Kolloquium Bauen in Boden und Fels
kbbf
2510-7755
expert verlag Tübingen
0101
2020
121
Ergänzende Baugrunderkundung bei unerwarteten Baugrundverhältnissen
0101
2020
Thomas Rumpelt
Jörgen Keller
Lisa Krienen
Im Zuge der Planung und Einholung der Bohrgenehmigung für eine Baugrunderkundung für ein einfach unterkellertes Verwaltungsgebäude im Osten Karlsruhes wurden die Erkundungsbohrungen wegen der geplanten Erdwärmenutzung in einer Wasserschutzzone durch Auflagen der Behörden tiefer als bei vergleichbaren Bauprojekten ausgeführt. Dies hatte zur Folge, dass - entgegen den Erwartungen - unter den anstehenden quartären Rheinkiesen und -sanden in einer Tiefe von bis 20 m Tertiäre Tone und Tonmergelsteine angetroffen wurden. So konnte statt der zunächst angedachten künstlichen Dichtsohle nun diese als natürliche Sohlabdichtung der ins Grundwasser einbindenden Baugrube genutzt werden. Zur Optimierung der Spundbohlenlängen und Erhöhung der Planungssicherheit wurde eine ergänzende Baugrunderkundung mittels Ankerbohrgeräte in einem Achsraster von 10 m durchgeführt. Die Arbeiten konnten trotz strenger ökologischer Auflagen zügig und rechtzeitig vor der Vergabe der Verbauarbeiten durchgeführt werden. Der Vergleich der Tertiäroberfläche vor und nach der ergänzenden Erkundung belegt die Erforderlichkeit der ergänzenden Erkundung.
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12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 273 Ergänzende Baugrunderkundung bei unerwarteten Baugrundverhältnissen - Besondere Randbedingungen und Erkenntnisse Dr.-Ing. Thomas Rumpelt Smoltczyk & Partner GmbH, Stuttgart, Deutschland M. Eng. Jörgen Keller Smoltczyk & Partner GmbH, Stuttgart, Deutschland Dr. rer. nat. Lisa Krienen Smoltczyk & Partner GmbH, Stuttgart, Deutschland Zusammenfassung Im Zuge der Planung und Einholung der Bohrgenehmigung für eine Baugrunderkundung für ein einfach unterkellertes Verwaltungsgebäude im Osten Karlsruhes wurden die Erkundungsbohrungen wegen der geplanten Erdwärmenutzung in einer Wasserschutzzone durch Auflagen der Behörden tiefer als bei vergleichbaren Bauprojekten ausgeführt. Dies hatte zur Folge, dass entgegen den Erwartungen unter den anstehenden quartären Rheinkiesen und -sanden in einer Tiefe von bis 20 m Tertiäre Tone und Tonmergelsteine angetroffen wurden. So konnte statt der zunächst angedachten künstlichen Dichtsohle nun diese als natürliche Sohlabdichtung der ins Grundwasser einbindenden Baugrube genutzt werden. Zur Optimierung der Spundbohlenlängen und Erhöhung der Planungssicherheit wurde eine ergänzende Baugrunderkundung mittels Ankerbohrgeräte in einem Achsraster von 10 m durchgeführt. Die Arbeiten konnten trotz strenger ökologischer Auflagen zügig und rechtzeitig vor der Vergabe der Verbauarbeiten durchgeführt werden. Der Vergleich der Tertiäroberfläche vor und nach der ergänzenden Erkundung belegt die Erforderlichkeit der ergänzenden Erkundung. 1. Ausgangssituation 1.1 Lage Das Baugelände liegt rund 3 km nordöstlich des Karlsruher Schlosses, im sogenannten, an den KIT Campus Ost angeschlossenen, Technologiepark. Großräumig liegt das Bauvorhaben am östlichen Rand des Oberrheingrabens im Randschollenbereich. Das Baugelände liegt in der Schutzzone III B des Wasserschutzgebietes Hardtwald. Das anstehende Gelände liegt auf einer Höhe von rund 114 mNHN und somit knapp 4 m über dem mittleren Grundwasserspiegel. 