eJournals Kolloquium Bauen in Boden und Fels 12/1

Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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2510-7755
expert verlag Tübingen
0101
2020
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GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen

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2020
Markus Simon Graeser
Der Vortrag beschäftigt sich mit anspruchsvollen und zulassungspflichtigen Bauweisen bei Tunnelanschlägen in Verbindung mit der dazugehörigen Sicherung der Baugruben. Es werden die schwierigen Voraussetzungen hinsichtlich der Geologie sowie die technischen Rahmenbedingungen der Anschlagsituation und der Baugrubensicherung erläutert. Hieraus ergeben sich besondere Bauweisen unter Zuhilfenahme besonderer Baumaterialien und Baumethoden. Insbesondere GfK-Baustoffe haben sich hierfür als Lösung etabliert. Es wird im gezeigten Anwendungsfall die Bohrpfahlwand im Tunnelanschlagbereich mit GfK-Bewehrung und die Rückverankerung der Baugrubensicherung aus GfK-Micropfählen hergestellt. Hieraus ergaben sich unterschiedliche Problemstellungen, da für die genannten Baumethoden keine Zulassung vorlag. Zudem im Fall der hier angewendeten GfK-Anker um eine Baumethode, für die es keine tragfähige Pfahlkopfkonstruktion gab und deshalb neue Verankerungs-Methoden entwickelt werden mussten. Ein Teil des Vortrages beschäftigt sich daher auch mit dem Zulassungsprozess, mit Praxis-Versuchen und rechnerischen Nachweisen.
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12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 139 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen Markus Simon Graeser Implenia Spezialtiefbau GmbH, Mannheim, Deutschland Zusammenfassung Der Vortrag beschäftigt sich mit anspruchsvollen und zulassungspflichtigen Bauweisen bei Tunnelanschlägen in Verbindung mit der dazugehörigen Sicherung der Baugruben. Es werden die schwierigen Voraussetzungen hinsichtlich der Geologie sowie die technischen Rahmenbedingungen der Anschlagsituation und der Baugrubensicherung erläutert. Hieraus ergeben sich besondere Bauweisen unter Zuhilfenahme besonderer Baumaterialien und Baumethoden. Insbesondere GfK-Baustoffe haben sich hierfür als Lösung etabliert. Es wird im gezeigten Anwendungsfall die Bohrpfahlwand im Tunnelanschlagbereich mit GfK-Bewehrung und die Rückverankerung der Baugrubensicherung aus GfK-Micropfählen hergestellt. Hieraus ergaben sich unterschiedliche Problemstellungen, da für die genannten Baumethoden keine Zulassung vorlag. Zudem im Fall der hier angewendeten GfK-Anker um eine Baumethode, für die es keine tragfähige Pfahlkopfkonstruktion gab und deshalb neue Verankerungs-Methoden entwickelt werden mussten. Ein Teil des Vortrages beschäftigt sich daher auch mit dem Zulassungsprozess, mit Praxis-Versuchen und rechnerischen Nachweisen. 1. Projektbeschreibung 1.1 Bahn-Neubausstrecke Stuttgart-Ulm Abbildung 1: Projektübersicht [1] Die Neubaustrecke (NBS) Stuttgart-Ulm ist ein wichtiger Teilabschnitt zum Ausbau des Bahnverkehrs in Baden- Württemberg. Im Zusammenhang mit weiteren Projekten der Baumaßnahme „Stuttgart 21“ schafft dieser Ausbau die Voraussetzung für schnellere Reisezeiten in ganz Ba- 140 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen den-Württemberg, Deutschland und Europa. Beispielsweise wird die Fahrtzeit zwischen Stuttgart und Ulm im Fernverkehr auf eine halbe Stunde nahezu halbiert. Zusammen mit „Stuttgart 21“ wird auch der Flughafen und die Landesmesse besser an den Fernverkehr angeschlossen. Nicht zuletzt wird die Bestandsstrecke im Filstal spürbar entlastet und Kapazitäten für zusätzlichen Bahnverkehr geschaffen. Die nachfolgende Übersichtsgrafik zeigt die Gesamtbaumaßnahme in ihrer geographischen Lage. Die gesamte Streckenlänge beträgt 59,6 km. Davon sind reine Tunnelstrecke 30,4 km. Die Streckenhöchstgeschwindigkeit beträgt 250 km/ h. Insgesamt werden 5 Tunnel (>500 m), 17 Eisenbahnüberführungen und 20 Straßenbrücken erstellt. 1.2 Planfeststellungsabschnitt 2.1a Albvorlandtunnel Die hier vorgestellte GfK-Baumethode wird am Planfeststellungsabschnitt 2.1 a “Albvorlandtunnel” angewendet. Der 8.176 m lange Bauabschnitt „Albvorlandtunnel“ besteht aus 2 eingleisigen Tunnelröhren mit einem Ausbruchdurchmesser von 11,15 Metern. Abbildung 2: Übersicht Abschnitt Albvorlandtunnel [1] Die Südröhre hat eine maschinelle Vortriebslänge von 7.978 Metern und die Nordröhre von 7.957 Metern. Zur Flucht, Rettung und Gefahrenbekämpfung sind die beiden Tunnelröhren durch insgesamt 16 bergmännisch aufgefahrene Querschläge miteinander verbunden. Am Westportal des Albvorlandtunnels wird die Neubaustrecke an die bestehenden Bahnstrecken „Neckartalbahn“ sowie an die „Güterzuganbindung“ (GZA) nördlich der Trasse angebunden. Hauptbauwerke der Anbindung GZA sind eine ca. 59 Meter lange Stützwand, eine 55 Meter lange Grundwasserwanne und ein 173 Meter langer eingleisiger Tunnel der bergmännisch unter der Autobahn A8 (GZA-BAB-Tunnel) vorgetrieben wurde. Im weiteren Verlauf wird die Strecke durch einen 350 Meter langen Einschnitt, gesichert mit einer bis zu 18 Meter hohen dauerhaften Bohrpfahlwand, geführt und über einen 168 Meter langen eingleisig bergmännisch aufgefahrenen Tunnel mit einem 35 m langen Kavernen-Verbindungsbauwerk an die Nordröhre des Albvorlandtunnels angeschlossen (GZA-Tunnel, Gesamtlänge 203 m). Östlich des Tunnelvortriebs, am sogenannten Ostportal, verläuft die Trasse bis zur Abschnittsgrenze zum PFA 2.1 c in einer Grundwasserwanne mit 350 Metern Länge und anschließend in Dammlage, wobei kreuzende Wege und Gewässer mit Eisenbahnüber- und Unterführungen gequert werden. Die Neubaustrecke Stuttgart - Ulm wird südlich der Trasse auch an die bestehende Bahnstrecke „Neckartalbahn“ eingleisig über die sogenannte „Kleine Wendlinger Kurve“ (KWK) angeschlossen. Hauptbauwerke der KWK sind ein 145 m langes Trogbauwerk, in einer offenen Baugrube erstellt, und ein 496 m langer bergmännisch aufgefahrener Tunnel. An den Portalen Ost, West, KWK-Nord, KWK-Süd und GZA-BAB-Nord wurden ebenfalls umfangreiche Spezialtiefbauarbeiten zur Erstellung der Portalbaugruben und Anschlagwände ausgeführt. Die beiden maschinell aufgefahrenen Tunnelröhren wurden vom Ostportal bei Kirchheim/ Teck in Richtung Westportal bei Wendlingen/ Neckar parallel hergestellt. Die Anschlagwand der Baugrube „Ostportal“ war für die Bauaufgabe daher von besonderer Bedeutung und durch die Vielzahl der Rahmenbedingungen, die Ihre Funktion als Baugrubensicherung und gleichzeitige Anschlagwand mit sich bringt, in Planung und Ausführung extrem anspruchsvoll. Sie konnte nur unter Zuhilfenahme der nachfolgend näher erläuterten, außergewöhnlichen Baumethoden und Optimierungen bedarfsgerecht erstellt werden. 