Internationales Verkehrswesen
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expert verlag Tübingen
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www.internationales-verkehrswesen.de POLITIK Netzwerk für soziale Innovationen INFRASTRUKTUR Schnittstellen: Schiene und Straße LOGISTIK Datengetriebene Auslastungsplanung im Schienengüterverkehr MOBILITÄT Neue Mobilitätsroutinen dank Deutschlandticket? Soziale Aspekte der Mobilitätswende Heft 1 | März 2025 77. Jahrgang UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de BUCHTIPP In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu den zentralen Herausforderungen unserer Gesellschaft zählen, bietet diese Studie wertvolle Einblicke und praxisnahe Empfehlungen. Sie beleuchtet, wie Unternehmen Nachhaltigkeitsüberlegungen in ihre Projektmanagementprozesse integrieren und welche Rolle die SDGs dabei spielen. Mit einer detaillierten Analyse und fundierten Ergebnissen zeigt die Untersuchung auf, welche Fortschritte bereits erzielt wurden und wo noch Handlungsbedarf besteht. Die „Projektportfolio Sustainability Monitor 2024“-Studie untersucht den Status quo der Berücksichtigung von Nachhaltigkeit als Kriterium im Projektportfoliomanagement deutscher Unternehmen. Im Fokus steht dabei insbesondere die Integration der UN Sustainable Development Goals (SDGs). Ziel der Studie ist es zu erfassen, welche Bedeutung Nachhaltigkeitskriterien in der Projektselektion und -priorisierung haben und wie sich dies in der Einbindung der SDGs sowie in der Einhaltung relevanter Nachhaltigkeitsgesetze zeigt. GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Projektportfolio Sustainability Monitor 2024 Studie in der deutschen Unternehmenspraxis mit Fokus auf die UN Sustainable Development Goals GPM Science 1. Au age 2024, 96 Seiten €[D] 65,00 ISBN 978-3-381-13061-0 eISBN 978-3-381-13062-7 Ulrich Sandten-Ma Redaktionsleitung Liebe Leserinnen und Leser, als Argument gegen die gut begründete sprachphilosophische Perspektive, dass Sprache die Wirklichkeit formt, könnten man das Deutschlandticket anführen, welches von vielen geradezu umgangssprachlich trotzig 49-Euro-Ticket genannt wurde. Als könnte man die Finanzierung allein durch vehemente sprachliche Wiederholung sichern. Die Bezeichnung 49-Euro-Ticket ist mit der kürzlichen Erhöhung ebenso wie das 9-Euro-Ticket aus der öffentlichen Debatte wieder verschwunden. Man scheint sich schnell an das 58 Euro teure Deutschlandticket gewöhnt zu haben, außer man ist Verkehrspolitiker oder aus der Verkehrsbranche. Um die Bewertung des Deutschlandtickets nicht nur persönlichen Vorlieben und Gefühlen zu überlassen, möchten wir die Debatte zu diesem spannenden Thema weiterhin mit Fachbeiträgen begleiten. Bei allem Rummel um das Ticket bleiben oftmals andere soziale und infrastrukturelle Fragen auf der Strecke. Es ist nachvollziehbar, dass im ländlichen Raum, aufgrund des oftmals schlecht ausgebauten ÖPNV, nur wenige vom Deutschlandticket profitieren. Daneben sind auch 58 Euro für viele Gruppen schon nicht wenig Geld und mit dem Rollstuhl wird es dadurch nicht automatisch einfacher, den öffentlichen Verkehr zu nutzen. Die Politik muss hier schnell eine Entscheidung treffen, die Planungssicherheit für alle Beteiligten herstellt und Investitionen fördert. Planungssicherheit wünschen sich auch die Akteure in der Industrie. Mit den Herausforderungen, mit denen insbesondere die deutsche Autoindustrie und damit Zulieferer in ganz Europa konfrontiert werden, nehmen die Debatten zum Ende des Verbrenners und der E-Mobilität wieder Fahrt auf. Insbesondere das Thema Reichweite und Ladeinfrastruktur bleibt hierbei ein Dauerbrenner. Des Weiteren der Ruf nach staatlichen Subventionen und leider auch das Thema Zölle. Unsere folgenden Jahres-Themenschwerpunkte spiegeln diese Entwicklungen und Herausforderungen wider: in der Ausgabe 2 direkt mit Beiträgen zu Resilienz und Verkehr. Wir freuen uns weiterhin über Beitragsvorschläge zu den Jahresthemen, die Sie auf unserer Website www.internationales-verkehrswesen.de einsehen können. Ihre Redaktion Soziale Aspekte der Mobilitätswende U. Sandten-Ma © Lukas Wehner P. Sorg © Lukas Wehner Patrick Sorg Redaktion Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 3 DOI: 10.24053/ IV-2025-0001 EDITORIAL SEITE 12 Foto: © BWIM/ HfWU INFRASTRUKTUR 18 Das Problem der Schnittstelle beim Vergleich der Verkehrsträger Schiene und Straße Hermann Knoflacher POLITIK 12 Netzwerk für soziale Innovationen der Mobilitätswende ZIMT1 bringt zivilgesellschaftliche Akteure in Baden-Württemberg zusammen Uwe Böhme, Sven Kesselring, Sophie Urmetzer LOGISTIK 24 Datengetriebene Auslastungsplanung im Schienengüterverkehr Vorhandene Auslastungsdaten und deren Erfassung zur Verbesserung der Transportplanung im Schienengüterverkehr Ralf Elbert, Ren Kajiyama 28 Chinas wegweisender Einsatz von KI in der Lagerautomatisierung Dirk Ruppik Schlagen Sie einfach nach: Fach- und Wissenschafts-Artikel aus Internationales Verkehrswesen finden Sie ab dem Jahr 2000 online in der Beitragsübersicht auf der Archiv-Seite im Web. www.internationalesverkehrswesen.de/ archiv THEMEN, SCHLAGWORTE, AUTOREN, ... Aktuelle Themen, Termine und das umfangreiche Archiv finden Sie unter www.internationales-verkehrswesen.de Foto: © iStock.com/ philinnz4 Foto: © iStock.com/ ipopba SEITE 18 SEITE 28 Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 4 INHALT März 2025 AUSGABE 2 I 2025 Resilienz und Verkehr - Resiliente Systeme und Netzwerke - Krisenmanagement und Notfallplanung - Sicherheit und Militär - Stabiles Grundangebot Erscheint am 16. Juni 2025 MOBILITÄT 30 Verkehrswende: Jetzt steuern, nicht stoppen! Kilian Frey, Leif Jacobs, Claudia Nobis 35 Die kurzfristigen Wirkungen des KlimaTickets in Österreich Hannes Wallimann 38 Spielen für die Verkehrswende? Einsatz eines Planspiels als Kommunikations- und Beteiligungsmethode im Diskurs zur innerstädtischen Verkehrsgerechtigkeit Alexander Bedrunka, Franziska Seniuk, Thomas Othmar, Michael Danner, Lars Gusig 42 On-Demand-Verkehre und soziale Teilhabe Eine Evaluation der sozioökonomischen Effekte des Rufbus DALLI Mona Nikolić, Anke Schmidt, Tom Weber 46 Neue Mobilitätsroutinen dank Deutschlandticket? Wie das verkehrspolitische Instrument starre Muster der Verkehrsmittelwahl verschiebt Christian Lutz, Philipp Rollin 52 Analysen zum Deutschland- Ticket aus räumlicher Perspektive RegioStaR-Auswertungen auf Basis der Daten der Bund- Länder-Evaluation Manuel Weiß, Till Ackermann 58 Die Chance auf den optimalen Vertriebsmix nutzen Anett Dahl, Eva Möckel, Philipp Wolf FORUM 61 Mobilität schafft Lebensqualität - Sozial gerechte Mobilität für Baden-Württemberg Dorothea Schillerwein, Wolf Engelbach RUBRIKEN 03 Editorial 06 Im Fokus 10 Kontrapunkt 16 Bericht aus Brüssel 66 Impressum Foto: © sdecoret - stock.adobe.com Foto: © iStock.com/ MicroStockHub SEITE 30 SEITE 58 Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 5 rückschrecken, ein klares Zielbild für die Schiene zu entwerfen. Doch genau das brauchen wir jetzt zuerst: Der Bund muss sagen, wie er die Mobilität der Zukunft gestalten will. Wieviel Lkw-Verkehr soll auf die Schiene verlagert werden? Welche Perspektive möchte man dem Deutschlandticket und dem Deutschlandtakt geben? Wieviel Neu- und Ausbau der Schieneninfrastruktur brauchen wir dafür? Und was benötigt der Bahnsektor vom Bund, um diese Ziele zu erreichen? Genau diese Zukunftsfragen gilt es zu beantworten und einen Plan vorzulegen, wie der Bund die Deutsche Bahn auf diesem Weg steuern will.“ Besser finanzieren: Überjährige und verlässliche Investitionen Wenn feststeht, wo es mit der Schieneninfrastruktur hingehen soll, braucht es aus Sicht der Allianz pro Schiene eine dazu passende, angemessene Finanzierung. Dirk Flege: „Sobald klar definiert ist, welche Projekte in den nächsten Jahren anstehen, müssen diese Vorhaben mit realistischen Summen hinterlegt werden. Wir brauchen Finanzierungs- und Planungssicherheit, nicht nur für das jeweilige Haushaltsjahr, sondern über mehrere Jahre hinweg und über die laufende Legislaturperiode hinaus. Das schafft Orientierung und Verlässlung von Batteriezelleigenschaften als bisher erlaubt. „Mit Hilfe von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz lässt sich die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien beschleunigen, wobei die Prozesskosten sinken und die Qualität steigt“, sagt PEM-Leiter Professor Achim Kampker. Anhand von KI und physikochemischen Modellen hatten die Projektpartner zielgerichtet in den Teilschritt der Formierung eingegriffen, um D eutschland braucht einen besseren Schienenverkehr - da sind sich Bahnreisende und Unternehmen einig. Die Allianz pro Schiene fordert die nächste Bundesregierung dazu auf, die Schiene schnell zur Chefsache zu machen und die dafür notwendigen Entscheidungen zu treffen. Die zwölf wichtigsten To-dos hat das Bündnis in seinem Fahrplan Zukunft aufgeschrieben. Zentral für eine bessere Zukunft ist eine klare Strategie des Bundes, wie er den Schienenverkehr in Deutschland wieder fit machen will. Dazu gehört eine ausreichende und verlässliche Finanzierung bestehender und neuer Schienenwege. Außerdem muss der Bund attraktive Rahmenbedingungen schaffen, damit Menschen und Unternehmen stärker als bisher auf die Schiene setzen können. Besser steuern: Was soll das Schienennetz leisten können? Der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, appelliert nach der Bundestagswahl an die Parteien, sich in den Koalitionsverhandlungen auf die wesentlichen Weichenstellungen zu fokussieren: „Im Wahlkampf konnte man leicht den Eindruck gewinnen, dass die Parteien sich bezüglich der Bahnpolitik im Klein-Klein verlieren und vor der großen Aufgabe zu- D er Lehrstuhl „Production Engineering of E-Mobility Components“ (PEM) der RWTH Aachen hat mit drei weiteren national führenden Instituten das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „InForm“ nach mehr als dreieinhalb Jahren erfolgreich beendet. Im Zuge des Verbundvorhabens hatten die wissenschaftlichen Akteure KI-gestützte Prozesse entwickelt, die eine deutlich frühere Optimierung und Beurteilichkeit für alle, die auf der Schiene bauen und auch für diejenigen, die sie täglich nutzen.“ Bessere Rahmenbedingungen: Trassenpreise, Oberleitungen und noch mehr Nicht zuletzt muss es darum gehen, die Rahmenbedingungen attraktiver zu machen, damit Menschen sich gerne für das Zugfahren entscheiden und Unternehmen im Schienengüterverkehr eine belastbare Alternative zum Lkw-Transport sehen. Dirk Flege: „Dazu gehört, dass der Bund die Trassenpreisberechnung, also die sogenannte Schienenmaut, reformiert. Hier brauchen wir sehr kurzfristig eine Lösung. Bahnfahren muss bezahlbar bleiben. Außerdem steht der Bund vor der Aufgabe, beim Bau von Oberleitungen und bei der Digitalisierung schneller voranzukommen. Und aus Sicht der Fahrgäste bedeuten attraktive Rahmenbedingungen natürlich auch, dass es ein ganz klares Bekenntnis zum Deutschlandticket gibt und die Menschen dauerhaft auf dieses Angebot zählen können.“ Weitere Forderungen, wie die Bundespolitik zu einer Stärkung der Schiene beitragen kann, finden sich auf der Website der Allianz pro Schiene im Fahrplan Zukunft der Allianz pro Schiene. ▪ positive Langzeiteffekte zu erzielen und ein sicheres Verfahren zu gewährleisten. Dabei sei die Prozesszeit durch ein Pulsformierungsprotokoll zunächst um rund 50 Prozent und anschließend mit Unterstützung von KI um weitere 20 Prozent reduziert worden. Dadurch habe sich gezeigt, dass es möglich ist, bei verkürzten Prozesszeiten maßgeschneiderte Batterien etwa mit Blick auf verbesserte elektrische Eigenschaften oder die Lebensdauer zu formieren und be- Fahrplan für eine zukunftsfähige Schiene Allianz pro Schiene stellt Forderungen an die nächste Bundesregierung vor Durch „InForm“-Projekt: RWTH-Lehrstuhl PEM ermöglicht effizientere Batterieproduktion IM FOKUS Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 6 Insgesamt vier Regionaltreffen 2025 vorgesehen Ergänzend zu der heutigen Veranstaltung finden 2025 drei weitere Regionaltreffen statt, um allen Hessischen Bürgerbusinitiativen eine Teilnahme zu ermöglichen. „Die Bürgerbusse leisten einen wichtigen Beitrag zur Mobilität und Lebensqualität in ländlichen Regionen. Mit den Regionaltreffen möchten wir den engagierten Gruppen in Hessen eine Plattform für den Erfahrungsaustausch bieten und ihre wertvolle Arbeit weiter unterstützen“, sagte Lisa Deißler, geschäftsführende Vorständin der Landesstiftung Miteinander in Hessen. Unterstützung der Bürgerbusinitiativen durch das Land In Hessen ergänzen insgesamt rund 170 Bürgerbusse den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Insbesondere verbinden sie kleine Ortsteile mit den Kernorten. Damit tragen sie erheblich zur Lebensqualität bei. Betrieben werden sie in der Regel von Kommunen und Vereinen. Am Steuer sitzen ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger. Hessen unterstützt solche Initiativen seit dem Jahr 2019 mit der kostenfreien Bereitstellung von insgesamt 125 Fahrzeugen. Die zentrale Beschaffung der Fahrzeuge und der notwendigen Ladepunkte erfolgt durch das Land Hessen. D ie Landesstiftung Miteinander in Hessen hat das erste von insgesamt vier Bürgerbus-Regionaltreffen in diesem Jahr veranstaltet. Dazu sind die Bürgerbusinitiativen der Region Mittelhessen in die Sternwarte Stumpertenrod in Feldatal zusammengekommen. Ziel des heutigen Regionaltreffens war es, Erfahrungen zwischen den Bürgerbus-Initiativen in Hessen auszutauschen und voneinander zu lernen. Im Mittelpunkt stand dabei die konkrete Organisation des Bürgerbusbetriebs und der Austausch zu betrieblichen Abläufen. „Bürgerbusse sind eine wichtige Ergänzung zum regulären Nahverkehrsangebot in den ländlichen Räumen in Hessen. Gerade älteren Menschen ermöglichen sie den Besuch von Ärzten, Apotheken und Geschäften“, erklärte der Beauftragte der Hessischen Landesregierung für ländliche Räume, Knut John. „Aber der Wert der Bürgerbusse geht weit über die Mobilität hinaus. Ein Bürgerbus ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Vehikel, um bürgerschaftliches Engagement und Zusammenhalt zu stärken. Ich bin allen Beteiligten für Ihren Einsatz vor Ort dankbar und freue mich darüber, was die Menschen im ländlichen Raum gemeinsam in Bewegung bringen. Die Unterstützung durch das Land ist gut investiertes Geld, um das ehrenamtliche Engagement im ländlichen Raum zu stärken.“ Die in den letzten Jahren eingesetzten Elektrofahrzeuge eignen sich besonders für den Einsatz auf kurzen Strecken mit häufigen Halten, die für Bürgerbusse typisch sind. Darüber hinaus haben sie einen hohen Fahrkomfort und leisten zudem noch einen Beitrag zum Klimaschutz. Die Landesregierung stellt nicht nur Fahrzeuge zur Verfügung, sondern unterstützt die ehrenamtlichen Initiativen auch fachlich beim Betrieb der Fahrzeuge. Dabei arbeitet das Verkehrsministerium mit der Landesstiftung Miteinander-in-Hessen und dem Fachzentrum Mobilität im ländlichen Raum zusammen. ▪ Alle Informationen zu den Bürgerbussen in Hessen sind unter: https: / / bürgerbus.info/ zusammengestellt. Mobilität im ländlichen Raum stärken Vernetzung der Bürgerbusinitiativen in Mittelhessen auf dem Regionaltreffen in Feldatal darfsgerechte Prozeduren beschleunigt zu entwickeln. „Akkus individueller und mit automatisierter Qualitätsbeurteilung herstellen zu können, ist ein Schlüsselfaktor im künftigen Wettbewerb um eine konkurrenzfähige Batterieproduktion“, sagt Kampker. Als „Formierung“ wird der letzte Produktionsschritt bezeichnet, der die spätere Leistung, die Sicherheit und die Langlebigkeit der Lithium-Ionen-Batterie wesentlich mitbestimmt. Während der Formierung wird die assemblierte Batteriezelle zum ersten Mal be- und entladen. Im Zuge dessen bildet sich die für die späteren Leistungsmerkmale der Zelle entscheidende „Solid-Electrolyte- Interphase“ (SEI)-Schicht an den Elektroden aus. Durch elektrochemische Impedanzspektroskopie hatten die Forschenden den Widerstand der SEI während der Formierung beobachtet. „Dadurch lässt sich auf die korrekte Ausbildung der SEI und den daraus resultierenden Lithiumverbrauch schließen - ein Qualitätskriterium sowohl für die Entladekapazität nach der Formierung als auch für das Langzeitverhalten“, sagt PEMs Projektverantwortlicher Tobias Robben: „Anstatt den Produktionserfolg erst mit dem ‚End of Line‘-Test beurteilen zu können, ist es also möglich, die Batteriequalität ohne jegliche Prozessunterbrechung schon vorher zu bestimmen.“ Auf diese Weise könne Ausschuss wesentlich früher im Prozess anfallen, was erheblich Zeit und Kosten spare. Das Vorhaben war ein Begleitprojekt des von der Bundesregierung geförderten Kompetenzclusters „Intelligente Batteriezellproduktion“ (InZePro). Zu den Partnern des RWTH-Lehrstuhls PEM zählten das Helmholtz-Institut Ulm (HIU) für Elektrochemische Energiespeicherung des Karlsruher Instituts für Technologie, das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und das Institut für Hochspannungstechnik und Energiesysteme (elenia) an der TU Braunschweig. ▪ Weitere Informationen zu „InForm“: https: / / t1p.de/ zdmst IM FOKUS Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 7 BDL-Präsidium fordert klares Bekenntnis zum Luftverkehrsstandort Deutschland Branchenverband richtet sechs Kernforderungen an künftige Bundesregierung K urz vor der Bundestagswahl haben die Spitzenvertreter der deutschen Luftverkehrswirtschaft, die Mitglieder des Präsidiums des Branchenverbandes BDL, sechs Kernforderungen an die künftige Bundesregierung formuliert. Ziel ist es, die massiven Wettbewerbsverzerrungen zulasten der heimischen Luftverkehrswirtschaft zu beseitigen, attraktive Standortbedingungen für den Luftverkehr zu schaffen und die Anbindung der deutschen Wirtschaft an ihre internationalen Märkte zu stärken. Wettbewerbsverzerrungen, wie hohe staatliche Standortkosten, einseitige EU-Regulierungen sowie höhere Kosten im EU-Asien-Verkehr aufgrund der Sperrung des russischen Luftraums, belasten den Luftverkehr hierzulande enorm. Angesichts der anhaltend schwachen Konjunktur in Deutschland kann eine verbesserte Luftverkehrsanbindung neue Impulse für Wirtschaftswachstum setzen. Dafür braucht es ein klares Bekenntnis der künftigen Bundesregierung zum Luftverkehrsstandort Deutschland. Rund 245 Millionen Passagiere sind im Jahr 2024 an den deutschen Flughäfen gestartet oder gelandet, davon über 95 Prozent auf internationalen Reisen. Kein anderes Verkehrsmittel verbindet Menschen, Kulturen und Märkte stärker miteinander als das Flugzeug. Die Entwicklung des Luftverkehrsstandortes Deutschland ist spätestens seit den Jahren der Corona-Krise überaus besorgniserregend. Bei der Erholung des Angebotes nach der Pandemie fallen die deutschen Flughäfen immer weiter hinter andere europäische Standorte zurück: Im Sommer 2025 erreicht das Angebot in Deutschland lediglich 91 Prozent des Niveaus von 2019, während es im übrigen Europa bereits auf 109 Prozent des Vor-Corona-Niveaus steigt. Die Schere zwischen der Entwicklung in Deutschland und dem übrigen Europa geht immer weiter auseinander. Die überhöhten staatlichen Standortkosten und nicht mehr wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen gefährden zunehmend die Anbindung der deutschen Wirtschaft an ihre internationalen Märkte. Auf dem Spiel stehen nicht nur Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der deutschen Luftverkehrswirtschaft, sondern auch in vielen anderen Bereichen der exportorientierten deutschen Industrie. Ohne politische Gegenmaßnahmen drohen Unternehmen über kurz oder lang in andere Länder mit attraktiveren Standortbedingungen abzuwandern. Die sechs Kernforderungen im Einzelnen: Die Luftverkehrsteuer als wesentlicher Grund für die hohen Kosten muss abgeschafft werden. Luftsicherheit: Sicherheit hat in der Luftfahrt in jedem Bereich und zu jeder Zeit höchste Priorität und ist ein wesentliches Gemeinwohlinteresse. Deshalb sollte sich der Bund stärker an den Kosten für das Luftsicherheitspersonal bei den Passagier- und Gepäckkontrollen beteiligen und auf eine effizientere Personaleinsatzplanung hinwirken. Zudem muss der Gebührendeckel für Sicherheitskontrollen wieder auf ein wettbewerbsfähiges Niveau gesenkt werden. Flugsicherung: Um die Flugsicherungsgebühren wirksam zu reduzieren, sollte eine anteilige staatliche Finanzierung geprüft werden. Deutschland sollte zudem dem Beispiel anderer europäischer Länder folgen, die pandemiebedingte Einnahmeausfälle der Flugsicherung teilweise durch Mittel aus ihrem Staatshaushalt beglichen haben. Die neue Bundesregierung sollte zeitnah Vorschläge für die Änderung des EU-Klimaschutzpaketes „Fit for 55“ vorlegen. In Brüssel sollte sie verstärkt darauf hinwirken, Wettbewerbsverzerrungen (Beimischungsquote und Emissionshandel) zulasten des Luftverkehrs in Europa abzubauen, zum Beispiel durch eine endzielbezogene Klimaabgabe. Die nationale Quote für Power-to- Liquid-Kraftstoffe (PtL/ E-Kerosin) ab 2026 muss zudem schnellstmöglich gestrichen werden. Sie steht im Widerspruch zum EU-Recht und ist faktisch nicht erfüllbar. Europäische Vorgaben sollten grundsätzlich 1: 1 umgesetzt werden. „Gold Plating“ - die Übererfüllung von EU- Regulierungen - darf nicht stattfinden. ▪ zu unterstützen, hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BDMV) das Handbuch „Autonomes Fahren im öffentlichen Verkehr“ veröffentlicht. Ein Forschungsteam des KIT hat daran mitgewirkt und den aktuellen Stand der Technik von autonomen Bussen im ÖPNV betrachtet. A utonome Fahrzeuge im öffentlichen Verkehr könnten zukünftig eine sinnvolle Ergänzung zum bestehenden öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bieten. Um Kommunen, Mobilitätsanbieter und Verkehrsverbünde bei der Integration autonomer und vernetzter Technologien in den ÖPNV „Kommunen oder Verkehrsbetriebe können das Handbuch als Einstiegshilfe für das Thema autonome und vernetzte Verkehre betrachten“, sagt Eva Maria Knoch, Mitglied der Geschäftsführung im KIT-Zentrum Mobilitätssysteme und Leiterin der Forschungsgruppe „Nutzerzentrierte Fahrzeugkonzeption“ am Institut für Automatisiertes Fahren Handbuch für die Integration autonomer Busse im ÖPNV IM FOKUS Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 8 Partizipation von Menschen mit Behinderung Neben einer verbesserten Verkehrsinfrastruktur steht für den DVR auch das Thema Partizipation im Vordergrund: „Menschen mit Behinderung müssen als Expertinnen und Experten an der Umsetzung barrierefreier Mobilität beteiligt werden“, fordert Wirsch. Die Expertise der Betroffenen müsse umfassend und frühzeitig in die Verkehrsplanung einbezogen werden. Mobilität müsse schon von der Barrierefreiheit her gedacht werden. Recht auf barrierefreie Mobilität In Deutschland hat etwa jeder zehnte Mensch eine schwere Behinderung, fast ein Drittel der Betroffenen ist über 75 Jahre alt. Mit dem demografischen Wandel wird auch der Anteil der Menschen mit körperlichen und kognitiven Einschränkungen weiter ansteigen. Oftmals fehlt es für diese Verkehrsteilnehmenden an Aufzügen oder Rollstuhlrampen. Parkplätze für Menschen mit Behinderung werden unbedacht oder dreist in Beschlag genommen. „Dabei ist barrierefreie Mobilität keine freiwillige Willensbekundung, sondern ein Recht, das in vielen Gesetzen und Verordnungen verankert ist. Dazu zählen die Behindertenrechtskon- A nlässlich des „Internationalen Tages der sozialen Gerechtigkeit der Vereinten Nationen“ am 20. Februar sprach sich der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) für eine barrierefreie Mobilität aus. „Soziale Gerechtigkeit bedeutet auch, grundsätzlich ohne besondere Erschwernisse und ohne fremde Hilfe sicher mobil sein zu können. Menschen mit Behinderung werden im Alltag jedoch häufig mit infrastrukturellen, physischen und kommunikativen Barrieren konfrontiert“, sagt DVR-Präsident Manfred Wirsch. Barrierefreie Infrastruktur Wenn es darum geht, barrierefreie Strukturen zu schaffen, stehen laut DVR zwei Aspekte im Vordergrund: Zum einen müsse der Straßenverkehr barrierefreier und kommunikationsfreundlicher gestaltet werden. Wer heute ein barrierefreies Mobilitätsangebot plane und auf baue, spare in Zukunft Kosten für den deutlich teureren Umbau. Die Digitalisierung erleichtere zudem die Umstellung auf inklusive Mobilität und deren Angebote. Smartphone-Apps könnten möglichst barrierefreie Routen durch den öffentlichen Raum aufzeigen. Zum anderen gehe es aus mobilitätspädagogischer Perspektive darum, Menschen durch eine adäquate Mobilitätsbildung umfassend auf die sichere Teilnahme am Straßenverkehr vorzubereiten. „Hinzu kommt, dass barrierearme Mobilitätsangebote auch Vorteile für Menschen ohne Behinderung bieten, die zum Beispiel durch eine Operation oder eine Verletzung vorübergehend eingeschränkt sind. Oder die schlichtweg mit Rollator, Gepäck oder Kinderwagen unterwegs sind. Wir alle können sehr schnell vorübergehend oder dauerhaft mobilitätsbehindert werden“, unterstreicht der DVR-Präsident. vention der Vereinten Nationen (UN-BRK), die Fahrgastrechteverordnung der EU, das Behindertengleichstellungsgesetz und das Personenbeförderungsgesetz“, erläutert Wirsch. „Auf dem Weg zu einem barrierefreien Straßenverkehr muss es zukünftig darum gehen, alle Potenziale auszuschöpfen, um Barrieren und Hürden in unserem Verkehrssystem abzubauen. Wir alle benötigen eine Mobilität, die sicher, inklusiv und nachhaltig ist. Der DVR wird sich im Sinne der Vision Zero weiter dafür engagieren, dass alle Menschen sicher unterwegs sein können. Dabei setzt er sich auch für eine aktive, vor allem aber sichere Teilnahme von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen am Straßenverkehr ein“, fasst Wirsch zusammen. Mobilität sei ein menschliches Grundbedürfnis und bedeute Unabhängigkeit sowie Teilhabe am sozialen Leben. ▪ Abbildungsnachweis: © iStock.com/ FooT Too Deutscher Verkehrssicherheitsrat: Barrierefreiheit im Straßenverkehr Fahrzeugsystemtechnik (FAST) des KIT. Das praxisorientierte Handbuch legt einen besonderen Fokus auf autonome Klein- und Standardbusse. „Für die Entwicklung der Handlungsempfehlungen haben wir am FAST den Stand der Technik zu autonomen und vernetzten ÖPNV-Lösungen analysiert und gemeinsam mit weiteren Partnern aus Wissenschaft und Industrie in Workshops aufgearbeitet“, sagt Knoch. Das Ergebnis sei ein praxisnaher Leitfaden für alle, die sich für den Einsatz von autonomen und vernetzten Fahrzeugen im öffentlichen Verkehr interessieren. (PM) ▪ www.kit.edu IM FOKUS Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 9 Individualmobilität muss man sich leisten können ten erschwinglich geworden sind Flugreisen, die laut den Angaben des Statistischen Bundesamtes seit 2020 um fast 50 Prozent teurer geworden sind. Hierzu haben die höhere Luftverkehrssteuer sowie höhere Flugsicherungsgebühren maßgeblich beigetragen. Der deutsche Luftverkehr hat sich 2024 immer noch nicht vom Corona- Schock erholt, das Angebot schrumpft, und die sogenannte Recovery-Rate verharrte im abgelaufenen Jahr bei rd. 85 Prozent. Fliegen wird langsam wieder zum exklusiven Gut wie zu den Zeiten vor der Marktliberalisierung. Preisgünstig und gut gefüllt sind in Deutschland nur die Fahrzeuge des öffentlichen Nahverkehrs. So lag die Beförderungsleistung der Schiene laut Angaben des Statistischen Bundesamtes bis September 2024 mit 47,2 Milliarden Personenkilometern rund 15 Prozent über dem bisherigen Rekord im Jahre 2019. Auch der Nahverkehr mit Bussen erreichte einen neuen Höchstwert, dem Deutschlandticket sei Dank. Die zum 01.01.25 erfolgte Anhebung der Flatrate für dieses sozialpolitisch wohl unentbehrliche Angebot führt wohl nicht zu der von einigen Marktbeobachtern befürchteten Abwanderung der Kunden. Je weiter sich die Schere zwischen verteuernder privater Mobilität und den hochsubventionierten Angeboten des Öffentlichen Verkehrs öffnet, desto mehr werden die Fahrgäste in Bussen und Bahnen mangels finanzierbarer Alternativen zu „Zwangskunden“. Das nennt man dann gemeinhin Verkehrswende. ▪ Z um Jahreswechsel haben sich die Kosten der privaten Mobilität weiter erhöht. Ein steigender CO 2 -Preis laut Brennstoffemissionshandelsgesetz ließ die Benzinpreise um rund 3 Cent steigen; dies ist zwar ein überschaubarer Aufschlag, doch sind Kraftstoffe bereits in den letzten Wochen aufgrund höherer Beschaffungskosten auf den Rohstoffmärkten spürbar teurer geworden. Allerdings liegt der Anteil staatlicher Abgaben am Benzinpreis mit rund 94 Cent bei über 50 Prozent. Deutlich ins Kontor schlagen bei den Pkw-Haltern auch die meist zum Jahreswechsel fälligen Beiträge zur Kfz-Versicherung. Hier weist das Statistische Bundesamt für das Jahr 2024 eine Steigerung von 28 Prozent (! ) aus. Die Kfz-Versicherungen stehen damit nach dem Olivenöl an der Spitze der Liste der Preistreiber. Gründe hierfür sind v.a. höhere Kosten für Werkstätten und Ersatzteile. Auf nach wie vor hohem Niveau bewegen sich auch die Neuwagenpreise - trotz stagnierender Zulassungszahlen. Laut Angaben des DAT-Reports vom Februar 2025 muss ein Durchschnittsverdiener in Deutschland fast zehn Monatsgehälter für einen Neuwagen aufwenden (Durchschnittspreis 43.530 Euro). Seit 2014 ist das Verhältnis des durchschnittlichen Pkw-Neupreises zum durchschnittlichen Jahresgehalt in Deutschland drastisch gestiegen. Mitverantwortlich hierfür ist laut den Zahlen der DAT auch der Hochlauf der Elektromobilität. So betrug 2023 der Durchschnittspreis eines gekauften Elektroautos rd. 50.000 EURO, während ein Benziner ca. 15.000 Euro günstiger war. Diese Schere hat sich zwar mittlerweile zum großen Teil geschlossen, doch lassen E-Autos, die auch ohne Kaufprämien günstig sind, wohl noch eine Weile auf sich warten. Und die Entwicklung der Strompreise an öffentlichen Ladestellen ist zwar unübersichtlich, zeigt aber in der Tendenz eher aufwärts. Somit bleibt der private Pkw für viele Autofahrer ein teures Vergnügen. Weiter steigende CO 2 -Preise und die Forderungen der Umwelt- und Klima-NGOs nach zusätzlichen Abgaben für Verbrennerfahrzeuge werfen ihre Schatten voraus. Einen Neuwagen können sich angesichts zunehmender Belastungen und gedämpfter wirtschaftlicher Perspektiven ohnehin nur wenige Zeitgenossen leisten. Gegenüber 2019 sind die Pkw-Neuzulassungen um mehr als 20 Prozent zurückgegangen. Aber auch die Gebrauchtwagenpreise sind in den letzten Jahren eskaliert. Als Ergebnis ist das Durchschnittsalter der Pkw weiter auf 9,8 Jahre gestiegen, und wir sind auf dem besten Weg in eine „Kubanisierung“ der Fahrzeugflotte. Die mangelnde Erschwinglichkeit für den Normalbürger zeigt sich auch darin, dass gut zwei Drittel der Neuzulassungen auf gewerbliche Halter entfallen. Erst mit dem „Dienstwagenprivileg“ oder hohen Kaufprämien für elektrische Fahrzeuge wird das Autofahren wieder „sozialverträglich“. Generell liegen die Preise im Verkehr heute ein Viertel über dem Niveau von 2020 und übertreffen damit die Steigerung der durchschnittlichen Verbraucherpreise (19,3 Prozent). Am wenigs- Prof. Dr. rer. pol. Alexander Eisenkopf zu aktuellen Themen der Verkehrsbranche schaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie \Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\ Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\ Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus \VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\ Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 10 KONTRAPUNKT Alexander Eisenkopf DOI: 10.24053/ IV-2025-0002 schaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie \Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus\VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\ Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\Bauwesen\ Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft\Tourismus \VWL\Maschinenbau\Politikwissenschaft\Elektrotechnik\Mathematik&Statistik\Management\Altphilologie\Sport\Gesundheit\Romanistik\Theologie\Kulturwissenschaften\Soziologie\Theaterwissenschaft\Geschichte\Spracherwerb\Philosophie\Medien-undKommunikationswissenschaft\Linguistik\Literaturgeschichte\Anglistik\ Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft Bauwesen\Fremdsprachendidaktik\DaF\Germanistik\Literaturwissenschaft\Rechtswissenschaft\HistorischeSprachwissenschaft\Slawistik\Skandinavistik\BWL\Wirtschaft BUCHT I P P Jürgen Krieger (Hrsg.) 