Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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expert verlag Tübingen
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Der Stadionneubau SAP Garden in München - Ein geotechnisch spannendes Bauvorhaben im Olympiapark
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Michael Kupka
Thomas Rumpelt
Lisa Krienen
Im Olympiapark München wird gegenwärtig der Stadionneubau SAP Garden, als kombiniertes Eishockey- und Basketballstadion mit unterirdischen Spielfeldern und bis zu drei Untergeschossen errichtet. Im Rahmen der Baugrunderkundung wurden in zwei Erkundungskampagnen Kernbohrungen mit Tiefen bis 25 m ausgeführt, wobei unterhalb der zum Teil mächtigen künstlichen Auffüllungen die erwarteten Quartären Terrassenschotter und unterlagernden Tertiären Schluffe und Sande (Obere Süßwassermolasse) angetroffen wurden. Zusätzlich mussten die hydrogeologischen Randbedingungen genauer eruiert werden. Hierfür wurden Grundwassermessstellen errichtet und Pumpversuche ausgeführt. Die beiden Grundwasserstockwerke im Quartär und Tertiär sind durch einen geringmächtigen Stauer getrennt, der für die bis zu 16 m tiefe Baugrube eine dichte Spundwandumschließung im Quartär und gesonderte Entspannungswasserhaltung im Tertiär erforderlich machte. Zusätzlich mussten Maßnahmen zur Grundwasserumläufigkeit (u. a. ein Düker) und Zugpfähle zur Sicherung gegen Aufschwimmen vorgesehen werden. Das Grundwasserumläufigkeitssystem soll dann wiederum zur Entnahme von Grundwasser zur Unterstützung der Kälteanlage und bedarfsweisen Dachbewässerung genutzt werden. Nachfolgend werden die geologischen und hydrogeologischen Randbedingungen sowie geotechnischen Lösungen bei diesem spannenden Projekt vorgestellt.
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13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 239 Der Stadionneubau SAP Garden in München - Ein geotechnisch spannendes Bauvorhaben im Olympiapark Dipl.-Ing. Michael Kupka Smoltczyk & Partner GmbH, Stuttgart, Deutschland Dr.-Ing. Thomas Rumpelt Smoltczyk & Partner GmbH, Stuttgart, Deutschland Dr. rer. nat. Lisa Krienen Smoltczyk & Partner GmbH, Stuttgart, Deutschland Zusammenfassung Im Olympiapark München wird gegenwärtig der Stadionneubau SAP Garden, als kombiniertes Eishockey- und Basketballstadion mit unterirdischen Spielfeldern und bis zu drei Untergeschossen errichtet. Im Rahmen der Baugrunderkundung wurden in zwei Erkundungskampagnen Kernbohrungen mit Tiefen bis 25 m ausgeführt, wobei unterhalb der zum Teil mächtigen künstlichen Auffüllungen die erwarteten Quartären Terrassenschotter und unterlagernden Tertiären Schluffe und Sande (Obere Süßwassermolasse) angetroffen wurden. Zusätzlich mussten die hydrogeologischen Randbedingungen genauer eruiert werden. Hierfür wurden Grundwassermessstellen errichtet und Pumpversuche ausgeführt. Die beiden Grundwasserstockwerke im Quartär und Tertiär sind durch einen geringmächtigen Stauer getrennt, der für die bis zu 16 m tiefe Baugrube eine dichte Spundwandumschließung im Quartär und gesonderte Entspannungswasserhaltung im Tertiär erforderlich machte. Zusätzlich mussten Maßnahmen zur Grundwasserumläufigkeit (u. a. ein Düker) und Zugpfähle zur Sicherung gegen Aufschwimmen vorgesehen werden. Das Grundwasserumläufigkeitssystem soll dann wiederum zur Entnahme von Grundwasser zur Unterstützung der Kälteanlage und bedarfsweisen Dachbewässerung genutzt werden. Nachfolgend werden die geologischen und hydrogeologischen Randbedingungen sowie geotechnischen Lösungen bei diesem spannenden Projekt vorgestellt. 