2. Anforderungen und Grundlagen Tunnelanschlag Ostportal 2.1 Bautechnische Anforderungen Wie einleitend erwähnt, erforderte die Bauaufgabe „Anschlagwand Ostportal“ als Startpunkt für den maschinellen Tunnelvortrieb besondere Baumethoden. In diesem Abschnitt wird erläutert, wieso diese neuen, ungewöhnlichen Baumethoden unter Zuhilfenahme von GfK-Materialien notwendig waren und nicht mit herkömmlichen Baumethoden hergestellt werden konnten. Dem Bauentwurf entsprechend sollte die Auffahrt der beiden Tunnelröhren am Ostportal bei Kirchheim unter Teck beginnen. Hierfür war eine Startbaugrube notwendig, die in ihrer Länge und Breite die beiden Tunnelbohrmaschinen für einen gleichzeitigen Vortrieb der beiden Tunnelröhren aufnehmen konnte. Die Baugrube wurde dabei in Vortriebsrichtung links blickend von einer mehrfach rückverankerten, überschnittenen Bohrpfahlwand mit einem Pfahldurchmesser von 1,20 Metern gesichert. Auf der rechten Seite der Baugrube, in Richtung der BAB 8, erfolgte die Sicherung mittels einem Voraushub und einer anschließenden Böschungsvernagelung und Spritzbetonschale. Im weiteren Verlauf entgegen der Vortriebsrichtung verließ die Baugrubengeometrie den Hangeinschnitt und ging in eine offene Bauweise über. Die Übergangsbereiche wurden beidseitig mittels rückverankerten, mit abnehmender Geländehöhe auch freiste- 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 141 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen henden, Träger-Bohl-Wänden gesichert. Abgeschlossen wurde die Baugrube an der Stirnseite durch eine mehrfach rückverankerte, überschnittene Bohrpfahlwand mit einem Pfahldurchmesser von 1,20 Metern inkl. Pfahlkopfbalken. Diese Pfahlwand musste in ihrer Funktion daher nicht nur den Anforderungen einer Baugrubensicherung sondern zusätzlich noch den Anforderungen einer Tunnelanschlagwand gerecht werden. Die nachfolgenden Erläuterungen und Abbildungen geben eine Übersicht über die geplanten Elemente der Anschlagwand, die einzelnen Funktionen und einen groben Überblick der geometrischen Einordnung in das bestehende Urgelände. Abbildung 3: Ansicht Anschlagwand Ost [2] Abbildung 4: Schnitt Anschlagwand Ost [2] Die Herstellung der Anschlagwand sollte zunächst mit einem Voreinschnitt in das bestehende Gelände der Hügelflanke des sogenannten Hungerbergs erfolgen. Anschließend sollte die überschnitte Bohrpfahlwand erstellt werden und im weiteren Verlauf des Baugrubenaushubs dann die entsprechenden Elemente der Rückverankerung. Zur Sicherung des Einfahrvorgangs der Tunnelbohrmaschine wurden dann Kopfbalken und die Sicherungselemente der Pfahlwand (Rohrschirm, Brillengurt) hergestellt, welche einen Teil der Baugrubensicherung übernahmen, wenn die Tunnelbohrmaschine durch die Baugrubenwand fährt und ein Teil der statisch wirkenden Baugrubensicherung abgebrochen und funktionslos wird. Gleichzeitig durften im Teil der Anschlagwand, der von der Tunnelbohrmaschine durchfahren wurde, und deren Verankerung keine Bauteile verwendet werden, die das Schneidrad der Tunnelbohrmaschine beschädigen oder die Förderung des Ausbruchsmaterials mittels Schnecke in der Maschine blockieren würden. Aus diesem Grund war in der Entwurfsplanung schon der Einbau von GfK-Bewehrung und GfK-Ankern gefordert. Der Einbau dieser besonderen Materialien und eine damit einhergehende Änderung von herkömmlichen Baumethoden waren unumgänglich zur Erfüllung der Bauaufgabe einer Baugrubensicherung, die gleichzeitig von einer Tunnelvortriebsmaschine durchfahren werden kann, ohne dass die Maschine Schaden nimmt oder die Vortriebsleistung leidet und dennoch ihre sichernde Funktion behält. 2.2 Geologische Grundlagen Auf Grundlage der vorliegenden Erkundungsergebnisse standen im Baugrubenbereich bis in Tiefen von etwa 7 bis 9 Metern Lockergesteine an. Bei den Lockergesteinen handelte es sich zum einen um die etwa 2 bis 142 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen 7 Meter mächtige Lösslehme (lol) sowie bereichsweise Hangschuttablagerungen (qu) und zum anderen um Lockergesteine aus der hier etwa 1 bis 7 Meter mächtigen Entfestigungszone des Schwarzjuragebirges. Unterhalb der Lockergesteinsüberdeckung lag die Baugrube durchgängig in Gesteinen des Pliensbachiums 2 (pb2) und darunter Gesteinen des Pliensbachiums 1 (pb1). Sowohl die Gesteine des pb2 als auch die des pb1 standen im Baugrubenbereich in vorwiegend mäßig bis stark verwittertem Zustand an. Lokal wurden im Baugrubensohlbereich unverwitterte bis angewitterte Gesteine des pb2 angetroffen. Im Bereich der Autobahnböschung der im Bereich BAB-Einschnitt liegenden Baugrube wurde das Erdreich im Zuge der Baugrubenerstellung bis etwa Niveau Einschnittssohle vollkommen abgetragen, so dass dieser Baugrubenbereich dann durchgängig in vorwiegend mäßig bis stark verwitterten Gesteinen des pb2 und des pb1 lag. Ab etwa 2 Meter unter Gründungssohlniveau standen die aus einer monotonen Serie von Ton- und Tonmergelsteinen bestehenden Gesteine des pb2 in vorwiegend mäßig bis stark verwitterten Zustand an. Ein Auftreten von unverwitterten bis angewitterten Gesteinen des pb2 wurde nur auf den letzten rd. 40 m der offenen Bauweise im Gründungssohlbereich erwartet. Die Gesteine des pb2 waren in mäßig bis stark verwitterten Gebirgsbereichen bankig bis plattig ausgebildet und wiesen eine schlechte Kornbindung auf. In unverwitterten bis angewitterten Gebirgsbereichen wurden sie bankig, z.T. auch dickbankig angetroffen, wobei sie eine mäßige bis schlechte Kornbindung besaßen. Die vorwiegend steilstehende Klüftung (70° bis 90°) war in mäßig bis stark verwitterten Gebirgsbereichen vorwiegend engbis mittelständig ausgebildet. Die in diesem Bereich anstehenden Gesteine zeigten eine vorwiegend flach liegende Schichtung - Schichteinfallen von etwa 3° in südwestliche Richtung sowie eine zweischarige orthogonale Klüftung. Für die anstehenden Locker- und Festgesteine stellten die in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellten Gesteins-/ Gebirgskennwerte die maßgebenden Rechenwerte dar. Abbildung 5: Tabelle Bodenkennwerte [2] Die Bohrpfahlwand der Anschlagswand Ost griff ab rd. 7 Meter unter Gelände in das anstehende Grundwasser ein. Da aufgrund der vorliegenden geringen Gebirgsdurchlässigkeit, aber auch bei Perforierung der Bohrpfahlwände mittels Drainageöffnungen laut Bauwerksbericht nicht sichergestellt werden konnte, dass das hinter den Bohrpfahlwänden anstehende Gebirge in ausreichendem Umfang entwässert, waren diese Bohrpfahlwände unter Ansatz von Wasserdruck zu dimensionieren. Im Bereich der Anschlagwand war der Bemessungswasserstand mit 341,25 müNN angegeben. Für die Rückverankerung der Bohrpfahlwände wurde eine Mantelreibung von 80 kN/ m² in den Hangschuttablagerungen und den entfestigten Gesteinen des pb2, 250 kN/ m² in den mäßig bis stark verwitterten Gesteinen des pb2/ pb1 und 800 kN/ m² in den unverwitterten bis angewitterten Gesteinen des pb1 vorgegeben. Die Anker waren nachzuverpressen. 