Kolloquium Bauen in Boden und Fels
kbbf
2510-7755
expert verlag Tübingen
0101
2020
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Tunnelbau trifft Bergbau
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2020
Dennis Edelhoff
Carsten Peter
Jürgen Kunz
Heinz-Dieter Pollmann
Entsprechend der politischen Vorgaben ist in Deutschland der Ausstieg aus der Steinkohleförderung Ende 2018 erfolgt und damit wird derzeit auch der Rückzug aus dem Bergwerk Ibbenbüren durchgeführt. Um der Ewigkeitsaufgabe der Grubenwasserhaltung gerecht zu werden und langfristig Betriebskosten zu reduzieren, soll das ansteigende Grubenwasser zukünftig auf einem definierten Niveau sicher gefasst und dauerhaft im Freispiegelgefälle einer Wasseraufbereitung zugeführt werden. Zur Realisierung dieser Aufgabe wurde ein neuer, rund 7,3 km langer Grubenwasserkanal projektiert. Im Spätsommer 2018 wurde die Arge Grubenwasserkanal Ibbenbüren bestehend aus den Ingenieurbüros Dorsch International Consultants GmbH (Offenbach), IMM Maidl & Maidl Beratende Ingenieure GmbH & Co. KG (Bochum) und Dr. Pecher AG (Erkrath) mit den Planungsleistungen für den Grubenwasserkanal beauftragt. Hierbei sind u. a. große geotechnische, maschinen- und verfahrenstechnische Herausforderungen zu bewältigen, die im gegenständlichen Beitrag erläutert werden.
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12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 57 Tunnelbau trifft Bergbau - Besondere technische Herausforderungen bei der Projektierung und Planung des Grubenwasserkanals Ibbenbüren Dennis Edelhoff, Carsten Peter IMM Maidl & Maidl Beratende Ingenieure GmbH & Co. KG, Bochum, Jürgen Kunz, Heinz-Dieter Pollmann RAG Anthrazit Ibbenbüren GmbH, Ibbenbüren Entsprechend der politischen Vorgaben ist in Deutschland der Ausstieg aus der Steinkohleförderung Ende 2018 erfolgt und damit wird derzeit auch der Rückzug aus dem Bergwerk Ibbenbüren durchgeführt. Um der Ewigkeitsaufgabe der Grubenwasserhaltung gerecht zu werden und langfristig Betriebskosten zu reduzieren, soll das ansteigende Grubenwasser zukünftig auf einem definierten Niveau sicher gefasst und dauerhaft im Freispiegelgefälle einer Wasseraufbereitung zugeführt werden. Zur Realisierung dieser Aufgabe wurde ein neuer, rund 7,3 km langer Grubenwasserkanal projektiert. Im Spätsommer 2018 wurde die Arge Grubenwasserkanal Ibbenbüren bestehend aus den Ingenieurbüros Dorsch International Consultants GmbH (Offenbach), IMM Maidl & Maidl Beratende Ingenieure GmbH & Co. KG (Bochum) und Dr. Pecher AG (Erkrath) mit den Planungsleistungen für den Grubenwasserkanal beauftragt. Hierbei sind u. a. große geotechnische, maschinen- und verfahrenstechnische Herausforderungen zu bewältigen, die im gegenständlichen Beitrag erläutert werden. 1. Veranlassung und Planungsziele Im Tecklenburger Land betreibt die RAG Anthrazit Ibbenbüren GmbH das nördlichste Steinkohlebergwerk Deutschlands. Die Lagerstätte war in zwei Bereiche unterteilt: Das bereits in den siebziger Jahren stillgelegte Westfeld und das bis Ende 2018 aktive Ostfeld. Übersicht über die aktuelle und zukünftige Entwässerung Beginnend ab 1979 erfolgte der planmäßige Anstieg des Grubenwassers im Westfeld, welcher bis 1982 andauerte. Seit Erreichung des Niveaus von +63 mNN wird das Grubenwasser des Westfeldes durch den Dickenberger Stollen über den Stollengraben in die bestehende Anlage zur Grubenwasseraufbereitung (AzGA) Gravenhorst geleitet und weiter in die Hörsteler Aa entwässert. In 58 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Tunnelbau trifft Bergbau - Besondere technische