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur Fachtagung über Planung, Bau, Betrieb, Unterhalt, Rückbau von Brücken, Tunneln, Schienen, Straßen, Wasserwegen digital 2023, 295 Seiten €[D] 148,00 ISBN 978-3-8169-3554-4 eISBN 978-3-8169-8554-9 expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de Der Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur (DigiTraVe) widmet sich dem Austausch aktueller Erkenntnisse aus Wissenschaft, Industrie und Praxis auf dem Gebiet der digitalen Transformation der Baubranche. Dabei werden sowohl Potenziale und Herausforderungen digitaler Technologien aufgezeigt als auch Konzepte zur Verknüpfung von (zukünftigen) digitalen Entwicklungen mit der Verkehrsinfrastruktur präsentiert. Die Gewährleistung von Sicherheit, Dauerhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit stehen im Fokus des ganzheitlichen Lebenszyklusmanagements von Verkehrsinfrastrukturen. Vor dem Hintergrund des Lebenszyklus (Planung, Bauausführung, Betrieb, Unterhalt, Rückbau) werden Technologien und Methoden der Digitalisierung und digitalen Transformation diskutiert. Netzwerk für soziale Innovationen der Mobilitätswende ZIMT 1 bringt zivilgesellschaftliche Akteure in Baden-Württemberg zusammen Mobilitätswende, Zivilgesellschaft, Partizipation, soziale Innovationen Der Verkehr ist nach wie vor das Sorgenkind der Klimapolitik - national wie international. Während in allen anderen Sektoren die CO 2 -Emissionen sinken, ist im Verkehr bisher keine Trendwende erkennbar. Wir argumentieren daher: Nachhaltige Mobilität braucht neben technologischen und ökonomischen Innovationen einen aktiven sozial-ökologischen Wandel der Gesellschaft und ihrer Subsysteme. Dazu muss die soziale Innovationsfähigkeit der Gesellschaft gleichberechtigt und gleichwertig berücksichtigt und politisch adressiert werden. Mit der Gründung des Netzwerks ZIMT - Zusammen für soziale Innovationen der Mobilitätswende - wurde in Baden-Württemberg erstmals ein Prozess angestoßen, der die Zivilgesellschaft als treibende und mitgestaltende Kraft für eine nachhaltige Mobilitätswende anerkennt. Uwe Böhme, Sven Kesselring, Sophie Urmetzer Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 12 DOI: 10.24053/ IV-2025-0003 POLITIK Mobilitätswende Hintergrund Die Art und Weise, wie Mobilität und Transport heute in den meisten Industrieländern gelebt werden, entspricht bei Weitem nicht den Anforderungen und Standards nachhaltiger Mobilität. Seit 1990 ist der Verkehr die größte Quelle von Treibhausgasen (THG), insbesondere von CO 2 . Andere Sektoren wie Energie, Industrie und verarbeitendes Gewerbe, Landwirtschaft und Wohnungsbau haben die Emissionen auf globaler und nationaler Ebene reduziert. Der Verkehrssektor hingegen stagniert oder hat seine Treibhausgasemissionen sogar erhöht. Im Jahr 2022 haben beispielsweise die 27 Länder der Europäischen Union (EU-27) einen Rückgang der Treibhausgasemissionen in allen Sektoren mit Ausnahme des Verkehrs- und Energiesektors verzeichnet. Im Verkehrssektor stiegen die Emissionen im Vergleich zu 2021 um 5 Prozent [1]. Das Bundesland Baden-Württemberg hat sich mit dem Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz (KimaG BW) eines der ehrgeizigsten THG-Reduktionsziele in Europa gesetzt. Danach müssen die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors bis 2030 innerhalb von sechs Jahren mehr als halbiert werden (vgl. Bild 1). Doch in seiner Stellungnahme zum Klimamaßnahmenregister Baden-Württemberg hat der Klimasachverständigenrat des Landes darauf hingewiesen, dass mit einer signifikanten Zielverfehlung im Jahr 2030 gerechnet werden muss. Die Mitglieder des Rates haben daher insbesondere für den Verkehrssektor ein Sofortprogramm angemahnt. Einer der wichtigsten Gründe für die sich abzeichnende Zielverfehlung der Klimapolitik des Landes ist u.a. die deutliche Priorisierung technozentrischer Politikansätze - etwa zur Erreichung nachhaltiger Mobilität. Angesichts des Ausmaßes und der Komplexität des Problems sind Strategien, die sich schwerpunktmäßig auf technologische Innovationen stützen, zum Scheitern verurteilt, da sie häufig Rebound-Effekte hervorrufen oder aber die Bürger*innen nur unzulänglich erreichen. Unser Ansatz basiert daher darauf, dass Mobilität als ein kulturell tief verwurzeltes Phänomen betrachtet werden muss, das viele Aspekte unseres Daseins berührt und die Organisation des täglichen Lebens stark beeinflusst [2]. Daher müssen insbesondere soziale Innovationen gefördert werden, damit Menschen ihre alltäglichen Prozesse nachhaltig gestalten können [3]. Diese zielen auf nachhaltige Veränderungen in der Mobilitätspraxis von Bürger: innen, Institutionen und Unternehmen. Da nur dieses Zusammenspiel von technologischen, organisatorischen und sozialen Innovationen (Bild 2) eine echte Transformation bewirken kann, spricht man in diesem Zusammenhang auch häufig von „transformativen Innovationen“ [4]. Ein Schlüssel für Veränderungen auf dieser Ebene ist die partizipative oder gemeinschaftsbasierte Entwicklung nachhaltiger Mobilitätspraktiken bei gleichzeitiger Stärkung bisher weniger beachteter Gruppen [5]. Dies erfordert eine Herangehensweise, die die Zivilgesellschaft nicht nur als Adressaten von Innovationen, sondern als eigenständige Treiber, Ideengeber und Gestalter des Wandels begreift. Originär gesellschaftliche Entwicklungen müssen in Innovationsprozesse integriert und Nachhaltigkeit bereits in der Genese fest verankert werden [6]. Mobilitäts- und Technologieentwicklung „aus der Mitte der Gesellschaft“ [7] ist die Maxime. Nicht eine für die Gesellschaft, sondern mit ihr gemeinsam [8]. Das Netzwerk ZIMT Der niederländische Politologe und Stadtplaner Maarten Hajer geht davon aus, dass innerhalb der Gesellschaft eine Energie für den Wandel existiert, die aktiviert werden kann [9]. Auch für die Mobilitätswende braucht es die Energie aus der Gesellschaft. Sie drückt sich beispielsweise aus in unzähligen Initiativen, die aus einer Unzufriedenheit mit lokal auftretenden Situationen erwachsen. Solche lokalen Initiativen sind als Experimentierräume für neue Praktiken oder soziale Innovationen essenziell, reichen jedoch aufgrund ihrer geografischen Begrenzung häufig nicht aus, um überregional wirksam zu werden. Vernetzen sich diese Initiativen jedoch miteinander, kann Wissen geteilt, Erfahrungen ausgetauscht und gemeinsame Aktivitäten initiiert werden [10]. So kann zum einen die Beteiligung vieler Betroffener an der Planung von Mobilitätsangeboten besser gelingen. Zum anderen erleichtert Entscheidungstragenden die erhöhte Sichtbarkeit gesellschaftlicher Anstöße, wirksame Maßnahmen für eine echte Mobilitätswende einzuleiten und durchzusetzen. Mit dem im Jahr 2023 gegründeten Netzwerk ZIMT - Zusammen für soziale Innovationen der Mobilitätswende - etabliert das Baden-Württemberg Institut für nachhaltige Mobilität (BWIM) mit finanzieller Unterstützung durch das baden-württembergische Verkehrsministerium einen dauerhaften, interdisziplinären und ergebnisoffenen Dialog, der die Mobilitätswende voranbringt. Dazu werden Stakeholder in den partizipativen Prozess eingebunden, die für gewöhnlich in Innovations- und Planungsprozessen nicht gefragt sind. Ziel des Austausches ist die Unterstützung und Weiterentwicklung von sozialen Mobilitätsinnovationen, die einer gesellschaftlichen Logik folgen, nicht einer primär technologischen Rationalität. Als Folge entstehen innovative Konzepte, die vom Bedarf der Bürger: innen geleitet werden. Gleichzeitig werden Bürger: innen dazu ermutigt, grundsätzlich Innovationsprozesse mitzugestalten. Die Gesellschaft profitiert also nicht nur durch konkrete, oft lokal angepasste Ideen und Konzepte, Bild 1: Verkehrspolitische Ziele für Baden-Württemberg (Quelle: Verkehrsministerium BW) Bild 2: nachhaltige Mobilität im Zusammenspiel von Technologien, Strukturen und Praxis (Quelle: HfWU) Mobilitätswende POLITIK Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 13 DOI: 10.24053/ IV-2025-0003 liche Initiativen, neue zielgruppenrelevante Publikationen (Bild 6) oder politische Weichenstellungen in Richtung nachhaltiger Mobilität auf. Ausblick Mit der Realisierung von ZIMT wird erstmalig aus der Mitte der Gesellschaft heraus eine Initiative für einen sozialen und technologischen Innovationsschub für die nachhaltige Mobilitätswende gefördert. Die angewandten Formate und inhaltlichen Schwerpunkte orientieren sich am Bedarf der daran beteiligten Initiativen und Multiplikatoren und werden stetig weiterentwickelt. Die Erfahrungen des 1. Jahres von ZIMT zeigen, dass regelmäßige Vernetzungsveranstaltungen und niedrigschwellige Austausch- und Wissensformate wie die Online-Reihe „Dr. Kiez“ auf positive Resonanz stoßen. Neben der Erprobung und Anwendung weiterer Formate gehen wir als Forschungsgruppe auch der Frage nach, wie die Wirkung sozialer Innovationen in der Mobilitätspraxis verstärkt werden kann, um einen Beitrag zur Transformation der Mobilitätssysteme in Richtung Nachhaltigkeit zu leisten. Die Ergebnisse werden den politischen Entscheidungsträgern ein Verständnis dafür vermitteln, welche Schritte und konkreten Aufgaben erforderlich sind, um eine Politik umzusetzen, die den Rahmen für eine Veränderung sozialer Praktiken setzt. ▪ Soziologie zur Beteiligung von Gruppen zurück und empfiehlt als ersten von insgesamt zehn Schritten einen nachbarschaftlichen Ansatz im jeweiligen Maßnahmengebiet. Die Veröffentlichung ist unter www. reallabor-mobiq.de digital abruf bar. Vernetzung - wie machen es andere? ZIMT bietet Raum und Ressourcen für den Kontakt zwischen den Initiativen und ermöglicht gegenseitiges Lernen (Workshops, kreative Interventionen) (Bild 5). Beispiel: So wurde bereits zum zweiten Mal die Online Reihe „Dr. Kiez“ durchgeführt. In diesem 1-stündigen Format werden Themen präsentiert und diskutiert, die für die Arbeit der Initiativen von hoher Relevanz sind. Als Auftakt stellte die Allianz für Beteiligung ihre Fördermöglichkeiten vor, die sich in erster Linie an zivilgesellschaftliche Initiativen richten. In einer zweiten Veranstaltung wurde die Frage diskutiert, wie Zivilgesellschaft und kommunale Verwaltung Hürden überwinden und besser zusammenarbeiten können. Transfer - wie kriegen wir das in die Fläche? ZIMT sorgt durch Öffentlichkeitsarbeit dafür, dass die einzelnen Stimmen für die Mobilitätswende in Baden-Württemberg wirksamer Teil der politischen Kultur werden und andere inspirieren (z. B. das Format „ZIMT on Tour“, das erstmalig 2025 erprobt wird). Ein regelmäßiger Newsletter ist bewusst positiv konnotiert und zeigt gelungene Praxis-Beispiele der Mobilitätswende, Fördermöglichkeiten für zivilgesellschaftsondern auch durch das Erlernen und die Diffusion von Skills und Motivation, das eigene Umfeld und dessen Zukunft mitzugestalten. Mit ZIMT leitet das BWIM somit in Baden-Württemberg einen breiten Prozess ein, der bislang nicht adressierte und ungenutzte Potentiale für die nachhaltige Mobilitätswende verfügbar macht, sie strukturiert und moderiert. ZIMT konkret Baden-Württemberg hat 1.101 Gemeinden, und in vielen gibt es bereits heute ein bemerkenswertes Engagement für eine nachhaltige Mobilitätswende. ZIMT nutzt diese Energie für den Wandel, um die ambitionierten Verkehrs-Klimaziele zu erreichen. Auf bauend auf Ergebnissen eines Workshops mit lokalen Initiativen und Projekten wurden im Jahr 2024 erste Formate und Angebote erprobt, die auf drei verschiedenen Zugängen basieren. Scouting - was gibt es schon? ZIMT dokumentiert Erfahrungen von bürgerschaftlichen Initiativen für nachhaltige Mobilität und bereitet das in der Gesellschaft vorhandene Prozesswissen auf (Handreichungen, Veröffentlichungen, Tutorials). Als Beispiel sei eine Veröffentlichung genannt, die sich mit der frühzeitigen Information und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger befasst (Bild 4). Sie basiert auf einem Forschungsvorhaben, das vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg finanziell gefördert wurde. Dabei greift das Handbuch auf neueste Erkenntnisse der Bild 4: Quelle: HFWU Bild 6: Quelle: Fahrrad & Familie e.V. Bild 5: Quelle: HfWU/ BWIM Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 14 DOI: 10.24053/ IV-2025-0003 POLITIK Mobilitätswende contributions. In: Journal of Self-Governance and Management Economics 6 (1), S. 64-97. Online verfügbar unter https: / / www.ceeol.com/ search/ article-detail? id=642533. [7] Kesselring, S.; Simon-Philipp, C.; Kasten, P.; Bansen, J.; Hefner, B.; Minnich, L. (2022): Reallabor MobiQ: Transformatives Forschen zwischen Mobilitätspolitik und räumlicher Entwicklung. Special issue: "Transformatives Forschen trifft Stadtentwicklung: Anwendung und Lernprozesse = Transformative research meets urban development : application and learning processes / herausgegeben von Laura Brings, Lea Fischer, Agnes Förster und Fee Thissen" / pages 129-151. In Pnd rethinking planning (2), pp. 129-151. DOI: 10.18154/ RWTH-2022-07256. [8] Hefner, B.; Bansen, J.; Schreiber, J.; Minnich, L.; Kesselring, S.; Simon-Philipp, C. (2024): Mobilität gemeinsam gestalten. In 10 Schritten. Ein Handbuch für Mobilitätsmacher: innen. Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU). Geislingen an der Steige. Verfügbar unter https: / / www.reallabormobiq.de/ handbuch-mobilitaet-gemeinsam-gestalten/ . [9] Hajer, M. (2011): The energetic society: in search of a governance philosophy for a clean economy. Amsterdam. [10] Loorbach, D.; Wittmayer, J.; Avelino, F.; Wirth, T. v.; Frantzeskaki, N. (2020): Trans-formative innovation and translocal diffusion. In: Environmental Innovation and Societal Transitions 35, S. 251-260. DOI: 10.1016/ j.eist.2020.01.009. Eingangsabbildung: © BWIM/ HfWU ENDNOTE 1 https: / / bw-im.de/ zimt/ LITERATUR [1] EDGAR - Emissionsdatenbank für die globale Atmosphärenforschung (2023). Verfügbar unter: EDGAR - The Emissions Database for Global Atmospheric Research (europa.eu) [2] Manderscheid, K. (2020): Antriebs-, Verkehrs- oder Mobilitätswende? - Zur Elektrifizierung des Automobilitätsdispositivs. In: Brunnengräber, A.; Haas, T. (Hrsg.) (2020): Baustelle Elektromobilität - Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität. S. 37-67. Band 95. transcript Verlag. Bielefeld. [3] Hennicke, P.; Koska, T.; Rasch, J.; Reutter, O.; Seifried, D. (2021): Nachhaltige Mobilität für alle. Ein Plädoyer für mehr Verkehrsgerechtigkeit. oekom verlag. München. [4] Steward, F. (2008): Breaking the boundaries: transformative innovation for the global good. London: NESTA (Provocation, 07). Online verfügbar unter https: / / westminsterresearch.westminster.ac.uk/ item/ 912y7/ breaking-the-boundariestransformative-innovation-for-the-global-good. [5] Terstriep, J., Rehfeld, D., 2020. Brücke zwischen lokaler Einbettung und globaler Dynamik - die Ökonomie sozialer Innovation. Eur. Plan. Stollen. 28, 853-863. https: / / doi.org/ 10.1080/ 09654313.2 020.1766106 [6] Smith, A.; Stirling, A. (2018): Innovation, Sustainability and Democracy: An analysis of grassroots Uwe Böhme, Dr.-Ing., wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen- Geislingen uwe.boehme@hfwu.de Sven Kesselring, Prof. Dr., Professor für nachhaltige Mobilität und sozialwissenschaftliche Mobilitätsforschung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen sven.kesselring@hfwu.de Sophie Urmetzer, Dr., Teamleiterin Entwicklung von Bahnstationen bei der NVBW sophie.urmetzer@nvbw.de Buchtipp Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de Nachhaltigkeit ist in aller Munde - das Thema umfasst viele Dimensionen. Dieses Handbuch beinhaltet v.a. Ziele, Klimawandel und die Politikebene. Der Autor spannt in diesem Handbuch den Bogen von den begrif ichen Grundlagen über die wichtigsten weltweiten Vereinbarungen, einer entsprechenden Bestandsaufnahme und Prognosen zur Nachhaltigkeit bis hin zu den konkreten Maßnahmen für eine nachhaltige Welt. Hierbei werden die internationalen Maßnahmen (Vereinte Nationen und Europäische Union) als auch nationale Politik behandelt und bewertet. Das Buch schließt mit einem Ausblick in die ferne Zukunft. Der Autor zielt auf eine grundlegende Sensibilisierung für notwendige Maßnahmen im Rahmen der Nachhaltigkeit ab. Damit können künftige Generationen auf einer ökonomisch, ökologisch und sozial intakten Umwelt aufbauen. Andreas Fieber Handbuch Nachhaltigkeit Ziele, Klimawandel, Politik 1. Au age 2024, 347 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-8252-6297-6 eISBN 978-3-8385-6297-1 Anzeige Mobilitätswende POLITIK Arbeitsbedingungen im Straßengüterverkehr werden ein Prüfstein für die neue EU-Kommission Ü ber kaum ein Thema haben die EU- Verkehrspolitiker in den vergangenen Jahren so lange und erbittert gestritten, wie über das sogenannte Mobilitätspaket I, mit dem Wettbewerbs- und Arbeitsbedingungen im Straßengüterverkehr neu geregelt werden. Der Streit endete mit der Verabschiedung der Gesetze im Juli 2020 nicht, sondern ging ansatzlos in Kritik der Befürworter an einer unzureichenden Kontrolle der neuen Vorschriften und in 15 Klagen von sieben „Gegner-Staaten“ des Mobilitätspakets vor dem Europäischen Gerichtshof über. Im Oktober 2024 urteilte der EuGH und erklärte die regelmäßige Rückkehrpflicht von Lkw in das Land ihrer offiziellen Betriebsstätte für nichtig. Der neue EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas sieht „derzeit keinen Bedarf für neue Gesetzgebung“ zur Rückkehrpflicht, durch die Briefkastenfirmen das Leben schwer gemacht werden soll. Die EU-Kommission habe die Regelung nie unterstützt. Er werde allerdings die Entwicklungen der Arbeitsbedingungen im Straßengüterverkehr beobachten und bei Bedarf eingreifen, sagt Tzitzikostas. Er versprach im Europäischen Parlament bei der Anhörung vor seiner Ernennung zum Kommissar, dass „der wesentliche Teil“ der EU-Vorschriften für den Verkehr „wirksam und konsequent umgesetzt und durchgesetzt wird“. An diesen Aussagen wird er sich messen lassen müssen. Denn die Richter des EuGH haben sich außer bei der Lkw-Rückkehrpflicht voll und ganz hinter die erklärten Ziele der EU-Gesetzgeber gestellt: mit dem Mobilitätspaket für faireren Wettbewerb und bessere Arbeitsbedingungen im europäischen Straßengüterverkehr zu sorgen. Sie machen dabei einige bemerkenswerte grundsätzliche Aussagen von weitreichender Bedeutung. Den fortwährenden Beschwerden aus östlichen Mitgliedsstaaten über Protektionismus des Westens setzt der EuGH zum Beispiel die Aussage entgegen: „Für den freien Dienstleistungsverkehr im Bereich des Verkehrs gilt eine Sonderregelung.“ Verkehrsunternehmen hätten nur insoweit ein Recht auf freien Dienstleistungsverkehr, wie es ihnen durch EU-Gesetzgebung wie das Mobilitätspaket eingeräumt wird. Höhere Kosten durch besseren sozialen Schutz von Lkw-Fahrern müssten Unternehmen in peripheren EU-Staaten nicht deshalb tragen, weil sie diskriminiert würden, sondern weil sie sich für das Geschäftsmodell entschieden hätten, ihre Transportdienste ausschließlich oder überwiegend Kunden in weit entfernten Mitgliedsstaaten anzubieten. Das Mobilitätspaket hindere sie nicht, durch die Gründung von Tochterfirmen in anderen Ländern näher an die Kunden zu rücken. Kabinenschlafverbot, regelmäßige Fahrerheimkehr und Kabotageeinschränkungen heißt der EuGH mit ebenso klaren Worten gut. Durch Kabotage dürfe keine „dauerhafte oder ununterbrochene Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat“ entstehen, urteilt er. Die EU-Gesetzgeber haben allerdings die Lkw-Rückkehrpflicht als flankierende Regelung für unverzichtbar gehalten, um die übrigen Vorschriften des Mobilitätspakets in der Realität durchzusetzen. Kann das auch ohne Rückkehrpflicht funktionieren? Möglicherweise schon, mit Hilfe digitaler Technologien wie etwa „intelligenter“ Tachographen. Die damit aufgezeichneten Informationen müssen allerdings von nationalen Kontrollbehörden ausgewertet und Verstöße von ihnen geahndet werden, damit sich etwas ändert. Ob das in allen Mitgliedsstaaten in gleicher Weise geschieht, ist angesichts der sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen aber zweifelhaft. Unsicher ist ebenso, ob sich eine EU-Behörde mit Durchgriffsrechten installieren ließe, die Unternehmen bei wiederholten Verstößen die EU-Gemeinschaftslizenz entziehen könnte. Die damalige belgische EU-Ratspräsidentschaft hat im Frühjahr 2024 eine europäische Behörde für Straßengüterverkehr ins Gespräch gebracht, passiert ist bei dem Thema seither aber nichts. Vielversprechender erscheint, die verladende Industrie über ihre gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen - Stichwort: EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) - dazu zu bringen, für die Zustände in ihren Logistikketten Verantwortung zu übernehmen. Dass Druck von Verladern auf Transportunternehmen wirkt, hat sich bereits bei den Konflikten an der Raststätte Gräfenhausen gezeigt. ■ Frank Hütten EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Verkehrs-Zeitung Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 16 B E R I C H T A U S B R Ü S S E L VON FRANK HÜTTEN DOI: 10.24053/ IV-2025-0004 BUCHTIPP expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de Im Mittelpunkt des 4. Kolloquium „Straßenbau in der Praxis“ am 18. und 19. Februar 2025 steht der Erfahrungsaustausch von und mit Praktikern. Durch anwendungsorientierte Vorträge und zahlreiche Praxisbeispiele wird die praktische Seite des Straßeninfrastrukturbaus abgebildet. Fokus auf Nachhaltigkeit Bislang wurde Nachhaltigkeit im Straßenbau häu g nur theoretisch behandelt. Dabei ist es gerade jetzt entscheidend, dass wir uns an greifbaren Erfahrungen orientieren können. Best-Practice-Beispiele können dabei sehr zur Verbesserung der Nachhaltigkeit beitragen. Sei es direkt durch die konsequente Erfassung der CO2-Äquivalente, den Einsatz verbesserter Baumaterialien und -verfahren oder indirekt durch innovative Digitalisierungs- und Modularisierungsideen. Es ist an der Zeit, Lösungsansätze mit Praxisbeispielen vorzustellen und im Straßenbau einen konkreten Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Florian Schäfer (Hrsg.) 4. Kolloquium Straßenbau in der Praxis Fachtagung zum Planen, Bauen, Erhalten, Betreiben unter den Aspekten von Nachhaltigkeit und Digitalisierung Tagungshandbuch 2025 1. Au age 2025, 471 Seiten €[D] 148,00 ISBN 978-3-381-13831-9 eISBN 978-3-381-13832-6 Randbedingungen veränderte. Im Personenverkehr und auch im Güteverkehr wurden immer größere Anteile auf die Straße verlagert. Da bei sektoraler Betrachtung diese Wechselbeziehung ausgeblendet wird, erfolgt das auch mit der verkehrspolitischen Berücksichtigung und Verantwortung. Dieser kurze Beitrag versucht diesen Zusammenhang anhand der vorhandenen Daten darzustellen, weil er für die „Wettbewerbsbedingungen“, einem zentralen Begriff der Bahnreform, wesentlich erscheint. Vorbemerkung In den medialen Kommentaren 1 zu „30 Jahre Bahnreform“ wie den Stuttgarter Nachrichten 2 oder NZZ 3 , wird die Eisenbahn wie auch in anderen Ländern sektoral behandelt. Nicht berücksichtigt wird dabei die Vorgeschichte der DB-AG als weltweit agierender Konzern mit Verzweigungen und verkehrsträgerübergreifenden Beteiligungen im Personen-, Güter- und sonstigen Verkehr 4 bei dem die 1950 einsetzende Dynamik der Massenmotorisierung die 1. Anlass und Ausgangssituation der Bahnreform 1994 In der Bilanz der DB AG zu 30 Jahre Bahnreform 5 wird die Ausgangssituation so dargestellt: „Die Entwicklung in der Zeit ab 1950 in Westdeutschland zeigt einen kontinuierlichen Marktanteils- und Bedeutungsverlust der Schiene sowohl im Personenals auch im Güterverkehr. So sank der Anteil im Personenverkehr von 36 Prozent im Jahr 1950 auf rund 7 Prozent 1993. Im Güterverkehr nahm der Anteil von 56 Prozent Das Problem der Schnittstelle beim Vergleich der Verkehrsträger Schiene und Straße Sektorale Systemsicht, Bahnreform, Wettbewerbsbedingungen, öffentliche Aufwendungen, Schnittstellen, Bahnhöfe, Autoabstellplätze Beim Vergleich der Verkehrsträger öffentlicher Verkehr und Straßenverkehr wird ein scheinbar kleines Detail wenig beachtet: die Die Unterschiede der Schnittstellen zwischen den Ausgangs- und Endpunkten der Wege und Transporte im Raum oder in der Fläche und den Verkehrsträgern Bahn und Straße. Die Wirkung wird in dem Beitrag in einer Analyse der Verkehrsmittelwahl seit 1950 und einem Systemvergleich anhand vorliegender Daten und Forschungsergebnisse beschrieben und zeigt die damit ausgelösten Eigendynamik auf die Wettbewerbsbedingungen im System. Hermann Knoflacher Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 18 DOI: 10.24053/ IV-2025-0005 auf knapp 17 Prozent ab. Zurückzuführen ist dies vor allem auf die Entwicklung des Straßenverkehrs zum Massenphänomen, die durch verkehrspolitische Prioritätensetzung zusätzlich befördert wurde. Der Straßengüterverkehr wurde liberalisiert. Es wurden über Jahrzehnte deutlich mehr Mittel in die Straße als in die Schiene investiert.“ Der Straßenverkehr, der sich zum „Massenphänomen“ entwickelte und „zusätzlich befördert wurde“ ist keine Naturerscheinung, sondern wie die Eisenbahn ein künstliches, von Menschen gemachtes System, dessen Wirkungen und Auswirkungen weder schicksalshaft noch unvermeidlich, sondern zu verantworten sind. Auch die Ideologie des Neoliberalismus, von der EU befördert, wird im Zusammenhang mit dem Straßengüterverkehr hervorgehoben und dürfte wohl Einfluss auf die Bahnreform gehabt haben. Die Dringlichkeit einer Sanierung der Zusammenführung von DB und Deutscher Reichsbahn war offensichtlich und durch die finanzielle Situation gegeben: „1993 erwirtschafteten die deutschen Bahnen einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 15,6 Milliarden (Mrd.) Deutsche Mark (DM). Die Umsatzerlöse der Bahnen in Höhe von 16,9 Mrd. DM deckten nicht einmal ansatzweise die Personalkosten in Höhe von 26,3 Mrd. DM. Die Kreditverbindlichkeiten betrugen 1993 insgesamt 66,2 Mrd. DM“. Im Güterverkehr zeigt sich auch gegenüber anderen Verkehrsträgern eine deutliche und zunehmende Dominanz des Straßengüterverkehrs seit 1950, wie in der Grafik des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung aus 2018. Daten, wie in dem Diagramm, bilden die Wirkungen politisch, technisch und ideologisch beeinflusster Strukturbedingungen im Verkehrssystem ab. Der Güterverkehr soll aber in dem Beitrag nicht näher behandelt werden. 2. Ein Ausschnitt der öffentlichen Aufwendungen für den privaten Autoverkehr Die Ausgangssituation des Verkehrssystems 1994 war, wie in Bild 1 dargestellt, bereits durch die private Motorisierung bestimmt. Der Pkw-Bestand in Deutschland lag bei 35,5 Millionen. Für jedes einzelne Fahrzeug wurde nicht nur ein, sondern mehrere Abstellplätze „vorgesehen“ und den Nutzern auch in so genannten besten Lagen meist kostenlos zu Verfügung gestellt. Die Wohnungsmieten lagen damals im Mittel bei rund 7 Euro 6 pro m 2 . Und das in der Regel in mehrgeschossigen Gebäuden, so dass sich bezogen auf den Quadratmeter Siedlungsboden dieser Wert entsprechend der Geschoßzahl erhöht. Ein nutzbarer Autoabstellplatz benötigt rund 20 m 2 Fläche, die meist auch dem Bodenverbrauch entspricht. Rechnet man nur die Flächenmiete für ein Geschoß, ergibt das 140 Euro an Kosten pro Monat, sozusagen als Zuschuss der öffentlichen Hand - und das nur für einen Abstellplatz. Im Jahr ergibt das einen Betrag von 1.680 Euro. Der „Mietenzuschuss für das kostenlose Abstellen von Pkw“ für ganz Deutschland ergab damals bereits einen Betrag von rund 60 Milliarden Euro pro Jahr. Ein Betrag, der heute durch den weiter geförderten Bestand an Autos auf 42,5 Millionen Pkw und einer Verdoppelung der Mieten auf 14 Euro/ m 2 bei über 140 Milliarden Euro anzusetzen ist. Von fairen Wettbewerbsbedingungen kann allein aufgrund dieser Vergleiche keine Rede sein. Es wird aber in den Kommentaren ausgeblendet oder nicht wahrgenommen, dass der öffentliche Verkehr und insbesondere die Eisenbahnen nicht nur finanziell, sondern auch strukturell im Wettbewerb grundlegend benachteiligt werden. 3. Schnittstellen im Verkehrssystem Ihre Bedeutung wurde in Systemen und auch im Eisenbahnwesen 7 schon lange erkannt, bevor dieser Begriff in den EDV allgemeine Verbreitung fand. Es sind jene Teile des Systems, die der Kommunikation dienen, in der Naturwissenschaft bezeichnet sie die physikalische Phasengrenze zweier Zustände eines Mediums. „Wenn man ein beliebiges „System“ als Ganzes betrachtet, das es zu analysieren gilt, wird man dieses Gesamtsystem in Teilsysteme „zerschneiden“. Die Stellen, die als Berührungspunkte oder Ansatzpunkte zwischen diesen Teilsystemen fungieren (über die die Kommunikation stattfindet), stellen dann die Schnittstellen dar. Unter Verwendung dieser Schnittstellen kann man die Teilsysteme wieder zu einem größeren Ganzen zusammensetzen.“ Eine Definition, die sowohl die Analyse wie auch die Synthese beschreibt. Erstere entspricht der sektoralen Behandlung des Verkehrssystems, das in die Verkehrsträger zerlegt nach Lösungen sucht, die es in der sektoralen Optimierung erwartet. Es sind das die Programme und Strategien zum Fußgänger- 8 , Rad 9 - und öffentlichen Verkehr, die meist unter Vermeidung von wirksamen Maßnahmen im motorisierten Individualverkehr entwickelt und propagiert werden, wie der Austausch Bild 3: Veränderung der Leistungsanteile der sechs technischen Verkehrsträger im Güterverkehr Bild 1: Eisenbahn- und MIV-Personenverkehr. (Daten: Verkehr in Zahlen) Bild 2: Anteile der Eisenbahnen im Personen- und Güterverkehr. (Daten: Verkehr in Zahlen) Schnittstellen INFRASTRUKTUR Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 19 DOI: 10.24053/ IV-2025-0005 den Gesamtverkehr, wenn man diesen aus ganzheitlicher Sicht betrachtet 18 . 4. Schienenpersonenverkehr nach der Bahnreform 1994 „Die zweite Stufe der Bahnreform mit Ausgliederung der Unternehmensbereiche Personennah- und Personenfernverkehr, Güterverkehr, Bahnhöfe und Fahrweg als Aktiengesellschaften folgte zum 1. Januar 1999.“ 19 Eine Anmerkung zu diesem Auszug aus dem zitierten Bericht: Diese Zerteilung und Individualoptimierung der Einzelteile ist typisch für unternehmerisches Management nach den Prinzipien kurzfristiger Effizienz ohne Rücksicht auf die Folgen und unterscheidet sich von einer gesamtheitlich strategischen und langfristigen Sanierung wie die Behandlung eines lebenden Organismus durch einen Metzger im Unterschied zu einem Ganzheitsmediziner. Das Ziel es ersten ist die Effizienz, durch kurzfristige Optimierung der Einzelteile unter Vernachlässigung der für den lebendigen Organismus wesentlichen komplexen inneren Wechselbeziehungen und dem gesamten Umfeld. Das Ziel des Zweiten ist Resilienz, die Wiederherstellung und Stärkung der inneren Funktionsfähigkeit unter Berücksichtigung des Umfeldes und der Beziehungen zu diesem. Der Vergleich mag ungewohnt sein, entspricht aber den Prinzipien, mit denen man nicht nur in diesem Sektor heute organisatorisch, politisch und technisch in die Systeme eingreift, zu denen auch die Eisenbahnen gehören, wenn man sie als integrierten Teil eines Staatsorganismus versteht. Äußere Kennzeichen der Bahnreform sind auch im Güterbereich schon ab 1994 nachweisbar: Wendet man das Prinzip vergleichbaren Wettbewerbs auch auf den Güterverkehr an, ist die Laderampe die entscheidende Schnittstelle. Ladegleise und Gleisanschlüsse wurden allerdings aus enger betriebswirtschaftlicher Sicht aufgelassen, anstatt strukturelle Bedingungen für einen fairen Wettbewerb zwischen Eisenbahnen und Straßenverkehr zu verbessern (Bild 7). Diese Entwicklung entsprach schon damals nicht den verkehrspolitischen Zielen 20 und seit den 1990er Jahren auch nicht den klimapolitischen Zielen. Unter diesen Bedingungen wurde der motorisierte Straßenverkehr zum strukturbestimmenden Faktor in der Raumentwicklung und dem Wirtschaftssystem gemacht, indem sich die Verkehrspolitik - der von ihr selbst erzeugten Eigendynamik dieses Verkehrssektors - unterwarf. 21 Unter diesen Bedingungen wurden auch die Grenzen zwischen Nahverkehr und Fernverkehr künstlich gezogen, weil sie sich weder klar abgrenzen lassen noch zeit- Entwicklung bis zu einer Stagnation zwischen 1990 - 2010 an und erst im letzten Jahrzehnt bis 2019 zeigt sich eine kleine Richtungsänderung, die vor allem durch die Maßnahmen in den Städten zur Eindämmung des Autoverkehrs, Parkgebühren und Parkraummanagement 14 und Erweiterung verkehrsberuhigter Bereiche etc. erzielt wurde. Während die Anzahl der Bahnhöfe der DB mit rund 5.400 gleichgeblieben ist, wurde die Anzahl der „Bahnhöfe“ im MIV, also der Abstellplätze, allein an den Wohnungen von 0,7 Millionen 1950 auf über 47 Millionen erhöht und damit das Verhältnis von 1: 120 im Jahr 1950 auf 1: 8000 im Jahr 2020 zugunsten des Privatautos erhöht. Dazu kommt noch die „Wirksamkeit der Schnittstelle“ 15 , die beim Pkw durch den nach wie vor in den Bauordnungen der Länder tradierten §2 der Reichsgaragenordnung aus 1939 16 , bei 100% liegt, beim ÖV aber mit der Entfernung zum Abstellplatz abnimmt (Walther 1973). Für Verkehrsteilnehmer mit Wahlmöglichkeit ist unter diesen Bedingungen der eigene Pkw das bevorzugte Verkehrsmittel, wozu noch kommt, dass die Gesellschaft auch an den Zielen der Fahrten für jeden „Abfahrtsbahnhof des MIV“ etwa drei „Endbahnhöfe“ als Autoabstellplätze an den Zielen, meist in bester Lage und auch oft noch kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Die verkehrspolitische Herausforderung wäre daher eine Verkehrsreform zur Herstellung fairer Wettbewerbsverhältnisse der beiden wichtigsten motorisierten Landverkehrsmittel gewesen, in deren Rahmen die Bahnreform ein Teilbereich wäre. Die Schlussfolgerung des schwedischen Ökonomen Jan Owen Jansson 17 für den Stadtverkehr: „The logical consequence would be to prohibit all motor traffic in the street conceded. This could have meant that the urban motor traffic were concentrated to a limited number of „motor roads“, and that the lion ‚s share of the road network would be reserved for pedestrians and cyclists, and in some cases also for tramways and bus lines. The sparse motor roads with their limited total capacity would not suffice to anything more than some commercial traffic for goods and passengers (taxis)“ gilt auch für der Antriebsenergie von fossil auf elektrisch beim Autoverkehr 10 . Im Verkehrssystem sind das Medium Nachrichten (Informationen), Menschen und Güter. Nach der Definition einer Schnittstelle sind es im Personenverkehr jene Stellen in denen das Medium, also der Mensch oder die Güter, vom System Fußgänger in das System motorisierter Verkehr übergeht. Beim öffentlichen Verkehr sind es die Haltestellen bzw. Bahnhöfe bei den Eisenbahnen, wo die Wege als Fahrten beginnen und enden. Beim Autoverkehr sind es die Autoabstellplätze am Beginn und Ende der Fahrt. Die verbindende Wirkung dieser Schnittstellen nimmt mit der Entfernung von Quelle und zum Ziel vom Bahnhof oder Abstellplatz exponentiell ab 11 . Die Ursache für dieses Verhalten liegt in den tiefsten Schichten der Verrechnung von Körperenergie im Stammhirn und führt beim Pkw unter den vorherrschenden Bedingungen zu einer schwer vorstellbaren Bindung auf der physischen Ebene unseres Verhaltens 13 . Dieses Verhalten bestimmt entscheidend die Verkehrsmittelwahl, was sich auch im Wettbewerb zwischen Eisenbahn und MIV in Deutschland deutlich zeigt. Die Bild 4, interpretiert als Beziehung nach dem Weber-Fechner-Gesetz, beschreibt eine rasch steigende Abneigung gegenüber dem öffentlichen Verkehr mit zunehmendem Privatautobesitz, die den Anteil des öffentlichen Verkehrs bereits zwischen 1950 bis 1960 mehr als halbierte (Bild 5). Wenn auch mit abnehmender Tendenz hielt diese Bild 4: Akzeptanzfunktion für Fußwege zu Haltestellen des ÖV. (Grafik Autor, Daten Peperna 1982 12 ) Bild 5: Motorisierung - ÖV-Anteil ab 1950 Bild 6: Verlauf der Anteile von MIV und ÖV 1950 - 2020 (Daten: Verkehr in Zahlen) INFRASTRUKTUR Schnittstellen Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 20 DOI: 10.24053/ IV-2025-0005 für den Personenverkehr eingesetzt. Diese Annahme liegt sicher mehr oder weniger zu hoch, weil allein der Sektor Güterverkehr und weiteres „Sonstiges“ nicht berücksichtigt werden. Unter dieser groben Annahme würden sich rechnerisch folgende Zuschüsse pro Fahrgast für den Nah- und Fernverkehr ergeben: Vergleicht man die Folgekosten des privaten Autoverkehrs, die nach einer aktuellen Studie 26 bei 104 Milliarden Euro (ohne Staukosten, die es ja ohnehin im System gar nicht gibt) liegen, macht dieser Teil der „stillen Subventionen des Pkw-Verkehrs“ aus öffentlichen Mitteln rund 16 Cent je Pkw- Kilometer aus. Berücksichtigt man noch die marktwirtschaftlichen Kosten der beanspruchten Flächen für Abstellplätze, wie bahnen 24 . Wie sich die quantitativen Indikatoren dieser Teilbereiche unterscheiden, zeigen die Entwicklungen der Fahrgastzahlen seit 1994 und ebenso der Anteile des Fernverkehrs (Bild 8). Während die Zahl der Bahnbenutzer im Nahverkehr seit der Bahnreform beinahe verdoppelt wurde, hat im gleichen Zeitraum der Anteil im Fernverkehr etwa relativ abgenommen (Bild 9). Auch die Personenkilometer im Nah- und Fernverkehr zeigen eine vergleichbare Entwicklung (Bild 10). Was überraschend erscheinen mag, ist die Veränderung der Reiseweiten seit 1994: die mittleren Reiseweiten im Fernverkehr nahmen zu, im Nahverkehr hingegen ab. Kennt man das Lill´sche Reisegesetz aus 1889, weiß man, dass die häufigsten Wege der Menschen nicht nur damals, sondern auch heute deutlich kürzer sind als selbst die mittleren Reisewege im Eisenbahn- Nahverkehr. Wenn man im Fernverkehr, wie es gerne propagiert wird, als Konkurrenz zum Flugverkehr auftreten will, dann hat man nur Erfolg, wenn der Bahnhof als Schnittstelle näher liegt als der Flughafen, was historisch bedingt zum Glück für die Bahn noch zutrifft. Wenn man im Fernverkehr den Erfolg in den Reisezeiteinsparungen durch Geschwindigkeit sucht und dafür Bahnhofshalte aufgibt, dann orientiert man sich an einer Größe, die es im System gar nicht gibt: Zeiteinsparung durch Geschwindigkeit! Aber auch das wusste man schon spätestens seit 1989 25 . 5. Leistungen des Bundes an die DB-AG und den Privaten Pkw- Verkehr: ein grober Vergleich Die in der 30. Jahresbilanz angegebenen Zahlen der Bundesmittel beziehen sich auf Infrastruktur und „Sonstiges“. Da das „Sonstige“ nicht näher aufgeschlüsselt vorliegt, wird zur einfachen Berechnung angenommen, die „Bundesmittel“ würden lich und auch räumlich stabil sind 22 . Beim Fernverkehr wird zwar eine Entfernung von 50 km als untere Grenze angegeben 23 , allerdings stammt dieser Vorschlag aus 1949 und den damaligen Vorstellungen über das Verkehrssystem und die Zukunft der Eisen- Bild 8: Fahrgäste im DB AG Nah- und Fernverkehr Bild 10: Personenkilometer in Nah- und Fernverkehr 1994 - 2019 Bild 9: Prozent-Anteil der Fahrgäste im Fernverkehr Bild 11a und b: Mittlere Reiseweiten im Nah- und Fernverkehr 1994 -2019, absolut und relativ Bild 12 a und b: „Bundesmittel“ je Fahrgast und je Personenkilometer im Nah- und Fernverkehr Bild 7: Aufgabe privater Gleisanschlüsse - seit 1990. (Grafik: Allianz pro Schiene 06/ 2022) Schnittstellen INFRASTRUKTUR Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 21 DOI: 10.24053/ IV-2025-0005 22 Wikipedia Nahverkehr, https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Nahverkehr. 23 Wikipedia Fernverkehr, https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Fernverkehr. 24 Pirath, C. Die Grundlagen der Verkehrswirtschaft, Springer Verlag 1949. 25 Knoflacher, H. Des Kaisers neue Kleider oder Hochgeschwindigkeitsstrecken - was hat die Fläche davon? Zeitschrift für Verkehr und Umwelt (Verkehrspolitik), Nr.4/ 1989, Seite 6-9. 26 Externe Kosten des Verkehrs in Deutschland, Straßen-, Schienen-, Luft- und Binnenschiffverkehr, Iinfras, Zürich 2017. 27 Höland, Ch. Darum rollen immer mehr SUV durch Deutschland, RedaktionsNetzwerk Deutschland, 25.09.2019. 