3. Anforderungen bei der Umsetzung der Bauaufgabe „Anschlagwand Ost“ 3.1 Ansatz Materialkennwerte GfK-Anker und Vorbemessung Zu Beginn der Angebotsbearbeitung wurde als Grundlage für das zu erstellende Angebot eine statische Vorbemessung der Anschlagwand durchgeführt. Die bei dieser Vorbemessung ermittelten Ankerkräfte für den Bauwerksteil, in dem die GfK-Anker verbaut werden mussten, wurden gemäß den vorliegenden Unterlagen und Vorgaben der Arbeitsvorbereitung geplant. Gemäß der überschlägigen statischen Voruntersuchung wurden Ankerkräfte für die 3. Ankerlage der Anschlagwand von 637,69 KN und für die 4. Ankerlage von 686,79 KN, jeweils charakteristisch, ermittelt (gilt für die Bereiche, die von der Tunnelbohrmaschine durchfahren werden). Die Ankerkräfte der GfK-Ankerlagen wurden mit einem Achsabstand von jeweils 1,0 Metern ermittelt. Da herstellungsbedingt bei einer überschnittenen Bohrpfahlwand maximal jeder zweite Pfahl bewehrt werden kann, mussten bei einem Pfahldurchmesser von 1,20 m mit Achsabstand von 1,00 m Anker im Zwickelbereich der bewehrten Pfähle angeordnet werden, um den 1,00 m Achsabstand einhalten zu können. Weiterhin musste die von einem GfK-Anker maximal aufnehmbare Kraft berücksichtigt werden. Gemäß den Unterlagen des Anker-Herstellers war die Bruchlast für den größtmöglichen GfK-Anker, Typ K60-32, mit >560 KN angegeben. Abbildung 6: Materialkennwerte GfK-Stäbe [3] Alleine aus dem Vergleich der beiden charakteristischen Kräfte ohne die jeweiligen Sicherheitswerte war sofort ersichtlich, dass ein GfK-Anker je Rasterpunkt nicht ausreichend sein würde. Diese Problematik wurde gelöst, indem im Zwickelbereich eines jeden bewehrten Pfahls ein 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 143 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen gefächerter Doppel-Anker untergebracht wurde. Durch diese Vorgehensweise wurden die erforderlichen/ errechneten Ankerkräfte erreicht bzw. eingehalten (überschlägig: Fa,d = 687 KN * 1,35 = 928 KN; Ra,d = (560 KN / 1,15) * 2 = 974 KN i.O. da Fa,d < Ra,d). Die Einbaumenge der GfK-Anker wurde im Bereich der Schildfahrt ermittelt. Die 1. GfK-Ankerlage hatte eine Abwicklungslänge von zweimal 11,50 Metern und die 2. GfK-Ankerlage eine Abwicklungslänge von zweimal 11,00 Metern. Es ergaben sich somit für die beiden Tunnelröhren eine gesamte Abwicklungslänge von 45,00 m was bei einem Achsabstand von 1,00 m zu einer Einbaumenge von 45 GfK-Doppelankern führt. Somit waren in der Schildfahrt der beiden Tunnelröhren 90 GfK-Anker vorgesehen. Mit diesen Grundlagen wurde das Angebot gelegt und sämtliche Anforderungen an die Anschlagwand hinsichtlich der Tunnelfahrt erfüllt. Allerdings wurden nach Auftragserteilung mit Aufnahme der Ausführungsplanung und Arbeitsvorbereitung Ansätze in den Bauteileigenschaften, Materialkennwerten und Rechenwerte in der statischen Vorbemessung des Angebots ersichtlich, die einer vertieften Betrachtung bedurften. So lag zum einen der angesetzte Bemessungswasserstand bei 338,75 müNN auf Höhe der ersten, im Entwurfsplan eingezeichneten Entwässerungsbohrung. Insofern auf den ersten Blick eigentlich technisch richtig angesetzt, jedoch im Widerspruch mit den vorgeschriebenen Bemessungsgrundlagen im Bauwerksbericht. Hier war die Bemessung unter vollem Wasserdruckansatz gefordert, da eine Entwässerung über Bohrungen nicht wirkungsvoll sei. Da der gewählte Ansatz der bautechnischen Prüfung nicht standhalten würde, wurde der Wasserdruckansatz in der Ausführungsplanung korrigiert. Hierdurch wurden erhöhte Kräfte errechnet, die eine zusätzliche Ankerlage mit GfK-Ankern erforderlich machte. Weiterhin wurden in der Vorbemessung abweichende Bodenkennwerte angesetzt. Es wurde angenommen, dass für diese Anschlagwand und den im Tunnelbereich liegenden Boden das tunnelbautechnische Gutachten galt. Dem war jedoch nicht so, da zur Bemessung der Baugrube/ Anschlagwand der Bauwerksbericht mit einem anderen Gutachten mit reduzierten Kennwerten zu verwenden war. Siehe dazu Kapitel 3.2. Auch aus dieser Betrachtung musste zunächst eine zusätzliche Ankerlage eingebracht werden. Aus diesem Umstand heraus kamen nochmals 45 Ankerpunkte zu den bereits zusätzlich ermittelten hinzu. Während der Ausführungsplanung wurde dann das gesamte System GfK-Anker eingehend untersucht und es zeigte sich, dass nicht das Zugglied sondern die Krafteinleitungskonstruktion bzw. der Ankerkopf das für die System-Tragfähigkeit maßgebende Bauteil war. So war weiteren Materialprüfberichten des Herstellers zu entnehmen, dass eine 20 cm lange Stahlmutter eine maximale Kraft bis zum Versagen von 482 KN aufnehmen kann. Nach Rücksprache mit den Planern des Tunnelvortriebs wurde die Verwendung der Stahlmuttern jedoch verworfen, da die Gefahr bestand, dass die Vielzahl der Muttern und deren Größe das Schneidrad und seinen Werkzeugbesatz beschädigen könnten. Aus diesem Grund mussten die GfK-Muttern eingesetzt werden, da sie die Tunnelfahrt nicht behindern und den Schneidradbesatz nicht beschädigen würden. Aufgrund der Materialeigenschaften hatte diese GfK-Mutter eine wesentlich geringere Tragfähigkeit als die Stahlmutter. Die geprüfte mittlere Tragfähigkeit des Systems „Ankerkopf GfK“ betrug 132 KN. Abbildung 7: Systemwerte Prüfbericht [4] Mit den entsprechenden Sicherheitswerten beaufschlagt, hier der Einfachheit halber mit 1,15 global betrachtet, ergab das eine maximal mögliche Systemtragfähigkeit von 115 KN. Dies war nun äußerst ernüchternd, da hierdurch die Wand nicht mehr baubar war. Summiert man nun die Lastanteile herunter erhält man je Meter Abwicklungslänge folgende Werte. Für die neue GfK-Ankerlage 1n ergab sich ein Wert von Fa,k = 330 KN, für die GfK-Ankerlage 2 blieb ein Wert von Fa,k = 630 KN, für die GfK-Ankerlage 3 blieb ein Wert von Fa,k = 680 KN und für die Neue GfK-Ankerlage 4n ein Wert von Fa,k = 410 KN. Summiert man dies nun auf, bedeutet das eine Gesamtkraft von ∑Fa,k = 2050 KN, die über die GfK-Anker abgetragen werden müssen. Daraus folgt eine Designkraft von ∑Fa,d = 2050 KN * 1,5 = 3075 KN. Teilt man diesen Wert durch die maximal mögliche Systemkraft von nunmehr 115 KN je Anker ergibt sich eine Ankerzahl von ca. 27 GfK-Ankern je Meter Wandlänge. Der Durchfahrtsbereich der beiden TVM ist mit einer mittleren Breite von 23,50 Metern angegeben. Dies bedeutete, dass nun in der Schildfahrt anstelle von 90 GfK- Ankern ca. 635 Anker eingebaut werden müssten. Bei der Detailplanung des Bauablaufs wurde festgestellt, dass die geplanten Stahl-Ankermuttern nicht verwendet werden konnten, da die Gefahr bestand, dass sie die Schneidwerkzeuge beschädigen könnten. In den Vorgaben befand sich aufgrund dessen bereits der Hinweis, dass die Stahl- Ankermuttern vor dem Beginn der Schildfahrt zu entfernen sind. Diese Vorgabe war jedoch nicht umsetzbar, da hierdurch die Wand beim Anfahrvorgang kurzzeitig ungestützt gewesen wäre und die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet sein würde. Eine Lösung war auch nicht durch Hilfskonstruktionen oder andere Absteifungen etc. machbar, da entweder der Platz hierfür fehlte oder die abzuleitenden Kräfte nicht anderweitig abgetragen werden konnten. Aus diesen Gründen konnte die Ankeranzahl ebenfalls nicht mehr reduziert werden. Da bei so vielen Ankerpunkten im Bereich der Schildfahrt die Gefahr bestand, dass sich die Förderschnecken 144 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen mit GfK-Bruchteilen verklemmen und die Förderung von Ausbruchmaterial behindern würde, sah man von dieser Ausführungsvariante ab. Abgesehen hiervon hätten diese Umstände ein terminliches und finanzielles Risiko bedeutet. Auch aus diesen Gründen drängte sich eine alternative Ausführung auf. 3.2 Entwurf mit Bemessungsgrundlagen nicht umsetzbar In den Planungsgrundlagen „Bodengutachten“ und „Bauwerksbericht“ war gefordert, dass die Anschlagwand unter Ansatz von vollem Wasserdruck gemäß den Bemessungswasserständen zu berechnen ist. In den Entwurfsplänen war jedoch vorgesehen, dass die Anschlagwand mit Drainagebohrungen zu versehen sei, um sie frei von