1. Baumaßnahme Im Olympiapark München wird auf dem Gelände des 2015 abgerissenen Radstadions eine Mehrzweckhalle errichtet. Hierbei handelt es sich um ein kombiniertes Eishockey- und Basketballstadion mit weiteren drei Eisflächen für das Training und den Breitensport. Nach einem internationalen Architektenwettbewerb wurden im November 2018 die Gewinner, das dänische Architekturbüro 3XN aus Kopenhagen mit der Planung beauftragt. Der Entwurf ist in Abbildung 1 dargestellt. Bauherr ist die Red Bull Stadion München GmbH. Ausführungsplanung, Projektsteuerung und Bauleitung werden von der CL MAP GmbH verantwortet. Hauptnutzer werden der Eishockeyclub EHC Red Bull München sowie der Basketballclub FC Bayern München Basketball sein. Im zukünftigen Stadion werden alle Heimspiele des EHC Red Bull München sowie bis zu 40 Spiele des FC Bayern München Basketball stattfinden. Das Stadion mit einer geplanten Zuschauerkapazität von bis zu 11.500 Personen umfasst weiterhin Konferenzräume, Büros und Fanshops sowie eine Tiefgarage mit 220 Stellplätzen. Abbildung 1: Visualisierung des Projekts. Im Hintergrund das Olympiastadion und der Olympiaturm © 3XN 240 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Der Stadionneubau SAP Garden in München - Ein geotechnisch spannendes Bauvorhaben im Olympiapark Das Baufeld weist eine maximale Länge von ca. 240 m Länge, Breite von ca. 140 m mit einer Fläche von ca. 26.000 m² auf. Im östlichen Bereich des Baufelds befindet sich die Stadionschüssel, im westlichen die Trainingshalle, Tiefgarage und Technikräume. Die Stadionschüssel mit Abmessungen von ca. 145 m x 110 m weist 3 oberirdische und 2 unterirdische Geschosse auf. In den weiteren Bereichen sind überwiegend 3 Untergeschosse geplant. Die Einbindung in den Untergrund beträgt im Schüsselbereich bis zu 12 m und im Tiefgaragenbereich bis zu 14 m. Einzelne Technikräume reichen bis zu 16 m unter Gelände. Bei dem Neubau handelt es sich um eine Stahlbetonkonstruktion. Das Dach wird als Stahlfachwerk mit Trapezblechen ausgeführt werden, wobei eine umfangreiche Dachbegrünung der unterirdischen Hallen und des Stadiondachs in 20 m Höhe vorgesehen ist. Die Lasten der Dachkonstruktion sowie Fassade werden zu großen Teilen über einen inneren und äußeren Stützenring abgetragen, die auf gevouteten Bodenplatten gegründet werden. Einzelne Stützen weisen Lasten von bis zu 25 MN auf. 2. Baugrunderkundung und Baugrundverhältnisse 2.1 Baugrunderkundung Die Baugrund- und Grundwasserverhältnisse wurden in zwei Phasen erkundet. Im Zuge der ersten Erkundungskampagne für den geotechnischen Untersuchungsbericht wurden 5 Kernbohrungen mit Tiefen zwischen 15 m und 18 m, mit insgesamt 81 Bohrmetern durchgeführt. Bei der 2. Erkundungsphase für den Geotechnischer Bericht kamen weitere 7 Kernbohrungen (BK 6 GwM bis BK 12 GwM) mit Tiefen zwischen 20 m und 25 m, mit insgesamt 160 Bohrmetern zur Ausführung. Aufgrund der hohen Lagerungsdichte und Rammwiderstände der Terrassenschotter wurden auf schwere Rammsondierungen im Zuge der beiden Erkundungskampagnen verzichtet. Es wurden stattdessen in verschiedenen Tiefenlagen Bohrlochrammsondierungen (BDP) zur Ermittlung der Lagerungsdichte der Terrassenschotter und tertiären Sande ausgeführt. Abbildung 2: Lageplan mit den Baugrundaufschlüssen, Hintergrund ©Google Im Hinblick auf die erforderlichen Wasserhaltungsmaßnahmen wurden zur Erkundung der Grundwasserverhältnisse im Zuge der 2. Erkundungskampagne 3 Kernbohrungen zu 5-Zoll Grundwassermessstellen (GwM) ausgebaut. In den GwM wurden u. a. Pumpversuche zur Ermittlung der in-situ-Durchlässigkeiten der tertiären Sande ausgeführt. Die Lage der Aufschlüsse ist in Abbildung 2 dargestellt. 2.2 Geologie Das Baufeld befindet sich im Stadtbezirk Milbertshofen im Nordwesten der Bayerischen Landeshauptstadt München. Ein Ausschnitt aus der geologischen Karte ist in Abbildung 3 dargestellt. Das Baufeld liegt in der „Münchner Schotterebene“. Hier sind vorwiegend glaziale Schotter aus den Kalkalpen durch die Vorlandgletscher unterschiedlicher Eiszeiten abgelagert worden. Neben den natürlichen Schottern liegen im Bereich des Baufelds aufgrund der Vornutzung (Kaserne, Flugplatz Oberwiesenfeld, Trümmerbeseitigung nach dem 2. Weltkrieg) und insbesondere den umfangreichen Geländemodellierung im Vorfeld der Olympischen Spiele 1972 heterogene und teils mächtige Auffüllungen vor. Darunter folgen im hier relevanten Tiefenbereich die quartären Niederterrassenschotter / -kiese, die schließlich von der tertiären Oberen Süßwassermolasse unterlagert werden. 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 241 Der Stadionneubau SAP Garden in München - Ein geotechnisch spannendes Bauvorhaben im Olympiapark Abbildung 3: Ausschnitt aus der Geologischen Karte L 7934 München des BGLA mit Eintragung des Projektstandorts, blau - künstliche Auffüllungen, Aueablagerungen (Olympiasee, Nymphenburg-B. Kanal), hellbeige - Niederterrassenschotter) Ausgehend von einem Geländeniveau von 513,5 mNHN wies der Baugrund folgenden dreischichtigen Aufbau auf: • Die Auffüllungen setzen sich vorwiegend aus schluffigen und sandigen, Kalkstein- und Quarzgeröllen mit untergeordneten Ziegel-, Asphalt- und Betonresten zusammen. • Die bis zu 5 m mächtigen Auffüllungen sind entsprechend den Erkundungsergebnissen mitteldicht-dicht gelagert. • Die darunter folgenden würmeiszeitlichen Terrassenschotter setzen sich aus grauen bis beigegrauen, sandigen bis stark sandigen, vorwiegend kantengerundeten bis gut gerundeten, kiesgroßen Kalkstein- und Quarzgeröllen sowie Metamorphiten und Graniten mit wechselndem Feinkornanteil zusammen. Vereinzelt wurden Steine angetroffen. • Die Terrassenschotter sind überwiegend dicht, teils mitteldicht-dicht gelagert. • Im tiefer gelegenen, westlichen Bereich des Baufeldes lag die Restmächtigkeit der Terrassenschotter je nach Auffüllmächtigkeit zwischen 3,5 m und 7,5 m. Auf der höheren, zentralen bzw. östlichen Fläche des Baufeldes waren die Schotter zwischen 5 m und 7 m mächtig. • Unter den quartären Ablagerungen aus Auffüllungen und Terrassenschotter bilden im Baufeld die tertiären Sedimente der Oberen Süßwassersmolasse (OSM) den tieferen Untergrund. Die OSM setzt sich aus einer Wechselfolge von Sanden, Tonen, Schluffen und Tonmergelsteinen über mehrere Zehnermeter Mächtigkeit zusammen. Im Bereich des Baufeldes setzt die OSM zuoberst mit einer bindigen Schicht ein (OSM Schluff) bestehen aus steifer oder halbfester kalkhaltigen, tonigen Schluff und schluffigen Ton mit wechselnden Sandanteilen. Teilweise wurden im Übergangsbereich vom Terrassenschotter zur bindigen Molasse ein stark kiesiger Schluff erkundet, der konglomeratartig (Nagelfluh) verfestigt war. Die Mächtigkeit der bindigen Schicht der OSM beträgt im äußersten Osten und Südosten des Baufeldes rund 3 m und nimmt zum nördlichen zentralen Bereich und zur östlichen Baufeldgrenze auf unter 1 m ab. Darunter folgt bis zu den jeweiligen Bohrendtiefen die OSM in sandiger Ausbildung (OSM Sand). Diese besteht aus vorwiegend glimmerhaltigen Feinbis Mittelsanden, (sog. Flinzsanden) mit wechselndem Feinkornanteilen. In die Sande sind vereinzelt wenige Dezimeter mächtige Kieslagen aus Quarzgeröllen und Schlufflagen eingeschaltet. • Der OSM Sand ist entsprechend den Bohrlochrammsondierungen mitteldicht bis dicht gelagert. Abbildung 4: Geologischer West-Ost-Schnitt durch das Baufeld (5-fach überhöht) 2.3 Hydrogeologische Verhältnisse Für das geplante Bauvorhaben sind zwei Grundwasserleiter maßgebend: der oberflächennahe, quartäre Grundwasserleiter in den Terrassenschotter und die darunterliegenden, wasserführenden Feinsande der OSM. Unter Berücksichtigung der während der Erkundung hergestellten Grundwassermessstellen sowie den in den nicht ausgebauten Bohrungen nach Bohrende gemessenen Wasserständen, wurde ein hydrogeologisches Modell mit Höhenlage der freien Grundwasseroberfläche im Quartär und der Grundwasserdruckfläche der tertiären Sande, welche unter den bindigen Schluffen der OSM gespannt ist, entwickelt. Zum Zeitpunkt der Erkundung fiel demnach das quartäre Grundwasser im Baufeld von rund 506,5 mNHN im Südosten auf rund 505,5 mNHN nach Nordwesten, also 7 m bis 8 m unter Gelände, ab. Eine ähnliche Grundwasserfließrichtung zeigte sich in der Druckwasserhöhe der tertiären Sande von knapp 506 mNHN im Süden auf unter 505 mNHN nach Norden, also rund 0,5m tiefer als im Quartär. Dies belegt die hydraulische Trennung der beiden Grundwasserleiter. Die beobachteten unterschiedlichen Grundwasserstände 242 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Der Stadionneubau SAP Garden in München - Ein geotechnisch spannendes Bauvorhaben im Olympiapark der beiden Grundwasserleiter sind im Einklang mit den Grundwassergleichenkarten des Online-Umwelt Atlas des Bayerischen Landesamtes für Umwelt. Ein geologischer West-Ost-Schnitt durch das Baufeld ist in Abbildung 4 dargestellt. 3. Pumpversuche, Bemessungswasserstände Zur Erkundung der hydraulischen Eigenschaften der tertiären Sande wurden insgesamt drei eintägige und ein dreitägiger Pumpversuch unter Beobachtung der umliegenden Grundwassermessstellenstellen (Piezometer mit Datenlogger) sowie der Vor-Ort-Parameter durchgeführt. Weiterhin wurden im Rahmen der Versuche Wasserproben entnommen, um mögliche Verfrachtungen aus umliegenden LHKW- und PAK-Schadensfällen zu beurteilen. Ein mögliches Anziehen dieser Schadstoffe durch das Betreiben der Wasserhaltung konnte zuvor nicht ausgeschlossen werden. Aus den Absenk- und den Wiederanstiegskurven der Pumpversuche wurden nach Cooper & Jacob I und nach Theis Durchlässigkeiten von k f = 1,6·10 -4 m/ s bis 2,2·10 -4 m/ s für die tertiären Sande abgeleitet. Eine Ausnahme ergab ein Pumpversuch westlich der Baugrube, in dem eine Durchlässigkeit von k f = 3,5·10 -3 m/ s ermittelt wurde. Ursächlich hierfür war eine Kieslinse im tertiären Sand, die bereits bei der Kernbohrung festgestellt wurde. Anhand des dreitägigen Pumpversuch konnte jedoch mit einer Reduzierung der Pumprate und des Durchlässigkeitsbeiwerts auf k f = 1,1·10 -4 m/ s festgestellt werden, dass die in der Bohrung angetroffenen Kieslinse lokal begrenzt ist, was aber nicht überall der Fall war, siehe Abschnitt 7. Über die Pumpversuche und die nahezu sofortige Reaktion der Beobachtungsmessstellen konnte auch gezeigt werden, dass gespannte Grundwasserverhältnisse im tertiären Grundwasserleiter vorliegen. Die bindige Schicht (OSM Schluff) am Übergang Quartär -Tertiär kann somit als Stauer angesehen werden. Anhand der entnommenen Wasserproben konnte eine leichte Verunreinigung des Grundwassers mit LHKW (Konzentration bis 31 µg/ l) und PAK (Konzentration bis 0,04 µg/ l) nachgewiesen werden. Im Rahmen der Versuche konnte jedoch kein Anstieg der Verunreinigung und somit auch keine Verfrachtung umliegender Schadstoffe festgestellt werden. Es ist hier anzumerken, dass die Versuchsdauer nur für eine kleinräumige Beurteilung des Schadstofftransports ausreicht. Zur Ermittlung der bauzeitlichen Bemessungswasserstände wurde anhand der Ganglinien von 3 im Umfeld befindlichen amtlichen Grundwassermessstellen, die teils seit 1975 abgelesen werden, Bemessungswasserstände für den Bauzustand (BGw Bau ) statistisch abgeleitet. Das BGw Bau liegt etwa 1 m über dem Mittelwasser, was einem etwa 15-jährigen Hochwasserereignis entspricht. Der Bemessungswasserstand für den Endzustand wurde entsprechend den auf Basis der „vermuteten“ Höchstgrundwasserstände (Hochwasserdaten von 1940) amtlicherseits einschließlich eines Zuschlags von 30 cm vorgegebenen Werten berücksichtigt und liegt im Mittel bei BGw Süd = 508,1 mNHN. 4. Gründung Der Schüsselbereich mit den 2 Untergeschossen kommt etwa 9 m bis10 m unter Gelände und somit in den quartären Terrassenschottern zu liegen. Aufgrund der hohen Lagerungsdichte der Terrassenschotter kann hier nach einer Nachverdichtung die Gründung problemlos über elastisch gebettete Platten erfolgen. Dies ist auch in Hinblick auf die variierenden Lasten und Einbindung in das Grundwasser vorteilhaft. Die Tiefgarage und Technikbereiche mit Einbindetiefen von in der Regel 12 m und lokal bis zu 16 m befinden sich mit ihrer Gründungssohle hingegen in der überwiegend nichtbindigen tertiären Süßwassermolasse (OSM Sand). Diese sind mitteldicht bis dicht gelagert und ebenfalls gut tragfähig. Auch hier ist eine Flachgründung über eine elastisch gebettete Bodenplatte möglich. Die Bodenplattenstärke beträgt überwiegend 70 cm. Lediglich im Bereich der Eisfläche weist die Bodenplatte zur Auftriebssicherung eine Stärke von 170 cm auf. Im Bereich von Lastkonzentrationen werden Vouten ausgeführt. Zur Beurteilung der Boden-Bauwerks-Interaktion wurden bei Angabe der Bauwerkslasten und Modellierung des geschichteten Baugrunds numerische Berechnungen der rechnerischen Setzungen und Ermittlung der Bettungsmodulverteilung nach dem Steifemodulverfahren ausgeführt. Der Bettungsmodul variiert demnach zwischen 12,5 MN/ m³ und 40 MN/ m³. Die prognostizierten rechnerischen Setzungen liegen bei bis zu 3 cm. Aufgrund der hohen Einbindetiefe des 3. Untergeschosses in das Grundwasser werden hier sowohl temporäre als auch permanente Auftriebspfähle erforderlich. Es wurden 85 temporäre (einfach-korrosionsgeschützt) und 398 permanente GEWI Ø57,5 S 670/ 800 (doppelt korrosionsgeschützt) mit einem Verpresskörperdurchmesser von 194 mm und Längen zwischen 7 m und 13 m vorgesehen. 5. Baugrubensicherung und Wasserhaltung Die quartären Kiese sind mitteldicht bis dicht gelagert und weisen hohe Rammwiderstände auf. Daher wurden zur Baugrubensicherung 1bis 2-lagig rückverankerte Spundwände in Verbindung mit Austauschbohrungen ausgeführt. Die Austauschbohrungen beschränkten sich auf die quartären Kiese um den geringmächtigen Stauer nicht zu schädigen. Aufgrund der hohen Rammwiderstände erwiesen sich Lockerungsbohrungen als nicht ausreichend. Die Tiefe der Verbauten wurde nach statischen Erfordernissen und insbesondere der Verhinderung eines Sohlauf- 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 243 Der Stadionneubau SAP Garden in München - Ein geotechnisch spannendes Bauvorhaben im Olympiapark bruchs (hydraulischer Grundbruch) gewählt, so dass die Spundwände zwischen 13 m und 19 m lang ausgeführt wurden. Aufgrund der Größe des Baufelds wurde die Baugrube in 2 Teilbaugruben aufgeteilt, die durch eine Querschott getrennt sind. Teilbaugrube 1 umfasst den Schüsselbereich („Bowl“) und Teilbaugrube 2 die Tiefgarage. Aufgrund der hydraulischen Trennung zwischen quartären Terrassenschottern und den tertiären Sanden durch die tertiären Schluffe wurde von der Spezialtiefbaufirma sowohl eine geschlossene Wasserhaltung im Quartär (Absenkbrunnen) als auch eine Entspannungswasserhaltung im Tertiär (Entspannungsbrunnen) eingerichtet und betrieben. Die dafür eingesetzten Brunnen sind folgendermaßen aufgebaut: Absenkbrunnen: - 24 Stück - Unterkante ca. 11 m unter ursprünglichem Gelände (Keine Durchörterung des Stauers) - Bohrdurchmesser ø 750 mm - Ausbaudurchmesser ø 300 mm - Quartär: Filterrohr - Quartärer Ringraum: Filterkies - sondengesteuerte Pumpe Entspannungsbrunnen: - 34 Stück - Unterkante ca. 22 m unter ursprünglichem Gelände - Bohrdurchmesser ø 750 mm - Ausbaudurchmesser ø 300 mm - Quartär und Stauer: Vollrohr - Tertiärer Sand: Filterrohr - Quartärer Ringraum: Füllbinder - Tertiärer Ringraum Filtersand - sondengesteuerte Pumpe Zusätzlich wurden im Baufeld nach Bedarf Pumpensümpfe und Dränstränge ausgeführt. Das über die Baugrubensohle zutretende Wasser wird über die eingebaute Flächendränage von 30 cm Stärke gefasst und den Pumpensümpfen bzw. Brunnen zugeführt. Nach Durchlauf einer Absetzanlage wird das Förderwasser anschließend über drei Schluckbrunnen mit Bohrdurchmesser ø 900 mm dem quartären Grundwasserkörper wieder zugeführt. Eine Grundwasserreinigungsanlage wurde zu Beginn der Baumaßnahme für den Bedarfsfall vorgehalten. Die Messwerte (PAK, LHKW) überschritten jedoch nicht die Stufe 1-Parameter (Bayern), sodass eine Grundwasserreinigung während der Wasserhaltung nicht erforderlich wurde. Zur Ermittlung und wasserrechtlichen Beantragung der anfallenden Wassermengen wurden numerische Berechnungen mit dem Programm FeFlow von DHI Wasy durchgeführt (siehe Abbildung 5). Die Randbedingungen und der Modellausschnitt wurden entsprechend dem hydrogeologischen Modell gewählt. Die parallel zur Grundwasserströmung verlaufenden Ränder sind mit hydraulischen Festpotentialen (Dirichlet-Randbedingung) berücksichtigt. Die orthogonalen Ränder sind hingegen undurchlässig. In den tertiären Sanden wurde die Anisotropie der Durchlässigkeit berücksichtigt und im Zuge der Modellkalibrierung die im Westen des Baufelds erkundete Kieslinse berücksichtigt. Im Rahmen einer Variantenuntersuchung wurde sowohl die Durchlässigkeit der Schichten als auch das Verhältnis der horizontalen/ vertikalen Durchlässigkeit variiert. In Abhängigkeit der Durchlässigkeit wurden in der Berechnung Förderraten von 60 l/ s bis 80 l/ s ermittelt. Die sich im Rahmen der Ausführung ergebenden Fördermengen sind in Abschnitt 7 angegeben. Abbildung 5: Finite-Elemente-Modell des Baufelds mit Angabe der berücksichtigten horizontalen Durchlässigkeiten der quartären und tertiären Schichten. Zur Einhaltung der behördlich geforderten Begrenzung des durch den Baukörper verursachten Grundwasseraufstaus von weniger als 10 cm im Endzustand wurde ein Grundwasser-Umläufigkeitssystem rechnerisch bemessen und geplant. Im Bereich der Stadionschüssel wird die Umläufigkeit über den oben genannten 30 cm dicken Sohlfilter sowie eine durchlässige Arbeitsraumverfüllung sichergestellt. Die restliche Arbeitsraumverfüllung wird so gestaltet, dass die Stockwerkstrennung zwischen dem quartären und tertiären Aquifer wieder hergestellt wird. Dies hat zur Folge, dass im Tiefgaragenbereich, der in das Tertiär einbindet, an der Basis des Quartärs im Arbeitsraum ein Düker DN 200 seitlich um das Gebäude geführt wird. Jeweils im An- und Abstrom sind hierfür filterstabil ausgebaute Filterrohre vorgesehen. Das Grundwasser-Umläufigkeitssystem soll wiederum zur Entnahme von Grundwasser zur Unterstützung der Kälteanlage und bedarfsweisen Dachbewässerung genutzt werden. Im Rahmen des wasserrechtlichen Verfahrens wurde hierfür u.a. das Grundwasserdargebot ermittelt und der Nachweis erbracht, dass keine negativen Auswirkungen auf die Umgebung zu erwarten sind. Die dafür erforderliche Grundwasserentnahme wird durch 244 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Der Stadionneubau SAP Garden in München - Ein geotechnisch spannendes Bauvorhaben im Olympiapark ein umfangreiches, in den Arbeitsräumen angeordnetes Rigolen-System zur Versickerung von Oberflächenwasser kompensiert. 6. Mikropfähle, Pfahlprobebelastungen Die zur Auftriebssicherung erforderlichen Mikropfähle unterhalb des 3. Untergeschosses tragen ihre Lasten nahezu vollständig in den tertiären Sanden ab. Für die tertiären Sande wurde auf Basis von Erfahrungswerten von einem charakteristischen Mantelreibungen im Grenzzustand von q s,k = 200 kN/ m² ausgegangen. Zur wirtschaftlichen Bemessung wurden 3 Probepfähle vorab von einer Herstellebene in den quartären Kiesen aus hergestellt. Abbildung 6: Schematische Darstellung der hergestellten Probepfähle (unmaßstäblich) Wesentlich bei der Ausführung der Probepfähle von einer erhöhten Herstellebene aus, ist ein erfolgreicher Mantelreibungsausschluss in den überlagernden Schichten. Daher wurden die Bohrungen teleskopierend ausgeführt: - Quartär und Stauer: Verrohrte Bohrung mit einem Großbohrgerät ø = 620 mm, anschließend Freiräumen - Einstellen eines PVC-Rohrs ø = 250 mm - Einbringen von Quellton bis 0,5 m über den Stauer und Verfüllung des Ringraums zwischen PVC-Rohr und Verrohrung mit Terrassenschotter - erneute Bohrung innerhalb des PVC-Rohrs mit ø = 194 mm - Einbau des GEWI-Stabs ø = 63 mm und Verfüllung mit Zementsuspension - Freispülen der Suspension von -0,5 m unter OK Quellton bis GOK zum Mantelreibungsausschluss - Nachverpressen der Verankerungslänge (l v = 7,5 m bis 9,0 m) am Folgetag Das Vorgehen zur Herstellung der Probepfähle ist in Abbildung 6 schematisch dargestellt. Die Pfahlprobebelastung (siehe Abbildung 7 und 8) wurde mit einem leicht modifizierten Prüfschema nach EA Pfähle (Versuch über die ganze Pfahllänge System A) in zwei Belastungszyklen ausgeführt. Die sich aus den Versuchen direkt ergebenden Mantelwiderstände lagen zwischen 299 kN/ m² und 354 kN/ m². Unter Berücksichtigung eines Streuungsfaktors ξ 1 = 1,15 (3 Pfähle) und ξ 2 = 0 auf den Minimalwert des Mantelwiderstands ergibt sich ein charakteristischer Mantelwiderstand der Mikropfähle in den tertiären Sanden von q s,k = 285 kN/ m². Durch die Probebelastungen konnte somit ein gegenüber den Erfahrungswerten um ca. 42 % höherer Mantelwiderstand angesetzt werden. Abbildung 7: Pfahlprobebelastung an einem vorab hergestellten Mikropfahl zur Festlegung der Mantelreibung Die Mikropfähle unterliegen aufgrund der Grundwasserschwankung zum Teil einer Wechselbeanspruchung zwischen Druck- und Zugkräften. Die mittlere jährliche Grundwasserschwankung wurde über statistisch abgeleitete MHGW = 506,1 mNHN (Mittleres höchstes Grundwasser) bzw. MNGW-Werte (Mittleres niedrigstes Grundwasser) = 505,3 mNHN abgebildet. Bei einer für die Bemessung relevanten Bauwerkslebensdauer von 100 Jahren kann bei einem jährlichen Extremereignis von 100 Wiederholungen ausgegangen werden. Bei erheblichen zyklischen Einwirkungen ist mit einem stark veränderten Pfahlverhalten zu rechnen, was entsprechend zu berücksichtigen wäre. Die Überprüfung des zyklischen Einflusses gemäß EA Pfähle ergab, dass das Verhältnis aus zyklischer Lastspanne und der charakteristischen statischen Pfahllast jeweils unter 20 % liegt, so dass die zyklische Einwirkung nicht berücksichtigt werden musste. Infolge des Schwindens des Bauwerks - gerade bei den sehr großen Bodenplatten in WU-Bauweise mit erhöhtem 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 245 Der Stadionneubau SAP Garden in München - Ein geotechnisch spannendes Bauvorhaben im Olympiapark Bewehrungsgrad und Begrenzung der Rissweite kommt es neben einer Mobilisierung von Reibung am Übergang Bodenplatte - Baugrund zu rückstellenden Kräften infolge des Horizontalwiderstands der Mikropfähle (Zwangsbeanspruchung). Die hieraus resultierenden Einwirkungen wurden ebenfalls bei der Planung berücksichtigt. Abbildung 8: Kraft-Verschiebungslinien am Beispiel des Probepfahls 1 7. Bauausführung Seit Beginn der Baumaßnahme haben wir das Bauvorhaben im Hinblick auf die geotechnischen und wasserrechtlichen Auflagen begleitet. Während der Spezialtiefbau, Erdbau und Wasserhaltungsarbeiten bestätigten sich die erkundeten geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse. Nachfolgend gehen wir schwerpunktmäßig auf die Wasserhaltung ein. Die Auswirkungen der Wasserhaltung werden über 6 Beobachtungsgrundwassermessstellen, von denen jeweils 3 Stück separat im Quartär / Tertiär verfiltert sind, erfasst. Hierfür wurden Piezometer mit Datenlogger eingebaut, die den Grundwasserstand kontinuierlich erfassen. Im Baufeld werden die Wasserstände über Lichtlotmessungen in temporär stillgelegten Brunnen gemessen, sodass eine kontinuierliche Überwachung der Grundwasserabsenkung und -entspannung sowie Auswirkungen der Wasserhaltung außerhalb des Baufelds gegeben ist. Die Wasserstände liegen aktuell außerhalb der Baugrube im Quartär bei 505,7 mNHN und im Tertiär je nach Abstand zur Baugrube zwischen 499,7 mNHN und 502,3 mNHN. Das Grundwasser in der Baugrube wurde im Quartär bis auf ca. 502,0 mNHN und somit nahezu vollständig abgepumpt. Der Tertiäre Wasserspiegel wurde in der Tiefgarage bis auf ca. 498,0 mNHN und an einzelnen Tiefteilen auf bis zu 496,1 mNHN entspannt. Diese Wasserstände belegen die technische Dichtigkeit der Baugrubenumschließung im Quartär und die Entspannung im Tertiär, die über die Baugrube hinausragt. Abbildung 9: Stand der Arbeiten im November 2021 (Quelle: Red Bull Stadion München GmbH) Mit Stand November 2021 wurden 2,92 Millionen m³ Grundwasser gefördert. Die durchschnittliche Förderrate liegt bei ca. 71 l/ s. Die mittlere Förderrate in den Absenkbrunnen im Quartär beträgt aktuell rund 10 l/ s, also etwa 17 % der gesamten Förderrate. Die entsprechende Restdurchlässigkeit der Baugrubenumschließung und teildichte Baugrubensohle beträgt bei dieser Förderrate 0,35 l/ s/ 1.000 m². Die Erwartungen entsprechend der Grundwassermodellierung und den Ergebnissen der Pumpversuche haben sich somit erfüllt. Die Wasserhaltung muss bis zur vollständigen Auftriebssicherheit des Bauwerks betrieben werden, die voraussichtlich Ende Mai 2022 vorliegen wird. Bis dahin ist eine Gesamtfördermenge von 4,2 Millionen m³ zu erwarten. Hierbei ist die mit voranschreitender Verfüllung mögliche Drosselung / Teilabschaltung der Wasserhaltung noch nicht berücksichtigt. Da im Bereich des 2. Bauabschnitts eine Kieslinse im Untergrund vorhanden ist, die bei der Baugrunderkundung sowie durch die Pumpversuch verifiziert werden konnte, wurden bei der Herstellung von Tiefteilen kurzzeitig Spitzenförderraten von 95 l/ s erforderlich. Unsererseits wurde numerisch anhand der gemessenen Fördermengen die Durchlässigkeit der tertiären Sande rückgerechnet. Hieraus resultiert eine rechnerische Durchlässigkeit der tertiären Sande von k f = 2,4·10 -4 m/ s, was der aus den Pumpversuche abgeleiteten Durchlässigkeit der tertiären Sande von k f = 1,6·10 -4 m/ s bis 2,2·10 -4 m/ s nahezu entspricht. Die marginal höhere Durchlässigkeit ist im Wesentlichen auf eine örtlich erhöhte Durchlässigkeit sowie die Ausführung von zusätzlichen Tiefteilen zurückzuführen. Es bestätigt sich die Bedeutung von in-situ Pumpversuche zur realitätsnahen Abschätzung der Durchlässigkeit des Untergrunds. Aktuell finden im 1. Bauabschnitt die Rohbauarbeiten der Ed. Züblin AG im 1. UG und im 2. Bauabschnitt die Rohbauarbeiten im 3. UG statt (siehe Abbildung 9). In diesem Zuge wurden auch die Mikropfähle vom Rohbauunternehmer hergestellt und gemäß Norm geprüft. Mittlerweile werden auch die Arbeitsräume im Osten des Baufelds verfüllt.