28 Paradigm Change in Transport and Urban Planning, Practical Experiences - Theoretical Background. The 4th China-EU Social Ecological and Legal Forum, Conference Proceedings. China September 25-27, 2014, Seite 30-41. Eingangsabbildung: © iStock.com/ philinnz4 ENDNOTEN 1 Kommentar zu 30 Jahren Bahnreform Die Deutsche Bahn blieb immer ein finanzieller Verschiebebahnhof, General Anzeiger Bonn vom 27.12.2023. 2 Welche Fehler Bahn und Politik gemacht haben, Stuttgarter Nachrichten vom 01.01.2024. 3 Die Deutsche Bahn setzt zur «grössten Bahnreform seit dreißig Jahren» an, NZZ vom 23.01.2024. 4 Deutsche Bahn, Integrierter Bericht 2022. 5 30 Jahre Bahnreform, Deutsche Bahn AG, Wirtschaft, Politik und Regulierung, Berlin 2024. 6 Mieten und Preise für Wohn- und Gewerbeimmobilien in Deutschland im Vergleich der Jahre 1990 und 2022, Statista Research Department, 02.01.2024. 7 Eduard Lill: Die Grundgesetze des Personenverkehrs. In: Zeitschrift für Eisenbahnen und Dampfschiffahrt, 1889. 8 Besser Gehen in Österreich! Masterplan Gehen 2030, BMKV 2022. 9 Masterpläne Radverkehr der Städte, z. B. Reutlingen und v. a. 10 Sustainable and Smart Mobility Strategy, 2021. 11 Walther, K. Nachfrageorientierte Bewertung der Streckenführung im öffentlichen Personennahverkehr. Dissertation TU Aachen, Aachen 1973. 12 Peperna, O. Die Einzugsbereiche von Haltestellen öffentlicher Nahverkehrsmittel im Straßenbahn- und Busverkehr. Diplomarbeit an der TU Wien, 1982. 13 Knoflacher, H. Zur Frage des Modal Split, Straßenverkehrstechnik, Heft 5, 1981. 14 Knoflacher, H. Die 365-Euro-Jahreskarte in Wien, eine Analyse und Umfeldanalyse, Der Nahverkehr 10/ 2023. 15 Walther bezeichnet dies als „Ansprechbarkeit der Haltestelle“. 16 Verordnung über Garagen und Einstellräume (Reichsgaragenordnung - RGaO -) vom 17. Februar 1939 (Reichsgesetzblatt I S. 219). 17 Jansson, J. O. Counterfactual Analysis of Urban Transport Development“, 16th OECD Symposium Budapest, 2003. 18 Knoflacher, H. Katalysatoren für Nichtmotorisierte, Seite 82 - 102, Eigenverlag. Wien 1985. 19 30 Jahre Bahnreform, Ziele und Instrumente der Bahnreform, 2024, Seite 10. 20 Haefeli, U. Entwicklungslinien deutscher Verkehrspolitik im 19. und 20. Jahrhundert. Handbuch der Verkehrspolitik, Springer 2014. 21 Knoflacher, H. Grundlagen der Verkehrs- und Siedlungsplanung, Verkehrsplanung, Bühlau Verlag Wien, 2007. oben ausgeführt, beansprucht der private Autoverkehr für seine vergleichbare spezifische Leistung im Verkehrssystem deutlich mehr öffentliche Mittel als die Eisenbahnen. Die nach wie vor anhaltende Zunahme des Bestandes und die zunehmende Zahl weit übergewichtiger und übermotorisierter Fahrzeuge, SUV und der Anteil von 70 % gewerblich genutzter Neuzulassungen von Pkw 27 sind nur ein Teil der Staatszuschüsse zugunsten des Autoverkehrs, die weiterhin die Wettbewerbsbedingungen zum Nachteil der Eisenbahnen in Deutschland verstärken. 6. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen In „30 Jahre Bahnreform“ Deutsche Bahn AG, Wirtschaft, Politik und Regulierung, 2024 wird in zwei Kapiteln (Seiten 5 und 8) auf das System hingewiesen, mit dem die Eisenbahnen primär im Wettbewerb stehen, dem motorisierten Straßenverkehr. Hingegen ist die öffentliche Wahrnehmung wie auch Kritik fast ausschließlich sektoral auf die Bahn bezogen, ohne die Randbedingungen und deren Veränderungen zu beachten. Es ist dies kein deutsches Phänomen, sondern findet sich praktisch in allen EU-Ländern ebenso wie auch in der EU-Politik, wo die Widersprüche zwischen den Klimazielen und der gewohnten Praxis des „Sowohl als auch“ an den Folgen immer deutlicher werden. Anhand des Datenmaterials für den Personenverkehr wurde eine Grobanalyse der Systembedingungen der Eisenbahnen und des privaten Pkw-Verkehrs vorgenommen, die sich auf die strukturellen Unterschiede und einen Teil der Kosten der beiden Systeme beziehen. Wenn man den Anteil der klimaverträglichen Verkehrsträger, zu denen auch die Eisenbahnen gehören, den Umweltzielen entsprechend rasch und wirksam erhöhen will oder muss, müssen auch die bisher vernachlässigten strukturellen Wettbewerbsnachteile an den Schnittstellen gegenüber dem Straßenverkehr wesentlich verringert werden. Eine Forderung die sich auch aus dem Paradigmenwechsel des Verkehrswesens 28 ergibt. ■ Hermann Knoflacher, Em. o. Univ. Prof. Dipl. Ing. Dr. tech., Technische Universität Wien, Institut für Verkehrswissenschaften, Forschungsbereich für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik hermann.knoflacher@tuwien.ac.at \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissen schaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissen schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikations wissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach wissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Alt philologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissen schaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft INFRASTRUKTUR Schnittstellen Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 22 DOI: 10.24053/ IV-2025-0005 \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissen schaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissen schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikations wissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach wissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Alt philologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissen schaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft BUCHTIPP expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de Edgar Theurer, Amine Stirner, Mohamed Zakzak Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum Grundlagen - Planung - Bauausführung ein Praxishandbuch 1. Auflage 2024, 244 Seiten €[D] 69,80 ISBN 978-3-8169-3552-0 eISBN 978-3-8169-8552-5 Zur Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum existiert ein umfangreiches Gesetzes- und Regelwerk. Verantwortliche sind jedoch häufig unsicher in der Vorgehensweise und Umsetzung. In der Praxis werden die Vorschriften und Gesetze daher nur rudimentär oder falsch angewendet. Gefahren und Einschränkungen für mobilitätseingeschränkte Nutzer: innen werden somit nicht nur nicht beseitigt, sondern durch falsche Umsetzung erst geschaffen. Die Autoren sind in der täglichen Arbeit mit dem Thema befasst, haben den entsprechenden Erfahrungshorizont und praktischen Hintergrund und wollen ihr Wissen weitergeben. Das Buch beschreibt mit vielen Abbildungen und anhand realer, aktueller Beispiele konkrete Probleme, zeigt Lösungen auf und warnt vor Fallstricken. ge wird das Güterverkehrsauf kommen in Deutschland bis 2040 weiter steigen. Für das Jahr 2040 wird ein Transportvolumen von etwa 5 Milliarden Tonnen erwartet, wobei der SGV einen Anstieg um 18 % verzeichnen soll [2]. Trotz des Rückgangs beim Transport von Massengütern, wie Kohle und Eisenerz, kann der SGV durch den Einleitung Der Schienengüterverkehr (SGV) gewinnt zunehmend an Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele strebt die Bundesregierung an, den SGV von 20 % auf 25 % zu erhöhen [1]. Der Prognose 2040 des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) zufol- Kombinierten Straßen-/ Schienengüterverkehr (kurz: Kombinierter Verkehr oder KV) sein Volumen steigern. Im Masterplan SGV des BMDVs wird aufgeführt, dass für die politisch gewünschte Stärkung des SGVs eine leistungsfähige Eisenbahninfrastruktur essenziell ist [3]. Besonders das Schienennetz Datengetriebene Auslastungsplanung im Schienengüterverkehr Vorhandene Auslastungsdaten und deren Erfassung zur Verbesserung der Transportplanung im Schienengüterverkehr Auslastung, Schienengüterverkehr, Daten, Akteure, Technologie, Transportplanung Die Kenntnis von Auslastungsdaten ist entscheidend für die Steuerung des Schienenverkehrs. Während im Personenverkehr moderne Methoden zur Datenerhebung etabliert sind, steckt die Datenerfassung im Schienengüterverkehr noch in der Entwicklung. Technologien wie KI und Big Data bieten hierzu neue Möglichkeiten, Auslastungsdaten in die Transportplanung zu integrieren. Dieser Beitrag analysiert praxisorientiert wie erfasste Daten für die Transportplanung genutzt werden können und zeigt Ansätze, um die Kapazitätsauslastung zu verbessern und damit zur Stärkung des Schienengüterverkehrs beitragen. Ralf Elbert, Ren Kajiyama Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 24 DOI: 10.24053/ IV-2025-0006 in den für den Güterverkehr relevanten Korridoren muss engpassorientiert ausgebaut werden. Darüber hinaus sind auch Effizienzsteigerungen in der Nutzung der vorhandenen Netzstruktur entscheidend. Die fortschreitende Digitalisierung bietet hier für den SGV neue Möglichkeiten, um die Kapazitätsauslastung zu steigern. Die Schieneninfrastruktur ist jedoch bereits in vielen Bereichen stark ausgelastet und wird durch die Verlagerung von Güterverkehren von der Straße auf die Schiene zusätzlich beansprucht [4],[5]. Zielsetzung und methodisches Vorgehen Das Bestreben den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, bringt zusätzliche Belastungen für die bereits stark ausgelastete Schieneninfrastruktur mit sich [5]. Im KV sind die Zuglängen auf 740 m begrenzt, allerdings können nicht alle Umschlagsplätze diese Kapazität aufgrund infrastruktureller Einschränkungen und begrenztem Umschlagequipment abwickeln [7]. Zusätzlich sind die Stellplätze auf den Zügen u. a. durch spezifische Maße der Ladeeinheiten eingeschränkt, was die vollständige Auslastung der Züge erschwert. Um den SGV dennoch zu stärken und die verfügbaren Kapazitäten effizienter zu nutzen, sind infrastrukturelle Verbesserungen und optimierte Prozesse erforderlich. Dabei spielt die kontinuierliche Überwachung und Planung der Auslastung eine zentrale Rolle, um Engpässe frühzeitig zu erkennen und vorhandene Kapazitäten wie Stellplätze auf dem Zug, aber auch Betriebskapazitäten in Terminals und der Infrastruktur flexibel anzupassen. Eine bessere Abstimmung zwischen den Akteuren sowie eine datengetriebene Transportplanung sind entscheidend, um die Effizienz im SGV zu steigern und gleichzeitig die Resilienz des SGVs sicherzustellen. Dies erfordert eine fundierte Vorbereitung anhand bestehender Auslastungsdaten und die Fähigkeit, auf unvorhersehbare Ereignisse angemessen zu reagieren. Die Herausforderung liegt darin, bestehende Auslastungsdaten zu nutzen, um bei unvorhersehbaren Ereignissen wie z. B. Unfällen oder Verspätungen fundiert Entscheidungen treffen und reagieren zu können. Obwohl bereits umfangreiche Daten im SGV trotz hohem Aufwand erhoben werden [6], sind diese im Vergleich zum Schienenpersonenverkehr (SPV) weniger standardisiert. Dies erschwert die Kommunikation zwischen den beteiligten Akteuren und behindert eine effiziente Planung. Um die datengetriebene Auslastungsplanung voranzutreiben, wurde von Januar bis April 2024 eine Interviewstudie mit 11 Akteuren aus mittelständischen und großen Unternehmen im deutschen SGV durchgeführt. Das Ziel der Interviewstudie bestand darin, praxisrelevante Auslastungsdaten zu erheben und die Ergebnisse zwischen den verschiedenen Akteurgruppen vergleichend zu analysieren. Die semistrukturierten Interviews basierten auf einem Interviewleitfaden und umfassten Teilnehmer: innen aus den Akteurgruppen KV-Operateure (4), Terminalbetreiber (4) und Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVUs) (3). Dabei wurde darauf geachtet, dass die Interviewpartner über fundierte Expertise im Auslastungsbzw. Kapazitätsmanagement verfügen. Entsprechend nahmen vorwiegend Geschäftsführer sowie Fachleute aus den Bereichen Vertrieb und Geschäftsprozesse an den Interviews teil. Die Interviews wurden wörtlich transkribiert, um die Inhalte mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse anhand der Methodik von Kuckartz und Rädiker [8] zu analysieren. Dabei wurde (i) ein allgemeines Verständnis für die Auslastung im SGV aufgebaut. Darüber hinaus wurde untersucht, (ii) welche Auslastungsdaten in den befragten Unternehmen genutzt und erfasst werden (iii), sowie die unternehmensspezifischen Erhebungen von Auslastungsdaten näher ergründet (iii). Anhand dieser drei zentralen Themen werden die Ergebnisse der Analyse der Interviews im Folgenden zusammengefasst. Verständnis der Auslastung im Schienengüterverkehr In den 11 Interviews zeigte sich deutlich, dass allein das Verständnis des Begriffs Kapazitätsauslastung zwischen den Akteuren des SGVs variiert. Dies liegt unter anderem daran, dass EVUs, Terminalbetreiber und KV-Operateure durch ihre Aufgabengebiete unterschiedliche Prioritäten setzen. Während EVUs und Terminalbetreiber vor allem auf die effiziente Nutzung ihres verfügbaren Equipments (in Form von Terminalinfrastruktur und Rollmaterial auf der Schiene) achten, trägt der KV-Operateur das wirtschaftliche Auslastungsrisiko für die Stellplätze der Güterzüge, die sie bei den EVUs einkaufen. Zudem beeinflussen steigende Schiffsgrößen und deren unsichere Ankunftszeiten die Kapazitätsplanung im schienengebundenen, maritimen Hinterlandverkehr, was in der Zugplanung und Betriebsplanung der Terminals berücksichtigt werden muss. Entsprechend spielt für den Terminalbetreiber die Pünktlichkeit des SGVs eine zentrale Rolle. Verzögerungen bei der Verzollung, außerordentliche Reparaturen an Wagen und Lokomotiven etc. verzögern die Verladeprozesse und erschweren folglich die Disposition, sodass die maximale Zuglänge bzw. das maximal zulässige Gesamtgewicht von einzelnen Wagen und des ganzen Zuges oft nicht voll ausgeschöpft werden kann. An zentralen Knotenpunkten wie Umschlagterminals beeinflussen zahlreiche Akteure die Auslastungsplanung. Eine effiziente Auslastung hängt dabei nicht nur von den Prozessen innerhalb des Terminals ab, sondern auch von den vorgelagerten Prozessen, wie die Bereitstellung von Transportmitteln (z. B. An- und Abfahrzeiten von Lkw). Neben technischen Faktoren, etwa die Lastgrenzen der Waggons und die Lokomotiven spielt auch die Personalplanung und die Instandhaltung der Terminalinfrastruktur eine wichtige Rolle. Auslastungsdaten im Schienengüterverkehr Aus den Interviews konnte neben dem Auf bau eines akteursspezifischen Verständnisses für die Auslastungsdefinition im SGV ermittelt werden, welche Auslastungsdaten erhoben werden. Als wesentliche Daten für die Auslastungsplanung im SGV gelten neben der Zuglänge auch die Bild 1: Überblick der Auslastungsdaten im SGV (eigene Darstellung) Transportplanung LOGISTIK DOI: 10.24053/ IV-2025-0006 Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 25 bei der Entscheidungsfindung. Neben den Buchungsdaten nutzen Terminals Fahrpläne zur Optimierung der Infrastrukturauslastung. Diese werden herangezogen, um Ankunfts- und Abfahrtszeiten zu berücksichtigen und den Betrieb ereignisgesteuert zu planen. Zunehmend kommen auch moderne Lösungen zur Erhebung von Auslastungsdaten zum Einsatz, die den administrativen Aufwand reduzieren. Beispielsweise werden Auftragsdaten über Schnittstellen automatisiert übermittelt und Terminals nutzen digitale Anwendungen wie Apps, um im Voraus spezifische Daten von Transporteuren und Speditionen zu erfassen, was eine bessere Anpassung der Betriebsabläufe an die verfügbaren Ressourcen wie Abstellflächen ermöglicht. Um die erfassten Daten zur Disposition zu überwachen, werden für das Monitoring der Auslastung verschiedene Techniken eingesetzt, wie Barometer zur Visualisierung des Auslastungsgrades auf Zügen, der interne Datenaustausch innerhalb von Terminals mithilfe von Geofencing-Technik oder Kräne mit integrierter Waage. Letztere ermöglichen es, neben der Längenauslastung auch die Gewichtsauslastung zu berücksichtigen. Tabelle 1 fasst die Ergebnisse zu den relevanten Auslastungsdaten zusammen, die in den Interviews ermittelt wurden. Sie zeigt sowohl die Nutzung durch die einzelnen Akteursgruppen als auch Aspekte des Datenmanagements, wie die Datenerhebung, das Übermittlungsformat, den Datenfluss und die Häufigkeit der Erhebung. Zudem wird dargestellt, wofür die erhobenen Daten innerhalb der Transportkette verwendet werden. Ausblick Die Interviewergebnisse haben gezeigt, dass die Auslastungsplanung im SGV komplex ist und stark von der individuellen Perspektiven der Akteure in der Transportkette und damit einhergehenden Anforderungen geprägt ist. Unterschiedliche Verwendungszwecke der Daten, sowie Ansätze und Technologien zur Erfassung der Auslastungsdaten - von analogen Methoden wie Telefon und E-Mail bis hin zu modernen IT-Lösungen und digitalen Plattformen - prägen das aktuelle Bild der Branche. Während innovative, technische Anwendungen zunehmend genutzt werden, bleibt die vollständige Ausschöpfung der Kapazitäten eine Herausforderung. Die Ergebnisse der Interviewstudie vermitteln den einzelnen Akteursgruppen ein differenziertes Verständnis des Auslastungsbegriffs und tragen gleichzeitig dazu bei, eine einheitliche Definition in der Branche zu etablieren. Langfristig können eine stärwichtsauslastung erreicht hat, müssen die Züge dabei nicht voll belegt sein. Die Daten werden vorwiegend genutzt, um eine effektive Kapazitätsplanung in der Branche zu ermöglichen, aber auch der Sicherheitsaspekt beim Transport wird dabei berücksichtigt. Datenmanagement in der Auslastungsplanung Hinsichtlich der unternehmensspezifischen Erhebung von Auslastungsdaten zeichneten die Interviews ein diverses Bild. Die Datenerfassung zur Auslastungsplanung im SGV erfolgt je nach Akteur unterschiedlich. Aktuell nutzen Unternehmen in der Transportbranche überwiegend Systeme, die speziell auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Viele dieser Systeme sind durch Schnittstellen mit anderen Unternehmen verbunden, um Buchungsdaten regelmäßig auszutauschen. Dabei kommen auch standardisierte IT-Lösungen zum Einsatz, welche die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren erleichtern. Insbesondere Terminalbetreiber setzen häufig auf Terminal Operations Systeme (TOS) und Advanced Combined Transport Terminal Management Systeme (ACTT). Trotz der zunehmenden Digitalisierung werden Buchungsdaten immer noch oft per Telefon oder E-Mail (z. B. in Form von Excel-, CSV- oder PDF-Anhängen) übermittelt, insbesondere bei kurzfristigen Änderungen. Diese Kommunikationswege ermöglichen es, verfügbare Kapazitäten schnell zu prüfen und zuzuweisen, auch wenn sie häufig wenig automatisiert sind. Gleichzeitig bieten sie eine hohe Flexibilität Gewichtsauslastung der Züge in Tonnen. Diese Parameter dienen dazu, die Grenzen der Infrastruktur einzuhalten und die Betriebssicherheit zu gewährleisten (siehe Bild 1). Die zulässige Tonnage variiert je nach Korridor und den Lastmöglichkeiten der Lokomotive und spielt eine wichtige Rolle in der Routenplanung. Die Gewichtsdaten werden entweder vom Verlader oder mithilfe von Terminalinfrastruktur wie einer Kranwaage ermittelt. Zusätzlich zeigte sich in den Interviews, dass die Zuglänge in Betracht bezogen werden muss, um sowohl die zulässige Gleislänge im Terminal zu berücksichtigen und den Zug entsprechend der Route zusammenzustellen. Für EVUs und KV-Operateure ist der effiziente Ressourceneinsatz, insbesondere in Bezug auf Lokomotiven und Züge dabei von entscheidender Bedeutung, da er die Rentabilität des Betriebs und die Transportnetzauslastung wesentlich beeinflusst. Auch Verspätungs- und Ausfallquoten spielen dabei eine wichtige Rolle. Für Terminals stehen die Auslastung der Terminalflächen (z. B. Abstellflächen) und die effiziente Nutzung des Umschlagequipments (wie Kräne und Reachstacker) im Fokus. Durch die kontinuierliche Beobachtung der verfügbaren Abstellflächen und eine gezielte Planung der Kranbewegungen kann ein reibungsloser Betrieb sichergestellt werden. Dies hilft lange Wartezeiten für anliefernde oder abholende LKWs sowie Staus vor dem Terminal zu vermeiden. Darüber hinaus zeigt sich aus den Interviews, dass Kennzahlen wie Längen- und Gewichtsauslastung voneinander abhängig sind. Wenn ein Zug die maximale Ge- Akteure KV- Operateure Terminals EVUs Gewichtsauslastung Max. Tonnage Beladungskontrolle Max. Tonnage Längenauslastung Max. Zuglänge Max. Gleislänge Zugzusammenstellung Zugbelegung Kapazitäten auf dem Zug Umschlagskapazitäten Transportrestriktionen Flächenauslastung - Verfügbare Abstellflächen - Ressourcenauslastung Eingesetzte Lokomotiven und Züge Planung von Umschlagsequipment (Reachstacker, Kran) Einsatz von Personal, Lokomotiven, Waggons Datenerhebung Telefon, E-Mail, Übermittlung durch Schnittstellen, Erfassung in eigene Systeme TOS, ACTT, Geofencing, Übermittlung durch Schnittstellen Erfassung in eigene Systeme, Übermittlung durch Schnittstellen Datenformat Excel, CSV, PDF, EDIGES Excel, CSV, PDF Excel, CSV, PDF Dateninhaber EVUs, eigene Daten Eigene Daten, EVUs, Operateur Eigene Daten Häufigkeit der Datenerhebung Regelmäßig Ereignisgesteuert Regelmäßig Verwendungszweck Kapazitätplanung, Sicherheitsüberprüfung, effiziente Ressourcennutzung Kapazitätsplanung, Identifikation von Engpässen in Form von Verspätungen im Betriebsablauf Betriebsplanung, effiziente Ressourcennutzung Auslastungsdaten Datenmanagement Tabelle 1: Relevante Auslastungsdaten der befragten Akteure und deren Datenmanagement (eigene Darstellung) LOGISTIK Transportplanung Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 26 DOI: 10.24053/ IV-2025-0006 prognose-2040-band-1-1-Z-gesamtueberblick. pdf? _ _blob=publicationFile [3] Bundesministerium für Digitales und Verkehr [BMDV]. (2017). Masterplan Schienengüterverkehr. Abgerufen am 7. Januar 2025, von https: / / bmdv.bund.de/ SharedDocs/ DE/ Publikationen/ E/ m a s t e r p l a n s ch i e n e n g u e t e r ve r ke h r.p d f ? _ _ blob=publicationFile [4] Bundesministerium für Digitales und Verkehr [BMDV]. (2017, 18. April). Verlagerungspotenziale auf den Schienengüterverkehr in Deutschland. Abgerufen am 7. Januar 2025, von https: / / bmdv. bund.de/ SharedDocs/ DE/ Artikel/ G/ MKS/ Wissenschaftliche-Untersuchen/ verkehrsverlagerungspotential-schienengueterverkehr.html [5] Umweltbundesamt. (2010). Schienennetz 2025 / 2030 Ausbaukonzeption für einen leistungsfähigen Schienengüterverkehr in Deutschland (363 01 244). Abgerufen am 7. Januar 2025, von http: / / www.uba.de/ uba-info-medien/ 4005.html [6] „Für die EVU wäre ein einheitliches ISR von Vorteil“. (2024). Rail Business, 51-52/ 2024, 8. [7] Bundesministerium für Digitales und Infrastruktur [BMDV]. (2024, 20. März). Klimaschutz im Verkehr - Schienengüterverkehr. Abgerufen am 21. Januar 2025, von https: / / bmdv.bund.de/ DE/ Themen/ Mobilitaet/ Klimaschutz-im-Verkehr/ Schienengueterverkehr/ schienengueterverkehr.html [8] Kuckartz, U. & Rädiker, S. (2022). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung (5. Aufl.). Juventa Verlag. Eingangsabbildung: © KoSSSmoSSS/ Shutterstock.com kere Standardisierung der Daten sowie die Integration und Automatisierung von Systemen und Formaten zur Datenerhebung dazu beitragen, die Effizienz und Nachhaltigkeit des SGVs zu steigern. Danksagung Wir bedanken uns für die Förderung durch das Deutsche Zentrum für Schienenverkehrsforschung (DZSF) des Eisenbahnbundesamtes (EBA) und die Zusammenarbeit mit der Industrieanlagen- und Betriebsgesellschaft (IABG) GmbH, Interautomation Deutschland GmbH und RS Consult Holding UG. ▪ LITERATUR [1] Umweltbundesamt. (2024). Klimaschutz im Verkehr. Abgerufen am 7. Januar 2025, von https: / / www.umweltbundesamt.de/ themen/ verkehr/ klimaschutz-im-verkehr#schiene [2] Intraplan Consult GmbH, TTS TRIMODE Transport Solutions GmbH, ETR Economic Trends Research GbR, MWP GmbH, Kluth, T., Rudolf, A., Kotzagiorgis, S., Bräuninger, M. & Makait, M. (2024). Verkehrsprognose 2040. In Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Verkehrsprognose 2040 Band 1.1 Z - Gesamtüberblick. Bundesministerium für Digitales und Verkehr. https: / / bmdv.bund. de/ SharedDocs/ DE/ Anlage/ G/ BV WP/ verkehrs- Ralf Elbert, Prof. Dr., Leiter des Fachgebiets Unternehmensführung und Logistik, Technische Universität Darmstadt elbert@log.tu-darmstadt.de Ren Kajiyama, M. Sc., Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fachgebiet Unternehmensführung und Logistik, Technische Universität Darmstadt kajiyama@log.tu-darmstadt.de Die medienübergreifende Publikation Transforming Cities berichtet über Städte im Wandel, über die weltweite Urbanisierung und ihre Auswirkungen. Anspruch ist die ganzheitliche Analyse und Aufbereitung von Kernfaktoren zur aktiven Gestaltung der Stadt von morgen. www.transforming-cities.de Das sind unsere Themen 2025: 1 Moderne Stadtentwicklung 2 Verkehrsplanung, Autonomie, Anbindung ländlicher Räume 3 Umwelt 4 Digitalisierung und Sicherheit Call for Papers 2025 Wir freuen uns über Ihre Beitragsvorschläge. Anzeige Transportplanung LOGISTIK DOI: 10.24053/ IV-2025-0006 Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 27 verhalten der Konsumenten dramatisch verändert. Die Nachfrage nach schnellen, präzisen und kosteneffizienten Lieferungen ist gestiegen. Traditionelle Lagerhaltungsmethoden werden dadurch unter Druck gesetzt. Chinesische Unternehmen erkennen zunehmend die Notwendigkeit und das Potenzial von KI-gesteuerten Systemen, um Lagerprozesse zu optimieren und Kosten zu senken. Besonders in China verschärfen auch der Fachkräftemangel und die steigenden Arbeitskosten den Bedarf an effizienten, automatisierten Lösungen. Chinesische Tech-Giganten verstärken Fokus auf KI JD und Alibaba setzen verstärkt auf autonome Roboter, um die Effizienz ihrer Lieferketten zu steigern. Neue KI-gesteuerte Lösungen sind notwendig, um den Fachkräftemangel und die steigenden Lohnkosten C hina steht an der Spitze der technologischen Revolution, insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) und Robotik. In den letzten Jahren haben chinesische Unternehmen verstärkt auf KI gesetzt, um Lagerhäuser zu automatisieren und die Effizienz ihrer Logistikprozesse erheblich zu steigern. Die Entwicklungen verändern nicht nur die Art und Weise, wie Waren gelagert und verarbeitet werden, sondern setzen auch weltweit neue Maßstäbe in der Logistikbranche. E-Commerce und Fachkräftemangel treiben die Entwicklung an Ein entscheidender Faktor für den Einsatz von KI in der Lagerhaltung ist der extrem wachsende E-Commerce-Markt im Land der Mitte. Mit dem Aufstieg von Plattformen wie Alibaba und JD.com hat sich das Kaufabzufedern. Der chinesische Tech-Gigant Alibaba verstärkt seine Anstrengungen im Bereich KI, um seine E-Commerce-Geschäfte weiter voranzutreiben [1]. In einer internen Unternehmensmitteilung sagte der Gründer Jack Ma, dass die Ära des KI-gestützten E-Commerce gerade erst begonnen hat. Seither testet der E-Commerce-Gigant verschiedene KI-Tools und stellt verstärkt Mitarbeiter für Positionen mit KI-Spezialisierung ein. Taobao und Tmall konzentrieren sich dabei auf vier Schlüsselbereiche: die Marketing-Plattform Alimara, Kunden- Apps, Händler-Apps und branchenspezifische Anwendungen. JD.com nutzt KI-Technologie, um seine Logistik- und Lieferprozesse zu optimieren. Das Unternehmen setzt KI-gesteuerte Drohnen für die Zustellung auf der letzten Meile insbesondere in ländlichen Gebieten ein, in denen herkömmliche Liefermetho- Chinas wegweisender Einsatz von KI in der Lagerautomatisierung E-Commerce, Fachkräfte, Künstliche Intelligenz, Big Data, Smart Logistics, Lagerhaltung E-Commerce und Fachkräftemangel treiben die Entwicklung der KI-gesteuerten Automation und den Aufbau von Smart Logistics Networks mit KI, IoT und Big Data im Land der Mitte an. Neben KI-Tools und Apps für alle Unternehmensbereiche erobern insbesondere mobile und humanoide Roboter die Lager- und Fabrikhallen. Dirk Ruppik Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 28 DOI: 10.24053/ IV-2025-0007 den schwierig sind. Diese Drohnen navigieren autonom zu den Zielorten, holen Pakete ab und liefern sie direkt an die Haustür der Kunden. Zusätzlich verwendet JD.com KI in seinen Lagern z. B. für die Sortierung und das Bestandsmanagement. Das Unternehmen hat ein Smart Logistics Network (intelligentes Logistiknetzwerk) implementiert, das fortschrittliche Technologien wie KI, IoT, Big Data und Automatisierung nutzt, um den gesamten Logistikprozess effizient zu optimieren. Die Integration der Technologien ermöglicht Echtzeit-Transparenz, vorausschauende Analysen und fundierte Entscheidungen in der Lieferkette. Dadurch wird das Bestandsmanagement in Lagern verbessert, Lieferzeiten verkürzt, Kosten gesenkt und die Kundenerfahrung optimiert. Das Netzwerk ist flexibel, skalierbar und anpassungsfähig, sodass schnell auf Veränderungen oder Störungen reagiert werden kann. Zudem hat JD.com seine Logistik international ausgebaut, indem es seine Technologie und Infrastruktur für lokale Einzelhändler und E-Commerce-Unternehmen als Service anbietet. In Polen arbeitet JD mit Biedronka, der größten Einzelhandelskette des Landes, zusammen und betreibt Lagerhäuser für die Erfüllung von Online- Bestellungen. In den USA eröffnet JD eigene Lagerhäuser und bietet Omnichannel-Fulfillment an. In Dubai betreibt das Unternehmen Logistikzentren, die Asien, Afrika und Europa abdecken und umfassende Supply- Chain-Dienste, einschließlich Transport, Lagerung und Versand, anbieten. Das neueste Smart Warehouse von Alibaba wurde von Cainiao, dem Logistikarm des Unternehmens, in Xiasha, Hangzhou, China eröffnet [2]. Das Lager ist das größte automatisierte Bonded Warehouse in China und wurde speziell entwickelt, um die steigende Nachfrage während globaler Shopping-Festivals wie dem Singles’ Day zu bewältigen. Es nutzt KI, über Tausend autonome mobile Roboter (AMR) von Quicktron und Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTS) für effiziente Prozesse in der Sortierung und Bestandsverwaltung. Zusätzlich hat Cainiao kürzlich das größte Smart Warehouse in Südostasien in Zusammenarbeit mit Flash Express in Thailand eröffnet. Es setzt ebenfalls auf fortschrittliche Automatisierungstechnologien, um die Logistik in der Region zu optimieren. AMR, FTS und humanoide Roboter erobern Lagerhäuser Roboter spielen eine zentrale Rolle bei der Automatisierung von Lagern in China. Die Roboter sind in der Lage, eine Vielzahl von Aufgaben zu übernehmen, die traditionell von Menschen ausgeführt wurden. Dazu gehören das Kommissionieren, Verpacken und Transportieren von Waren. Der chinesische Robotorhersteller Quicktron (Schanghai) ist ein führendes Unternehmen im Bereich der Robotik, das sich auf die Automatisierung der Intralogistik spezialisiert hat. Quicktron entwickelt und produziert autonome mobile Roboter, die darauf abzielen, menschliche Arbeitskräfte von monotonen Aufgaben in Lagern und Fabriken zu entlasten. Mit über 30000 eingesetzten Einheiten weltweit hat das Unternehmen eine globale Präsenz aufgebaut. Es besitzt Tochtergellschaften in den USA, Großbritannien, Deutschland, Australien, Südkorea, Japan und Singapur sowie Produktionsstätten in Kunshan (China). Weitere bedeutende Hersteller von AMR und FTS für die Intralogistik sind Geek+ (Peking), Hikrorobot (Hangzhou), Hai Robotics (Shenzhen) und Libiao Robotics (Hangzhou). Die Entwicklung humanoider Roboter in China schreitet ebenfalls schnell voran, wobei diese Roboter zunehmend in der Industrie eingesetzt werden. Chinesische Unternehmen wie UBTECH und Leju Robotics entwickeln fortschrittliche humanoide Roboter, die in verschiedenen Sektoren wie z. B. in der Automobilindustrie [3] eingesetzt werden können. Sie übernehmen komplexe Aufgaben wie die Qualitätssicherung, das Sortieren von Teilen und das Handhaben von schweren Gegenständen. Durch die Roboter wird die Effizienz und Sicherheit in industriellen Umgebungen erheblich verbessert. China strebt bis 2027 den Auf bau eines umfassenden Systems für humanoide Roboter an, das die industrielle Fertigung revolutionieren soll. Gesetzesentwurf für den Ausbau der KI-Führungsposition China hat einen neuen Gesetzesentwurf zur Förderung von KI in der Industrie vorgestellt, um die Führungsposition in der KI weiter zu festigen [4]. Der Fokus des Gesetzes liegt auf der industriellen Nutzung von KI, unterstützt durch staatliche Initiativen wie Steueranreize und Investitionen in Forschung und Talentförderung. Besonders im Bereich der KI-Chipherstellung will China stark investieren, um die Produktion leistungsfähiger Prozessoren zu fördern. Gleichzeitig wird die Zusammenarbeit mit globalen IT-Unternehmen gesucht, um innovative KI-Tools für die Industrie der Zukunft zu entwickeln. Obwohl das Gesetz auch Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten beinhaltet, liegt der Schwerpunkt klar auf der Förderung der industriellen Entwicklung. Darüber hinaus regelt das Gesetz den urheberrechtlichen Schutz von durch KI erzeugten Ergebnissen und erlaubt die Nutzung urheberrechtlich geschützter Daten in Trainingssets unter bestimmten Bedingungen. Auch Einzelpersonen könnten dadurch Urheberrechtsschutz für durch KI modifizierte Kreationen erhalten, sofern wesentliche Änderungen vorgenommen wurden. ■ LITERATUR [1] Alibaba intensifies focus on combining AI with e-commerce as executives urged to embrace the new Technology,Cheyenne Dong, Technode, https: / / technode.com/ 2023/ 12/ 14/ alibaba-intensifies-focus-on-combining-ai-with-e-commerceas-executives-urged-to-embrace-the-new-technology-report/ , letzter Zugriff: 29.10.2024 [2] Alibaba’s Cainiao launches enterprise smart warehouse solution, Aron Raj, Techwire, https: / / techwireasia.com/ 2022/ 03/ alibabascainiao launches-enterprise-smart-warehouse-solution/ , 29.10.2024 [3] China ahead in humanoid robots field, Fan Fei Fei, August 2024, China Daily, https: / / www. china daily.co m.cn / a / 2024 0 8/ 23/ W S 66 c7d d - 37a31060630b924859.html, 29.10.2024 [4] China treibt KI in der Industrie mit neuem Gesetz voran, Factory, Weka Industrie Medien, https: / / factorynet.at/ branche/ china-treibt-ki-in-der-industrie-durch-neues-gesetz-voran/ , 29.10.2024 Eingangsabbildung: © iStock.com/ ipopba Dirk Ruppik Asien-Korrespondent und freier Fachjournalist, Phuket (TH) dirkruppik@gmx.de Künstliche Intelligenz LOGISTIK Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 29 DOI: 10.24053/ IV-2025-0007 Umstellung auf E-Mobilität ist noch sehr teuer. Es braucht jedoch eine flächendeckende Verkehrswende, sie kann sich nicht auf den urbanen Raum beschränken. Die Verkehrswende hat zudem großes Potenzial, soziale Ungerechtigkeiten zu mindern, Mobilität zu erhalten und sogar zu verbessern. Der folgende Text stellt Ergebnisse zu den Verteilungswirkungen einer Verkehrswende vor und macht darauf auf bauend Vorschläge für eine möglichst sozialverträgliche Transformation. 