Wasserdruck zu halten (Vergleiche hierzu Abb. 4). Dieser Wasserdruck-Ansatz ist zunächst technisch nicht unüblich, war jedoch nicht umsetzbar, weil die bautechnische Prüfung eine Abweichung zu den Planungsgrundlagen nicht tolerierte. Dieser Ansatz wurde bereits in der bautechnischen Vorprüfung gekippt. In der weiteren Bearbeitung hat sich herausgestellt, dass für diesen Bereich zwei Bodengutachten existieren. Zum einen gab es ein tunnelbautechnisches Gutachten, welches für den Tunnelbau zu verwenden war und vom Vortriebsbeginn an der Vorderkante Pfahlwand anzuwenden war. Zum anderen gab es den gültigen Bauwerksbericht mit Bodengutachten zur Erstellung der Baugrube, welcher bis Hinterkante der Verankerung der Anschlagwand anzuwenden war. Insofern gab es den Bereich von Vorderkante Anschlagwand bis Hinterkante der Rückverankerung, für den rein technisch gesehen, beide Bodengutachten Gültigkeit besaßen. Nachfolgende Abbildungen zeigen den Unterschied. Abbildung 8: Bodenkennwerte Bauwerksbericht [2] Abbildung 9: Bodenkennwerte Tunnelvortrieb [2] Wie aus den beiden Tabellen ersichtlich wird, gibt das tunnelbautechnische Gutachten für den in der Bauwerksumschließung nahezu über die gesamte freie Höhe anstehenden Baugrund si2 mit Verwitterungsstufe w2-w3 signifikant bessere Werte. Hier werden für genannten Boden Reibungswinkel von 35° anstelle von 27,5° angegeben und eine Kohäsion von 100 KN/ m² anstelle von 15 KN/ m². Die Anschlagwand konnte nur unter Ansatz der Werte aus dem tunnelbautechnischen Gutachten nachgewiesen werden. Mit den Werten aus dem geltenden Bauwerksbericht hätte sich die Ankeranzahl nochmals derart erhöht, dass die Baumaßnahme nur mit erheblichem Zusatzaufwand umgesetzt werden könnte. In der ersten Untersuchung mit den geforderten Ansätzen zeigte sich ein Ankerraster von ca. 50 cm x 50 cm über die gesamte Fläche der Tunnelquerschnitte. Dies war technisch nicht mehr umsetzbar, da hierdurch die Wand derart perforiert werden würde, dass keinerlei Tragwirkung mehr vorhanden wäre. Es war daher immens wichtig, alle Beteiligten davon zu überzeugen, dass sich der gewünschte Erfolg nur mit einer Kombination von Grundlagenoptimierung der Bodenkennwerte und mit einer Optimierung der GfK-Bauweise einstellen würde. 3.3 Formelle Genehmigung der GfK-Bauweise und Bauzeitrisiko In den vorangehenden Kapiteln werden ausführlich die bautechnischen Probleme und die schwierigen geotechnischen Randbedingungen erläutert. Es gab jedoch eine weitere große Herausforderung formeller Natur. Die anzuwendenden und ausgeschriebenen GfK-Bauweisen bzw. die verwendeten Bauteile hatten keinerlei normative Regelungen oder bauaufsichtliche Zulassungen. Sie waren weder in der Bemessung, Ausführung noch Prüfung geregelt. Es war daher eine Reihe von Formalitäten vor der Ausführung zu beachten, die es unter äußerstem Zeitdruck zu bewältigen galt. Zunächst musste während der technischen Bearbeitung festgestellt werden, dass der Planungszeitraum und die dazugehörigen Prüfläufe bereits ohne Puffer in der vertraglich vereinbarten Bauzeit berücksichtigt waren. So war ein Zeitraum von Beauftragung bis hin zur Ausführung der GfK-Bauwerke von sechs Monaten vorgesehen. Dies war äußerst knapp bemessen, da der Regelprüflauf bei diesem Projekt schon mit knapp drei Monaten zu Buche schlug. Führt man sich nun vor Augen, wie komplex die Bauaufgabe war, kommt man schnell zu der Einschätzung, dass die verbleibende Zeit von drei Monaten für die Arbeitsvorbereitung und Erstellung der prüffähigen Ausführungsplanung kaum ausreichend war. Um den aufgerufenen Bautermin einzuhalten war es notwendig, dass alles reibungslos verlaufen und keine Probleme auftauchen würden. Leider erfüllte sich diese Hoffnung nicht, so dass von Anfang an ein extrem hoher Zeitdruck auf dem Planungsteam lastete, da bei Verzögerungen das 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 145 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen gesamte Projekt hinsichtlich der Vertragstermine gefährdet würde und darüber hinaus noch Kosten aus Bauzeitverlängerung in hohem Maße entstehen könnten. Unter diesem hohen Termindruck galt es nun, eine Bauweise zu planen, die zunächst einmal unklarer nicht sein konnte und für selbige noch eine unternehmensinterne Genehmigung (UiG) des AG zu erlangen war. Dies war notwendig, da es sich bei der angedachten GfK-Bauweise um eine nicht normative oder durch eine DiBt-Zulassung geregelte Bauweise handelte. Das Problem hierbei war, dass zur Beantragung der UiG bereits alle zu verwendenden Materialien bekannt sein müssen und eine fertig geprüfte Ausführungsplanung beigelegt werden muss. Spätestens hier wurde ersichtlich, dass man aufgrund dieser Tatsachen in ein zeitliches Risiko laufen würde. So war zum Zeitpunkt der notwendigen Beantragung noch nicht klar, was denn überhaupt gebaut werden würde. Zu diesem Zeitpunkt wurden schon Anstrengungen unternommen, die formale und bautechnische Prüfung und Freigabe zu trennen, um die Bauzeit einzuhalten. Zudem wurden wir entgegen den Angaben in den Vertragsgrundlagen in einem Prüfrückläufer des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) zur UiG darüber informiert, dass für genannten Anwendungsfall eine Zulassung im Einzelfall (ZiE) zu erwirken sei. Man hatte daher quasi über Nacht eine weitere Schnittstelle mit einer Prüfinstanz hinzubekommen, deren Auswirkung nicht mehr einschätzbar war. Es war jedoch klar, dass hieraus weitere Maßnahmen erforderlich würden und selbst bei Entwicklung einer Baumethode, die die genannten Probleme technischer Natur lösen würde, weitere Bedingungen gestellt werden würden, die die gefundene Lösung gefährden könnten. Die Auswirkungen dieses Sachverhalts werden in Kapitel 6 näher erläutert. 4. Grundlagenoptimierung zur Umsetzung GfK-Bauweise Wie beschrieben, traten vielerlei Problemstellungen auf, die unter hohem Zeitdruck und innerhalb des vorgegebenen Kostenrahmens gelöst und abgearbeitet werden mussten. Die nachfolgenden Kapitel zeigen nun den Lösungsweg für die genannten Problemstellungen und den Weg zur erfolgreichen Umsetzung der Bauaufgabe. 4.1 Optimierung Bodenkennwerte/ Rechenansätze Zu allererst war klar, dass ohne eine Verbesserung der Grundlagen der Berechnung auf der Einwirkungsseite der Anschlagwand keine Möglichkeit bestand, die Wand standsicher zu bemessen und gleichzeitig so auszubilden, dass die Tunnelvortriebe problemlos die Wand durchfahren konnten. Es wurde gleich zu Beginn der Ausführungsplanung Anstrengungen unternommen, die beiden Bodengutachten gemäß Abbildung 8 und 9 zu harmonisieren und so bessere Kennwerte zur Berechnung der Erddrücke und somit eine Reduktion selbiger zu erhalten. In gemeinsamen Abstimmungen wurde sich darauf verständigt, mit dem Ersteller des Gutachtens direkt zu kommunizieren, da nur eine Chance bestand bessere Rechenwerte zu verwenden, wenn er sein Bodengutachten anpassen würde und in einer neuen Revision bessere Werte liefern würde. Dementsprechend wurde mit der damals beauftragten ARGE Wasser, Umwelt, Geologie (WUG) Kontakt aufgenommen und das weitere Vorgehen diskutiert. Auch der mittlerweile am Bauvorhaben eingebundene geotechnische Sachverständige (GEPRO Dresden) wurde in diese Diskussion mit einbezogen, da durch ihn die neu ermittelnden