eJournals Kolloquium Bauen in Boden und Fels 12/1

Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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expert verlag Tübingen
0101
2020
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Kombinierte Böschungs- und Felssicherung von Tunnelportalen mittels hochfestem Stahldrahtgeflecht

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2020
Helene Hofmann
Corinna Wendeler
Eberhard Gröner
Der Eisenbahn- und Strassentunnelbau hat in den letzten Jahrzehnten gekoppelt an ein gesteigertes Verkehrsaufkommen stark zugenommen. Dies ist unter anderem möglich, da im Tunnelbau neue, wirtschaftlichere und effizientere Methoden und Bauprodukte eingeführt wurden. Die Portalbereiche und Einschnittsböschungen gilt es oft zu sichern, da die Hanggeometrie künstlich verändert wird und es dann des Öfteren zu Instabilitäten führen kann. Auch der Bau des Portals selbst kann dann zu einem erhöhten Steinschlagrisiko auf der Strecke führen. Die Portale und Einschnittsböschungen werden oft mit massiven Spritzbetonschalen gesichert. Jedoch bedarf es mehr und mehr ein Vorweisen von nachhaltigen Baumassnahmen die umweltfreundlicher und wirtschaftlicher sind. Hier sind in den letzten 20 Jahren Drahtgeflechte aus hochfestem Stahldraht in den Fokus gerückt. Sie stellen, aufgrund der hohen Lastaufnahme eine wirtschaftliche Alternative zu Spritzbetonlösungen dar und können in Kombination mit einer Boden- oder Felsvernagelung bis zu 280 kN für Globalstabilitätsprobleme und 140 kN für lokale Instabilitäten in die Vernagelung einleiten. Weitere Vorteile sind der Erhalt der Ökosysteme, da die Flächen nicht versiegelt werden, sondern für Flora und Fauna durchgängig bleiben. Die gleichen hochfesten Stahldrahtgeflechte werden auch für Fangzäune verwendet, die sehr hohe Energien aufnehmen können und sich sehr gut an die diversen Geländeveränderungen anpassen können im Vergleich zu konventionellen Auffangdämmen. Dieser Vortrag zeigt ein Beispiel von kombinierten Böschungs- und Steinschlagsicherungen an verschiedenen Tunnelportalen in Brasilien, England und Deutschland.
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12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 419 Kombinierte Böschungs- und Felssicherung von Tunnelportalen mittels hochfestem Stahldrahtgeflecht Helene Hofmann Geobrugg AG, Romanshorn, Schweiz Corinna Wendeler Appenzell Ausserrhoden, Department Bau und Volkswirtschaft, Herisau, Schweiz Eberhard Gröner Geobrugg AG, Romanshorn, Schweiz Zusammenfassung Der Eisenbahn- und Strassentunnelbau hat in den letzten Jahrzehnten gekoppelt an ein gesteigertes Verkehrsaufkommen stark zugenommen. Dies ist unter anderem möglich, da im Tunnelbau neue, wirtschaftlichere und effizientere Methoden und Bauprodukte eingeführt wurden. Die Portalbereiche und Einschnittsböschungen gilt es oft zu sichern, da die Hanggeometrie künstlich verändert wird und es dann des Öfteren zu Instabilitäten führen kann. Auch der Bau des Portals selbst kann dann zu einem erhöhten Steinschlagrisiko auf der Strecke führen. Die Portale und Einschnittsböschungen werden oft mit massiven Spritzbetonschalen gesichert. Jedoch bedarf es mehr und mehr ein Vorweisen von nachhaltigen Baumassnahmen die umweltfreundlicher und wirtschaftlicher sind. Hier sind in den letzten 20 Jahren Drahtgeflechte aus hochfestem Stahldraht in den Fokus gerückt. Sie stellen, aufgrund der hohen Lastaufnahme eine wirtschaftliche Alternative zu