Kolloquium Bauen in Boden und Fels
kbbf
2510-7755
expert verlag Tübingen
0101
2020
121
Herstellungseinflüsse auf die Druckentwicklung im Frischbeton bei Bohrpfählen in nichtbindigen Böden
0101
2020
Hanna Nissen
Markus Herten
Matthias Pulsfort
Bei der Herstellung von Bohrpfählen treten teilweise Mängel bzw. Schäden auf, deren Ursache noch nicht ausreichend erklärbar ist. Die Untersuchung der Entwicklung des Frischbetondrucks kann dabei zu einem besseren Verständnis der Interaktion zwischen Boden und Frischbeton sowie seinem Fließverhalten beitragen. Es hat sich gezeigt, dass sich die Druckentwicklung bei verrohrt hergestellten Bohrpfählen von der bei der Schlitzwandherstellung deutlich unterscheidet. Dies betrifft sowohl die zeitliche Entwicklung des Druckes als auch die maximal gemessenen Werte. Eine zeitliche Zuordnung der Messwerte zu den jeweiligen Arbeitsschritten, z. B. dem Ziehen der Verrohrung, ermöglicht Aufschluss darüber, welche Auswirkungen sich für das Gesamtsystem ergeben.
kbbf1210357
12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 357 Herstellungseinflüsse auf die Druckentwicklung im Frischbeton bei Bohrpfählen in nichtbindigen Böden Hanna Nissen Bundesanstalt für Wasserbau, Karlsruhe, Deutschland Markus Herten Bundesanstalt für Wasserbau, Karlsruhe, Deutschland Matthias Pulsfort Bergische Universität Wuppertal, Deutschland Zusammenfassung Bei der Herstellung von Bohrpfählen treten teilweise Mängel bzw. Schäden auf, deren Ursache noch nicht ausreichend erklärbar ist. Die Untersuchung der Entwicklung des Frischbetondrucks kann dabei zu einem besseren Verständnis der Interaktion zwischen Boden und Frischbeton sowie seinem Fließverhalten beitragen. Es hat sich gezeigt, dass sich die Druckentwicklung bei verrohrt hergestellten Bohrpfählen von der bei der Schlitzwandherstellung deutlich unterscheidet. Dies betrifft sowohl die zeitliche Entwicklung des Druckes als auch die maximal gemessenen Werte. Eine zeitliche Zuordnung der Messwerte zu den jeweiligen Arbeitsschritten, z. B. dem Ziehen der Verrohrung, ermöglicht Aufschluss darüber, welche Auswirkungen sich für das Gesamtsystem ergeben. 1. Einleitung Während des Herstellungsprozesses von Bohrpfählen kommt es teilweise zu Mängeln bzw. Schäden, die eine Reduzierung der Tragfähigkeit und eine spätere Sanierungsmaßnahme mit sich bringen können. Ein Grund kann unter anderem eine mangelhafte Pfahlintegrität infolge von Bluten bzw. Entmischung des Frischbetons sein. Unzureichende Betonüberdeckung und Bodeneinträge können ebenfalls zu Fehlstellen bei Pfählen führen [1, 7]. Es ist davon auszugehen, dass mit der Kenntnis über die Frischbetondruckentwicklung im Bohrpfahl das Frischbetonverhalten in Interaktion mit dem Baugrund besser abgeschätzt werden kann. Für die Schlitzwandherstellung gibt es bereits erste Ansätze zur Entwicklung des Frischbetondrucks. Die Grundlage hierfür bildet der aus dem CIRIA Report 108 [2] bekannte Ansatz für Betonwände im Hochbau. Entsprechend lässt sich der maximale Frischbetondruck P max über mehrere Parameter berechnen. Einfluss haben unter anderem die Betoniergeschwindigkeit, die Frisch-betonkonsistenz und die Bauteilabmessungen. Bis zum Erreichen des so bestimmten maximalen Frischbetondrucks verläuft der Druck maximal hydrostatisch. Entsprechend lässt sich die kritische Tiefe hkrit berechnen, ab der die Drücke Pmax nicht mehr überschreiten. Der Berechnungsansatz [2] gilt mit veränderten Beiwerten auch für Betonstützen. Beim direkten Vergleich der zu erwartenden Drücke erreichen Stützen bei gleicher Betoniergeschwindigkeit mit zunehmender Höhe größere Drücke als Wände. Für Höhen von 10 bis 15 m sind die Drücke um das 1.1bis 1.4-Fache höher, dabei nehmen die Unterschiede mit steigender Frischbetontemperatur ab. Demgegenüber führt eine steigende