Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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expert verlag Tübingen
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Eine 13 m tiefe Baugrube für den neuen DB Tower mit nur einer Ankerlage unter besonderen geologischen Bedingungen
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Simon Meißner
Maximilian Kies
Markus Escher
Markus Wegerl
Der DB Tower in Frankfurt am Main besteht aus einem 66 m hohen Hochhaus mit angrenzender Sockelbebauung auf einer durchgehenden 3-geschossigen Unterkellerung. Die Hochhauslasten werden über eine Kombinierte Pfahl-Plattengründung in den Baugrund eingeleitet. Der Baugrund besteht im Projektgebiet aus quartären Schichten, welche von pliozänen Sanden/Schluffen unterlagert werden. Unterhalb der pliozänen Schichten folgen die tertiären Schichten des geringdurchlässigen Landschneckenmergels sowie der Frankfurt Formation. Das Grundwasser steht ca. 4 m unter Gelände an. Im Rahmen der Ausführungsplanung der Baugrube wurde von Züblin Spezialtiefbau GmbH für die 13 m tiefe Baugrube unter Berücksichtigung einer optimierten Terminschiene eine Planung ausgearbeitet, die gegenüber dem Ausschreibungsentwurf mit bereichsweise dreifach rückverankertem Baugrubenverbau eine Planung mit nur einer Ankerlage oberhalb des Grundwasserspiegels enthält. Der statisch anspruchsvolle Entwurf sah eine wasserundurchlässige Schlitzwand mit einer Tiefe von bis zu 45 m und einer Einbindung in die geringdurchlässigen Tone vor. Aufgrund der bei der einlagigen Rückverankerung erforderlichen hohen Ankerkräfte und den besonderen geologischen Randbedingungen wurden Staffelanker BBV-multibond® vorgesehen. Zur Ermittlung belastbarer Planungsgrundlagen und Verifizierung der Tragfähigkeit des innovativen Ankersystems in den tertiären Schluffen, Tonen und Sanden, wurde im Vorfeld ein umfangreiches Prüfprogramm ausgeführt.
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12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 251 Eine 13 m tiefe Baugrube für den neuen DB Tower mit nur einer Ankerlage unter besonderen geologischen Bedingungen Dr.-Ing. Simon Meißner, Maximilian Kies (M. Eng.) Prof. Quick und Kollegen, Groß-Gerauer-Weg 1, 64295 Darmstadt Dipl.-Ing. Markus Escher BBV Systems GmbH, Industriestraße 98, 67240 Bobenheim-Roxheim Dipl.-Ing. Markus Wegerl Züblin Spezialtiefbau GmbH, Europa-Allee 50, 60327 Frankfurt am Main Zusammenfassung Der DB Tower in Frankfurt am Main besteht aus einem 66 m hohen Hochhaus mit angrenzender Sockelbebauung auf einer durchgehenden 3-geschossigen Unterkellerung. Die Hochhauslasten werden über eine Kombinierte Pfahl-Plattengründung in den Baugrund eingeleitet. Der Baugrund besteht im Projektgebiet aus quartären Schichten, welche von pliozänen Sanden/ Schluffen unterlagert werden. Unterhalb der pliozänen Schichten folgen die tertiären Schichten des geringdurchlässigen Landschneckenmergels sowie der Frankfurt Formation. Das Grundwasser steht ca. 4 m unter Gelände an. Im Rahmen der Ausführungsplanung der Baugrube wurde von Züblin Spezialtiefbau GmbH für die 13 m tiefe Baugrube unter Berücksichtigung einer optimierten Terminschiene eine Planung ausgearbeitet, die gegenüber dem Ausschreibungsentwurf mit bereichsweise dreifach rückverankertem Baugrubenverbau eine Planung mit nur einer Ankerlage oberhalb des Grundwasserspiegels enthält. Der statisch anspruchsvolle Entwurf sah eine wasserundurchlässige Schlitzwand mit einer Tiefe von bis zu 45 m und einer Einbindung in die geringdurchlässigen Tone vor. Aufgrund der bei der einlagigen Rückverankerung erforderlichen hohen Ankerkräfte und den besonderen geologischen Randbedingungen wurden Staffelanker BBV-multibond ® vorgesehen. Zur Ermittlung belastbarer Planungsgrundlagen und Verifizierung der Tragfähigkeit des innovativen Ankersystems in den tertiären Schluffen, Tonen und Sanden, wurde im Vorfeld ein umfangreiches Prüfprogramm ausgeführt. 