Spritzbetonlösungen dar und können in Kombination mit einer Boden- oder Felsvernagelung bis zu 280 kN für Globalstabilitätsprobleme und 140 kN für lokale Instabilitäten in die Vernagelung einleiten. Weitere Vorteile sind der Erhalt der Ökosysteme, da die Flächen nicht versiegelt werden, sondern für Flora und Fauna durchgängig bleiben. Die gleichen hochfesten Stahldrahtgeflechte werden auch für Fangzäune verwendet, die sehr hohe Energien aufnehmen können und sich sehr gut an die diversen Geländeveränderungen anpassen können im Vergleich zu konventionellen Auffangdämmen. Dieser Vortrag zeigt ein Beispiel von kombinierten Böschungs- und Steinschlagsicherungen an verschiedenen Tunnelportalen in Brasilien, England und Deutschland. 1. Einleitung Umweltbelange sind im Alltag zunehmend präsent, und die verschiedenen Industriezweige müssen sich an die neuen Gegebenheiten anpassen. Ein Ziel zum Beispiel in Europa, ist es, die durch den Verkehr, insbesondere den Schwerlastverkehr, verursachte Umweltbelastung durch die Verlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene zu verringern. Um dies zu erreichen, müssen die bestehenden Eisenbahnkorridore ihre Kapazität erweitern. Durch Europa eine Durchgängigkeit zu schaffen bedeutet, die Alpen zu überqueren. Die bestehenden Tunnel sind alle mehrere Jahrzehnte alt und müssen modernisiert werden. Größere Kapazitäten sind direkt mit längeren, d.h. schwereren Zügen verbunden, die wegen der Kapazitätssteigerung auch schneller fahren müssen. Die bestehenden Tunnel sind für diesen Zweck zu steil und schmal, weshalb mehrere Basistunnel über die Alpen gerade gebaut oder fertiggestellt werden bzw. noch in der Projektierungsphase sind. Die bekanntesten Beispiele sind der fertiggestellte Gotthard-Basistunnel (AlpTransit, 2019; BBC, 2019) und der Brenner (ÖBB, 2019; BBT- SE 2019) sowie der Mont Cenis-Basistunnel (gouvernement.fr, 2019; TELT-SAS 2019), die letzten zwei noch im Bau. Tunnel im Allgemeinen können dazu beitragen, den Straßenverkehr bei der Umstellung auf die Schiene zu verringern, aber auch Tunnel für Dorf- oder Stadtumgehungsstraßen tragen dazu bei, die unmittelbare Verschmutzung und Lärmemission in bewohnten Gebieten zu verringern und werden vermutlich öfters in Zukunft geplant und umgesetzt. Die Tunnelportale, die den Ein- und Ausgang des Tunnels darstellen, sind der sichtbare Teil und müssen selbst den Umwelt- und Landschaftsschutzvorschriften entsprechen. Die Bemessung von Tunnelportalen und damit auch die Ausführung hat sich im Laufe der Zeit von monumental zu schlicht entwickelt. Der erhebliche Mangel an Umweltsensibilität nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich zu den heutigen Ein- 420 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Kombinierte Böschungs- und Felssicherung von Tunnelportalen mittels hochfestem Stahldrahtgeflecht schränkungen des Umweltschutzes hin entwickelt (Peila und Pelizza, 2002). Generell müssen diese Portale vor Naturgefahren wie Hanginstabilitäten und Steinschlag geschützt werden, was durch zusätzliche Massnahmen ein noch größeres Eindringen in die Natur bedeutet. Diese Massnahmen können durch den Einsatz eines flexiblen, hochfesten Stahldrahtgeflechts, welches in diesem Beitrag vorgestellt wird, deutlich reduziert werden. 1.1 Schutz vor Naturgefahren Natürliche oder anthropogene Gefahren für Tunnelportale sind vor allem Hangstabilitätsprobleme, insbesondere durch das Anschneiden von Hängen. Tunnel sind bei Bedarf oft gleichbedeutend mit bergigem Gelände, in dem bestehende Hangstabilitäts- und Steinschlagprobleme auftreten und neue durch geometrische Eingriffe in die Landschaft schnell hinzukommen. 