Betoniergeschwindigkeit zu höheren Drücken [2]. Entsprechend sind bei Stützen noch größere Unterschiede zu erwarten, da die Betoniergeschwindigkeit hier in der Regel höher ist. Bild 1: Maximaler Frischbetondruck in Schlitzwänden über die Tiefe nach Lings et al. [10] 358 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Herstellungseinflüsse auf die Druckentwicklung im Frischbeton bei Bohrpfählen in nichtbindigen Böden Im Gegensatz zum Hochbau ist es im Spezialtiefbau üblich im Kontraktorverfahren unter Wasser oder mit Suspensionsstützung zu betonieren. Im Berechnungsansatz des CIRIA Report 108 [2] ist eine entsprechende Abminderung für Unterwasserbetonage vorgesehen. Ergänzt durch drei In-situ-Messungen entwickelten Lings et al. [10] auf Basis dessen den in Bild 1 dargestellten bilinearen Verlauf für die Einhüllende der Maximaldrücke in Schlitzwänden. Hkrit liegt entsprechend bei 1/ 3 der Gesamttiefe, die Werte oberhalb liegen wie bei dem Ansatz des CIRIA Report 108 [2] beim hydrostatischen Frischbetondruck. Unterhalb von hkrit steigen die Maximaldrücke abweichend vom CI- RIA Report 108 [2] weiter an. Die Zunahme der Maximaldrücke verläuft dabei parallel zum hydrostatischen Suspensionsdruck. Neben der Betrachtung der maximalen Drücke über die Tiefe gibt es in der Literatur auch zeitliche Darstellungen der Frischbetondruckentwicklung von in-situ-Messungen [3-5, 8-11]. Die Drücke steigen dabei in den verschiedenen Tiefen mit der Zeit bis zu einem Maximum an (vgl. Bild 2). Die maximalen Drücke können dabei in den verschiedenen Tiefenlagen zu unterschiedlichen Zeitpunkten auftreten. Im Anschluss fallen die Drücke langsam ab, zu diesem Zeitpunkt ist der Frischbeton bereits so weit angesteift, dass die fluidähnlich Eigenschaften nur noch gering sind. Bild 2: Entwicklung des Frischbetondrucks in einer Schlitzwand in Budapest [8] Ort Anzahl Pfähle Anzahl Schlitzwandlamellen Länge Suspensionstützung Boden Brunsbüttel 2 28.70 m 29.20 m X Klei, Sand Gleesen 2 21.50 m Sand 2 21.50 m X Inntal 1 19.60 m Kies Karlsruhe 3 15.90 m Sand, Kies Tabelle 1: Übersicht der durchgeführten Messungen Gruber [8] hat beispielsweise Frischbetondruckmessungen an einer 28.80 m tiefen Schlitzwand durchgeführt, die Ergebnisse sind in Bild 2 dargestellt. Die unteren drei Messebenen erreichen ihr Maximum ziemlich zeitgleich nach zwei Stunden. Hierzu versetzt tritt das Maximum in der obersten Ebene erst zum Betonageende ein, davor misst dieser den Suspensionsdruck. Zur Beantwortung der Frage inwieweit sich die Ansätze aus dem Hochbau und für Schlitzwände auf Bohrpfähle übertragen lassen, wurden in-situ Frischbetondruckmessungen auf verschiedenen Bohrpfahlbaustellen durchgeführt. 2. In-situ-Messungen 2.1 Materialien und Methoden Für die Untersuchung der Druckentwicklung des Frischbetons im Bohrpfahl wurden auf vier verschieden Baustellen piezoresistive Druckaufnehmer eingebaut. Diese sind zum Schutz der empfindlichen Membran des Sensors mit einem Aufsatz versehen, der mit einer 2-Komponenten-Silikonmasse verfüllt ist. Vorversuche konnten zeigen, dass das verwendete Silikongel die Messergebnisse nicht beeinflusst. Das für die Messungen eingesetzte Messsystem erfasst die gemessenen Drücke jede Sekunde, um die Einflüsse des Herstellungsprozesses möglichst genau zu erfassen. Die Funktionsfähigkeit der Sensoren wurde zu Beginn über den Luftdruck und später im Vergleich zu den hydrostatischen Drücken sichergestellt. Bild 3: Eingebauter piezoelektrischer Drucksensor am Bewehrungskorb eines Bohrpfahles 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 359 Herstellungseinflüsse auf die Druckentwicklung im Frischbeton bei Bohrpfählen in nichtbindigen Böden Die einzelnen Sensoren sind, wie in Bild 3 dargestellt, in verschiedenen Tiefenlagen am Bewehrungskorb befestigt. Der