1. Projekt Das Projekthochhaus DB Tower, bestehend aus dem Towerbereich und einer Sockelbebauung, wird in Frankfurt am Main realisiert werden. Das zu bebauende Gelände befindet sich in der Europa-Allee. Die zu bebauende Fläche beläuft sich auf insgesamt rund 4.000 m². Diese setzen sich aus der Grundfläche des Towers mit ca. 1500 m² und der Grundfläche der Sockelbebauung von ca. 2.500 m² zusammen. Der Tower besteht aus insgesamt 16 Obergeschossen. Dadurch ergibt sich eine Bauwerkshöhe von ca. 66 m. Tower und Sockelbebauung werden vollflächig mit 3 Untergeschossen unterkellert. Die Tiefe der Baugrube beträgt bis zu 13 m unterhalb der Geländeoberkante. Die Bodenplatte weist im Kernbereich eine Dicke von 2,0 m und im Außenbereich eine Dicke von 1,5 m auf. Die Gründung erfolgt mittels einer Kombinierten Pfahl-Plattengründung mit 36 Pfählen mit einer Länge von 25 m und einem Durchmesser von 1,2 m. Bild : Animationsbild DB Tower Frankfurt 252 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Eine 13 m tiefe Baugrube für den neuen DB Tower mit nur einer Ankerlage unter besonderen geologischen Bedingungen Bild : 3D-Planung Baugrube mit Nachbarbebauung 2. Baugrund- und Grundwasserverhältnisse Das Gebiet des ehemaligen Hauptgüterbahnhofs liegt innerhalb des Mainzer Beckens am Nordrand der großtektonischen Grabenstruktur des Rheintalgrabens. Unter künstlichen Auffüllungen folgen die Schichten des Quartärs mit unterschiedlichen Dicken. Die Schichten des Quartärs bestehen aus fluviatilen Terrassensedimenten des Mains (Sande, Kiese und Schluffe) sowie aus äolischen Lössablagerungen und dessen Umlagerungs- und Verwitterungsprodukten. Abweichend von den üblichen bekannten Baugrundverhältnissen in der Innenstadt von Frankfurt werden im Projektgebiet die quartären Schichten von pliozänen Sanden/ Schluffen unterlagert. Die pliozänen Schichten trennen das Quartär von den tertiären Schichten des Miozäns. Unterhalb der pliozänen Schichten folgen die Schichten des Landschneckenmergels sowie der Frankfurt Formation. Beide Schichten bestehen aus einer unregelmäßigen Abfolge von Tonen, Kalksteinbänken, Algenriffen und Hydrobiensandlagen. Die Unterkante der pliozänen Böden verläuft erfahrungsgemäß wellig. Im Projektgebiet konnten zusätzlich Störungen und Verwerfungen dokumentiert werden. Auf Grundlage der Baugrunderkundung sowie vorliegender Archivunterlagen lässt sich der Baugrund im Projektgebiet somit in die folgenden Bodenschichten gliedern: - Schicht I Auffüllung - Schicht II Quartäre Lehme - Schicht III Quartäre Sande und Kiese - Schicht IV pliozäne Sande und Schluffe - Schicht V Landschneckenmergel - Schicht VI Frankfurt-Formation Bild : Geotechnischer Schnitt DB Tower 3. Staffelankersystem BBV-multibond ® 3.1 Funktionsweise Bei klassischen Ankersystemen führt die Verlängerung des Verpresskörpers über 7 m bis 8 m nicht zu einer wesentlichen Erhöhung der Gesamttragfähigkeit, da die Grenzscherfestigkeit des