1.2 Schutzmassnahmen Abhilfemaßnahmen zur Böschungssicherung und zum Schutz vor Steinschlag können «klassische» Verfahren wie Spritzbeton zur Stabilisierung von Hängen, Erddämme, Erweiterung eines künstlichen Tunneleinstiegs zur Vermeidung von Steinschlag auf Straße/ Schiene sein. Wie auf den folgenden Seiten erläutert, sind diese Verfahren wesentlich weniger umweltfreundlich und grösstenteils weniger wirtschaftlich als die Lösungen mit hochfestem flexiblem Stahldrahtgeflecht (Kytzia, 2009). Die Hangstabilitätslösung mit flexiblen Netz- und Bodennägeln meistens bezeichnet als TECCO, besitzt das CE-Zeichen, das für Produktkonformität steht. Es wurde im Maßstab 1: 1 vollständig getestet und ist mit der Software Ruvolum (Cala et al., 2012) für jeden spezifischen Hang dimensionierbar. Es können in Kombination mit einer Boden- oder Felsvernagelung bis zu 280 kN für Globalstabilitätsprobleme und 140 kN für lokale Instabilitäten in die Vernagelung eingeleitet werden. Die Möglichkeit das Bodennagelraster von den üblichen 1,5 m x 1,5 m in der Spritzbetonlösung zu erhöhen, ist deutlich wirtschaftlicher und ermöglicht eine wesentlich kürzere Bauzeit. Steinschlag-Barrieren aus flexiblem, hochfestem Stahldrahtgeflecht, besitzen ebenfalls das CE-Kennzeichen, sind alle 1: 1 getestet, und es steht eine Software zur Verfügung, um die Barrieren für spezielle Fälle zu dimensionieren, die nicht unter die CE-Norm fallen. Die flexiblen Systeme ermöglichen geringere Ankerkräfte als bei starren Systemen und benötigen bei gleicher Energie viel weniger Platz als Erddämme. 1.3 Umweltaspekte Der Weg zwischen Naturlandschaftsschutz und der Notwendigkeit, das Naturgefahrenrisiko für Mensch und Infrastruktur zu verringern, ist äußerst eng und die Optionen müssen für jede spezifische Lösung gewichtet werden. Die Lösungen mit einem flexiblen Netz werden oft gegenüber Spritzbetonlösungen gewählt, da die Netzlösungen in der Landschaft weniger sichtbar sind, für Pflanzen und Kleintiere durchlässig und sogar eingefärbt (um sich noch mehr in die Landschaft einzufügen) oder mattiert geliefert werden können, um Blendung und folglich Abschreckung von Vögeln etc. zu vermeiden. Kleinstlebewesen wie Insekten können diese Geflechte ohne Probleme passieren, auch Reptilien wie Schlangen und Eidechsen werden in ihrem ursprünglichen Lebensraum kaum beeinträchtigt. Siebenschläfer als Beispiel für Kleinnagetiere bleiben trotzdem an der Böschung und Felswand erhalten und dienen dadurch als Nahrungsquelle für geschützte Kauze, Eulen und Wanderfalken. Diese Ökosysteme entlang von Felsflanken und Böschungen bei Tunnelportalen sind mit einer Spritzbetonschale gänzlich zerstört. 1.4 Nachhaltiges Engineering Der Landschaftsschutz ist nicht nur ein wichtiger Faktor bei der Installation von Schutzsystemen in einem bisher unberührten Naturgebiet, sondern wenn es notwendig ist, sollte die Lösung zumindest so nachhaltig wie möglich nach heutigen Standards sein. Ein Bericht von Kytzia et al. (2009) zeigte, dass eine Boden-Nagellösung mit flexiblem Netz tatsächlich deutlich weniger zur globalen Erwärmung beiträgt als eine vergleichbare Spritzbetonlösung. Der CO 2 -Fußabdruck bewertet die Produktion und den Transport der verschiedenen Materialien, die für die Böschungssicherung notwendig sind. Die verwendete Methodik