eJournals Kolloquium Bauen in Boden und Fels 13/1

Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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expert verlag Tübingen
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2022
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Parametrisierung und Attribuierung von BIM-Fachmodellen für Aufgabenstellungen aus dem Bereich der Geotechnik und des Tunnelbaus

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2022
Jürgen Schmitt
Claudio Cortese
Joachim Michael
Simon Meißner
Im Rahmen des Beitrages wird aufgezeigt, inwiefern es mit dem Stand der Technik und der Softwareentwicklung aktuell möglich ist, die Modellierung von Baugrund und die Schnittstellen zwischen den konstruktiv-statischen Randbedingungen eines Tunnelbauwerks und den geotechnisch-tunnelbautechnischen Parametern und Attributen zu bedienen. Hierbei wird ein besonderes Augenmerk auf die Grundlagen der Datenaustauschformate gelegt, da diese die Grundvoraussetzung für die Durchsichtigkeit und Durchgängigkeit der digitalen Daten während des BIM-Prozesses darstellen.
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13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 351 Parametrisierung und Attribuierung von BIM-Fachmodellen für Aufgabenstellungen aus dem Bereich der Geotechnik und des Tunnelbaus Prof. Dr.-Ing. Jürgen Schmitt Hochschule für angewandte Wissenschaften Darmstadt Claudio Cortese M.Eng. Prof. Quick und Kollegen - Ingenieure und Geologen GmbH Dr. rer. nat. Joachim Michael Prof. Quick und Kollegen - Ingenieure und Geologen GmbH Dr.-Ing. Simon Meißner Prof. Quick und Kollegen - Ingenieure und Geologen GmbH Zusammenfassung Im Rahmen des Beitrages wird aufgezeigt, inwiefern es mit dem Stand der Technik und der Softwareentwicklung aktuell möglich ist, die Modellierung von Baugrund und die Schnittstellen zwischen den konstruktiv-statischen Randbedingungen eines Tunnelbauwerks und den geotechnisch-tunnelbautechnischen Parametern und Attributen zu bedienen. Hierbei wird ein besonderes Augenmerk auf die Grundlagen der Datenaustauschformate gelegt, da diese die Grundvoraussetzung für die Durchsichtigkeit und Durchgängigkeit der digitalen Daten während des BIM-Prozesses darstellen. 1. Einführung Building Information Modeling, (BIM) ist ein modellbasierter Prozess, in dem zunächst die Planung, die Ausführung eines Bauvorhabens und dessen Betrieb optimiert werden sollen. Hierzu werden in einem digitalen Gesamtmodell die verschiedensten Teil- und Fachmodelle mit speziellen BIM-Softwarelösungen integrativ bearbeitet. Im Hochbau wird die BIM-Methode schon angewendet, wohingegen die Herausforderungen für die Anwendung der BIM-Methode im Tiefbau/ Untertagebau noch bewältigt werden müssen. Im Rahmen des vorliegenden Beitrages soll aufgezeigt werden, inwieweit es mit dem Stand der Technik und der Softwareentwicklung aktuell möglich ist, die Modellierung von Baugrund und die Schnittstellen zwischen den konstruktiv-statischen Randbedingungen des Tunnelbauwerks und den geotechnisch-tunnel-bautechnischen Parametern und Attributen zu bedienen. Hierbei wird ein besonderes Augenmerk auf die Grundlagen der Datenaustauschformate gelegt, da diese die Grundvoraussetzung für die Durchsichtigkeit und Durchgängigkeit der digitalen Daten während des BIM-Prozesses darstellen. Anhand einer nach der klassischen Planungsmethode durchgeführten Erkundung für ein Tunnelbauwerk und dem daraus abgeleiteten Geotechnischen Gutachten wurde in einer Studie versucht, mit aktuell verfügbaren Softwarelösungen ein Baugrundmodell mit allen nötigen geotechnisch-tunnelbautechnischen Parametern und Attributen zu erzeugen. 2. Mehrdimensionale Planung von 2D bis xD Mit der BIM-Methode werden neue Planungsdimensionen in die bereits heute schon verwendeten 2D- und 3D-Planungen eingeführt. Ein zur heutigen Zeit schon übliches 3D-Modell einer Gebäudeplanung wird um die Faktoren Termine und Kosten erweitert. Bei der Implementierung von Terminen in ein vorhandenes 3D-Modell wird dies als 4D-Modell bezeichnet. Bei der Berücksichtigung von Terminen und Kosten handelt es sich um ein 5D-Modell. Ein BIM-Modell entsteht allerdings nicht nur durch die Implementierung von Dimensionen. Ein weitaus wichtigerer Schritt erfolgt bereits bei der Erstellung des 3D- Modells. Ziel ist es, ein Gesamtmodell (GM) zu entwickeln, welches aus verschiedenen Fachmodellen (FM) 352 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Parametrisierung und Attribuierung von BIM-Fachmodellen für Aufgabenstellungen aus dem Bereich der Geotechnik und des Tunnelbaus und diese wiederum aus verschiedenen Teilmodellen (TM) besteht. Das Gesamtmodell enthält dann alle relevanten Sachdaten, welche aus Parametern, Attributen und Relationen bestehen. Parameter beinhalten in erster Linie die geometrischen Eigenschaften jedes einzelnen Fachobjekts (FO). Attribute beschreiben alle Eigenschaften eines Fachobjekts. Diese können z. B. Materialeigenschaften (Betongüte, Expositionsklassen, Stahlgüte usw.), Bodenkennwerte, Herstellerangaben, Einbauhinweise etc. enthalten. Relationen beschreiben Beziehungen zwischen den einzelnen FO und ebenso die Bezüge zwischen den einzelnen FM, welche voneinander gegenseitig abhängig sein können. Die