eJournals Kolloquium Bauen in Boden und Fels 12/1

Kolloquium Bauen in Boden und Fels
kbbf
2510-7755
expert verlag Tübingen
0101
2020
121

Nachhaltige Stabilisierung von Kriechhängen mittels HZV-Verfahren

0101
2020
Benjamin Krüger
Jürgen Stöger
Das Bauen in Kriechhängen stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar, wobei ohne besondere Maßnahmen mit deutlich erhöhten Kriech-Erddrücken, welche die Größe des Erdruhedrucks erheblich übersteigen können, zu rechnen ist. Kriechhänge befinden sich zudem in einem erdstatisch labilen Grenzgleichgewicht, was bedeutet, dass die Kriechbewegung schlagartig zu einer Rutschung mit größeren Verformungsgeschwindigkeiten übergehen kann. Das Hydrozementations-Verfahren stellt eine Möglichkeit zur Ausführung von in-situ hergestellten Erdbeton-Stützkörpern dar, die keine umfangreichen Materialtransporte erfordert. Durch die gezielte Ausführung einer lokalen Baugrundverbesserung werden Stützkörper zur Aufnahme und Abtragung der hangparallelen Kräfte in tieferliegende, tragfähige Bodenschichten hergestellt. Erforderliche Abmessungen und Abstände der Stützscheiben können im Vorfeld in Abhängigkeit der Randbedingungen ermittelt werden. Das Verfahren besitzt eine Zulassung für den Einsatz bei Maßnahmen der Eisenbahnen des Bundes.
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12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 413 Nachhaltige Stabilisierung von Kriechhängen mittels HZV-Verfahren: Bemessung und Ausführungspraxis Benjamin Krüger Boley Geotechnik GmbH, München, Deutschland Jürgen Stöger Sidla und Schönberger Spezialtiefbau GmbH, Schöllnach, Deutschland Zusammenfassung Das Bauen in Kriechhängen stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar, wobei ohne besondere Maßnahmen mit deutlich erhöhten Kriech-Erddrücken, welche die Größe des Erdruhedrucks erheblich übersteigen können, zu rechnen ist. Kriechhänge befinden sich zudem in einem erdstatisch labilen Grenzgleichgewicht, was bedeutet, dass die Kriechbewegung schlagartig zu einer Rutschung mit größeren Verformungsgeschwindigkeiten übergehen kann. Das Hydrozementations-Verfahren stellt eine Möglichkeit zur Ausführung von in-situ hergestellten Erdbeton-Stützkörpern dar, die keine umfangreichen Materialtransporte erfordert. Durch die gezielte Ausführung einer lokalen Baugrundverbesserung werden Stützkörper zur Aufnahme und Abtragung der hangparallelen Kräfte in tieferliegende, tragfähige Bodenschichten hergestellt. Erforderliche Abmessungen und Abstände der Stützscheiben können im Vorfeld in Abhängigkeit der Randbedingungen ermittelt werden. Das Verfahren besitzt eine Zulassung für den Einsatz bei Maßnahmen der Eisenbahnen des Bundes. 1. Beschreibung HZV-Verfahren Eine dauerhafte Sicherung und Stabilisierung rutschgefährdeter oder sich bereits in Bewegung befindlicher Böschungen ist nicht nur dann erforderlich, wenn durch einen drohenden Kollaps schützenswerte Infrastruktur gefährdet ist, sondern auch um Bauwerke die dauerhaft oder temporär (z.B. Baugruben) in den Böschungsfuß einbinden von zusätzlichen horizontalen Einwirkungen zu entlasten. Durch Kriechprozesse können zusätzliche Erddrücke auf Bauwerke entstehen, die deutlich höher ausfallen als der Erdruhedruck. Werden die Bewegungen des Kriechhangs durch gezielte Maßnahmen verhindert, reduzieren sich die Erddrücke für rechnerische Nachweise von Bauwerken im gesicherten Bereich des Kriechhangs auf den standardmäßig anzusetzenden, erhöhten aktiven