bewertet die Höhe der Kohlendioxidemissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe sowie anderer damit verbundener Emissionen, die zum Treibhauseffekt beitragen. Diese Emissionen werden erfasst und entsprechend ihrem spezifischen Beitrag gewichtet und es wird ein Gesamtindex, das so genannte Global Warming Potential (GWP), ermittelt. Wie in Abb. 1 dargestellt, ist der CO 2 -Footprint der flexiblen hochfesten Stahldrahtgeflechte 75% kleiner als bei der Spritzbetonlösung bei gleicher hypothetischer Bemessungslast. Die Hauptursache für diesen großen Unterschied ist der hohe CO 2 -Fußabdruck von Beton im Allgemeinen. Darüber hinaus wird für die Geflechtlösung deutlich weniger Materialvolumen benötigt und trägt somit zu einem geringeren Platzbedarf bei, der zudem direkt mit geringeren Transportemissionen verbunden ist. Zudem ist noch der Aspekt des Recyclings heutzutage ein wichtiger. Stahllösungen sind meist bis zu 100% recyclebar. Spritzbeton als solches beinhaltet oft noch Bewehrungsmatten welche schwer vom eigentlichen Beton zu trennen sind oder Kunststofffasern zur Aufnahme der Zugkräfte. Beide Bewehrungsstoffe können oft nur unzureichend vom Beton getrennt werden, so dass meist die ganze Betonmasse zerkleinert und in Strassen unterhalb der Tragschicht eingearbeitet werden kann. Darüber 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 421 Kombinierte Böschungs- und Felssicherung von Tunnelportalen mittels hochfestem Stahldrahtgeflecht hinaus kann als Verallgemeinerung gesagt werden, dass die vernagelte, flexible und hochfeste Stahldrahtgeflechtlösung wirtschaftlicher ist als eine Spritzbetonlösung mit den gleichen Argumenten geringerer Material- und Transportkosten (Cala et al., 2012). Abbildung 1: Diagramm, das den Unterschied im Beitrag zur globalen Erwärmung zwischen einem flexiblen, hochfesten Stahldrahtgeflecht-System in Kombination mit Erdnägeln (TECCO) und einer klassischen Spritzbetonverkleidung für die gleiche hypothetische Hangneigung (Bemessungssituation) veranschaulicht (Kytzia et al., 2009). 2. Tunnelportalschutz vor Naturgefahren in der Anwendung Im Folgenden werden mehrere Beispiele vorgestellt, bei denen Tunnelportale mit flexiblem, hochfestem Stahldrahtgeflecht gegen Hangstabilität, Steinschlag oder gegen beide Gefahren gleichzeitig gesichert werden. 2.1 Agudo Hill Tunnel Portal, Brasilien Zwischen 2008 und 2009 wurde eine Erweiterung der Straße BR 101 vorgenommen, die ein Tunnelprojekt durch den Agudo-Hill bei Paulo Lopes, Santa Catarina, beinhaltet (Soares, 2009). Beim Bau des Tunnelportals wurden oberflächliche Instabilitäten mobilisiert. Anschließend wurde der Hang über dem Tunnelportal mit einem flexiblen, hochfesten Stahlgeflecht in Kombination mit einer Erosionsschutzmatte gesichert. Insgesamt 5670 m² wurden auf einem Hang aus Hangschutt aus Ton und Basalt mit einer mittleren Neigung von bis zu 45° stabilisiert. Die Vegetation begann schnell wieder zu wachsen und das Tunnelportal fügt sich seitdem gut in die umgebende Landschaft ein (Abb. 2 und 3). Abbildung 2: Tunnel Portal in Agudo Hill kurz nach der Installation der Nägel und des Stahldrahtgeflechts in Kombination mit einer Erosionsschutzmatte. Abbildung 3: Begrünung geht rasch voran an dem gesicherten Tunnel Portal. 