Herausforderungen bei der Projektierung und Planung des Grubenwasserkanals Ibbenbüren der Anlage zur Grubenwasseraufbereitung erfolgt eine Eisenfällung durch Belüftung und Neutralisation mittels Kalkmilch mit anschließender Sedimentation. Die Grubenwasserhaltung des bis Ende 2018 aktiven Ostfeldes erfolgt über die Oeynhausenschächte und den Ibbenbürener Förderstollen zu den Sedimentationsteichen in Püsselbüren. Im Anschluss erfolgt die Ableitung in die Ibbenbürener Aa. Die nachfolgende Abbildung 1 stellt die Entwässerungssituation schematisch dar. Die Planungen im Rahmen der Schließung des Bergwerks Ibbenbüren sehen den Beginn des Anstiegs des Grubenwassers Ende 2019 vor. Auf dem Niveau von + 63 m NN soll ab Ende 2023 das Grubenwasser angenommen und über den neu zu errichtenden Grubenwasserkanal gesammelt und im Freigefälle der Anlage zur Grubenwasseraufbereitung Gravenhorst, in der derzeit ausschließlich das Wasser aus dem Westfeld behandelt wird, zugeführt werden. Um das Niveau ohne Aufstau über die gesamte Länge des Grubenwasserkanals zu gewährleisten, wird der Ausbau dränierend über planmäßige Durchdringungen in Kombination mit einer wasserdurchlässigen Hinterfüllung ausgebildet. Im Rahmen der Machbarkeitsuntersuchungen und Vorplanung der RAG wurde ein maschineller Vortrieb mit Tunnelvortriebsmaschine und Tübbingausbau als Vorzugslösung definiert. 2. Geologie und Hydrologie Auf Basis der im Vorfeld durchgeführten Erkundungsbohrungen und der Kartierung im Rahmen des Bergbaus erfolgt die Auffahrung des Grubenwasserkanals grundsätzlich im Festgestein des Karbongebirges mit unterschiedlichen Anteilen von im Wesentlichen Kalk/ Mergel, Sandstein, Konglomerat und Sandschieferton. Die Gebirgsfestigkeiten liegen im Mittel bei 65 MPA mit Spitzenwerten von rund 140 MPA. Aufgrund des inhomogenen Baugrunds muss jederzeit mit Klüften und Kluftkommunikation gerechnet werden. Nicht anzunehmen aber auch nicht völlig auszuschließen ist auch das Auftreten von in den Kohleflözen gebundenem Methangas (CH4). Die Mineralisation spielt hinsichtlich Dränagefähigkeit und Revisionsaufwand im Betrieb sowie Dauerhaftigkeitsaspekten eine wichtige Rolle. Das bis dato am Mundloch des Stollens zur Entwässerung des stillgelegten Westfelds beprobte Grubenwasser weist hohe Konzentrationen von Sulfat und Eisen auf. Das tiefe Grubenwasser des Ostfeldes ist derzeit noch dominiert durch hohe Chloridgehalte. Mit Anstieg des Grubenwasserspiegels auf das geplante Niveau ist ein dem Westfeld ähnliches Wasser zu erwarten mit anfangs höheren Konzentrationen, welche sich über einen mehrjährigen Zeitraum deutlich reduzieren werden. Aufgrund der festgestellten Inhomogenität des Baugrunds sind Standwasserbereiche und je nach Lage auch größere Druckhöhen (bis ca. 2 bar) möglich. Seit Anfang 2019 läuft ein ergänzendes Baugrunderkundungsprogramm mit rund 20 Bohrungen, mit dem die bisherigen Informationen einerseits besichert und andererseits zusätzliche, u.a. verfahrenstechnische Aspekte analysiert werden sollen. 3. Bauwerke Zu den Bauwerken gehören neben dem Grubenwasserkanal ein Mittelschacht, ein Auslaufbauwerk und der aus dem Bergbaubetrieb vorhandene v. Oeynhausen-Schacht I. Der Schacht 1 (v. Oeynhausen Schacht I) bildet den Anschlusspunkt des Grubenwasserkanals, da hier die in das Grubengebäude des Ostfeldes eingebauten Wasserhaltungen enden. Bisher förderten die Pumpanlagen zur Absenkung des Grubenwasserspiegels zu dem in Schacht 1 auf 85 m NN beginnenden Ibbenbürener Förderstollen. Der Schacht 1 weist einen teilweise mit Stahlbetontübbings, teilweise mit Sandstein-Mauerwerk