Relationen zwischen den FM bildet ausschließlich nur das GM ab. 3. Modellstruktur Für die Umsetzung eines Tunnelbauprojektes mit der BIM-Methode ist die Grundlagenermittlung in Form einer digitalen Aufbereitung der bei der Erkundung gesammelten Daten von großer Bedeutung. Die Herausforderung besteht darin, eine Modellstruktur für den Baugrund zu entwickeln und normativ und in offenen und neutralen Datenaustauschformaten zu etablieren. Dies ist obligatorisch, um die digitalen Daten kompatibel für die Nutzung in einem BIM-Modell, z. B. für den Tunnelbau zu machen. Dazu wird das Gesamtmodell in Fach- und Teilmodelle unterteilt. Für ein BIM-Modell Geotechnik ist es gemäß [1] sinnvoll, das Baugrund-Fachmodell in folgende Teilmodelle zu unterteilen: • Digitales Geländemodell (DGM) • Bodenschichtenmodell/ Homogenbereichsmodell/ Bohrprofile • Grundwasserstandsmodelle • Kampfmittelverdachtsmodell (ggf. auch eigenes Fachmodell) • Modell mit Altlastenverdachtsflächen • Modell für im Baugrund befindliche Bauteile/ bekannte Hindernisse 4. Modellgranularität Die Modellgranularität [2] beschreibt in verschiedenen Entwicklungsstufen für geometrische und semantische Informationen im BIM-Modell den Reifegrad der Planungsbzw. Entwicklungsstufe. Dazu haben sich die internationalen Begriffe Level of Geometry (LoG), Level of Information (LoI), Level of Detail (LoD) und Level of Development (LOD) etabliert. Im Hochbau werden LOD mit fünf Stufen von 100 bis 500 angewendet. 4.1 Modellgranularität LoX Baugrund Für den Baugrund liegen derzeit keine Empfehlungen für die Festlegung der Fertigstellungsgrade mit den Granularitäten LoG, LoI, LoD und LOD, wie im nachfolgenden Abschnitt für den Tunnelbau seitens [2] dargestellt, vor. Für das BIM-Baugrundmodell lassen sich die etablierten Modellgranularitäten aus dem Hochbau ebenfalls nicht direkt adaptieren. Entsprechend [5] hat man es in der Geotechnik mit einer „verhältnismäßig großen Unschärfe“ zu tun. Am Beispiel der LOD-Definition im Hochbau lässt sich erkennen, dass diese sich stark nach den Planungsphasen orientieren. Für das BIM-Baugrundmodell lässt sich diese nicht zu leicht anwenden. In [5] wird ein LOD geo vorgestellt, das eine Aussage über den Detaillierungsgrad des BIM-Baugrund-modells anhand der Anzahl der vorhandenen Aufschlüsse und Archivbohrungen in einem bestimmten Raster beschreibt. Es bleibt weiterhin fraglich, ob und wie die aus dem Hochbau bekannten Modellgranularitäten für ein BIM- Baugrundmodell angewendet werden können oder ob für ein BIM-Baugrundmodell oder auch „Bestandsmodell“, vereinfacht von einem LOD 100 ausgegangen werden kann. 4.2 Modellgranularität LoX Tunnelbau Für den Untertagebau hat der DAUB-Arbeitskreis Empfehlungen [2] und [3] für die Festlegung der Fertigstellungsgrade mit den Granularitäten LoG, LoI, LoD und LOD vorgelegt. Der Detaillierungsgrad der Parametrisierung, sprich der geometrischen Informationen der Bauteile eines BIM- Modells, wird gemäß der Empfehlung des DAUB-Arbeitskreises mit dem Level of Geometry (LoG) beschrieben. Speziell für den Untertagebau werden in der DAUB- Empfehlung LoG’s für „konventionelle Ausbruchs- und Sicherungsmethoden“ sowie für „Vortriebe mit maschinellem Vollausbruch und Sicherung mittels Tübbingen“ angegeben. Der Detaillierungsgrad wird in vier Hauptstufen von 100 bis 400 unterteilt. Diese beziehen sich auf die relevanten Methoden im Untertagebau wie Ausbruch, Ausbruchsicherung (Außenschale und weitere Sicherungsmittel), Abdichtung, Innenschale und Innenausbau. Es ist in der Projektkonzeptionierung in den Auftraggeber Informationsanforderungen (AIA) und dem BIM -Abwicklungsplan (BAP), festzulegen, welche Anwendungsfälle in bestimmten Projektphasen welchem LoG entsprechen. Der DAUB-Arbeitskreis gibt in der Anlage 1 „Vor-schlag zur Verwendung eines „Level of Geometrie“ (LoG) im konventionellen Tunnelbau“ sowie in der Anlage 2 „Vorschlag zur Verwendung eines „Level of Geometrie“ (LoG) im maschinellen Tunnelbau“ Hilfestellungen zur Festlegung der Detaillierungsgrade in den einzelnen 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 353 Parametrisierung und Attribuierung von BIM-Fachmodellen für Aufgabenstellungen aus dem Bereich der Geotechnik und des Tunnelbaus LoG-Stufen. Diese sind laut DAUB-Arbeitskreis als Empfehlungen zu betrachten, nicht als Richtlinie. Bild 1 zeigt ein Beispiel für ein LoG 400 für eine Tübbingsicherung. Das Level of Information (LoI) beschreibt den Detailierungsgrad der Attribuierung eines Bauteils im BIM-Modell. Neben semantischen Informationen zum jeweiligen Bauteil ist die Hinterlegung einer eindeutigen Kennung des Fachobjekts in Form eines GUID (Globally Unique Identifier) oder eines Simulationscodes von Nöten, der einzigartig für jedes Fachobjekt im BIM-Modell generiert wird. Bild 1: Beispiel LoG 400 Tübbingsicherung/ Bewehrung [4] Mit dem Level of Detail (LoD) wird gemäß [2] die Zusammenführung des LoG und LoI beschrieben. Hier wird zum Hochbau keine neue Definition vorgenommen, da der ursprüngliche Gebrauch des LoG aus dem Hochbau auf den Untertagebau übertragen werden kann. In der Stufe des LoD wird nach [2] die Zuordnung der Attribute (LoI) und des geometrischen Detaillierungsgrades (LoG) mit Bezug auf den verfolgten Anwendungsfall je Bauteil in der Modellierungsrichtlinie dokumentiert. Im Gegensatz zum Hochbau wird hier allerdings auf die Verwendung einer LoD 500 (as built) verzichtet, da sich der Reifegrad im Level of Development (LOD) beschreiben lässt. Das Level of Development (LOD) beschreibt den Reifegrad eines BIM-Modells. Die LODs werden in den AIA und im BAP festgehalten und vereinbart. Schon in der Projektkonzeptionierung wird eine Lebenszyklusbetrachtung des Bauwerks durchgeführt und damit die Anforderungen an einzelne Projektphasen definiert. Im Level of Development ist es unter anderem denkbar Betrachtungen zu der Trassenwahl, den Abtransport von Ausbruchmaterial und Kollisionen mit Bestands-bauwerken zu verwirklichen. Der DAUB-Arbeitskreis schlägt in [2] folgenden Modelle für einen fortgeschrittenen Planungsstand vor: • Konzeptmodell (Übersichten vor der Ausführung) • Ausführungsmodell (Reifegrad zur 2D-Planableitung) • Produktionsmodell (Einarbeitung der tatsächlich ausgeführten Leistungen wie z. B. Geologie und Vortriebsklassen) • „As built“ Modell (Modell zur Übergabe an den Betrieb, ab dann Bestands- oder Betreibermodel) 5. Stand der Technik und Datenaustauschformate Für die praktische Umsetzung der BIM-Methode müssen Werkzeuge in Form von Software-Lösungen entwickelt und angewendet werden. Für den Hochbau gibt es bereits hochwertige und benutzerfreundliche Software-Lösungen, die ein integratives Arbeiten im BIM-Raum ermöglichen. Neben dem vorhandenen Software-Angebot ist insbesondere der softwareübergreifende Datenaustausch von besonderer Bedeutung. Es fehlt noch an durchgängigen Standards, um interdisziplinär und softwareübergreifend Daten zwischen den verschiedenen Fachplanern auszutauschen. Nach dem BIM-Leitfaden für Deutschland [6] soll sich mit der Einführung der BIM-Methode für die Planung und das Bauen von Bauwerken der Open- BIM Standard etablieren. Im Hochbau setzt sich mehr und mehr das sogenannte Industry Foundation Classes (IFC) Format durch. Der Verein buildingSMART e.V. fördert offene Schnittstellen für die BIM-Methode und unternimmt große Anstrengungen, um Standards und Lösungen für technische Aufgabenstellungen zu finden und zu etablieren. 354 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Parametrisierung und Attribuierung von BIM-Fachmodellen für Aufgabenstellungen aus dem Bereich der Geotechnik und des Tunnelbaus 5.1 Open BIM-Standard Der Open BIM-Standard beschreibt offene und neutrale Schnittstellen für einen effektiven und transparenten Datenaustausch zwischen allen Projektbeteiligten eines mit der BIM-Methode geplanten Projektes. In Deutschland besteht die Bestrebung, dass die Daten-austauschformate nicht als Mittel zum Erlangen einer Monopolstellung eines Softwareherstellers instrumentalisiert werden. Es gibt bereits einige proprietäre Datenaustauschformate, die für bestimmte Fachanwendungen auch ihre Daseinsberechtigung haben [7]. Für Projekte der öffentlichen Hand im Infrastrukturbereich fordert der Stufenplan des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) [8] eine Umsetzung der mit der BIM-Methode geplanten Projekte mit dem Open BIM-Standard seit dem Jahr 2020. Da sich, wie oben erwähnt, einige proprietäre Datenaustauschformate bereits etabliert haben, können für die Lieferung von digitalen Daten an den Auftraggeber, neben den Daten im Open BIM-Standard, weitere Datenpakete in Form von proprietären Datenaustauschformaten als Zusatz übergeben werden. Die Lieferung der digitalen Daten muss aber nach dem Stufenplan des BMVI ganzheitlich mit dem Open BIM-Standard erfolgen, da sich durch den Einsatz von proprietären Datenaustauschformaten eine zu starke Bindung an bestimmte Softwarehersteller entwickelt, welche zu dem sogenannten Lock-In-Effekt führt [7]. Dies verhindert den Zwang, dass öffentliche Auftraggeber die Benutzung von bestimmten Softwareprodukten, eventuell sogar schon in den AIA, vorschreiben müssten. Dies würde wiederum zu einer Beeinflussung der allgemeinen Wettbewerbsbedingungen führen und würde den öffentlichen Auftraggeber in eine unerwünschte Bindung an die, meist international agierenden, Softwarehersteller zwingen [6]. Ein weiterer Vorteil der Open BIM-Methode entspringt der Tatsache, dass, gerade Infrastrukturprojekte, oft Jahrzehnte in der Planung und Ausführung benötigen und Nutzungsdauern von bis zu 100 Jahren haben. Bei einer Langzeitspeicherung der von den AN über-gebenen digitalen Daten kann nicht garantiert werden, dass ein proprietäres Datenaustauschformat über die Jahre weiterentwickelt und gepflegt wird. Die Benutzung des Open BIM-Standards verhindert einen Verlust von digitalen Daten, da die offenen Datenaus-tauschformate Softwarehersteller unabhängig weiter-entwickelt werden können. Herausforderungen bei der Implementierung des Open BIM-Standards ist die Programmierung von fehlerfreien Schnittstellen, welche frühzeitig getestet werden müssen und zu exportierende Daten so ausgeben, dass die importierende Seite diese auch mit allen exportierten Daten wieder einlesen kann. Um die komplexen digitalen BIM- Daten fehlerfrei zu ex- und importieren, ist weiterhin eine manuelle Konfiguration des Ex- und Imports durch den Benutzer durchzuführen [6]. 5.2 IFC - Industry Foundation Classes Die IFC Spezifikation ist ein offenes, genormtes Datenaustauschformat, in dem ein BIM-Modell mit allen Fachobjekten und deren Sachdaten (Parameter, Attribute und Relationen) in einem vorgegebenen Datenschema softwareübergreifend ausgetauscht werden kann. Seit der Veröffentlichung des IFC4-Standards im Jahre 2013 wurde dieser in weiteren Versionen fortgeschrieben [6]. Die Organisation buildingSMART International, in Deutschland als buildingSMART e. V. tätig, entwickelt ihre IFC-Austauschformate [9] stetig weiter und ist bemüht, ein offenes und neutrales IFC-Datenaus-tauschformat auch für andere Fachbereiche zu etablieren. Dazu zählen, die sich in Entwicklung befindlichen IFC-Bridge, IFC-Road, IFC-Rail und IFC-Tunnel für den Infrastrukturbereich. Für die o. g. Datenaustauschformate werden, in Zusammenarbeit mit verschiedenen Ländern, Universitäten und Unternehmen, welche sich für die Entwicklung der BIM- Methode einsetzen, die IFC-Formate unter Berücksichtigung der Anforderungen für die einzelnen Fachbereiche fortgeschrieben. Speziell für das Datenaustauschformat IFC-Tunnel werden und wurden an deutschen Universitäten zwei Forschungsprojekte vorangetrieben. Dies beschäftigen sich vor allem für die Definitionen für den Tunnelbau, für die Tunnelbaumaschinen und für die Detaillierungsgrade für BIM-Tunnelmodelle [10]. 5.3 Weitere Datenaustauschformate Neben dem IFC gibt es noch weitere proprietäre und offene Datenaustauschformaten, die sich bereits etabliert haben: • CityGML (City Geographic Markup Language) • gbXML (Green Building Extensible Markup Language) • COBie (Construction Operations Building information exchange) • XML (Extensible Markup Language) • OKSTRA (Objektkatalog für das Straßen- und Verkehrswesen) 5.4 Common Data Environment - CDE Die Common Data Environment (CDE) ist eine cloudbasierte Dateiumgebung, auf die alle Projektbeteiligten innerhalb eines mit der BIM-Methode geplanten Projektes Zugriff haben. In dieser Datenumgebung werden sämtliche Projektinformationen im Sinn der Single Source of Truth (SSOT) abgelegt und zentral verwaltet. Um einen möglichst neutralen und offenen Zugriff auf 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 355 Parametrisierung und Attribuierung von BIM-Fachmodellen für Aufgabenstellungen aus dem Bereich der Geotechnik und des Tunnelbaus die digitalen Daten des BIM-Projektes zu haben, wird die CDE oft mit der Möglichkeit des webbasierten Zugriffs auf die Projektdateien versehen. Dies ermöglicht es den Projektbeteiligten softwareunabhängig mindestens die Betrachtung der Projektdateien [11]. Die CDE basiert auf dem Prinzip des SSOT. Dieses besagt, dass alle Projektbeteiligten immer Zugriff auf die aktuellen Projektdaten haben und somit auch mit diesen aktuellen digitalen Daten arbeiten können. Es wird jedoch meist noch zwischen einer CDE für alle Projektbeteiligten und der für den Fachplaner selbst unterschieden. Denn es wird nicht jeder Planungs- und Bearbeitungsstand sofort mit allen Beteiligten geteilt. Erst mit einem definierten Reifegrad und erfolgter Qualitätssicherung werden die Daten zentral für alle verbindlich veröffentlicht [11]. 6. Modellierung des Baugrunds Für die Modellierung des Baugrundes im Rahmen der Projektstudie wurden zum einen die Software HoleBase SI Standard von Bentley (ehemals Keynetix) für die Erstellung einer Bohrdatenbank und zum anderen die Software Autodesk Civil 3D von Autodesk für die Erstellung des Baugrundmodells verwendet. Auf Erfahrungen in der Modellierung des Baugrunds mit anderer Software (z. B. Leapfrog Works) soll in einem zukünftigen Beitrag eingegangen werden. 6.1 Bohrdatenbank HoleBase SI Ein Großteil der Daten lag ausschließlich im Papierformat bzw. PDF-Format vor. Die Schichtenverzeichnisse lagen zusätzlich im proprietären bop-Format vor, welches das Dateiformat des Programms iDat WinBohr ist. Zunächst erfolgten eine Auswahl und Zusammenstellung von spezifischen Aufschlüssen im Tunnelbereich. Diese Auswahl wurde in einer Excel-Datei zusammengefasst und mit folgenden später in HoleBase SI zu hinterlegenden Parametern versehen: • Location ID - Eindeutiger Name der Bohrung • Easting [m] nach Gauß-Krüger Zone 3 • Northing [m] nach Gauß-Krüger Zone 3 • Ground Level [m] - Höhe über NN • Final Depth [m] - Bohrmeter je Ansatzpunkt • Trassierungskilometer [km] Neben den Parametern, den geometrischen Sachdaten, wurden auch Attribute in HoleBase SI hinterlegt. Hier ist zu beachten, dass speziell für das Erstellen von geologischen Objekten im BIM-Projekt, die Attribute teilweise abhängig von Parametern sind. Attribute stehen also in Relation zu Parametern in einem BIM-Objekt „Bohrprofil“. Diese Tatsache bezieht sich insbesondere auf die Lithologien sowie die Bodeneigenschaften, welche in Relation zum Parameter Bohrmeter stehen. Die Attribute der Bohrprofile aus den vorliegenden Schichtenverzeichnissen im PDF-Format wurden übernommen und händisch in HoleBase SI eingetragen. Hierzu zählen insbesondere die Bodenansprache inklusive Langtext-Beschreibung. HoleBase SI arbeitet mit einer verknüpften SQL-Datenbank. Da in diesem konkreten Fall keine CDE vorhanden war, wurden die Daten der Bohrdatenbank in einer lokalen SQL-Umgebung gespeichert. HoleBase SI wurde für den britischen Raum entwickelt und enthält bereits Anpassungen, v. a. für den amerikanischen Raum. Aus diesem Grund bedarf es einiger Voreinstellungen, um das Programm für den deutschen Raum nutzen zu können. Da es in HoleBase SI auch möglich ist, die Ergebnisse von Laborversuchen zu hinterlegen, können hier auch die Daten von Laboren, mit denen im Laufe des Projektes zusammengearbeitet wird, hinterlegt werden. Dies dient der Zuordnung der Laborergebnisse zum jeweiligen ausführenden Labor. Für die Eingabe der Bohrloch-Daten wurde das Profil Borehole Log verwendet. Hier können in acht Schritten folgende Daten hinterlegt werden: • Locations • Drilling Details • Wells and Water Strikes • Samples • Results - Insitu • Results - Environmental • Geology Im ersten Schritt Locations werden die Parameter für jede Bohrung festgelegt. Dazu zählen insbesondere eine eindeutige Location ID, Location Type, Final Depth [m], Ground Level [m], Northing [m], Easting [m]. Des Weiteren ist es möglich, ein Datum für den Beginn der Durchführung der Bohrung sowie der Beendigung der Bohrarbeiten zu hinterlegen. Somit ist eine eindeutige Identifizierung jeder Bohrung im BIM-Prozess möglich. Im zweiten Schritt Drilling Details können Informationen zum Bohrverfahren und zur Lage der Bohrung im Raum eingegeben werden. Dies ist für Bohrungen von Vorteil, welche nicht senkrecht abgeteuft werden, sondern aus geologischen Gründen, wie z. B. der räumlichen Lage des Trennflächengefüges oder Störungen, angezeigt sind. Des Weiteren können theoretisch Korrekturen für ursprünglich senkrecht geplante Bohrungen im Hinblick auf Abweichungen zur Soll-Lage der Bohrung vorgenommen werden. Im dritten Schritt Wells and Water Strikes können Informationen zum optionalen Ausbau zur Grundwassermessstelle gemacht werden. Dazu zählen z. B. Daten wie der Durchmesser des Standrohrs, das Datum des Ausbaus und zur Verfüllung des Hohlraums zwischen Bohrloch und Standrohr. 356 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Parametrisierung und Attribuierung von BIM-Fachmodellen für Aufgabenstellungen aus dem Bereich der Geotechnik und des Tunnelbaus Im vierten Schritt, ebenfalls Wells and Water Strikes, können Angaben zu angetroffenem Grundwasser gemacht werden. Im fünften Schritt Samples werden Informationen zu entnommenen Proben hinterlegt. Hier besteht die Möglichkeit jeder Probe eine eindeutige ID zuzuweisen und die Art der Probenentnahme zu definieren. Des Weiteren können Angaben zur Tiefenlage (Depth Top [m] und Depth Base [m]) und der Schlagzahl (Blows) gemacht werden. Im sechsten Schritt Results - Insitu werden die Ergebnisse der möglicherweise durchgeführten in situ-Ver-suche eingepflegt. Im siebten Schritt Results - Environmental können mit der aktuellen Voreinstellung Umweltbelastungswerte wie Ergebnisse zum FID (Flammenionisations-detektor)- und PID (Photoionisationsdetektor)-Versuch eingetragen werden. Hier wäre zu prüfen, ob stattdessen die Eingabe umweltgeotechnischer Laborergebnisse, wie z. B. Zuordnungsklassen nach LAGA, ebenfalls eingepflegt werden können. Für die spätere Modellierung eines BIM-Baugrund-modells von großer Bedeutung ist der achte Schritt Geology. Hier können die geologischen Daten aus der Bohrkernaufnahme mit Hilfe von Schichtgrenzen sowie der Lithologie hinterlegt werden (s. Bild 2). Mit dem Legend Code ist es möglich, die Zeichen für Bodenarten nach DIN EN ISO 14688-1 bzw. DIN 4023 und DIN 21920 abzubilden (s. Bild 3). Die hier hinterlegten Legend Codes werden später für, in HoleBase SI automatisch erstellte, Schichtenverzeichnisse herangezogen. Des Weiteren kann bei der späteren Erstellung der Bohrprofile in einem BIM-fähigen CAD- Programm, wie AutoDesk Civil 3D, zwischen der Darstellung mit Legend Codes oder Geology Codes gewählt werden. Bild 2: HoleBASE SI - Eingabe der geologischen Daten Bild 3: HoleBase SI - Legend Codes Geology Codes spielen eine entscheidende Rolle bei der späteren Modellierung des Baugrundes. Diese, wie auch die Legend Codes, können in HoleBase SI individuell angelegt und editiert werden (s. Bild 4). Die Festlegung der Geology Codes muss zwingend von einem erfahrenen Geologen oder Geotechniker vorgenommen werden, der die Bodenansprache fachgerecht in idealisierten Bodenschichten zusammenfassen kann. Bild 4: HoleBase SI - Anlegen von Geology Codes Neben der beschriebenen händischen Eingabe der Daten besteht in HoleBase SI auch die Möglichkeit des Imports von Aufschlussdaten. HoleBase SI bietet die Möglichkeit des Imports folgender Dateiformate: • AGS-Dateien • Key Logbook • gINT • pLog Tablet • Geodasy • CSV Der Import, der hier am ehesten dem OpenBIM-Standard entspricht, ist derjenige mit Hilfe von kommagetrennten CSV-Dateien. Die in HoleBase SI eingegebenen oder importierten Datensätze mit Hilfe von kommagetrennten CSV- Dateien können exportiert werden. Alternativ ist es möglich, AGS-Formate in den Dateiversionen 3.1, 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 357 Parametrisierung und Attribuierung von BIM-Fachmodellen für Aufgabenstellungen aus dem Bereich der Geotechnik und des Tunnelbaus 4 und 4 NZ zu exportieren. Die so exportieren Daten können dementsprechend für die weitere Bearbeitung mit der BIM-Methode verwendet werden. Ein spezielles Tool von HoleBase SI ist die Erweiterung HoleBase CONNECT Civil 3D Extension zur Integration von HoleBase SI in AutoDesk Civil 3D, weshalb es sich anbietet, das Baugrundmodell mit diesem Programm zu entwickeln, da hier eine verlustfreie Weitergabe der Daten möglich ist. Neben der Ausgabe der Bohrdaten als CSV-Dateien, bietet HoleBase SI die Möglichkeit DIN-konforme Protokolle unter dem Mantel einer voreingestellten Dokumentenvorlage auszugeben. So können sehr schnell und einfach die in HoleBase SI hinterlegten Daten z. B. als Schichtenverzeichnisse ausgegeben werden, die mit den voreingestellten Dokumentenvorlagen (Templates) allerdings britischen Normen bzw. Standards entsprechen. Hier wäre eine Fortschreibung der Dokumentvorlagen nach europäischem Regelwerk und den jeweiligen nationalen Anhängen sinnvoll. 6.2 Baugrundmodell AutoDesk Civil 3D Das Baugrundmodell wurde mit dem BIM-fähigen CAD-Programm Civil 3D erstellt. Dieses ist speziell für Linienbauwerke geeignet und beinhaltet viele nützliche Tools für den Gleis- und Straßenbau sowie Funktionen zur Integration von verschiedenen geodätischen Informationen. Mit dem HoleBase CONNECT Civil 3D Tool wurden die in der Bohrdatenbank gespeicherten Informationen in die CAD-Software übertragen. Dazu wird über o. g. Tool eine direkte Verbindung zur SQL-Datenbank erzeugt, aus der die digitalen Daten der Bohrdatenbank ausgelesen werden konnten. Das Hauptaugenmerk bei der Verbindung und Übernahme der digitalen Daten aus der SQL-Datenbank liegt auf den Parametern, mit allen beinhalteten geometrischen Eigenschaften, sowie den Attribut-Informationen zu den lithologischen bzw. petrographischen Eigenschaften. Im Augenblick der Verbindung mit der SQL-Datenbank wird das gewünschte Projekt, welches vorher in Hole- Base SI Standard angelegt wurde, ausgewählt und die digitalen Daten der Bohrdatenbank werden automatisch in die CAD-Zeichnung eingefügt. Die Erkundungsergebnisse und die in HoleBase SI hinterlegte Bodenschichtung kann in der 3D-Ansicht betrachtet werden (s. Bild 5). Die Standardeinstellung sieht eine Darstellung der Bodenschichtung anhand der vorher in HoleBase SI definierten Geology Codes vor. Wahlweise kann unter der Einstellung Locations die Darstellung nach Legend Codes, BGS Lexicon, Boundary oder Geology Code 2 vorgenommen werden. Letzteres gewinnt vor allem bei der Notwendigkeit einer zweiten Interpretation einen großen Vorteil. So können in HoleBase SI weitere Geology Codes festgelegt werden und die Zusammenfassung von ähnlichen Schichten unterschiedlich und mehrfach interpretiert werden. Bild 5: Civil 3D - Auszug der 3D-Ansicht der importierten Bohrprofile Die Bohrprofile werden automatisch als Blöcke eingefügt. Die Bohransatzpunkte sind im 3D-CAD-Raum durch die in HoleBase SI definierten Koordinaten-Parameter (Easting, Northing) sowie durch das Ground Level bestimmt. Die richtige Farbdarstellung der Geology Codes muss über die Layer in Civil 3D eingestellt werden. HoleBase SI erzeugt automatisch Layer, für jede Schicht und weitere Zeichenelemente. Die durch HoleBase SI erstellten Layer sind durch das Kürzel KNX, welches vor jedem Layer-Namen steht, zu identifizieren. Insbesondere für die weitere Bearbeitung ist darauf zu achten, dass die Bohrprofile automatisch mit einer 5-fachen Überhöhung dargestellt werden. Dies ist vor allem dann zu berücksichtigten, sollten weitere, nicht von HoleBase SI erstellte, Elemente z. B. ein digitales Geländemodell (DGM) in die 3D-Zeichnung geladen werden. Über den HoleBase SI Location Manager in Civil 3D können die angezeigten und zu berücksichtigen Bohrprofile ausgewählt werden. Auf diese Art und Weise können z. B. Teilfachmodelle für einen Planungsabschnitt erstellt werden oder nicht aussagekräftige Bohrungen oder Archivbohrungen aus der Modellierung ausgeschlossen werden. Entsprechend der in HoleBase SI festgelegten Geology Codes besteht die Möglichkeit, mit dem HoleBase CON- NECT Civil 3D Tool die Schichtgrenzen zunächst automatisch zu generieren (s. Bild 6). 358 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Parametrisierung und Attribuierung von BIM-Fachmodellen für Aufgabenstellungen aus dem Bereich der Geotechnik und des Tunnelbaus Bild 6: Civil 3D - Ausschnitt der automatisch erzeugten Schichtgrenzen Wie in Bild 6 zu erkennen ist, erzeugt das HoleBase CONNECT Civil 3D Tool Schichtgrenzen mittels linearer Interpolation im 3D-Raum zwischen den vorhanden Bohrprofilen. Die Schichtgrenzen sowie eventuelle Linsen sind nachzubearbeiten und fachgerecht zu interpretieren. Als zusätzliche Schichtgrenze der obersten Bodenschicht wird im Modell das digitale Geländemodell (DGM) eingefügt. Die automatisch erzeugte obere Schichtgrenze entspricht nicht der tatsächlichen Geländeoberfläche. Für spätere direkte Volumenberechnungen aus dem 3D-Modell spielt dies eine entscheidende Rolle, da die Genauigkeiten der Volumenberechnungen dadurch erhöht werden kann. In Bild 7 ist das automatisch erzeugte Schichtenmodell mit dem DGM als oberste Schichtgrenze zu erkennen. Das digitale Geländemodell und die Bohrpunkte werden hier mit einer 5-fachen Überhöhung dargestellt. Dies erleichtert das visuelle Verständnis der Baugrund-situation sehr stark und ermöglicht eine präzise Interpretation. Bild 7: Civil 3D - Perspektive Bohrprofile inklusive DGM Die Anpassung und Interpretation des 3D-Baugrundmodells erfolgt über die Erstellung von Schnitten der Interpretation- und Profile-Tools. Hier können an beliebiger Stelle im 3D-Raum Schnitte gesetzt werden und neben dem eigentlichen 3D-Modell als 2D-Schnitt (s. Bild 8) angelegt werden. Die Schnitte stehen in Relation zum 3D-Modell und jegliche Veränderung im 3D- Modell wirkt sich direkt auf den 2D-Schnitt aus und umgekehrt. Bild 8: Civil 3D - 2D-Schnitt mit HoleBase CONNECT Civil 3D Tool Nach der Anpassung der Schichtgrenzen in Civil 3D ergibt sich man ein annäherndes 3D-Modell des Baugrundes (s. Bild 9). Bild 9: Civil 3D - 3D-Modell mit teilweise angepassten Schichtgrenzen Gleichzeitig mit der bereits verbesserten Darstellung des 3D-Schichtenmodells stößt man mit den verwendeten Programmen aber auch an die Grenzen des technisch Möglichen. Es fällt auf, dass die Schichtgrenzen nicht alle vollständig erkannt und vom HoleBase CONNECT Civil 3D Tool verarbeitet werden können. Eine freihändige Bearbeitung der Schichtgrenzen ist nur begrenzt möglich. Dies ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass die Aufschlüsse für das zugrunde liegende Projekt nicht als BIM-Projekt geplant war. Die Anzahl der Aufschlüsse reicht dementsprechend nicht aus, um ein aussagekräftiges 3D-Baugrundmodell zu modellieren, was in Bild 10 deutlich wird. Bild 10: Civil 3D: Draufsicht 3D-Baugrundmodell 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 359 Parametrisierung und Attribuierung von BIM-Fachmodellen für Aufgabenstellungen aus dem Bereich der Geotechnik und des Tunnelbaus 7. Fazit Wie zuvor aufgezeigt, ist es möglich, mit der Software HoleBase SI Standard die Ergebnisse einer Bohrkampagne in einer zentralisierten Datenbank zu speichern und zu verwalten. Die Idee hinter dem Programm folgt durchgängig der BIM-Methode und ermöglicht es, digitale Daten auch nach dem OpenBIM-Prinzip zu importieren und exportieren. Die offene Datenaus-tausch-Schnittstelle beschränkt sich hierbei auf das kommagetrennte CSV-Format. Dies hat den Vorteil, dass die Daten softwareunabhängig eingesehen und bearbeitet werden können, birgt jedoch auch den Nachteil, dass die Daten nur in einem durch das Programm vorgeschriebenen Format ein- und ausgelesen werden können. Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Kontrolle der Eingabedaten. Schichtenverzeichnisse werden vor Ort im Bohrkernlager oder in situ aufgenommen und handschriftlich erstellt. Es handelt sich nicht um maschinell erzeugte digitale Daten, wie z. B. von Vermessungsinstrumenten, die direkt mit dem Computer eingelesen werden können. Dies birgt eine gewisse Fehleranfälligkeit, da jeder Datensatz zu jedem Aufschluss nach der Bohrkernaufnahme noch einmal händisch digitalisiert werden muss. Erfolgt dies nicht umgehend in einer BIM-fähigen Bohrdatenbank, wie HoleBase SI, sondern in einem in der Branche üblichen Schichtverzeichnis-Programm, wie iDat WinBohr bzw. WinSchi, müssen die Daten noch einmal händisch in die BIM-fähige Bohrdatenbank übertragen werden. Dies erhöht die Fehleranfälligkeit und widerspricht eigentlich dem BIM-Prinzip. Andererseits ist es in der Aufarbeitung der Daten aus der Baugrunderkundung üblich, dass die geotechnischen Ansprachen des Bohrguts vor Ort auf der Grundlage der weiteren direkten (Labor- und Feldversuche) und indirekten (z. B. geophysikalische Ergebnisse) im Rahmen der Erstellung eines Geotechnischen/ Tunnelbautechnischen Gutachtens nochmals bewertet werden müssen. Spätestens an dieser Stelle beginnt die BIM-konforme Aufbereitung der Daten. Das Ziel bei der Erstellung einer, dem BIM-Gedanken folgender, Bohrdatenbank muss es sein, die Daten so schnittstellenneutral wie möglich zu speichern und verwalten zu können. Dabei zeigt sich durch die oben genannten Erfahrungen, dass die Fehleranfälligkeit gesenkt werden kann, wenn die Daten so wenig wie möglich händisch bearbeitet werden müssen. Um zentralisierte Bohrdatenbanken nach der BIM-Methode pflegen zu können, wäre es weiterhin notwendig, dass die durch den Geologen/ Geotechniker ermittelten tunnelbautechnischen Kennwerte direkt in der digitalen Bohrdatenbank hinterlegt werden können. Diese müssten als Attribut in Relation zu den definierten idealisierten Bodenschichten bzw. Homogenbereichen definiert werden können. Betrachtet man den weiteren Projektverlauf im BIM-Prozess, könnten die zu den Parametern der Lithologie und Schichtgrenzen in Relation stehenden geotechnisch/ tunnelbautechnischen Attribute bei der Modellierung und bei der Verwendung des BIM-Baugrundmodells als Berechnungsgrundlage für das konstruktiv/ statische BIM-Tunnelmodell verwendet werden. Dies ist zum heutigen Zeitpunkt technisch noch nicht umsetzbar. Die betreffenden tunnelbautechnischen Attribute müssen händisch im BIM-Baugrundmodell hinterlegt werden bzw. vom Tragwerksplaner des Tunnels händisch aus dem Baugrundgutachten in das konstruktive Berechnungsprogramm übernommen werden. Die Tools zur Interpretation der Bodenschichtung im HoleBase CONNECT Civil 3D Tool sind grundlegend gut durchdacht, beschränken den Anwender aber auch bei verhältnismäßig kleiner Aufschlussdichte und geringer Komplexität der Bodenverhältnisse, wie im vorliegenden Fall. Hier bleibt zu betrachten, ob der Ansatz nach [5] eine Methode darstellt, infolge derer die Anordnung der geplanten Bohransatzpunkte zu einem aussagekräftigen BIM-Baugrundmodell führen kann. Die Möglichkeit mit den Civil 3D Standard-Werkzeugen Linien, Flächen und Volumenkörper zu erstellen, besteht natürlich weiterhin. So würde sich auch aus linienförmig angeordneten Aufschlüssen ein BIM-Baugrundmodell extrapolieren lassen. Dies entspricht dann aber nicht mehr dem BIM-Gedanken der offenen und neutralen Datendurchgängigkeit, da die so erzeugten Zeichenelemente nicht mehr in direkter Verknüpfung zu den in der Bohrdatenbank hinterlegten digitalen Daten stehen. Alternativ besteht die Möglichkeit auf Archivbohrungen zurückzugreifen. Diese lassen sich, bei einer gut gepflegten Datengrundlage, in den BIM-Prozess integrieren. Die Daten der Archivbohrungen können in der Bohrdatenbank digitalisiert werden und über das HoleBase Civil 3D Tool mit dem BIM-Baugrundmodell verknüpft werden. Da Archivbohrungen aber nicht immer vorliegen bzw. oft erst in großer Entfernung zu finden sind, ist dies auch keine verlässliche Herangehensweise, um die Modellränder eines BIM-Baugrundmodells zu erschließen. Weiterhin wäre es für die Zukunft wünschenswert, dass die Archivbohrungen in offenen und neutralen Datenaustauschformaten bei den Landesämtern vorliegen, um diese für neue und aktuelle Projekte nutzen zu können. Abschließend lässt sich zusammenfassend feststellen, dass mit den Programmen HoleBase SI, Civil 3D und dem HoleBase CONNECT Civil 3D Tool bereits eine Umsetzung eines BIM-Baugrundmodells unter den o. g. Einschränkungen möglich ist. Die Einführung der BIM-Methode in ein Unternehmen ist mit einem großen Zeit- und Kostenaufwand für Mitarbeiterschulungen und Lernprozesse sowie für die Programme selbst verbunden. Allein die Konfiguration von HoleBase SI mit allen Anpassungen auf die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens und auf die deutschen Normen und Standards bedarf einer nicht zu unterschätzenden Einarbeitungszeit. Hier sollte der Faktor Kosten-Nutzen berücksichtigt werden. Ebenso sind umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit der CAD-BIM-Software Auto- 360 13. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Februar 2022 Parametrisierung und Attribuierung von BIM-Fachmodellen für Aufgabenstellungen aus dem Bereich der Geotechnik und des Tunnelbaus Desk Civil 3D erforderlich. Auf lange Sicht wird sich die BIM-Methode durchsetzen, was nicht zuletzt z. B. durch den Stufenplan des BMVI bestätigt und gefordert wird. Es bedarf zur jetzigen Zeit an viel Pionierarbeit, die sich aber über die Jahre amortisieren und die Qualität, Offenheit und Durchsichtigkeit der Planung, Ausführung und des Betriebes verbessern wird. 8. Danksagung Die Autoren bedanken sich bei der Firma Bentley Systems für die zur Verfügungstellung der Software Hole- Base SI Standard. Literatur [1] Henke, S.; Ebers-Ernst, J.; Rust, M.; Schäferhoff, G.: Das BIM-Baugrundmodell im Kontext des BIM-Gesamtmodells - Testmodellerstellung unter Einbeziehung zahlreicher Fachgewerke, Kolloquium Digitalisierung in der Geotechnik, Bundesanstalt für Wasserbau, 23. Januar 2020, S. 23-29. [2] Deutscher Ausschuss für unterirdisches Bauen e.V. (DAUB)/ Arbeitskreis „BIM im Untertagebau: Digitales Planen, Bauen und Betreiben von Untertagebauten, BIM im Untertagebau, Stand Mai 2019. [3] Deutscher Ausschuss für unterirdisches Bauen e.V. (DAUB)/ Arbeitskreis „BIM im Untertagebau: Modellanforderungen - Teil 1 Objektdefinition, Codierung und Merkmale, Ergänzung zur DAUB- Empfehlung BIM im Untertagebau (2019), Stand November 2020. [4] Lu, C.: Entwicklung parametrisierter Bauteile zur Anwendung in BIM-Modellen im Bereich des Tunnelbaus, Masterarbeit, Hochschule für angewandte Wissenschaften Darmstadt, 2021, unveröffentlicht. [5] Prinz, I.: Digitale Baugrundmodelle: BIM in der Geotechnik, EI - Der Eisenbahningenieur, Heft 05- 2019, S. 22-27. [6] Egger, M.; Hausknecht, K.; Liebich, T.; Przybylo, J.: BIM-Leitfaden für Deutschland, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2013. [7] Borrmann, A., et al.: BIM4INFRA2020 Teil 8, Neutraler Datenaustausch im Überblick, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), April 2019. [8] planen-bauen 4.0 - Gesellschaft zur Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens mbH: Stufenplan Digitales Planen und Bauen, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), Dezember 2015. [9] buildingSMART international: IFC Specifications Database, buildingSMART international, Juni 2020. [10] König, M. et al.: Wissenschaftliche Begleitung der BMVI Pilotprojekte zur Anwendung von Building Information Modeling im Infrastrukturbau, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). [11] Oettinghaus, S.: BIM Collaboration - Digitale und interdisziplinäre Zusammenarbeit in openBIM Projekten, 43. Dresdner Wasserbaukolloquium 2020. Autoren: Prof. Dr.-Ing. Jürgen Schmitt Hochschule für angewandte Wissenschaften Darmstadt Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwesen Haardtring 100, 64295 Darmstadt E-Mail: juergen.schmitt@h-da.de Claudio Cortese M.Eng., Dr. rer. nat. Joachim Michael, Dr.-Ing. Simon Meißner Prof. Quick und Kollegen - Ingenieure und Geologen GmbH Groß-Gerauer Weg 1, 64295 Darmstadt E-Mail: office@quick-ig.de