Kolloquium Bauen in Boden und Fels
kbbf
2510-7755
expert verlag Tübingen
0101
2020
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Realisierung von besonderen regionalen Baumaßnahmen – schnell und kostengünstige Lösungen durch vormontierte Kunststoff-bewehrte Erde
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Sebastian Schiller
Ralf Ziegler
Stahlbasierte vormontierte Kunststoff-Bewehrte-Erde Systeme können für komplexe Bauaufgaben kostengünstige und ökologische Lösungen bieten. Die Vorteile in der Flexibilität, Handhabungssicherheit und Baugeschwindigkeit werden an drei konkreten Projekten aufgezeigt.
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12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 193 Realisierung von besonderen regionalen Baumaßnahmen - schnell und kostengünstige Lösungen durch vormontierte Kunststoff-bewehrte Erde Sebastian Schiller MSc. Geow. Bermüller und Co. GmbH, Nürnberg Ralf Ziegler Dipl.-Ing (FH) Bermüller und Co. GmbH, Nürnberg Zusammenfassung Stahlbasierte vormontierte Kunststoff-Bewehrte-Erde Systeme können für komplexe Bauaufgaben kostengünstige und ökologische Lösungen bieten. Die Vorteile in der Flexibilität, Handhabungssicherheit und Baugeschwindigkeit werden an drei konkreten Projekten aufgezeigt. 1. Einführung Der gestiegene Flächenbedarf für Infrastruktur- und Erschließungsmaßnahmen hat sich in den letzten Jahrzenten im Infrastrukturbau zu einem wesentlichen Eckpunkt in der Bauplanung entwickelt. Daher ist es notwendig, für übersteile Böschungen und Wandkonstruktionen möglichst platzsparende Baulösungen zu finden. Kunststoff-bewehrte Erde Systeme bieten hierbei die Möglichkeit, kostengünstig und ressourcenschonend übersteile Böschungskonstruktionen mit ansprechender Frontgestaltung zu errichten. Das primäre Ziel der KBE ist, durch Einlegen von Zugbändern die Standsicherheit von übersteilen Konstruktionen zu gewährleisten. Hierbei hat sich in den letzten Jahren die Verwendung besonders robuster Bewehrungsmaterialien wie Stahl und ein hoher Grad an Vormontage der einzelnen Elemente bewährt. Nachfolgend sollen drei regionale Projekte mit besonderen Aufgabenstellungen genauer vorgestellt und hierbei die Vorteile von vormontierten, stahlbasierten bewehrten Erde Konstruktionen erläutert werden. Abbildung 1: GREEN TERRAMESH Element mit vormontierten Bauteilen. [MACCAFERRI, 2014] A Gedrilltes sechskantiges Stahldrahtgittergeflecht mit Duplexschutz B Quer eingezogene Spanndrähte C Erosionsschutzmatte aus PP-Gewebe D Neigungsdreieck als Aufstellhilfe E Spannhaken (nicht vormontiert) zum Einstellen der Frontneigung F C-Klammern (nicht vormontiert) zur Verbindung der Elemente am vertikalen und horizontalen Stoß und somit errichten einer geschlossenen Front G Geschweißte Baustahlmatte als verlorene Schalung 194 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Realisierung von besonderen regionalen Baumaßnahmen - schnell und kostengünstige Lösungen durch vormontierte Kunststoff-bewehrte Erde 2. Blaichach - Übersteiler Damm aus bewehrter Erde als Auflager für einen Brückeneinschub. Die Kreisstraße OA 29 verläuft im Landkreis Oberallgäu zwischen den Gemeinden Blaichach und Burgberg. Sie stellt eine wichtige Verbindung zwischen der Kreisstraße OA 5 und der Staatsstraße St 2007 dar. Teil der Kreisstraße ist das Brückenbauwerk über die Iller und die Bundesstraße B19. Die auf 1,7 km auszubauende OA 29 entsprach nicht mehr den Anforderungen an eine moderne Verkehrsachse. Die Fahrbahnbreite betrug bereichsweise lediglich 5,00 m. An der Brücke über die Iller und die B 19 bestand Sanierungsbedarf. Die Fußgänger wurden ohne ausreichenden Gehweg über die Brücke geführt. 