Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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expert verlag Tübingen
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Digitalisierung in der Geotechnik - Möglichkeiten und Herausforderungen
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Lisa Wilfing
Thomas Hausperger
Gemäß dem Stufenplan des BMVI ist ab dem Jahr 2020 für Verkehrs- und Infrastrukturprojekte eine BIM-gestützte (Building Information Modelling) Projektabwicklung gefordert. Bislang basierten die Anforderungen des Stufenplans jedoch ausschließlich auf den Bereichen Hochbau und Infrastrukturgewerke. Der Bereich Geotechnik bzw. die 3D-Baugrundmodellierung steckt daher noch in den Kinderschuhen, wobei die Digitalisierung auch in der Geotechnik bereits viele Möglichkeit eröffnet hat. Hierzu zählen beispielsweise webbasierte GIS-Anwendungen für die Baugrunderkundung. Alle Projektbeteiligten können jederzeit mit mobilen Endgeräten auf projektrelevante Informationen zugreifen, die zur Planung sowie Überwachung von Erkundungsarbeiten von Bedeutung sind. Nach Abschluss der Erkundungen sind die Ergebnisse in ein 3D-Baugrundmodell zu integrieren. Auf dem Markt existiert eine Vielzahl an Software-Programmen, wobei ausgewählte Programme mit ihren Vor- und Nachteilen im folgenden Beitrag aufgeführt werden. Abschließend werden die Herausforderungen aber auch die Möglichkeiten der Digitalisierung dargestellt und die Aspekte aus dem Blickwinkel eines mittelständischen Ingenieurbüros aufgezeigt.
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13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 45 Digitalisierung in der Geotechnik - Möglichkeiten und Herausforderungen Dr.-Ing. Lisa Wilfing Boley Geotechnik GmbH - Beratende Ingenieure, München, Deutschland Thomas Hausperger Boley Geotechnik GmbH - Beratende Ingenieure, München, Deutschland Zusammenfassung Gemäß dem Stufenplan des BMVI ist ab dem Jahr 2020 für Verkehrs- und Infrastrukturprojekte eine BIM-gestützte (Building Information Modelling) Projektabwicklung gefordert. Bislang basierten die Anforderungen des Stufenplans jedoch ausschließlich auf den Bereichen Hochbau und Infrastrukturgewerke. Der Bereich Geotechnik bzw. die 3D-Baugrundmodellierung steckt daher noch in den Kinderschuhen, wobei die Digitalisierung auch in der Geotechnik bereits viele Möglichkeit eröffnet hat. Hierzu zählen beispielsweise webbasierte GIS- Anwendungen für die Baugrunderkundung. Alle Projektbeteiligten können jederzeit mit mobilen Endgeräten auf projektrelevante Informationen zugreifen, die zur Planung sowie Überwachung von Erkundungsarbeiten von Bedeutung sind. Nach Abschluss der Erkundungen sind die Ergebnisse in ein 3D-Baugrundmodell zu integrieren. Auf dem Markt existiert eine Vielzahl an Software-Programmen, wobei ausgewählte Programme mit ihren Vor- und Nachteilen im folgenden Beitrag aufgeführt werden. Abschließend werden die Herausforderungen aber auch die Möglichkeiten der Digitalisierung dargestellt und die Aspekte aus dem Blickwinkel eines mittelständischen Ingenieurbüros aufgezeigt. 