Abstand der Sensoren zum Pfahlfuß ist dabei für die Messungen wie folgt festlegt: 0.20 m - 0.50 m - 1.00 m - 5.00 m - 9.00 m - 13.00 m. Bedingt durch die Grenzen der Messtechnik sind nicht immer alle Messebenen belegt. Eingebaut sind in der Regel fünf Sensoren in den acht untersuchten Bohrpfählen, auf vier Baustellen. Einen Überblick über alle durchgeführten Messungen gibt Tabelle 1. Auf den untersuchten Baustellen steht überwiegend nichtbindiger Boden an und der Pfahlfuß liegt unter dem Grundwasserspiegel. Die betrachteten Bohrpfähle sind alle verrohrt und im Kontraktorverfahren hergestellt, die Pfähle in Brunsbüttel erhielten zusätzlich eine Suspensionsstützung. Zwei ergänzende Schlitzwandmessungen ermöglichten einen direkten Vergleich mit den Bohrpfahlmessungen. Bild 4: Entwicklung des Frischbetondrucks - Gleesen Schlitzwand L2 Bild 5: Entwicklung des Frischbetondrucks - Brunsbüttel Bohrpfahl P2 2.2 Ergebnisse und Diskussion 2.2.1 Messung mit Suspensionsstützung Bild 4 zeigt die Ergebnisse der Frischbetondrücke über die Zeit der beiden Schlitzwandmessungen im sandigen Untergrund in Gleesen beispielhaft für Lamelle 2, die beiden Messungen weichen nicht signifikant voneinander ab. Die Zeitmessung beginnt in den folgenden Darstellungen mit dem Beginn der Betonage. Durch den grau hinterlegten Bereich sind die einzelnen Betonagen gekennzeichnet, entsprechend lassen sich die Betonagepausen ableiten. Um eine bessere Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, sind die Drücke relativ zum maximal möglichen Frischbetondruck in der jeweiligen Tiefe dargestellt: . Für die Übersichtlichkeit der Darstellung wurde die gemessenen Drücke zudem über 10 Sekunde gemittelt. Bedingt durch die Suspensionsstützung bzw. das anstehende Grundwasser im Bohrpfahl beginnen die relativen Druckverläufe in der Regel nicht bei null. 360 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Herstellungseinflüsse auf die Druckentwicklung im Frischbeton bei Bohrpfählen in nichtbindigen Böden In Gleesen zeichnen die Sensoren zu Beginn den Suspensionsdruck auf, vgl. Bild 4. Sobald der Betonspiegel die Sensoren erreicht, steigen die Drücke kontinuierlich bis zum Druckmaximum am Betonageende an, diese überschreiten die hydrostatischen Frischbetondrücke nicht. Der Maximaldruck in der obersten Sensorlage liegt am nächsten am hydrostatischen Frischbetondruck. Durch das Ansteifen und beginnende Abbinden des Betons fangen die Drücke nach dem Erreichen des Druckmaximums an abzufallen. Die einzelnen Betonagen sind im Druckverlauf deutlich sichtbar, da sie zu einem Druckanstieg führen. Nach der Betonage fallen die Drücke während des Abpumpens der Suspension und der Lieferung der nächsten Betoncharge wieder ab. Im Gegensatz zu den Messungen von Gruber [8] treten bei der Schlitzwandmessung in Gleesen die maximalen Drücke unabhängig von der Tiefe zum Betonageende auf. Die Schlitzwandergebnisse lassen sich mit den Druckentwicklungen der verrohrten, suspensionsgestützten Bohrpfähle in Brunsbüttel vergleichen. Die Betonageunterschiede in Bezug auf Verrohrung, Bauteilabmessungen und Herstellungsgeschwindigkeit sind dabei zu berücksichtigen. Bild 6: Entwicklung des Frischbetondrucks - Karlsruhe Bohrpfahl P2 Bild 7: Entwicklung des Frischbetondrucks - Inntal Bohrpfahl P1 Neben der Suspensionsstützung weisen die Pfähle in Brunsbüttel die Besonderheit einer Fußaufweitung auf, entsprechend haben die unteren Sensoren eine größere Betondeckung. In Bild 5 sind beispielhaft die Ergebnisse der Messung des zweiten Pfahls P2 mit einer Länge von 28.70 m dargestellt. Der Druckanstieg und -abfall in den verschiedenen Tiefenlagen verläuft, wie bereits bei der Schlitzwandmessung, zunächst parallel. Vergleichbar ist ebenfalls, dass die Betonierprozesse zu einem Anstieg der Drücke und die Betonierpausen tendenziell zu einem Druckabfall führen. Die Sensoren bis zu einer Höhe von 5.00 m über dem Pfahlfuß erreichen die maximalen Drücke bereits nach dem zweiten Betonagephase. Der oberste Sensor erreicht sein Druckmaximum erst während der dritten Betonagephase zum Ende der Bohrpfahlherstellung. Die Sensoren befinden sich zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr im verrohrten Bereich des Pfahls, der oberste Sensor liegt jedoch noch im Einflussbereich von Kontraktorrohr und Verrohrung. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Beton im Bereich der unteren Sensoren bereits ansteift und der Abbindeprozess eingesetzt hat. 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 361 Herstellungseinflüsse auf die Druckentwicklung im Frischbeton bei Bohrpfählen in nichtbindigen Böden 2.2.2 Bohrpfahlmessung mit Wasserauflast Auf den Baustellen in Gleesen, im Inntal und in Karlsruhe wurden Messungen an verrohrten Bohrpfählen mit Wasserauflast durchgeführt. Der zeitliche Versatz der maximalen Drücke in den verschiedenen Tiefenlagen tritt bei diesen Messungen noch deutlicher hervor als bei den suspensionsgestützten Pfählen. Die Sensoren direkt über dem Aufstandsbereich des Pfahlfußes erreichen überwiegend sehr kleine Druckanstiege, erst einen halben bis einen Meter über dem Pfahlfuß zeichneten die Sensoren größere Druckanstiege auf. Die Ergebnisse der Messung Karlsruhe Bohrpfahl P2, vgl. Bild 6 verdeutlichen dies. Die Sensoren 0.20 und 0.50 m über dem Pfahlfuß erfahren lediglich zu Beginn einen Druckanstieg. Während der ersten Betonagepause kommt es in beiden zu einer Druckspitze zum Zeitpunkt des ersten Ziehens, anschließend steigen die Drücke in diesen beiden untersten Sensoren nicht mehr signifikant an. Der darüber liegende Sensor erreicht sein Maximum nach der zweiten Betonage. Alle weiteren Herstellungsprozesse führen nur noch zu Druckanstiegen in den oberen beiden Sensorlagen, diese erreichen ihr Druckmaximum zum Ende der Betonage. Dieser zeitliche Versatz ist durch die Tiefe des Kontraktorrohrs und der Verrohrung bedingt. Der tiefer liegende Pfahlbereich ist früher nicht mehr verrohrt und somit dem Bodenkontakt ausgesetzt, dadurch kann der Beton in diesem Bereich früher ansteifen. Bei der Messung Bohrpfahl P1 im Inntal tritt der zeitlich Versatz der Maximaldrücke ebenfalls deutlich hervor, vgl. Bild 7. Der unterste Sensor erfährt lediglich kleine Auslenkungen zu Betonagebeginn. Einen Meter über dem Pfahlfuß wird das Maximum, wie bereits bei der Messung Karlsruhe P2 zu beobachten, nach der zweiten Betonage erreicht. Bei den oberen drei Tiefenlagen tritt erneut ein Versatz auf. Die Sensoren 5.00 m und 9.00 m über dem Pfahlfuß erreichen ihr Maximum zum Zeitpunkt t = 50 min und der oberste Sensor erst zum Betonageende. Dies ist dadurch bedingt, dass sich zum Betonageende nur noch der oberste Sensor im verrohrten Bereich befindet. 2.2.3 Betrachtung der Maximalwerte Die zeitlichen Verläufe der Druckentwicklung lassen sich nur qualitativ vergleichen, da sich die Herstellungsprozesse bei allen Pfähle unterscheiden. Ein direkter Vergleich der maximalen Drücke untereinander und zu den theoretischen maximal möglichen Drücken ist deutlich leichter. Es hat sich herausgestellt, dass der Verlauf der maximalen Drücke der suspensionsgestützten Pfähle denen von Schlitzwänden ähnelt, vgl. Bild 8. In der Grafik sind zusätzlich, als untere und obere Eingrenzende die Verläufe der theoretischen hydrostatischen Suspensions- und Frischbetondrücke, sowie der bilineare Verlauf nach Lings et al. [10] dargestellt. Bild 8: Vergleich Max-Werte bei suspensionsgestützter Herstellung: Schlitzwand & Bohrpfahl Der Verlauf der gemessenen Maximalwerte über die Tiefe bei suspensionsgestützter Herstellung entspricht in etwa einer Gerade. Es wird