Kennwerte in der bautechnischen Prüfung bestätigt und geprüft werden mussten. Weiterhin wurde in Diskussion mit den zuständigen Prüfingenieuren und dem Aufsteller des Gutachtens die Forderung, die Wand mit erhöhtem Erddruck zu berechnen, relativiert und abgeändert. Gemäß der nachfolgenden Tabelle sollte die Wand mit den gelb markierten Ansätzen berechnet und nachgewiesen werden. Abbildung 10: Auszug DIN 4085 [5] Im weiteren Verlauf konnten die Prüfingenieure und Gutachter davon überzeugt werden, dass diese Norm für diesen Fall nicht angewendet werden musste, da Verformungen in der Anschlagwand bzw. im Baugrund dahinter nicht von Relevanz waren. Die Startbaugrube befand sich auf freiem Feld ohne Nachbarbebauung, die es zu schützen galt. Es wurde daraufhin gestattet, die Wand nur mit aktivem Erddruck zu berechnen. Weiterhin konnte in langen Gesprächen und unter Zuhilfenahme von vergleichenden Berechnungen und Beobachtungen an den Nachbarbaulosen in vergleichbarem Baugrund eine Lösung gefunden werden, die alle Beteiligten zufrieden stellte. Man konnte sich darauf einigen, dass für das Festgestein in der unteren Wandhälfte das tunnelbautechnische Gutachten anzuwenden war und die Rechenwerte aus selbigem für das Festgestein anzuwenden waren. Die von der ARGE WUG angegebenen schlechteren Ersatz-Kennwerte resultierten aus einer anderen Aufgabenstellung, die Sachverhalte zu Beginn der Entwurfsplanung vor über 20 Jahren berücksichtigte und keine felsmechanischen Themen abhandelte. Nach ersten Berechnungen wurde dann festgestellt, dass aufgrund der extrem günstigen felsmechanischen Eigenschaften und unter Ansatz von 100 Prozent aktivem Erddruck wenig bis überhaupt keine Erddruck mehr auf die Wand wirken würde. 146 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen Abbildung 11: Auszug Prüfbericht WUG Es wurde daher gemeinsam vereinbart, für diese Fälle einen Mindesterdruck-Ansatz gemäß dem Prüfbericht in Abbildung 11 auf die Wand anzusetzen, um ein erhöhtes Sicherheitsniveau zu bekommen. Die Änderung dieser Berechnungsgrundlagen war ein großer Erfolg, da hierdurch die Wand erstmals so nachgewiesen werden konnte, dass Sie bautechnisch herstellbar war. 4.2 Optimierung Wasserdruckansatz Gemäß dem Bauwerksbericht war die Anschlagwand entgegen den vorangehend gezeigten Entwurfszeichnungen unter Ansatz von Wasserdruck über die gesamte Wandhöhe zu berechnen. Diese Forderung führte zu einer erheblichen Last-Einwirkung auf die Anschlagwand. Es war somit auch zu Beginn klar, dass hier einiges Optimierungspotential vorhanden war, um die Anzahl der GfK-Anker zu reduzieren und somit weiter in Richtung erfolgreicher Umsetzung des Entwurfs gearbeitet werden konnte. Zunächst wurden Gespräche geführt, warum dieser Wasserdruckansatz überhaupt in der Form gefordert wird, obwohl die Anschlagwand in Vortriebsrichtung links von einer wasserdurchlässigen Trägerbohlwand und rechts davon der Einschnitt der BAB 8 in etwa auf Niveau der Baugrubensohle liegt. Normalerweise sollte das für eine Entwässerung des Baugrundes hinter der Wand ausreichend sein. Seitens des Aufstellers des Bauwerksberichtes wurde dann erläutert, dass dies zwar richtig sei, aber durch vertikale Klüfte sich Wasserdruck in dieser Höhe durch zulaufendes Oberflächenwasser anstauen könnte, da das Gebirge sich nicht schnell genug selbst über das Kluftgefüge entwässern könne. Zudem sei es sehr wahrscheinlich, dass durch Verwitterungsprozesse das Kluftgefüge mit gering durchlässigem verwitterten Ton- und Mergelstein gefüllt sei. Es wurde hierauf entgegnet, dass jedoch die horizontalen Scherfugen mit ca. -3° von der Wand weg fallen und zumindest dieser Sickerweg vorhanden sein sollte. Weiterhin wurden Drainagebohrungen in einem engen Raster vorgeschlagen, die bis zur Tiefe einer errechneten Ersatz-Sickerlinie und/ oder bis zur Hinterkante des errechneten Gleitkörpers reichten. Nachfolgend eine Beispielgrafik zur Ermittlung der Länge. Abbildung 12: Beispiel Ermittlung Drainagelänge Zusätzlich wurden noch weitere konstruktive Maßnahmen vorgeschlagen. So sollte der Böschungsbereich hinter der Anschlagwand mit Folie abgedeckt werden, um Oberflächenwasser fernzuhalten. Mit diesen Argumenten konnte erreicht werden, dass mit einem geringeren, als dem ursprünglich angegebenen Bemessungswasserstand gerechnet werden konnte. Hierdurch wurde eine weitere Reduzierung an erforderlichen Ankerpunkten möglich. 5. Entwicklung neuer GfK- Baumethoden zur Lösung bautechnischer Probleme Zunächst einmal war erfreulich, dass durch die vorangehenden Maßnahmen zum ersten Mal eine Ausführungsplanung möglich war, die innerhalb der bautechnischen Rahmenbedingungen und der Bauzeit sowie in einem vernünftigen Kostenrahmen möglich war. In der nun ersten prüffähig einreichbaren Ausführungsplanung waren nun noch 86 Ankerpunkte mit den Serienbauteilen der Minova K60-32 GfK-Ankern möglich. Diese erste Version wurde nun aufgrund des hohen Zeitdrucks zur Vorprüfung eingereicht und parallel mit allen Beteiligten abgestimmt. Die erste Euphorie im Planungsteam wurde jedoch schnell gebremst, da seitens des Tunnelvortriebs immer noch Bedenken bestanden, diese vielen GfK- Anker zu durchfahren. Abbildung 13: 1. Version Ausführungsplan Das Rad wurde somit wieder etwas zurück gedreht und es mussten weitere Verbesserungen zur Reduzierung der Ankeranzahl gefunden werden. 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 147 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen 5.1 Ersatz der gering tragfähigen GfK-Kopfkonstruktion Zunächst wurde das aktuell schwächste Glied der Kraftableitung, nämlich der Ankerkopf, untersucht, da man sich hier das meiste Optimierungspotential versprach. Wie in Abbildung 7 gezeigt, hat der Kopf im Vergleich zum Ankerstab nur etwa 1/ 6 der Tragfähigkeit. Insofern war hier schon genug Potential vorhanden, um alle Probleme zu lösen. Weiterhin war durch die Auflagen aus der UiG- und ZiE-Prüfung bereits klar, dass jegliche Ausführungsart mit Versuchen, Gutachten und Prüfungen nachgewiesen werden musste. Insofern war man auch frei, etwas völlig Neues zu entwickeln, da es an dem Prozess und dem Aufwand zur Genehmigung keinen Unterschied gemacht hätte. In internen Besprechungen kam die Idee auf, die notwendigen Kräfte über Verbund und Reibung im Bohrpfahl abzutragen und so einen höher tragenden Pfahlkopf innerhalb des Pfahls herzustellen oder zumindest einen Teil der Kräfte hierüber abzuleiten. Man hätte hierbei quasi eine Kombination aus Ankerkopf und verspanntem Ankerhals erhalten, welche in Summe tragfähiger als der reine Kopf wäre. Nach ersten überschlägigen Berechnungen in der folgenden Abbildung wurde ersichtlich, dass die Reibung und der Verbund alleine ausreichen würden, um sämtliche Ankerkräfte abzutragen. Abbildung 14: Überschlägige Berechnung Weiterhin hatte man durch diese Vorgehensweise einen weiteren Vorteil, da hierdurch die Verwendung von herkömmlichen GfK-Bewehrungsstäben ohne Gewinde der Firma Schöck möglich waren, welche bis zum Durchmesser 25 mm eine bauaufsichtliche Zulassung besaßen und somit zugelassene Berechnungsmethoden, Ausführungsanweisungen und Materialien vorhanden waren. Hierdurch erhoffte man sich eine extreme Beschleunigung der Erteilung einer ZiE, da nunmehr nur die Übertragung