2.2 Beaminster Tunnel Portal, Dorset, GB Eine Periode starker Regenfälle im Jahr 2012 löste einen Erdrutsch aus, bei dem zwei Menschen starben und der Straßentunnel in Beaminster, Dorset, blockiert wurde (siehe Abb. 4). Die gewählte Lösung zum Schutz des Tunnelportals war eine Bodennagelösung mit einem flexiblen hochfesten Stahldrahtgeflecht und den dazugehörigen Verankerungsplatten. Insgesamt wurden 4700 m² Sandhang gesichert, bei einer mittleren Neigung von 45° und einer maximalen Höhe von 20 m (siehe Abb. 4 und 5). Die Wahl fiel auf die flexible hochfeste Netzoption, da das Raster der Bodennägel größer als 1,5 m optimiert werden konnte, was zu erheblichen Kosten- und Zeiteinsparungen führt (Ecclestone, 2013). 422 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Kombinierte Böschungs- und Felssicherung von Tunnelportalen mittels hochfestem Stahldrahtgeflecht Abbildung 4: Tunnel Portal nach dem tragischen Erdrutsch Abbildung 5: Verlegung des flexiblen hochfesten Stahldrahtgeflechtes Abbildung 6: Fertigstellung der Arbeiten und schnell voranschreitende Begrünung 2.3 Samphire Hoe Tunnel Portal, Dover, GB Samphire Hoe ist eine künstliche Landfläche, die während des Baus des Eurotunnels geschaffen wurde. Sie wird von hohen Kreidefelsen überragt, die unter Naturschutz stehen. Der Samphire Hoe Abschnitt hatte eine Geschichte von häufigen Steinschlägen, bei denen Steine auf den Schienen landeten. Ein Planungsauftrag bestand darin, die Lebensdauer zu verlängern, um Geschwindigkeitsbeschränkungen und Streckensperrungen aufgrund von Steinschlag zu reduzieren. Als die Hauptursachen für die Instabilitäten wurden die Oberflächenverwitterung und die bevorzugte Erosion schwächerer Kreidehorizonte bis hin zu lokalen Kipp-, Keil- und Planargleitmechanismen einzelner Blöcke angesehen, welche sich über den ganzen Hang erstrecken. Zusätzliche Steinschlaganalysen führten zu dem Gesamtergebnis, das Tunnelportal und die angrenzenden Hänge mit flexiblen Steinschlagbarrieren und Vernetzungen zu schützen. Insgesamt wurden 785 m Steinschlag-Barrieren mit einer Energiekapazität von 500 kJ und 1000 kJ Barrieren installiert, kombiniert mit dem System TECCO von 3150 m² (Ecclestone, 2015). Die Installation erfolgte im Jahr 2015 (Abb. 7 und 8). Abbildung 7: Tunnel Portal von Samphire Hoe mit den hohen Kreidefelsen Abbildung 8: Kurz vor Ende der Bauarbeiten. Steinschlagbarrieren stehen parallel zu den Gleisen und gleich oberhalb des Tunnelportals. Flexibles Stahldrahtgeflecht ist unterhalb der Barrieren installiert, um den unteren Teil zu sichern. 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 423 Kombinierte Böschungs- und Felssicherung von Tunnelportalen mittels hochfestem Stahldrahtgeflecht 2.4 Fridingen DB Tunnel Portal, DE Das Tunnelportal Fridingen der DB musste gegen Steinschlag und Hanginstabilität gesichert werden. Als Schutzmaßnahme wurde ein flexibles, hochfestes Stahldrahtgeflecht mit Bodennägeln gewählt (Gröner, 2018). Die Gesamtfläche betrug 1280 m². Zusätzlich wurde das flexible Netz nach oben verlängert, um eine Auffangschürze aus zu bilden, um zu verhindern, dass Geröll und kleine Blöcke von höher oben auf den Gleisen landen (Abb. 9). Abbildung 9: Portalschutz mit hochfesten Stahldrahtgeflecht und Auffangschürze 2.5 Tunnel Portal Winden, DE Ein aktuelles Projekt im Bau ist eine Straßenumfahrung des Dorfes Winden im Schwarzwald. Steinschlag bedroht das geplante Portal des Rettungstollens (Abb. 10). Daher wird eine Steinschlagbarriere mit einer Energiekapazität von 500 kJ installiert. Zusätzlich wird unter der Barriere, um das Tunnelportal herum, ein hochfestes Stahlgeflecht verlegt, um Steinschlag zu vermeiden, welcher ansonsten im