angenommen, dass die Drücke im oberen Bereich, entsprechend dem bilinearen Ansatz nach Lings et al. [10], parallel zum theoretischen Frischbetondruck verlaufen und diesen nicht überschreiten. Daraus folgend ergibt sich aus dem Schnittpunkt der Geraden der Maximalwerte mit der Linie des hydrostatischen Frischbetondrucks die kritische Tiefe, ab der die maximalen Drücke nicht mehr den hydrostatischen Frischbetondruck erreichen. Die kritische Tiefe hkrit der Schlitzwandmessung entspricht dabei mit ungefähr 1/ 3 H dem Ansatz von Lings et al. [10]. Bei den beiden Bohrpfählen liegt die gemessene kritische Tiefe deutlich tiefer bei etwa 1/ 2 H. Dies entspricht den Erwartungen nach dem CIRIA Report 108 [2], gemäß derer bei Pfählen, vergleichbar mit Stützen, der hydrostatische Frischbetondruck in tieferen Lagen erreicht wird als bei Wänden. Unterhalb der kritischen Tiefe steigen die Drücke weiter an und erreichen bei den Schlitzwänden und Pfählen eine ähnlich Größenordnung. Der weitere Druckanstieg liegt dabei über den Erwartungen aus dem Ansatz von Lings et al. [10] und entsprechend deutlich über den Erwartungen des CIRIA Report 108 [2]. Der Vergleich der beiden Bohrpfahlergebnisse zeigt, dass die Maximaldrücke bei dem um einen halben Meter kürzeren Pfahl P2 deutlich höher sind als beim längeren Pfahl P1. Dies spiegelt sich auch in der kritischen Tiefe wieder. Als Ursache hierfür kann die schnellere Herstellung, in Bezug auf die Zeit zwischen dem ersten Betonagebeginn bis zum endgültigen Abschluss der Betonage, aufgeführt werden. Ein Vergleich der Herstellungszeit im Bezug zur Pfahllänge ergibt für P1 eine Geschwindigkeit von 15 m/ h und für P2 eine Geschwindigkeit von 21 m/ h. Die weiteren Randbedingungen wie anstehender Boden 362 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Herstellungseinflüsse auf die Druckentwicklung im Frischbeton bei Bohrpfählen in nichtbindigen Böden und Betoneigenschaften unterscheiden sich nur geringfügig. Die Pfähle wurden lediglich um wenige Meter versetzt hergestellt und die Betonherstellung war gleich. Die einzelnen Betonchargen weißen zudem alle ein Ausbreitmaß von 57 cm auf. Bild 9: Vergleich Max-Werte der Bohrpfahlmessungen bei Herstellung unter Wasserauflast Die maximalen Druckverläufe über die Tiefe der Bohrpfahlmessungen unter Wasserauflast unterscheiden sich deutlich von denen der suspensionsgestützten Herstellung. In Bild 9 ist neben den maximalen Messwerten über die Tiefen der maximal mögliche hydrostatische Frischbetondruck und der bilineare Verlauf nach Lings et al. [10] abgebildet. Die Messungen Karlsruhe P1 und Gleesen P1 mussten aus verfahrenstechnischen Gründen bereits nach 50 Minuten abgebrochen werden. Aufgrund der zeitlichen Druckverläufe und des Herstellungsfortschrittes kann davon ausgegangen werden, dass die Drücke in den Messebenen bei dem Pfahl Gleesen P1 bereits den Maximalwerten entsprechen. Das gleiche gilt für die Sensoren bis zu 1.00 m über dem Pfahlfuß der Messung Karlsruhe P1. Die oberen beiden Sensorlagen hätten voraussichtlich die gleichen Drücke wie bei den Messungen Karlsruhe P2 bzw. P3 erreicht. Die entsprechend korrigierten Werte sind in Bild 9 mit Symbolen ohne Füllung dargestellt. Generell nähern sich die Drücke entsprechend Bild 9 im oberen Bereich der Bohrpfähle dem hydrostatischen Frischbetondruck an. Erst im Bereich des Pfahlfußes weichen die Druckmaxima stärker voneinander ab. Daraus lässt sich schließen, dass der Frischbeton bei verrohrter Bohrpfahlherstellung, im Gegensatz zu Schlitzwänden, noch in größeren Tiefen die hydrostatischen Frischbetondrücke erreicht. Teilweise sind die gemessenen Druckanstiege, insbesondere 0.20 m über dem Pfahlfuß, relativ klein und die maximalen Drücke liegen im Bereich der hydrostatischen Wasserdrücke. Dies weist auf ein früheres