Baugrundes bereits auf den ersten Metern der Verpressstrecke aktiviert wird. In Abhängigkeit vom anstehenden Baugrund bildet sich ein mehr oder minder ausgeprägter Lasteinleitungsschwerpunkt, welcher sich bei Lasterhöhung durch „progressiven Bruch“ in Richtung des erdseitigen Endes des Verpresskörpers verschiebt. Der Widerstand in der Scherfuge zwischen Verpresskörper und Baugrund reduziert sich auf eine deutlich geringere Restscherfestigkeit. [4] Bild : progressiver Bruch (schematisch) Die Aktivierung einer größeren Verpresskörperlänge durch gestaffelte innere Lasteinleitung (Staffelanker) ist geotechnisches Grundlagenwissen [4], [5]. Bild : Lastabtragung Staffelanker (schematisch) 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 253 Eine 13 m tiefe Baugrube für den neuen DB Tower mit nur einer Ankerlage unter besonderen geologischen Bedingungen Gleiche Dehnung der unterschiedlich langen „freien“ Teil-Ankerlängen führt jedoch zur Einleitung von unterschiedlichen Teil-Lasten in den Verpresskörper. Zur Erzeugung normgeforderter, annähernd gleicher Teilankerkräfte sind bei den existierenden Lösungsansätzen komplizierte Pressensysteme, komplexe Spann- und Prüfabläufe, teilweise kombiniert mit einer verfahrenstechnisch aufwendigen Trennung der Verpresskörper durch Packer, erforderlich. Aus diesen Gründen sind Staffelanker trotz der immensen Traglastvorteile bis heute nur vereinzelt zur Anwendung gekommen. Ein neues, ingenieurmäßig einfaches Verfahren zur Planung, Herstellung und Prüfung von Staffelankern führte zu dem patentierten Prinzip BBV-multibond ® . Bild : Prinzip BBV-multibond ® Durch die spezielle Angleichung der Teilankersteifigkeiten des Staffelankers können bei gleichzeitig aufgebrachtem und gleichem Dehnweg annähernd gleich große Teilankerkräfte erzeugt werden. Verbleibende geringfügige Kraftdifferenzen werden durch einen Korrekturfaktor (eS) berücksichtigt. Die Grenzlinien für die Eignungs- und Abnahmeprüfungen werden anhand eines theoretisch errechneten Ersatzankers (La*=Ltf*+Ltb*) ermittelt und überprüft. Bild : theoretischer Ersatzanker nach dem Prinzip BBV-multibond ® (schematisch) Durch die spezielle Abstimmung der Steifigkeiten der Teilanker und die Verwendung des theoretischen Ersatzankers nach dem Prinzip BBV-multibond®, kann der gesamte Staffelanker d.h. der kurze Teilanker und der lange Teilanker gemeinsam, normkonform geprüft und festgelegt werden. Bild : Prinzip Prüfen und Festlegen von Staffelankern Typ BBV-multibond® Der besondere Vorteil gegenüber dem Prüfen/ Spannen von Teilankern liegt in der Überprüfung des real vorhandenen Gesamtsystems mit herkömmlicher Pressentechnik und ohne zusätzlichen Prüfaufwand. Das gleichzeitige und gleichförmige Einleiten der annähernd gleich großen Teilanker-Kräfte in einen gemeinsamen Verpresskörper verhindert unzulässige Scher-/ Quer-Zugspannungen im Zementstein und erzeugt eine Verstetigung der Rissverteilung. Der erforderliche Nachweis zur Lastableitung mehrerer, hintereinander liegender Lasteinleitungsstrecken innerhalb eines gemeinsamen Verpresskörpers wurde an Dauerankern mit gestaffelten freien Teilankerlängen durch Systemprüfungen Typ B gemäß DIN EN 1537 erbracht. In Referenz zu DIBt-Zulassungsversuchen für BBV-Litzendaueranker bis 31 Litzen wurde die Verstetigung der Rissverteilung und die sichere Aktivierung der doppelten Verpresskörperlänge nachgewiesen. Bild : geöffneter, innerer und äußerer Verpresskörper des