ausgebauten Innendurchmesser von 4,40 m auf und soll Ende 2019 teilverfüllt werden (Hängedamm). Hierbei werden Hüllrohre für den Aufstieg des Grubenwassers eingebaut. Ein neu zu erstellender Mittelbzw. Zwischenschacht wurde im Bereich des Bockradener Grabens verortet. Er liegt damit etwa in der Mitte des herzustellenden Kanals. Die Schachtteufe beträgt ca. 70 m bis zum projektierten Grubenwasserkanal. Die Abmessungen (Kreisquerschnitt) der Baugrube ergeben sich aufgrund von Vortriebsaspekten zu rund 30 m Durchmesser. Die Konstruktion der Baugrube stellt hohe Anforderungen an die Spezialtiefbauarbeiten (u.a. gestaffelter Bohrpfahl- und Schlitzwandbau). Innerhalb der Baugrube wird nach Abschluss der Vortriebsarbeiten ein Betriebsschacht errichtet. Derzeit wird in Abhängigkeit des Vortriebskonzeptes überprüft, wie eine Reduzierung der Baugrubenabmessungen erfolgen kann und ob eine Durchfahrung im verfüllten bzw. noch nicht gänzlich ausgehobenen Zustand möglich ist. Hier müssen die betrieblichen Aspekte und auch sicherheitstechnische Belange berücksichtigt werden. 4. Trasse, Gradiente und Querschnitt Für den Grubenwasserkanal wurde ursprünglich eine Trasse entwickelt, die, beginnend mit einem Anschluss an das Grubengebäude über die Schächte 1 und 2 der Zeche Oeynhausen, nahezu gradlinig auf einer Länge von ca. 6 km in nordwestliche Richtung und im Weiteren in Richtung Südwesten bis zum Stollengraben abknickt. Auf einer Gesamtlänge von ca. 7,2 km war der Grubenwasserkanal angelehnt an den Dickenberger Stollen. Die ursprüngliche Aufgabenstellung umfasste im Zusammenspiel mit der Weiterführung der Trassen-/ Gradientenplanung die Durchfahrung von Alten Männern (ehemalige Abbaubereiche; Kohleflöze, die in Abhängigkeit des Abbauverfahrens verbrochen oder noch teilwei- 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 59 Tunnelbau trifft Bergbau - Besondere technische Herausforderungen bei der Projektierung und Planung des Grubenwasserkanals Ibbenbüren se offen sind, ggf. mit vorhandenem Verbaumaterial und Wasser), um die Entwässerung dieser Bereiche sicherzustellen. Die relevanten alten Abbaubereiche befinden sich in den Flözen Dickenberg, Glücksburg, Buchholz sowie Flottwell. Nachfolgend ist die Verortung der Flöze in Abbildung 2 dargestellt. Übersicht Flöze/ Alte Männer Im Zusammenwirken mit der RAG wurde eine Optimierung der ursprünglichen Trasse durchgeführt, bei der die Alten Männer nicht mehr direkt durchörtert werden. Die hierfür ursächlichen Randbedingungen werden weiter unten beschrieben. Um dennoch die Wasserfassung aus diesen Bereichen zu gewährleisten, wird eine nachträgliche Verbindung aus dem aufgefahrenen Grubenwasserkanal heraus hergestellt. Neben der Trassenentwicklung wurde die Gradiente des Grubenwasserkanals so festgelegt, dass eine Entwässerung im Freigefälle mit 0,25-0,050 % erfolgt. 5. Bauverfahren des Grubenwasserkanals und Kanalquerschnitt Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurden die Maschinentypen Gripper-TBM (rotierender Bohrkopf, jedoch kein Schild, Abstützung mittels Hydraulikpratzen an der Gebirgsleibung, Sicherung mittels Spritzbeton, Ausbaubögen und Bewehrungsmatten) und TBM-S (Schildmaschine mit Materialaustrag über Förderband, keine aktive Stützung der Ortsbrust) sowie Tunnelvortriebsmaschinen/ Schildmaschinen mit Flüssigkeits- und Erddruckstützung diskutiert (s. unten). Im Zuge der weitergehenden Entwurfsplanung wurden die Typen Gripper-TBM und TBM-S aufgrund der prognostizierten Grubenwassersituation verworfen. Die Schildmaschinentypen mit Flüssigkeitsstützung und -förderung (im allg. Mix-/ Hydroschild) sowie mit Erddruckstützung und Schneckenförderung wurden aufgrund ihrer Eignung für wasserführende Geologien weitergehend analysiert. Bei beiden Schildmaschinentypen erfolgt der Ausbau mit Tübbingringen. Beispielhaft sind eine Tunnelvortriebsmaschine und Tübbingsegmente in Abbildung 3 dargestellt. Das Prinzip der Hydro-/ Mixschilde beruht auf der Stützung der Ortsbrust mittels einer Flüssigkeit, in der Regel einer Bentonit-Wasser-Suspension, deren Mischungsverhältnis sich auch unter Zugabe weiterer Additive unter anderem danach richtet, wie grobbzw. feinporig die zu durchfahrenden Böden sind. Diese Flüssigkeit, in der sich das Schneidrad bewegt, wird in die mittels einer Druckwand vom Arbeitsraum des Schildes getrennte Abbaukammer gepumpt und mit Druck beaufschlagt (Zweikammer-System). Dies geschieht in der Regel über eine Luftblase, die hinter einer Tauchwand, die die Abbaukammer teilt, auf den Flüssigkeitsspiegel drückt. Das an der Ortsbrust abgebaute Material wird mit der Stützflüssigkeit vermischt, über Rohrleitungen an die Oberfläche gefördert (hydraulische Förderung) und der Separierung zugeführt. Die separierte und regenerierte Stützflüssigkeit wird dem Förderkreislauf wieder zugegeben. [Thewes, 2014] [Maidl et al. 2011] Tunnelvortriebsmaschine und Lagerplatz für Tübbingsegmente (beispielhaft) Bei einer Schildmaschine mit Erddruckstützung befindet sich ein plastischer Erdbrei in der Abbaukammer, der sich im Gleichgewichtszustand zwischen der Beaufschlagung durch den Vortriebsdruck der Schildmaschine einerseits und der Einwirkung des Erd- und Wasserdrucks andererseits befindet. Dieser Zustand ist erreicht, wenn bei konstantem Vortriebsdruck keine weitere Verdichtung des Erdbreis mehr auftritt. Erhöhungen des Drucks in der Abbaukammer und eine weitere Verdichtung des Erdbreis und dadurch des anstehenden Bodens können zu Hebungen der Oberfläche, Verringerungen des Drucks, zu Nachdrängen des anstehenden Bodens und Senkungen der Oberfläche führen. Die daraus resultie- 60 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Tunnelbau trifft Bergbau - Besondere technische Herausforderungen bei der Projektierung und Planung des Grubenwasserkanals Ibbenbüren rende Notwendigkeit eines permanenten Abgleichs des Vortriebsdrucks und der Abförderung von Material aus der Abbaukammer, für gewöhnlich mittels eines Schneckenförderers, stellt hohe Anforderungen an die messtechnische Überwachung des Systems. [Thewes, 2014] [Maidl et al. 2011] 6. Durchfahrung Alte Männer In der Detailanalyse der Vorplanung und Zugrundelegung von Projektreferenzen musste die geplante Trassenführung mit direkter Durchfahrung von Alten Männern ausgeschlossen werden. Hierfür ursächlich ist die unklare Beschaffenheit der Alten Männer. Als grundsätzlich mögliche Zustände können offene und stabile Strukturen bis hin zu teilverbrochenen und teilverbauten Bereichen angetroffen werden. Darüber hinaus kann erschöpfliches und nicht erschöpfliches Grubenwasser in den Alten Männern anstehen. Die theoretischen Spaltweiten, d.h. Mächtigkeiten und Nachfall, können mit Werten bis zu 2,50 m aus dem Risswerk entnommen werden. In Abbildung 4 ist eine dreidimensionale Durchdringungssituation des Grubenwasserkanals (ursprüngliche Trassierung) mit dem Flözbereich Glücksburg West und Ost dargestellt. Durchfahrung Alter Mann (Schema) Wie aus der obigen Darstellung interpretierbar ist, können einige Situationen bei Durchfahrung der prognostizierten Alten Männer eintreten, die zu schwerwiegenden Störungen des Bauablaufs bis hin zur Aufgabe des Vortriebs führen können. Hierbei