1. Einführung Der Stufenplan des BMVI (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) [1] ist ein Modell, welches den Weg zur Anwendung des digitalen Planens, Bauens und Betreibens transparent beschreiben und die Vorgehensweise bundesweit zum Standard machen soll. Der 3-stufige Plan wurde bereits 2015 vorgelegt und befand sich bis 2017 in der Vorbereitungsphase (Stufe 1) [2]. Von 2017 bis 2020 fand die erweiterte Pilotphase (Stufe 2) statt und seit 2020 werden die Anforderungen des Stufenplans (Leistungsniveau 1) auch in den Ausschreibungen neu zu planender, öffentlicher Projekte aufgenommen (Stufe 3). Der wesentliche Aspekt des Stufenplans ist die Definition der zu erfüllenden Mindestkriterien zur Umsetzung der BIM-Methode in der Baubranche. Grundsätzlich liegt der Kern der BIM-Methode in der Erstellung von dreidimensionalen Bauwerksmodellen, welche vordefinierte Bauteile und Räume beinhalten. Bislang basieren die Anforderungen des Stufenplans, festgehalten in den AIA (Auftraggeber-Informations-Anforderungen), jedoch auf den Bereichen Hochbau und Infrastrukturgewerke. Und genau hier liegt auch die Herausforderung für die Umsetzung der Anforderungen im Bereich Geotechnik. Der Baugrund bzw. die Untergrundschichten sind nicht vordefinierbar sondern Elemente, die aufgrund ihrer natürlichen Entstehung nicht allgemein reproduzierbar und geometrisch sehr heterogen beschaffen sind. Das „Fachmodell Baugrund“ weicht somit von seiner inhaltlichen Struktur deutlich von den anderen Fachmodellen (z.B. Konstruktiver Ingenieurbau, Signaltechnik, Gebäude uvm.) ab (Abb. 3). Um auch für die Geotechnik ein einheitliche Grundlage zu schaffen, wurde der DGGT Arbeitskreis 2.14 „Digitalisierung in der Geotechnik“ gegründet. Die erste Empfehlung dieses Arbeitskreises bestand aus dem wichtigen Aspekt, zu allererst die grundlegenden Begriffe für die BIM-Methode mit dem Fokus Geotechnik aufzulisten und zu definieren (Abb. 1). Abb. 1: Begriffe der BIM Methode (Fokus Geotechnik) 46 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Digitalisierung in der Geotechnik - Möglichkeiten und Herausforderungen Der Beitrag soll einerseits aufzeigen, welche Herausforderungen durch die Einführung des digitalen Bauens und vor allem durch das „Fachmodell Baugrund“ mit der 3D-Baugrundmodellierung durch die Geotechnik-Branche zu bewältigen sind. Andererseits soll auch gezeigt werden, wie die Digitalisierung in manchen Bereichen der Geotechnik bereits zum Standard- Werkzeug gehört und welche enormen Möglichkeiten sich bspw. durch GIS-Anwendungen bieten. 2. GIS-Anwendung 2.1 State of the Art Die datenbankgestützte Darstellung von Geometrien und Sachdaten ist seit vielen Jahren im Einsatz (geographische/ geologische Kartendienste uvm.) und hat sich auch in der Geotechnik-Branche bewährt. Hierbei können Geometrien (z.B. eine Altlasten-verdachtsfläche) mit Sachdaten (z.B. die Art der Altasten) verknüpft und anschaulich dargestellt werden. Ein weiterer Vorteil der datenbankgestützen Systemen ist die fehlende Beschränkung von Dateigröße wie beispielsweise bei Shape-Dateien sowie die Möglichkeit, automatisierte Datenbank-Backup-Routinen zu erstellen, die die Datensicherung erleichtern. 