4 x im Jahr mit einer Ausgabe International Transportation Bezugsbedingungen Die Bestellung des Abonnements gilt zunächst für die Dauer des vereinbarten Zeitraumes (Vertragsdauer). Eine Kündigung des Abonnementvertrages ist vier Wochen vor Ende des Berechnungszeitraumes schriftlich möglich. Erfolgt die Kündigung nicht rechtzeitig, verlängert sich der Vertrag und kann dann zum Ende des neuen Berechnungszeitraumes schriftlich gekündigt werden. Bei Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages, bei Arbeitskampf oder in Fällen höherer Gewalt besteht kein Entschädigungsanspruch. Zustellmängel sind dem Verlag unverzüglich zu melden. Es ist untersagt, die Inhalte digital zu vervielfältigen oder an Dritte weiterzugeben, sofern nicht ausdrücklich vereinbart. Bezugsgebühren Jahresabonnement Inland: print EUR 225,00 inkl. Versandkosten / eJournal EUR 210,00 (inkl. MWSt.) Jahresabonnement Ausland: print EUR 238,00 / eJournal EUR 210,00 (inkl. VAT) Einzelheft print: EUR 39,00 (inkl. MWSt.) + Versand Das Abonnement-Paket enthält die jeweiligen Ausgaben als Print-Ausgabe oder eJournal mit dem Zugang zum Gesamtarchiv der Zeitschrift. Campus-/ Firmenlizenzen auf Anfrage Medienpartnerschaft VDI Verein Deutscher Ingenieure e. V. - Fachbereich Verkehr und Umfeld Druck Elanders Waiblingen GmbH, Waiblingen Copyright Vervielfältigungen durch Druck und Schrift sowie auf elektronischem Wege, auch auszugsweise, sind verboten und bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung des Verlages. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Abbildungen übernimmt der Verlag keine Haftung. ISSN 0020-9511 eISSN 2942-7800 www.narr.de/ agb Ullrich Martin Univ.-Prof. Dr.-Ing., Leiter Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen, Direktor Verkehrswissenschaftliches Institut, Universität Stuttgart Eberhard Buhl Publizist; ehem. Redaktionsleiter Internationales Verkehrswesen , Baiersbronn Ralf Nagel Ehem. Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Hamburg Jan Ninnemann Prof. Dr., Studiengangsleiter Logistics Management, Hamburg School of Business Administration; Präsident der DVWG, Hamburg Uta Maria Pfeiffer Abteilungsleiterin Mobilität und Logistik, Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Berlin Tom Reinhold Prof. Dr.-Ing., Geschäftsführer, traffiQ, Frankfurt am Main Wolfgang Stölzle Prof. Dr., Ordinarius, Universität St. Gallen, Leiter des Lehrstuhls für Logistikmanagement, St. Gallen Detlev K. Suchanek Publisher/ COO, GRT Global Rail Academy and Media GmbH | PMC Media, Hamburg Matthias von Randow Hauptgeschäftsführer Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Berlin Peer Witten Prof. Dr., Vorsitzender der Logistik- Initiative Hamburg (LIHH), Mitglied des Aufsichtsrats der Otto Group Hamburg Oliver Wolff Hauptgeschäftsführer Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Köln Sebastian Kummer Prof. Dr., Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik, Wien Barbara Lenz Prof. Dr., ehem. Direktorin Institut für Verkehrsforschung, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Berlin Knut Ringat Prof., Sprecher der Geschäftsführung der Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH, Hofheim am Taunus schaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie \Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\ Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\ Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus \VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\ Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft schaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie \Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\ Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\ Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus \VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\ Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft BUCHT I P P Jürgen Krieger (Hrsg.) 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur Fachtagung über Planung, Bau, Betrieb, Unterhalt, Rückbau von Brücken, Tunneln, Schienen, Straßen, Wasserwegen digital 2023, 295 Seiten €[D] 148,00 ISBN 978-3-8169-3554-4 eISBN 978-3-8169-8554-9 expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de Der Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur (DigiTraVe) widmet sich dem Austausch aktueller Erkenntnisse aus Wissenschaft, Industrie und Praxis auf dem Gebiet der digitalen Transformation der Baubranche. Dabei werden sowohl Potenziale und Herausforderungen digitaler Technologien aufgezeigt als auch Konzepte zur Verknüpfung von (zukünftigen) digitalen Entwicklungen mit der Verkehrsinfrastruktur präsentiert. Die Gewährleistung von Sicherheit, Dauerhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit stehen im Fokus des ganzheitlichen Lebenszyklusmanagements von Verkehrsinfrastrukturen. Vor dem Hintergrund des Lebenszyklus (Planung, Bauausführung, Betrieb, Unterhalt, Rückbau) werden Technologien und Methoden der Digitalisierung und digitalen Transformation diskutiert. Weitere Informationen und Anmeldung unter www.tae.de/ go/ bauwesen Besuchen Sie unsere Seminare, Lehrgänge und Fachtagungen. Geotechnik Verkehrswegebau und Wasserbau Konstruktiver Ingenieurbau Bautenschutz und Bausanierung Umwelt- und Gesundheitsschutz Energieeffizienz Baubetrieb und Baurecht Facility Management Ein Großteil unserer Seminare wird unterstützt durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Profitieren Sie von der ESF-Fachkursförderung und sichern Sie sich bis zu 70 % Zuschuss auf Ihre Teilnahmegebühr. Alle Infos zur Förderfähigkeit unter www.tae.de/ foerdermoeglichkeiten Bauwesen, Energieeffizienz und Umwelt Bis zu 70 % Zuschuss möglich
