Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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2510-7755
expert verlag Tübingen
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Geotechnische Herausforderungen beim Querverschub des 48.000 t schweren Ersatzneubaus der Neckartalquerung der BAB A6 bei Heilbronn
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Christian Moormann
Patrik Buhmann
Bodo Billig
Stefan Krieger
Mitte Januar 2022 wurde mit dem Querverschub des Überbaus der Vorlandbrücke des Neckartalübergangs bei Heilbronn eine zentrale Maßnahme des sechsstreifigen Ausbaus der Bundesbautobahn A6 zwischen der Ausfahrt Wiesloch/Rauenberg und dem Autobahnkreuz Weinsberg erfolgreich ausgeführt. Der Querverschub des 824 m langen und 48.640 t schweren nördlichen Teils der Autobahnbrücke um 21,74 m hat Technikgeschichte geschrieben, da es der bis dato weltweit größte Querverschub eines Brückenüberbaus war. Berichtet wird über die in diesem Kontext zu bewältigenden besonderen geotechnischen Herausforderungen. So musste für den Querverschub eine detaillierte Setzungsprognose erfolgen. Dabei war zu berücksichtigen, dass unter einigen der als Flachgründung ausgeführten Fundamenten unplanmäßig Auelehm verblieben war. Auf der Basis umfangreicher Nacherkundungen, Laborversuchen und dreidimensionaler numerischer Simulationen unter Berücksichtigung der komplexen Baugrund-Tragwerkinteraktion während des systemvarianten Querverschubs erfolgte eine Verformungs- und Beanspruchungsprognose, auf deren Basis bauliche Ertüchtigungen des Verschubrahmens und der Fundamente geplant und umgesetzt wurden. Einige Fundamente der 23 Pfeilerachsen mussten auf Grund des verbliebenen Auelehms im Düsenstrahlverfahren unterfangen werden. In der Folge kam es an den Pfeilerachsen unerwartet teilweise zu Hebungen, die auf der Basis umfangreicher chemischer, mineralogischer und mechanischer Untersuchungen auf sekundäre Ettringitbildungen in der Zementsteinmatrix der Düsenstrahlkörper zurückgeführt werden konnten. Für den Querverschub und die nachfolgende Betriebsphase wurde der weitere Hebungsverlauf prognostiziert und das reale Verhalten durch geodätische Messungen messtechnisch bestätigt.
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14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 55 Geotechnische Herausforderungen beim Querverschub des 48.000-t schweren Ersatzneubaus der Neckartalquerung der BAB A6 bei Heilbronn Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Christian Moormann Universität Stuttgart, Institut für Geotechnik Dr.-Ing. Patrik Buhmann MGC - Moormann Geotechnik Consult, Stuttgart Dr.-Ing. Bodo Billig HOCHTIEF Infrastructure GmbH, Essen Stefan Krieger Die Autobahn GmbH des Bundes, Niederlassung Südwest, Heilbronn Zusammenfassung Mitte Januar 2022 wurde mit dem Querverschub des Überbaus der Vorlandbrücke des Neckartalübergangs bei Heilbronn eine zentrale Maßnahme des sechsstreifigen Ausbaus der Bundesbautobahn A6 zwischen der Ausfahrt Wiesloch/ Rauenberg und dem Autobahnkreuz Weinsberg erfolgreich ausgeführt. Der Querverschub des 824-m langen und 48.640-t schweren nördlichen Teils der Autobahnbrücke um 21,74-m hat Technikgeschichte geschrieben, da es der bis dato weltweit größte Querverschub eines Brückenüberbaus war. Berichtet wird über die in diesem Kontext zu bewältigenden besonderen geotechnischen Herausforderungen. So musste für den Querverschub eine detaillierte Setzungsprognose erfolgen. Dabei war zu berücksichtigen, dass unter einigen der als Flachgründung ausgeführten Fundamenten unplanmäßig Auelehm verblieben war. Auf der Basis umfangreicher Nacherkundungen, Laborversuchen und dreidimensionaler numerischer Simulationen unter Berücksichtigung der komplexen Baugrund-Tragwerkinteraktion während des systemvarianten Querverschubs erfolgte eine Verformungs- und Beanspruchungsprognose, auf deren Basis bauliche Ertüchtigungen des Verschubrahmens und der Fundamente geplant und umgesetzt wurden. Einige Fundamente der 23 Pfeilerachsen mussten auf Grund des verbliebenen Auelehms im Düsenstrahlverfahren unterfangen werden. In der Folge kam es an den Pfeilerachsen unerwartet teilweise zu Hebungen, die auf der Basis umfangreicher chemischer, mineralogischer und mechanischer Untersuchungen auf sekundäre Ettringitbildungen in der Zementsteinmatrix der Düsenstrahlkörper zurückgeführt werden konnten. Für den Querverschub und die nachfolgende Betriebsphase wurde der weitere Hebungsverlauf prognostiziert und das reale Verhalten durch geodätische Messungen messtechnisch bestätigt. 