2.2 Anwendungsbeispiele Die entwickelte GIS-Anwendung kommt in unserem Büro zur Planung von Erkundungsarbeiten sowie zur Fachbauüberwachung häufig zum Einsatz. Hierbei können alle Projektbeteiligten jederzeit und überall mit mobilen Endgeräten auf alle projektrelevanten Informationen zugreifen, die für die Planung von Erkundungen bzw. während einer Baugrunderkundung von Bedeutung sind (Abb. 2). Hierzu zählen u.a.: • Flurkarten • Geologische & tektonische Grundlagen • Umwelt- & Gewässerschutzzonen • Trassenpläne inkl. geplanten Bauwerken (z.B. Tunnel, Brücke, Damm, Einschnitt) • Übersichts-/ Detailpläne (z.B. Lagepläne, Grundwassermessstellenausbau) • Lage & Tiefe der Erkundungspunkte • Feld- & Laborversuchsprogramm • Fortschritt der Erkundungsarbeiten uvm.. Anhand der GIS-Anwendung können beispielsweise die Bohrpunkte schnell und einfach so platziert werden, dass möglichst wenig unterschiedliche Grundstückseigentümer betroffen sind und wenig Kollisionen mit Altlasten-, Kampfmittelverdachtssowie Umweltschutzflächen entstehen. Zudem erhalten die Beteiligten in jeder Phase der Erkundung den Überblick über den Stand der Arbeiten bzw. können im Feld direkt auf sämtliche projektrelevanten Informationen zugreifen. Die projektspezifischen Anforderungen, bzw. welche Informationen dargestellt werden sollen, sind flexibel programmierbar, so dass die Anwendung immer optimal auf das jeweilige Projekt abgestimmt ist. Bei jedem Projekt kann über ein Zugriffsmanagement geregelt werden, welche Projektbeteiligten welche Inhalte sehen und nutzen können. So kann bspw. ein Bohrunternehmen auf alle Informationen über die geplanten Erkundungen zugreifen (Lage und Höhe, Bohrtiefe, Feldversuche, Grundwassermessstellen-ausbau etc.), nicht jedoch auf Eigentümerspezifische Daten der Flurstücke. Abb. 2: GIS-Anwendung zur Planung und Überwachung von Baugrunderkundungsmaßnahmen. 2.3 Schlussfolgerung (Vor- & Nachteile) Webbasierte GIS-Anwendungen sind vor allem bei der Planung und Durchführung von Erkundungsarbeiten ein nicht mehr weg zu denkendes Werkzeug geworden. Die Vorteile liegen ganz klar in der flexiblen Programmierung der projektspezifischen Anforder-ungen und der Möglichkeit, von überall auf die anschaulichen Informationen zugreifen zu können. Wenn das System kontinuierlich gepflegt wird, haben alle Projektbeteiligten stets aktuelle Daten zum Erkundungsfortschritt zur Verfügung. Allerdings ist der Aufwand zur Erstellung der Darstellung im Vergleich zu dateibasierten System relativ hoch 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 47 Digitalisierung in der Geotechnik - Möglichkeiten und Herausforderungen und bedarf einer gewissen Vorkenntnis zur Bedienung der SQL-Syntax. Daher kommen solche GIS-Anwendungen bei vielen Ingenieurbüros häufig nur bei Großprojekten zum Einsatz, wo sich der erhöhte Aufwand bei der ersten Programmierung im Laufe der Projektdauer auszahlt. 3. „Fachmodell Baugrund“ - 3D-Baugrundmodell 3.1 State of the Art [1], [3] Aufgrund des Stufenplans des BMVI ist bei allen neu zu planenden, öffentlichen Projekten seit 2020 die BIM- Methode umzusetzen. Es wird zwischen openBIM (Softwareunabhängiges Datenformat z.B. IFC-Format) und closedBIM (Softwaregebundenes Datenformat, wird vom AG in den AIA vorgeschrieben) unterschieden. Für uns Geotechniker bedeutet dies vor allem, dass bei einer Vielzahl an Projekten die Erstellung des „Fachmodells Baugrund“ und somit ein 3D-Baugrundmodell gefordert wird. Um den Stufenplan schnell umsetzen zu können, ist klar definiert, welche Schritte hierfür nötig sind. Als erstes ist bereits in der Ausschreibung seitens des AG mittels den Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) darzulegen, welche Daten verlangt werden und in welcher Detailtiefe. Danach wird der Prozess zur Herstellung der geforderten Daten im BIM-Abwicklungsplan (BAP) festgehalten, welcher der maßgebende Fahrplan eines jeden BIM-Projektes ist. Zudem ist bereits im Vergabeverfahren zu gewährleisten, dass der Auftragnehmer bzw. auch der Auftraggeber über eine ausreichende BIM-Qualifikation verfügt. Gerade dies ist in der aktuellen Anfangsphase von BIM in der Geotechnik oft schwierig umzusetzen. Die Integration des „Fachmodells Baugrund“ in das Gesamtmodell ist jedoch notwendig, um schon während der Planung die Eigenschaften des Baugrunds bei den anderen Bauwerken zu berücksichtigen und die Informationen für Abläufe und Kostenprognosen auszuwerten (Abb. 3). Abb. 3: Aufbau des Gesamtmodells mit den einzelnen Fachmodellen (verändert n. [3]). Das Fachmodell enthält sämtliche Informationen, die den Baugrund beschreiben (Abb. 4). Hier sind vor allem Geländemodelle, Altlasten- & Kampfmittel-verdachtsflächen, geologische und hydrogeologische Grundlagen sowie die Erkenntnisse aus projekt-spezifischen Baugrunderkundungen zu nennen (z.B. Mächtigkeit und Beschaffenheit der Baugrund-schichten, Grundwasserstände, Homogenbereiche). Das Fachmodell gilt jedoch nur in Verbindung mit dem geotechnischen Bericht und ist als Ergänzung von diesem zu sehen. Abb. 4: Benötigte Fachdaten zur Erstellung des „Fachmodells Baugrund“ (verändert n. [3]). Mit Fertigstellung des Geotechnischen Berichtes ist das „Fachmodell Baugrund“ zu übergeben und sollte mindestens aus folgenden 3D-Teil-Fachmodellen bestehen: • Teil-FM „Aufschluss“ • Teil-FM „Baugrundschichten“ • Teil-FM „Homogenbereiche“ • Teil-FM „Grundwasser“. Die Sub-Fachmodelle sind jeweils miteinander verknüpft und basieren aufeinander. Eine allgemeine „Musterlösung“ für die Bearbeitung der Volumenkörper bzw. Attribuierung gibt es bislang noch nicht. Der AK 2.14 der DGGT hat sich dieser Aufgabe angenommen und erarbeitet momentan Empfehlungen für den Aufbau eines BIM-fähigen 3D-Baugrundmodells. 3.2 Empfehlungen des AK 2.14 der DGGT Bislang existieren zwei Empfehlungen des Arbeitskreises 2.14 „Digitalisierung in der Geotechnik“. Die erste Empfehlung [3] befasst sich mit den nötigen Grundlagen wie der Definition der Begriffe zur Schaffung einer einheitlichen Sprache, den Bestandteile des „Fachmodells Baugrund“ sowie den Datentechnischen Strukturen. Welche Fachdaten im Modell enthalten sein müssen, ist im Rahmen der AIA festzulegen. 48 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Digitalisierung in der Geotechnik - Möglichkeiten und Herausforderungen Die zweite Empfehlung [4] beschreibt die Entwicklungsstufen des Fachmodells analog zu den Leistungsphasen der HOAI mit den dafür jeweils notwendigen Fachinhalten. Zudem werden Mindestanforderungen von Fachinhalten für die einzelnen Entwicklungsstufen definiert. Die Empfehlung liefert auch die Voraussetzung für die Standardisierung von geotechnischen Eigenschaften (Attribuierung) sowie die datentechnischen Anforderungen hierfür. Noch offene Themen sind die Beschreibung von Anwendungsfällen und die Zuweisung von Zuständigkeiten bei der Erstellung und Verwendung des „Fachmodells Baugrund“. 3.3 Anwendungsbeispiele Es sind mittlerweile viele Softwarepakete mit zum Teil sehr unterschiedlichen Workflows und Fähigkeiten zur 3D-Baugrundmodellierung am Markt erhältlich. Im Rahmen dieses Beitrags sollen Anwendungsbeispiele mit zwei Softwarelösungen gezeigt werden, die sich hinsichtlich ihrer Grundstruktur deutlich voneinander unterscheiden. 