der Baumethode in die Geotechnik erfolgen und nicht erst mit der Grundlagenforschung begonnen werden musste. Es wurde daher festgelegt, dass der Vorschlag einen „innenliegenden Ankerkopf“ mit Reibung und Verbund in Übereinstimmung mit der Zulassung der Schöck-Combarstäbe weiter verfolgt wird. Diese erste Idee wurde allerdings von den Prüfingenieuren verworfen, da normativ nur die Druckzone eines Stahlbetonbauteils für Verbundverankerung angesetzt werden darf. Aufgrund der Ablehnung wurde entschieden, dass die notwendige fehlende Verbundlänge über ein aufgesetztes Betonbauteil in Zylinderform ergänzt wird und man so eine Kopfkonstruktion herstellt, die außerhalb der Zugzone liegt und durch Längenvariation auch höher belastet werden könnte. Es konnten hierdurch auch GfK-Anker mit doppeltem Zugglied verwendet werden, da man nun in der Verteilung der Kraft variabler war. Hierdurch stellten sich zunächst extrem positive Effekte auf die Ankeranzahl ein, da die Kopf-Länge und somit die Tragkraft variierbar war. Die folgende Abbildung zeigt die Dimensionierung und Ausbildung des Kopfbauteils. Abbildung 15: Dimensionierung Ankerkopf Dies war statisch gesehen eine einwandfreie Lösung, da hierdurch hohe Kräfte abgetragen werden konnten und nicht mehr die Bauteile die Bemessung limitieren, sondern die Randbedingungen wie Baugrund und Bauablauf. Leider traten aber auch neue Fragestellungen aufgrund dieser neuen entwickelten Baumethode auf. 5.2 Normativer Rahmen der neuen GfK-Bauweise Zunächst einmal stellte sich dem Planungsteam, dem ZiE-Gutachter und den Prüfingenieuren die Frage, was dieses neue GfK-Bauteil nun für ein Charakter hatte und welchen normativen Regelungen hierfür überhaupt anwendbar waren. War das neue Bauteil überhaupt noch ein 148 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen Anker? Die Klärung dieser Fragestellung war zunächst extrem wichtig, da hiervon zum einen Bemessungs- und Ausführungsvorgaben, die Schnittstelle zur Einbindung in den Baugrund und letztendlich die Prüfung der Bauteile abhingen. Dies alles musste zur Verfeinerung der Methode klar sein, da sich hieraus ggf. weitere Fragestellungen ableiten würden. Sehr schnell kam man gemeinsam zum Schluss, dass es sich bei der neuen Baumethode nicht mehr um einen GfK-Anker, sondern um einen Micro-Pfahl mit einem GfK-Zugglied und einem Ortbetonkopf kandelt. Insofern waren hierdurch schon einmal wesentliche Teile wie die Kopfausbildung in Beton, die Prüfung und die Bemessung der äußeren Tragfähigkeit bekannt und normativ geregelt. Dies wirkte sich auch positiv auf die ZiE- Beantragung aus, da hierdurch schon genormte „Leitplanken“ bestanden. Es herrschte somit weitestgehend Klarheit, bei vielen wichtigen Fragestellungen. 5.3 Ausführung der Kopfkonstruktion Wie in Abbildung 15 gezeigt, hatte man zunächst eine einwandfreie Lösung zum Abtrag von beliebig hohen Pfahlkräften. Was die Abbildung jedoch auch zeigt und was auch vom ZiE-Gutachter angesprochen wurde war, dass bei dieser Art der Kopfausbildung Spaltzugkräfte auftreten, wie sie bei einer herkömmlichen Pfahlkopfeinbindung in eine Bodenplatte etc. auch zu berücksichtigen sind. Dies war nun wirklich ein Problem, da natürlich auch diese Teile aus GfK sein mussten, um die ursprünglichen Probleme mit Stahlbauteilen nicht wieder aufkommen zu lassen. Das Problem hierbei war, dass man GfK-Stäbe nicht in einem so kleinen Biegeradius formen kann. Man war hier auf ca. 30 cm Biegeradius begrenzt. Eine Lösung mit Bügelbewehrung kam nicht in Frage, da für die Ecken der Bügel natürlich das gleiche galt und aus diesem Grund nur kurze Stäbe mit entsprechender Verankerungslänge im Wechsel eingelegt werden können. Diese beiden Möglichkeiten führten dazu, dass die Köpfe so oder so Dimensionen annehmen würden, die herstelltechnisch nicht mehr zu bewältigen waren. Der Vorschlag des Prüfingenieurs ging so weit, dass er überlegte, ein GfK-bewehrtes Betonbalkengitter vor die Pfahlwand zu setzten, in dessen Kreuzungspunkten die Pfahlköpfe lagen und der Spaltzug über die hierdurch mögliche vertikale und horizontale GfK-Bewehrung des Rostes abgetragen würde. Dieser Vorschlag wurde verworfen, da er zu einem ein finanzielles Fiasko geworden wäre und zum anderen die Bauzeit nicht mehr gehalten werden konnte. Es musste aus den genannten Gründen eine Lösung für das Thema „Spaltzug“ gefunden werden, da die Lösung dieses Problems ausschlaggebend für die erfolgreiche Umsetzung der neuen Baumethode war. Man kam dann auf die Idee, die Spaltzugbewehrung im Zylinder durch eine außenliegende Umwicklung des Zylinders mit Carbon-Sheets zu ersetzen. Diese Möglichkeit wurde sofort weiter verfolgt, da im eigenen Hause eine Spezialabteilung für Kohlefaser-Verstärkung und Sanierung von Betonbauteilen existiert. Besonders vorteilhaft war, dass die genannten Techniken im Haus bereits eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung besitzen und somit die Vorteile für eine zugelassene Bauweise auch für diesen Fall anwendbar waren. Dies war eine deutliche Verbesserung hinsichtlich der ZiE, da die GfK-Bügel und Wendelbewehrung keine Zulassung besitzen und somit hier aufwändiger zu Prüfen und Nachzuweisen gewesen wären. Sämtliche Prüfer und der ZiE-Gutachter stimmten dieser Ausführung zu, da auch sie die Vorteile der zugelassenen Bauweise erkannten. Da nun aber die Herstellung auf der Baustelle in den Vordergrund trat, kamen weitere Fragestellungen auf. Wie sollte so ein Bauteil hergestellt werden? Ein KG-Rohr auffädeln, ausgießen mit Vergussbeton und anschließendes Umwickeln mit Carbon-Sheets schien zunächst einmal wenig befriedigend, da dies einen zeitintensiven Prozess unter Baustellenbedingungen bedeutete. Relativ schnell war man hier nun bei einer Fertigteillösung, um den Kopf im Vorfeld herstellen zu können, ihn an der Wand mit einer Montageschraube zu befestigen und anschließend nur das „Montageloch“ zu vergießen. Gleichzeitig kam hierbei auch die Idee auf, dass Innere des Kopfzylinders konisch zu gestalten, was durch die Ausführung als Fertigteil problemlos möglich war. Nachfolgend ein Schnitt durch die Kopfkonstruktion mit den genannten Optimierungen. Abbildung 16: Schnitt Fertigteilkopf Dies hatte den immensen Vorteil, dass durch die „Keilwirkung“ bzw. Druckflächenbetrachtung mehr Kraft aufgenommen werden konnte, als bei einer geraden Verbund-Bauweise. Hierdurch konnte im Nachgang auch die Länge des Bauteils weiter reduziert werden. Dies war nun zunächst einmal eine Lösung, die zum ersten Mal alle Beteiligten zufrieden stellte und auch die erste umsetzbare Ausführungsplanung war. Somit war die Zielsetzung zwar mit höheren Kosten durch extrem teure Fertigteile erreicht, jedoch auch in Verbindung mit weniger herzustellenden Pfahlmetern. Durch diesen Umstand hielt sich der finanzielle Verlust in Grenzen und die Bauzeit blieb in etwa gleich. Nachfolgende Abbildung zeigt diese Ausführungsvariante, die zur Anwendung kommen sollte. 