Portalbereich landen würde. Abbildung 10: Steinschlaggefahr über dem geplanten Rettungsstollen (Bildmitte) 2.6 Spezialanwendung Tunnel des Pontis, CH Es gibt nur sehr wenige Beispiele für eine spezielle Anwendung zum Schutz von Tunnelportalen, die eine Alternative zur Verlängerung der Tunneleinfahrt darstellt, um eine Straße vor Naturgefahren zu schützen. Ein Beispiel ist der historische Tunnel des Pontis in der Schweiz (Abb.11 und 12). Die lokale Steinschlaggefahr nahm dort aufgrund der fortschreitenden Oberflächenerosion zu und es musste eine Lösung gefunden werden, um die Straße weiterhin offen zu halten. Eine neuartige Lösung war eine Galerie im Hochenergiebereich welche achtmal Kosten günstiger war, im Vergleich zur Verlängerung der Tunneleinfahrt nach den neuesten Standards für Steinschlaggalerien (Müller, 2010). Diese flexible, Ringnetz Galerie ist die stärkste der Welt mit einer Energieaufnahmekapazität von 2000 kJ, einer Oberfläche von 1200 m² und einer Länge von 60 m. Die Tragwerksberechnungen mit speziellen Lastfallüberlegungen wie z.B. Randfeldtreffer, Seil und Stützentreffern mit und ohne Schneelast wurden mit der FARO-Software vollständig simuliert (Wolinski et al., 2015). Abbildung 11: Flexible Steinschlaggalerie vor dem Tunnel Portal des Pontis Abbildung 12: Steinschlaggalerie mit ihrer Tragflächenabwicklung 424 12. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2020 Kombinierte Böschungs- und Felssicherung von Tunnelportalen mittels hochfestem Stahldrahtgeflecht 3. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das flexible hochfeste Stahlgeflecht gut für den Tunnelportalschutz geeignet ist, insbesondere bei kombinierten Steinschlag- und Hangstabilitätsproblemen. Diese Lösung, ob als Hangstabilität oder als Schutz vor Steinschlag, ist relativ schnell installiert, benötigt weniger Bohrstunden, Beton und Materialressourcen und ist somit wirtschaftlicher als herkömmliche Lösungen. Darüber hinaus entspricht es den heutigen Anforderungen des Umwelt- und Landschaftsschutzes, da sich diese Lösung kaum sichtbar in das Landschaftsbild einfügt und zudem für die Flora und Fauna weiterhin ein kontinuierliches Ökosystem darstellt. Es handelt sich um eine nachhaltige Ingenieurlösung zum Schutz von Tunnelportalen und anderen Infrastrukturmassnahmen. Das flexible hochfeste Stahldrahtgeflecht kann nicht nur außerhalb des Tunnelportals eingesetzt werden, es wird bereits im Untertagebau zur Abstützung der Tunnelwände eingesetzt (Abb. 13 und 14) und könnte auch bei zivilen Tunnelprojekten zum Einsatz kommen. Abbildung 13: Beispiel einer Bohrmaschine die gleichzeitig das flexible hochfeste Stahldrahtgeflecht in einer Mine in Chile verlegt (Fischer, 2016) Abbildung 14: vollständig mit flexiblem hochfestem Stahldrahtgeflecht und Spritzbeton gesicherten Tunnelwand in Chile (Fischer, 2016) Referenzen AlpTransit Gotthard AG (2016) https: / / www.alptransit.ch/ de/ geschichte/ gotthard-basistunnel/ . Accessed at 15.09.2019 BBC (2019) https: / / www.bbc.com/ news/ world-europe-36423250. Accessed at 01.10.2019 BBT-SE (2019) https: / / www.bbt-se.com/ . Accessed at 10.10.2019 Cala M, Flum D, Rüegger R, Roduner A, Wartmann S, (2012) TECCO® Slope Stabillization System and RU- VOLUM® Dimensioning Method. 1st edn. AGH University of Science and Technology. Romanshorn Ecclestone D, (2015) https: / / www.geobrugg.com/ en/ GBE-1000A-Samphire-Hoe-in-Dover-2015-L- EN-36206.pdf. 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