Erddruck. Zur Sicherung von Böschungen stehen diverse Maßnahmen zur Verfügung. In [4] wird ein umfassender Überblick über die gängigen Systeme gegeben, darunter auch die Ausführung von Stützscheiben. Die Herstellung von Erdbetonstützscheiben im Hydrozementationsverfahren (HZV) stellt eine Vorgehensweise dar, bei der der anstehende Baugrund lokal durch die Zugabe von Zementsuspension verfestigt wird. Nach dem Aushärten des Bindemittels weist der aufbereitete Boden eine wesentlich höhere Scherfestigkeit auf. Je nach vorhandenem Boden können Druckfestigkeiten des Erdbetons zwischen 1 und 5 MN/ m2 erreicht werden, in der Literatur können auch Angaben von bis zu 10 MN/ m² gefunden werden (z.B. in [1]). Die Bodenverfestigung wird scheibenartig in hangparallelen Streifen bis in eine Tiefe unterhalb der bekannten oder potentiellen Gleitzone ausgeführt. Durch die hierdurch erzeugte Einbindung wird die Übertragung der aus der Hangbewegung resultierenden Horizontalkräfte in tieferliegende, tragfähige Bodenschichten ermöglicht. Die Stützscheibe bewirkt auf diese Weise den Effekt einer Verdübelung, die maßgebende Gleitzone wird aus dem kritischen Bereich verlagert. Der nicht aufbereitete Baugrund in den Bereichen zwischen den Stützscheiben erfährt eine Gewölbewirkung was zu einer Lastkonzentration in den Stützscheiben führt. Die Gewölbekräfte werden über Reibung und seitlichen Erddruck in die Stützscheiben und von dort in den Untergrund abgeleitet. Die Ausführung von HZV-Stützscheiben erfolgt in zwei Schritten: - Lokaler Aushub des aufzubereitenden Bodenmaterials im Bereich der herzustellenden Stützscheibe, - Wiedereinbau und Durchmischung des Bodenmaterials bei gleichzeitiger Zugabe von Zementsuspension. 414 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Nachhaltige Stabilisierung von Kriechhängen mittels HZV-Verfahren: Bemessung und Ausführungspraxis Die Durchmischung der Zement-Suspension mit dem zuvor geförderten Aushubmaterial erfolgt mit der Baggerschaufel. Da Beschaffenheit und Homogenität des hergestellten Ortbetonkörpers (allem voran die Druckfestigkeit), neben den Eigenschaften des verwendeten Materials maßgeblich von der Qualität der Durchmischung abhängen, ist die anwendungsbezogene Erfahrung des Baugeräteführers von großer Bedeutung für den baulichen Erfolg. Die Arbeit in offener Baugrube erlaubt es, den lokal tatsächlich vorhandenen Schichtenverlauf während der Herstellung zu verifizieren und bei Bedarf kurzfristige Anpassungen der Stützscheibe durchzuführen, beispielsweise durch eine Vergrößerung der Einbindebzw. Gründungstiefe. Das beschriebene Verfahren erfordert keine aufwändigen Erdmassenbewegungen und nur verhältnismäßig kurze Bauzeiten. Bemessung und Ausführung sollen im Folgenden anhand eines Beispielprojektes beschrieben werden. 2. Situation Die Benediktinerabtei Plankstetten liegt südlich von Neumarkt in der Oberpfalz im gleichnamigen Ort Plankstetten, einem Ortsteil von Berching an der östlichen Flanke des Sulztals, durch welches heute der Main-Donau-Kanal verläuft. Die Abtei plant im Hang des jurassischen Tafelbergs, oberhalb des Klosters, einen Neubau, der etwa 10 m in das bestehende Gelände einbinden soll. Dazu ist die Errichtung einer entsprechend tiefen Baugrube im Bereich des Böschungsfußes, d.h. unterhalb eines vorhandenen Rutschbereichs erforderlich. Der fast vollständig bewaldete Tafelberg erhebt sich bis etwa 150 m über das Klostergelände. Seine geologische, von Malmkalken überlagerte Basis