1.2 Bauvorhaben Geplant ist der Bau eines Büro- und Verwaltungsgebäudes mit angeschlossenem Parkhaus, welche jeweils sieben aufgehende Geschosse und ein Untergeschoss aufweisen. Die langgezogene Baugrube weist Abmessungen von von etwa 35 m mal 181,5 m mit einer Fläche von 6.350 m2 auf. Die Baugrube wird flächig rund 5,5 m in den Baugrund einbinden, wobei mehrere Tieferführungen wie z. B. Aufzugsunterfahrten, Fettabscheider und Pumpensümpfe eine Tiefe von bis zu 9,5 m erreichen. 1.3 Geologie Gemäß der Hydrogeologischen Kartierung und Grundwasserbewirtschaftung im Raum Karlsruhe-Speyer 2006 des Umweltministeriums Baden-Württemberg und des Ministeriums für Umwelt, Forsten, und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz [1] liegt das Baufeld an einer von mehreren Verwerfungen, die den Oberrheingraben im Randbereich durchziehen (Abbildung 1). 274 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Ergänzende Baugrunderkundung bei unerwarteten Baugrundverhältnissen - Besondere Randbedingungen und Erkenntnisse Abbildung 1: Übersichtslageplan (aus [1]) mit Lage des Bauvorhabens und der Verwerfungen Entsprechend dem nahegelegenen Querschnitt 4 (Abbildung 2) ist im Untersuchungsgebiet von einem rund 15 m bis 20 m mächtigen Oberen Grundwasserleiter (OGWL) auszugehen, der sich in diesem Bereich aus der Oberen kiesig-sandigen/ Mittleren sandig-kiesigen Abfolge (OksA/ MskA) zusammensetzt. Darunter befindet sich der Untere Grundwasserleiter (UGWL) der überwiegend aus der Unteren sandig-schluffigen Abfolge (UssA) besteht. Diese Abfolge entspricht dem Pliozän (nach neuer Nomenklatur: Fluviatiles Jungtertiär bzw. Iffezheim-Formation). Sie liegt in einer Tiefe von rund 65 m bis 100 m den älteren Tertiären Festgesteinen (Miozän und Oligozän) aus Ton- und Mergelsteinen auf. Abbildung 2: Querschnitt 4 (aus [1]) mit Lage des Bauvorhabens 2. Erkundungsphase 2.1 Planung und Genehmigung Da, wie oben beschrieben, von mindestens 65 m mächtigen quartären Flussablagerungen aus Kies und Sand sowie jungtertiären Sanden und Schluffen auszugehen war, wurden für die Erkundung 5 Kernbohrungen und 5 Schwere Rammsondierungen mit jeweils 15 m Tiefe bei den Behörden beantragt. Lokale Vertiefungen bis -9,5 m waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. Aufgrund der geplanten und ebenfalls beantragten Geothermienutzung wurde die Verlängerung einer Bohrung auf 30 m bei den Behörden angefragt. Da für Erdwärmesonden eine Tiefenbegrenzung bis Basis des Oberen oder Mittleren Grundwasserleiters besteht und es im Umfeld keinen Bohraufschluss bis in besagte Tiefen gab, wurde es nach Rücksprache mit dem LGRB als Auflage der Stadt Karlsruhe mindestens 3 Kernbohrungen auf die Tiefe von 30 m abzuteufen. Hier galt auch die Auflage, zu erwartende, dem UGWL zuzuordnende, durchlässige Bereiche in der Iffezheim-Formation zu verifizieren. Das Antreffen des UGWL hätte spätere Erdwärmesondenbohrungen auf 18 m bis zur Basis des OGWL begrenzt. 