2.1 Ausgangssituation und Aufgabenstellung Die Kreisstraße wird in Dammlage zum Brückenbauwerk geführt und überquert die Iller und die Bundesstraße. Der Damm hat eine Höhe zwischen 2,50 m und 7,30 m. Er wurde im Zuge des Ausbaus um bis zu 1,00 m erhöht. Durch die Trassierung der Ausbauplanung und dem neuen Straßenquerschnitt ergab sich im ursprünglichen Entwurf eine vergrößerte Dammaufstandsfläche. Im Zuge der Planung wurde festgelegt, dass die bestehenden Grundstücksgrenzen und somit der Dammfuß nicht verändert werden. Eine Verbreiterung des Damms durch die vorgesehene Schüttung war daher nicht mehr möglich. Abbildung 2: Überquerung der Bundesstraße B19 und der Iller. 2.2 Lösung Die Verbreiterung des Damms sollte auf Grund der geänderten Randbedingungen mittels dem Bauverfahren der bewehrten Erde erfolgen. Eine im Projekt zu berücksichtigende Herausforderung stellte der parallel laufende Brückenbau dar. Die Brücke sollte mittels Taktschiebeverfahren vom östlichen Damm aus erstellt werden. Hierzu musste ein Taktkeller auf einem Zwischenniveau des Damms errichtet werden. Erst in einem zweiten Ausbauschritt konnte der Damm zu einem späteren Zeitpunkt auf sein endgültiges Niveau gebracht werden. Das System GREEN TERRAMESH konnte hierzu optimal verwendet werden, ohne dass ein zusätzlicher Baubehelf erforderlich geworden wäre. Abbildung 3: Anrampung an das Brückenbauwerk mit bereits einsetzender Begrünung. 3. Schwäbisch Gmünd - Erweiterung eines Werksgeländes in dichter Bebauung. Der metallverarbeitende Industriebetrieb fertigt am jetzigen Produktionsstandort seit dem Jahr 2007. Aufgrund der hohen Auslastung wurde eine Erweiterung des Werksgeländes mit neuen Fabrikationshallen und Lagerflächen erforderlich. 3.1 Ausgangssituation und Aufgabenstellung Das Werksgelände mit einer Größe von ca. 4,1 ha liegt an einem nach Süden flach abfallenden Hangbereich. Südlich der bestehenden Hallen stand im unmittelbaren Anschluss eine geeignete Grundstücksfläche zur Verfügung. Um einen reibungslosen und effektiven Produktionsablauf zu ermöglichen war es erforderlich, die Erweiterungsfläche auf Höhe der bestehenden Fertigungshallen anzuordnen. Der Höhenunterschied zwischen Altbestand und Neubaufläche betrug dabei bis zu 5,0 m. Auf der Neubaufläche war seit der Errichtung des bestehenden Werksgeländes ca. 22.000 m³ Erdreich aus vorangegangenen Baumaßnahmen aus stark wassergesättigten Schluffen und Tonen gelagert. Auf der gesicherten Bodenmiete war die Errichtung einer ca. 10 m hohen neuen Fabrikationshalle sowie neue Logistik—und Lagerflächen vorgesehen. Hierbei sollte unter Einhaltung der aus dem Bebauungsplan vorgegebenen Grenzabstände einen möglichst minimalen Abstand zur Grundstücksgrenze einhalten werden, um die zur Verfügung stehende Grundstücksfläche effektiv auszunutzen. 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 195 Realisierung von besonderen regionalen Baumaßnahmen - schnell und kostengünstige Lösungen durch vormontierte Kunststoff-bewehrte Erde Als ursprüngliche Planungsüberlegung von Seiten der Stadtverwaltung und des Auftraggebers wurde eine umlaufende betonierte Winkelstützmauer vorgeschlagen. Aufgrund der großen Sicherungshöhe von bis zu 5 m hätte sich eine sehr ungünstige optische Situation für die Nachbarschaft ergeben. Es wären zudem umfangreiche Erdarbeiten in der Erdmiete erforderlich gewesen, um die Einbindelänge des Stützwandfußes herstellen zu können. Abbildung 4: Geplantes Baufeld zur Werkserweiterung mit bestehender Erdmiete. [Tauw, 2019] 3.2 Lösung Zum Einsatz kam daher das voll begrünbare Böschungssicherungssystem GREEN TERRAMESH aus verzinktem und kunststoffummantelten Stahldrahtgittergeflecht mit integrierter Erosionsschutzmatte. Die Steilböschungen wurde aus 6 - 7 Lagen GREEN TER- RAMESH Light mit einer Mächtigkeit von jeweils 0,70 m und einer Frontneigung von 60 Grad errichtet. Dabei wurden