ist insbesondere eine große (offene) Spaltweite in Kombination mit Verbau und einem unerschöpflichen Wasserangebot zu nennen. Eine Begehung der Abbaukammer unter Drucklufteinsatz zur Bergung von Hindernissen oder Schadensbehebung ist ggf. nur eingeschränkt möglich. Ebenfalls ist keine ausreichende Stabilität für die TVM und Nachläufer bei Annäherung an die schräg einfallenden Alten Männer gewährleistet, so dass ein Einbruch bzw. Verkippen der Vortriebsmaschine möglich sind. Unter Berücksichtigung der möglichen Störszenarien und in Abwägung möglicher Beherrschungsmaßnahmen (Injektionen, Vorauserkundung, Vereisung etc.) sowie Berücksichtigung arbeitssicherheitsrelevanter Aspekte, ist ein Vortrieb mit TVM (Schildmaschine) durch die Alten Männer mit enormen Risiken verbunden und wird daher planerisch nicht weiterverfolgt. Im Rahmen der Vorüberlegungen wurden auch Untersuchungen zu alternativen Vortriebskonzepten durchgeführt, um der ursprünglichen Aufgabenstellung gerecht zu werden. Hierzu zählten Machbarkeitsanalysen zu einer konventionellen, bergmännischen Auffahrung im Spreng- oder Fräsvortrieb. Hinsichtlich möglicher Vortriebsleistungen und Geräteeinsatz wurden Gespräche mit Herstellern von Teilschnittmaschinen geführt und Schneidleistungsberechnungen durchgeführt. Ebenfalls fanden erste Gespräche mit einem Sachverständigen für Sprengtechnik zu den Besonderheiten von Sprengarbeiten in Bereichen von Kohlenflözen sowie Erschütterungsemissionen statt. Die ursprüngliche Intention, die Nachteile eines TVM-Vortriebs durch Alte Männer durch den größeren Auffahrquerschnitt im konventionellen Vortrieb (~30 m²) und die damit auch verbundene, größere Flexibilität zu kompensieren, konnte nach weiterer Planungs- und Analysearbeit nicht bestätigt werden. Analog der TVM-Variante ist eine sichere Beherrschung einer großen Spaltweite in Kombination mit einer unerschöpflichen Wasserspeisung mit ggf. großer Druckhöhe nicht gewährleistet. Zur Realisierung des Grubenwasserkanals wurde die bereits zuvor dargestellte Trassenanpassung vorgeschlagen und im Zusammenwirken mit der RAG durchgeführt. Hierbei erfolgt keine direkte Durchörterung von Alten Männern, diese werden mit einem Abstand von ca. 8-10 m überfahren. Der Anschluss dieser teilweise wasserführenden Bereiche erfolgt im Nachgang aus der Tübbingröhre heraus. 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 61 Tunnelbau trifft Bergbau - Besondere technische Herausforderungen bei der Projektierung und Planung des Grubenwasserkanals Ibbenbüren Querschnittsgestaltung Grubenwasserkanal (Zwischenstand der Planung) Mit der aktuellen Trassen- und Gradientenführung liegen die maschinen- und verfahrenstechnischen Herausforderungen in der Beherrschung von Klüften mit und ohne Wasserzufluss. Als grundsätzliche Verfahrensvariante ist derzeit ein kombiniertes Schildmaschinenkonzept mit Flüssigkeitsstützung/ -transport und Erddruckstützung in der Detailanalyse. Hinsichtlich der grundsätzlich auf jedem Vortriebsmeter anzutreffenden Wasserzuflüsse - teilweise in großer Kubatur und mit größerer Druckhöhe - ist nach derzeitigem Kenntnisstand ein geschlossener, druckdichter Kreislauf von der Abbaukammer bis nach über Tage zielführend. 