1. Einleitung Verkehrspolitik ist ein kontroverses und emotionales Thema: Große Teile der Bevölkerung halten die Verkehrswende für sinnvoll und notwendig. Andere bezeichnen sie als überflüssig oder unrealistisch und möchten am Status quo festhalten. Allerdings ist die Verkehrswende keine Frage des „Ob“, sondern des „Wie“. Anders als in den Städten ist der öffentliche Verkehr auf dem Land häufig keine realistische Alternative zum eigenen Auto. Die 2. Umweltpolitische und fiskalische Notwendigkeit der Verkehrswende Der Verkehrssektor bleibt das Sorgenkind im Umweltschutz. Nahezu unverändert hohe negative Auswirkungen auf Menschen und Umwelt stellen eine enorme Herausforderung dar. Die Dekarbonisierung des Verkehrs - als Teil der Verkehrswende - ist mehrheitsfähig und wurde national und EU-weit, inklusive entsprechender Gesetze, beschlossen. Der Beschluss des Verbrenner-Aus und der Verkehrswende: Jetzt steuern, nicht stoppen! Verkehrswende, Soziale Gerechtigkeit, Soziale Teilhabe, Vulnerable Haushalte, Postfossile Mobilität, Ländliche Mobilität, Gerechte Transformation, Fiskalische Ergiebigkeit, Dekarbonisierung, Umweltschutz, Klimaschutz Die Verkehrswende ist beschlossen und notwendig für Umwelt- und Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und finanzielle Stabilität. Das aktuelle Abgaben- und Besteuerungssystem der Mobilität bevorzugt Besserverdienende und benachteiligt vulnerable Personengruppen. Instrumente, wie ein Bonus- Malus-System, eine Pkw-Maut, zielgruppenspezifische Förderprogramme für Elektroautos und eine sozialdifferenzierte Klimaprämie, können Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit verbinden. Haushalte mit schlechtem ÖV-Anschluss und weiten Pendelwegen zur Arbeit, können von Spritpreissteigerungen bis in die mittleren Einkommensschichten empfindlich getroffen werden. Aufgabe der Politik ist es deshalb, Handlungsspielräume zu erweitern, um die Befriedigung von Mobilitätsbedürfnissen auf effizientere und weniger klimaschädigende Weise zu ermöglichen. Dadurch wird die Akzeptanz gesteigert und der Erfolg der Verkehrswende langfristig gesichert. Kilian Frey, Leif Jacobs, Claudia Nobis Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 30 DOI: 10.24053/ IV-2025-0008 Emissionshandel für Gebäude, Straßenverkehr und zusätzliche Sektoren (EU-ETS 2) 1 zeigen, dass Deutschland und die EU sich auf eine postfossile Mobilität ausrichten. Das aktuelle Abgaben- und Besteuerungssystem der Mobilität basiert jedoch zu weiten Teilen auf den Grundlagen des „fossilen Zeitalters“. Perspektivisch werden die mit dem Absatz fossiler Kraftstoffe verbundenen staatlichen Einnahmen gegen Null gehen (Bild 1). Die Einnahmen aus dem EU- ETS 2 können dieses Problem nur verlangsamen, da sie kurzfristig auch bei sinkendem Verbrauch von Kraftstoffen für gleichbleibende oder höhere Einnahmen sorgen (vgl. Blanck, R. et al: 2021). Langfristig werden auch über den EU-ETS keine Einnahmen mehr generiert. Folgerichtig geht die Verkehrsprognose des Bundesverkehrsministeriums für das Jahr 2040 von der Einführung einer fahrleistungsabhängigen Pkw-Maut auf überörtlichen Straßen aus. Dort wird ein Entgelt in Höhe von real 5 Cent pro Fahrzeugkilometer angesetzt, um die Einnahmenausfälle aufgrund des sinkenden Absatzes an Kraftstoffmengen und den sinkenden Einnahmen durch die Energiesteuer auszugleichen (vgl. Kluth, T. et al: 2024). 3. Soziale Notwendigkeit der Verkehrswende Neben Umweltaspekten und fiskalischen Notwendigkeiten ist auch die Sozialverträglichkeit des Verkehrssystems von großer Bedeutung. Bevor wir einen Blick auf die sozialen Auswirkungen der Verkehrswende werfen, betrachten wir die Situation im Status quo. Aktuell besteht eine große Gerechtigkeitslücke in der Mobilität (vgl. UBA: 2020). Je wohlhabender Haushalte sind, desto mehr Autos besitzen sie (vgl. Bild 2). Personen aus einkommensstarken Haushalten legen im Durchschnitt mehr Kilometer, insbesondere mit dem Auto, zurück, als dies bei Personen aus einkommensschwachen Haushalten der Fall ist. Wohlhabendere Menschen tragen damit zu einem höheren Umweltverbrauch und zu mehr Umweltschäden bei. Die damit verbundenen Umweltkosten des Verkehrs werden zu weiten Teilen nicht von den Verursachenden getragen, sondern auf die Gesellschaft abgewälzt. Im Gegensatz dazu sind Menschen mit niedrigem Einkommen aufgrund ihrer Wohnlage und ihrer Verkehrsmittelnutzung im Durchschnitt stärker von verkehrsbedingten Luftschadstoffen und Lärm betroffen als besser gestellte Gesellschaftsschichten. Besonders benachteiligt sind Frauen, Kinder und ältere Menschen, die häufig auf den Fußverkehr angewiesen sind. In einem Verkehrssystem, das vom Auto dominiert wird, stehen sie oft im Abseits (vgl. UBA 2020). Auch den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderung, Kindern und älteren Personen wird das aktuelle Verkehrssystem oft nicht gerecht. Physische Zugangsbarrieren durch fehlende Rampen oder hohe Einstiegshöhen, zu kurze Umsteigezeiten oder die Bereitstellung von Tickets in digitaler Form sind nur einige Beispiele, die zum Ausschluss solcher Personengruppen führen können. Teilweise kann schon das Überqueren einer Straße zum Problem werden. Diese Menschen und ihre spezifischen Belange sind im öffentlichen Raum dadurch nicht mehr sichtbar (vgl. Aktion Mensch 2022: Inklusionsbarometer Mobilität). Die jüngsten Änderungen im Straßenverkehrsgesetz (StVG) und in der Straßenverkehrsordnung (StVO) lassen hoffen, dass künftig mehr Rücksicht auf die schwächsten Verkehrsteilnehmenden genommen wird. Darüber hinaus profitieren besserverdienende Haushalte und Männer überproportional oft von staatlichen Förderungen und umweltschädlichen Subventionen im Verkehr - wie z. B. dem Dienstwagenprivileg (vgl. Jacobs et al. 2024). Auch die Dekarbonisierung der Mobilität kann zur Verschärfung der finanziellen Ungleichheiten beitragen. Geringverdienende Haushalte können sich keine teuren Elektroautos leisten. Dies kann zur finanziellen Belastung der Haushalte führen, da - wie in Bild 3 anhand eines Hochpreisszenarios des Emissionshandels dargestellt - die durchschnittlichen variablen Kosten fossil betriebener Fahrzeuge in den kommenden Jahren deutlich ansteigen können. Bild 1: Zukunft der Energiesteuereinnahmen: Szenario bei Erreichung von Treibhausgasneutralität bis 2050, Quelle: Blanck, R. et al. (2021) Bild 2: Autobesitz nach ökonomischem Status der Haushalte in Deutschland 2017, Quelle: Nobis, Kuhnimhof (2019) Teilhabe MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 31 DOI: 10.24053/ IV-2025-0008 Bezieher*innen höherer Einkommen Bewohner*innen des ländlichen Raums Umgekehrt gewinnen die Menschen, die von den negativen Folgen bislang überproportional betroffen waren: Bezieher*innen geringerer Einkommen Alte und junge Menschen Menschen mit gesundheitlicher Vorbelastung Menschen mit Migrationshintergrund Negative Folgen, insbesondere durch eine hohe finanzielle Belastung, sind für die folgenden Gruppen zu befürchten: Haushalte mit schlechter ÖPNV-Anbindung Haushalte mit langen Pendelwegen Haushalte mit unterdurchschnittlichem Einkommen und Familien Ein Teil der untersuchten preiswirksamen Instrumente ist bereits beschlossen. Der europäische Emissionshandel für Gebäude und Verkehr startet beispielsweise im Jahr 2027. Die Studie macht Empfehlungen für eine umweltorientierte und sozialverträgliche Umsetzung der Verkehrswende. In den folgenden Unterkapiteln werden Instrumente zweierlei Typs vorgestellt: Vorschläge zur Beschleunigung der Dekarbonisierung des Verkehrs sowie Vorschläge zur Minderung sozial unerwünschter Verteilungswirkungen von Instrumenten zur Dekarbonisierung 4.2 Dekarbonisierung des Verkehrs beschleunigen Um die Dekarbonisierung des Verkehrssektors sozialgerecht voranzutreiben, sind neben der Einführung des EU-ETS 2 weitere Maßnahmen notwendig. Jacobs et al. (2024) haben die Umwelt- und Verteilungswirkungen von 17 Reformmaßnahmen analysiert, aus denen im Folgenden die vielversprechendsten Ansätze vorgestellt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der gezielten Beseitigung umweltschädlicher Anreize im motorisierten Individualverkehr. 2 Streckenbezogene Pkw-Maut Ein wirksamer Ansatz ist die Einführung einer streckenbezogenen Pkw-Maut, die sowohl die Infrastrukturals auch die Umweltkosten der Pkw-Nutzung einpreist. Mit Einnahmen von weit über 40 Mrd. Euro jährlich könnte sie nicht nur das fiskalische Defizit durch rückläufige Erträge aus der Energiesteuer und des CO 2 -Preises ausgleichen. Da von einer Pkw-Maut auch Elektroautos betroffen sind, würden alle Nutzenden zur Infrastrukturfinanzierung beitragen; es käme zu einer gerechten Lastenverteilung. gen der folgenden Instrumente: verschiedene Varianten der Entfernungspauschale, eine einheitliche Energiesteuer auf Kraftstoffe, ein ambitioniertes nationales Emissionshandelssystem, eine streckenbezogene Pkw-Maut, ein Bonus-Malus-System, ein ambitionierter CO 2 -Flottenzielwert, eine Pauschalbesteuerung von privat genutzten Dienstwagen, eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 innerorts, eine Luftverkehrs- und eine Kerosinsteuer, die Verbesserung der ÖPNV-Qualität, verschiedene Varianten einer Klimaprämie sowie die Einführung von vergünstigten Strompreisen und von Sozialtickets für den öffentlichen Verkehr. Im Kern kommen die Forscher*innen vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik, der Freien Universität Berlin und dem Institut für Energietechnik und Rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart zu folgenden Auswirkungen der Instrumente: Im Durchschnitt werden vor allem die Bevölkerungsgruppen höher belastet, die vom bisherigen Verkehrssystem besonders profitiert haben. Dies sind: Berufspendler*innen Männer 4. Vorschläge für eine sozialgerechte Verkehrswende Ziel der Verkehrswende ist es, ein umweltfreundliches und sozial gerechtes Verkehrssystem zu schaffen. Wichtige Bausteine sind z. B. der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die Förderung des Fuß- und Radverkehrs sowie die Verbesserung der Lebensqualität in Städten durch eine Reduzierung des Pkw- Verkehrs. Einkommensschwache Gruppen profitieren von diesen Maßnahmen oft in besonderem Maß. Die Dekarbonisierung des Verkehrs kann, wie dargestellt, aber auch zu neuen sozialen Schieflagen führen. In diesem Kapitel werden zunächst die sozialen Folgen unterschiedlicher Instrumente für mehr Klimaschutz im Verkehr beschrieben und im Anschluss vielversprechende Maßnahmen für die Verkehrswende vorgestellt. Abschließend geht es um Möglichkeiten zum Abbau von sozialen Ungerechtigkeiten. 4.1 Verteilungswirkungen ausgewählter Instrumente Das Umweltbundesamt hat eine Studie veröffentlicht, die sich mit den sozialen Folgen der Verkehrswende befasst (vgl. Jacobs et al. 2024). Untersucht wurden die Auswirkun- Bild 3: Vergleich der durchschnittlichen variablen Mobilitätskosten nach Antriebsart bei einem CO 2 -Preis von 300 Euro pro Tonne CO 2 im Jahr 2030 Bild 4: Finanzielle Belastungen durch eine streckenbezogene Pkw-Maut nach Bevölkerungsgruppen im Jahr 2030 MOBILITÄT Teilhabe Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 32 DOI: 10.24053/ IV-2025-0008 bieten auch Verhaltensanpassungen in Form einer geänderten Verkehrsmittelwahl nur begrenzt Möglichkeiten, auf die steigenden CO 2 - und Energiepreise zu reagieren. Das UBA (2025 im Erscheinen) schlägt daher zwei Arten zur Rückverteilung von Einnahmen aus der CO 2 -Bepreisung von Haushalten vor: (1) eine sozialdifferenzierte Klimaprämie für untere und mittlere Einkommen sowie (2) eine spezifische Förderung von vulnerablen Haushalten. Eine sozialdifferenzierte Klimaprämie kann die CO 2 -bedingten Kostensteigerungen für spezifische Bevölkerungsgruppen spürbar reduzieren. Es wäre wichtig, dass die Klimaprämie bereits im Vorfeld steigender CO 2 -Preise eingeführt und „perspektivisch so lange als Basisabsicherung aufrechterhalten wird, bis ausreichend kostengünstige und breit verfügbare Möglichkeiten für einen Umstieg von Haushalten mit geringen und mittleren Einkommen auf CO 2 -freie oder energie-effiziente Optionen im Mobilitäts- und Wärmebereich bereitstehen“ (vgl. UBA 2025 im Erscheinen). Im Verkehrssektor gelten insbesondere Haushalte in der unteren Einkommenshälfte, mit schlechter ÖV-Anbindung und hohen Mobilitätsausgaben als besonders betroffen von der CO 2 -Bepreisung (vgl. Jacobs, L. et al., 2024). In dünn besiedelten Regionen wird der motorisierte Individualverkehr trotz Ausbau des Öffentlichen Verkehrs auch zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Ziel sollte es daher sein, vulnerablen Haushalten in diesen Regionen über spezifische Förderprogramme und alternative Finanzierungsoptionen Zugang zu einem Elektroauto zu ermöglichen. Nachdem die allgemeine Kaufprämie für Elektroautos in Deutschland ausgelaufen ist, wäre eine Neuauflage der Kaufprämie, die sich ausschließlich an vulnerable Haushalte ohne ausreichenden Zugang zum Öffentlichen Verkehr richtet und auch den Kauf gebrauchter Elektroautos fördert, sinnvoll. Eine hohe Zielgruppengenauigkeit der Förderung und die Vermeidung ungewollter Mitnahmeeffekte haben dabei hohe Priorität. Die Kaufprämie sollte dabei über ein Bonus-Malus-System (s. o.) finanziert werden und nur auf den Kauf kleiner und mittelgroßer Elektroautos ausgerichtet sein. Dies hat bei Neuwagen den positiven Nebeneffekt, dass im Gebrauchtwagenmarkt langfristig mehr kleine und damit günstigere Elektroautos zur Verfügung stehen. Wenn das System aufkommensneutral gestaltet ist, trägt es sich selbst und benötigt netto keine Mittel aus dem Staatshaushalt. Der Kauf von gebrauchten Elektroautos kann auch über zinslose Kredite, die ausschließlich Personen mit geringem Einkommen bereitgestellt werden, gefördert werden. Aus Umweltsicht sollten wie bei erheblich zur Dekarbonisierung des Verkehrs beitragen. So würde eine einheitliche Energiesteuer auf Kraftstoffe, die die Besteuerung von Diesel an das Niveau von Benzin angleicht, ähnlich umweltfreundliche Anreize wie der CO 2 -Preis setzen (vgl. Jacobs et al. 2022). Diese Maßnahme könnte hohe Fahrleistungen von Dieselfahrzeugen verringern, die Konkurrenzfähigkeit von Elektroautos steigern und dadurch die frühzeitige Ablösung des Diesels durch emissionsärmere Alternativen fördern. Da Haushalte mit Dieselfahrzeugen im Durchschnitt über ein höheres Einkommen verfügen, würde die Maßnahme primär diese Gruppe betreffen. Dienstwagen und Entfernungspauschale Auch eine realitätsnähere Pauschalbesteuerung privat genutzter Dienstwagen und eine degressive Umgestaltung und Begrenzung der Entfernungspauschale würden vor allem einkommensstarke Haushalte belasten, da diese von den bisherigen Regelungen stärker profitieren. Die Anhebung des Pauschalsatzes bei der Dienstwagenbesteuerung würde den Anreiz zur Privatnutzung von Dienstwagen reduzieren. Eine Halbierung der Entfernungspauschale würde den finanziellen Vorteil von weiten Pendelstrecken abschwächen, die überproportional oft von Personen höherer Einkommensgruppen durchgeführt werden. Um Härten für vulnerable Haushalte zu vermeiden, könnten Ausnahmeregelungen für Steuerpflichtige, die z. B. aufgrund von körperlichen Beeinträchtigungen oder mangels zumutbarer ÖPNV-Alternativen auf das Auto angewiesen sind, eingeführt werden. Alle genannten Instrumente verfolgen das Ziel, den Verkehrssektor nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch sozial gerechter zu gestalten und den Übergang zu einer nachhaltigen Mobilität zu ermöglichen. 4.3 Förderung von Haushalten mit hohen fossilen Energiebedarfen und geringen Anpassungsspielräumen Die CO₂-Bepreisung von Brenn- und Heizstoffen über den ETS 2 ist ein maßgeblicher Hebel zum Erreichen der Klimaziele im Gebäude- und Verkehrsbereich. Dabei muss auf die Vermeidung sozialer Härten geachtet werden. Haushalte im unteren und mittleren Einkommenssegment mit hohem fossilem Energiebedarf werden besonders stark durch die CO 2 -Bepreisung belastet. Sie sind aus eigener Kraft meist nicht in der Lage, diese monetären Belastungen durch investive Klimaschutzmaßnahmen, wie eine energetische Sanierung oder den Kauf eines Elektroautos, hinreichend schnell zu verringern. Bei mangelnden Alternativen, wie einem gut ausgebauten öffentlichen Verkehr, Emissionsarme Fahrzeuge würden weiterhin mit Abstand die geringsten Mobilitätskosten aufweisen, der Anreiz zur Dekarbonisierung bliebe erhalten. Die Simulationsergebnisse eines solchen Szenarios (vgl. Bild 4) legen nahe, dass insbesondere Haushalte, die klassischerweise stark auf ein Auto angewiesen sind, mit erheblichen Zusatzkosten rechnen müssten. Nutzende von Diesel-Pkw mit ihren überdurchschnittlich hohen Fahrleistungen wären besonders betroffen, während einkommensschwache Haushalte mit ihren im Durchschnitt geringeren Fahrleistung weniger belastet würden. Vergleicht man allerdings nur Haushalte mit Pkw, ergeben sich für die Einkommensschwächsten auffällig hohe Belastungen. Zudem könnten die Kosten für Haushalte ohne Zugang zu Elektromobilität spürbar steigen. Die schrittweise Einführung der Maut dürfte jedoch mit einem deutlich weiterentwickelten Fahrzeugmarkt einhergehen, der Elektroautos zu erschwinglichen Preisen bereitstellt und damit realistische, emissionsarme Mobilitätsoptionen für große Teile der Bevölkerung ermöglicht. Zudem gibt es Ansätze für eine Preisreduzierung für vulnerable Haushalte (siehe Kapitel 4.3). Da steigende Mobilitätskosten in der Vergangenheit nachweislich zur Reduktion von Emissionen beigetragen haben, stellt die streckenbezogene Maut einen der wirksamsten Hebel zur Senkung der Treibhausgase im Pkw-Verkehr dar. Bonus-Malus-System Ein Bonus-Malus-System wäre ein wirkungsvolles Instrument, um den Übergang zu emissionsärmeren Antrieben zu beschleunigen und damit vor allem die Antriebswende voranzutreiben. Beim Kauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor würden Abgaben anfallen, deren Höhe sich nach den CO 2 -Emissionen des jeweiligen Fahrzeugs richtet: Je höher die Emissionen, desto größer der finanzielle Malus. Die daraus generierten Einnahmen könnten gezielt zur Förderung des Kaufs von Elektrofahrzeugen - als Bonus für vulnerable Haushalte - eingesetzt werden (s. u.). Dies würde nicht nur eine klare Lenkungswirkung zugunsten emissionsarmer Fahrzeuge entfalten, sondern auch die Akzeptanz in der Bevölkerung stärken. Erfahrungen aus Ländern wie den Niederlanden und Norwegen, in denen ähnliche Abgaben bei der Zulassung eingeführt wurden, zeigen, dass solche Systeme die durchschnittlichen CO 2 -Emissionen neu zugelassener Pkw deutlich stärker reduzieren können als im EU-Durchschnitt (Blanck und Zimmer 2021). Energiesteuer auf Diesel Neben diesen neuen Instrumenten können auch Anpassungen bestehender Regelungen Teilhabe MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 33 DOI: 10.24053/ IV-2025-0008 und Verkehr (BMDV) - Zusatzdokument 6.1: Start- Prognoseprämissen Prognosefall 1 „Basisprognose 2040“. Online verfügbar unter https: / / bmdv. bund.de/ SharedDocs/ DE/ Anlage/ G/ BV WP/ verkehrsprognose-2040-zusatzdokument-6-1-startprognosepraemissen-prognosefall-1-basisprognose-2040.pdf? _ _blob=publicationFile UBA (2020): Verkehrswende für Alle - So erreichen wir eine sozial gerechtere und umweltverträglichere Mobilität. Online verfügbar unter https: / / www. umweltbundesamt.de/ publikationen/ verkehrswende-fuer-alle UBA (2025 im Erscheinen): CO 2 -Preis im Gebäude- und Verkehrsbereich effektiv und sozialverträglich gestalten. Jacobs, L; Quack, L.; Mechtel, M. (2022): Distributional effects of carbon pricing by transport fuel taxation. In: Energy Economics 114, 106290. DOI: 10.1016/ j.eneco.2022.106290. Jacobs, L. et al. (2024): Verteilungswirkungen einer Verkehrswende - Analyse von Verteilungswirkungen umweltpolitischer Instrumente im Verkehrssektor und ein Gesamtkonzept für eine ökologische und inklusive Verkehrswende. Online verfügbar unter https: / / www.umweltbundesamt. de/ publikationen/ verteilungswirkungen-einerverkehrswende Wappelhorst, S. und Díaz, S. (2024): Moving past the early market: How to get battery electric vehicles to the mainstream (Blog) Online verfügbar unter https: / / theicct.org/ how-to-get-bevs-to-the-mainstream-sept24/ Eingangsabbildung: © iStock.com/ RomoloTavani gestellt werden. Insbesondere bei Menschen im ländlichen Raum mit langen Pendelwegen könnte es ohne staatliche Unterstützung bis in die mittleren Einkommensgruppen hinein zu sozialen Härten kommen. Es ist notwendig, dass sich die Politik den Anliegen dieser Bevölkerungsgruppen widmet - allein schon, um die erfolgreiche Umsetzung ihrer gefassten Beschlüsse nicht zu gefährden. Ein Weg ist die Auflage spezifischer Förderprogramme, die gezielt vulnerable Bevölkerungsgruppen entlasten. ▪ ENDNOTEN 1 Das 2023 beschlossene EU weite zweite Emissionshandelssystem für Brennstoffe (EU-ETS 2 - Emissions Trading System) löst 2027 das nationale Emissionshandelssystem (nEHS) ab. Mit dem Übergang auf den EU-ETS 2 sind deutlich steigende CO 2 -Preise möglich. Im Gegensatz zum nEHS verfügt der EU-ETS 2 über feste Emissionsobergrenzen. Der CO 2 - Preis bildet sich daher ab 2027 als Knappheitspreis am Markt (vgl. UBA 2025 im Erscheinen). 2 Maßnahmen zur Stärkung eines attraktiven Umweltverbunds, für die Dekarbonisierung des gewerblichen Verkehrs und des Luftverkehrs, sowie Instrumente, die in den Zuständigkeitsbereich der EU fallen, sind ebenfalls essenziell für die Verkehrswende, können in diesem Beitrag jedoch nicht näher beschrieben werden. Für weitere Informationen siehe Jacobs et al. (2024). 3 Haushalte, die als förderwürdig eingestuft werden, bekommen ein Elektroauto zu vergünstigten (da staatlich subventionierten) Leasingraten gestellt. LITERATUR Aktion Mensch (2022): Inklusionsbarometer: Mobilität (S. 86 ff). Online verfügbar unter https: / / aktionmensch.stylelabs.cloud/ api/ public/ content/ inklusionsbarometer-mobilitaet.pdf? v=ebc7d6ea Burger, A. et al. (2022): CO 2 -Bepreisung im Verkehrs- und Gebäudebereich sozialverträglich gestalten. Online verfügbar unter CO₂-Bepreisung im Verkehrs- und Gebäudebereich sozialverträglich gestalten | Umweltbundesamt Blanck, R. et al. (2021): Mobilität in die Zukunft steuern: Gerecht, individuell und nachhaltig. Online verfügbar unter https: / / www.umweltbundesamt. de/ publikationen/ mobilitaet-in-die-zukunft-steuern-gerecht Blanck, R. und Zimmer, W. (2021): Umgestaltung der Kfz-Steuer: Bonus-Malus-System. Online verfügbar unter https: / / www.umweltbundesamt.de/ sites/ default/ files/ medien/ 366/ dokumente/ ubakurzpapier_bonus-malus-system_kliv.pdf Nobis, C. und Kuhnimhof, T. (2019): Mobilität in Deutschland - MiD Ergebnisbericht. Studie von infas, DLR, IVT zu und infas 360 im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, S. 35. https: / / www.mobilitaet-in-deutschland.de/ archive/ pdf/ MiD2017_Ergebnisbericht.pdf Kluth, T. et al. (2024): Verkehrsprognose 2040 im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales der Kaufprämie nur kleinere Pkw gefördert werden. Im europäischen Ausland existieren bereits Beispiele für solche Modelle (z. B. Frankreich). Ein weiteres Instrument, das den hohen Kaufpreis von Elektroautos in den Blick nimmt, ist das „Social Leasing“ 3 für vulnerable Haushalte. Frankreich hat erste Analysen dieses Förderinstruments veröffentlicht. Die Ergebnisse sind positiv: Insgesamt hilft das System auch weniger begüterten und jüngeren Menschen Zugang zu einem Elektroauto zu bekommen (vgl. Wappelhorst und Díaz 2024). Auch wenn die Situationen von Frankreich und Deutschland nicht 1: 1 vergleichbar sind, sollte ein solches System geprüft werden. Empfehlenswert wäre es, die deutsche Autoindustrie in den Prozess einzubeziehen. Neue staatliche Förderinstrumente bergen die Gefahr, neuen bürokratischen Aufwand zu generieren. Es besteht ein Zielkonflikt zwischen Praktikabilität und Zielgruppengenauigkeit. Bei den Leistungen sollte deshalb ein besonderes Augenmerk auf eine bürokratiearme und praxistaugliche Ausgestaltung gelegt werden. So bedarf es nicht immer neuer Förderungen. Es können auch existierende Sozialtransfers um weitere Aspekte ergänzt oder zumindest deren Förderkriterien genutzt werden, um eine möglichst effiziente Umsetzung spezifischer Förderansätze zu gewährleisten. 5. Zusammenfassung und Fazit Die mit der Verkehrswende verbundene Transformation leistet einen elementaren Beitrag zum Schutz von Menschen und Umwelt. Durch das beschlossene Auslaufen von Fahrzeugen mit fossilen Antrieben werden die Energiesteuereinnahmen perspektivisch gegen Null gehen. Eine Neuausrichtung des Abgaben- und Besteuerungssystems der Mobilität kann dem stattfindenden Wandel eine Struktur geben und zur Sicherung der finanziellen Handlungsfähigkeit des Staates beitragen. Die Verkehrswende ist dabei mehr als ein technischer Wandel. Sie ist eine gesellschaftliche Herausforderung, die Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und moderne Mobilitätsbedürfnisse miteinander in Einklang bringen muss. Da der Status quo im Verkehrssystem sozial ungerecht ist, kann die Verkehrswende zum Ausgleich sozialer Ungleichheiten genutzt werden. Mit diesem Ziel hat das Umweltbundesamt eine Studie (Jacobs et al. 2024) in Auftrag gegeben, die sich mit den sozialen Auswirkungen verschiedener Handlungsoptionen zur Umsetzung der Verkehrswende befasst. Die Ergebnisse zeigen: Die meisten Menschen können die Folgen der Verkehrswende gut bewältigen - viele profitieren sogar von ihr. Es gibt aber auch Gruppen, die vor Herausforderungen Kilian Frey, Fachgebiet: „Umwelt und Verkehr“, Umweltbundesamt, Wörlitzer Platz 1, 06844 Dessau-Roßlau kilian.frey@uba.de Leif Jacobs, Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT, Schloss Birlinghoven, 53757 Sankt Augustin leif.jacobs@fit.fraunhofer.de Claudia Nobis, Dr., Leitung Fachgebiet Umwelt und Verkehr, Umweltbundesamt, Wörlitzer Platz 1, 06844 Dessau- Roßlau Claudia.Nobis@uba.de MOBILITÄT Teilhabe Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 34 DOI: 10.24053/ IV-2025-0008 den ersten Blick macht ein solches Angebot Sinn, denn am einfachsten, quasi per Mausklick, kann die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs durch preisliche Massnahmen beeinflusst werden. Erste Zahlen lieferten dementsprechend auch Anlass zu Optimismus: Bis Ende 2022 stieg die Zahl der verkauften Tickets auf 200’000, Mitte 2023 besassen bereits 250’000 Personen ein bundesweit gültiges KlimaTicket. 1 Rund 15 Prozent der österreichischen Bevölkerung nutzen eine regionale Variante des Angebots, und die Treuequote ist mit 80 Prozent der Kaufenden, die ihr Ticket verlängern, relativ hoch. 44 Prozent der KlimaTicket-Benutzenden sind jünger als 34 Jahre, während die Generation 65+ neun Prozent der Kaufenden ausmacht (hier und nachfolgend in diesem Absatz siehe [2]). Interessanterweise besitzen gemäss einer Einleitung Im Jahr 2019 waren Verkehrsemissionen für nahezu 40 Prozent der CO₂-Emissionen in Österreich verantwortlich, wobei der motorisierte Individualverkehr den grössten Anteil ausmachte [1]. Der öffentliche Verkehr bietet im Vergleich zum Autoverkehr deutliche Vorteile hinsichtlich Flächen- und Energieeffizienz. Vor diesem Hintergrund führte Österreich im Herbst 2021 das sogenannte KlimaTicket Ö (im Folgenden KlimaTicket) ein, um die Nutzung des öffentlichen Verkehrs zu fördern. Das Abonnement kostete 1’095 Euro pro Jahr (ab 2025 sind es 1'179,30 Euro) und ermöglichte die uneingeschränkte Nutzung aller Linienverkehre, einschliesslich öffentlicher und privater Schienenverbindungen, Stadtverkehre sowie Verkehrsverbünde in Österreich. Ausgenommen sind touristische Angebote. Auf Befragung über 90 Prozent der Kaufenden einen Führerschein. Für viele KlimaTicket- Kundinnen und -Kunden war der öffentliche Verkehr bereits vor der Einführung des Angebots die erste Wahl, wobei 41 Prozent vor der Einführung nur Einzelfahrkarten kauften. Wenn es nun darum geht, ein erstes Fazit zu ziehen, können, zusätzlich zu den soeben genannten Zahlen, ökonometrische Methoden eine wertvolle Unterstützung bieten. Sie ermöglichen es, mithilfe von Verhaltensdaten zu analysieren, inwiefern ein Angebot wie das KlimaTicket das Verhalten der Menschen beeinflusst hat. Nachfolgend wird aufgezeigt, wie in einer wissenschaftlichen Studie mithilfe von Verhaltensdaten die Auswirkungen des KlimaTickets gemessen wurden und welche Erkenntnisse sich daraus ergaben [3]. Die kurzfristigen Wirkungen des KlimaTickets in Österreich Öffentlicher Verkehr, KlimaTicket Ö, ökonometrische Analyse, synthetische Kontrollmethode Die Klimabilanz der Mobilität zu verbessern, erfordert bis auf Weiteres eine Verlagerung des Modalsplits hin zum öffentlichen Verkehr. Preislich attraktive Angebote könnten hier eine Schlüsselfunktion einnehmen. Dieser Beitrag untersucht die Wirkung von Preisanreizen im öffentlichen Verkehr, in dem eine wissenschaftliche Studie vorgestellt wird, die mit ökonometrischen Methoden analysiert, wie das österreichische KlimaTicket die Fahrgastzahlen beeinflusst hat. Hannes Wallimann Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 35 DOI: 10.24053/ IV-2025-0009 Untersuchungsdesign Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) gehören zu den Unternehmen, die Verhaltensdaten in Form von jährlichen Fahrgastzahlen veröffentlichen. Betrachtet man die indizierten ÖBB-Bahnreisenden im Vergleich zum Basisjahr 2015 (siehe Bild 1), wird deutlich, wie stark sich die COVID-19-Pandemie auf die Fahrgastzahlen ausgewirkt hat. Die ergriffenen Massnahmen, beispielsweise die Lockdowns und die Schliessung von Geschäften sowie Freizeiteinrichtungen führten zu einem erheblichen Rückgang der Reisenden in den Jahren 2020 und 2021. Um zu schätzen, ob das KlimaTicket zu einer schnelleren Erholung der Fahrgastzahlen nach der COVID-19-Pandemie beitrug und so die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel förderte, reicht es nicht aus, lediglich die Daten der ÖBB zu analysieren. Daher wurden zusätzliche Daten von vergleichbaren europäischen Bahnunternehmen gesammelt, die öffentlich verfügbar sind, und für die Jahre 2015 bis 2023 (vor und nach der Einführung des KlimaTickets) analysiert. Um die kurzfristige Wirkung des KlimaTickets auf das Wachstum der Fahrgastzahlen zu untersuchen, wurde die synthetische Kontrollmethode angewandt, die ursprünglich von Abadie und Gardeazabal [4] entwickelt wurde. Diese Methode ermöglichte es, das beobachtete Ergebnis mit einem kontrafaktischen Szenario zu vergleichen - also mit den Fahrgastzahlen, die ohne das KlimaTicket zu erwarten gewesen wären. Zur Ermittlung des kontrafaktischen Ergebnisses wurde eine synthetische ÖBB erstellt, basierend auf einem gewichteten Durchschnitt europäischer Bahngesellschaften, die als Kontrollgruppe dienten. Bei der Anwendung der synthetischen Kontrollmethode ging es darum, die Charakteristika der ÖBB vor der Einführung des KlimaTickets möglichst genau abzubilden. Zusätzlich wurden Einflussgrössen wie das Bruttoinlandprodukt und das Bevölkerungswachstum herangezogen, um das Potenzial für eine Zunahme der Fahrgastzahlen realistisch zu modellieren. Die Differenz zwischen dem Fahrgastwachstum der tatsächlichen ÖBB und der synthetischen ÖBB nach der Einführung des KlimaTickets wurde als die Wirkung des KlimaTickets interpretiert. Solche Analysen beruhen jedoch immer auf Annahmen über Wirkungsmechanismen von Massnahmen. In diesem Falle wurde beispielsweise angenommen, dass keine externen Schocks, welche unterschiedlich bei einer oder mehreren Bahnen in der Kontrollgruppe oder der ÖBB auftraten, die Fahrgastzahlen beeinflussten. Folglich wurde die Deutsche Bahn (DB) nicht in die Kontrollgruppe aufgenommen, da 2022 das 9-Euro-Ticket in Deutschland erhältlich war, was die Fahrgastzahlen wohl beeinflusste (siehe z. B. [5]). Mögliche unterschiedliche Auswirkungen der COVID- 19-Pandemie wurden bei sogenannten Sensitivitätsanalysen berücksichtigt. Ergebnisse und Einordnung Beim Vergleich der Ergebnisse der tatsächlichen und der synthetischen ÖBB zeigen die Resultate, dass das Wachstum der Bahnreisen bei der ÖBB in Österreich nach der COVID-19-Pandemie durchschnittlich leicht stärker war als es ohne das KlimaTicket zu erwarten gewesen wäre. Dieser Effekt ist jedoch statistisch nicht signifikant. In Bild 2 ist das Ergebnis der synthetischen Kontrollmethode genauer dargestellt: Im Jahr 2021 liegt das Wachstum bei der ÖBB über dem Niveau, das ohne das Klima- Ticket zu erwarten gewesen wäre, und zwar mit einer um 14,8 Prozentpunkte höheren Wachstumsrate. Angesichts der Einführung des KlimaTickets am 26. Oktober 2021 deutet dies auf eine schnellere Erholung der ÖBB von der COVID-19-Pandemie im Hinblick auf die Fahrgastzahlen hin. Während 2021 ein positiver Effekt beobachtet wird, verschwindet der Unterschied zwischen der ÖBB und der synthetischen ÖBB im Jahr 2022 fast vollständig. Genauer gesagt beträgt die Differenz in den Wachstumsraten im Jahr 2022 −0,8 Prozentpunkte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit dem zugrunde liegenden Studiendesign und den verfügbaren Daten kein Nachfrageeffekt des KlimaTickets im Jahr 2022 festgestellt werden konnte. Darüber hinaus liegt die Wachstumsrate der ÖBB im Jahr 2023 sogar 8,2 Prozentpunkte unter der Wachstumsrate, die ohne die Einführung des KlimaTickets zu erwarten gewesen wäre. Da es sich um Wachstumsraten handelt, deutet dies darauf hin, dass andere Unternehmen im Jahr 2023 aufholen, obwohl sie kein vergleichbares Angebot wie das KlimaTicket haben. Im Durchschnitt ergibt sich eine Differenz von 1,9 Prozentpunkten zwischen den Wachstumsraten der ÖBB und der synthetischen ÖBB. Zusätzlich zur synthetischen Kontrollmethode wurde der synthetische Differenz-in- Differenz-Ansatz angewandt - eine jüngere Weiterentwicklung der synthetischen Kontrollmethode (siehe [6]). Der Effekt ist mit 5,3 Prozentpunkten höheren Wachstumsraten zwar grösser, jedoch immer noch nicht statistisch signifikant. Für detaillierte Erläuterungen hierzu wird auf die Studie verwiesen [3]. Zusätzlich wurde mit Sensitivitätsanalysen untersucht, ob die Ergebnisse robust Bild 2: Entwicklung des Fahrgastwachstum der ÖBB und der synthetischen ÖBB (Quelle: [3], übersetzt aus dem Englischen) Bild 1: Entwicklung der ÖBB-Fahrgastzahlen (Quelle der Daten: ÖBB) Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 36 DOI: 10.24053/ IV-2025-0009 MOBILITÄT Klimaticket zen oder die Erhöhung der Kosten für den motorisierten Individualverkehr. Dass die Bevölkerung aber nicht ausschliesslich das Autofahren fördern möchte, zeigte sich in der Schweiz, als die Stimmberechtigten im November 2024 einen Ausbau der Nationalstrassen ablehnten. Vielleicht ist dies ein Hoffnungsschimmer im Hinblick auf die Reduktion der durch den Verkehr verursachten CO₂-Emissionen. ■ ENDNOTEN 1 Siehe https: / / www.klimaaktiv.at/ mobilitaet/ mobilitaetsmanagem/ klimaticket.html (abgerufen am 18. Dez. 2024). Beachte, dass dieser Artikel mit Redaktionsschluss am 16. Januar 2025 verfasst wurde und deshalb nicht mehr auf neuste Entwicklungen eingeht. LITERATUR [1] OECD (2022). Austria’s “KlimaTicket” to promote low-carbon mobility. International Programme for Action on Climate. [2] Follmer, R., & Treutlein, J. (2023). KlimaTicket-Report, Methode und Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung und Nachfrageerhebung zum KlimaTicket Österreich, Dezember 2023, Bonn. [3] Wallimann, H. (2024). Austria's KlimaTicket: Assessing the short-term impact of a cheap nationwide travel pass on demand. Transport Policy, 159, 201- 214. [4] Abadie, A., & Gardeazabal, J. (2003). The economic costs of conflict: A case study of the Basque Country. American economic review, 93(1), 113-132. [5] Loder, A., Cantner, F., Adenaw, L., Nachtigall, N., Ziegler, D., Gotzler, F., Lienkamp, M., et al. (2024). Observing Germany’s nationwide public transport fare policy experiment “9-Euro-Ticket”-Empirical findings from a panel study. Case Studies on Transport Policy, 15. [6] Arkhangelsky, D., Athey, S., Hirshberg, D. A., Imbens, G. W., & Wager, S. (2021). Synthetic difference-in-differences. American Economic Review, 111(12), 4088-4118. [7] Wallimann, H., Blättler, K., & von Arx, W. (2023). Do price reductions attract customers in urban public transport? A synthetic control approach. Transportation Research Part A: Policy and Practice, 173. [8] Blättler, K., Wallimann, H., & von Arx, W. (2024). Free public transport to the destination: A causal analysis of tourists' travel mode choice. Transportation Research Part A: Policy and Practice, 187. Eingangsabbildung: © ÖBB/ Harald Eisenberger lere und zahlreichere Verbindungen sowie neues Rollmaterial finanziell aufwendig und oft kurzfristig nicht umsetzbar sind, lassen sich preislich attraktive Angebote relativ einfach einführen. Dementsprechend gibt es in Europa neben dem KlimaTicket auch weitere Angebote wie das Deutschlandticket, mit dem man für 49 Euro den Nah- und Regionalverkehr in Deutschland nutzen kann. Ein noch grösserer Schritt wurde in Luxemburg unternommen, wo der öffentliche Verkehr kostenlos angeboten wird. Auch wenn auf den ersten Blick einige Argumente für solche Angebote sprechen, wie etwa der Wegfall des Ticketkaufs oder die finanzielle Planbarkeit für Nutzende, muss die Wirksamkeit dieser Massnahmen kritisch hinterfragt werden. Die Analyse der Verhaltensdaten der soeben diskutierten Studie stellt die Wirksamkeit von Preissenkungen für eine genügende Verhaltensänderung infrage, wie es auch andere Forschungspapiere tun (siehe z. B. [5]). Zusätzlich machen preislich attraktive Angebote oder sogar kostenloser öffentlicher Verkehr Transportunternehmen abhängiger von staatlicher Unterstützung. Angesichts der aktuellen Debatten über die Staatsfinanzen in