Böschungen mit einer Höhe von 4,5 m bis 5,0 m gesichert. Die bergseitige Einbindelänge der einzelnen Lagen betrug dabei je nach statischer Erfordernis 2,0 m bis 4,0 m. Im Frontbereich wurde eine 30 cm Oberboden-Schotteschicht mit Grassameneinmischung zur Begrünung der Böschungsoberfläche eingesetzt. Hinter der Stützkonstruktion wurde eine Drainage DN 150 mit Kiespackung und Filtervlies zur Verhinderung von Stau- und Schichtenwasserhorizonten mit Auslauf in einen Versickerungsgraben vor der Stützkonstruktion angeordnet. Die neue Halle wurde mittels Brunnenfundemten über Ortbetonsäulen bis in den unterhalb der Bodenmiete anstehenden, gewachsenen tragfähigen Boden gegründet. Von Süden war die Errichtung einer Feuerwehrzufahrt erforderlich, welche auf einer Strecke von ca. 30 m den Höhenunterschied von ca. 5,0 m überwinden musste. Auch hier konnte aufgrund der hohen Anpassungsfähigkeit des Green Terramesh Systems eine ansprechende Lösung erzielt werden. Abbildung 5: Fertiggstellte Werkserweiterung mit 60° Steilböschung. [Tauw, 2019] 4. Braunsbach - Sanierung eines Hangrutsches nach einem Sturzflutereignis Die Gemeinde Braunsbach liegt im Kochertal im Landkreis Schwäbisch-Hall. Durch eine stationäre Gewitterzellenlinie, welche zu Starkniederschlägen (ca. 40 mm/ h) führte, kam es am 29.06.2016 zu Sturzfluten im Orlacher-Bach und im Schlossbach, welche im gesamten Bachverlauf und dem Ortskern starke Schäden hervorriefen. Abbildung 6: Böschung nach Sturzflut und Hangrutschung. 4.1 Ausgangssituation und Aufgabenstellung Nach der Sturzflut musste nicht nur die beschädigte Bausubstanz wiederinstandgesetzt und 42.000 m³ Geröll aus dem Ort entfernt werden, sondern auch die L1036 zwischen Braunsbach und Orlach saniert und der Bach mit einem Wildbachverbau aus Tosbecken und Geröllfängen für zukünftige Starkniederschläge gerüstet werden. Im Zuge dieser Maßnahme war vorgesehen im Oberlauf des Baches an der L1036 kurz nach dem Ortsausgangsschild in Orlach die hier abgegangene Straßenböschung in großen Teilen durch eine Bodenvernagelung in Kombination mit einer Winkelstützmauer zu sichern. 196 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Realisierung von besonderen regionalen Baumaßnahmen - schnell und kostengünstige Lösungen durch vormontierte Kunststoff-bewehrte Erde Im weiteren Verlauf war zudem die Erweiterung einer Bestandsgabionenwand durch eine Geogitter rückverhängte Gabionenwand geplant. Ziel sollte eine möglichst naturnahe, sichere und dabei unkompliziert herstellbare Lösung für die Böschungssicherung sein. Zur Beräumung des Tosbeckens im zu sichernden Abschnitt sollte außerdem unterhalb der L1036 ein Wirtschaftsweg angelegt werden. 4.2 Lösung Die Firma BECO Bermüller schlug daraufhin die Böschungssicherung durch eine bewehrte Erde in Umschlagtechnik vor. Aufgrund des hohen Grads an Vormontage und der Materialrobustheit wurde sich für das metallische Geokunststoffsystem GREEN TERRA- MESH entschieden. Der Aufbau der Wand begann in dem Bereich, in dem ursprünglich eine Winkelstützmauer vorgesehen war, am tiefsten Punkt im westlichen Bereich des Bachbettes und wurde nach Osten hin mit Bermen aufgefächert aufgebaut. Die Wand weißt im höchsten Abschnitt 20 Lagen GREEN TERRAMESH in 70° auf. Durch den hohen Grad an Vormontage und die damit einhergehende einfache Handhabung des Systems konnte ein zügiger Baufortschritt gewährleistet werden. Durch den exakten Erdbau der ausführenden Firma konnte so in schneller Zeit eine selbst im Bauzustand optisch sehr ansprechende Böschungssicherung erstellt werden. Abbildung 7: Fertiggestellte Steilböschung mit Bermen. Bildnachweise Abb. 1: Typical drawing - RSS03 - GTM REV 5; Sheet 3; MACCAFERRI; 2014 Abb. 4: Aufnahme Hr. Schwalb; Tauw; 2019 Abb. 5: Aufnahme Hr. Schwalb; Tauw; 2019