gestaffelten Dauerankers [6] 3.2 Anker-Eignungsprüfungen- Planung Im Vorfeld der Bauausführung wurde die Eignung des Staffelankersystems anhand umfangreicher Eignungsprüfungen gemäß des Prüfkonzeptes für Kurzzeitanker in bindigen Böden verifiziert. Dem Prüfvorgang wurden die DIN EN 1537: 2014-07 und DIN SPEC 18537: 2017- 11 zugrunde gelegt. Alle Probeanker wurden in unmittelbarer Nähe der Baugrundaufschlussbohrungen hergestellt. Die Verpressstrecken lagen in den pliozänen Bodenschichten. Diese Schicht setzt sich zusammen aus Sanden und Kiesen, Schluffen und Tonen sowie z.T. mit organischen Bestandteilen. Über das Baufeld verteilt wurden drei Testfelder in Abhängigkeit der Baugrundschichtung wie folgt gewählt: - Testfeld 1: Im Südwesten des Baufelds (Anker 1 und 2) befindet sich im Bereich der Bohrung BK 15. Die Verpresskörper der Probeanker liegen vorwiegend in den tertiären Schichten, die als schluffige Feinbis Mittelsande mit teilweise organischen Anteilen angesprochen wurden (Bild 10). - Testfeld 2: Im Südosten des Baufelds (Anker 4) liegt im Bereich der Bohrung BK/ GWM 31. Die Verpresskörper befinden sich im Bereich einer Wechsellagerung aus tertiären sandigen Schluffen, schluffigen Tonen und Sanden mit teilweise organischen Anteilen (Bild 10). - Testfeld 3: Im Nordosten des Baufelds (Anker 6) befindet sich im Bereich der Bohrung BK 12. Der Ver- 254 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Eine 13 m tiefe Baugrube für den neuen DB Tower mit nur einer Ankerlage unter besonderen geologischen Bedingungen presskörper des Probeankers liegt in den tertiären, schluffigen Sanden/ Schluffen und einer lokalen Tonschicht (Bild 10). Bild : Lage der Probeanker im Verhältnis zu den erbohrten Schichtgrenzen Es wurden je zwei Staffelanker mit einer resultierenden Verpressstrecke von 11 m (2x 5,5 m) und von 14 m (2x 7 m) geplant. Jede (Teil-)Verpressstrecke wurde nachinjiziert. Tabelle 1: Details der Staffelanker Zur Realisierung des optimierten statischen Entwurfs mit nur einer Ankerlage waren gesicherte Anker-Prüflasten von ca. 1400 kN erforderlich. Die Herausziehwiderstände klassischer Ankersysteme in den pliozänen Baugrundverhältnissen wurden deutlich geringer abgeschätzt. Die Anforderung an das Staffelankersystem BBV-multibond® war, die Eignung für die 2-fache Tragfähigkeit gegenüber den Erfahrungswerten sicher nachzuweisen. Für die Eignungsprüfungen wurden die Staffelanker für aufbringbare Prüflasten von 1.800 kN ausgelegt. Bild : Prüfung der Probeanker im Mai 2018 Die Herstellung der Probeanker, Durchführung und Auswertung der Eignungsprüfung erfolgte durch die Züblin Spezialtiefbau GmbH zusammen mit dem Technischen Büro Tiefbau Duisburg (TBT-DU). Das Ingenieurbüro Prof. Quick und Kollegen - Ingenieure und Geologen GmbH war mit der Fremdüberwachung der Eignungsprüfung beauftragt. Die Dimensionierung der Staffelanker und Berechnung der theoretischen Ersatzlängen La* und Ltb* erfolgte durch BBV Systems GmbH. 3.3 Anker-Eignungsprüfungen- Ergebnisse 3.3.1 Kriterium Kriechmaß (Multibondanker) Entsprechend DIN SPEC 18537 ist nachzuweisen, dass das Kriechmaß auf der Prüfkraftstufe den Wert 1 mm (zwischen der 20. und 60. Minute) im Kurzzeitversuch bzw. den Wert 2 mm im Versuch mit verlängerter Beobachtungszeit (≥ 120 min) nicht überschreitet. Alle Multibond-Anker (Lv =14,0 m und Lv =11,0 m) erfüllten das Kriterium des Kriechmaßes bei einer Prüflast von 1.800 kN sicher. Das maximale