Deutschland, Österreich und der Schweiz stellt sich die Frage, ob eine derartige Entwicklung gewünscht ist. Andererseits, falls solche generellen Preissenkungen erfolgreich wären, könnte dies zu Kapazitätsengpässen während der Hauptverkehrszeiten führen. Dies führt zu sogenannten Sprungfixkosten: Die Kosten steigen nicht kontinuierlich, sondern bleiben innerhalb eines Kapazitätsbereichs konstant und erhöhen sich sprunghaft, wenn die Kapazität erweitert werden muss - beispielsweise, weil während der Hauptverkehrszeiten wegen attraktiven Preisen viele Reisende unterwegs sind. Preisliche Anreize könnten daher kostspielige Infrastrukturausbauten nach sich ziehen, die weitere Herausforderungen mit sich bringen. Dazu gehören unter anderem der Fachkräftemangel, die lange Bauzeit neuer Infrastrukturen sowie die parallele Durchführung der Arbeiten zum laufenden Betrieb. Um dem entgegenzuwirken, könnten preislich attraktive Angebote für spezifische Zeiten oder für bestimmte Kundensegmente, wie etwa die integrierte Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln für Übernachtungsgäste, eingeführt werden (siehe hierzu ein Beispiel einer Tourismusdestination in der Schweiz, [8]). Wenn jedoch unerwünschtes Verhalten im Verkehr so reduziert werden soll, dass die angestrebte Menge an CO₂-Emissionen eingespart wird, wird die Politik wohl nicht um sogenannte Push-Massnahmen herumkommen, die das Autofahren weniger attraktiv machen. Beispiele für diese oft unpopulären Massnahmen sind der Abbau von Parkplätgegenüber Änderungen einzelner Parameter sind, beispielsweise um die Auswahl der zugrunde liegenden Daten zu überprüfen. Dabei wurden die Daten der europäischen Bahnunternehmen durch Daten von Eurostat ersetzt. Österreich, das nun auch Daten anderer österreichischer Bahnunternehmen neben der ÖBB umfasste, wurde mit einem synthetischen Österreich verglichen - basierend auf der synthetischen Kontrollmethode, einem gewichteten Durchschnitt aus europäischen Staaten mit jährlich mehr als 10 Millionen Fahrgästen im Schienenpersonenverkehr. Hier, wie in weiteren Sensitivitätsanalysen, zeigen sich keine wesentlichen Unterschiede in der Wirkung des KlimaTickets auf das Wachstum der Fahrgastzahlen. Insgesamt deuten die Ergebnisse aus empirischer Perspektive darauf hin, dass das KlimaTicket kurzfristig keine signifikanten positiven Effekte auf die Fahrgastzahlen im Schienenverkehr erzeugt hat. Bevor die Ergebnisse jedoch im nachfolgenden Kapitel abschliessend bewertet werden, ist eine kurze Einordnung erforderlich: Da der Wirkmechanismus möglicherweise langfristig, d. h. über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren, die Nachfrage beeinflusst, sollten zukünftige Studien die Wirkung des KlimaTickets in den kommenden Jahren untersuchen. Solche Untersuchungen sind insbesondere deshalb wertvoll, weil - auch aufgrund der hohen Kundenbindung - die Nachfrage im Laufe der Zeit steigen könnte (siehe z. B. [7]). Eine (weitere) Einschränkung dieser Studie besteht darin, dass (aus datenbezogenen Verfügbarkeitsgründen) Angebotsänderungen, wie z. B. eine Erhöhung von Taktfrequenzen, nicht berücksichtigt wurden. Zukünftige Studien sollten daher auch Angebotsänderungen einbeziehen, um veränderte Frequenzen als alternative Erklärung für den kausalen Effekt auszuschliessen (siehe wieder [7], wo eine aggregierte Kennzahl verwendet wird, welche Änderungen im Angebot des öffentlichen Verkehrs berücksichtigt). Eine zusätzliche Limitation dieser Studie ist, dass das KlimaTicket für das gesamte öffentliche Verkehrsnetz Österreichs gilt, einschliesslich Stadtverkehr und Transportmittel der Verkehrsverbünde. Die hier besprochenen Ergebnisse beziehen sich ausschliesslich auf das Wachstum der Fahrgastzahlen im Schienenverkehr, während gut erschlossene Agglomerationen mit hohem Potenzial für den öffentlichen Verkehr möglicherweise positiver reagiert haben könnten. Preissenkungen und die Verkehrswende, ein Fazit Menschen für die Nutzung des öffentlichen Verkehrs zu motivieren, ist aus der Sicht der Klimapolitik ein erstrebenswertes Ziel. Während Infrastrukturprojekte für schnel- Wallimann, Hannes, Ph.D., Dozent, Kompetenzzentrum Mobilität der Hochschule Luzern hannes.wallimann@hslu.ch Klimaticket MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 37 DOI: 10.24053/ IV-2025-0009 wenn städtische Infrastruktur aktuell primär auf den MIV ausgerichtet ist, existieren in der Regel weitere Mobilitätsformen, zwischen denen der verfügbare Platz aufgeteilt werden muss. Solche Umverteilungsprozesse erzeugen Konflikte, da sich BürgerInnen und Unternehmen in einer Infrastruktur eingerichtet haben, die in Aufbauprozessen der Nachkriegs-Jahrzehnte entstanden ist. Nachhaltigkeit im Sinne des Klimaschutzes E ine erfolgreiche Verkehrswende muss in der Gesellschaft Akzeptanz finden, um zügig umgesetzt werden zu können. Unterschiedliche Mobilitätsformen und Bedarfe - heutige und zukünftige - müssen berücksichtig werden. Diese können nicht nur den auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) bezogenen Status quo abbilden, sondern müssen das neue Ziel Nachhaltigkeit einschließen. Auch war damals noch kein Planungsgegenstand. Um solche Konflikte zu reduzieren, kann ein Perspektivwechsel helfen, die Motivation der Gegenseite nachzuvollziehen, die Gesamtsituation zu verstehen und Kompromisslösungen zu erarbeiten. Dies kann zu einem zielführenden Diskurs verhelfen und die Kompromissbereitschaft im BürgerInnendialog erhöhen. Aus diesem Grund wurde an der Hochschule Hannover ein Planspiel ent- Spielen für die Verkehrswende? Einsatz eines Planspiels als Kommunikations- und Beteiligungsmethode im Diskurs zur innerstädtischen Verkehrsgerechtigkeit BürgerInnenbeteiligung, Nachhaltigkeit, Planspiel, Verkehrswende, Stadtentwicklung Prozesse zur nachhaltigen Verbesserung innerstädtischer Verkehrssituationen stecken häufig in Abstimmungsverfahren zwischen Politik, Verwaltungs- und Planungsbereichen sowie den betroffenen BürgerInnen und Unternehmen fest. Gemeinwohl und Partikularinteressen scheinen sich unüberbrückbar gegenüberzustehen. Ein Ansatz, diese Konflikte zu durchbrechen, ist der Einsatz von Planspielen. Bei einer Konferenz in Hannover kam es zu einem ersten Test dieser Methode. Alexander Bedrunka, Franziska Seniuk, Thomas Othmar, Michael Danner, Lars Gusig Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 38 DOI: 10.24053/ IV-2025-0010 wickelt, bei dem die Teilnehmenden unterschiedliche Rollen in einem fiktiven Szenario bei der Umgestaltung eines urbanen Raumes einnehmen sollen. Stand der Forschung Das Planspiel hat seinen Ursprung im militärischen Bereich zur Simulation komplexer Konfliktsituationen [1]. Durch dessen Weiterentwicklung zählen auch Politik und Wirtschaft zu den Anwendungsbereichen [2]. Beispielsweise förderte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz die Entwicklung des Planspiels „Cool in Lümmersfelde“, mit dem Ziel einen gemeinsamen Perspektivwechsel aller Beteiligten im Kontext regionaler Klimaanpassungen zu bewirken [3]. Die Planspielmethode vereint diverse Merkmale anderer Spiele (u. a. Rollenspiel, Regelspiel, Simulation) und lässt sich als eine Kombination dieser Elemente mit unterschiedlich starken Ausprägungen verstehen [4]. Weiter weist Schwägele [2] darauf hin, dass auf Grund unterschiedlicher Ausgangssituationen, sowie die Anpassungsfähigkeit vor, aber auch während des Spiels und der Anwendung in unterschiedlichen Fachdisziplinen eine systematische Forschung erschwert wird. Unumstritten dient das Planspiel dazu unterschiedlichste Teilnehmende in Kontakt und Austausch miteinander zu bringen [5] und auf diesem Wege komplexe Problemstellungen zu betrachten. Die Verwendung interdisziplinärer Planspiele - dabei besteht eine Interdisziplinarität nicht grundliegend, sondern entsteht durch eine gemeinsame Problemlösung unterschiedlichster Fachbereiche mit deren fachlichen oder methodischen Perspektiven - verhilft zu einem größeren Verständnisgewinn und einer gemeinsamen Lösungsfindung [5]. Die in diesem Artikel zu Grunde liegende Kombination von Spielmerkmalen folgt der Definition von Kriz [4] und lässt sich als ein interdisziplinarisches Planspiel mit einer realitätsnahen Simulationsumgebung, in der Entscheidungen und Interessenbekundungen von Rollen, in einem reglementierten Rahmen die Auswirkungen ihres Handels dargestellt bekommen, beschreiben. Vergleichbar dazu wurde 2017 von der Deutschen Vernetzungstelle Ländlicher Raum ein Planspiel verwendet, um die Wünsche und Bedürfnisse für die ländliche Mobilität zu ermitteln und eine perspektive zur langfristigen Sicherstellung zu generieren [6]. Eine Weiterentwicklung erfolgte 2021 mit dem Fokus auf das Mobilitätsverhalten von SchülerInnen [7]. Methodik Da bei der Durchführung von Planspielen in diesem Kontext mit heterogenen Gruppen von unterschiedlichen Wissensständen ausgegangen werden muss, sind zunächst verkehrstechnische Grundlagen und Zusammenhänge zu erläutern. Ein zentraler Punkt für die spätere Einnahme unterschiedlicher Perspektiven ist das Verständnis des grundlegenden Zielkonfliktes im „magischen Dreieck“ von CO 2 -Emissionen, Qualität und Wirtschaftlichkeit (CQW-Dreieck, s. Bild 1 links). Diese drei Zieldimensionen hängen mit späteren Lösungsparametern wie u. a. Zunahme/ Abnahme MIV-Verkehr, Flächenverbrauch, Investitions- und Mobilitätskosten zusammen. Das eigentliche Planspiel gliederte sich in sechs Phasen (Bild 1, Mitte). Für den Testlauf wurde ein konkretes Beispiel so abstrahiert, dass auch ortsfremde Personen teilnehmen können. Da die Workshop-Zeit für den Testlauf begrenzt war, wurden neben einem IST- Stand verschiedene neue Szenarien bereits vorgegeben, die analysiert und zunächst in einer Perspektiv-Matrix aus dem jeweiligen Blickwinkel der Stakeholder (hier: Anwohner, Einzelhandel, Pendler) und dann in einer Szenarien-Matrix bewertet werden sollten (Bild 1, rechts). Testlauf Im Rahmen der Konferenz „Jenseits von 1,5° - Welche Chancen bietet eine schonungslose Klimakommunikation“ am 23.11.2024 in Hannover wurde ein Workshop zum Thema „Kommunikation für die Verkehrswende“ durchgeführt, in dem das Planspiel getestet wurde. Der Workshop hatte eine Zeitrahmen von zwei Stunden und war auf 25 Teilnehmende zzgl. des Moderationsteams von vier Personen ausgelegt. Der Raum wurde so eingerichtet, dass es neben einem großen Spielplan vier Gruppenarbeitsbereiche mit Flipcharts gab. Auch wenn das Planspiel auf bis zu sechs Gruppen und neun Szenarien ausgelegt war, wurden für den Testlauf der Umfang auf vier Gruppen mit jeweils einem Szenario reduziert. Da die Teilnehmenden der Konferenz mehrheitlich aus dem Umfeld von klimaengagierten Menschen bestanden, wurde über sog. „Persona-Karten“ (Bild 2) unterschiedliche Charaktere und Einstellungen in einem möglichst ausgeglichenen Verhältnis von pro- und contra Umweltaspekten vorgegeben. Die Alterspanne der Teilnehmenden war durchmischt: Studierende, junge wissenschaftliche Mitarbeitende bis zu Rentner- Innen. Sie kamen aus unterschiedlichsten Fachrichtungen und räumlichen Umfeldern (regional/ überregional, urban/ rural), was eine gute Basis für Diskussionen darstellte. Zu Beginn der Gruppenarbeitsphase wurden die Teilnehmenden den unterschiedlichen Persona-Rollen per Zufall zugeordnet. Sie mussten sich zunächst in die zugeteilten Rollen einfinden. Aufgrund der durchweg positiven Einstellung zum Thema Klima- Bild 1: Dreieck der Zielkonflikte, Spielphasen und Bewertungsmatrixen des Planspiels Bild 2: Materialen: Spielplan und Persona- Karten Planspiele MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 39 DOI: 10.24053/ IV-2025-0010 LITERATUR [1] R. Vagt: Planspiel - Konfliktsimulation und soziales Lernen. Eine Einführung in die Planspielmethode. Rheinstetten, Schindele, 1983. [2] S. Schwägele: Planspiel-Lernen-Lerntransfer: Eine subjektorientierte Analyse von Einflussfaktoren. Bamberg, 2015. [3] B. Huston et al: Cool in Lümmersfelde - Klimaanpassung regional. Ländliche Erwachsenbildung in Niedersachsen e.V., 2023 [4] W. Kriz: Planspiel. in Handbuch Methoden der Organisationsforschung: Quantitative und Qualitative Methoden, 2009, pp. 558-578. [5] T. Alf et al: Planspiele - interdisziplinär vernetzt. Rückblick auf das 34. Europäische Planspielforum und den Deutschen Planspielpreis 2023. Zentrum für Managementsimulation, Stuttgart 2024 [6] F. Kern, D. Pucher, and M. Kirchesch: Planspiel Mobilität. Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume, 2017. [7] M. Kirchesch and S. Thiele: Mobil sein als Schüler - aber wie? Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume, 2020. Eingangsabbildung: © sdecoret - stock.adobe.com Die Erwartungshaltung sollte nicht sein, in einem Planspiel die neue, innovative, beste Lösung selber zu entwickeln. Ziel ist zunächst nur, das Entwickeln eines gegenseitigen Verständnisses und das Ermöglichen von Kompromissen. Evaluation Testlauf In der abschließenden Befragung der Teilnehmenden (abgegebene Bewertungen N = 20) gab es eine große Übereinstimmung, dass das Planspiel grundsätzlich einen Beitrag bei der Kommunikation in der Verkehrswende leisten kann (85 %). Gründe, die aufgeführt worden sind, waren der notwendige Perspektivwechsel (55 %) in eine Rolle, die nicht zwangsläufig mit den eigenen Werten und der eigenen Vorstellung von Lebensqualität übereinstimmt. Daraus kann ein gewisses Verständnis für die Gegenseite entwickelt werden (30 %), die das Konfliktpotential bei einer lösungsorientierten Kommunikation reduzieren kann. Die Bewertungssystematik im Testlauf war für einige Teilnehmende unklar, dies kann in der Einführung klarer erläutert werden. Aufgrund der begrenzten Zeit beim Testlauf bot das Spiel nicht viel Raum für Diskussionen außerhalb des angedachten Rahmens. Für jede Gruppe blieb ausschließlich Zeit, ein Szenario zu bewerten. Die Entwicklung eines aus der Gruppe gemeinsam entwickelten Szenarios sowie die Diskussion zwischen den einzelnen Szenariogruppen passten nicht in den durch die Konferenz vorgegebenen Zeitrahmen. Diese sollten bei anderen Randbedingungen möglichst Berücksichtigung finden. Ausblick Der Testlauf des Planspieles konnte Potentiale im Bereich der Lösungsfindung bei verhärteten Diskussionen zwischen konkurrierenden Sichtweisen aufzeigen. Durch den spielerischen Ansatz konnten die Teilnehmenden eine gewisse Distanz zum eigentlichen Problem auf bauen und so zu einer nicht nur für sie selbst, sondern auch für die Allgemeinheit besseren Lösung beitragen. Dieser Ansatz kann natürlich auf andere Themenfelder im Verkehrsbereich übertragen werden. Neben dem Einsatz in verschiedenen kommunalen Kontexten (urban/ rural) bieten sich insbesondere die Bereiche Schulen/ Hochschulen und Unternehmen an. Auch hier prallen vielfältige Interessen und Mobilitätsformen aufeinander, ein strukturierter Ansatz kann helfen, bessere Lösungen im Zielkonflikt CO 2 -Emissionen, Qualität und Wirtschaftlichkeit zu finden. Um die Einsatzpotentiale der Methode weiter zu untersuchen, soll in einem anschließenden Forschungsprojekt ein Baukasten für Planspiele im Bereich nachhaltige Mobilität entwickelt und erprobt werden. ■ schutz dauerte diese Phase länger als erwartet und stellte einige Teilnehmende vor unerwartete Herausforderungen. Insbesondere bei konservativeren Rollen, die den MIV befürworten, benötigen die Teilnehmenden mehr Zeit, um sich in das Rollenbild einzufinden. Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass die politische Ausrichtung der Rollen, die nur durch einen relativ kurzen Hinweis in der Beschreibung auftaucht, nicht in den Hintergrund gerät. Insgesamt wurde bei diesem Schritt deutlich, dass ein intensiver Austausch mit dem Moderationsteam notwendig und hilfreich ist. Die anschließenden Bewertungen der Szenarien durch die Teilnehmenden war hingegen einfacher und hat weniger Zeit in Anspruch genommen als zuvor angenommen. Die Ergebnisse wurden an Flipcharts diskutiert und zusammengetragen (Bild 3) Für das Zurechtfinden der Teilnehmenden ist es hilfreich, die Rollenbeschreibungen möglichst fein zu konkretisieren, um die Bandbreite der gegensätzlichen Positionen zu gewährleisten. Im Rahmen des Testlaufs musste aufgrund der zeitlichen Begrenzung des Workshops auf die gruppeninternen Diskussionen und Reflexionen verzichtet werden. Dies hätte sicherlich weitere Erkenntnisgewinne mit sich gebracht und sollte bei zukünftigen Workshops berücksichtigt werden. Die wesentlichen Erfahrungen sind: Eine genaue Zeitplanung und Priorisierung der einzelnen Anteile des Planspiels im Vorfeld ist unerlässlich. Leidenschaftliche Diskussionen zu emotional vorbesetzten Bereichen ufern leicht aus. Eine flexible und motivierende Moderation ist entscheidend, um auf Fragen und Diskussionen der Teilnehmenden eingehen und das Planspiel entsprechend steuern zu können. Die empfohlene Dauer für ein Planspiel hängt von der Gruppengröße, den Vorkenntnissen und persönlichen Bezügen ab. Sie beträgt mindestens 120 Minuten. Wenn auch eigene Lösungen entwickelt werden sollen, ist eine Dauer von ca. ½ Tag notwendig. Alexander Bedrunka, Dr.-Ing., Leiter Energiesysteme und -infrastruktur, Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen GmbH alexander.bedrunka@klimaschutzniedersachsen.de Franziska Seniuk, M.-Eng., Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Forschungszentrum Energie- Mobilität Prozesse an der Hochschule Hannover https: / / orcid.org/ 0009-0005-4533-3372 franziska.seniuk@hs-hannover.de Thomas Othmar, B-Eng., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Forschungszentrum Energie- Mobilität Prozesse an der Hochschule Hannover https: / / orcid.org/ 0000-0001-6958-9034 thomas.othmar@hs-hannover.de Michael Danner, M.A., Büro Kommunikation für Mensch & Umwelt, zertifizierter Mediator und Lehrbeauftragter info@umweltkommunikationdanner.de Lars Gusig, Prof. Dr.-Ing., Forschungszentrum Energie- Mobilität Prozesse an der Hochschule Hannover https: / / orcid.org/ 0009-0000-5568-6685 lars.gusig@hs-hannover.de Bild 3: Diskussion unterschiedlicher Szenarien \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissen schaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissen schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikations wissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach wissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Alt philologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissen schaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft MOBILITÄT Planspiele Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 40 DOI: 10.24053/ IV-2025-0010 \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissen schaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissen schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikations wissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach wissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Alt philologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissen schaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft BUCHTIPP Friedrich Krüger Schall- und Erschütterungsschutz im Schienenverkehr Grundlagen der Schall- und Schwingungstechnik - Praxisorientierte Anwendung von Schall- und Erschütterungsschutzmaßnahmen 3., überarbeitete und erweiterte Auflage 2023 775 Seiten €[D] 168,00 ISBN 978-3-8169-3482-0 eISBN 978-3-8169-8482-5 expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de In diesem Buch wird der Gesamtkomplex der Entstehung, Ausbreitung und Minderung sowie der Messung und Bewertung von Erschütterungen, Körperschall und Luftschall bei Schienenbahnen behandelt. Dabei werden physikalische, technische und rechtliche Fragen einbezogen sowie Grundlagen der Fahrzeug- und Oberbautechnik dargestellt. Inhalt Einführung - Physikalische Grundlagen - Umgang mit Pegelwerten - Rechtsschutz der Anwohner vor Lärm und Erschütterungen des Schienennah- und Fernverkehrs - Messung und Bewertung von Schall und Erschütterungen - Schall- und Schwingungsanregung beim Schienenverkehr - Schall- und Schwingungsminderungen im Schienenverkehr - Besondere Geräusche in engen Gleisbögen - Grundlagen und Beispiele für Erschütterungs- und Schallminderungsmaßnahmen - Prüftechnik - Prognoseverfahren für Erschütterungen, Sekundär- und Primärluftschall - Grundlagen der Fahrzeug- und Fahrwegtechnik - Fahrkomfort - Begriffe, Normen und Datensammlung unzureichend ausgebaut und kann die Bedürfnisse der Menschen wegen der geringen Bedienhäufigkeit von Haltepunkten und dem an sich schlecht ausgebauten Netz nicht erfüllen. Um flexibel mobil zu sein, sind Menschen hier in der Regel auf den Pkw angewiesen. Wer keinen Zugang zum I n urbanen Gebieten ist der Linienverkehr von Bus wie auch Bahn durch hohe Taktzeiten und starkes Nutzeraufkommen gekennzeichnet und wichtiger Bestandteil der alltäglichen Mobilität. In ländlichen Regionen ist häufig das Gegenteil der Fall. Das ÖPNV-Angebot ist Pkw hat, ist in ländlichen Regionen nicht nur in der Mobilität eingeschränkt, sondern auch in der sozialen Teilhabe. Dies betrifft meist ältere Frauen, ohne Führerschein, mit niedrigem ökonomischen Status. [1] On-Demand-Verkehre (ODV), als linienunabhängige und bedarfsabhängig buch- On-Demand-Verkehre und soziale Teilhabe Eine Evaluation der sozio-ökonomischen Effekte des Rufbus DALLI On-Demand-Verkehr, soziale Teilhabe, Mobilitätsarmut, ländlich, quantitativ-qualitative Evaluation, Nutzungsdatenanalyse, Stakeholderinterviews On-Demand-Verkehre gewinnen in ländlichen Regionen zunehmend an Bedeutung. Sie gelten als sinnvolle Ergänzung zum ÖPNV und als vielversprechende Lösung zur Bekämpfung von Mobilitätsarmut. Im August 2024 wurde eine quantitativ-qualitative Analyse zum On-Demand-Verkehr DALLI im Landkreis Oder-Spree durchgeführt. Anhand der Analyse von Nutzungsdaten, Befragungen von Nutzenden und Nicht-Nutzenden sowie Stakeholderinterviews konnten sozio-ökonomische Effekte und insbesondere der Beitrag zur sozialen Teilhabe herausgestellt werden. Diese Ergebnisse sollen hier diskutiert werden. Mona Nikolić, Anke Schmidt, Tom Weber Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 42 DOI: 10.24053/ IV-2025-0011 bare Angebote, ändern jedoch gerade die Landschaft der Bedarfsverkehre insbesondere im ländlichen Raum. Seit der geänderten PBefG-Novelle 2021 steigt die Anzahl der angemeldeten Verkehre stetig an. [2, 3] On-Demand-Verkehre gelten als sinnvolle Ergänzung zum ÖPNV und als vielversprechende Lösung zur Bekämpfung von Mobilitätsarmut. [4] Doch gerade in Bezug auf die sozialen Effekte von On-Demand- Verkehren besteht noch Forschungsbedarf. Oft werden diese in Evaluationen zur Bewertung des Erfolgs von On-Demand-Verkehren nur wenig berücksichtigt. Dadurch fehlt Wissen zu den Effekten sowie zum sozio-ökonomischen Potenzial von On-Demand-Angeboten. In unserer Evaluation des flexiblen Rufbus DALLI, der seit April 2022 im Raum Storkow (Mark) und seit November 2022 im Amt Scharmützelsee im Landkreis Oder-Spree verkehrt, sind wir der Frage nach den sozioökonomischen Effekten nachgegangen. Die Ergebnisse unterstützen die Bedeutung von On-Demand-Verkehren für eine verlässliche Daseinsvorsorge und Bekämpfung der Mobilitätsarmut. Die Ausgangssituation: Der DALLI im Landkreis Oder-Spree Die Verkehrsanbindung der Stadt Storkow (Mark) und des Amt Scharmützelsee entsprach vor der Einführung des DALLI der Situation zahlreicher ländlicher Regionen. Die Stadt Storkow (Mark) war 2022 über vier Regionalbuslinien und eine Regionalbahnlinie an das ÖPNV-Netz angebunden, zusätzlich besteht seit Dezember 2022 nach Fürstenwalde/ Spree eine Plusbus-Verbindung während des Berufs- und Schülerverkehrs. Insgesamt war die ÖPNV-Versorgung der Stadt Storkow (Mark) mit den dispersen Ortsteilen jedoch lückenhaft und teilweise nicht vorhanden. Einige Ortsteile wurden durch den bestehenden ÖPNV selbst an Schultagen nicht direkt angefahren. Der motorisierte Individualverkehr (MIV) war hier die zuverlässigste bzw. oft die einzige Alternative. Im Nahverkehrsplan für den kÖPNV des Landkreises Oder-Spree mit dem Planungszeitraum 2021 bis 2025 u. a. für die Stadt Storkow (Mark) wurde eine flächenhaft wirkende Angebotsform herausgearbeitet: flexible Angebote, später DALLI genannt. Durch die sukzessive Erweiterung von Bediengebiet und Fahrzeugflotte werden heute über 500 virtuelle und physische Haltepunkte angefahren und mehr als 1.000 Fahrgäste wöchentlich befördert. Die Buchung erfolgt wahlweise telefonisch, per App oder in der Zentrale. Sie kann flexibel oder bis sieben Tage im Voraus erfolgen. Bei alternativer Busverbindung 30 Minuten vor bzw. nach der gewünschten Fahrt, ist keine DALLI-Fahrt möglich und die entsprechende Busverbindung wird angezeigt. Der Preis richtet sich nach dem Tarif des Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), mit einem Euro Komfortzuschlag. Initiator des Angebotes ist das Amt für Kreisentwicklung und Infrastruktur des Landkreis Oder-Spree, der Betrieb wird durch die Firma MWM-Solutions GmbH gewährleistet. Methodisches Vorgehen Im Sommer 2024 führte die Nuts One GmbH eine methodisch breite Evaluationsstudie zum Angebot des DALLI durch. Zur Erfassung verschiedener Faktoren des Angebotes wurde zunächst eine quantitative Auswertung der Nutzungsdaten des DALLI durch die Bereitstellungssoftware durchgeführt. Ziel war es, über die Nutzungsdatenanalyse einen Überblick über die Auslastung des Angebotes, einzelner Strecken und Haltepunkte zu erhalten und diese zielgruppenspezifisch aufzuschlüsseln. Die Nutzungsdatenanalyse wurde durch eine quantitative Befragung der Nutzenden (n = 458) und Nicht-Nutzenden (n = 327) ergänzt. Die Befragung deckte Themen wie die Gründe für bzw. gegen die Wahl des DALLI (anstelle anderer Verkehrsmittel) sowie die allgemeine Zufriedenheit und Wünsche an das Angebot ab. Für die Evaluation wurden darüber hinaus qualitative Telefoninterviews mit ausgewählten Stakeholdern (n = 21) der Region geführt. Zu den Interviewpartnern zählten Beschäftigte in bzw. Betreiber von Pflegeeinrichtungen und Krankenhaus, Senioreneinrichtungen, Kinder- und Jugendbetreuung, Nachhilfe, (Jugend)Freizeitangebote, Tourismus, Gastronomie und Hotellerie sowie Verwaltung. Der Fokus lag hier auf ihrer Bewertung des DALLI als Angebot, insbesondere auch in Hinblick auf sozioökonomische Faktoren. Der DALLI erleichtert die Organisation des Alltags und verringert Mobilitätsarmut Der DALLI erfreut sich in der untersuchten Region großer und wachsender Beliebtheit. Die Nutzungsdatenanalyse zeigte eine stetig steigende Zahl an Fahrgästen sowie der gefahrenen Kilometer. Gleichzeitig sank der Anteil der gefahrenen Kilometer ohne Passagiere. Seitens der Nutzenden bestehen eine hohe Zufriedenheit und Akzeptanz des Angebotes. Der DALLI wird als Erleichterung bei der Organisation des Alltags geschätzt. Besonders hervorgehoben wurde in den Befragungen die Unabhängigkeit vom Pkw dank DALLI. Sie ist insbesondere, aber nicht nur, für Personen ohne eigenen Pkw oder ohne Fahrerlaubnis relevant. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dass sie bei der letzten Fahrt alternativ den Pkw ge- Bild 1: Bediengebiet Storkow (Mark) und Amt Scharmützelsee sowie die virtuellen Haltestellen des DALLI @MWM-Solutions GmbH On-Demand-Verkehr MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 43 DOI: 10.24053/ IV-2025-0011 schränkungen verbessert." Dabei ist die Barrierefreiheit durch die gegenüber dem ÖPNV einfache Nutzung gewährleistet. Ältere Personen, Personen mit kognitiven Einschränkungen oder mobilitätseingeschränkte Personen, die bei der Nutzung des ÖPNV auf Hilfe angewiesen sind (beim Einstieg mit Rollatoren, beim Verständnis des Fahrplans etc.), können den DALLI so selbständig nutzen. Ein großer Vorteil, wie in den Interviews deutlich wurde: „Kleinere Busse, die nicht überfüllt sind mit Menschen und übersichtlicher beim Ein- und Aussteigen, aber auch während der Fahrt. Das ist für einige ein großer Vorteil.“ „DALLI bedeutet Teilhabe“, beschrieb eine Interviewpartnerin die Relevanz des DALLI für Ältere. Indem der DALLI die Mobilität fördert, hilft er, dem Problem der Einsamkeit zu begegnen, das auch in der untersuchten Region relevant ist, wie eine Interviewpartnerin beschrieb: „Das Thema Einsamkeit ist groß und DALLI ermöglicht die Mobilität, um dem Thema vorzubeugen.“ Dabei geht es nicht nur um die Möglichkeit, dank DALLI eigene soziale Kontakte aufrechtzuerhalten. Auch die Fahrt mit dem DALLI selbst hilft gegen Vereinsamung und dabei, auf dem Laufenden zu bleiben, wie 9 von 21 Interviewpartnern aus dem Pflege- und Gesundheitsbereich sowie Betreuungs- und Freizeiteinrichtungen bestätigten. Ältere schätzen den DALLI, da sie dadurch länger selbständig bleiben und nicht auf ihre Angehörigen angewiesen sind: „Durch DALLI bin ich flexibler und muss niemanden anbetteln, dass er mich fährt.“, beschrieb ein Nutzender die Vorteile des DALLI. Angehörige und Familien von Älteren und Pflegebedürftigen sowie Pflegeeinrichtungen schätzen den DALLI aus diesem Grund als Entlastung. Eine Mitarbeitende in einer Pflegeeinrichtung fasste die Bedeutung des DALLI wie folgt zusammen: „Der DALLI ist ein Teil von uns geworden. Und in den Alltag der Bewohner integriert und nimmt eine wichtige Teilhabefunktion ein. DALLI lässt die Menschen länger unabhängig bleiben.“ Eine zweite wichtige Zielgruppe für den DALLI sind Familien. Sie profitieren, da Betreuungseinrichtungen durch das Angebot besser erreicht werden können. Die Daten der Buchungssoftware sowie Angaben der Nutzenden zeigen klar, dass Orte mit Betreuungsfunktion, z. B. auch die Schule, besonders häufig als Start- und Zielpunkte gewählt werden. Der DALLI erleichtert die Bewältigung des familiären Alltags, insbesondere für Berufstätige: „Als berufstätige Eltern haben wir nicht immer die Möglichkeit unsere drei Kinder zu den jeweiligen Freizeitaktivitäten zu fahren, daher ist der DALLI eine tolle Möglichkeit diese Aktivifragten regionalen Stakeholder hervor. In den Interviews zeigte sich, wie einzelne Nutzendengruppen vom DALLI profitierten: Ältere und mobilitätseingeschränkte Personen sind, wie einleitend erwähnt, in besonderem Maße auf Alternativen zum Pkw angewiesen, um ihre Mobilitätsbedürfnisse zu erfüllen. Der DALLI unterstützt ältere und mobilitätseingeschränkte Personen erheblich bei der Gesundheitsvorsorge, ermöglicht ihnen mehr Unabhängigkeit und soziale Teilhabe. Einen Vorteil für die älteren (wie auch mobilitätseingeschränkte) Nutzenden bieten dabei auch die digitalen Haltestellen des DALLI, die im Gegensatz zu den physischen Haltestellen des ÖPNV zahlreicher und damit leichter erreichbar sind, den Nutzenden also Wege ersparen. Die Nutzungsdaten bestätigen die kurzen nötigen Wege zur/ von Start-/ End-Haltestelle vom/ zum Wunsch-Start/ Endstandort. In den Nutzungsmustern älterer Personen zeigt sich, dass insbesondere Orte der medizinischen Versorgung sowie Orte des öffentlichen Lebens, wie das Rathaus oder der Marktplatz, die ihrerseits nah an Ärztehäusern oder alltäglichen Versorgungsmöglichkeiten liegen, Start- und Zielpunkte darstellen. In Interviews wiesen Beschäftigte in Senioren- und Pflegeeinrichtungen auf den zentralen Beitrag des DALLI bei der Gewährleistung der Gesundheitsversorgung hin: „Die Bewohner würden sonst nicht zu den Fachärzten fahren. DALLI ermöglicht somit eine bessere Gesundheitsvorsorge und Pflege.“, erklärte eine Befragte. Gleichzeitig hilft er, das Recht auf Barrierefreiheit umzusetzen, wie eine weitere Interviewpartnerin hervorhob: „Barrierefreiheit und Teilhabe ist Gesetz und mit DALLI wird das für Menschen mit Einnutzt hätten. Ein Fünftel gab an, sie hätten die Fahrt ohne DALLI nicht unternommen. Nur 8 % gaben an, sie hätten anstelle des DALLI den ÖPNV genutzt. Daraus lässt sich die Bedeutung des DALLI als Mobilitätserweiterung ableiten, die einen Wandel hin zu nachhaltiger Mobilität ermöglicht und gleichzeitig dabei hilft, die Mobilitätsarmut zu bekämpfen. Wie wichtig der DALLI für die Organisation des Alltags ist, zeigt sich auch darin, wie der DALLI gebucht wird: Zwar kann der DALLI flexibel gebucht werden, der Großteil der Buchungen erfolgt jedoch geplant im Voraus. Dies kann darauf hindeuten, dass das Angebot von den Nutzenden bereits in ihren Alltag integriert wird und planbare, wiederkehrende alltägliche Mobilitätsbedürfnisse abdeckt. Aufschluss über die dank DALLI erfüllten Mobilitätsbedürfnisse geben die Nutzungsdaten. Dabei lassen sich in der quantitativen Befragung bereits zielgruppenspezifische Nutzungsmuster erkennen. So variierten die Zwecke der abgefragten letzten Fahrt mit dem DALLI zum Beispiel je nach Altersgruppe. Personen ab 60 Jahre nannten hier den Arztbesuch als häufigstes Ziel, Jugendliche v. a. die Schule und Freizeiteinrichtungen. Freizeiteinrichtungen und Hotels sind als Ziele von Touristen wie Arbeitnehmenden altersunabhängig relevante Haltestellen, wie Bild 2 zeigt. Diese Nutzungsmuster deckten sich auch mit den Aussagen von Personen, die den DALLI bisher noch nicht nutzen. Der DALLI als wichtige Stütze für die Erfüllung verschiedener Mobilitätsbedürfnisse Die sozio-ökonomische Bedeutung des DALLI für die Region und ihre Bewohnerinnen und Bewohner hoben auch die be- Bild 2: Nutzungszwecke der letzten DALLI-Fahrt MOBILITÄT On-Demand-Verkehr Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 44 DOI: 10.24053/ IV-2025-0011 z. B. im Gesundheitswesen durch wahrgenommene Vorsorge, in der Pflege durch längere Selbständigkeit von Älteren, oder die Benefits für den Arbeitsmarkt. Dafür müssen auch diese langfristigen ökonomischen Effekte durch On-Demand-Verkehre noch weiter erforscht werden. ■ LITERATUR [1] Nobis, C. und Herget, M. (2020): Mobilität in ländlichen Räumen. Betrachtungen aus Sicht der Verkehrswende und der Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen. Internationales Verkehrswesen (72) 4: 40-43. [2] Agora Verkehrswende (2023): Mobilitätsoffensive für das Land. Wie Kommunen mit flexiblen Kleinbussen den ÖPNV von morgen gestalten können. Agora Verkehrswende. [3] VDV (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen) (2022): VDV-Branchenumfrage On-Demand-Verkehre 2022. Abrufbar unter: https: / / www.vdv.de/ ondemandumfrage22.aspx [4] Schneider, P.R., Koska, T., & Schäfer-Sparenberg, C. (2024): On-Demand-Ride pooling als Beitrag zu Mobilitätswende und Daseinsvorsorge: Erkenntnisse zum Status quo in Deutschland und Entwurf einer Systemtypologie. Wuppertal Paper Nr. 202. Wuppertal Institut. Eingangsabbildung: © MWM Solutions GmbH hieß es seitens eines Interviewpartners aus der Tourismusbranche. Der DALLI stärkt die Freizeitinfrastruktur vor Ort. Der DALLI ist aus unterschiedlichen Gründen ein wichtiger Bestandteil der Mobilität in der Region für eine heterogene Nutzerschaft geworden. Das Angebot ergänzt den ÖPNV und ermöglicht Teilhabe wie auch Unabhängigkeit für die Menschen aller Altersklassen in der Region. Zusätzlich stärkt es für touristische und wirtschaftliche Leistungsträger den Standort durch die verbesserte Erreichbarkeit von Wohn-, Arbeits- und Freizeitorten. Dadurch stellt sich der DALLI als ein wichtiger Teil eines nachhaltigen und zukunftsfesten Angebotes der Region heraus. On-Demand-Angebote als gesellschaftlicher Beitrag des ÖPNV-Systems Die Einführung eines On-Demand-Angebotes, seine Rahmenbedingungen und auch die Wahrnehmung durch und Effekte für die Bewohnerinnen und Bewohner können kommunalspezifisch unterschiedlich ausfallen und sind immer sehr individuell an den jeweiligen Standort gebunden. Vom Beispiel des DALLI im Landkreis Oder-Spree können sich jedoch einige Aspekte ableiten lassen, welche eine hohe Relevanz für periphere und ländliche Räume haben. Insbesondere mit Blick auf die anfänglich beschriebene Situation des ÖPNV-Angebotes auf dem Land, zeigt sich, dass On-Demand- Verkehre hier einen wichtigen Beitrag zu einer verlässlichen Daseinsvorsorge für alle Gruppen der Bevölkerung jenseits des Pkw leisten können sowie die Möglichkeit der sozialen Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen verbessern und Mobilitätsarmut verringern können. Dadurch stärken On- Demand-Verkehre den Standort signifikant und dies sowohl für heutige und zukünftige Bewohnerinnen und Bewohner, für Arbeitgebende sowie für touristische Leistungsträger. Im Sinne der Entwicklung von zukunftsfesten und nachhaltigen Städten und Regionen bilden On-Demand-Verkehre als Ergänzung und Zubringer zum ÖPNV einen wichtigen Baustein nachhaltiger und sozialer Mobilität. Insgesamt können dadurch insbesondere strukturschwache Regionen anschlussfähiger und attraktiver gemacht werden. Auch vor dem Hintergrund der Frage nach der Finanzierung, die in diesem Artikel nicht diskutiert wurde, ist diese sozioökonomische Bedeutung von On-Demand- Verkehren relevant. Für einen dauerhaften, zuverlässigen Betrieb braucht es in Zukunft ökonomisch nachhaltige Konzepte. Dabei sollten in die Berechnung allerdings auch die langfristigen Einsparungen durch die sozio-ökonomischen Effekte mit einfließen, täten wahrzunehmen und erleichtert uns den Alltag enorm.