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 149 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen Abbildung 17: 5. Version Ausführungsplan 5.4 Optimierung hinsichtlich Kosten und Ausführbarkeit In der Prüfungsphase der Planung kam jedoch die berechtigte Frage auf, wie denn der Anfahrvorgang und der maschinelle Anschlag der Tunnelröhren mit den vorstehenden Köpfen in Einklang zu bringen sei. Der Einwand war, dass die Köpfe ca. 60 cm vor der Wand stehen und wenn das sich drehende Schneidrad der TVM die Köpfe erfasst, alle auf einmal wegbrechen würden und die Wand somit über den Großteil ihrer Höhe schlagartig keine Stützung mehr hätte, da die TVM den Spalt nicht schnell genug „zufahren“ könnte. Dadurch bestand die realistische Gefahr, dass die Wand einbrechen könnte und somit wäre der ganze Tunnelvortrieb schon vor Einfahrt zum Erliegen gekommen. Natürlich war dies ein nicht hinnehmbares Risiko für Personal und den Verkehr auf der benachbarten BAB 8. Die schnelle Lösung war, einfach eine Vorsatzschale aus Spritzbeton in Stärke der Kopflänge im Anschlagbereich aufzubringen, so dass wenn die Köpfe abgeschert werden, das TVM-Schild die Wand über den Beton stützt. Diese Idee wurde schnell verworfen, da sie zum einen sehr teuer in der Herstellung aber zum anderen auch gar nicht umsetzbar war. Für den Anfahrvorgang waren Anfahrdichtungen in Form von Stahltöpfen vorgesehen und bereits gefertigt. Die angedachte Problemlösung hätte jedoch dazu geführt, dass genannte Dichtungen um 60 cm verlängert werden müssten. Dies hätte einen extremen Zeit- und Kostenverlust bedeutet. Auch wären in der Wand wieder GfK-Pfähle dazu gekommen, da die Dichtung an der Wand montiert würde und durch die Verlängerung ein höheres Gewicht hätte, welches von der Pfahlwand wieder getragen werden müsste. Nach langen Überlegungen wurde die Idee entwickelt, den Kopf wieder in den Pfahl zu verlegen und den Konus in selbigem abzubilden. Hierdurch könnten die vorangehenden normativen Einschränkungen mit der Druckzone umgangen werden, weil eine andere Art der Kraftübertragung vorläge. Es waren hiermit auch alle Beteiligten einverstanden, da es hier um einfache Nachweisführung aus dem Betonbau gehen würde. Auch das Thema „Spaltzug“ würde hierbei nicht mehr zum Tragen kommen, da die Krafteinleitung innerhalb eines Pfahlbewehrungskorbes erfolgen würde, der entsprechend ausgestaltet, diese Kräfte mit aufnehmen konnte. Parallel zu den Abstimmungen wurde geprüft, wie der Konus im Pfahl umgesetzt werden könnte. Seitens der Planer wurde vorgeschlagen, diesen über abgestufte Kernbohrungen herzustellen. Dies hatte den positiven Effekt, dass man noch zusätzlich Kreisringflächen hatte, die als Druckflächen angesetzt werden konnten. Erste Berechnungen zeigten sogar, dass hierdurch gar kein Konus mehr notwendig war und alles wieder über Verbund und die Kreisringflächen möglich war. Das hatte den Vorteil, dass sich der Spaltzug durch die fehlende Keilfläche verringert und die gestaffelte Bohrung über dies noch einfacher herzustellen war. Abbildung 18: Innenliegender Pfahlkopf Diese Ausführung war der Durchbruch und der sprichwörtliche große Wurf. Alle Prüfingenieure und Gutachter segneten diese Ausführung ab. Es gab keine Kostenintensive Vorsatzschale mit Dichtungsverlängerung oder ein teures Kopf-Fertigteil mit Carbon-Verstärkung. Nun waren wirklich alle Beteiligten zufrieden und die Variante wurde zur Prüfung eingereicht und in den angesprochenen finalen ZiE-Antragsprozess weitergereicht. 6. Formelle Genehmigung der Baumethoden mit UiG und ZiE 6.1 Ablauf der UiG und ZiE-Erlangung Wie bereits in Kapitel 3.3 angesprochen, unterlag die im Entwurf gewählte GfK-Bauweise der Auflage, dass hierfür eine UiG der Bahn beantragt werden musste. Dass Problem hierbei war, dass zunächst eine fertige und geprüfte Ausführungsplanung vorliegen musste. Sämtliche Einbauteile mussten in der Bauprodukteliste benannt sein. Es mussten alle baubetrieblichen Rahmenbedingungen geklärt und sämtliche Arbeitsanweisungen beigelegt werden. Es war nahezu unmöglich, alles in der aufgerufenen Bauzeit zu erfüllen. Besonders im Hinblick auf die vorangehend genannten Probleme und der Tatsache, dass man viele Randbedingungen noch gar nicht abschließend kannte, da sämtliche Planungen, Prüfungen und AV noch in vollem Gange waren. Auf Grund der Zeitschiene wurde vereinbart, die erste Planung vorab einzureichen und zu prüfen, um wenigstens den Beantragungsprozess in Gang zu bringen und geltende Grundlagen vorab abzustimmen. Problematisch hierbei war vor allem, dass am Ende einer dreimonatigen Vor-Prüfungsphase zur UiG die Auflage ausgesprochen wurde, eine Zulassung im Einzelfall beim 150 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen Eisenbahn-Bundesamt zu beantragen. Dies bedeutet unter anderem, dass ein bauaufsichtlich zugelassener Gutachter mit Zulassung beim Eisenbahnbundesamt eine Begutachtung der Baumethode vornehmen und die Ergebnisse der Berechnungen in einer unabhängigen Prüfung bestätigen muss. Gleichzeitig wurde eine Materialprüfung der nicht zugelassenen Baustoffe gefordert und die Prüfung von nicht genormten Baumethoden an Großversuchen angeordnet. Dies bedeutete zunächst einmal, dass Bauzeit und Baukosten nicht mehr kontrollierbar waren. Im Einzelnen bedeutete dies zunächst die Anfertigung eines Gutachtens mit mehreren hundert Seiten in mehreren Entwurfsstadien, da der Gutachter bereits den beschriebenen Entwicklungsprozess der Baumethode begleitete. Weiterhin eine, aus diesem Begleitungsprozess heraus resultierende, ständige Überarbeitung der Ausführungsplanungen aufgrund der gutachterlichen Ergebnisse und Nachrechnungen. Umso erfreulicher war, dass mit der Version 6 des Gutachtens letztendlich alle in der Theorie abgehandelten Problemstellungen vom Gutachter positiv bestätigt werden konnten und somit die Ausführungsplanung in den finalen Prüflauf gehen konnte. Auch von den bautechnischen Prüfern gab es keine Einwände mehr, da alle angesprochenen hindernden Umstände berücksichtigt wurden. Zur finalen Erteilung der ZiE und der dann folgenden Freigabe zur Ausführung fehlte somit nur noch der angeordnete Großversuch, um die Berechnungsergebnisse in der Praxis zu bestätigen. 6.2 Großversuch Baumethode Die erste Auflage des Großversuchs war, dass das gesamte System Pfahlkopf im GfK-Bohrpfahl und Verbund GfK-Zugglied im Pfahlkopf getestet werden sollte. Es wurde verlangt, dass ein Versuch im Maßstab 1: 1 erfolgen sollte. Dies war zunächst ein Problem, da man hierfür zunächst einen Pfahl bohren und eine Baugrube ausheben müsste, um die Prüfung durchzuführen. Da dies so nicht möglich war, wurde vereinbart, dass ein Versuchsbalken hergestellt wird, der hinsichtlich Bewehrung, Verformung etc. genau die gleichen Eigenschaften wie der spätere Bohrpfahl aufweisen sollte. Abbildung 19: Herstellung Versuchsbalken Eine weitere Maßgabe war, dass nicht die Kopfkonstruktion im Pfahl versagen sollte, sprich die Stäbe aus dem Pfahl gerissen werden sondern entweder der „Bohrpfahl“ oder der GfK-Stab zerstört werden sollten. Abbildung 20: Versuchsaufbau Abbildung 20 zeigt den Versuchsaufbau und die Versuchsdurchführung. Zum Nachweis der Verankerung wurde eine Serie mit 3 Probepfählen angeordnet, welche dann mittels einer Hohlkolbenpresse aus dem Pfahl gezogen werden sollten. Wichtig dabei war, dass die Presse nicht direkt auf dem Balken abgesetzt werden sollte, da auch die Durchbiegung des Pfahls simuliert werden musste. Dies war wichtig, weil der Prüfingenieur den Einfluss der Zug- und Druckzone im Pfahl abgebildet haben wollte. Das folgende Bild zeigt die Auswertung des Versuchs am Beispielpfahl 3. Abbildung 21: Versuchsergebnis Pfahl 3 Die Versuchsergebnisse waren ein voller Erfolg der sämtliche Berechnungen noch übertraf. Das in Abbildung 21 gezeigte Limit der Tragfähigkeit von ca. 1,1 MN entspricht der Bruchlast der eingesetzten GfK-Stäbe. Darüber hinaus begann bei dieser Kraft schon der Pfahl zu versagen. Der innenliegende Ankerkopf blieb bei dieser Last jedoch weitestgehend unbeschädigt. Es ist daher davon auszugehen, dass die gewählte Verankerung im Pfahl eine wesentlich höhere Tragfähigkeit hatte, die mit dem gewählten Versuchsaufbau jedoch nicht mehr getestet werden konnte. Dies spielte jedoch ohnehin keine Rolle mehr, da das Versuchsziel bei weitem erfüllt war. 