Kriechmaß ks,max der getesteten Multibond-Anker lag zwischen 0,2 mm und 1,4 mm (< 2,0 mm) bei einer maximalen Beobachtungszeit von 60 min. Auch das Kriechmaß von max. 1 mm auf der Prüflaststufe zwischen der 20. und 60. Minute wurde eingehalten. Somit war die Grenzlast der Multibond-Anker bei der maximalen Prüflast von 1.800 kN noch nicht erreicht. Der reale Herausziehwiderstand Rak konnte nicht ermittelt werden. Bild : Kriechmaßentwicklung Probeanker Nr. 1 (Lv = 14 m) Bild : Kriechmaßentwicklung Probeanker Nr.4 (Lv=11m) 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 255 Eine 13 m tiefe Baugrube für den neuen DB Tower mit nur einer Ankerlage unter besonderen geologischen Bedingungen Die äußerst geringen Kriechmaße [kS,max ≤ 0,2 mm bei einer Prüflast von 1.800 kN] zeigen auch für die Multibondanker mit Verpressstrecken von 11 m (Ltb = 2x5,5 m) noch vorhandene Tragreserven in den schluffigen Sanden und Tonen des Tertiärs. 3.3.2 Kriterium Grenzlinie (Multibondanker) Gemäß DIN SPEC 18537 muss die rechnerische freie Stahllänge Lapp oberhalb einer Kraft von 70% der maximalen Prüfkraft PP bzw. des festgestellten Herausziehwiderstands Rak im zulässigen Bereich zwischen der unteren Grenze (0,8 x Ltf +Le) und der oberen Grenze (Ltf+Le+0,5Ltb) liegen. Alternativ kann die rechnerische freie Stahllänge über die elastischen Verschiebungsanteile kontrolliert werden (Kriterium der Grenzlinien). Zur Berechnung der Grenzlinien und „Lapp“ wurden die Längen des theoretischen Ersatzankers (La*= Ltf*+Ltb*) verwendet. Die elastischen Verschiebungen (smin ≤ sel ≤ smax) lagen bei allen Multibondankern im zulässigen Bereich. Nachstehend ist die Entwicklung der Ankerkopfverschiebungen in Abhängigkeit der Ankerkraft graphisch dargestellt (Bild 14 und 15). Bild : graphische Kontrolle der freien Ersatz-Stahllänge gem. SPEC 18537, Probeanker Nr. 1 (Lv =14m) Die Auswertungen zeigen bei den Multibondankern mit einer Verpressstrecke Lv = 14 m (2x7 m), als auch mit Lv = 11 m (2x5,5m) eine Lasteinleitung am Optimum der „c“-Linie. Der theoretische Lasteinleitungsschwerpunkt liegt somit am Beginn der Lasteinleitungsstrecken. Bild : graphische Kontrolle der freien Ersatz-Stahllänge gem. SPEC 18537, Probeanker Nr. 4 (Lv =11m) Die Lasten der Teilanker wurden sicher in den Verpresskörper eingeleitet. In Bezug auf das Kriterium der oberen Grenzlinie „a“ besitzt der Gesamtanker noch eine sehr ausgeprägte Reserve. Die bei der Berechnung der normativen Grenzlinien verwendeten Längen des theoretischen Ersatzankers wurden verifiziert. 3.4 Fazit Anker-Eignungsprüfungen Die Prüfergebnisse zeigen, dass eine Verdopplung der Prüflast von klassischen „Erfahrungs“-Ankern durch das Staffelankersystem BBV-multibond® auch in diesen komplexen Baugrundverhältnissen sicher möglich ist. Sind die Randbedingungen vergleichbar, können 2fache Lasten, durch 2-fach aktivierte Mantelfläche, folgerichtig ein vergleichbares Kriechverhalten bei gleichem Sicherheitsniveau erreichen. Tragfähigkeit Staffelanker ≈ 2 x Tragfähigkeit Erfahrungsanker Die geprüften Staffelanker Typ BBV-multibond® haben die Kriterien der Eignungsprüfung gemäß DIN SPEC 18537 für die maximale Prüfkraft von 1.800 kN erfüllt. Nach DIN SPEC 18537 ist der charakteristische Herausziehwiderstand Rak eines Ankers erreicht, wenn das Kriechmaß ks einen Wert von 2,0 mm überschreitet. Maßgebend ist dabei der niedrigste Wert Ra, der bei einem der geprüften Anker festgestellt wird. Der charakteristische Herausziehwiderstand Rak der Multibondanker konnte nicht erreicht werden. 