bildet der Doggersandstein. Die überlagernden Schichten sind geologisch bereits als Teil einer prähistorischen, jurassischen Großrutschung bekannt. Während des Voraushubs traten im Januar 2018 deutliche Hangbewegungen auf, woraufhin die Aushubmaßnahmen umgehend eingestellt und eine Vorschüttung zur provisorischen Stabilisierung der Bewegung hergestellt wurde. Anschließend wurde auf dem etwa 6.800 m² großen Projektareal ein umfangreiches geotechnisches Mess- und Untersuchungsprogramm durchgeführt, welches neben der Abteufung mehrerer neuer Erkundungsbohrungen auch die Errichtung und Beobachtung von mehrerer Grundwassermessstellen, drei Inklinometerstandorten sowie Porenwasserdruckmessungen und die Durchführung geophysikalischer Untersuchungen (geoelektrische Tomographie) umfasste. Innerhalb von nur drei Monaten konnten durch das Monitoring im Zeitraum zwischen dem 12.09.2018 („Nullmessung“ der Inklinometer) und dem 11.12.2018, hangparallele Bewegungen von bis zu 20 mm festgestellt werden (siehe Abbildung 1). Schließlich war die sehr lokale Verformung so groß, dass es gut vier Monate nach der Herstellung der Inklinometer-Messstellen bereits zu einem Abscheren der Inklinometerrohre kam. Das Abscheren der Messrohre konnte durch eine Kamerabefahrung eindrucksvoll dokumentiert werden (siehe Abbildung 2). Abbildung 1: Ergebnisse der Messung eines Inkilometers, Zeitraum 12.09.2018 bis 11.12.2018, Achse-A (in Böschungsfallrichtung); Quelle: [5]; Abbildung 2: Aufnahme der Kamerabefahrung in einem abgescherten Inklinometerrohr; Foto: Dr. Plinninger; Anhand der geotechnischen Untersuchungen, insbesondere durch die Ergebnisse der Inklinometer-Messungen, konnte eine aktive, hangparallel verlaufende Gleitzone in einer Tiefe von 3,5 bis 5,0 m unterhalb der bestehenden Geländeoberkante ausgemacht werden. Es handelt sich hierbei um eine zwischen 0,5 m und 1,0 m mächtige Ton- 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 415 Nachhaltige Stabilisierung von Kriechhängen mittels HZV-Verfahren: Bemessung und Ausführungspraxis schicht, auf welcher der überlagernde Hangschutt abgleiten konnte. Dieser Hangschutt war bereits als Teil des prähistorischen, aber zur Ruhe gekommenen Großrutsches des Jurahanges bekannt, der infolge der Bautätigkeit, insbesondere der Abgrabung am Hangfuß, partiell wieder reaktiviert wurde. Die Baugrundsituation ist in Abbildung 3 schematisch dargestellt. Abbildung 3: Schematisches Baugrundmodell; Auch konnten durch das ausführliche geotechnische Monitoring eindeutige Zusammenhänge zwischen den Grundwasserverhältnissen bzw. Niederschlagsmengen und dem Auftreten der Rutschbewegungen aus den Messungen abgeleitet werden. 3. Tragverhalten In [1] werden hinsichtlich des Tragverhaltens von (Erdbeton-) Stützscheiben zwei grundsätzliche Fälle unterschieden: Böschungen mit bzw. ohne eine vorgegebene, geologische Versagenszone. Für erstere wirkt die Stützscheibe gem. [1] auf die Böschung als eine Art Verdübelung. Besteht keine (erkennbar) vorgegebene Schwächezone, lässt sich das Tragverhalten gem. [1] entweder durch eine Gewölbetragwirkung zwischen den Stützscheiben infolge eines erzwungenen, räumlichen Bruchmechanismus, einer Verlagerung der kritischen Gleitfläche oder einer Kombination dieser beiden Mechansimen beschreiben. Auf Grundlage der durchgeführten Erkundungs- und Monitoringmaßnahmen, lagen für die hier beschriebene Maßnahme nicht nur eindeutige Anhaltspunkte für das grundsätzliche Vorhandensein einer solchen