“ Dabei spielt auch eine Rolle, dass Eltern den DALLI als sicheres Mobilitätsangebot wahrnehmen: „Auch meine Teenager-Tochter lasse ich lieber mit dem DALLI fahren als sie alleine in den Bus zu stecken. Das ist auch ein Sicherheitsaspekt, dass ich weiß, sie kommt sicher vom Start zum Zielort.“ Damit entlastet der DALLI nicht nur die Eltern, sondern erlaubt auch Kindern und Jugendlichen eine erweiterte, unabhängige Mobilität: Dank des DALLI sind junge Menschen beim Thema Mobilität weniger auf ihre Eltern angewiesen, sondern können sichere sowie flexible Fahrangebote nutzen. Hier wird auch die zeitliche Flexibilität bzw. die Tatsache, dass der DALLI Mobilität auch zu ÖPNV-Randzeiten, am Wochenende und in den Schulferien ermöglicht als Vorteil wahrgenommen. Der DALLI ermöglicht älteren Menschen sowie Kindern und Jugendlichen eine selbständige, flexible Mobilität und leistet einen wichtigen Beitrag zur Daseinsvorsorge. Aber auch im Arbeitskontext spielt der DALLI eine wichtige Rolle. Insbesondere zu Randzeiten am Morgen oder Abend bietet der DALLI eine komfortable Verbindung zur Arbeitsstätte in der Region oder den Anschluss an den Schienenverkehr. Besonders jungen Berufstätigen und Auszubildenden, die keinen Führerschein oder keinen eigenen Pkw besitzen, wird so eine verbesserte Mobilität ermöglicht. Wie zentral der DALLI für die Beschäftigten wie auch für die Einrichtungen, an denen sie arbeiten, ist, zeigten Interviews mit den Stakeholdern aus den Senioren-, Pflege- und Betreuungseinrichtungen sowie der Gastronomie und Hotellerie. Sie gaben an, dass Mitarbeitende regelmäßig den DALLI für Heimfahrten nach Nachtschichten nutzen, um nicht müde weite Wege zu laufen oder mit dem Rad zu fahren. Vor allem bei vom ÖPNV schlecht angebundenen Standorten wird der DALLI laut Aussagen von Hotelmitarbeitenden von Mitarbeitenden ohne Führerschein und Azubis genutzt. Dies betrifft auch am Wochenende bzw. abends mit dem ÖPNV schlecht erreichbare Standorte von Freizeiteinrichtungen. Der DALLI verbessert die Anbindung und erhöht damit auch die Attraktivität von Arbeitsstätten in der Region und ermöglicht den Arbeitgebern Zugriff auf qualifizierte Arbeitskräfte. Angesichts des Fachkräftemangels in den Bereichen Pflege und Hotel- und Gastgewerbe hat der DALLI daher auch wirtschaftliche Relevanz. Einen Mehrwert bietet DALLI auch den Mitarbeitenden wie den Gästen von Freizeit- und Tourismuseinrichtungen. „Die Erreichbarkeit durch DALLI der touristischen Ziele oder Leistungsträger ist ein Zusatznutzen.“, Mona Nikolić, Dr. phil. Projektleiterin, Nuts One GmbH mona.nikolic@nuts.one Anke Schmidt, M. A. Geschäftsführerin und Projektleiterin, Nuts One GmbH anke.schmidt@nuts.one Tom Weber, M. A. Projektleiter, Nuts One GmbH tom.weber@nuts.one On-Demand-Verkehr MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 45 DOI: 10.24053/ IV-2025-0011 von Ergebnissen einer bundesweiten Befragung von rund 2.250 Personen auf den Grund. Die hiesige Arbeit versteht sich als eine Ergänzung zu zahlreichen weiteren Studien, welche die Auswirkungen des D-Tickets aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Eine davon ist die VDV-Marktforschung, die auf besonders breiter Datenbasis steht (VDV W ie wirkt sich das Deutschlandticket (D-Ticket) auf das Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger aus? Welchen Beitrag kann es leisten, starre Muster der Verkehrsmittelwahl aufzubrechen und neue Mobilitätsroutinen zugunsten des ÖPNV entstehen zu lassen? Diesen Fragen geht der vorliegende Artikel anhand 2024). Sie attestiert dem D-Ticket die Wirkung einer vermehrten ÖPNV-Nutzung, die zum einen auf Induzierung, zum anderen aber auf Verlagerung aus anderen Verkehrsmitteln, vor allem aus dem motorisierten Individualverkehr (MIV), zurückzuführen ist. Auch eine Untersuchung der infas gesteht dem D-Ticket zu, zwar keine Verkehrswende herbeigeführt, aber einen begrüßten Neue Mobilitätsroutinen dank Deutschlandticket? Wie das verkehrspolitische Instrument starre Muster der Verkehrsmittelwahl verschiebt Deutschlandticket, ÖPNV, Verkehrspolitik, Mobilitätsverhalten, Routinen, Modal Shift Präsentiert werden Ergebnisse einer bundesweiten Studie des Deutschen Zentrums für Schienenverkehrsforschung zur Evaluation des Deutschlandtickets (D-Ticket). Die Daten zeigen spannende Auswirkungen des D-Tickets auf das Mobilitätsverhalten. Sie belegen eine deutliche Mehrnutzung des ÖPNV. Ferner liegen Indizien dafür vor, dass das D-Ticket starre Routinen der Verkehrsmittelwahl aufbricht und sie zugunsten des ÖPNV verschiebt. Darüber hinaus zeichnen sich Potenziale mit Blick auf die Reduzierung der Pkw-Nutzung ab, was sowohl für den fließenden als auch den ruhenden Verkehr gilt. Christian Lutz, Philipp Rollin Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 46 DOI: 10.24053/ IV-2025-0012 Auf bruch eingeleitet zu haben (Follmer 2024). Krämer (2024) hat das D-Ticket darüber hinaus aus einer wohlfahrtsökonomischen Perspektive betrachtet und ihm einen in gesamtvolkswirtschaftlicher Hinsicht positiven Nutzen bescheinigt. Mit Blick auf die Effekte im Zusammenhang mit der Klima- und Umweltpolitik haben beispielsweise Amberg & Koch (2024) eine Analyse vorgelegt, die eine durch das D-Ticket herbeigeführte CO 2 -Reduktion der Verkehrsemissionen von 4,7 % feststellt. Die genannten Publikationen deuten mindestens an, dass das D-Ticket ein vielversprechendes Instrument darstellt, das Mobilitätsverhalten der Menschen in Deutschland nachhaltiger auszurichten. Doch gehen sie über eine beschreibende Perspektive kaum hinaus. Die Fragen, wann das D-Ticket welche Wirkung warum entfaltet, bleiben dadurch zunächst weitgehend unbeantwortet. Anspruch der dem hiesigen Artikel zugrundeliegenden Mittelfriststudie des Deutschen Zentrums für Schienenverkehrsforschung beim Eisenbahn-Bundesamt (DZSF) ist es, dafür Erklärungen zu liefern. Neben den mobilitätswissenschaftlichen Betrachtungen wird dabei auch eine sozial- und dezidiert politikwissenschaftliche Perspektive eingenommen, um das Phänomen des Mobilitätsverhaltens und dessen Veränderungen zu erklären. Unsere bisherigen Analysen bestätigen die zuvor zitierten Studien insofern, dass das D-Ticket sowohl zu einer deutlichen ÖPNV-Mehrnutzung als auch zu einer Reduktion der Pkw-Nutzung bei den D-Ticket-Besitzenden geführt hat. Unsere Befragungsdaten deuten aber auch darauf hin, dass sich Möglichkeitsfenster zur Veränderung starrer Mobilitätsroutinen zugunsten des ÖPNV öffnen, weshalb die langfristige Sicherung des in Deutschland ausgesprochen beliebten Tarifprodukts einmal mehr an Bedeutung gewinnt. Hauptbestandteil des Projektes ist eine sechswellige Trendstudie, die jeweils mittels eines Online-Access-Panels durchgeführt wird. In diesem Kontext werden seit Sommer 2023 zweimal im Jahr 2.500 Personen unter anderem zum Mobilitätsverhalten, zu soziodemografischen Merkmalen und zu Einstellungen gegenüber verkehrs- und gesellschaftspolitischen Kontroversen befragt. Der Schwerpunkt liegt hier auf den empirischen Befunden auf Basis der Daten der Sommerwelle 2024, die in den Kalenderwochen 24 und 25 durchgeführt wurde. Die Stichprobe ist auf Geschlecht quotiert und auf eine angemessene Verteilung verschiedener Wohnortgrößen ausgerichtet. Der aus der Erhebung gewonnene Datensatz wurde einer umfassenden Qualitätsprüfung unterzogen, infolgedessen insbesondere inkonsistentes Antwortverhalten sowie eine unrealistisch kurze Bearbeitungsdauer des Online-Fragebogens zum Ausschluss einiger Fälle (n = 253) geführt hat. Der bereinigte Datensatz (n = 2.248) weist mit Blick auf die wesentlichen soziodemografischen Merkmale und hinsichtlich des D-Ticket- Besitzes folgende Verteilung auf (siehe Tabelle 1). Deutschlandticket und die Veränderung des Mobilitätsverhaltens Zur Beantwortung der Frage, inwieweit sich das Mobilitätsverhalten der Befragten, die mindestens einmal ein D-Ticket besessen haben, verändert hat, werden die selbst berichteten Mobilitätsverhaltensänderungen in Augenschein genommen. Diese sind in Tabelle 2 dargestellt. Die Menschen, die ein D-Ticket haben oder hatten, nutzen seitdem auf der einen Seite in der Mehrheit häufiger den ÖPNV (55,98 %), auf der anderen Seite weniger das Auto (42,42 %). Der Anteil derer, die in Bezug auf das Auto keine Verhaltensänderung angeben, ist ebenfalls ausgeprägt: In etwa die Hälfte der betrachteten Personengruppe (49,35 %) nutzt das Auto genauso wenig bzw. viel wie vor Besitz des D-Tickets. Während der Mittelwert der Verhaltensänderung in Bezug auf den ÖPNV mit 3,69 recht deutlich über dem Skalenmittelpunkt von 3,0 (Abstand: ,69) rangiert, es also deutlich wahrnehmbare, positive Verschiebungen mit Blick auf die ÖPNV-Nutzung gibt, bewegt sich das arithmetische Mittel in Bezug auf die Automobilität mit 2,47 unter dem Skalenmittelpunkt, was eine negative Verschiebung bedeutet. Der Abstand zum Skalenmittelpunkt (-,53) ist hier allerdings geringer als bei der Verhaltensänderung in Bezug auf den ÖPNV, was zeigt, dass der Rückgang in der Automobilität nicht so hoch ist wie der Zuwachs bei der Nutzung des ÖPNV. Ein statistisch hochsignifikanter Zusammenhang zwischen einem Mehr an ÖPNV auf der einen und einem Weniger an Automobilität auf der anderen Seite ist bei den Menschen, die ein D-Ticket besitzen oder mal eines besessen haben, nachweisbar. 1 Mindestens eine weitere Erkenntnis an dieser Stelle aber bleibt: Der Besitz eines D-Tickets bedeutet noch nicht, dass das Auto in genau dem Maße weniger genutzt wird, in dem es zu Zuwächsen beim ÖPNV kommt. Um im Hinblick auf aktuell D-Ticket- Besitzende isolierte Effekte identifizieren zu können, werden nun die beiden folgenden Gruppen separat betrachtet: (i) jene Personen, die aktuell ein D-Ticket (regulär, als Job-, Schul- oder Semesterticket oder integriert in einer BahnCard 100) besitzen und (ii) jene Menschen, die mal eines hatten, es aber wieder gekündigt haben. Dies ermöglicht, unter Umständen aufgetretene Verzerrungen in den vorangegangenen Berechnungen zu reduzieren. Tabelle 3 zeigt die Differenzen zwischen der gemeinsamen Betrachtung der Mobilitätsverhaltensänderung aktuell und ehemalig D-Ticket-Besitzender auf der einen und der akzentuierten Darstellung der jeweiligen Personengruppen auf der anderen Seite. Deutlich werden die farblich hervorgehobenen und in Klammern dargestellten Ver- Merkmal Verteilung / Ausprägung Geschlecht w = 51,07 %; m = 48,89 %; div = 0,04 % Alter xˉ = 52,34 (Befragte ab 16 Jahren) Wohnortgröße weniger als 2.000 EW = 14,99 % 2.000 bis 4.999 EW = 11,83 % 5.000 bis 19.999 EW = 16,01 % 20.000 bis 49.999 EW = 15,39 % 50.000 bis 99.999 EW = 11,43 % 100.000 bis 499.999 EW = 14,28 % 500.000 oder mehr = 16,06 % D-Ticket-Besitz gesamt = 30,83 % aktuell im Besitz eines D-Tickets = 20,99 % ehemalig im Besitz eines D-Tickets = 9,83 % Berechnung in R mit bereinigtem Datensatz (n = 2.248) wesentlich weniger (1) etwas weniger (2) genauso wenig bzw. viel (3) etwas mehr (4) wesentlich mehr (5) Zeilensumme xˉ SD Auto 21,21 % 21,21 % 49,35 % 5,34 % 2,89 % 100 % 2,47 0,977 ÖPNV 3,61 % 4,33 % 36,08 % 31,02 % 24,96 % 100 % 3,69 1,008 n = 693; Berechnung in R mit bereinigtem Datensatz; xˉ = Mittelwert; SD = Standardabweichung Tabelle 1: Soziodemografische Merkmale der bereinigten Stichprobe, Quelle: Eigene Darstellung Tabelle 2: Mobilitätsverhaltensänderungen der Menschen, die aktuell ein D-Ticket besitzen oder mal eines besessen haben, Quelle: Eigene Darstellung Deutschlandticket MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 47 DOI: 10.24053/ IV-2025-0012 Zieht das D-Ticket auch Menschen an, die zuvor nicht fest an das System ÖPNV gebunden waren? Die DZSF-Daten zeigen, dass zwar mehr als die Hälfte der Befragten schon vor dem D-Ticket regelmäßig ein Abonnement für den ÖPNV besessen hat (vgl. Tabelle 5). Gut ein Drittel von ihnen konnte der ÖPNV aber gewissermaßen neu an sich binden - also genau jene Personengruppe, die zuvor über kein Abonnement für den Nahverkehr verfügt hat. Die übrigen rund 13 % der aktuell D-Ticket-Besitzenden geben an, zuvor gelegentlich ein Abonnement gehabt zu haben. Statistisch betrachtet ist auch hier ein (zugegeben sehr) zarter, aber eben signifikanter Zusammenhang mit der Mobilitätsverhaltensänderung nachweisbar, sodass behutsam gefolgert werden darf: Je eher die Menschen zuvor im Schnitt kein Abonnement für den Nahverkehr besessen haben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer Mehrnutzung des ÖPNV bei Besitz eines D-Tickets. 3 Deutschlandticket und dessen Effekte auf Mobilitätsroutinen Die Beharrungskräfte, die auf das Mobilitätsverhalten einwirken, sind mitunter immens. Die Menschen halten weitgehend an vertrauten Wegen und Verkehrsmitteln fest. Es ist viel einfacher, ein gewohntes Verhalten, wie z. B. jeden Tag mit dem Auto zur Arbeit zu fahren, beizubehalten, als alternative Wege zur Arbeit zu suchen und diese auszuprobieren. Mobilitätsroutinen bieten also Sicherheit und bedeuten eine Vereinfachung des Alltags. Jede Verhaltensänderung ist mit einem gewissen kognitiven Aufwand verbunden, was von den Betroffenen häufig als unangenehm empfunden wird. So braucht es zum Beispiel Antworten darauf, wie man von zu Hause zum Bahnhof und wieder zurückkommt oder wie man das bestmögliche Ticket erhält (Rollin & Mühl 2021). In Studien werden daher - wenig überraschend - Mobilitätsroutinen regelmäßig als die stärkste Einflussvariable auf Mobilitätsentscheidungen identifiziert (Havlíčková & Zámečník 2020). Ein Reproduzieren von Mobilitätsroutinen bietet zahlreiche Vorteile, beispielsweise den geringen Verbrauch kognitiver Ressourcen. Eine Änderung dieser Gewohnheit ist hingegen mit verschiedenen Unsicherheiten und bewussten Anstrengungen verbunden (Gärling & Axhausen 2003). Gewohnte Mobilitätsroutinen sind somit oft die schnellste bzw. bequemste Option. Aus diesen Gründen kommt es selbst bei ausgeprägter Veränderungsbereitschaft immer wieder zu Rückfällen in gewohnte Verhaltensmuster (Thøgersen & Møller 2008). Doch kann das D-Ticket ein geeigneter Impuls zum Auf brechen von Mobilitätsroutinen sein? Ein Blick auf Befragungser- Auch der Anteil derer, die das Auto wesentlich/ etwas weniger nutzen, steigt bei den aktuell D-Ticket-Besitzenden um fast 5 Prozentpunkte. Im etwa gleichen Maße sinkt der Anteil derjenigen, bei denen sich keine Verhaltensänderung in Bezug auf die Automobilität eingestellt hat. Vor dem Hintergrund des Wissens über die Zähigkeit von Veränderungen im Mobilitätsverhalten wird im Folgenden kontrolliert, inwieweit die Dauer des Besitzes des D- Tickets einen Einfluss auf Verschiebungen in der selbst berichteten Mobilität hat. Tabelle 4 stellt dar, wie viel Prozent der aktuell D- Ticket-Besitzenden das Tarifprodukt für die Dauer wie vieler Monate innehaben. Dabei wird der große Anteil derjenigen deutlich, die das D-Ticket seit dessen Start in ihrem Smartphone oder Portemonnaie haben (49,36 %). Der bestehende positive und zudem statistisch signifikante (also nicht bloß zufällige) Zusammenhang zwischen der Dauer des Besitzes und der Mobilitätsverhaltensänderung mündet in der aufgrund der geringen Effektstärke betont vorsichtigen Schlussfolgerung: Je länger die Menschen ein D-Ticket besitzen, desto stärker stellt sich bei ihnen im Schnitt eine Verhaltensänderung in Bezug auf eine vermehrte ÖPNV-Mobilität ein. 2 schiebungen gegenüber der gesamthaften Betrachtung. Die selbst berichtete Mobilitätsverhaltensänderung in Bezug auf die ÖPNV- Nutzung erfährt durch das D-Ticket bei den Personen, die auch aktuell noch ein D-Ticket besitzen, erwartungsgemäß einen deutlich größeren Effekt als bei jenen, die das Tarifprodukt besessen, es aber wieder gekündigt haben. In der differenzierten Betrachtungsweise zeigen sich die größten Verschiebungen bei der Verhaltensänderung hinsichtlich der ÖPNV-Nutzung der ehemalig D-Ticket-Besitzenden. Aus diesem Segment geben deutlich weniger Menschen (-15,91 Prozentpunkte) an, den ÖPNV wesentlich mehr zu nutzen. Gleichzeitig steigen auch die Anteile derer, bei denen sich sowohl in Bezug auf die ÖPNV- (+12,79 Prozentpunkte) als auch auf die Automobilität (+9,93 Prozentpunkte) keine Verhaltensänderung abzeichnet. Im Gegensatz dazu verstärken sich die Effekte hinsichtlich der ÖPNV-Nutzung bei den aktuell D-Ticket- Besitzenden: 64,62 % geben an, den ÖPNV wesentlich oder etwas mehr zu nutzen. Das entspricht einer Steigerung von beinahe 9 Prozentpunkten gegenüber der integrierten Betrachtung beider Personengruppen. wesentlich weniger (1) etwas weniger (2) genauso wenig bzw. viel (3) etwas mehr (4) wesentlich mehr (5) Zeilensumme xˉ SD (i) Personengruppe der aktuell D-Ticket-Besitzenden (n = 472) Auto 25,85 % (+4,64 %P) 21,40 % (+,19 %P) 44,70 % (-4,65%P) 5,51 % (+,17%P) 2,54 % (-,35%P) 100 % 2,38 (-,10) 1,008 ÖPNV 1,48 % (-2,13 %P) 3,81 % (-,52 %P) 30,08 % (-6,00 %P) 32,20 % (+1,18 %P) 32,42 % (+7,46 %P) 100 % 3,90 (+,21) 0,950 (ii) Personengruppe der ehemalig D-Ticket-Besitzenden (n = 221) Auto 11,31 % (-9,90 %P) 20,81 % (-,40 %P) 59,28 % (+9,93 %P) 4,98 % (-,36%P) 3,62 % (+,73%P) 100 % 2,69 (+,21) 0,872 ÖPNV 8,14 % (+4,53 %P) 5,43 % (+1,10 %P) 48,87 % (+12,79 %P) 28,51 % (-2,51 %P) 9,05 % (-15,91 %P) 100 % 3,25 (-,45) 0,985 Berechnung in R mit bereinigtem Datensatz; Nicht-D-Ticket-Besitzende n = 1.555 (2.248 - 472 - 221); Rundungsfehler möglich; farblich und in Klammern sind die Unterschiede gegenüber der gemeinsamen Betrachtung beider Gruppen gem. Tabelle 2 angegeben; xˉ = Mittelwert; SD = Standardabweichung; %P = Prozentpunkte Tabelle 3: Mobilitätsverhaltensänderungen differenziert nach aktuell und ehemalig D-Ticket- Besitzenden, Quelle: Eigene Darstellung Anzahl Monate 1-3 Monate 4-6 Monate 7-9 Monate 10-12 Monate dauerhaft seit Beginn des D-Tickets (1. Mai 2023) Anteil 7,63 % 16,31 % 15,04 % 11,65 % 49,36 % Tabelle 4: Dauer des D-Ticket-Besitzes der aktuell D-Ticket-Besitzenden, Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Berechnungen in R; n = 472 Prä-Besitz Regelmäßiger Besitz eines Abonnements Gelegentlicher Besitz eines Abonnements Kein vorheriger Besitz eines Abonnements Anteil 55,30 % 13,35 % 31,36 % Tabelle 5: Vorheriger Abo-Besitz der aktuell D-Ticket-Besitzenden, Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Berechnungen in R; n = 472 MOBILITÄT Deutschlandticket Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 48 DOI: 10.24053/ IV-2025-0012 "Würden Sie sich persönlich denn ganz generell vorstellen können, mittel bis langfristig auf ein eigenes Auto zu verzichten? " 36% 35% 29% 58% 27% 15% 64% 24% 12% Nein Vielleicht Ja Personengruppe, die jederzeit oder gelegentlich über einen privaten Pkw verfügen kann (n = 1.868) Äußerer Ring: Darunter die Personengruppe der ehemaligen Deutschlandticket- Besitzenden (n = 185) Mittlerer Ring: Darunter die Personengruppe der aktuell Deutschlandticket- Besitzenden (n = 318) Innerer Ring: leicht an Effektstärke 6 und ist in Bild 1 in eckigen Klammern dargestellt. Dies gilt als empirisches Indiz dafür, dass das D-Ticket Wegbereiter für die Herausbildung neuer ÖPNV-Routinen ist, deren Festigung freilich nur gelingen kann, wenn das D-Ticket den Menschen als dauerhaft ausfinanziertes Tarifprodukt erhalten bleibt. Deutschlandticket und der ruhende Pkw-Verkehr Das Auto stehen zu lassen, ist das eine - das andere ist, in der letzten Konsequenz nach Möglichkeit keinen Pkw mehr privat zu besitzen, um insbesondere in den dicht besiedelten Städten den öffentlichen Raum, der häufig durch parkende Fahrzeuge beansprucht wird, zurückzugewinnen bzw. ihn einer anderen Nutzung zuzuführen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Herstellung von Verkehrsflächengerechtigkeit oder mit dem Ziel der Entsiegelung von Flächen kann die Reduzierung des ruhenden Pkw-Verkehrs entsprechende Beiträge im Rahmen des Klima- und Umweltschutzes leisten. In den vom DZSF erhobenen Daten zeigt sich, dass sich 12,04 % derjenigen Personen, die jederzeit oder gelegentlich auf einen privaten Pkw zurückgreifen können, vorstellen könnten, mittelbis langfristig ganz auf ein eigenes Auto zu verzichten. 23,50 % können sich das vielleicht vorstellen. Die große Mehrheit hingegen sagt, das käme nicht in Frage. Wie sieht das mit Blick auf die aktuell und ehemalig D- Ticket-Besitzenden aus? Die Ergebnisse sind gästen mit steigender Dauer des D-Ticket- Besitzes wiederum neue ÖPNV-Routinen herausbilden und in der Folge etablieren können. Um diese Schlussfolgerung kontrollieren und untermauern zu können, wird diejenige Personengruppe herausgerechnet, die vor dem D-Ticket bereits regelmäßig ein ÖPNV-Abonnement besessen hat und die demnach zu den ohnehin schon ÖPNV- Routinierten gehört. Betrachtet werden also nur noch die mit dem D-Ticket im weitesten Sinne neu im System ÖPNV zu verortenden Menschen. Der Zusammenhang bleibt statistisch hochsignifikant, verliert nur gebnisse vor Einführung des D-Tickets gibt Hoffnung. Dort wurde das Tarifsystem von den Befragten regelmäßig als zu kompliziert und als zu teuer bewertet. Somit waren dies offensichtliche Hemmnisse, eine Mobilitätsroutine zugunsten einer häufigeren Nutzung des ÖPNV zu verändern (Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. 2010: 58f.). Diese Aspekte werden durch das D-Ticket nun weitgehend negiert. Insbesondere regelmäßige Pendelfahrten werden in einigen Regionen deutlich günstiger. Fahrten über Kommunal- und Verbundgrenzen hinaus oder dort, wo bislang keine Verkehrsverbünde existieren, werden durch die einheitliche, deutschlandweite Gültigkeit maximal vereinfacht. Im Folgenden wird daher analysiert, inwieweit das D-Ticket mit Mobilitätsroutinen zusammenhängt und ob es als verkehrspolitische Maßnahme geeignet ist, neue Mobilitätsmuster zu verankern. Die Daten zeigen, dass tatsächlich ein deutlicher Zusammenhang zwischen einer ausgeprägten ÖPNV-Routine auf der einen und dem D-Ticket-Besitz auf der anderen Seite besteht 4 (vgl. Bild 1). Außerdem ist eine nur geringfügig schwächere, dabei ebenfalls positive Korrelation zwischen der ÖPNV-Routine einerseits und der Dauer des D-Ticket-Besitzes andererseits erkennbar. 5 Vor dem Hintergrund dessen, dass sich Mobilitätsroutinen schon weit vor Einführung des D-Tickets herausgebildet haben dürften, kann hier - bei aller Vorsicht - ein (multi-) kausaler Einfluss auf den Erwerb bzw. die Nutzung des D-Tickets vermutet werden: Menschen, die also ohnehin routiniert in ihrer ÖPNV-Nutzung sind, kaufen sich eher ein D-Ticket als solche, deren Mobilitätsroutinen eher weniger bzw. nicht auf der Nutzung des ÖPNV beruhen. Indizien gibt es allerdings auch in die Gegenrichtung (vgl. ebenfalls Bild 1) - und zwar dahingehend, dass sich bei den Fahr- ÖPNV- Routine Deutschlandticket- Besitz Dauer des Deutschlandticket- Besitzes +,573*** +,504*** [+,437***] Bild 1: D-Ticket-Besitz und ÖPNV-Routine - Indizien zweier kausaler Effekte Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Berechnungen in R; n = 693 [n = 397]; die beiden fetten Pfeilstriche markieren den vermuteten kausalen Einfluss; die feineren Pfeilstriche kennzeichnen die Gegenrichtung des Zusammenhangs, der im Rahmen von Korrelationsberechnungen nicht vollständig auszuschließen bzw. ebenso wahrscheinlich ist; die dargestellten Koeffizienten weisen die Stärke des jeweiligen Zusammenhangs aus; der in eckigen Klammern dargestellte Koeffizient bezieht sich auf den Zusammenhang zwischen der Dauer des D-Ticket-Besitzes (als kategoriale Variable, s. Tabelle 4) ohne vorherige Abo-Besitzer und der ÖPNV-Routine (als metrische Indexvariable aus den Items „Die ÖPNV-Nutzung (Bus oder Bahn) ist etwas, das ich routiniert mache“, „Die ÖPNV-Nutzung (Bus oder Bahn) ist etwas, das ich häufig mache“ und „Die ÖPNV-Nutzung (Bus oder Bahn) ist etwas, das ich tue, ohne nachzudenken“; die drei Routine-Items sind angelehnt an Verplanken & Orbell 2003) Bild 2: Verzicht auf einen privaten Pkw Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Berechnungen in R; Werte sind auf ganze Prozentzahlen gerundet Deutschlandticket MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 49 DOI: 10.24053/ IV-2025-0012 Christian Lutz, M.A., Wissenschaftlicher Referent und Doktorand, Deutsches Zentrum für Schienenverkehrsforschung beim Eisenbahn-Bundesamt (DZSF) lutzc@dzsf.bund.de Philipp Rollin, M.A., Wissenschaftlicher Referent für Bahn und Gesellschaft, Deutsches Zentrum für Schienenverkehrsforschung beim Eisenbahn-Bundesamt (DZSF) rollinp@dzsf.bund.de LITERATUR Amberg, M. & Koch, N. (2024). Ariadne D-Ticket Impact Tracker. Kopernikus-Projekt Ariadne. Online unter: https: / / mcc-berlin-ariadne.shinyapps.io/ dtickettracker/ ; zuletzt abgerufen am 08.10.2024. Follmer, Robert (2024). D-Ticket nachgefragt. Keine Mobilitätswende, aber ein begrüßter Aufbruch; online unter: https: / / www.infas.de/ D-Ticketnachgefragt-keine-mobilitaetswende-aber-einbegruesster-aufbruch/ ; zuletzt abgerufen am 22.3.2024. Gärling, T., & Axhausen, K. W. (2003). Introduction: Habitual travel choice. Transportation, 30, 1-11. Havlíčková, D., & Zámečník, P. (2020). Considering habit in research on travel mode choice: A literature review with a two-level methodology. Transactions on Transport Sciences, 11(1), 18-32. Krämer, Andreas (2024). Das D-Ticket in einer wohlfahrtsökonomischen Betrachtung. In: Internationales Verkehrswesen: Jg. 76 (3). Rollin, P., Mühl, K. (2022). Sozialwissenschaftliche Erklärungen, warum Menschen die Bahn (nicht) nutzen. ZEVrail, Jahrgang 146, Ausgabe 09. Thøgersen, J., & Møller, B. (2008). Breaking car use habits: The effectiveness of a free one-month travelcard. Transportation, 35, 329-345. VDV - Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (2024): „Das Deutschland-Ticket in 2024 - Zentrale Ergebnisse der bundesweiten Marktforschung“, https: / / www.vdv.de/ 241112-faktenblatt-deutschland-ticket-zum-vdv-praesidium.pdfx; zuletzt abgerufen am 14.11.2024. Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (2010). Verbrauchermonitoring. Perspektiven der Verbraucher zum Klimaschutz: Mobilität & Ernährung. Online unter: http: / / ernaehrungsdenkwerkstatt. de/ fileadmin/ user_ upload/ EDW Text / TextEle mente/ Ernaehrungsoekologie/ Klimaschutz_Ernaehrung_Mobilitoet_VZ_Prognos_Stduie_2010- 01-12_t_Verbrauchermonitoring.pdf; zuletzt abgerufen am 14.11.2024. Verplanken, B. & Orbell, S. (2003). 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Neben der Untersuchung der Auswirkungen des D-Tickets auf die Mobilitätsverhaltensänderung der Bürgerinnen und Bürger fokussiert das DZSF im Projekt „Verkehrspolitik und Mobilitätsverhalten: Effekte der Einführung des Deutschlandtickets“ 7 auch das Instrument als solches sowie in Relation zu weiteren, einer Mobilitätswende Vorschub leistenden verkehrspolitischen Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund wird mittels einer Policy-Analyse versucht, das D-Ticket als verkehrspolitische Maßnahme greif bar zu machen, dessen Wirkungsweise also über die Messung gesellschaftlicher Effekte hinaus theoretisch zu durchdringen. Daraus abgeleitet sollen so wiederum entsprechende Handlungsempfehlungen im Rahmen der Ressortforschung in Bezug auf die Weiterentwicklung des D-Tickets formuliert werden können. Das Projekt läuft noch bis Anfang 2027, ein erstes Zwischenfazit darf aufgrund der bisherigen empirischen und in diesem Artikel skizzierten Erkenntnisse aber bereits gewagt werden: Das Deutschlandticket wirkt. Daher bedarf es der Verstetigung und langfristigen Sicherung des Tarifprodukts, damit die hier beschriebenen Verschiebungen im Mobilitätsverhalten nachhaltig wirken. Das ist prioritär im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, aber auch im Interesse derjenigen, die die Leistungen organisieren und bereitstellen: Aufgabenträger, Verkehrsverbünde und -unternehmen. In diesem Kontext hat insbesondere der reichweitenstarke Verkehrsverbund Rhein-Ruhr bereits eine entscheidende Weichenstellung getroffen und eine große Tarifreform für 2025 angestoßen (VRR 2024), die maßgeblich ein tragendes Rückgrat hat - das Deutschlandticket. ■ ENDNOTEN 1 Spearmans Rangkorrelationskoeffizient = -,484 (Wertebereich: -1 bis +1; statistisch hochsignifikant auf dem 0,001-Niveau), n = 693. 2 Spearmans Rangkorrelationskoeffizient = ,151 (statistisch signifikant auf dem 0,01-Niveau). 3 Spearmans Rangkorrelationskoeffizient = ,139 (statistisch signifikant auf dem 0,01-Niveau). 4 Spearmans Rangkorrelationskoeffizient = ,573 (statistisch hochsignifikant auf dem 0,001-Niveau), n = 693. 5 Spearmans Rangkorrelationskoeffizient = ,504 (statistisch hochsignifikant auf dem 0,001-Niveau), n = 693. 6 Spearmans Rangkorrelationskoeffizient = ,437 (statistisch hochsignifikant auf dem 0,001-Niveau), n = 397. 7 In Kooperation mit Prof. Dr. Johannes Weyer von der TU Dortmund. in Bild 2 dargestellt. Deutlich wird das Gefälle: Während sich die ehemalig D-Ticket- Besitzenden - in Relation zur Gesamtstichprobe - schon eher vorstellen könnten, auf einen privaten Pkw zu verzichten (in etwa 15 %), sind es bei den aktuell D-Ticket-Besitzenden schon wesentlich mehr (rund 29 %). Gerade der Anteil derjenigen, die diesbezüglich unentschlossen sind, ist mit über einem Drittel der aktuell D-Ticket-Besitzenden (knapp 35 %) nicht unerheblich. Der erbrachte Nachweis, dass die Automobilität mit Besitz eines D-Tickets in der Tendenz zurückgeht, erfährt insofern Unterstützung, als dass das D-Ticket scheinbar auch Potenziale mit Blick auf die Eindämmung nicht nur des fließenden, sondern auch des ruhenden Verkehrs hat. Mit Einführung des D-Tickets scheint somit - bei aller Vorsicht - dem Trend immer weiterwachsender Zahlen von in Deutschland zugelassenen Pkw zumindest partiell Einhalt geboten werden zu können. Deutschlandticket und DZSF- Forschung: Wie geht es weiter? Aus dem bis hierhin Dargestellten lässt sich ableiten, dass sich Mobilitätsverhalten - am konkreten Beispiel der verkehrspolitischen Maßnahme D-Ticket - langsam in die Richtung der verstärkten Nutzung des ÖPNV ändert. Da das Ändern von Routinen sehr viel Zeit beansprucht, können die dargestellten Verschiebungen im Mobilitätsverhalten nach nur einem Jahr D-Ticket (Daten aus Sommer 2024) bereits als vielversprechendes Indiz für eine Wirksamkeit des Tickets hinsichtlich eines nachhaltigeren Mobilitätsverhaltens in Deutschland interpretiert werden. Die Verschiebungen können eine noch größere Wirkung entfalten, wenn es nicht nur gelingt, die Menschen für ein Abonnement und als Gelegenheitsfahrende zu gewinnen, sondern sie dann - viel wichtiger noch - längerfristig an das System ÖPNV zu binden. So kann das D-Ticket einen spürbaren Beitrag zur Verkehrswende leisten. Dies wird einmal mehr deutlich, wenn man die Unterschiede zwischen den ehemalig und aktuell D-Ticket- Besitzenden betrachtet. Im Segment der ehemalig D-Ticket-Besitzenden liegen besonders große Potenziale. Denn mit ihnen können gerade die Menschen (erneut) an das System ÖPNV gebunden werden, die sich bereits ein D-Ticket gekauft hatten und somit Berührungspunkte mit dem Nahverkehr gesammelt, das Ticket aber unterdessen wieder gekündigt haben. Angenommen werden darf, dass es sich um eine Gruppe handelt, die dem ÖPNV nicht grundsätzlich abgeneigt ist. Die ÖPNV-Mehrnutzung, die für die aktuell D-Ticket-Besitzenden nachgewiesen wurde (vgl. Tabelle 3), ließe sich bei der Rekrutierung der zahlenmäßig nicht kleinen Gruppe ehemalig D-Ticket-Besitzender somit weiter steigern und im gleichen Zuge auch der An- MOBILITÄT Deutschlandticket Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 50 DOI: 10.24053/ IV-2025-0012 All you can read Alles zusammen zum Superpreis: Die Papierausgabe in hochwertigem Druck, das ePaper zum Blättern am Bildschirm und auf dem Smartphone, dazu alle bisher erschienenen Ausgaben im elektronischen Archiv - so haben Sie Ihre Fachzeitschrift für den urbanen Wandel immer und überall griffbereit. AboPlus: Print + ePaper + Archiv www.transforming-cities.de/ magazin-abonnieren | abo@narr.de expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Foto von Jon Tyson auf Unsplash Verkehrsverbund übergreifendes einheitliches Abo-Ticketangebot geschaffen, welches bundesweit zum einheitlichen Einführungspreis von 49 Euro pro Monat für alle Personengruppen zur Verfügung steht. Es ist damit zunächst eine Flatrate in Stadt und Land und auf Bundesebene fast ohne kun- Ausgangslage Die Einführung des Deutschland-Tickets (D-Ticket) im Mai 2023 hat die Tarif- und Preisstruktur des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) förmlich revolutioniert. Als Nachfolgeprodukt zu dem kurzfristigen 9-Euro-Ticket wurde erstmals ein dengruppenspezifische Differenzierung. Ein großer Vorteil ist die Vereinfachung gegenüber der bisherigen Ticketlandschaft. Bund und Länder haben eine Evaluation der klimaseitigen, verkehrlichen und finanziellen Wirkungen beschlossen und damit den VDV beauftragt. Im Rahmen dieser Analysen zum Deutschland-Ticket aus räumlicher Perspektive RegioStaR-Auswertungen auf Basis der Daten der Bund-Länder-Evaluation Deutschland-Ticket, sozio-demographische Faktoren, räumliche Unterschiede, RegioStaR, begleitende Marktforschung Das Deutschland-Ticket ermöglicht die bundesweite Nutzung des ÖPNV zu einem einheitlichen Preis. Aktuell wird es monatlich von mehr als 13 Mio. Menschen genutzt und gilt als wichtiges Instrument hinsichtlich zahlreicher Aspekte der angestrebten Verkehrs- und Mobilitätswende. In diesem Beitrag werden Daten der repräsentativen bundesweiten Marktforschung, die im Rahmen der Bund-Länder- Evaluation zum Deutschland-Ticket des Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) erhoben wurden, sowohl räumlich als auch sozio-demographisch differenziert ausgewertet. Gleichermaßen wird dargelegt, ob und inwiefern das Deutschland-Ticket Fahrten von anderen Verkehrsmitteln zum ÖPNV verlagert bzw. zusätzliche Wege induziert. Manuel Weiß, Till Ackermann Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 52 DOI: 10.24053/ IV-2025-0013 Evaluation werden kontinuierlich Marktforschungsdaten erhoben. Im ersten Jahr seit Einführung wurden durchschnittlich rund 11,2 Mio. Deutschland-Tickets je Monat verkauft. Dieser Wert ist bis Oktober 2024 auf durchschnittlich 13,1 Mio. D-Tickets gestiegen. Über das Jahr 2023 verteilt haben sogar über 20 Millionen Menschen mindestens ein Deutschland-Ticket besessen [1], [2]. Auch wenn es sich bei vielen Nutzenden um Personen handelt, die zuvor Einzel- oder Monatskarten kauften, lag der Anteil an tatsächlichen Neukunden (bisherige Nichtnutzer des ÖPNV) zu Beginn des Deutschland-Tickets bei 8 % [3]. Der Haupteffekt ist die über 50 %-ige Steigerung der Zahl der mit einem Abo-Produkt gebundenen Kunden. Bereits im Vorfeld der Einführung gab es unterschiedliche Abschätzungen über die mögliche Klimawirkung des Tickets. Bei modellhaften Schätzungen oder passiven Messungen ohne Bezug zum Deutschland- Ticket bleibt methodisch oftmals unklar, welcher Einfluss auf das Ticket zurückzuführen ist und welche Wirkungen aufgrund von zum Beispiel Nachholeffekten nach der Corona-Pandemie, Effekten des „neuen Normals“ oder Kraftstoffpreisänderungen entstehen. Frühen Auswertungen von Mobilfunkdaten zufolge führe das Deutschland-Ticket zu deutlich mehr Pendelfahrten mit dem Zug: Laut dem Mobilfunkanbieter O2 Telefónica wurden in den Monaten Mai und Juni 2023 