2.2 Durchführung und Auswertung Im August 2018 wurde mit den Kernbohrungen auf dem Baufeld begonnen. Auf den ersten 15 m bis 20 m wurden, wie erwartet Sande und Kiese der OksA angetroffen. Ab dieser Tiefe wurden jedoch zuoberst halbfeste bis fest, ausgeprägt plastische Tone erkundet. Diese setzten sich bis zur Endteufe von 30 m mit diversen Farbwechseln fort (Abbildung 3 und Abbildung 4). Abbildung 3: Kernfotos BK1 (10 m - 20 m) 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 275 Ergänzende Baugrunderkundung bei unerwarteten Baugrundverhältnissen - Besondere Randbedingungen und Erkenntnisse Abbildung 4: Kernfotos BK1 (20 m - 30 m) Auf Wunsch des Bauherrn wurden im Zuge der Bohrarbeiten zwei Bohrungen auf 40 m abgeteuft, um die Aussagekraft hinsichtlich der Geothermienutzung zu maximieren. Bei allen 5 Kernbohrungen wurden ab einer Tiefe von 15 m bis 20 m die Tone und Tonmergelsteine angetroffen. Die Iffezheim-Formation mit ihren sandig-schluffigen Bereichen wurde somit nicht angetroffen und ein zweiter Grundwasserleiter konnte ausgeschlossen werden. Die Ton- und Mergelsteine mit teilweise eingelagerten Kalksteinknollen wurden zusätzlich auf sulfathaltiges Gestein überprüft, um bei späteren Erdwärmesondenbohrungen ein Quellen und den damit zusammenhängenden Hebungen oder Quelldrücken ausschließen zu können. Beim Einordnen der tertiären Festgesteine fällt in Abbildung 2 auf, dass auf der Randscholle östlich der vom Baufeld östlich gelegenen Verwerfung die Tertiären Festgesteine in ähnlicher Tiefenlage angetroffen wurden. Dies lässt vermuten, dass sich die östliche Verwerfung nicht bis zum Baufeld fortsetzt oder sie nördlich hiervon zur westlich gelegenen Verwerfung der Grabenscholle verläuft. Folglich konnte aus bautechnischer Sicht von einer zuerst ausgegangenen Sohlabdichtung, wie sie im Karlsruher Raum größtenteils praktiziert wird, auf einen natürlichen Stauer zurückgegriffen werden, da dieser nun in greifbarer Nähe lag (Abbildung 5). Aufgrund der späteren Geothermienutzung wurde als rückbaubare Verbauwand eine Spundwand gewählt, da die vom quartären Grundwasser umströmten Erdwärmesonden hauptsächlich im Sommer zur Kühlung der Server genutzt werden. Abbildung 5: Geologischer Geländeschnitt 3. Ergänzende Erkundung der Tertiäroberfläche 3.1 Planung und Genehmigung Nach Feststellung eines flächigen, natürlichen Stauers in einer Tiefe zwischen 15 m und 20 m waren ergänzende Erkundungsbohrungen erforderlich, da die Anzahl der bestehenden Erkundungsbohrungen zur Bestimmung der genauen Tertiäroberfläche nicht ausreichten, um die Spundbohlenlängen optimieren zu können. Außerdem stützte sich das Baugrundmodell zum Teil auf Rammsondierprofile und es zeigten sich größere Höhendifferenzen in der Höhenlage der Ter-tiäroberfläche auf, die für die sichere Einbindung in den Stauer eine große Einbindelänge und somit erhöhten Aufwand zur Einbringung der Wand erfordern würde. Eine auf der sicheren Seite liegende Bohlenlänge wäre unwirtschaftlich und bei hoch anstehendem Tertiär nur mit erhöhtem technischem Aufwand verbunden. Zusätzlich muss zur Sicherstellung der Dichtigkeit der Baugrube eine sichere Einbindung in den Stauer gewährleistet werden können. Ein enger Zeitrahmen von zwei Monaten sowie ökologische Randbedingungen erschwerten die Wahl und Genehmigung der Nacherkundung. Auf der 433 m langen Verbauachse wurden alle 10 m ein Aufschluss durchgeführt, um jegliche Rinnenstrukturen, die bei der erosiven