Schwächezone, sondern auch ausführliche Angaben über deren Lage, Verlauf und (bodenmechanischer) Ausbildung vor. 4. Nachweisführung Kriechhänge befinden sich in einem erdstatisch labilen Grenzgleichgewicht. Das bedeutet, dass kleinste Veränderungen (Niederschläge, Schwankungen des Grundwasserspiegels, Verkehrslasten etc.) schlagartig Rutschungen mit sehr viel größeren Verformungsgeschwindigkeiten auslösen können. Diesen kritischen Zustand, den es baupraktisch zu lösen gilt, kann man sich bei der erdstatischen Bemessung insofern zu Nutze machen, als dass durch das Grenzgleichgewicht (Ausnutzungsgrad µ = 1,0 im charakteristischen Zustand mit Definition der einzelnen Teilsicherheiten γi = 1,0) eine Verifizierung des Baugrundmodells möglich ist. Die Nachweisführung der Stützscheiben lässt sich grob in drei Teile gliedern: - Ermittlung der erforderlichen Stützkräfte, - Nachweis der Abtragung der auftretenden (in die Stützscheibe zu übertragenen) Kräfte, - Nachweis der Übertragung der auftretenden Kräfte aus dem Boden in die Stützscheibe. 4.1 Ermittlung der erforderlichen Stützkräfte Um den Nachweis der Abtragung der durch die Hangbewegung induzierten Kräfte über die HZV-Stützscheiben mit vertretbarem Aufwand, ohne die Durchführung einer aufwendigen Finite Elemente Analyse führen zu können, wurden 2-dimensionale Geländebruchnachweise mit kreisförmigen und geradlinigen Bruchkörpern nach DIN 4084 [2], unter Berücksichtigung der stabilisierenden Wirkung durch die HZV-Stützscheiben aufgestellt. Bei dieser Vorgehensweise ist keine Veränderung der Grundwasserverhältnisse oder gar der bodenmechanischen Parameter vorgesehen, wie dies entsprechend anderer möglicher Nachweisverfahren durch ein „Verschmieren der Bodenparameter“ empfohlen wird. In Abhängigkeit des Baugrundmodells wurden zunächst die erforderlichen Stützbzw. Defizitkräfte ermittelt, die später durch die Erdbetonstützscheibe aufgenommen und in tiefer liegende, tragfähige Bodenschichten übertragen werden sollten. Die Stützkräfte wurden dazu sukzessive als ständige, horizontale Einzellasten (γG = 1,0) auf Höhe der HZV-Stützscheibe in das Berechnungsmodell implementiert bis für alle rechnerisch in Betracht kommenden Versagensmechanismen ausreichende Standsicherheiten (µ ≤ 1,0) erreicht wurden. 4.2 Abtragung der auftretenden Kräfte Die sich hieraus ergebenden Kräfte wurden anschließend lagegleich jedoch mit entgegengesetzter Wirkungsrichtung in ein zweites Berechnungsmodell übertragen, welches sich vom Ursprungsmodell dahingehend unterscheidet, dass darin die HZV-Stützscheiben, einbindend in die tieferliegenden, tragfähigen Bodenschichten, (boden-) mechanisch berücksichtigt waren (siehe Abbildung 4). Da bei einer 2-dimensionalen Geländebruchberechnung mit gängiger Software stets ein 1,0 m breiter Geländestreifen betrachtet wird, mussten die Breite und der horizontale Abstand der HZV-Stützscheiben bei der Umrechnung der Defizitkräfte natürlich berücksichtigt werden. 416 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Nachhaltige Stabilisierung von Kriechhängen mittels HZV-Verfahren: Bemessung und Ausführungspraxis Abbildung 4: Schematisches Baugrundmodell mit Stützscheibe; Durch Variationen bei der Umrechnung der Einwirkungen auf den idealen, 1,0 m breiten Streifen können Scheibenabstände und Abmessungen (Breite) optimiert werden. Aus den Gleichgewichtsbetrachtungen des Modells mit Modellierung der Stützscheiben ergibt sich die erforderliche Einbindetiefe in tragfähigere Bodenschichten. 