Ansteifen des Frischbetons bzw. eine Abgabe des Anmachwassers hin. Der maximalen Drücke Gleesen P2 sind deutlich geringer als die Maxima der anderen Messung. Die Maximaldrücke 0.20 m und 1.00 m über dem Pfahlfuß resultieren aus kurzfristigen Druckanstiegen infolge des zweiten Ziehvorgangs (vgl. Bild 10), diese lassen die gemessenen Druckanstiege größer wirken. Insbesondere der Maximaldruck 5.00 m über dem Pfahlfuß bleibt deutlich unter den anderen Messergebnissen. Bei der Messung Karlsruhe P1 führen ebenfalls der erste und der zweite Ziehvorgang der Verrohrung zu einer Druckspitze im untersten Sensor, in der Folge ist der gemessene Maximaldruck um 1.00 bar höher als bei den beiden anderen Karlsruher Messung. Auf die Maximaldrücke in den anderen Tiefenlagen und Messungen haben Druckspitzen einen geringeren Einfluss. 2.2.4 Einfluss von Verrohrung und Kontraktorrohr Wie aus den zeitlichen Druckverläufen erkennbar, haben die Tiefenlage des Kontraktorrohrs und der Verrohrung einen Einfluss auf die Druckentwicklung. Bei den unter Wasserauflast hergestellten Bohrpfählen entsprechen die Drücke solange den hydrostatischen Frischbetondrücke, wie sich die einzelnen Sensoren innerhalb des verrohrten Pfahlbereichs oder im Einflussbereich des Kontraktorrohrs befinden. Als Referenz für die hydrostatischen Drücke dienen die während der Herstellung gemessenen Betonhöhen und Wasserbzw. Suspensionsspiegel. Sobald die Sensoren im unverrohrten Pfahlbereich oder außerhalb des Einflussbereichs des Kontraktorrohrs liegen, fällt der weitere Druckanstieg geringer aus als die entsprechende hydrostatische Zunahme. Der Einflussbereich des Kontraktorrohrs ist dann entscheidend, wenn das Kontraktorrohr tiefer reicht als die Verrohrung, wobei der Einflussbereich meist bis zu einen Meter tiefer reicht. Wenn der Beton soweit angesteift ist, dass er nicht mehr fließfähig ist, fallen die gemessene Drücke gleichmäßig ab. Bild 10: Ziehen Verrohrung - Gleesen Bohrpfahl P2 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 363 Herstellungseinflüsse auf die Druckentwicklung im Frischbeton bei Bohrpfählen in nichtbindigen Böden Neben diesen grundlegenden Beobachtungen zur zeitlichen Druckentwicklung treten in den Messungen Druckspitzen infolge der Ziehprozesse von Verrohrung und Kontraktorrohr auf. In der Regel treten die Druckspitzen auf einer Baustelle, als Folge derselben Herstellungsprozesse zu ähnlichen Zeitpunkten auf. Die Intensität der Druckspitzen kann jedoch variieren. Bei den Druckspitzen kann es sich sowohl um positive als auch negative Druckänderungen handeln, von denen nicht zwingend alle Tiefenlagen betroffen sind. Die nachstehenden Beispiele verdeutlichen die Beobachtungen. Eine positive Druckänderung tritt an den Pfählen in Gleesen infolge des zweiten Ziehprozesses der Verrohrung auf. Beim Bohrpfahl P2 führt der Ziehprozess t = 17.8 min insbesondere bei den unteren Sensoren zu sichtbaren Druckspitzen, vgl. Bild 10. Dabei steigt der Druck schlagartig um bis zu 2 bar an, das entspricht einer Frischbetonsäule von 8 Metern. Im Anschluss fallen die Drücke deutlich langsamer wieder ab. Die nachfolgende Druckspitze t = 20.5 min wird infolge des Ziehprozesses des Kontraktorrohrs hervorgerufen. In Karlsruhe führt das erste Ziehen der Verrohrung hingegen teilweise zu einem kurzzeitigen Druckabfall um ca. 0.5 bar. Bereits zehn Sekunden später entsprechen die Drücke wieder dem Ausgangsdruck. Die weiteren Ziehprozesse führen tendenziell zu einem gleichmäßigen Druckabfall, vergleichbar mit den Beobachtungen in Brunsbüttel (Bild 11, t = 9.5 bis t = 11 min). Mit dem Ziehen fallen die Drücke bleibend ab, ein Druckanstieg wird erst beim Einsetzen der nächsten Betonagephase erreicht. Dies lässt sich damit erklären, dass mit dem Ziehen der Verrohrung der fließfähige Beton