256 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Eine 13 m tiefe Baugrube für den neuen DB Tower mit nur einer Ankerlage unter besonderen geologischen Bedingungen Bild : Detail Prüfpresse / Probeanker Wird der charakteristische Herausziehwiderstand Rak nicht erreicht, so gilt die maximal erreichte Prüfkraft Pp als Rak. Somit ergibt sich der bei dieser Eignungsprüfung ermittelte charakteristische Herausziehwiderstand Rak zu 1.800 kN. Die Ergebnisse der Eignungsprüfungen bestätigen die Konformität des Staffelankersystems BBV-multibond® zu den normativen Vorgaben und Prüfkriterien der DIN EN 1537 / SPEC 18537. Die Auswertungen der Kriechmaße als auch der freien Ersatzstahllänge auf Prüflast von 1.800 kN zeigen für die pliozänen Sande und Schluffe noch vorhandene Tragreserven der Staffelanker. Die zur Realisierung des optimierten statischen Entwurfs mit nur einer Ankerlage erforderlichen Anker-Prüflasten von ca. 1400 kN waren gesichert nachgewiesen. Bild : Abnahmeprüfung / Bauwerksanker Bild : ungestörter, durchgängiger Aushub nach Spannen der (einzigen) Ankerlage 4. Baugrubenplanung Die Herstellung der Untergeschosse erfolgte im Schutze einer wasserundurchlässigen Trogbaugrube. Die Abmessungen der Baugrube betragen ca. 90 m x 50 m, die Grundfläche der Baugrube beträgt ca. 4.450 m² Die Baugrubensohle liegt ca. 13 m unter Geländeoberfläche und 9 m unterhalb des bauzeitlichen Grundwasserstandes (Bild 3). Als Baugrubensicherung wurde umlaufend eine 0,80 m dicke Schlitzwand hergestellt, die bis in den gering durchlässigen tertiären Ton (Landschneckenmergel, natürliche Dichtsohle) einbindet. Die Unterkante der Schlitzwand ergibt sich aus hydrogeologischen Erfordernissen, d.h. es war eine ausreichende Einbindung in den gering durchlässigen tertiären Ton zu gewährleisten. Hierzu war eine Tiefe der Schlitzwand von ca. 30 m erforderlich. Im nordwestlichen Bereich musste die Schlitzwand aufgrund der vorgenannten geologischen Verwerfungen bis in eine Tiefe von 45 m abgeteuft werden (Bild 19) [2]. Der Grundwasserspiegel wurde innerhalb der wasserundurchlässigen Trogbaugrube im Endaushubzustand abgesenkt bzw. entspannt (Restwasserhaltung). Bild : 3D-Planung (optimiert) Baugrube 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 257 Eine 13 m tiefe Baugrube für den neuen DB Tower mit nur einer Ankerlage unter besonderen geologischen Bedingungen Der Ausschreibungsentwurf sah eine zum Teil 3-fach rückverankere Schlitzwand vor (Bild 20). Durch den Einsatz von Staffelankern BBV-multibond® konnte eine Optimierung von 3 Ankerlagen auf 1 Ankerlage in der Ausführungsplanung erzielt werden (Bild 21). Bild : Ausschreibungsentwurf mit Erfahrungsankern Bild : optimierte Ausführungsplanung mit Staffelanker BBVmultibond ® Für das Projekt DB-Tower bedeutete die Optimierung durch den Einsatz von Staffelankern BBV-multibond ® : - Einsparung von 2 Ankerlagen, in Teilbereichen einer Ankerlage (gegen drückendes Grundwasser) - (Fast) Alle Anker konnten oberhalb des Bauwasserspiegels, d.h. nicht gegen drückendes-Grundwasser gebohrt werden. - Ersparnis von 2 Zwischenaushubebenen - mehrere Wochen Bauzeitersparnis Alle Abnahmeprüfungen der insgesamt 185 Bauwerksanker (2 x Ltb=2x7 m =14 m, PPrüf = < 1400 kN) wurden mit einem Prüflastfaktor von 1,5 erfolgreich durchgeführt und bestätigten die positiven Ergebnisse der