4.3 Kraftübertragung in die Stützscheibe Zur Bemessung von Stützscheiben aus Erdbeton wird in [1] ein analytisches Bemessungsverfahren vorgestellt, mit welchem eine Dimensionierung und Optimierung des Scheibenabstandes in Abhängigkeit der Boden- und Böschungsparameter möglich ist. Das in [1] beschriebene Vorgehen, das 2008 auf Grundlage von FEM-Berechnungen entwickelt wurde, ist jedoch nur unter speziellen Randbedingungen anwendbar, die im gegenständlichen Vorhaben nicht gegeben waren. Insbesondere war es nicht möglich, den Nachweis der Ausbildung eines Traggewölbes zwischen den Stützscheiben anhand der in [1] beschriebenen Vorgehensweise zu führen, da hierfür ein, wenn auch geringes, jedoch rechnerisch ausschlaggebendes Mindestmaß an Kohäsion im zu stützenden Bodenkörper erforderlich gewesen wäre. Den zu sichernden Bodenschichten konnten jedoch keine kohäsiven Eigenschaften zugeordnet werden. Der Nachweis einer ausreichenden Kraftübertragung konnte im gegenständlichen Projekt schließlich durch einen einfachen Nachweis der erdruckabhängigen Reibungskräfte zwischen Baugrund und HZV-Scheibe erbracht werden. Die Wirkung des sich zwischen den Stützscheiben einstellenden Gewölbes wurde in der vereinfachten rechnerischen Nachweisführung auf diese Weise zwar vernachlässigt, entsprechend der langjährigen Erfahrung der ausführenden Firma Sidla und Schönberger mit der Bemessung und Durchführung von Maßnahmen mit, im Hydrozementationsverfahren hergestellten Stützscheiben, ist jedoch auch unter den gegebenen Baugrundbedingungen von einer sich einstellenden Gewölbewirkung auszugehen. Die Nachweisführung mit rechnerischer Vernachlässigung der Gewölbewirkung kann daher als auf der sicheren Seite liegend beurteilt werden. 5. Ausführung Jede Stützscheibe wird abschnittsbzw. stufenweise hergestellt, beginnend mit dem untersten Abschnitt am Böschungsfuß. Die Herstellung mehrerer, parallel verlaufender HZV-Stützscheiben folgt ebenfalls diesem Ablauf: beginnend mit den jeweils unteren Scheibenabschnitten am Böschungsfuß werden erst alle Abschnitte eines Höhenniveaus fertiggestellt, bevor mit der Herstellung des nächst höheren Abschnittes aller Stützscheiben begonnen wird. Abbildung 5: Aushub und Zwischenlagerung, paralleles Arbeiten mit 2 Baggern; Bei der Herstellungsreihenfolge wurde berücksichtigt, dass frisch hergestellten Bereichen ausreichend Zeit zur Aushärtung des Bindemittels gegeben wurde, bevor mit der Herstellung bzw. dem Aushub angrenzender Stützscheiben begonnen wurde. Um Verzögerungen im Bauablauf zu vermeiden, erfolgte die Herstellung der jeweiligen Abschnitte der insgesamt zehn Stützscheiben daher in einem Herstellungsrhythmus 1 - 4 - 7 - 10, anschließend 2 - 5 - 8 und (abschnitts-) abschließend 3 - 6 - 9. Im vorgestellten Projekt wurden im etwa 1: 3 geneigten Hang HZV-Stützscheiben mit Längen zwischen 57 m und 75 m hergestellt. Der horizontale Abstand zwischen den jeweils 2,0 m breiten Stützscheiben beträgt 6,0 m, hieraus ergibt sich ein lichter Abstand zwischen den HZV-Scheiben von etwa 4,0 m. Die Stützscheiben mit einer Tiefe von maximal etwa 8,0 m, binden stufenförmig jeweils mindestens 1,0 m in den tragfähigen Untergrund unterhalb der Gleitzone ein. Im Fußbereich der Böschung liegt eine noch größere Einbindetiefe vor. Das Aushubmaterial wurde vor dem Wiedereinbau direkt neben der Baugrube abgelagert. Der Verlauf der anstehenden Bodenschichten konnte an der offenen Baugrube klar nachvollzogen werden. 