3D-Baugrundmodell mit Autodesk Civil 3D Autodesk Programme werden bereits seit langer Zeit zum Erstellen von Plänen genutzt, so dass das Programm in vielen Ingenieurbüros bereits vorhanden ist und der Schritt der Anschaffung bzw. die Entscheidung für das Add-On Civil 3D deutlich erleichtert wird. Durch die individuelle Programmierung von Dynamo- Skripten ist das Importieren und weitere Bearbeiten der Fachdaten in Civil 3D sehr komfortabel. Aufschlussdaten können beispielsweise als 3D-Zylinder automatisch aus einer CSV- oder XLSX-Datei eingelesen werden. Hier bieten sich grundsätzlich sehr viele Möglichkeiten der automatisierten Bearbeitung. Allerdings benötigt man für die Erstellung der Dynamo-Skripte eine deutliche Vorkenntnis im Programmieren sowie einen hohen Zeitbedarf - vor allem bei den ersten Projekten, in denen ein 3D-Baugrundmodell erstellt werden soll (Abb. 5). Abb. 5: Dynamo Skript für Import von Aufschlussdaten in Civil 3D. Das Erstellen von Volumenkörper bzw. Baugrundschichten ist dagegen sehr aufwendig und bedarf einer zeitintensiven Nachbearbeitung (Abb. 6). Attribute können durch das Anlegen individueller Property-Sets an die einzelnen Volumenkörper angehängt und zusammen mit der Geometrie in das IFC-Dateiformat (openBIM) exportiert werden. Abb. 6: 3D-Baugrundschichtmodell mit Civil 3D 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 49 Digitalisierung in der Geotechnik - Möglichkeiten und Herausforderungen Ein großer Vorteil von Civil 3D ist die Möglichkeit der automatisierten Koordinatentransformierung. Hier können alle unterschiedlichen Grundlagen- und Projektdaten in ein einheitliches, vom AG vorgegebenes, Koordinatensystem übertragen werden. Dies ermöglicht die räumliche Darstellung der Boden-Bauwerk-Interaktion sowie mögliche Kollisionen frühzeitig zu erkennen. Der Import der Bauwerke wie bspw. Tunnelröhren, Stationsbauwerke oder Brücken ist mittels Standard Autodesk-Formaten problemlos möglich (Abb. 7). Dieser Aspekt ist vor allem im Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit und die frühe Einbindung der Bevölkerung bei Großprojekten ein großer Pluspunkt. Abb. 7: Visualisierung der Boden-Bauwerks-Interaktion einer tiefen Baugrube mit Civil 3D. Civil 3D ist für die Planung von Infrastrukturprojekten ausgelegt und nicht auf die Erstellung von 3D-Baugrundmodellen spezialisiert. Die Software ergänzt aber durch ihre zusätzlichen Funktionen (z.B. Koordinatentransformation) spezielle Baugrund-modellierungsprogramme sehr gut. Es hat sich gezeigt, dass Civil 3D bei räumlich begrenzten Projekträumen eine gute Software-alternative ist. Für größere Projekte mit komplexerem Schichtaufbau (Störungen, geologische Linsen, usw.) und großen Projektabschnitten ist die Bearbeitung mit einer speziellen Softwarelösungen für die 3D-Baugrundmodellierung ratsam. 3D-Baugrundmodell mit Leapfrog Leapfrog ist eine auf die Herstellung von 3D-Baugrundmodellen spezialisierte Software. Mit Leapfrog können komplexe und sehr große 3D-Baugrundmodelle erstellt werden. Die Software dürfte bislang nicht zu den Standard-Programmen zählen, welche in mittelständischen Ingenieubüros genutzt wird. Der Einsatzbereich der Software ist auf die Erstellung von 3D-Baugrundmodell beschränkt, so dass bei der Anschaffung auch die Wirtschaftlichkeit abgewogen werden muss. Die Software ist aufgrund des Projektbaums übersichtlich