Tertiäroberfläche zu vermuten waren, abzudecken. Indirekte Aufschlussverfahren wie Ramm- oder Drucksondierungen konnten nicht die sichere Einbindung in das Tertiär gewährleisten, da in den anstehenden Kiesen auch mit Steinen oder Blöcken zu rechnen ist und die Gefahr des Aufsitzens somit zu groß war, zumal eine Fehlinterpretation nicht auszuschließen war. Somit wurde das direkte Aufschlussverfahren in Form von verrohrten Vollkernbohrungen mit Wasserspülung mittels Ankerbohrgerät gewählt, da sie im Vergleich zu 276 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Ergänzende Baugrunderkundung bei unerwarteten Baugrundverhältnissen - Besondere Randbedingungen und Erkenntnisse Kernbohrungen eine wirtschaftliche Alternative darstellen um einen Schichtwechsel festzustellen. Außerdem war das Ankerbohrgerät kurzfristig verfügbar und die Bohrungen konnten mit einer verhältnismäßig hohen Geschwindigkeit abgeteuft werden. Hinsichtlich der Bohrgenehmigung musste für die nach § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG streng geschützten Zauneidechsen, die in diesem Gebiet leben, eine Verfahrensbeschreibung mit Lage der Fahrspuren des Ankerbohrgeräts erstellt werden, da Vergrämungsarbeiten erst in den warmen Sommermonaten durchgeführt werden konnten und die Arbeiten bereits Anfang Mai 2019 beginnen sollten. Zum Erwirken einer vorzeitigen Bohrgenehmigung mussten somit zum Schutze der Tiere auf den Fahrspuren des Ankerbohrgeräts sowie des andienenden Minibaggers schützende Matten ausgelegt werden. Hierbei wurde auf ausgediente Gummiförderbänder (Abbildung 6) zurückgegriffen. Abbildung 6: Ankerbohrgerät auf Gummiförderbänder zum Schutz der Zauneidechsen 3.2 Durchführung und Auswertung Nach Genehmigung wurden die Bohrarbeiten Anfang Mai begonnen. Die 41 Bohrungen (d = 133 mm) mit insgesamt knapp 730 Bohrmetern konnten innerhalb von fünf Arbeitstagen abgeteuft und sachgerecht wieder verfüllt werden. In dieser Zeit mussten auch die schweren Förderbänder von Hand umgelegt werden. Die stratigraphische Aufnahme der Bohrungen erfolgte anhand des ausgespülten Bohrkleins. Den Übergang zum tertiären Tonmergelstein, der an der Oberfläche als ausgeprägt plastischer Ton ausgebildet ist, konnte der Maschinenführer bereits während des Bohrens am Anpress- und Spüldruck erkennen. Die kurz darauf ausgespülten Tonstücke bestätigten das Erreichen des Tertiärs (Abbildung 7). Auf den unteren Bohrmetern in den Rheinkiesen erschwerten größere Steine den Bohrfortschritt, die jedoch verdrängt oder zerbohrt werden konnten. Nachdem das Tertiär sicher erbohrt wurde, wurde das Bohrgestänge gezogen und das Bohrloch innerhalb der Außenverrohrung mit Tonpellets bzw. dem Bohrgut wieder verfüllt. Abbildung 7: Ausgespülter Ton über Kiese und Sande Nach Abschluss der Bohrungen konnte mittels der dokumentierten Tiefenlagen ein neues Oberflächenmodell des Tertiärs erstellt werden. Zur Bestimmung der Bohlenlängen wurden Schnitte entlang der Verbauachse gelegt (Abbildung 8). Beim Vergleich der Baugrundmodelle vor und nach der ergänzenden Erkundung konnten Diskrepanzen der Oberfläche von bis zu 2 m festgestellt werden. Die stärkste Steigung der Tertiäroberfläche betrug rund 1,5 m auf 10 m. Zur Berücksichtigung der beobachteten Schwankungen in der Höhenlage der Schichtgrenze und zur Sicherung der Dichtigkeit der Baugrubenumschließung wurde für die Ausführungsplanung und der Dimensionierung der Spundbohlen eine Einbindetiefe von mindestens 1,0 m in das Tertiär gemäß dem ergänzten Baugrundmodell gefordert. Diese wurde anhand der Protokolle und den zum Teil erforderlichen Nachrammungen so auch ausgeführt und bestätigt. Die Baugrube ist mittlerweile planmäßig und technisch wasserdicht hergestellt worden. 