Eignungsprüfungen. Ergänzend hierzu wurden Ankergruppenprüfungen ebenfalls erfolgreich ausgeführt. Ergänzend zu den analytischen, erdstatischen Berechnungen der Verbauwand wurden für die Bewertung der Verschiebungen der Verbauwand numerische Berechnungen mittels Plaxis 2D und Plaxis 3D durchgeführt [1]. Die Verschiebungen im Westbereich wurden mit einem 2D numerischen Schnitt ermittelt. Die Verformungen im Nord- und Ostbereich wurden mit einem gesamtheitlichen 3D-Modell in ausgewählten Schnitten ermittelt. Die bodenmechanischen Kennwerte und der Wasserdruckansatz, die als Parameter in den numerischen Untersuchungen Eingang gefunden haben, wurden aufgrund der komplexen geotechnischen Baugrundverhältnisse insbesondere der pliozänen Schichten in Abstimmung mit dem geotechnischen Prüfer vorsichtig gewählt. In den numerischen Modellen wurden die Schlitzwand und die Verpressanker gemäß [1], die angrenzenden baulichen Anlagen mit den Gründungselementen und Lasten sowie der Bauablauf detailliert berücksichtigt. Die horizontalen Verschiebungen des östlichen Baugrubenschnitts sind in Bild 22 dargestellt. Die Verträglichkeit der Verschiebungen konnte für die benachbarten baulichen Anlagen nachgewiesen werden. Ergänzend zu diesen Berechnungen kam die Beobachtungsmethode zum Einsatz. Bild : Darstellung der horizontalen Verschiebungen im 2D-Modell - Vollaushub Die horizontalen Verschiebungen im westlichen und tiefsten Teil der Baugrube wurden mit einem 3D-Modell ermittelt (Bild 23). Auch hier konnte die Verträglichkeit der berechneten Verschiebungen für benachbarte bauliche Anlagen nachgewiesen werden. Bild : Darstellung der horizontalen Verschiebungen im 3D-Modell - Vollaushub 258 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Eine 13 m tiefe Baugrube für den neuen DB Tower mit nur einer Ankerlage unter besonderen geologischen Bedingungen 5. Gründungsdesign Die Lasten des Towers werden mittels einer Kombinierten Pfahl-Plattengründung in den Baugrund eingeleitet. Die Berechnungen zur Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit erfolgten in einem 3D-numerischen FE-Modell gemäß den Empfehlungen in [1]. Das entwickelte Gründungsdesign besteht aus insgesamt 35 Gründungspfählen mit einer Länge von 25 m in Verbindung mit einer 2,0 m (Kern) und 1,5 m dicken Bodenplatte. Bild : Setzungen im numerischen Modell Aus den numerischen Berechnungen resultieren ca. 4,5 cm Setzungen im Bereich des Hochhauses für den setzungserzeugenden Lastkombination. Im Bereich des Flachbaus wurden die Setzungen mit maximal 3,3 cm prognostiziert. Unter Berücksichtigung der numerischen Berechnungsergebnisse hinsichtlich Winkelverdrehung und Verkantung konnte die Gebrauchstauglichkeit der aufgehenden Bebauung gewährleistet werden. Der Pfahl-Plattenkoeffizient für die Gründung des DB-Tower ergab sich zu einem Wert von aKPP = 0,71. 6. Messergebnisse Der Baugrubenaushub wurde mit einem umfangreichen Messprogramm bestehend aus geodätischen und hydrogeologischen Messungen, Ankerkraftmessungen und Inklinometermessungen begleitet. Im Vorfeld wurden detailliert Schwellen-, Eingreif- und Alarmwerte in Anlehnung an die EAB und auf Grundlage prognostizierter Werte ausgearbeitet und ein Alarm- und Handlungsplan erstellt. Grundsätzlich wurden keine der vorab definierten Grenzwerte überschritten. Es zeigten sich kleinere Verschiebungen der Verbauwände als in den numerischen Berechnungen prognostiziert (Bild 24). Ursächlich hierfür ist der