den freiwerdenden Ringspalt ausfüllt. Dadurch sinkt der Frischbetonspiegel und entsprechend sinken die Drücke in der Verrohrung. Bild 11: Ziehen Verrohrung - Brunsbüttel Bohrpfahl P2 Ein Ziehen des Kontraktorrohrs führt bei den Messungen in Brunsbüttel hingegen zu einer Druckspitze in Form eines schlagartigen Druckabfalls und einem anschließenden Druckanstieg. Die Druckanstiege treten parallel zum Absenken des Kontraktorrohrs auf, vgl. Messung Bohrpfahl P1 in Brunsbüttel (Bild 12). Dieser als „pumping“ bekannte Vorgang des Ziehens und Absenkens, um den Ausfluss des Betons aus dem Kontraktorrohr zu erleichtern, soll nach dem EFFC-Leitfaden für Kontraktorbeton [6] vermieden werden. Die gemessenen Druckspitzen unterstreichen dies, die Folge dessen kann eine Wasserläufigkeit oder ein Entmischen des Betons sein. Bild 12: Heben und Senken des Kontraktors - Brunsbüttel Bohrpfahl P1 Beim Bohrpfahl P2 in Gleesen zeigt sich zu Beginn der Herstellung ein anderes Bild, vgl. Bild 10. Die auf das Ziehen folgende Druckspitze, in der Lage 1.00 m über dem Pfahlfuß, resultiert aus der Hebung des Kontraktorrohrs. Die folgenden Hebungen des Kontraktorrohrs (t = 21.5 und 22.5 min) führen, vergleichbar mit den Beobachtungen in Brunsbüttel, zu einem Druckabfall. Die Intensität dieser Druckabfälle fällt im Vergleich jedoch deutlich geringer aus, während die jeweils gehobene Länge des Kontraktorrohrs annährend identisch ist. Ein Unterschied ist, dass in Brunsbüttel ein Hebe- und Senkvorgang stattfindet und in Gleesen nur gehoben wird. Zudem liegt der Sensor (9.00 m ab UK) mit den maximalen Druckschwankungen in Brunsbüttel in dem Bereich, in dem die Unterkante des Kontraktorrohrs bewegt wird. 3. Zusammenfassung und Ausblick Mit Hilfe der Baustellenmessungen konnten erste Erkenntnisse zur Druckentwicklung des Frischbetons bei verrohrten, im Kontraktorverfahren hergestellten Bohrpfählen gewonnen werden. Bei der Herstellung mit Wasserauflast oder Suspensionsstützung wird der Einfluss deutlich. Zudem gibt es Unterschiede zwischen den Druckentwicklungen von Bohrpfahl und Schlitzwand. Bei der Pfahlherstellung unter Wasserauflast gibt es einen deutlichen Einfluss des Pfahlfußes. Hier sind die gemessenen Drücke geringer als die hydrostatischen Frischbetondrücke. Teilweise liegen sie 0.20 m über dem Pfahlfuß eher im Bereich der hydrostatischen Wasserdrücke. Dies lässt auf eine frühe Wasserabgabe und ein frühes Ansteifen des Betons schließen. Oberhalb des Pfahlfußbereiches erreichen die Drücke überwiegend die Größenordnung der hydrostatischen Frischbetondrücke. Die Drücke der Pfahlmessungen unter Wasserauflast er- 364 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Herstellungseinflüsse auf die Druckentwicklung im Frischbeton bei Bohrpfählen in nichtbindigen Böden reichen insgesamt deutlich höhere Werte als bei den suspensionsgestützten Messungen. Der maximale Druckverlauf über die Tiefe bei den suspensionsgestützten Pfählen ähnelt den Schlitzwandergebnissen aus Gleesen. Dabei liegt die kritische Tiefe bei den Pfahlmessungen mit 1/ 2 H tiefer als bei Schlitzwänden. Bei allen suspensionsgestützten Messung werden die Drücke unterhalb der kritischen Tiefe mit dem Ansatz von Lings et al. [10] unterschätzt. Im Vergleich zur Schlitzwand hat die Verrohrung der Pfähle einen deutlichen Einfluss auf die Druckentwicklung und die maximalen Drücke. Dies resultiert aus der Verrohrungstiefe und den einzelnen Ziehprozessen. Solange sich die Sensoren im verrohrten Bereich bzw. dessen Einflussbereich befinden, erreichen sie die hydrostatischen Drücke. Generell führt dabei der Ziehprozess zu einem Absunk des Betonspiegels und folglich zu einer Druckabnahme. Teilweise kann das Ziehen der Verrohrung auch zu Druckschlägen führen, dasselbe gilt für Bewegungen des Kontraktorrohrs. Bedingt