und logisch aufgebaut, so dass das Programm auch ohne viel Vorerfahrung genutzt werden kann. Die automatische Modellierung von einzelnen Bohrprofilen zu zusammenhängenden Baugrundschichten ist deutlich leichter möglich als mit Civil 3D und auch die Attribuierung der Volumenkörper erfolgt intuitiv (Abb. 8). Die Flexiblität beim Einlesen der Aufschlussdaten und Attribuierung ist jedoch eingeschränkter wie bei Civil 3D und auch eine automatische Koordinaten-transformation ist nicht möglich. Abb. 8: 3D-Baugrundschichtmodell mit Leapfrog. Doch auch dieses Programm stößt bei komplexen geologischen Verhältnissen bislang an seine Grenzen. Sollten lange Trassenverläufe mit einer starken tektonischen Zerlegung (z.B. Auf- & Abschiebungen, Horst- & Grabenstrukturen) vorliegen, funktioniert die automatisierte Modellierung der Baugrundschichten nur bedingt. Hier muss beispielsweise jede einzelne tektonische Scholle als separates Teilmodell dargestellt werden, was letzendlich den Arbeitsaufwand bei der Modellierung aber vor allem auch bei der Attribuierung jeder einzelnen Schicht deutlich erhöht. Um diesen Aufwand zu minimieren, kann wiederum der Import des Baugrundschichtmodells in Civil 3D erfolgen, in welchem die weiteren Schritte wie Attribuierung und Datenexport automatisierter erfolgen können. Ähnlich wie bei Civil 3D können in dem Programm die 3D-Modelle der geplanten Bauwerke integriert werden, um bereits in einer frühen Projektphase eine klare Visualisierung zu erhalten und ggfs, kritsche Kollisionen zu erkennen (Abb. 9). Abb. 9: Visualisierung der Boden-Bauwerks-Interaktion eines Tunnelbauwerks mit Leapfrog. 50 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Digitalisierung in der Geotechnik - Möglichkeiten und Herausforderungen 3.4 Schlussfolgerung (Vor- & Nachteile) Grundsätzlich eignen sich die genannten Programme beide für die Erstellung eines 3D-Baugrundmodells, wobei jede Software seine Stärken in unterschiedlichen Bereichen besitzt. Welche Software am sinnvollsten zum Einsatz kommt, hängt größtenteils auch von den Projektbedingungen ab. Hierbei ist vor allem die Größe des zu modellierenden Projektraums sowie die Komplexität der Untergrundbeschaffenheit zu nennen. Bei langen Trassenverläufen wie bei Infrastruktur-großprojekten bietet sich der Einsatz von Leapfrog an. Muss das Baugrundmodell eine Vielzahl an geologischen Schichten sowie tektonischen Strukturen umfassen, ist die Nutzung der speziell für die Baugrundmodellierung entwickleten Software zu empfehlen. Dies ist beispielsweise oft bei Tunnelbauprojekten der Fall, da hier die Tunnelgradiente häufig deutlich unterhalb der Geländeroberkante liegt und demnach der komplette Schichtaufbau von der GOK bis zur Gradiente im Modell abgebildet werden muss. Die 3D-Baugrundmodellierung mit Civil 3D besitzt ihre Stärken in der hohen Flexibilität augrund der Programmierung von Dynamo-Skripten zum automatisierten Import von Fachddaten und der Attribuierung von Schichten. Hierbei hat sich gezeigt, dass vor allem komplexe Bauvorhaben mit einer beschränkten Projektgröße wie beispielsweise tiefe Baugruben optimal abgebildet werden können. 