vorsichtige Ansatz von bodenmechanischen Kennwerten. Dies wird ebenfalls durch die Auswertung der Ankerkraftmessungen bestätigt. Hier zeigt sich, dass nach Festlegung der Anker die Ankerkräfte im Zuge des weiteren Baugrubenaushubs nicht ansteigen (Bild 26). Bild : Inklinometermessergebnisse Bild : Ankerkraftmessungen 7. Zusammenfassung Im Frankfurter Europaviertel wird zurzeit der DB Tower mit einer bis zu 13 m tiefen Baugrube errichtet. In Zusammenarbeit mit allen Projektbeteiligten konnte durch die Züblin Spezialtiefbau GmbH ein optimiertes Baugru- 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 259 Eine 13 m tiefe Baugrube für den neuen DB Tower mit nur einer Ankerlage unter besonderen geologischen Bedingungen bensystem u.a. mit nur einer Lage von Staffelankern Typ BBV-multibond® geplant und ausgeführt werden. Für eine Planungssicherheit wurden im Vorfeld umfangreiche Eignungsprüfungen durchgeführt. Unter Berücksichtigung dieser erfolgreichen Prüfungen, einer qualifizierten, hochwertigen Bauausführung der konstruktiven Zusammenarbeit aller Planungsbeteiligten konnte die Baugrube termingerecht an den Bauherrn übergeben werden. Die Bauausführung wurde mit umfangreichen Messungen der Verbauwand begleitet. Nach vollständiger Herstellung der Baugrube wurde die Qualität der Planung und der Bauausführung durch die bisherigen Messungen nachgewiesen. Es konnte gezeigt werden, dass die numerischen Berechnungen zuverlässige Prognosen liefern. Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz von Multibond Ankern ist neben der sach- und fachgerechten Herstellung der Anker unter Auswahl des optimalen Bohrverfahrens, eine kompetente, auf Erfahrung basierende planerische Berücksichtigung der statischen und konstruktiven Randbedingungen . Die Züblin Spezialtiefbau GmbH verfügt hierbei zusammen mit der Zentralen Technik der Ed. Züblin AG über langjährige Erfahrungen bei der Planung und Herstellung von Ankern im Frankfurter Baugrund. Bild : 13 m tiefe Baugrube mit nur einer Ankerlage unter besonderen geologischen Bedingungen im Endaushub Literaturverzeichnis [1] Arbeitskreis AK 1.6, „Numerik in der Geotechnik“. 2014. Empfehlungen des Arbeitskreises Numerik in der Geotechnik. Berlin: Wilhelm Ernst & Sohn, Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co.KG, 2014. ISBN 978-3-433-030806. [2] Kies, M.; Meißner, S.; Michael; Schmitt, J. Risikoanalysen für geotechnische Fragestellungen bei der Planung und Ausführung von Baugruben, Gründungen und Tunnelbauwerken, Bauen in Boden und Fels, 2020 [3] Brinkgreve, R.B.J., Kumarswamy, S. und Swolfs, W.M. 2015. Plaxis 2015 Reference Manual. AN DELFT, Netherlands: s.n., 2015. [5] Hanisch, J., Katzenbach, R. und König, G. Kombinierte Pfahl-Plattengründung. Berlin: Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH, 2002. 3-433-01606-2. [4] Ostermayer, H. Verpreßanker, Grundbautaschenbuch, 1991 4. Auflage, Teil 2. Ernst & Sohn, Berlin [5] Barley, A.D. (1997) Ground anchorages and anchored structures London: Keller Concrete [6] Buschlinger, M., Escher, M. 2015. Zulassungsversuche BBV Litzendaueranker Typ L31, BBV Systems GmbH [7] Quick, H., Meißner S., Michael, J. “Zwei Hochhäuser in direkter Nachbarschaft zu einer geplanten U-Bahn”, 26. Darmstädter Geotechnik-Kolloquium - Darmstadt, 07.03.2019. [8] Meißner, S. “Modellierung der Interaktion von Tragwerk und Gründung am Bespiel FOUR in Frankfurt”, Weiterbildungsprogramm TU Kaiserslautern 18.09.2019.