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 277 Ergänzende Baugrunderkundung bei unerwarteten Baugrundverhältnissen - Besondere Randbedingungen und Erkenntnisse Abbildung 8: Tertiäroberfläche: Profile in den Verbauachsen und Schichtlagerungskarte 4. Geothermische Erkundung Das zukünftige Verwaltungsgebäude soll über regenerative Energien beheizt und gekühlt werden. Die Grundversorgung soll hierbei über die Nutzung der oberflächennahen Geothermie mit Erdwärmesonden gedeckt werden. Für die Dimensionierung des Erdwärmesondenfelds, das sich unterhalb des Gebäudes befinden wird, und zur Auslegung der Geothermieanlage wurde auf dem Baufeld die Pilotbohrung 1 abgeteuft und zu einer Erdwärmesonde ausgebaut. Von Seiten der Behörden wurde, aufgrund der Bedenken bezüglich des Vorhandenseins von Sulfatgesteinen in den tieferen tertiären Schichten, die Bohrtiefe auf 40 m unter Gelände begrenzt. Des Weiteren ist wegen der Lage des Bauvorhabens im Wasserschutzgebiet nur der Einsatz von Wasser als Wärmeträgerflüssigkeit in den Erdwärmesonden erlaubt. Nach Herstellung der Pilotbohrung und Einbringung der Doppel-U-Erdwärmesonde mit einem Hybridkabel wurde das Bohrloch mit einer dotierten Verpresssuspension bestmöglich abgedichtet. Das Hybridkabel dient später der geothermischen Erkundung des Untergrunds. Die Überwachung des Verpressvorgang erfolgte simultan über ein Suszeptibilitätsmesssystem. Somit konnte festgestellt werden, dass trotz mehrmaligem Nachverpressen die Suspension teilweise in die quartären Rheinkiesen/ -sande wegfloss und die Verfüllung auf einem Abschnitt von 3 m nicht möglich war. Zur Erkundung des geothermischen Potentials erfolgte nach Einhaltung einer Ruhephase, ein Enhanced Geo- Thermal Response Test (EGRT-Test). Bei dieser Messtechnik wird die Temperaturverteilung entlang einer Glasfaserleitung mittels eines Lasers bestimmt. Die optischen Eigenschaften der Glasfaser ermöglichen eine temperaturabhängige Reflexion von optischen Abbildung 9: Tiefenprofil der elektrischen Wärmeleitfähigkeit 278 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Ergänzende Baugrunderkundung bei unerwarteten Baugrundverhältnissen - Besondere Randbedingungen und Erkenntnisse Signalen, die vom Laser ausgehen, und hinsichtlich ihrer Frequenzverteilung analysiert werden. Somit ist über die Messung der Reflexionszeit eine genaue Lagebestimmung möglich. Durch das Anlegen einer Heizspannung an die elektrischen Leiter des Hybridkabels wird eine definierte Heizleistung in den Untergrund eingebracht und eine Temperaturänderung hervorgerufen, die über das Glasfaserkabel aufgezeichnet wird. Anhand des Aufheizverhaltens als auch des Abkühlverhaltens nach großer Zeit kann die effektive Wärmeleitfähigkeit des umgebenen Gesteins abgeleitet werden. Vor Einbringung der Heizspannung werden