durch die Verrohrung ist der Einfluss von einzelnen Ziehprozessen und der Kontraktortiefe deutlich größer als bei der Schlitzwandherstellung. Ein Heben des Kontraktorrohrs kann insbesondere im Bereich der Verrohrung zu schlagartigen Druckänderungen führen. Wenn der Ausflussbereich des Kontraktorrohrs unterhalb von der Verrohrung liegt, ist die Lage des Kontraktorrohrs entscheidend für den Bereich, in dem die hydrostatischen Drücke erreicht werden. Als Ursache für die Unterschiede zwischen den einzelnen Messungen können der anstehende Boden und die Betoneigenschaften in Betracht gezogen werden. Da sich die Messergebnisse der Pfähle auch innerhalb einer Baustelle unterscheiden, ist davon auszugehen, dass der Herstellungsablauf einen erheblichen Einfluss hat. Die vorliegenden Untersuchungen liefern hierzu erste Anhaltspunkte. Literaturverzeichnis [1] Böhle, B. (2019): Untersuchungen im Großmaßstab zum Fließ- und Ansteifverhalten von Beton bei der Herstellung von Bohrpfählen. Aachen: Shaker (Berichte des Lehr- und Forschungsgebietes Geotechnik - Bergische Universität Wuppertal, 37). [2] Clear, C. A.; Harrison, T. A. (1985): Concrete pressure on formwork. Hg. v. CIRIA. Construction Industry Research and Information Association. London (Report, 108). [3] de Wit, J. C.; Lengkeek, H. J. (2002): Full scale test on enviromental impact of diaphragm wall trench installation in Amsterdam the final results. In: R. Kastner, F. Emeriault, D. Dias und A. Guilloux (Hg.): Geotechnical Aspects of Underground Construction in Soft Ground. Proceedings of the Third International Symposium. International Symposium on Geotechnical Aspects of Underground Construction in Soft Ground. Lyon: Spécifique, S. 433-440. [4] Delattre, L.; Duca, V. (2002): Measured pressure exerted by fine soil on a diaphragm wall under construction. In: R. Kastner, F. Emeriault, D. Dias und A. Guilloux (Hg.): Geotechnical Aspects of Underground Construction in Soft Ground. Proceedings of the Third International Symposium. International Symposium on Geotechnical Aspects of Underground Construction in Soft Ground. Lyon: Spécifique, S. 547-552. [5] DiBiagio, E.; Roti, J. A. (1972): Earth Pressure Measurements on a Braced Slurry Trench Wall in Soft Clay. In: Norwegian Geotechnical Institute (Hg.): Contributes to the Fifth European Conference on Soil Mechanics and Foundation Engineering. Sarpsborg, NOR: Frank Vardings Trykkeri (Publication Nr. 91), S. 51-59. [6] EFFC/ DFI Arbeitsgruppe Beton (2018): Leitfaden über Kontraktorbeton für Tiefgründungen. Deutschsprachige Fassung. 2. Aufl.: European Federation of Foundation Contractors und Deep Foundations Institute. [7] Fierenkothen genannt Kaiser, C. (2019): Numerische Simmulation und Laborversuche zur Ausbreitung von Frischbeton in Bohrpfählen. Aachen: Shaker (Berichte des Lehr- und Forschungsgebietes Geotechnik - Bergische Universität Wuppertal, 38). [8] Gruber, G. (2008): Druckverhältnisse bei Betonierarbeiten mit weichen Betonen im Spezialtiefbau. Diplomarbeit. Technische Universität Wien, Wien. Institut für interdisziplinäres Bauprozessmanagement. [9] Lächler, A.; Neher, H. P. (2008): Verbundprojekt: Bauwerksschonende Geotechnik - Teilvorhaben B. Optimierung der Herstellung von Verbauwänden im Hinblick auf Verformungen benachbarter Bauwerke. Stuttgart. [10] Lings, M. L.; Ng, C. W. W.; Nash, D. F. T. (1994): The lateral pressure of wet concrete in diaphragm wall panels cast under bentonite. In: Proceedings of the Institution of Civil Engineers 107 (3), S. 163- 172. [11] Uriel, S.; Oteo, C. S. (1977): Stress and Strain besides a Circular Trench Wall. In: Japanese Society of Soil Mechanics and Foundation Engineering (Hg.): Proceedings of the ninth International Conference on Soil Mechanics and Foundation Engineering, Bd. 1, S. 781-788.