4. Zusammenfassung und Ausblick Die Digitalisierung in der Geotechnik hat die Kinderschuhe mittlerweile verlassen und befindet sich derzeit in der Pubertät mit allen Schwierigkeiten die diese mit sich bringt. Ein Großteil der Projekte, welche die BIM-Methode und das 3D-Baugrundmodell gemäß dem Stufenplan aktuell umsetzen sollen, befinden sich in der Vorplanung bzw. in einer frühen Phase der Planung. In vielen Fällen ist der Planer noch nicht benannt, so dass der vom BMVI geforderte kontinuierliche Abstimmungsprozess zwischen dem Baugrund-gutachter und dem Planer hinsichtlich der benötigten Fachdaten und vor allem deren Detailtiefe und Datenformat nicht stattfinden kann. Das „Fachmodell Baugrund“ wird somit bislang häufig nach bestem Wissen und Gewissen erstellt, ohne jedoch konkret zu wissen, ob der Planer das Modell in dieser Form weiter nutzen kann bzw. welche Aspekte intensiver oder weniger intensiv bearbeitet werden sollen. Auch das Thema des späteren Datenaustauschs ist bislang noch unklar. Zudem sind die Anforderungen der AIA für das „Fachmodell Baugrund“ teils noch stark von den Bereichen des Hochbaus geprägt und in manchen Fällen schlichtweg nicht umsetzbar, da der Baugrund bzw. die Untergrundschichten nicht vordefinierbar sondern geometrisch äußerst heterogene Volumen-elemente sind. Auch die in den AIA festgehaltene kontinuierliche Qualitätskontrolle und Abstimmung mit dem Planer bezüglich der Attribuierung sind aufgrund des Pilotprojektcharakters des „Fachmodells Baugrund“ erschwert. Die ersten großen Schritte sind durch den AK 2.14 „Digitalisierung in der Geotechnik“ der DGGT bereits getan. Die Entwickelung von Empfehlungen für die 3D-Baugrundmodellierung im Rahmen der BIM-Methode und damit eine Vereinheitlichung der Bearbeitung ist maßgebend für die erfolgreiche Umsetzung des Stufenplans. Die Erstellung des „Fachmodells Baugrund“ kann auf vielen Wege und mit unterschiedlichster Software bewerkstelligt werden. Es existiert ein breites Angebot an verschiedenen Software-Lösungen, wobei jedes Programm bisher noch seine Anwendungsgrenzen hat und keine Musterlösung vorhanden ist. Vor allem für mittelständische Ingenieurbüros muss auch der Aspekt der Wirtschaftlichkeit beim Einsatz von spezialisierter Software berücksichtigt werden. Hierbei muss abgewogen werden, ob in Zukunft genügend BIM-Projekte mit dem Erfordernis eines 3D-Baugrundmodells akquiriert werden können, um die teils sehr kostenintensive Software zu kompensieren. Nichtsdestotrotz bietet die Digitalisierung in der Geotechnik viele Vorteile, die viele Prozesse vereinfachen kann. Wer in der Baubranche den Anschluss nicht verpassen will, muss sich zukünfitg zwangsläufig mit dem Thema BIM und der 3D-Baugrundmodellierung auseinandersetzen. Literatur [1] Bundesministerium fur Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (2015): Stufenplan Digitales Planen und Bauen. [2] Bundesministerium fur Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (2017): Umsetzung des Stufenplans “Digitales Planen und Bauen”erster Forschrittsbericht. [3] Molzahn, M., Bauer, J., Henke, S. & Tilger, K. (2021): Das Fachmodell Baugrund - Empfehlung des Arbeitskreises 2.14 der DGGT „Digitalisierung in der Geotechnik“; Geotechnik, 44, 1. [4] Molzahn, M., Bauer, J., Henke, S. & Tilger, K. (2021): Entwicklungstufen und Attribuierung des Fachmodells Baugrund - Empfehlung Nr. 2 des Arbeitskreises 2.14 der DGGT „Digitalisierung in der Geotechnik“; Geotechnik, 44, 3. [5] Bundesministerium fur Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (2019): Handreichung und Leitfäden - Teil 1 : Grundlagen und BIM-Gesamtprozess