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 417 Nachhaltige Stabilisierung von Kriechhängen mittels HZV-Verfahren: Bemessung und Ausführungspraxis Kurz nach Beginn der Bindemittelzugabe wurde mit dem Bagger begonnen das zuvor geförderte Bodenmaterial kontinuierlich wieder zurück zu fördern. Mit der Baggerschaufel wurden Zementsuspension und Boden dabei in-situ ordentlich durchmischt (siehe Abbildung 6). Die vergleichsweise große Böschungslänge und die damit verbundene Förderhöhe der Zementsuspension erforderten eine leistungsstarke Förderanlage. Abbildung 6: Zugabe der Zementsuspension bei gleichzeitiger Durchmischung mit der Baggerschaufel; Nach Fertigstellung der unteren Abschnitte aller Stützscheiben wurde der Arbeitsbereich des Baggers weiter hangaufwärts verlegt, um den nächsten Abschnitt herzustellen. Es ergibt sich aus dem von unten nach oben gerichteten Arbeitsablauf zudem ein weiterer Vorteil des Verfahrens: Die Aufstandsfläche schwerer Baugeräte (Bagger) liegt stets unterhalb des zu sichernden Böschungsabschnittes in einer Zone bereits ausgeführter Bodenverfestigung. Es besteht daher keine Gefahr, dass durch die Arbeiten zusätzliche, destabilisierende Einwirkungen in die ohnehin labile Böschung induziert werden. Die Platzverhältnisse im beschriebenen Projekt erlaubten das zeitgleiche Arbeiten mit zwei Baggern, wodurch die Bauzeit weiter verkürzt werden konnte. Die Herstellung aller zehn HZV-Stützscheiben, mit einem Gesamtvolumen von 6.900,00 m³ in situ (mixed in place) hergestelltem Erdbeton konnte auf diese Weise innerhalb von nur 9 Wochen abgeschlossen werden. 6. Fazit Die Ausführung von Stützscheiben zur Sicherung rutschgefährdeter Böschungen gehört zu den üblichen Verfahren zur Lösung dieser Aufgabenstellung. Durch die Ausführung von Erdbeton-Stützscheiben im Hydrozementationsverfahren können Bauzeit und -kosten durch einen geringeren Bedarf an Materialtransporten oder gar den Zukauf teurer Ersatzbaustoffe vermieden werden. Die Herstellung eines homogenen und qualitativ hochwertigen Erdbetonkörpers mittels Baggerschaufel erfordern ein hohes Maß an Expertise und Geschicklichkeit des Baugeräteführers. Das beschrieben Verfahren kann auch zur Erhöhung der Standsicherheit von Bahn- oder Straßendämmen, der Immobilisierung von Schadstoffen, zur Verbreiterung von Fahrwegen in Hanglagen, Sicherung von Leitungen oder der Herstellung von Gründungen angewandt werden. Das Verfahren besitzt eine Zulassung des Eisenbahnbundesamtes [3]. Durch diese werden Anforderungen an Güte und Qualitätssicherung, wie z.B. der Entnahme und Prüfung entnommener Proben des Erdbetons ebenso definiert, wie spezifische, für Maßnahmen an Anlagen der Eisenbahnen des Bundes geltende Einschränkungen. Literatur [1] Reinhold, C. (1978): Ein Beitrag zur Bemessung von Böschungen mit Erdbetonstützscheiben; Technischen Universität Bergakademie Freiberg, Fakultät für Geowissenschaften, Geotechnik und Bergbau. [2] DIN 4084: 2009-01: Baugrund - Geländebruchberechnungen; Deutsches Institut für Normung; Berlin, 2009; [3] EBA (2017): Verlängerung der Zulassung für die Anwendung des Hydrozementationsverfahren (HZV); Bonn, 08.06.2017; [4] Brandl, H. (2015): Bauwerke in Kriechhängen; Österreichische Ingenieur- und Architekten-Zeitschrift, 160. Jg., Heft 1-12/ 2015, S. 193 - 203. [5] Generalsanierung Teil II, 2. Bauabschnitt und Rutschhang am Kloster Plankstetten; Geologisch-geotechnischer Abschlussbericht; IB Bauer und IB Spotka; München, 11.07.2019;