die Ausgangstemperaturen des Untergrunds aufgenommen. Unterhalb des jahreszeitlich beeinflussten Bereichs bis 7 m unter Gelände zeigt der Temperaturverlauf eine ungestörte Durchschnittstemperatur von 12,31 °C. Das über die Aufheizung und Abkühlung ermittelte Tiefenprofil der effektiven Wärmeleitfähigkeit stimmt gut mit der aufgenommenen Schichtenfolge überein (Abbildung 9). Die effektive Wärmeleitfähigkeit beträgt im Bereich der Rheinsande 1,87 W/ m/ K und steigt in den Rheinkiesen auf 3,39 W/ m/ K an. Dieser Anstieg ist auf einen höheren Grundwasserfluss im kiesigen Grundwasserleiter zurückzuführen. Mit Erreichen der undurchlässigen, tertiären Tonmergelsteinen verringert sich die effektive Wärmeleitfähigkeit auf 1,68 W/ m/ K. Somit ergibt sich eine mittlere Wärmeleitfähigkeit von 2,12 W/ m/ K. Die Ausschöpfung des geothermischen Potentials profitiert von der konvektiven Wärmeleitung im grundwassergesättigten Bereich der quartären Schichten, jedoch auch einer annehmbaren Regenerationsfähigkeit der tertiären Schichten, die eine relativ schnelle Abkühlung nach der Aufheizung zeigen. Bei guten regenerativen Eigenschaften des Untergrunds ist die gegenseitige Beeinflussung der Erdwärmesonden geringer. Dies ist ein wichtiger Faktor hinsichtlich des langjährigen Betriebs der Geothermieanlage. 5. Fazit Ist bei Bauvorhaben eine hohe Planungssicherheit hinsichtlich des Baugrundmodells gefordert, um wirtschaftliche Lösungen zu entwickeln, sind zur genaueren Erkundung von Schichtgrenzen direkte Aufschlüsse unverzichtbar. Hier bilden verrohrte Vollkernbohrungen eine wirtschaftliche Alternative zu Kernbohrungen. Der Informationsgewinn ist zwar zwangsläufig geringer jedoch können sie deutlich schneller abgeteuft werden und sind zum Bestimmen eines Schichtübergangs von nichtbindigen zu bindigen Böden geeignet. Das Beispiel verdeutlicht hier in überzeugender Weise, dass die Oberfläche eines Stauers in kurzer Zeit verlässlich bestimmt werden kann. Die Mehrkosten für die Erkundung und die Tieferführung der Baugrube in den Stauer lagen im Endeffekt immer noch deutlich unter denen für eine künstliche Dichtsohle. Abschließend empfiehlt es sich bei geringer Aufschlussdichte im Untersuchungsgebiet trotz Wettbewerb unter Baugrundgutachter tiefer als üblich zu erkunden, um naturgegebene Möglichkeiten nicht ungenutzt zu lassen. Ein Blick über den Tellerrand lohnt sich, hier natürlich in glücklicher Fügung, um an eine optimale technische und wirtschaftliche Lösung zu gelangen. 6. Danksagung Wir bedanken uns bei der Bauherrschaft, der Vector Informatik GmbH, Stuttgart, sowie bei den Planungsbeteiligten, insbesondere den Tragwerksplanern, Boll und Partner Ingenieurgesellschaft mbH & Co. KG, den Architekten, Schmelzle und Partner mbB, den Haustechnikplanern, IGH Stuttgart GmbH & Co. KG, der Bauüberwachung, Ernst2 und der Implenia Spezialtiefbau GmbH sowie auch den Behörden für die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit bei der Bearbeitung des spannenden Projekts. Literaturangaben [1] Umweltministerium Baden-Württemberg und Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz: Hydrogeologische Kartierung und Grundwasserbewirtschaftung im Raum Karlsruhe - Speyer, 3. Bericht Fortschreibung 1986 - 2005, Datum der Bearbeitung: 2006