7. Querschnittsgestaltung Der Querschnittsgestaltung wurde von Anfang an große Aufmerksamkeit gewidmet, da sich hier wesentliche Abhängigkeiten für die Konstruktion, Dauerhaftigkeit und Wasserführung bündeln. Infolge eines Auffahrkonzepts mit Schildmaschine wird der Grubenwasserkanal aus Tübbingringen hergestellt, deren Detailausbildung (Anzahl Segmente, Bauteildicke, Bauteillänge etc.) derzeit noch erfolgt. Beispielhaft kann für die zahlreichen, diskutierten und designten Konzepte Abbildung 5 dienen. Die darin dargestellten Querschnitte berücksichtigen die getrennte Ableitung des Grubenwassers aus dem Ost- und Westfeld bis sich die Mineralisation des Wassers aus dem Ostfeld dem des Westfeldes angeglichen hat. Des Weiteren stellt die Abbildung den jüngsten Planungsstands zur Querschnittsdimension dar, mit der sich die bisherigen Überlegungen hinsichtlich eines DN 3200-Querschnitts auf Grund der Anforderungen aus Gerinneausbildung, Baulogistik und Sicherheitskonzept geändert haben (Vergrößerung auf DN 3600). Neben der Wasserableitung im Kanalquerschnitt besteht ein planerischer Schwerpunkt in der Konstruktion und dauerhaften Ausbildung der Dränagebohrungen und der zwischen Tübbingring und Gebirge befindlichen Verfüllung (Einkornkies). Hier sind die Einwirkungen aus hohen Sulfat- und Eisenkonzentrationen zu berücksichtigen. 8. Betriebliche Anforderungen Aufgrund der Tiefenlage und der großen Schachtabstände ergeben sich besondere Anforderungen an das Betriebskonzept. Für die Begehung des Grubenwasserkanals ist eine entsprechende Bewetterung notwendig. Wenn möglich, sollte der Lufteintrag über die Schächte erfolgen und auf einen durchgehenden Lüftungskanal in der Strecke verzichtet werden. Die Anordnung und Bemessung der Lüftungsanlagen werden im Rahmen der Planung der technischen Ausrüstung weiter untersucht. Aufgrund der Tiefe der Schächte von rd. 100 m (Schacht 1) und rd. 70 m (Mittelschacht) müssen ggf. Aufzüge für den Personen- und Materialtransport vorgesehen werden. Aufgrund der Eisenausfällungen ist von einer regelmäßigen Reinigung des Fließgerinnes auszugehen, auch weil Eisenausfällungen sich im Laufe der Zeit verfestigen (Goethit) und dann schwerer zu entfernen sind. Bei der Reinigung werden die bisherigen Erfahrungen der RAG Anthrazit Ibbenbüren (z. B. am Stollenbach) und die künftig zu erwartenden Eisenkonzentrationen im Grubenwasser berücksichtigt. Zur Reinigung des Gerinnes werden verschiedene Varianten betrachtet (Hochdruckreinigung, Bürsten o. Ä.). Auf Grundlage eines in Bearbeitung befindlichen Gut- 62 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Tunnelbau trifft Bergbau - Besondere technische Herausforderungen bei der Projektierung und Planung des Grubenwasserkanals Ibbenbüren achtens der Ruhr-Universität Bochum zur Verockerung wird in der weiteren Planung ein auf den zu erwartenden Eisenhydroxidanfall, die Reinigungsintervalle und die hydraulischen Randbedingungen ausgelegtes Reinigungssystem festgelegt bzw. entwickelt. 9. Zusammenfassung und Ausblick Der Grubenwasserkanal Ibbenbüren stellt aufgrund der beschriebenen Besonderheiten, wie z.B. die Grund- und Grubenwassersituation und der Klüftigkeit, hohe Anforderungen an die Maschinen- und Verfahrenstechnik. Die Dimensionen des Zwischenschachtes stellen hohe Ansprüche an die Tragwerksplanung und die Bauausführung. Infolge der Mineralisation des Wassers sind diverse Fragestellungen zur Dauerhaftigkeit des Dränagekonzepts sowie zur Baustoffwahl zu berücksichtigen. Literaturverzeichnis [1] Maidl, B.; Herrenknecht, M.; Maidl. U.; Wehrmeyer, G. (2011): Maschineller Tunnelbau im Schildvortrieb. 2. Auflage. Berlin: Wilhelm Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG [2] Thewes, M. (2014): Tunnelbau im Schildvortrieb. Verfahrenstechniken und Planungsgrundlagen. In: Bergmeister, K. (Hrsg.): Beton-Kalender 2014. Unterirdisches Bauen, Grundbau, Eurocode 7. 103. Jahrgang. Berlin: Wilhelm Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG