Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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2510-7755
expert verlag Tübingen
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2022
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Untersuchungen zum Einfluss der Mikrowellenbestrahlung auf die Änderung der Festigkeitseigenschaften von unterschiedlichen Gesteinsarten
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Jürgen Schmitt
Ulrich Burbaum
Gabriel Lehmann
Heiko Kösling
Bereits seit mehreren Jahrzehnten wird über den Einsatz von Mikrowellen zum Abbau von Festgestein diskutiert. Durch die Mikrowellenbestrahlung wird das Gestein erwärmt, wodurch Spannungen im Gestein entstehen und eine Reduzierung der Festigkeit des Gesteins herbeigeführt wird. Die Erwärmung und die Zerstörung des Gesteins hängen dabei maßgeblich von dessen dielektrischen Eigenschaften ab. Um die Auswirkung der Mikrowellenbestrahlung auf die Zerstörung bzw. Festigkeitseigenschaften zu untersuchen, wurden Versuchsreihen an unterschiedlichen Gesteinsarten durchgeführt. Dabei wurden verschiedene Einflussfaktoren wie z. B. die Bestrahlungsdauer variiert und die Festigkeit in Punktlastversuchen und einaxialen Druckversuchen bestimmt. Im Rahmen des Beitrags werden die wesentlichen Ergebnisse und die daraus gewonnenen Erkenntnisse der Versuchsreihen vorgestellt und erläutert.
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13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 329 Untersuchungen zum Einfluss der Mikrowellenbestrahlung auf die Änderung der Festigkeitseigenschaften von unterschiedlichen Gesteinsarten Prof. Dr.-Ing. Jürgen Schmitt, Prof. Dr.-Ing. Ulrich Burbaum Hochschule für angewandte Wissenschaften Darmstadt Gabriel Lehmann, M.Sc. Herrenknecht AG, Schwanau-Allmannsweier, Lehrstuhl für Ingenieurgeologie, Technische Universität München Dr. rer. nat. Heiko Käsling Lehrstuhl für Ingenieurgeologie, Technische Universität München Zusammenfassung Bereits seit mehreren Jahrzehnten wird über den Einsatz von Mikrowellen zum Abbau von Festgestein diskutiert. Durch die Mikrowellenbestrahlung wird das Gestein erwärmt, wodurch Spannungen im Gestein entstehen und eine Reduzierung der Festigkeit des Gesteins herbeigeführt wird. Die Erwärmung und die Zerstörung des Gesteins hängen dabei maßgeblich von dessen dielektrischen Eigenschaften ab. Um die Auswirkung der Mikrowellenbestrahlung auf die Zerstörung bzw. Festigkeitseigenschaften zu untersuchen, wurden Versuchsreihen an unterschiedlichen Gesteinsarten durchgeführt. Dabei wurden verschiedene Einflussfaktoren wie z. B. die Bestrahlungsdauer variiert und die Festigkeit in Punktlastversuchen und einaxialen Druckversuchen bestimmt. Im Rahmen des Beitrags werden die wesentlichen Ergebnisse und die daraus gewonnenen Erkenntnisse der Versuchsreihen vorgestellt und erläutert. 1. Einleitung Seit mehreren Jahrzehnten wird über den Einsatz von Mikrowellen zum Abbau von Festgestein diskutiert. Durch die Mikrowellenbestrahlung wird das Gestein erwärmt, wodurch Spannungen im Gestein entstehen und eine Reduzierung der Festigkeit des Gesteins herbeigeführt wird. Die Erwärmung und die Zerstörung des Gesteins hängen dabei maßgeblich von den dielektrischen Eigenschaften des Gesteins ab [1]. Die dielektrischen Materialeigenschaften beschreiben das Verhalten eines Festkörpers beim Anlegen eines elektrischen Wechselfeldes, das im Material einen elektrischen Strom verursacht, Wärme erzeugt und mit der Dielektrizitätskonstante (Permittivität) definiert wird. Zu den dielektrischen Materialien gehören schwach- oder nichtleitende Materialen, mitunter Gesteine und Mineralien, deren dielektrische Eigenschaften verantwortlich für die Erwärmung und beispielsweise abhängig vom Wassergehalt, Korngröße, Porosität, Temperatur und der angelegten Mikrowellenfrequenz sind. Um die Auswirkung der Mikrowellenbestrahlung auf die Zerstörung bzw. Festigkeitseigenschaften zu untersuchen, wurden bereits verschiedene Versuche bzw. Forschungsprojekte (vgl. [2] bis [8]) durchgeführt. Die untersuchten Gesteine umfassenden dabei magmatische Gesteinsarten wie z. B. Granit, Basalt, Granodiorit und Norit. Sedimentgesteine wie z. B. Sandstein oder Kalkstein wurden i. d. R. dabei nicht untersucht. Hier liegen bisher keine Erkenntnisse vor bzw. wurden hierzu keine Ergebnisse aus Versuchen veröffentlicht. Um die Auswirkung einer Mikrowellenbestrahlung auf die Festigkeitseigenschaften von Sedimentgesteinen zu untersuchen, wurden Versuche am Odenwälder Buntsandstein (s. Abs. 2.1., Abs. 3.1 und Abs. 4.1) und am Eibelstädter Muschelkalk (s. Abs. 2.2, Abs. 3.2 und Abs. 4.2) durchgeführt. Insbesondere wurde der Einfluss des Wassergehaltes der Probekörper analysiert. Aufgrund der Ergebnisse aus den Versuchen am Odenwälder Buntsandstein und am Eibelstädter Muschelkalk wurden zusätzliche Versuche an einer magmatischen Gesteinsart, dem Tittlinger Granit (s. Abs. 2.3, Abs. 3.3 und Abs. 4.3), durchgeführt. 330 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Untersuchungen zum Einfluss der Mikrowellenbestrahlung auf die Änderung der Festigkeitseigenschaften von unterschiedlichen Gesteinsarten 2. Untersuchte Gesteinsarten Im Rahmen der durchgeführten Versuche wurde folgende Gesteinsarten untersucht: • Odenwälder Buntsandstein • Eibelstädter Muschelkalk • Tittlinger Granit 2.1 Odenwälder Buntsandstein Der im Natursteinsektor als Odenwälder Buntsandstein bezeichnete Quarzsandstein aus dem Unteren Buntsandstein wurde für die Versuche aus dem Steinbruch Grasellenbach entnommen. Er ist feinkörnig und überwiegend dickbankig ausgebildet. Die Körner weisen einen Überzug aus Eisenoxiden auf, die dem Gestein seine charakteristische rotbraune Farbe geben. Im Gegensatz zu anderen Buntsandsteinen aus der Region, besitzt dieser keine Karbonatzementflecken oder die daraus entstehenden Hohlräume. Die Sandsteinbänke sind überwiegend massig oder schräg geschichtet und besitzen ebene Bankflächen. Sie sind durch dünne, tonig-schluffige Zwischenlagen voneinander getrennt. Einzelne Gesteinsproben besitzen kleine Tonlinsen im Gefüge (s. Bild 1). Hauptbestandteile des Odenwälder Buntsandsteins sind Quarz, Plagioklas und Kalifeldspäte. Bild 1: Odenwälder Buntsandstein Bild 2: Eibelstädter Muschelkalk 2.2 Eibelstädter Muschelkalk Bei den untersuchten Probekörpern, die aus den Steinbrüchen der Kirchheimer Kalksteinwerke GmbH stammen, handelt es sich um den sog. Eibelstädter Muschelkalk, der dem oberen Muschelkalk zuzuordnen ist. Der unregelmäßig porige Kalkstein mit einer gräulichen Grundfarbe weist rotbräunlichen Poren auf (s. Bild 2). Die Größe und die Häufigkeit der Poren variieren in den einzelnen Schichten. Viele Poren sind durch ein gelblich bis überwiegend rötliches gefärbtes Material, vermutlich ein Eisenoxid zusammen mit etwas Ton, gefüllt. Der Hauptbestandteil ist Calcit. Untergeordnet können Quarz, Pyrit und Feldspat vorhanden sein. 2.3 Tittlinger Granit Der sog. Tittlinger Granit, der aus dem Steinbruch Höhenberg im Bayerischen Wald stammt, ist ein graues, relativ homogenes, gleichkörniges, mittelkörniges Gestein (s. Bild 3). Die Hauptbestandteile sind Quarz, Plagioklas und Alkalifeldspat (vgl. [9]). Bild 3: Tittlinger Granit 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 331 Untersuchungen zum Einfluss der Mikrowellenbestrahlung auf die Änderung der Festigkeitseigenschaften von unterschiedlichen Gesteinsarten 3. Laborversuche und Versuchsdurchführung 3.1 Versuche Odenwälder Buntsandstein An insgesamt 144 Versuchskörpern (Handstücke mit den Abmessungen 29 mm bis 51 mm x 40 mm bis 89 mm x 42 mm bis 94 mm) wurde untersucht, wie sich der Wassergehalt der Sandsteinproben und die Dauer der Bestrahlung durch Mikrowellen auf die Druckfestigkeit der Versuchsköper auswirken. Das Versuchsprogramm gliederte sich dabei in drei Untersuchungsschritte. Im ersten Schritt wurde an zwölf Proben die Ausgangsfestigkeit mittels Punktlastversuch (s. Bild 4) bestimmt. Zwölf weitere Proben wurden vor dem Punktlastversuch getrocknet. Dies diente zum einen zur Bestimmung des Wassergehalts und zum anderen, um Unterschiede in der Festigkeit zwischen feuchter und trockener Probe aufzuzeigen. Die Trocknung erfolgte mittels der Ofentrocknungsmethode nach DIN EN ISO 17892-1 bei 105°. Die Proben wurden mindestens 24 Stunden lang getrocknet. Weitere zehn Proben wurden vor dem Punktlastversuch unter Atmosphärendruck in Wasser gesättigt („nasse“ Probe). Dazu wurden diese Proben 43 Stunden in Wasser gelagert. Dies sollte aufzeigen, ob das Gestein hierdurch seine Festigkeitseigenschaft verändert. Hierbei wurde unter anderem die Festigkeit als weiterer Referenzwert für die Untersuchungen im dritten Schritt bestimmt. Im zweiten Schritt wurde untersucht, welchen Einfluss verschiedene Bestrahlungszeiten auf die Festigkeitseigenschaften des Sandsteins nehmen. Jede der bestrahlten Probe wurde dabei ohne Veränderung des natürlichen Wassergehalts bestrahlt. Für die Bestrahlungszeiten wurden im Vorfeld mehrere Probeläufe durchgeführt. Durch diese Probeläufe wurden die Bestrahlungsintervalle festgelegt und eingegrenzt. Aus den Probeläufen wurde ein Untersuchungsbereich zwischen 30 s und 300 s mit Intervallen von je 30 s festgelegt. In jedem Intervall wurden jeweils zehn Proben bestrahlt, um die Ergebnisse der Punktlastversuche nach Versuchsoption 2 der Empfehlung Nr. 5 „Punktlastversuche an Gesteinsproben“ 2010 des Arbeitskreises 3.3 „Versuchstechnik Fels“ der DGGT (vgl. [10]) durchführen zu können. Diese Auswertungsmethode bietet ein Mindestmaß an statistischer Genauigkeit, ohne den Versuchsrahmen zu sprengen. Die Bestrahlung erfolgte mittels einer handelsüblichen Mikrowelle mit einer Frequenz von 2,45 GHz und einer maximalen Leistung von 3,2 kW. Der Probenkörper wurde auf einer Glasschale so positioniert, dass er sich im Zentrum der Mikrowelle befand (s. Bild 5), um eine möglichst homogene Bestrahlung der Probe zu gewährleisten. Bild 4: Punktlastgerät Bild 5: Position der Probe in der Mikrowelle Im dritten Schritt wurde der Einfluss des Wassergehalts auf den Wirkungsgrad der Mikrowellen untersucht. Hierfür wurden jeweils zehn Proben im trockenen, feuchten und nach Sättigung unter Atmosphärendruck erreichten Zustand bei einer Bestrahlungszeit von maximal 300 s bei voller Leistung mit Mikrowellen bestrahlt. 3.2 Versuche Eibelstädter Muschelkalk An insgesamt 169 Versuchskörpern (Quader mit den Abmessungen 50 mm x 50 mm x 50 mm) wurden wie bei den Versuchen am Odenwälder Buntsandstein zur Bestimmung der Druckfestigkeit Punktlastversuche durchgeführt. Auch hier wurden der Wassergehalt und die Bestrahlungsdauer variiert. Die Versuchsdurchführung entspricht der Beschreibung im Abs. 3.1 für den Odenwälder Buntsandstein. Bei den Versuchen mit dem Eibelstädter Muschelkalk wurden die Intervalle auch mit jeweils 30 s festgelegt. Die maximale Bestrahlungszeit wurden allerdings auf 180 s beschränkt, da in Vorversuchen mit einer längeren Bestrahlungszeit deutlich wurde, dass eine längere Bestrahlungszeit keinen nennenswerten 332 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Untersuchungen zum Einfluss der Mikrowellenbestrahlung auf die Änderung der Festigkeitseigenschaften von unterschiedlichen Gesteinsarten Einfluss auf die Druckfestigkeit der Versuchskörper aufweist. Bei den Versuchen mit dem Eibelstädter Muschelkalk wurden unmittelbar nach dem Punktlastversuch Messungen der Kerntemperatur mit einem Temperaturmessgerät in der Mitte im Bereich der Bruchfläche durchgeführt. In Bild 6 sind exemplarisch die Messepunkte (rote Kreise) für die Messung der Kerntemperatur dargestellt. Bild 6: Messpunkte für die Temperaturmessung im Kern eines Probekörpers des Punktlastversuches 3.3 Versuche Tittlinger Granit An insgesamt 10 Versuchskörpern (Zylinder mit den Abmessungen Durchmesser 49,1 mm bis 50,7 mm und Länge 103,5 mm bis 104,650 mm) wurden zur Bestimmung der Druckfestigkeit Einaxiale Druckversuche entsprechend der Empfehlung Nr. 1 „Einaxiale Druckversuche an zylindrischen Gesteinsprüfkörpern“ 2004 des Arbeitskreises 3.3 „Versuchstechnik Fels“ der DGGT (vgl. [11]) durchgeführt (s. Bild 7). Die Bestrahlung erfolgte ohne die Veränderung des natürlichen Wassergehalts. Die Bestrahlungszeiten lagen bei 20 s, 40 s, 60 s, 90 s, 120 s, 255 s und 390 s. Bild 7: Einaxialer Druckversuch am Tittlinger Granit 4. Versuchsergebnisse 4.1 Versuchsergebnisse Odenwälder Buntsandstein Bei Betrachtung des Wassergehaltes der Proben zeigte sich eine Schwankungsbreite von 1,83 % bis 6,40 %. Der Mittelwert lag bei 4,32 %. Bei Bestrahlung der Proben begann das Wasser nach ca. 20 s bis 30 s Bestrahlungszeit zu verdampfen. Teilweise bildeten sich Blasen beim Verdampfen des Wassers. Dies konnte allerdings nicht bei allen Proben beobachtet werden. Nach einer Bestrahlungszeit von 30 s waren die Proben teilweise noch feucht. Nach einer Bestrahlungszeit von 60 s war das Wasser augenscheinlich vollständig verdampft. Durch die Bestrahlung konnten keine äußerlichen Risse an den Proben beobachtet werden. Die Punktlastversuche erfolgten ausschließlich an unregelmäßig geformten / quaderförmigen Prüfkörpern. Bei keinem der Punktlastversuche war eine unzulässige Bruchform festzustellen (s. Bild 8). Um vergleichbare Ergebnisse erzielen zu können, wurden die Prüfkörperabmessungen auf die Standardabmessungen 50 mm x 50 mm umgerechnet. Dies erfolgte nach der empirischen Gleichung nach [12] mit der nachfolgenden Formel: is(50) = (A/ 2500) 0,225 x is (1) Dabei bezeichnet is(50) den Punktlastindex mit Standardabmessungen von 50 mm x 50 mm. is stellt den Punktlastindex aus dem Einzelversuch dar und A definiert die Probenkörperfläche. Bei der Auswertung der Punktlastversuche wurde auf eine Umrechnung der Punktlast in die einaxiale Druckfestigkeit verzichtet. Bild 9 zeigt die Versuchsergebnisse der 144 Probekörper in Abhängigkeit von den Bestrahlungszeiten und dem Wassergehalt. Die Ordinate gibt den Punktlastindex is(50) an. Auf der Abszisse ist die Bestrahlungszeit aufgetragen. Die Versuche Probe 1 bis 24 und 125 bis 134 zeigen, dass ohne eine Mikrowellenbestrahlung, die trockenen Proben höhere Druckfestigkeiten und die wassergesättigten „nassen“ Proben geringere Druckfestigkeiten aufweisen. Die Probekörper 25 bis 114 zeigen einen deutlichen Einfluss der Bestrahlungszeit auf die Druckfestigkeit der Proben. Mit einer Bestrahlungsdauer von 30 s weisen die Probekörper die geringste Druckfestigkeit auf. Bei zunehmender Bestrahlungsdauer steigt die Druckfestigkeit bis zu einer Bestrahlungszeit von 120 s an. Ab 120 s Bestrahlungszeit bewegt sich die Druckfestigkeit der Proben bis 210 s Bestrahlungszeit auf einem konstanten Niveau. Ab einer Bestrahlungszeit von 210 s verringert sich dann die Druckfestigkeit der Proben. 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 333 Untersuchungen zum Einfluss der Mikrowellenbestrahlung auf die Änderung der Festigkeitseigenschaften von unterschiedlichen Gesteinsarten Beim Vergleich der Druckfestigkeit bei einer maximalen Bestrahlungszeit von 300 s (Probekörper 105 bis 124 und 135 bis 144) ergibt sich wie bei den unbestrahlten Probekörpern ein ähnliches Bild: Die trockenen Proben weisen höhere Druckfestigkeiten und die wassergesättigten „nassen“ Proben geringere Druckfestigkeiten auf. Allerdings liegen hier die Druckfestigkeiten der „feuchten“ Proben auf einem ähnlichen Niveau wie die „nassen“ Proben. Bild 8: Beispiel Odenwälder Buntsandstein Bruchfläche der Probe nach Bestrahlung und nach Punktlastversuch a) Probe vor Bestrahlung von oben b) Probe vor Bestrahlung von der Seite c) Bruchfläche der Probe nach Bestrahlung und nach Punktlastversuch d) Probe nach Bestrahlung von oben Beim Vergleich der trockenen Proben (1 bis 12) ohne Bestrahlung mit den „feuchten“ Proben (45 bis 94) mit Bestrahlungszeiten von 90 s bis 210 s fällt auf, dass diese eine Druckfestigkeit in derselben Größenordnung aufweisen. Erst ab einer Bestrahlungsdauer von 240 s kommt es zu einer Reduzierung der Druckfestigkeit. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass es erst nach einer längeren Bestrahlungsdauer zu einer Strukturänderung im Gestein kommt. Hier wurde testweise ein zusätzlicher Versuch mit einer Probe gefahren. Die Probe wurde dabei 840 s lang bestrahlt. Im Punktlastversuch ergab sich ein deutlich reduzierter Punktlastindex von is(50) = 2,095 MN/ m 2 . Bild 9: Mittlere Punktlastfestigkeit und Streuung für verschiedene Bestrahlungszeiten und Wassergehalte Odenwälder Buntsandstein 4.2 Versuchsergebnisse Eibelstädter Muschelkalk Beim Eibelstädter Muschelkalk lag der Wassergehalt der Proben zwischen 1,83 % bis 6,40 %. Der Mittelwert betrug 0,7 %. Grundsätzlich waren bis zur einer Bestrahlungsdauer von 120 s bei den feuchten und trockenen Probekörpern keine Auffälligkeiten, zu beobachten. Zudem waren auch mit bloßem Auge keine äußerlichen Veränderungen zu erkennen. Bei einer Bestrahlungszeit über 120 s traten teilweise kritische Reaktionen auf. Bei den wassergesättigten „nassen“ Proben war nach ca. 10 s der Beginn der Wasserverdunstung zu beobachten. Mit zunehmender Bestrahlungszeit waren Dampf- und Bläschenbildungen an den Probekörpern zu sehen. Ab einer Bestrahlungsdauer von ca. 50 s bis 60 s schienen die Probekörper äußerlich vollständig trocken zu sein. Einige Probekörper, die länger als 120 s bestrahlt wurden, wiesen nach der Bestrahlung eine Farbveränderung auf. Sie wurden stellenweise heller. Mit zunehmender Bestrahlungsdauer waren auch Stellen mit dunkelweißem Farbton zu erkennen. Nach 180 s waren an allen Probekörpern Veränderungen der Farbe zu sehen. Ein erster Probedurchlauf zur Erprobung der maximalen Bestrahlungszeit erzeugte innerhalb der Mikrowelle starke Reaktionen und führte zum Abbruch des Versuchs. Der Probekörper begann nach ca. 180 s an einer der rotbraunen Porenstellen, mit einem Durchmesser 0,5 cm bis 0,8 cm, zu glühen. Nach kürzester Zeit sprühten zusätzlich Funken, sodass sich die Mikrowelle nach einer Bestrahlungszeit von 195 s wegen Überhitzung automatisch abschaltete. Der Probekörper schien äußerlich unversehrt zu sein. Ähnliche Reaktionen in schwächeren Ausprägungen wurden auch an weiteren Probekörpern beobachtet. Diese Reaktionen entwickelten sich hauptsächlich in den Versuchsgruppen 334 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Untersuchungen zum Einfluss der Mikrowellenbestrahlung auf die Änderung der Festigkeitseigenschaften von unterschiedlichen Gesteinsarten der feuchten und trockenen Probekörper, die einer Bestrahlungszeit von 180 s ausgesetzt wurden. Das Einsetzen der Glutbildung variierte zeitlich von Probekörper zu Probekörper. An den Porenstellen lufttrockener Probekörper kam es ca. 5 s bis 10 s vor dem Ende der Bestrahlungsdauer zu erkennbarer Glutentwicklung (s. Bild 10). Die ofentrockenen Probekörper bildeten ca. 15 s bis 30 s vor dem Ende der Bestrahlungszeit auffällige Glutstellen. Jedoch blieben Funken und weitere extreme Reaktionen aus. Deshalb konnten diese Versuche bis zu dem Bestrahlungsende durchgeführt werden. Die Glut an den betroffenen Probekörpern war lokal und ausschließlich an den rötbräunlichen Porenstellen in einem Ausmaß von ca. 0.5 cm bis 1,5 cm. Bei der Durchführung der Punktlastversuche am Eibelstädter Muschelkalk (s. Bild 11) waren von den 169 Versuchen 38 Versuche ungültig. Die ungültigen Versuche traten verstärkt bei den feuchten Probekörpern auf. Bei der Analyse der Bruchbilder der ungültigen Versuche war deutlich zu erkennen, dass es primär zu Brüchen an Stellen mit einer ausgeprägten Porenbildung kam. Dies zeigt deutlich die Problematik von Punktlastversuchen an inhomogenem Material auf. Bild 10: Beispiel Probekörper Eibelstädter Muschelkalk Glutstellen während der Bestrahlung Bei der Auswertung der Punktlastversuche wurde auf eine Umrechnung der Punktlast in die einaxiale Druckfestigkeit verzichtet. Bild 13 zeigt die Versuchsergebnisse der 130 gültigen Versuche in Abhängigkeit von den Bestrahlungszeiten und dem Wassergehalt. Die Ordinate gibt den Punktlastindex i s (50) an. Auf der Abszisse ist die Bestrahlungszeit aufgetragen. Die Versuche der Versuchsgruppen 1 (VG 1), VG 6 und VG11 zeigen, dass ohne eine Mikrowellenbestrahlung, die feuchten Proben höhere Druckfestigkeiten und die wassergesättigten „nassen“ und die trockenen Proben geringere Druckfestigkeiten aufweisen. Nach einer Bestrahlungsdauer von 30 s kommt es bei den feuchten und wassergesättigten „nassen“ Proben (VG 2 und VG 9) zu einer deutlichen Reduktion der Druckfestigkeiten. Bei den trockenen Proben (VG12) ist im Grunde keine Reduktion der Druckfestigkeit feststellbar. Ab einer Bestrahlungsdauer von 60 s ergeben sich auch für die trockenen Proben (VG 3) wesentlich geringere Druckfestigkeiten bzw. liegen diese auf dem Niveau der feuchten und wassergesättigten „nassen“ Proben. Im Rahmen der Punktlastversuche am Eibelstädter Muschelkalk wurden die Temperaturen im Bereich des Kerns (s. Abs. 3.2) gemessen. Im Bild 12 sind die Mittelwerte der Oberflächentemperatur im Bereich des Probenkerns in Abhängigkeit von der Bestrahlungszeit aufgetragen. Hier lässt sich ein linearer Zusammenhang feststellen. Bild 11: Beispiel an einem Probekörper aus Eibelstädter Muschelkalk nach einer Bestrahlungsdauer von 120 s. 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 335 Untersuchungen zum Einfluss der Mikrowellenbestrahlung auf die Änderung der Festigkeitseigenschaften von unterschiedlichen Gesteinsarten Bild 12: Mittelwerte Oberflächentemperatur Kern Eibelstädter Muschelkalk 4.3 Versuchsergebnisse Tittlinger Granit Da sich bei den Versuchen mit dem Odenwälder Buntsandstein (s. Abs. 4.1) im Gegensatz zu den Versuchen mit dem Eibelstädter Muschelkalk (s. Abs. 4.2) zeigte, dass es nach einer Bestrahlungsdauer von 30 s zu einer Zunahme der Druckfestigkeiten kommt, wurde eine weitere Gesteinsart dem Tittlinger Granit untersucht. Die Druckfestigkeiten wurden bei diesen Versuchen nicht mit dem Punktlastversuch sondern mit dem einaxialen Druckversuch (s. Bild 14) ermittelt. Dabei ging es im ersten Schritt darum, eine Tendenz bei der Veränderung der Druckfestigkeit durch die Mikrowellenbestrahlung festzustellen. Bild 13: Mittlere Punktlastfestigkeit und Streuung für verschiedene Bestrahlungszeiten und Wassergehalte Eibelstädter Muschelkalk In Bild 15 sind die einaxialen Druckfestigkeiten in Abhängigkeit von der Bestrahlungsdauer dargestellt. Hier zeigte sich, dass es nach einer Bestrahlungsdauer von 60 s zu keiner signifikanten Änderung der Druckfestigkeit kommt. Bei einer längeren Bestrahlungsdauer ist eine Zunahme der Druckfestigkeit messbar. Nach einer Bestrahlungszeit von 255 s ist eine Reduktion der Druckfestigkeit in geringeren Maße erkennbar. In einen darauffolgenden Versuch zerbrach der Probenkörper nach einer Bestrahlungsdauer von 390 s. Bild 14: Beispiel Bruchbild Probekörper Tittlinger Granit Weitere Versuche mit dem Tittlinger Granit werden zurzeit durchgeführt. Bild 15: Einaxiale Druckfestigkeit für verschiedene Bestrahlungszeiten Tittlinger Granit 4.4 Vergleich der Versuchsergebnisse Beim Vergleich der Ergebnisse der Versuche mit dem Odenwälder Buntsandstein und dem Eibelstädter Muschelkalk zeigen sich deutliche Unterschiede (s. Bild 16). Während beim Odenwälder Buntsandstein nach einer Bestrahlungsdauer von 30 s eine deutliche Reduktion der Druckfestigkeit erfolgt, steigt bei längeren Bestrahlungsdauern die Druckfestigkeit an. Erst ab einer Bestrahlungsdauer von 210 s reduziert sich die Druckfestigkeit merklich. Dagegen kommt es beim Eibelstädter Muschelkalk kontinuierlich mit zunehmender Bestrahlungsdauer zu einer Reduktion der Druckfestigkeit, die nach einer Bestrahlungsdauer von 60 s auf einem Niveau stagniert. Beim Vergleich der Ergebnisse zwischen den 336 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Untersuchungen zum Einfluss der Mikrowellenbestrahlung auf die Änderung der Festigkeitseigenschaften von unterschiedlichen Gesteinsarten Versuchsergebnissen des Odenwälder Buntsandstein mit denen des Tittlinger Granit (s. Bild 15) ist eine ähnliche Tendenz in der Entwicklung der Druckfestigkeiten in Abhängigkeit von der Bestrahlungsdauer zu erkennen. Bild 16: Vergleich Odenwälder Buntsandstein / Eibelstädter Muschelkalk Mittlere Punktlastfestigkeit für verschiedene Bestrahlungszeiten „feuchte“ Proben Tab. 1: Quarzanteil der einzelnen Gesteinsarten Gesteinsart Quarzanteil Quelle Odenwälder Buntsandstein 63,9 % [13] Eibelstädter Muschelkalk 3,18 % [14] Tittlinger Granit 23,8 % [15] Bei der Betrachtung des Quarzanteils der einzelnen Gesteinsarten (s. Tabelle 1) fällt auf, dass der Eibelstädter Muschelkalk nur einen sehr geringen Quarzanteil im Gegensatz zum Odenwälder Buntsandstein bzw. Tittlinger Granit aufweist. Danach scheint ein hoher Quarzgehalt im Gestein dazu zu führen, dass sich nach einer Bestrahlungsdauer, die länger als 30 s bzw. 60 s ist, die Druckfestigkeit des Gesteins vergrößern. Erst nach längeren Bestrahlungszeiten ergeben sich dann geringere Druckfestigkeiten im Gestein. 5. Zusammenfassung und Ausblick Die durchgeführten Versuche am Odenwälder Buntsandstein und Eibelstädter Muschelkalk zeigen deutlich, dass die Druckfestigkeit abhängig vom Wassergehalt und von der Bestrahlungszeit durch die Mikrowellen ist. Dabei hat die Bestrahlungszeit den maßgebenden Einfluss. Wieso beim Tittlinger Granit dieses Phänomen bei den bisherigen Versuchen nicht klar erkennbar ist, ist Inhalt weiterer Untersuchungen. Ein Grund hierfür kann das Gefüge sowie der Quarzgehalt der Gesteine sein. Bei den Versuchen am Eibelstädter Muschelkalk ist eine lineare Abhängigkeit der Oberflächentemperatur im Bereich des Probenkerns von der Bestrahlungszeit festzustellen. Die hier vorgestellten Ergebnisse zeigen jedoch auf, dass noch weitere Untersuchungen erforderlich sind. Hierbei sollen weitere Randbedingungen (z. B. weitere Gesteinsarten, längere Bestrahlungsdauern, höhere Bestrahlungsleistungen) analysiert sowie weitere Parameter (z. B. Porosität, Ultraschallgeschwindigkeit) untersucht werden. Literatur [1] Hartlieb, P.; Moser, P.: Mikrowellen zum Lösen von Festgestein, BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte 156 (10), 2011, S. 390-393. [2] Satish, H.; Ouellet, J.; Raghavan, V. G. S.; Radziszewski, P.: Investigating microwave assisted rock breakage for possible space mining applications, Maney Publishing IOM Communications Ltd and the Australasian Institution of Mining and Metallurgy, Section A: Mining Technology, Vol. 115, 2006, S. 34-40. [3] Hartlieb, P.; Leindl, M.; Kuchar, F.; Antretter, T.; Moser, P.: Damage of basalt induced by microwave irradiation, Minerals Engineering, Vol. 31, 2012, S. 82-89. [4] Hassani, F.; Nekoovaght, P. M.; Gharib, N.: The influence of microwave irradiation on rocks for microwave-assisted underground excavation, Journal of Rock Mechanics and Geotechnical Engineering, 2015, S. 1-15. [5] Hartlieb, P.; Grafe, B.: Experimental Study on Micro-wave Assisted Hard Rock Cutting of Granite, BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte, Vol. 162 (2), 2017, S. 77-81. [6] Hartlieb, P.; Grafe, B.; Shepel, T.; Malovyk, A.; Akbari, B.: Experimental study on artificially induced crack patterns and their consequences on mechanical excavation processes, International Journal of Rock Mechanics and Mining Sciences, Vol. 100, 2017, S. 160-169. [7] Shepel, T.; Grafe, B.; Hartlieb, P.; Drebenstedt, C.; Malovyk, A.: Evaluation of cutting forces in granite treated with microwaves on the basis of multiple linear regression analysis, International Journal of Rock Mechanics and Mining Sciences, Vol. 107, 2018, S. 69-74. [8] Nicco, M.; Holley, E. A.; Hartlieb, P.; Kaunda, R.; Nelson, P. 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[11] Mutschler, T.: Einaxiale Druckversuche an zylindrischen Gesteinsprüfkörpern, Neufassung der Empfehlung Nr. 1 des Arbeitskreises „Versuchstechnik Fels“ der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e. V., Bautechnik (81) 2004, Heft 10, S. 825-824. [12] Brook, N.: The equivalent core diameter method of size and shape correction in point load testing, International Journal of Rock Mechanics and Mining Sciences & Geomechanics Abstracts, Vol. 22, Issue 2, 1985, S. 61-70. [13] Ludwig, F.: Regional variation of chemical groundwater composition in Hessen, Germany, and its relation to the aquifer geology, Dissertati-on, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, 2011. [14] TÜV LGA Bautechnik GmbH: Prüfbericht Petrographische Untersuchung eines Natursteins, Eibelstädter Muschelkalk, 18.07.2007. [15] Troll, G.: Das Intrusivgebiet von Fürstenstein (Bayerischer Wald). - Geologica Bavarica 52, 1964.