täglich rund 170.000 Zugfahrten ab 30 km Länge mehr unternommen (≙ +9,6 %), wobei der Anstieg von täglichen Pendlerfahrten ab 30 km mit dem Zug mit +27,5 % besonders hoch ausfällt (Juni zu April 2023). Gleichzeitig seien die Pendlerfahrten mit dem Auto zwischen 2019 und 2023 um 11,8 % zurückgegangen [4]. Diese Effekte wurden zweifelsfrei so gemessen, doch stellen Fahrten über 30 km nur maximal 15 % des Verkehrsaufkommens im ÖPNV dar und somit wurde medial der Effekt möglicherweise überhöht wahrgenommen. Auch bei den räumlichen oder sozialen Auswirkungen wird teilweise wenig datenbasiert argumentiert. Grundsätzlich herrscht die Ansicht, dass Einwohner von großen Städten bzw. solchen Regionen mit einem ohnehin überhaupt attraktiven ÖPNV-Angebot als starke Profiteure der Ticketoffensive im Alltagsverkehr gelten [5], [6]. Weniger eindeutig hingegen sind die Potentiale und Wirkungen des Deutschland-Tickets in Räumen mit einem geringeren bzw. unzureichenden ÖPNV-Angebot. Hiervon betroffen sind jedoch rund 8 Mio. Einwohner in Deutschland, die keine Bus- oder Bahnhaltestelle mit mindestens 20 Abfahrten täglich in fußläufiger Entfernung vorfinden [7]. Zugleich treten soziale Aspekte der angestrebten Mobilitätswende hervor, bei der gewisse Bevölkerungsgruppen von einem erschwingliche(re) n ÖPNV-Ticket besonders profitieren bzw. schlichtweg darauf angewiesen sind. Damit eng verbunden sind Facetten einer Mobilitätsarmut aufgrund eines mangelnden ÖPNV-Angebots und der Frage hinsichtlich der sozialen Differenzierung des Preises des D-Tickets [8]. Vor diesem Hintergrund ergibt sich der Bedarf einer detaillierten Auseinandersetzung mit den möglichen Implikationen des neuen Ticketangebots und differenzierten Analysen aus räumlicher und sozio-demographischer Perspektive. Dazu liefert der Beitrag Einblicke in ausgewählte Ergebnisse der bundesweiten begleitenden Marktforschung zum Deutschland-Ticket. Hierbei können die Ergebnisse räumlich nach RegioStaR 7-Raumtypen und anhand soziodemographischer Merkmale ausgewertet werden. Der Beitrag verfolgt das Ziel räumlich und inhaltlich differenzierte Auswertungen und eine analytische Einordnung insbesondere zum Besitz und zur Bewertung des Deutschland-Tickets sowie zu Einstellungen gegenüber diesem darzulegen. Darüber hinaus wird eine fahrtenbezogene Auswertung zur Frage präsentiert, ob das Deutschland- Ticket tatsächlich Fahrten von anderen Verkehrsmitteln verlagert bzw. zusätzliche Wege induziert. Begleitende Marktforschung zum Deutschland-Ticket Methodik der bundesweiten Marktforschung Der VDV kooperiert bei der Evaluation mit der DB AG. Es wurde ein Konsortium aus den Firmen rc research & consulting und forsa mit der Durchführung der bundesweiten Marktforschung beauftragt. Die Marktforschung startete bereits mit einer Nullmessung vor der Einführung des D-Tickets. Seitdem wird sie kontinuierlich mit einer großen Stichprobe durchgeführt, die auch auf Monatsbzw. Quartalsbasis länder- und regionenscharfe Aussagen erlaubt. Für die vorliegende Auswertung werden die Datensätze von Mai 2023 bis einschließlich Juni 2024 herangezogen; dies sind 132.544 Personen ab 14 Jahren. Da die Erhebung mittels Online Access Panel als computer assisted web interview (CAWI) durchgeführt wird, ist sie repräsentativ für die Grundgesamtheit der internetnutzenden, deutschsprachigen Einwohner Deutschlands (ca. 60 Mio. Personen). In der Evaluation gibt es noch weitere Bausteine für die „Offliner“ und Kinder unter 14 Jahren sowie für ausländische Touristen. Regionalstatistische Raumtypologie RegioStaR 7 Die Regionalstatistische Raumtypologie (RegioStaR) geht auf eine Initiative des BMDV zurück, welche mit Unterstützung des BBSR umgesetzt wurde. Sie dient in erster Linie zur Erzeugung repräsentativer Daten für siedlungsstrukturelle Raumtypen auf Ebene der Städte und Gemeinden, welche ähnliche Raum- und Siedlungsstrukturen aufweisen - z. B. große Städte oder ländliche Gemeinden. Diese Typologie bietet mit mehreren aufeinander auf bauenden siedlungsstrukturellen Raumtypen ein Instrument, um Wirkungszusammenhänge zwischen Verkehr und räumlichen Strukturen zu analysieren und differenzierte Mobilitätskennwerte zu ermitteln. Ausgehend von 17 Raumtypen unterscheidet Bild 1: Bevölkerungsverteilung, Verkehrsmittelnutzung, ÖPNV-Zufriedenheit und D-Ticket-Besitz im räumlichen Vergleich Quelle: VDV-Marktforschung (Mai 2023-Juni 2024), Laufende Raumbeobachtung des BBSR (Stand: Nov. 2023), eigene Darstellung * Verkehrsmittelnutzung in den letzten 12 Monaten: Summe aus „(fast) täglich“ und „an ein bis drei Tagen pro Woche“ ** Zufriedenheit auf 5er-Likert-Skala, Top2 bzw. Top3: Summe aus „vollkommen zufrieden“ und „sehr zufrieden“ bzw. und „zufrieden“ *** Besitz eines Deutschland-Tickets im Monat der Befragung Bevölkerung Verkehrsmittelnutzung* Zufriedenheit mit dem ÖPNV** DT-Besitz *** Grundgesamtheit Befragung RegioStaR 7-Raumtyp in Mio. in % gewichtet (in %) ÖPNV (in %) Pkw (in %) Top 2 (in %) Top 3 (in %) (in %) Stadtregionen 71 - Metropole 15,1 18 18 50 54 37 76 34 72 - Regiopole und Großstadt 12,1 14 15 34 65 25 65 23 73 - Mittelstadt, städtischer Raum 21,4 25 26 20 78 15 49 15 74 - Kleinstädtischer, dörflicher Raum 5,3 6 6 15 85 10 36 11 Ländliche Regionen 75 - Zentrale Stadt 5,1 6 7 21 70 18 53 14 76 - Städtischer Raum 12,1 14 14 13 80 11 38 10 77 - Kleinstädtischer, dörflicher Raum 13,2 16 14 11 86 7 29 8 Gesamt / im Durchschnitt 84,4 100 100 25 73 19 51 17 Deutschlandticket MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 53 DOI: 10.24053/ IV-2025-0013 der zusammengefasste Regionalstatische Raumtyp (RegioStaR 7) insgesamt sieben Typen (s. Bild 1) und fasst jeweils innerhalb der grundlegenden Regionstypen „Stadtregion“ und „Ländliche Region“ die ähnlichen Raumtypen der 17 Ausgangskategorien zusammen [9]. Analysen auf Ebene soziodemographischer Merkmale und RegioStaR 7 Die bundesweite begleitende Marktforschung zum Deutschland-Ticket liefert bezogen auf die Bevölkerungsverteilung anhand der RegioStaR 7-Raumtypen äußerst repräsentative Daten (s. Bild 1). Die Verkehrsmittelnutzung von ÖPNV und Pkw (in den letzten zwölf Monaten) zeigt bereits signifikante Unterschiede; jedoch anhand der räumlichen Hierarchie in umgekehrter Reihenfolge. So steigt die Nutzungshäufigkeit des Pkw von „Metropolen“ bzw. „Zentralen Städten“ in Richtung ländlicherer Gebiete deutlich an, gleichzeitig sinkt die regelmäßige Nutzung des ÖPNV. Ein gleiches Bild zeigen auch die Zufriedenheit mit dem ÖPNV sowie die Rate des D-Ticket-Besitzes auf. Ticketbesitz im Detail Während im Raumtyp „Metropolen“ rund ein Drittel und im Raumtyp „Regiopole Bild 2: Top2-Zustimmungswerte in Prozent nach Alter in Gruppen (Aussage: „Das Deutschland-Ticket …“) Bild 3: Top2-Zustimmungswerte in Prozent nach Äquivalenzeinkommen in Gruppen (Aussage: „Das Deutschland-Ticket …“) und Großstadt“ noch knapp ein Viertel der Bevölkerung ein Deutschland-Ticket zum Befragungszeitpunkt besitzen, fällt dieser Wert räumlich „nach außen“ deutlich ab. Diese Verteilung entspricht aber im Wesentlichen auch der graduellen Verteilung der ÖPNV-Nutzung in diesen Raumkategorien. Die Besitzquote liegt im Analysezeitraum insgesamt bei gut 17 %. Unter Einbezug sozio-demographischer Merkmale zeigen sich ebenfalls signifikante Unterschiede. So weisen junge Altersgruppen einen deutlich häufigeren Besitz auf - mit rund einem Drittel bei den 14bis 29-Jährigen. Auch in der Altersgruppe 30-49 Jahre besitzen immerhin noch 20 % der Bevölkerung ein D-Ticket; darüber fällt die Besitzquote auf 8 % bei den über 70-Jährigen ab. Rentner bleiben offensichtlich zu einem höheren Maße bei ihren in der Regel rabattierten, verbundweit gültigen lokalen Angeboten. Das Einkommen (sowohl Haushaltsnettoals auch Äquivalenzeinkommen) betreffend zeigt sich ein leicht überdurchschnittlicher Besitz bei Personen mit geringem und sehr hohem Einkommen. Das D-Ticket ist also ein Ticket für alle Einkommensklassen. Zusätzlich wurde in 2024 das D-Ticket-Semester als rabattiertes Angebot eingeführt, welches einen Großteil der bisherigen Semestertickets ersetzt hat. Über alle Raumkategorien hinweg ist der Anteil männlicher Abonnenten leicht höher. Insgesamt scheint für den Besitz eines Deutschland-Tickets das Alter zwar ausschlaggebender als die Raumkategorie, aber die Raumkategorie determinierender als das (Äquivalenz-)Einkommen zu sein. Bewertung des Deutschland-Tickets Die Bewertung des Deutschland-Tickets wird mit elf verschiedenen Items zur Zustimmung erfasst, von denen hier vier Fragen im Fokus stehen i . Die Aussagen „Das Deutschland-Ticket macht die Nutzung des ÖPNV preiswerter“ bzw. „… macht die Nutzung des ÖPNV flexibler“ rangieren dabei mit hohen Zustimmungswerten weit vorne, wohingegen die Aussagen, dass das Deutschland-Ticket „… ein guter Grund [ist], das Auto stehen zu lassen“ bzw. „dazu [veranlasst], den ÖPNV häufiger zu nutzen als zuvor“ an achter bzw. an letzter Rangstelle zu finden sind. Auch wenn sich die Aussage „das Auto stehen zu lassen“ bei Jugendlichen nur auf Mitfahrten beziehen kann, zeigen sich die Zustimmungsraten bei diesen vier Statements in den jüngeren Altersgruppen am höchsten. Überdurchschnittliche Zustimmungsraten liegen bis zur Altersgruppe 30-49 Jahre vor (s. Bild 2). Ähnlich wie beim Ticketbesitz fallen auch hierbei die Zustimmungsraten bei MOBILITÄT Deutschlandticket Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 54 DOI: 10.24053/ IV-2025-0013 Statements abgefragt ii , von denen vier näher betrachtet werden. Die Zustimmungsraten steigen bzw. sinken je nach Statement in der Rangfolge der Raumtypen. Somit erfahren solche Statements, die die größer gewordenen Gestaltungsmöglichkeiten durch das D-Ticket betreffen (z. B. „entspannt in andere Städte fahren“, „flexibel im Nahbereich unterwegs“, „Ziele erkunden“), in den jeweils höherrangigen Raumtypen innerhalb der Regionstypen „Stadtregion“ und „Ländliche Region“ durchgängig größeren Zuspruch. Die Statements bezüglich erwünschter Verbesserungen im ÖPNV („Pünktlichkeit und Verlässlichkeit“ bzw. „Anzahl an Verbindungen und Häufigkeit der Abfahrten“) erlangen hingegen (deutlich) höhere Zustimmungswerte in Richtung ländlicherer Gebiete. In kleinstädtischen, dörflichen Räumen wird von mehr als der Hälfte der Befragten ein besseres ÖPNV-Angebot eingefordert, um den Vorteil des Deutschland- Tickets nutzen zu können. Hinsichtlich des Äquivalenzeinkommens liegen die Zustimmungsraten teilweise nah beieinander, fächern sich aber unter Berücksichtigung der Raumtypen stärker schaffen werden. Auch hierbei verändern sich die Zustimmungsraten entsprechend der Raumkategorien absteigend; lediglich bezüglich der nun preiswerteren Nutzung des ÖPNV divergieren die Zustimmungsraten nicht so stark. Auch wenn an dieser Stelle nicht abgebildet ist bemerkenswert, dass die Kategorie (5) „stimme überhaupt nicht zu“ antiproportional in gleichem Maße ansteigt wie die Kategorie (1) „stimme voll und ganz zu“ zurückgeht. Dabei sticht die Verneinung einer häufigeren Nutzung des ÖPNV hervor, da die Kategorie (5) über alle Raumtypen hinweg die höchste Zustimmung erhält und dies gar mit dem zweibis siebenfachen Wert gegenüber der Kategorie (1). Erwähnenswert ist auch der Anteil „keine Angabe“, welcher bei allen Statements bei 7-10 % liegt, allerdings bei der flexibleren ÖPNV-Nutzung mit 8-17 % recht hohe Werte erreicht und vor allem bei den Raumkategorien in Richtung ländlicherer Gebiete zunimmt. Einstellungen zum Deutschland-Ticket Persönliche Einstellungen zum Deutschland-Ticket werden mit insgesamt acht allen Items bei männlichen Personen höher aus als bei weiblichen Personen. Unter Einbeziehung der räumlichen Kategorisierungen liegen differenziertere Bilder vor. So ist die Zustimmungsrate bezüglich einer preiswerteren Nutzung des ÖPNV durch das D-Ticket mit Werten von 66-42 % zwischen den Raumtypen grundsätzlich hoch - wenn auch in der Altersgruppe 70+ durchweg niedriger - und die Wertespanne fällt geringer aus als bei den anderen drei Abfragen. Es deutet sich somit ein allgemeines und eher raumunabhängiges Empfinden hinsichtlich einer günstigeren ÖPNV-Nutzung an. Bei den weiteren Abfragen ist das Gefälle zwischen den Raumtypen ausgeprägter, und bei diesen zeigen sich absteigende Zustimmungswerte jeweils gruppiert innerhalb der Regionstypen „Stadtregion“ und „Ländliche Region“. Des Weiteren fällt die Wertespanne in Kombination von Raumtyp und Altersklassen deutlich stärker aus. In den Altersgruppen über 50 Jahre wird zwar der günstige Preis und die Flexibilität des Tickets anerkannt, aber die Zustimmungswerte zum Verzicht auf Autofahrten bzw. zu einer häufigeren Nutzung des ÖPNV fallen insbesondere in den kleinstädtischen, dörflichen Räumen (i. d. R. mit geringem ÖPNV-Angebot) niedrig aus. Unter Berücksichtigung des Äquivalenzeinkommens zeigen sich ebenso interessante Ausprägungen, da die Zustimmungsraten bei den betrachteten Aussagen in zwei Fällen mit höherem Äquivalenzeinkommen steigen (Statements zur „preiswerteren“ bzw. „flexibleren Nutzung des ÖPNV“), bei den beiden anderen Aussagen (Statements „Auto stehen zu lassen“ bzw. „häufigere ÖPNV-Nutzung“) aber tendenziell leicht abnehmen und für die Klasse <60 % Äquivalenzeinkommen gar überdurchschnittlich ausfallen (s. Bild 3). Diese Zustimmung bzw. Wahrnehmung der Preiswürdigkeit des Tickets durch Personen mit geringeren Einkommen könnte ein Hinweis sein, dass durch das Deutschland-Ticket auch Mobilitätsoptionen ge- Bild 4: Top2-Zustimmungswerte in Prozent nach Äquivalenzeinkommen in Gruppen (Statements zur Einstellung) Bild 5: Effekte der Induzierung von Fahrten sowie Verkehrsmittelverlagerungen durch das Deutschland-Ticket Deutschlandticket MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 55 DOI: 10.24053/ IV-2025-0013 davon ausgegangen werden, dass maßgebliche Verkehrsverlagerungen sowie Wohnstandortentscheidungen auf Grundlage verfügbarer Angebote (sowohl ÖPNV-Fahrten als auch -Tarife) nur dann zu beobachten sein werden, wenn langfristige Planungssicherheit (sowohl auf Seiten der Akteure im ÖPNV als auch der Kundinnen und Kunden) und eine hohe Qualität des ÖPNV-Angebots und -Infrastruktur sichergestellt werden. In den Verkaufszahlen und Bewertungen ist ein Stadt-Land-Gefälle erkennbar. Dies ist nicht überraschend, sondern wurde zum Beispiel vom VDV schon lange vor dem Deutschland-Ticket thematisiert. Da aber das Ticket nun diese Unterschiede noch deutlicher zutage treten lässt, gilt nun: „Nach der Ticketoffensive braucht es die Angebotsoffensive“ oder „Das Deutschland- Ticket braucht ein Deutschland-Angebot“. Das Deutschland-Ticket hat die Nutzung des ÖPNV vereinfacht. Dies gilt nicht nur verbundübergreifend oder auch in fremden Gebieten, sondern auch für alle Ticketinhaber, die nur in bestimmten Zonen, Waben oder auf definierten Strecken fahren durften. Dadurch regt es auch zu zusätzlicher Nutzung an, welche sich zum Beispiel in der verstärkten Nutzung des SPNV für weitere Strecken zeigt. Das Deutschland-Ticket hat wenige Neukunden für den ÖPNV gewonnen. Dennoch hat es eine spürbare Klimawirkung. Die Verlagerung von Fahrten auf den ÖPNV ist deutlich erkennbar; gut 7 % der Fahrten wären sonst mit dem Auto getätigt worden. Bereits im ersten Jahr wurden dadurch über 1,3 Mio. t CO 2 -Emissionen eingespart. Dies hilft der Mobilitätswende. Da das ÖPNV-Angebot wegen des Deutschland-Tickets nicht grundsätzlich ausgeweitet wurde, können auch die induzierten Verkehre ohne zusätzliche Umweltwirkungen bewertet und damit positiv als Mobilitätsermöglichung vermerkt werden. Neben der Ersparnis von fast 3 Mrd. € je Jahr für die ÖPNV-Nutzer ergibt dies weitere positive soziale Aspekte. Erst Ende 2024 wurden die Finanzierung des Deutschland-Tickets bzw. durch die Änderung des Regionalisierungsgesetzes die Ausgleichsleistungen des Bundes für 2025 gesichert. Da keine Bereitschaft bestand, die Ausgleichsleistungen zu erhöhen, musste zum 1.1.2025 eine Preiserhöhung vorgenommen werden. Dadurch steht das Deutschland-Ticket nahezu dauernd zur Debatte und erzeugt bei potentiellen Kunden Unsicherheit, ob es langfristig bestehen bleibt. Weitergehende Wirkungen wie die Vereinbarungen von Jobtickets für Belegschaften, die Abschaffung von Pkw oder Wohnstandortentscheidungen von Privathaushalten werden zunehmend erst getroffen, wenn die Zukunft des Deutschlandalternativen Verkehrsmittel unternommen worden wäre. Hierbei zeigen sich mit jeweils rund 11 % der Fahrten höhere Verlagerungen vom Pkw zum ÖPNV in den Mittelstädten sowie kleinstädtischen, dörflichen Räumen der „Stadtregionen“ bzw. „Ländlichen Regionen“ (73, 74, 76, 77). Auch sind gewisse Verlagerungen vom Radverkehr mit bis zu 3 % der Fahrten und in geringem Maße vom Fußverkehr erkennbar sowie, dass sonst andere öffentliche Verkehrsmittel des Fernverkehrs (Fernverkehrszug, Fernbus) genutzt worden wären. Insgesamt sind etwa 7 % der Fahrten mit dem D-Ticket vom Auto verlagert worden. Unter Berücksichtigung der Entfernung und der Gruppengröße sowie entsprechender Emissionsfaktoren werden in der Evaluation des D-Tickts daraus die eingesparten CO 2 -Emissionen ermittelt. Diskussion der Ergebnisse und Ausblick Die präsentierten Auswertungen liefern fundierte Erkenntnisse in die ansonsten oft recht unscharf geführte Debatte über die Nutzung, Akzeptanz und Wirkungen des Deutschland-Tickets. Grundsätzlich und wenig überraschend wird das D-Ticket zum allergrößten Teil von bisherigen ÖP- NV-Kunden genutzt, die häufig genug fahren, dass sich eine Zeitkarte lohnt. Dieser Kundengruppe kommen die öffentlichen Zuschüsse von 3 Mrd. € p. a. zugute. Auch zeigen die hier porträtierten Auswertungen insbesondere Zugewinne durch das D-Ticket für einkommensschwächere Personen und Haushalte. Aus sozio-ökonomischer Sicht ist das Deutschland-Ticket Ausbildungs- und Berufspendlern dienlich, weil durch die regelmäßigen Wege eine Grundnutzung gegeben ist. Eine besondere Nutznießergruppe sind die Pendler, die lange Distanzen im Nahverkehr - oftmals aus ländlichen Gebieten in Ballungsräume - zurücklegen. Hier sind die Kostenersparnisse am höchsten, unabhängig ob vorher der Pkw oder ein entfernungsabhängiges ÖPNV-Ticket benutzt wurde. Für Menschen ohne Pendelanlässe muss das ÖPNV-Angebot gut genug sein, damit sich ausreichend Nutzungsanlässe und -möglichkeiten ergeben. Dies ist oftmals nur in zentralen Städten oder städtischen Räumen gegeben. Aber es profitieren eben nicht nur Menschen in Metropolen bzw. Städten vom D-Ticket. Einen ersten Anstoß zur Debatte um die räumlichen Auswirkungen des Deutschland-Tickets ergaben unmittelbar zur Einführung des Tickets Annahmen eines Attraktivitätsgewinns ländlicher Räume [11]. Als zentraler Einflussfaktor und Schlüssel für den Erfolg des Deutschland- Tickets gilt dennoch die Anbindungs- und Bedienungsqualität des ÖPNV. Dabei kann auf (s. Bild 4). Hierbei kommt vor allem die bessere Konnektivität der „Metropolen“, „Regiopolen und Großstädte“ sowie der „Zentralen Städte in Ländlichen Regionen“ zum Ausdruck, die mehr Möglichkeiten angesichts der Zieloptionen in anderen Städten/ Regionen und damit möglicher längerer Strecken im Regionalverkehr bietet. Die Zustimmungsraten fallen bei allen Statements ausnahmslos absteigend von jungen zu alten Personen ab; teilweise liegen diese um mehr als 20 Prozentpunkte auseinander. Lediglich bei der Wichtigkeit von Verbesserungen im ÖPNV gegenüber der Preisgestaltung liegen die Zustimmungsraten nahezu gleichauf. Unterdessen sind die Zustimmungsraten zwischen den Geschlechtern nahezu ausgeglichen, doch gibt es einige Statements, denen weibliche Personen stärker zustimmen. Interessant ist hierbei insbesondere, dass die Statements von weiblichen Personen im Regionstyp „Ländliche Region“ grundsätzlich höhere Zustimmung erfahren und dabei vor allem die Aussage „Mit dem D-Ticket kann ich Ziele erkunden, die ich immer schon mal besuchen wollte“ um 2 bis 5 Prozentpunkte (je nach LR-Raumtyp) höher ausfällt als bei männlichen Personen. Induzierung von Fahrten und Verlagerung von anderen Verkehrsmitteln Im Zusammenhang mit dem Deutschland- Ticket wird vielfach auch die Generierung neuer Fahrten diskutiert sowie debattiert, ob und in welchem Ausmaß Fahrten von anderen Verkehrsmitteln hin zum ÖPNV verlagert werden (s. z. B. [10]). Aufschluss hierzu geben die gestellten Fragen, ob die Fahrt auch unternommen worden wäre, wenn es das Deutschland-Ticket nicht gäbe - und wenn nicht der ÖPNV, sondern welches andere Verkehrsmittel dann genutzt worden wäre iii . Demzufolge wären rund 73 % der Fahrten mit einem anderen ÖPNV-Ticket durchgeführt und jeweils 13 % der Fahrten wären mit einem anderen Verkehrsmittel bzw. gar nicht unternommen worden (s. Bild 5). In räumlicher Detailbetrachtung zeigen sich differenzierte Befunde. So ist der Anteil der Fahrten, die auch ohne das Deutschland- Ticket im ÖPNV stattgefunden hätten, tendenziell in den „höherrangigen“ Raumtypen auch größer. Umgekehrt dazu ist der Anteil der Fahrten, die ohne das D-Ticket nicht stattgefunden hätten, mit bis nahezu einem Fünftel der Fahrten ebenfalls hoch. Dies deutet somit auf ansonsten nicht erfüllte Mobilitätsbedürfnisse, aber auch auf erst durch das D-Ticket ermöglichte bzw. induzierte Fahrten hin. Ähnlich hoch wie die Anteile der hypothetisch nicht stattgefundenen Fahrten sind auch die Angaben, dass die Fahrt mit einem MOBILITÄT Deutschlandticket Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 56 DOI: 10.24053/ IV-2025-0013 SharedDocs/ DE/ Artikel/ G/ regionalstatistischeraumtypologie.html, Stand: 12.2021 (Abruf: 8.01.2025). [10] Krämer, Andreas (2024): Das Deutschlandticket in einer wohlfahrtsökonomischen Betrachtung. In: Internationales Verkehrswesen 3/ 24, S. 38-43. [11] Bünger, Reinhart (2023): Speckgürtel bevorzugt. Ein Großteil der Deutschen kann sich ein Landleben vorstellen. Tagesspiegel. https: / / www.tagesspiegel.de/ berlin/ berliner-wirtschaft/ s p e ckg u r t e l b e v o r z u g td i e m e i s t e n d e u tschen-zieht-es-aufs-land-9749642.html, Stand: 2.05.2023 (Abruf: 8.01.2025). Eingangsabbildung: © Markus Mainka - stock.adobe.com Marktforschung. Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Stand: 31.10.2024. [3] Orth, Katharina (2023): Deutschland-Ticket. Wie wird das D-Ticket angenommen? Welche ersten Entwicklungen lassen sich erkennen? Online- Vortrag im Rahmen der Veranstaltung „73 Tage Deutschlandticket: Eindrücke, erste Daten und Perspektiven“ der Hochschule Rhein-Main, 12.07.2023. [4] O2 Telefónica (Hg.) (2023): Das Deutschlandticket bewirkt deutlich mehr Pendel- und Wochenendfahrten. O2 Telefónica Mobility Monitor - Ausgabe 3 v. 24.07.2023. https: / / www.telefonica.de/ news/ corporate/ 2023/ 07/ o2-telefonica-mobility-monitor-ausgabe-3-das-deutschlandticket-bewirktdeutlich-mehr-pendel-und-wochenendfahrten. html (Abruf: 8.01.2025). [5] Stotz, Patrick; Tack, Achim (2022): Neue Flatrate für 49 Euro. Wer vom Deutschlandticket wirklich profitiert. SPIEGEL Online. https: / / www.spiegel. de/ auto/ 49-euro-ticket-wer-vom-deutschlandticket-wirklich-profitiert-a-f3645761-be73-45ab- 9adb-0bf937917db5, Stand: 3.11.2022 (Abruf: 8.01.2025). [6] Aberle, Christoph (2023): Was bringt das Deutschlandticket. https: / / wn49.stadtarmmobil. de/ (Abruf: 8.01.2025). [7] BBSR (Hg.) (2023): Regionen unterschiedlich an Bus und Bahn angebunden. Topmeldung. Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR). https: / / www.bbsr.bund.de/ BBSR/ DE/ startseite/ topmeldungen/ oev-anbindung-regionen.html, Stand: 23.06.2023 (Abruf: 8.01.2025). [8] Peiseler, Florian; Runkel, Matthias; Kwasniok, Ronja (2022): Die soziale Frage der Verkehrspolitik. #Mobilitätsarmut. Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft - Policy Brief, 08/ 2022. [9] BMDV (Hg.) 2024: Regionalstatistische Raumtypologie (RegioStaR). Bundesministerium für Digitales und Verkehr. https: / / bmdv.bund.de/ Tickets gesichert ist. Diese Wirkungen können dann in weiteren Evaluierungen und Forschungen aufgezeigt werden. Hinweis Die hier wiedergegebene Meinung muss nicht zwingend mit der Meinung des BBR/ BBSR bzw. VDV übereinstimmen. ■ ENDNOTEN i Die 5er-Likert-Skala lautete: (1) „stimme voll und ganz zu“ - (5) „stimme überhaupt nicht zu“. Über die elf Fragenitems hinweg ergibt sich folgende Verteilung für die Top2-Zustimmungswerte: max.-Wert = 55; min. Wert = 22; Mittelwert = 41,1; Standardabweichung = 9,1. ii Die 5er-Likert-Skala lautete: (1) „stimme voll und ganz zu“ - (5) „stimme überhaupt nicht zu“. Über die acht Statements hinweg ergibt sich folgende Verteilung für die Top2-Zustimmungswerte: max.-Wert = 57; min.-Wert = 24; Mittelwert = 45,0; Standardabweichung = 9,3. iii Diese Fragen beziehen sich auf 23.011 Fahrten, bei denen das Deutschland-Ticket genutzt wurde. Dabei wurden die Befragten zusätzlich zur sozioökonomischen Gewichtung anhand ihrer (erwarteten) Fahrtenhäufigkeit im ÖPNV gewichtet. LITERATUR [1] VDV; DB (Hg.) (2024): „Interpretierende“ Zusammenfassung. Kernergebnisse zur bundesweiten Marktforschung zum Deutschland-Ticket. Berichtszeitraum Mai bis Dezember 2023. Verband Deutscher Verkehrsunternehmen; Deutsche Bahn AG; DB Regio AG. [2] VDV 2024: Factsheet. Das Deutschland-Ticket in 2024. Zentrale Ergebnisse der bundesweiten Manuel Weiß, Referent für Verkehrsforschung, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) manuel.weiss@bbr.bund.de https: / / orcid.org/ 0000-0002-8871-2680 Till Ackermann, Dr., Fachbereichsleiter Volkswirtschaft und Business Development, Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ackermann@vdv.de Anzeige Dietmar Zobel Von der Idee über die Er ndung zum Patent 1. Au age 2022, 380 Seiten €[D] 43,00 ISBN 978-3-8252-5895-5 eISBN 978-3-8385-5895-0 Wie entkomme ich der Routine? Wo tummeln sich die guten Ideen und wie setze ich sie um? Wie schütze ich meine Innovationen vor Nachahmer: innen und verdiene damit Geld? Der Autor liefert konstruktive Handlungsempfehlungen: Intuition ist wichtig, aber nicht alles - kreatives Denken und Arbeiten ist erlernbar! Dr. rer. nat. Dietmar Zobel ist Industriechemiker, Er nder, Fachautor, Methodiker und TRIZ-Trainer. Er war in leitenden Funktionen in der Industrie tätig und ist Inhaber zahlreicher Patente. Deutschlandticket MOBILITÄT Vertriebsstrukturen vereinfachen, um zukunftsfähig, flexibel sowie leicht zugänglich zu bleiben und schnell auf die Anforderungen reagieren zu können. Das Deutschlandticket: gekommen, um zu bleiben Die Einführung des Deutschlandtickets hat in den letzten zwei Jahren einige Entwicklungen in Gang gesetzt, die die Tarif- und Vertriebsstrukturen im ÖPNV nachhaltig beeinflussen. Der sehr günstige Preis hat je nach Ausgangslage in den Verkehrsverbünden einige oder fast alle bestehenden Abo-Produkte überflüssig gemacht. Zudem sind viele Gelegenheitskunden von den Bartarifprodukten auf das Deutschlandticket umgestiegen. Änderungen in den Tarifstrukturen werden bislang kaum oder nur sehr zaghaft vorangetrieben, da man Einnahmeverluste oder D er öffentliche Nahverkehr befindet sich im Dauerzustand der großen Herausforderungen. Die Kundenbedürfnisse und -erwartungen ändern sich stetig, die Konkurrenz durch alternative Mobilitätsangebote wächst und die technologischen Möglichkeiten eröffnen neue Chancen und Risiken. Hinzu kommt die Erwartung, als Branche die treibende Kraft zum Erreichen der Klimaziele zu sein - und dies vor dem Dilemma, die Verkehrswende unterfinanziert voranbringen zu müssen. Denn die steigenden Kosten für Fahrzeugausstattung, Personal und Betrieb überkompensieren zum einen etwaige Budgeterhöhungen, zum anderen hat das Deutschlandticket zu jährlichen Mindereinnahmen im zweistelligen Prozentbereich geführt. In diesem dynamischen Umfeld müssen die ÖPNV-Anbieter ihre Tarif- und Verteilungseffekte befürchtet und eine allgemeine Unsicherheit hinsichtlich der langfristigen Finanzierung des Deutschlandtickets besteht. Auch der Beschluss der Verkehrsministerkonferenz vom 23.09.2024 zur Preiserhöhung auf 58 Euro ab dem 01.01.2025 beinhaltet lediglich eine Finanzierungszusage bis zu diesem Jahresende 2025. In der Folge bleibt die Tarifkomplexität weiterhin hoch. Sie wird sogar teilweise erhöht, indem Rabattprodukte für Gelegenheitsnutzende eingeführt oder lokale Deutschlandticket-Varianten entwickelt werden, beispielsweise das „Bayerische Ermäßigungsticket“ für Azubis und Studierende zum Preis von 29 Euro oder das „Berlin-Abo“ für ebenfalls 29 Euro. Dies konterkariert mögliche Synergieeffekte durch Standardisierung und das Ziel der Einfachheit für die Kunden. Die Chance auf den optimalen Vertriebsmix nutzen Deutschlandticket, Vertriebsstruktur, Ticketing, ÖPNV Die ÖPNV-Branche bewegt sich im Spannungsfeld gesellschaftlicher Erwartungen, wechselnder politischer Anforderungen und fehlender Finanzierungssicherheit. Verkehrsanbieter müssen langfristige Entscheidungen treffen, wie sie den Fahrkartenvertrieb dauerhaft auskömmlich, nachhaltig und dabei weiterhin kundenfreundlich sicherstellen können. Der Artikel beleuchtet diese Fragestellungen und zeigt Lösungen auf, wie der Weg zu einem optimalen Vertriebsmix gelingt. Anett Dahl, Eva Möckel, Philipp Wolf Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 58 DOI: 10.24053/ IV-2025-0014 Radikale Vereinfachungen sind nur selten zu beobachten, da sie oft mit erheblichen Einnahmeverlusten oder Verteilungseffekten verbunden sind. Diese Verluste können nur bei solider Finanzlage aufgefangen werden, etwa in Stadtstaaten oder aber bei entsprechender Priorisierung und Finanzierungszusage einzelner Landesregierungen. Darüber hinaus sind die Auswirkungen auf die Vertriebskanäle signifikant (Bild 1): Zum einen wird das Deutschlandticket nicht über die klassischen Vertriebswege Automat und Busdrucker verkauft. Zum anderen unterbietet es preislich die Mehrzahl der bisherigen Abonnement-Produkte, so dass diese, insbesondere an den Vertriebsstellen, nicht mehr nachgefragt werden. Die Folge ist ein erheblicher Rückgang von Umsatz und Absatz in diesen Kanälen 1 . Die Vertriebskosten reduzieren sich trotz dort sinkender Vertriebsvorgänge aber nur marginal, da vorhandene, schwach ausgelastete Vertriebskanäle unverändert aufrechterhalten werden. So werden zum Beispiel personalbediente Vertriebsstellen deutlich weniger genutzt, während der Online-Vertrieb immer wichtiger wird und enorme Umsatzsteigerungen verzeichnet; diese Entwicklung ist seit Verkaufsstart des Deutschlandtickets deutschlandweit zu beobachten. Der Fahrkartenautomat bleibt trotz rückläufiger Verkaufszahlen ein umsatzstarker Kanal, der jedoch fortwährend hohe Betriebskosten aufruft. Der Fahrkartenverkauf im Bus ist ebenfalls regressiv, wird aber je nach Region in Bezug auf seine vertriebliche Relevanz unterschiedlich bewertet. Wir halten also fest: Die Kunden kaufen andere Tickets an anderen Orten. Besonders prägnant ist dabei der Umstieg von Bartarif- Einzelkäufen sowie Abonnement-Produkten auf das Deutschlandticket. So verringerten sich die Einnahmen im Laufe eines Jahres - Vergleich zwischen Juni 2024 und Mai 2023 - bei den Einzel-, Mehrfahrten- und Tageskarten um 21 bzw. 16 Prozent, bei den übrigen Zeitkarten um 40 Prozent sowie bei den Abonnementprodukten (D-Ticket natürlich ausgenommen) gar um 59 Prozent. Diese Entwicklungen entziehen einem Vertriebskanal jedoch nicht automatisch die Daseinsberechtigung. Vielmehr müssen die Nahverkehrs-Anbieter die Vor- und Nachteile der verschiedenen Kanäle abwägen und eine ausgewogene Vertriebsstrategie entwickeln. Wie die Vertriebsstruktur auch zukünftig mitkommt Die Entwicklung einer neuen, integrierten Tarif- und Vertriebsstrategie ist vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen absolut sinnvoll, wird jedoch aufgrund der eingangs beschriebenen Unsicherheiten meist nicht angegangen. Dennoch sollten ausgewählte Strukturen mit „ruhiger Hand“ optimiert werden, indem man die Aufgaben der einzelnen Vertriebskanäle hinterfragt und entsprechende Anpassungen vornimmt. In Anbetracht der skizzierten Verschiebungen empfehlen sich drei Handlungsstränge, die - abgeschichtet auf zu betrachtende Einzelaspekte - im Folgenden beschrieben werden. Fokus Vertriebsstelle: persönliche und ausführliche Beratung erwünscht Obwohl der Anteil der personenbedienten Verkaufsstellen am Gesamtvertrieb gering ist und weiter sinkt, bleibt ihr Alleinstellungsmerkmal der persönlichen und umfassenden Beratung unersetzbar. Für bestimmte Kundengruppen wie Senioren, Touristen oder auch Gelegenheitsfahrende sind sie die bevorzugte und oftmals einzig genutzte Anlaufstelle zum Fahrkartenerwerb. Sie bieten zudem einen hohen Servicegrad und eine hohe Beratungsqualität, welche in vielen Regionen durch differenzierte Servicelevel (Ticketverkauf im Kiosk, Mobilitätsagentur, Mobilitätszentrale) abgebildet wird. Sollen die Auswirkungen der veränderten Marktbedingungen der vergangenen Monate eingehender betrachtet werden, lohnt ein Blick auf die folgenden Aspekte: Analyse der Standorte der Vertriebsstellen hinsichtlich ihrer Erreichbarkeit, Nachfragepotenziale und Wirtschaftlichkeit. Identifizierung möglicher Standortverlagerungen oder -zusammenlegungen. Auswertung der vertrieblichen Abläufe mit besonderem Augenmerk auf Qualität, Effektivität und Effizienz. Erstellung eines personalwirtschaftlichen Konzepts, das eine bedarfsgerechte und flexible Einsatzplanung des Verkaufspersonals ermöglicht sowie (Weiter-)Qualifizierung in den Bereichen Kundenorientierung, Verkaufsförderung und Beschwerdemanagement umfasst. Analyse des bestehenden Sortiments an Tarifprodukten und Zusatzangeboten. Entwicklung von Vorschlägen für eine attraktivere und kundenfreundlichere Gestaltung und Reduzierung des Sortiments. Fokus Fahrkartenautomat: 24/ 7 zur Fahrkarte Der Fahrkartenautomat steht den Kunden rund um die Uhr zur Verfügung und hält wie eingangs beschrieben weiterhin einen hohen Anteil am Gesamtvertrieb. Nicht zu vernachlässigen ist seine Funktion im eTicketing zur Abholung von online bestellten elektronischen Fahrtberechtigungen, ebenso wie die Bedienung in zahlreichen Sprachen. Es stellt sich dennoch die Frage, ob perspektivisch nicht ein im Angebots- und Funktionsumfang reduzierter Automat ausreicht (Bild 2), da diese Infrastruktur beständig modernisiert und optimiert werden muss, um die Kundenanforderungen zu erfüllen und die Betriebskosten zu senken. Um die Kernaufgaben dieses Kanals zu stärken, lassen sich diese Ansatzpunkte identifizieren: Bild 1: Vertriebliche Auswirkung des Deutschlandtickets auf einzelne Vertriebskanäle © rms/ Lorenz Crössmann Vertrieb MOBILITÄT Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 59 DOI: 10.24053/ IV-2025-0014 gehen. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr bildet hier eine aktuelle Ausnahme: Er hat sein Sortiment drastisch um ca. 75 Prozent reduziert. Letztlich bleiben zwar auch im VRR noch Tarifprodukte im dreistelligen Bereich erhalten²; das Beispiel zeigt jedoch, dass eine Optimierung möglich ist und denjenigen, der sie umsetzt sowie uns als Branche insgesamt voranbringt. Die eigene Vertriebslandschaft aktiv gestalten Der ÖPNV trägt eine Schlüsselrolle bei Klima- und Verkehrswende. Den Aufgabenträgern und Verkehrsanbietern obliegt es, die fortwährend steigenden - und teils politisch initiierten - Anforderungen aktiv in der eigenen Vertriebslandschaft abzubilden. Ein zentraler Baustein ist dabei der Einsatz der geeigneten Expertise und Tools; so wird es effizienter gelingen, die Tarif- und Vertriebsstrukturen zu analysieren und diese flexibel, kundenfreundlich und zukunftsfähig zu optimieren. ▪ LITERATUR [1] Die in diesem Text beschriebenen Entwicklungen fußen auf Pressemitteilungen und Veröffentlichungen zum Deutschlandticket, Beträgen der Kontiki-Konferenzen (2023/ 2024) sowie den Erkenntnissen aus einer für den RMV durchgeführten Vertriebsanalyse (01/ 2023-08/ 2024). [2] Beitrag Oliver Wittke im Rahmen des Mobilitäts- Talks „Rhein-Main-Spree“ am 23.09.2024. Eingangsabbildung: © iStock.com/ MicroStockHub Analyse des Fahrkartenverkaufs im Bus hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen, verkehrlichen und sozialen Auswirkungen. Je nach Grad der angestrebten Detailtiefe sollten die Vertriebsstückkosten sowie die Fahrzeit- und Einnahmenverluste berechnet werden; zudem empfiehlt sich die Betrachtung der Fahrgastzahlen, Kundenzufriedenheit und des Aspektes Sicherheit. Entwicklung einer Strategie, die zur optimalen Balance zwischen Kosten und Nutzen führt. Berücksichtigung der regionalen Besonderheiten, der rechtlichen Rahmenbedingungen und der politischen Ziele. Aufzeigen verschiedener Optionen mit Vor- und Nachteilen, von Abschaffung oder Reduzierung über Beibehaltung bis hin zu Erhöhung oder Differenzierung des Fahrkartenverkaufs im Bus. Vorbereitung der Umsetzung des analysierten Handlungsbedarfs für den Fahrkartenverkauf im Bus. Dazu zählen die notwendigen technischen, organisatorischen und kommunikativen Anpassungen, darunter auch die etwaige Schulung des Fahrpersonals. Bei allen drei Handlungssträngen ist die nachgelagerte und gegebenenfalls begleitende Evaluation der beschriebenen Optimierungsmaßnahmen angeraten. Es empfiehlt sich, die Wirksamkeit der vertrieblichen Anpassungen sowie deren Akzeptanz unter Fahrgästen und Vertriebspersonal auszuwerten und die nächsten Schritte daraus abzuleiten. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass Sprungkosten nur mit dem Abschalten ausgewählter Vertriebskanäle oder Ausgabemedien (Papierfahrkarten, Chipkarten) und/ oder eines großen Anteils des Tarifsortiments zu erwarten sind. Besteht aber finanzielle Planungsunsicherheit, so werden viele Akteure diesen mutigen und risikobehafteten Schritt nicht Analyse des bestehenden Bedienkonzepts und -designs hinsichtlich Benutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit; Entwicklung von Verbesserungsvorschlägen, die die Komplexität reduzieren und somit zu einfacherer Bedienung, höherer Akzeptanz und einer geringeren Fehlerquote führen. Analyse des bestehenden Angebots der Fahrkartenautomaten anhand der Verkaufszahlen, Durchführung einer Marktforschung unter Nutzenden, Entwicklung von Vorschlägen für eine vereinfachte und kundenorientierte Angebotsstruktur und -darstellung. Betrachtung der Automatenstandorte hinsichtlich Erreichbarkeit, Nachfragepotenziale und Wirtschaftlichkeit. Identifizierung möglicher Standortverlagerungen oder -zusammenlegungen. Analyse der Ist-Situation in Bezug auf Funktionalität, Sicherheit und Zuverlässigkeit. Entwicklung von Vorschlägen für eine optimierte technische Ausstattung und Wartung. Fokus Fahrkartenverkauf im Bus: Kontrolle statt Vertrieb? Der Fahrkartenverkauf im Bus wird je nach Region bezüglich seines vertrieblichen Mehrwerts unterschiedlich bewertet. Einerseits bietet er eine hohe Flächendeckung und Nähe zum Kunden. Gerade im ländlichen Raum sind Fahrgäste es gewohnt, notfalls beim Fahrpersonal ein Ticket erwerben zu können bzw. gibt es ohne App-, Online- und Automatenzugang keine Alternative. Zudem erfüllen die Vertriebsgeräte eine nicht zu vernachlässigende Kontrollfunktion, sofern sie zur automatisierten Kontrolle von eTickets sowie Barcode-Tickets befähigt sind. Andererseits verursacht die technische Ausstattung hohe Kosten, der Ticketverkauf verlängert die Fahrzeiten und kann die Sicherheit im Fahrbetrieb beeinträchtigen. Zwecks Optimierung der Vertriebsstrategie sind für diesen Handlungsstrang folgende Punkte zu betrachten: Anett Dahl, Dipl.-Geogr., Senior Consultant Mobile Dienste, rms GmbH, Am Hamburger Bahnhof 4, 10557 Berlin anett.dahl@rms-consult.de Eva Möckel, Senior Consultant Vertriebsstrategie, rms GmbH, Am Hamburger Bahnhof 4, 10557 Berlin eva.moeckel@rms-consult.de Philipp Wolf, Management Consultant, Teamleiter Vertriebslösungen, rms GmbH, Am Hauptbahnhof 6, 60329 Frankfurt philipp.wolf@rms-consult.de Bild 2: Aktuelle Fragestellungen im Vertrieb © rms/ Lorenz Crössmann MOBILITÄT Vertrieb Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 60 DOI: 10.24053/ IV-2025-0014 Um diese Ziele zu erreichen, sind umfangreiche Maßnahmen notwendig. Dazu gehören etwa der Ausbau des ÖPNV, die Förderung des Rad- und Fußverkehrs sowie Anreize für den Kauf von Fahrzeugen, die klimaneutral fahren. Auch die Einbeziehung von Betroffenen in Planungsprozesse muss weiter vorangetrieben werden, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse aller Gruppen berücksichtigt werden! Das sind die theoretischen Grundlagen der Klimaziele für den Verkehr, die mit umfassender Beteiligung von Verbänden und Zufallsbürgerinnen und Zufallsbürgern in einem Landeskonzept Mobilität und Klima ausgearbeitet wurden. [2] 2. Wie kommen wir am besten zum Ziel auch im Sinne einer sozial gerechten Mobilität? Baden-Württemberg ist es besonders wichtig, die anstehenden Maßnahmen für einen klimafreundlichen Verkehr entlang der Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger auszurichten. Die bereits ergriffenen und noch anstehenden Maßnahmen sind eine große Chance für Baden-Württemberg, die Mobilität für Kinder, Jugendliche und Familien, Menschen mit Behinderung, Seniorinnen und Senioren, Migrantinnen und Migranten sowie Menschen in Armutssituationen spürbar zu verbessern. 1. Einführung: Sozial gerechte Mobilität und Klimaziele für den Verkehr Klimaschonende Mobilität und soziale Gerechtigkeit werden gelegentlich als Widerspruch dargestellt. Dabei tragen Maßnahmen der Mobilitätswende ausdrücklich zu einer besseren Mobilität von Menschen bei, die durch die heutigen Verkehrssysteme eingeschränkt werden. Baden-Württemberg hat dies erkannt und setzt sich aktiv für eine sozial gerechte Mobilitätswende ein. Die sozial gerechte Mobilität fußt auf den fünf quantifizierten und anschaulichen Handlungsfeldern vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg, um das gesetzlich vorgegebene Klimaschutzziel im Verkehrssektor von „minus 55 Prozent CO 2 -Ausstoß bis 2030“ zu erreichen: Unsere Ziele für die Verkehrswende bis 2030: Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg , s. hierzu auch Bild 1 [1]: die Verdopplung der Fahrgastzahlen im ÖPNV ein Fünftel weniger Kfz-Verkehr in Stadt und Land jeder zweite Weg wird selbstaktiv zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt jedes zweite Auto fährt klimaneutral jede zweite Tonne wird klimaneutral transportiert. Um herauszuarbeiten, wie die sozial gerechte Mobilität praxisbezogen gestaltet werden kann, wurde die Tagungsreihe „Mobilitätswende gerecht gestalten“ im Jahr 2021 vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg und der Evangelischen Akademie Bad Boll ins Leben gerufen. Alle Interessensverbände werden zu jährlichen Treffen eingeladen, um über die Bedingungen einer teilhabeorientierten Mobilitätswende ins Gespräch zu kommen, s. hierzu auch Bild 2. [3] Denn nur mit Hilfe des Diskurses und Austausches mit Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, der Kommunen und der Forschung können die Anforderungen an eine sozial gerechte Mobilität entlang der Lebenswirklichkeit der Bürgerinnen und Bürger entwickelt werden. Zudem schafft der Diskurs Akzeptanz und Unterstützung für eine klimaschonende Mobilität in Gesellschaft und Wirtschaft. 3. Was haben wir bereits erreicht und wie soll es weitergehen? Im Folgenden stellen wir die Erkenntnisse und Empfehlungen aus dem bisherigen Verlauf der Tagungsreihe „Mobilitätswende gerecht gestalten“ vor. Mobilität schafft Lebensqualität - Sozial gerechte Mobilität für Baden-Württemberg Verkehrsministerium Baden-Württemberg, sozial gerechte Mobilität, klimaschonende Mobilität, Tagungsreihe „Mobilitätswende gerecht gestalten“, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, Kommunen und Forschung Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg berichtet zu einem Diskurs über sozial gerechte Mobilität in Baden-Württemberg. Klimaschonende Mobilität und soziale Gerechtigkeit werden gelegentlich als Widerspruch dargestellt. Dabei tragen Maßnahmen für eine Mobilitätswende wesentlich zu besserer Mobilität von Menschen bei, die durch die heutigen Verkehrssysteme eingeschränkt werden. Nur wenn sich die Personen, die von Veränderungen profitieren, öffentlich artikulieren, werden wirkungsvolle Maßnahmen für eine klimaschonende Mobilität in Gesellschaft und Wirtschaft Akzeptanz und Unterstützung bekommen! Daher steht seit dem Jahr 2021 in Baden-Württemberg die soziale und faire Mobilität in der Tagungsreihe „Mobilitätswende gerecht gestalten“ im Fokus des Austausches mit Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, Kommunen und Forschung. Die Autoren zeigen auf, welche Erkenntnisse sich daraus für die Mobilität von Kindern und Jugendlichen, älteren Personen, Menschen mit Behinderungen sowie solchen in Armutssituationen ableiten lassen. Dorothea Schillerwein, Wolf Engelbach Mobilität FORUM Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 61 DOI: 10.24053/ IV-2025-0015 3.1. Auftaktveranstaltung „Mobilitätswende gerecht gestalten“ (2021) Minister Winfried Hermann, MdL, Verkehrsminister von Baden-Württemberg, eröffnete die Tagungsreihe „Mobilitätswende gerecht gestalten“ in Stuttgart am 29. Oktober 2021 und unterstrich, dass die sozialen Aspekte zukünftiger Mobilität stärker beachtet werden müssen. Der Anspruch sei, nachhaltige Mobilität für alle Menschen fair und gerecht zu gestalten. Auch die Kooperationspartnerin der Tagungsreihe, die Evangelische Akademie Bad Boll, möchte dazu beitragen, dass den unterschiedlichen Mobilitätsbedürfnissen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen bei der Realisierung der Mobilitätswende mehr Beachtung geschenkt wird. Denn Nachhaltigkeit und soziale Teilhabe sind Grundwerte unserer Gesellschaft, die realisiert werden müssen. Die beteiligten Sozialverbände hoben hervor, dass alle Zielgruppen der Wunsch nach wohnortunabhängiger, klimafreundlicher und bezahlbarer Mobilität eint. Für die Tagung wurde ein Bericht der Familienforschung Baden-Württemberg erstellt, in dem die Daten der Studie Mobilität in Deutschland für das Bundesland nach vielfältigen Bevölkerungsgruppen differenziert analysiert und interpretiert wurden. [4] Auf dieser Grundlage wurden in der Tagungsreihe für die Jahre 2022 bis 2025 folgende Themenschwerpunkte gesetzt: Kinder und Jugendliche sowie Familien, Menschen mit Handicaps und ältere Menschen, Migrantinnen und Migranten, Menschen in Armut und von Armut bedrohte Menschen. Mit der Veranstaltungsreihe werden Vertreterinnen und Vertreter von Sozialverbänden und Initiativen ermutigt, ihre Bedürfnisse und Anregungen in die politische Diskussion einzubringen. [5] 3.2 Kinder, Jugendliche und Familien (2022) Kinder, Jugendliche und Familien sind die Zukunft unserer Gesellschaft. Sie sollen sich bestmöglich fortbewegen können. Gerade Kinder und Jugendliche haben ein hohes Mobilitätsbedürfnis und sind auf gute öffentliche und nachhaltige Mobilitätsmöglichkeiten angewiesen. Für sie ist Mobilität auch ein Schlüssel zu Bildung und Erfahrungsgewinn. Aus der Tagung am 23./ 24. Mai 2022 gingen Empfehlungen für mehr Gerechtigkeit in der Mobilität für Kinder, Jugendliche und Familien hervor. Unterstützt werden die Empfehlungen von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg, dem Landesjugendring Baden-Württemberg, dem Landesfamilienrat Baden-Württemberg und dem Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg. [6] Der Fokus lag hierbei auf: Zuverlässiger ÖPNV - von früh bis spät Sicherheitsgefühl erhöhen im ÖPNV Kindgerechte Mobilität: selbstständig und selbstaktiv unterwegs sein können Mehr Sicherheit und Sicht(barkeit) für Kinder und Jugendliche Kinder und Jugendliche bei der Mobilitätsplanung besser beteiligen Mobilität sichert Bildung und Teilhabe. Konkret ist Baden-Württemberg bereits u. a. folgende Schritte gegangen, um die Mobilität von Kindern, Jugendlichen und Familien zu verbessern: Entwurf Landesmobilitätsgesetz Baden-Württemberg Die Landesregierung Baden-Württemberg hat Ende 2024 den Entwurf eines Landesmobilitätsgesetzes an den Landtag Baden-Württemberg weitergeleitet (s. link auf die Homepage des Landtags Baden-Württemberg [7]). Darin werden „die besonderen Anforderungen von Kindern und Jugendlichen an eigenständige sichere Mobilität“ als Ziel hervorgehoben. __________________________ ________ _______ „§ 2 Allgemeine Ziele Bei Planungen und Entscheidungen mit Verkehrsbezug soll die öffentliche Hand berücksichtigen: […] 2. dass die Möglichkeit der Schaffung von barrierefreien Angeboten zur gleichberechtigten Teilnahme am Straßenverkehr sowie die besonderen Anforderungen von Kindern und Jugendlichen an eigenständige sichere Mobilität bestehen“ __________________________ ________ _______ Bild 1: Übersicht Ziele Verkehrswende bis 2030. Verkehrsministerium Baden-Württemberg Bild 2: Übersicht zur Tagungsreihe Mobilitätswende gerecht gestalten. Übersicht Verkehrsministerium Baden-Württemberg sowie Titelbild der Empfehlungen für mehr Gerechtigkeit in der Mobilität für Kinder, Jugendliche und Familien: © 2022 Ministerium für Verkehr Baden- Württemberg CC BY-ND | picture alliance / Zoonar | Matej Kastelic FORUM Mobilität Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 62 DOI: 10.24053/ IV-2025-0015 Informationen im öffentlichen Raum zugänglicher gestalten Digitalisierung als Schlüssel für Mobilitätsmöglichkeiten nutzen Neue Mobilitätsangebote barrierefrei entwickeln Aus den Diskussionen wurden vier Handlungsperspektiven für Baden-Württemberg abgeleitet: Vernetzung und Dialog intensivieren Über alle Themenschwerpunkte hinweg zeigte sich die Notwendigkeit und Bedeutung, den Austausch zwischen den Akteuren zu intensivieren. Insbesondere ist dies essentiell bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen der Mobilität, beispielsweise bei gesetzlichen Regelungen, bei der Entwicklung neuer Angebote wie Ladesäulen und Anforderungen an Infrastruktur und Fahrzeuge. Wichtig ist, den Austausch an verschiedenen Stellen fortzuführen - sei es konkret auf der Praxisebene als auch für gemeinsame Statements zu Bundesgesetzen. Die kommunale Ebene (Verantwortliche, aber auch Umsetzerinnen und Umsetzer, Planerinnen und Planer, Behindertenbe- Ein Pixi-Buch für Schulanfängerinnen und Schulanfänger, das seit 2023 den attraktiven Schulweg zu Fuß thematisiert, kam bei den Schulen sowie den Schülerinnen und Schülern so gut an, dass das Verkehrsministerium Baden-Württemberg für 2025 auch eine Version für Vorschulkinder hat erstellen lassen, die über die Gesundheitsämter bei der Einschulungsuntersuchung verteilt wird. 3.3 Menschen mit Behinderung, Seniorinnen und Senioren (2023) Auf der Tagung am 14./ 15. September 2023 wurde diskutiert, wie konkrete Maßnahmen für bessere Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderung sowie Seniorinnen und Senioren in der Breite in Baden-Württemberg umgesetzt werden können. Daran beteiligten sich Vertreterinnen und Vertreter von Betroffenenverbänden aus der Landesverwaltung Baden-Württemberg, aus den Kommunen, der Wissenschaft und der Forschung sowie der Politik (s. hierzu ausführlich der Tagungsbericht: [9]). In den Workshops wurden folgende Schwerpunkte bearbeitet: Barrieren und Hindernisse im öffentlichen Raum beseitigen Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Schulwegen In dem interministeriellen Landesprogramm „MOVERS - Aktiv zur Schule“ bündelt das Land Baden-Württemberg Maßnahmen für sichere und aktiv zurückgelegte Schulwege. [8] MOVERS zielt seit dem Jahr 2022 darauf ab, die selbstaktive und sichere Mobilität von Kindern und Jugendlichen auf dem Weg zur Schule zu stärken. Es wurden bereits 1.000 Schulen im Landesprogramm MOVERS beraten. Einzelmaßnahmen wie zum Beispiel die Bike-Pools, das Schulradeln oder die Förderung von Radabstellanlagen werden unter einem Dach gebündelt. Schulstraßen sollen bei allen geeigneten Schulstandorten in Baden- Württemberg zum Einsatz kommen. Schrittweise sollen alle Schulstandorte von Grundschulen und weiterführenden Schulen darauf hin überprüft werden, ob die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Schulstraße gegeben sind. Dies ist ein wichtiger Baustein der Fußverkehrsstrategie des Landes Baden-Württemberg, die 2025 vorgestellt wird. Tourismus ist ohne Verkehr undenkbar. Dabei ist die Bandbreite touristischer Verkehrsunternehmen vielfältig. An Bord eines Kreuzfahrtschiffs oder eines Luxuszugs ist das Fortbewegungsmittel sogar die touristische Hauptattraktion. Das Handbuch stellt die theoretischen Grundlagen von Tourismus sowie Verkehr vor und geht im Detail auf die unterschiedlichen Verkehrsunternehmen ein. Dazu zählen Mietwagen, Busreisen, Schifffahrt sowie Luft- und Bahnverkehr. Es skizziert jeweils Forschungsstand, Entwicklungen, gesetzliche Rahmenbedingungen, Anbieter und Nachfrager sowie Strategien für die wichtigsten Verkehrsunternehmen. Auch die Sonderbereiche des touristischen Verkehrs finden Berücksichtigung, ebenso Verkehrskonzepte für Destinationen. Sven Groß Handbuch Tourismus und Verkehr 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Au age 2024, 349 Seiten €[D] 59,00 ISBN 978-3-8252-8837-2 eISBN 978-3-8385-8837-7 Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Buchtipp Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG \ Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de Anzeige Mobilität FORUM auftragte) soll zur Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention auf kommunaler Ebene aktiviert und eingebunden werden. Partizipation von Verbänden an entscheidenden Planungsschritten Von besonderer Bedeutung ist, die Verbände an Planungsprozessen von Anfang an zu beteiligen (zum Beispiel bei der Entwicklung von technischen Lösungen oder bei Bestellungen bereits bei Erstellung des Lastenhefts). Verantwortliche in der Kommunalplanung sollten hinsichtlich der Gestaltungsansprüche für Zugänglichkeit sensibilisiert werden. Dies kann beispielsweise in Form von Erfahrungsparcours und Schulungen geschehen. Zudem sind Meldemöglichkeiten für Barrieren und das Etablieren von Kontrollmechanismen zur Überprüfung von Barrierefreiheit anzustreben. Systemlösungen von Nutzerinnen und Nutzern her entwickeln und designen Bei der Frage digitaler Lösungen wurden Erwartungen an eine ideale App formuliert, die alle Angebote und Anforderungen vereint. Bisher ist allerdings die Vielfalt an Interessen und Bedürfnissen nicht in einer idealen App abbildbar. Daher sollte das Ziel sein, Apps über Stadt- und Verbundgrenzen hinaus nutzen zu können und einen Überblick über spezifische Apps zu erhalten, die es für unterschiedliche Hilfs- und Informationsbedürfnisse gibt. Die Voraussetzungen für eine flächendeckende Nutzungsmöglichkeit von Informationssystemen sind verfügbare Daten. Der Austausch und der Transfer zwischen verschiedenen Bereitstellern sowie die Qualität von Daten ist zu verbessern. Angebote müssen von der Perspektive von Nutzerinnen und Nutzern her methodisch gestaltet werden. Spezifische Anforderungen an die Gestaltung von Informationssystemen sollten schon bei der Entwicklung mitgedacht werden. Qualitätssicherung von Informationen an Fahrgäste Insgesamt bedarf es einer zugänglicheren Gestaltung von Informationen über digitale Systeme sowie im öffentlichen Raum. Das Zwei-Sinne-Prinzip ist dabei einzuhalten. Die Bedeutung von Auskünften und Assistenzen durch Menschen vor Ort, insbesondere für ältere Menschen und im ländlichen Raum, wurde betont. Eine Einrichtung zentraler Informationspunkte in jeder Kommune wäre ideal. Angesichts des Fachkräftemangels könnten hierfür auch gezielt Menschen mit Behinderung und Praxiserfahrung befähigt werden. Videoproduktionen, eigene Lehrmaterialien oder spezifische Studien. Dabei sei es wichtig, dass Menschen mit Migrationshintergrund in die Konzeption dieser Angebote eingebunden würden und selbst Themen setzen könnten. Die Verstetigung vieler Projektstellen im Bereich der Vermittlung nachhaltiger Mobilität sei sehr wünschenswert. Mobilität und Arbeitswelt Mobilität ist entscheidend für den Zugang zur Arbeitswelt. Schlechte Wohnlagen, Rassismuserfahrungen im ÖPNV oder die schwierige Anerkennung von Führerscheinen schränkten die Mobilität von Migrantinnen und Migranten aktuell ein. Als Lösungsmöglichkeiten wurden Fahrradkurse, Bürgerbusse, mehr Jobtickets und günstigere Tickets bzw. Abo-Modelle benannt. Auch eine bessere Zusammenarbeit von Mobilitätsmanagern und Integrationsbeauftragten wurde gewünscht und darauf hingewiesen, migrantische Verbände nicht mit Erwartungen zu überfrachten. Am Ende der Tagung wurden folgende zentrale Ergebnisse und Handlungsempfehlungen für die Landesregierung Baden- Württemberg festgehalten. Das Integrationsmanagement ausbauen, beispielsweise durch Weiterbildungen im Bereich der Mobilität für Integrationsbeauftragte (im Rahmen jährlicher Pflichtschulungen) Konzepte nachhaltiger Mobilität (beispielsweise Carsharing) mehrsprachig und niederschwellig erklären Ämterübergreifende Zusammenarbeit in den Bereichen soziale Teilhabe und Mobilität stärken und ermöglichen Das Fachportal „aktivmobil BW“ sollte weitere Zielgruppen in den Blick nehmen Die Integreat-App ließe sich um spezifische Informationen zu migrantischer Mobilität erweitern, die von den Kommunen für ihre örtliche Situation angepasst werden könnten Auch die Idee einer Austauschplattform auf Landesebene wurde als Ergebnis der Tagung festgehalten. Tatsächlich wirkt das Sozialministerium Baden-Württemberg aktuell an einem Informations- und Austauschportal „Integrationsbeauftragte stärken und vernetzen“ mit. 3.5 Menschen in Armutssituationen (Mai 2025) Am 15./ 16. Mai 2025 findet die nächste Tagung statt zum Thema Mobilitätswende gerecht gestalten für Menschen in Armutssituationen. [11] Die Schwerpunkte liegen bei der Frage, wie Armut die Mobilität beeinflusst und wie Insbesondere in Störungsfällen muss der Informationsfluss verbessert werden und ist auf die Zugänglichkeit von Umleitungen zu achten. Auch hier ist es wichtig, menschliche Assistenz einzusetzen und zu sensibilisieren. 3.4 Migrantinnen und Migranten (2024) Im Fokus der Tagung am 13./ 14. Mai 2024 stand die Mobilität und Teilhabe für Migrantinnen und Migranten (s. hierzu ausführlich der Tagungsbericht: [10]). Zentrale Fragestellungen waren: Wie muss die Mobilitätswende gestaltet sein, um Mobilität für Migrantinnen und Migranten zu verbessern? Welche Chancen eröffnen diese Veränderungen im Verkehrssystem, um die soziale Teilhabe gerade von neuangekommenen Personen zu stärken? Welche Beiträge können die verschiedenen Akteure zusammen leisten, um diese Ziele zu erreichen? Konkrete Ideen zur Verbesserung migrantischer Mobilität erarbeiteten die Teilnehmenden in Workshops zu folgenden Themen: Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Akteuren Eine gelungene Kooperation zwischen den Akteuren setzt die Verfügbarkeit von Informationen voraus. Um diese Barrieren zu überwinden, könnten migrantische Verbände ihre Mitglieder motivieren, an (öffentlichen) Veranstaltungen teilzunehmen und gezielt Informationen bereitzustellen. Politik und Verwaltung sollten vor allem Apps und Plattformen zur Verfügung stellen, um Informationen an Menschen mit Migrationshintergrund weiterzugeben. Angebote im Bereich migrantischer Mobilität könnten in Integrationskurse aufgenommen werden, über Jobcenter verteilt oder bereits in der Schule thematisiert werden. Zugang zum Verkehrssystem Gerechter Zugang zum Verkehrssystem setzt zuverlässigen und leicht verständlichen ÖPNV voraus. Eine Erhöhung der Taktung von Bussen und die Reduzierung der Komplexität im Bereich der Tickets und Fahrpläne würde den ÖPNV aus migrantischer Perspektive verbessern. Dazu könnten mehrsprachige Apps und die gezielte Verwendung standarisierter, leicht verständlicher Piktogramme beitragen. Nachhaltige Mobilität richtig vermitteln Eine Reihe von Maßnahmen wurden identifiziert, um nachhaltige Mobilität effektiv zu vermitteln. Zu den niederschwelligen Ideen gehörten „Tupperpartys“ mit Multiplikatoren und themenspezifische Stadtrundgänge. Aufwändigere Anregungen waren mehrsprachige FORUM Mobilität Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 64 DOI: 10.24053/ IV-2025-0015 [2] https: / / vm.baden-wuerttemberg.de/ de/ politikzukunft/ nachhaltige-mobilitaet/ landeskonzeptmobilitaet-und-klima [3] https: / / www.ev-akademie-boll.de/ akademie/ projekte/ aktuelle-projekte/ mobilitaetswendegerecht-gestalten.html [4] https: / / sozialministerium.baden-wuerttemberg. de/ fileadmin/ redaktion/ m-sm/ intern/ downloads/ Downloads_Familie/ GesellschaftsReport_BW_2- 2021_Bfrei.pdf [5] https: / / vm.baden-wuerttemberg.de/ de/ service/ presse/ pressemitteilung/ pid/ mobilitaetswendebringt-vorteile-fuer-benachteiligte-gruppen-inder-gesellschaft [6] https: / / www.ev-akademie -boll.de/ fileadmin/ user_upload/ Empfehlungspapier_Mehr_Gerechtigkeit_in_Mobilitaet_final-sign_2022_12_08.pdf [7] https: / / www.landtag-bw.de/ resource/ blob/ 548220/ be05ed7b658a993a88e387d2beb6aba9/ 17_8021. pdf [8] https: / / www.movers-bw.de/ [9] https: / / www.ev-akademie -boll.de/ nc/ mediathek / redak tionelles/ kreuz-undquer/ ar tikel/ gemeinsames-ringen-fuer-eine-inklusive-mobilitaet.html [10] https: / / www.ev-akademie -boll.de/ nc/ mediathek / redak tionelles/ kreuz-undquer/ ar tikel/ gerechte-mobilitaet-fuer-migrantinnen-undmigranten.html [11] https: / / www.ev-akademie-boll.de/ tagung/ 250125. html Darüber hinaus besteht der Wunsch für deutlich mehr und spürbarere Sanktionen für gefährdendes Verhalten, insbesondere von Personen, die ihr Auto zu schnell fahren oder falsch parken. Nur so besteht eine Chance, dass „schwächere“ Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer mehr Mobilität entspannt erleben und nutzen können. Wenn es also darum geht, für alle Menschen in Baden-Württemberg den bestmöglichen Zugang zu nachhaltiger Mobilität zu ermöglichen, bedeutet dies in erster Linie, die Stimmen derjenigen stärker zu berücksichtigen, die in den bestehenden Planungs- und Entscheidungsstrukturen strukturell zu wenig Raum haben. Soziale Belange müssen von den Betroffenen und den sie vertretenden Verbänden artikuliert und in den Verwaltungen sowie von der Politik gehört und beachtet werden. Andernfalls ist zu befürchten, dass die Interessen von Kindern und Jugendlichen, Älteren und Menschen mit Behinderungen, Migrantinnen und Migranten oder Personen in Armutssituationen außen vor bleiben. Mit den Maßnahmen, die auf die Klimaneutralität des Verkehrs zielen, gehen in erheblichem Maße Verbesserungen für die Personengruppen einher, mit denen wir uns im Rahmen der Tagungsreihe auseinandergesetzt haben. Insofern hat die stringente Umsetzung aller Instrumente für mehr öffentlichen Verkehr, bessere Fuß- und Radwege sowie weniger, elektrischen und langsameren Autoverkehr immer auch eine sozialpolitische Komponente. ▪ LINKS: [1] https: / / vm.baden-wuerttemberg.de/ de/ politikzukunft/ nachhaltige-mobilitaet/ klimamobilitaetsmonitor/ unsere-ziele-fuer-die-verkehrswende-bis- 2030#: ~: text=Der%20Verkehrsbereich%20in%20 Baden%2DW%C3%BCrttemberg,Jedes%20zweite%20Auto%20f%C3%A4hrt%20klimaneutral. das wiederum zu mehr Armut führt. Zudem wird auf einer Podiumsdiskussion vertieft, was wir tun können, um für Menschen in Armut die Mobilität zu verbessern. Darüber hinaus gibt es Workshops zu Bus und Bahn, Radfahren sowie Carsharing mit Best- Practice-Beispielen, Problemschilderungen und Lösungsansätzen. 3.6 Abschlussveranstaltung (November 2025) Die Abschlussveranstaltung der Tagungsreihe „Mobilitätswende gerecht gestalten“ findet am 7. November 2025 in Stuttgart statt. Themenübergreifend werden auf politischer und fachlicher Ebene die Kernpunkte der Tagungsreihe reflektiert. Es gibt einen Rückblick seitens der beteiligten Verbände verbunden mit einer politischen Einschätzung, wo Gesellschaft und Verwaltung dringend handeln sollten in Bezug auf eine sozial gerechte Mobilitätswende. Zudem wird gezeigt, was in den verschiedenen Verkehrsbereichen bereits verbessert wurde und welche nächsten Schritte anstehen. 4. Fazit Der Austausch mit den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden sowie den Kommunen zeigt, dass es viele gute Beispiele oder Ansätze für die Berücksichtigung sozialer Anliegen gibt, aber eine flächendeckende Umsetzung große Anstrengungen sowie ausreichende personelle und finanzielle Mittel braucht. Die Interessenlagen der in den einzelnen Jahren intensiver betrachteten Personengruppen sind erstaunlich gleichgerichtet. Sie alle wünschen eine deutlich bessere Infrastruktur für den Fuß- und Radverkehr mit hoher Sicherheit gerade in Kreuzungsbereichen. Sie vereint das Anliegen eines flächendeckenden und zuverlässigen Bus- und Bahnverkehrs. Dafür braucht es eine klare Umverteilung der öffentlichen Finanzmittel und des Personaleinsatzes hin zum Umweltverbund. Dorothea Schillerwein, Dr., Referentin im Referat Grundsatz, Mobilitätsrecht, Europa, Verkehrsministerium Baden- Württemberg Dorothea.Schillerwein@vm.bwl.de Wolf Engelbach, Dr., Referatsleiter des Referats Grundsatz, Mobilitätsrecht, Europa, Verkehrsministerium Baden- Württemberg Wolf.Engelbach@vm.bwl.de Mobilität FORUM Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 65 DOI: 10.24053/ IV-2025-0015 Internationales Verkehrswesen (77) 1 ǀ 2025 66 GREMIEN ǀ IMPRESSUM Herausgeberbeirat Gerd Aberle Dr. rer. pol. Dr. h.c., Professor emer. der Universität Gießen und Ehrenmitglied des Herausgeberbeirats Sebastian Belz Dipl.-Ing., Generalsekretär EPTS Foundation; Geschäftsführer econex verkehrsconsult GmbH, Wuppertal Uwe Clausen Univ.-Prof. Dr.-Ing., Institutsleiter, Institut für Transportlogistik, TU Dortmund & Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik (IML), Vorsitzender, Fraunhofer Allianz Verkehr Johann Dumser Director Global Marketing and Communications, Plasser & Theurer, Wien Florian Eck Dr., Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums e.V., Berlin Alexander Eisenkopf Prof. Dr. rer. pol., ZEPPELIN-Lehrstuhl für Wirtschafts- und Verkehrspolitik, Zeppelin University, Friedrichshafen Michael Engel Dr., Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften e. V. (BDF), Berlin Ute Jasper Dr. jur., Rechtsanwältin Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek, Düsseldorf Oliver Kraft Geschäftsführer, VoestAlpine BWG GmbH, Butzbach Magnus Lamp Programmdirektor Verkehr Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), Köln Ullrich Martin Univ.-Prof. Dr.-Ing., Leiter Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen, Direktor Verkehrswissenschaftliches Institut, Universität Stuttgart Herausgeberkreis Kay W. Axhausen Prof. Dr.-Ing., Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme (IVT), Eidgenössische Technische Hochschule (ETH), Zürich Hartmut Fricke Prof. Dr.-Ing. habil., Leiter Institut für Luftfahrt und Logistik, TU Dresden Hans-Dietrich Haasis Prof. Dr., Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Maritime Wirtschaft und Logistik, Universität Bremen 77. Jahrgang Impressum Titelbild: © iStock.com/ IR_Stone Herausgeber Prof. Dr. Kay W. Axhausen Prof. Dr. Hartmut Fricke Prof. Dr. Hans Dietrich Haasis Prof. Dr. Sebastian Kummer Prof. Dr. Barbara Lenz Prof. Knut Ringat Verlag expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 72070 Tübingen Tel. +49 7071 97 97 0 info@narr.de www.narr.de Redaktionsleitung Dipl.-Phys. Ulrich Sandten-Ma Tel. +49 7071 97 556 56 redaktion@internationales-verkehrswesen.de Redaktion Patrick Sorg, M.A. Tel. +49 7071 97 556 57 redaktion@internationales-verkehrswesen.de Korrektorat: Dr. Grit Zacharias Anzeigen Cora Schikora Tel. +49 (0)7071 979710 anzeigen@narr.de Gültig ist die Anzeigenpreisliste Nr. 62 vom 01.01.2025 Vertrieb und Abonnentenservice Tel. +49 89 85853 881 abo-service@narr.de Erscheinungsweise 4 x im Jahr mit einer Ausgabe International Transportation Bezugsbedingungen Die Bestellung des Abonnements gilt zunächst für die Dauer des vereinbarten Zeitraumes (Vertragsdauer). Eine Kündigung des Abonnementvertrages ist vier Wochen vor Ende des Berechnungszeitraumes schriftlich möglich. Erfolgt die Kündigung nicht rechtzeitig, verlängert sich der Vertrag und kann dann zum Ende des neuen Berechnungszeitraumes schriftlich gekündigt werden. Bei Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages, bei Arbeitskampf oder in Fällen höherer Gewalt besteht kein Entschädigungsanspruch. Zustellmängel sind dem Verlag unverzüglich zu melden. Es ist untersagt, die Inhalte digital zu vervielfältigen oder an Dritte weiterzugeben, sofern nicht ausdrücklich vereinbart. Bezugsgebühren Jahresabonnement Inland: print EUR 125,00 / eJournal EUR 229,00 / Printausgabe + eJournal EUR 245,00 Einzelheft print: EUR 45,00 Jahresabonnement Bibliotheken/ Firmen: print EUR 165,00 Campus-/ Firmenlizenzen auf Anfrage Alle Preise inkl. Mehrwertsteuer und zuzüglich Versandkosten. Medienpartnerschaft VDI Verein Deutscher Ingenieure e. V. - Fachbereich Verkehr und Umfeld Druck Elanders Waiblingen GmbH, Waiblingen Copyright Vervielfältigungen durch Druck und Schrift sowie auf elektronischem Wege, auch auszugsweise, sind verboten und bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung des Verlages. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Abbildungen übernimmt der Verlag keine Haftung. ISSN 0020-9511 eISSN 2942-7800 www.narr.de/ agb Ralf Nagel Ehem. Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Hamburg Jan Ninnemann Prof. Dr., Studiengangsleiter Logistics Management, Hamburg School of Business Administration; Präsident der DVWG, Hamburg Uta Maria Pfeiffer Abteilungsleiterin Mobilität und Logistik, Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Berlin Tom Reinhold Prof. Dr.-Ing., Geschäftsführer, traffiQ, Frankfurt am Main Wolfgang Stölzle Prof. Dr., Ordinarius, Universität St. Gallen, Leiter des Lehrstuhls für Logistikmanagement, St. Gallen Matthias von Randow Hauptgeschäftsführer Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Berlin Peer Witten Prof. Dr., Vorsitzender der Logistik- Initiative Hamburg (LIHH), Mitglied des Aufsichtsrats der Otto Group Hamburg Oliver Wolff Hauptgeschäftsführer Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Köln Sebastian Kummer Prof. Dr., Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik, Wien Barbara Lenz Prof. Dr., ehem. Direktorin Institut für Verkehrsforschung, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Berlin Knut Ringat Prof., Geschäftsführer und Vorsitzender der Geschäftsführung der Rhein-Main- Verkehrsverbund GmbH, Hofheim am Taunus expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Suchen Sie einen Verlag für Ihr Fachbuch? Sie haben bislang durch Ihre Beiträge zum Gelingen unserer Zeitschrift „Internationales Verkehrswesen“ beigetragen. Seit Januar 2024 erscheint diese Zeitschrift im expert verlag, der seit über 40 Jahren Fachliteratur mit engem Praxisbezug veröffentlicht. Ob Lehrbuch, Fachbuch oder Qualifikationsschrift: wir bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihr Buch mit großer Reichweite zu veröffentlichen. Um Ihr Buch optimal zu vertreiben und die Wahrnehmung in der Fachleserschaft zu befördern, veröffentlichen wir Ihr Werk sowohl als gedrucktes Buch wie auch als eBook in den Formaten ePDF, ePub und HTML. Mit unseren plattformübergreifenden Produktionsrichtlinien stellen wir moderne Ausgabeformate für unsere Publikationen sicher. Unsere eLibrary gewährleistet Bibliotheken, Studierenden und Privatpersonen benutzerfreundlichen Zugriff auf erworbene eBooks sowie unsere OpenAccess-Publikationen. Unsere Bücher finden sich in allen wichtigen Hochschulen im D-A-CH-Raum und darüber hinaus. Unser Lektorat unterstützt Sie bei der Umsetzung Ihres Buchvorhabens in allen Phasen von der Planung bis zum Druck. deagreez - stock.adobe.com Sprechen Sie gerne mit uns über Ihr Buchvorhaben: Ulrich Sandten-Ma Fon: +49 (0)7071 97 556 56 | eMail: sandten@verlag.expert Besuchen Sie unsere Seminare, Lehrgänge und Fachtagungen. Geotechnik Verkehrswegebau und Wasserbau Konstruktiver Ingenieurbau Bautenschutz und Bausanierung Umwelt- und Gesundheitsschutz Energieeffizienz Baubetrieb und Baurecht Facility Management Ein Großteil unserer Seminare wird unterstützt durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Profitieren Sie von der ESF-Fachkursförderung und sichern Sie sich bis zu 70 % Zuschuss auf Ihre Teilnahmegebühr. 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