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 151 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen Nach Vorlage der Versuchsergebnisse war die Erteilung einer ZiE nur noch Formsache, da alle Annahmen und Berechnungen bestätigt und in der Praxis verifiziert waren. Folgerichtig wurde die ZiE für den neuen GfK-Micro-Pfahl mit verstecktem Pfahlkopf etwa zwei Wochen später erteilt und die Ausführung wurde gemäß den eingereichten und nun auch grün geprüften Ausführungsplänen freigegeben. Alle Beteiligten waren froh, dass die ca. 8 Monate dauernde Bearbeitungszeit und die Mehrkosten nicht umsonst waren und zu einer erfolgreichen Umsetzung einer technisch anspruchsvollen Bauaufgabe, einer ungewöhnlichen Baumethode und vielleicht sogar zu der Entwicklung eines neuen Pfahlsystems geführt haben. Jetzt war es nur noch wichtig, diese Ergebnisse zu bestätigen und auch die Praxistauglichkeit im Baustellenbetrieb zu gewährleisten. 7. Praxisanwendung und Prüfung der GfK-Micro-Pfähle Gemäß den Auflagen in der nun erteilten Zulassung mussten noch weitere Versuche vor Ort ausgeführt werden, um die Tragfähigkeit des neuen Pfahlsystems in Interaktion mit dem Baugrund zu bestätigen. Aus diesem Grund wurde zunächst eine herkömmliche geotechnische Eignungsprüfung am Einbauort gefordert. Darüber hinaus mussten gemäß der Pfahlnorm und aus Forderungen der eigenen Qualitätssicherung weitere Probebelastungen im weiteren Bauablauf ausgeführt werden. Dies schien zunächst kein Problem zu sein, da es sich bei den geforderten Prüfungen um Standartprozesse handelte, die nahezu bei jedem Projekt sowieso ausgeführt werden müssen. Relativ schnell stellte sich dann heraus, dass es doch ein Problem werden würde, da nicht klar war, wie man den GfK-Pfahl, der zwei Stäbe hatte über die Hohlkolbenpresse mit der Prüfkraft beaufschlagen sollte. Eine Verschraubung hinter der Presse war grundsätzlich nicht mehr möglich, da es sich nicht mehr um einen Gewindestab handelte. Im nächsten Schritt überlegte man, wieder die CfK-Fertigteil-Köpfe einzusetzen. Dies hätte zwar technisch funktioniert, war aber in der Praxis nicht so leicht umsetzbar, da man hierdurch für die Eignungsprüfung zunächst einmal drei Hohlkolbenpressen eingebaut und die Fertigteile dann ausgegossen werden müssten. Anschließend könnte die Prüfung nach erhärten der Vergussmasse ca. 7 Tage später ausgeführt werden. Dies war auch nicht möglich, da hierdurch sämtliche Prüfpressen der Einheit für eine Woche aus dem Verkehr gezogen würden. Es musste also zunächst einmal eine eigens für dieses Pfahlsystem anwendbare Krafteinleitungs-Kupplung entwickelt werden. Abbildung 22: Gewinde-Doppelkupplung Die Abbildung zeigt die gewählte Lösung. Es wurde zunächst eine Endkappe hergestellt, die mit einem Gewinde-Rohr mit entsprechender Länge verschweißt wurde. Anschließend wurde das Rohr mit hochfestem Beton vergossen. Hierdurch erhält man zumindest eine zeitliche Trennung von Herstellung der Prüfeinrichtung und der eigentlichen Bauteilprüfung. Da es sich bei dieser Kupplung um ein sicherheitsrelevantes Bauteil handelte, welches mit hohen Kräften beaufschlagt wird, musste dieses vor dem Einsatz in Personennähe ebenfalls geprüft werden. Nachfolgend werden der Prüfaufbau und die Versuchsdurchführung gezeigt. Abbildung 23: Prüfung Kupplung Auch diese Versuche konnten erfolgreich durchgeführt werden und es war klar, wie die Bauteilprüfungen vor Ort erfolgen würden. Der Aufbau der Prüfeinrichtung und die Vorbereitung der Probepfähle vor Ort war wiederum auch kein großes Problem mehr, da die gewählte Variante einfach auszuführen war. Es musste nur genügend zeitlicher Vorlauf eingeplant und die Prüfkupplung bis zum Ende der Prüfung gegen Beschädigung geschützt werden. Diese genannten Bedingungen waren im Bauablauf ohne weiteres einhaltbar. Alle Prüfungen und Probebelastungen wurden ohne zeitlichen Mehraufwand und ohne Probleme durchgeführt. 152 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 GfK-Bauweisen bei Tunnelanschlagssituationen Abbildung 24: Probebelastung GfK-Pfahl Die obige Abbildung zeigt die Durchführung einer Probebelastung eines GfK-Pfahls. Es konnte eine Pfahltragfähigkeit von 600 KN ohne weiteres nachgewiesen werden. Insofern war auch die Praxistauglichkeit der neuen Baumethode eindeutig nachgewiesen und der Bau der Anschlagwand mit den GfK-Pfählen konnte erfolgreich abgeschlossen werden. 8. Fazit 8.1 Generell Das neue GfK-Pfahlsystem hat sich im weiteren Bau der Baugruben als extrem Praxistauglich gezeigt. Es traten keinerlei Probleme in der Herstellung, in der Prüfung noch in der Nutzung der Baugrube auf. Das neue System ist leicht herzustellen und in der Ausführung auch relativ anspruchslos. Die gewählte Art und Weise besticht durch ihre Einfachheit und übertraf die Erwartungen an die Umsetzung auf der Baustelle bei weitem. Aus diesen Gesichtspunkten heraus kann das System uneingeschränkt weiter empfohlen werden. Die einzige Hürde ist die formelle Genehmigung dieser Bauweise im Vorfeld. Ist dies jedoch rechtzeitig geklärt, bestehen keine Probleme bei der Umsetzung mehr. 8.2 Vor- und Nachteile Nachfolgend werden noch Stichpunktartig einige Vor- und Nachteile gezeigt, die das GfK-Pfahlsystem hat. Vorteile: - Kopfkonstruktion ist innerhalb des Pfahls und so geschützt vor Beschädigung. Hierdurch Abminderungen der Prüfkräfte möglich. - I.d.R. kein Hebegerät und weniger Transporte für Zugglied erforderlich, da sehr leicht. - Micropfahl stellt kein Hindernis für kommende Bauwerke dar. Hierdurch Vorteile im innerstädtischen Bau, wo i.d.R. teure rückbaubare Ankersysteme eingesetzt werden müssen. - Kann als Dauerpfahl ausgeführt werden, da kein Bauteil korrodieren kann. - Beliebig hohe Kräfte ableitbar, da durch Zuggliedanzahl und Größe der Kernbohrung angepasst werden kann. - Platz innerhalb der Baugrube kann besser ausgenutzt werden, da keine Bauteile in die Grube ragen. Nachteile: - Handhabung muss etwas sorgfältiger erfolgen, da GfK keine Querkräfte und Knicken verträgt. - Längere Fertigungszeiten für GfK-Stäbe. - Nur bedingt vorspannbar, da Vorspannkraft bis zur Erhärtung der Vergussmasse aufgebracht sein muss. - Verwendung muss vorab geklärt werden, da keine bauaufsichtliche Zulassung. Quellenangaben [1] http: / / www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de [2] Ausschreibungsunterlagen PFA 2.1.a/ c Teil F [3] Prospekt FiReP Minova CarboTech GmbH [4] Prüfbericht EMPA Dübendorf CH, Minova Carbo- Tech GmbH [5] Normenportal Beuth-Verlag