1. Einführung Im Zuge der Maßnahme ´Verfügbarkeitsmodell BAB A6, Wiesloch/ Rauenberg - AK Weinsberg´ wurde die stark frequentierte Bundesautobahn BAB- A6, eine wichtige Ost-West-Verbindung zwischen der Ausfahrt Wiesloch/ Rauenberg und dem Autobahnkreuz Weinsberg in den Jahren 2017 bis 2023 unter laufenden Verkehr sechsstreifig ausgebaut und an die heutigen Anforderungen angepasst. Als eine der Hauptverkehrsachsen im europäischen Transitverkehr besitzt die A6 eine große Bedeutung. Das Projekt mit einer Gesamtlänge von 47- km wurde in öffentlich-privater Partnerschaft an die Projektgesellschaft ´Via6West´, bestehend aus den Unternehmen HOCHTIEF, DIF Infrastructure IV und JOHANN BUNTE Bauunternehmung, vergeben. Dabei ist der private Partner ´ViA6West´ nicht nur für den Ausbau und die Erneuerung der Autobahn, sondern auch für deren Betrieb und die Erhaltung über 30 Jahre verantwortlich. Der Bund bleibt Eigentümer der Autobahn. Abb.-1 Blick von Westen auf die Vorlandbrücke der Neckartalquerung vor dem Querverschub des nördlichen Überbaus (© Via6West ) 56 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Geotechnische Herausforderungen beim Querverschub des 48.000-t schweren Ersatzneubaus der Neckartalquerung der BAB A6 bei Heilbronn Die vom Bund getragenen Projektkosten belaufen sich inklusive der Aufwendungen für die Erhaltung und den Betrieb über 30 Jahre auf insgesamt rund 1,3 Milliarden Euro. 2. Neubau der Neckartalquerung Der 1,3-km lange Neckartalübergang, der die Talaue zwischen Neckarsulm und Heilbronn im Zuge der Autobahn A6 überspannt, ist das Kernstück des Ausbaus. Der alte Neckartalübergang von 1967 musste auf Grund seines Alters und der Belastung durch den überdurchschnittlichen Lkw-Anteil auf der wichtigen Ost-West-Achse und hierdurch bedingter Materialermüdung komplett ersetzt werden. Der neue Neckartalübergang nördlich von Heilbronn bzw. Neckarsulm besteht aus zwei Großbrücken: Der eigentlichen, 513,1-m langen Neckarbrücke als Stahlverbundkonstruktion (Achsen 240 bis 290, wobei Achse 290 das östliche Widerlager ist) und der sich westlich anschließenden 823,9-m langen Vorlandbrücke als Spannbetonkonstruktion (Achsen 10, i.e. das westliche Widerlager, bis Achse 230). Dabei gibt es jeweils ein eigenes Bauwerk für jede Richtungsfahrbahn, d. h. für die nördliche Fahrbahn in Richtung Walldorf bzw. Mannheim und für die südliche Fahrbahn in Richtung Weinsberg bzw. Nürnberg. Für die im vorliegenden Beitrag im Fokus stehende Vorlandbrücke sah der Entwurf zwei nebeneinanderliegende Spannbetonbrücken mit 22 Feldern und einer Regelstützweite von 38,0-m vor. Dabei blieb die bestehende Autobahnachse erhalten. Abb.-2 Nördlicher Überbau der Vorlandbrücke der Neckartalquerung in provisorischer Seitenlage vor dem Querverschub (links), rechts der unter Verkehr stehende neue südliche Überbau (© Via6West) Im Zuge des Ersatzneubaus der Vorlandbrücke ist der Überbau der späteren Richtungsfahrbahn Walldorf zunächst unter Aufrechterhaltung des Verkehrs auf der Bestandsbrücke in nördlicher Seitenlage mit Vorschubrüstung auf Hilfspfeilern und Hilfsgründungen errichtet worden. Über diesen Überbau in provisorischer Seitenlage lief dann ab April 2019 über mehr als zwei Jahre in beide Richtungen der Verkehr, währenddessen der Rückbau der Bestandsbrücke und die Herstellung des südlichen Überbaus in seiner endgültigen Lage erfolgten. Nach Umverlegung des Verkehrs auf den neuen südlichen Überbau wurde der Überbau der nördlichen Vorlandbrücke Mitte Januar 2022 im Querverschub auf seine Endlage verschoben (Abb. 1 und 2). Dabei wurde die gesamte 823,9-m lange Vorlandbrücke mit einem Gesamtgewicht von 48.460-t als Ganzes parallel um 21,74- m nach Süden verschoben. Für den Querverschub wurden an elf von insgesamt 23 Brückenachsen (davon ein Widerlager) der Vorlandbrücke Hydraulikpressen, so genannte Litzenheber, montiert, die die Brücke in höchster Präzision über ein System aus Teflon-beschichteten Stahlplatten auf sogenannten Verschubbahnen gleichmäßig in Richtung Süden zogen. Nach den vorliegenden Informationen wurde noch nie zuvor ein so großes und so schweres Bauwerk so weit versetzt, so dass mit diesem Querverschub Technikgeschichte geschrieben wurde. Mitte Februar 2022 wurde dann noch der nördliche Überbau der eigentlichen Neckartalbrücke in einem separaten Vorgang querverschoben, der mit einem Eigengewicht von rund 20.000-t allerdings deutlich leichter war, als der Überbau der Vorlandbrücke. Der vorliegende Beitrag fokussiert sich auf die Vorlandbrücke und hier auf die im Kontext mit dem Querverschub des nördlichen Überbaus zu bewältigenden besonderen geotechnischen Herausforderungen, und hierbei insbesondere auf die folgenden beiden Aspekte: (1) Für den Querverschub musste eine detaillierte Setzungsprognose erfolgen. Dabei war zu berücksichtigen, dass unter einigen der als Flachgründung ausgeführten Fundamenten unplanmäßig Auelehm verblieben war. Auf der Basis umfangreicher Nacherkundungen, Laborversuchen und dreidimensionaler numerischer Simulationen unter Berücksichtigung der komplexen Baugrund-Tragwerkinteraktion während des systemvarianten Querverschubs erfolgte eine Verformungs- und Beanspruchungsprognose, auf deren Basis bauliche Ertüchtigungen des Verschubrahmens und der Fundamente geplant und umgesetzt wurden. (2) Einige Fundamente der 23 Pfeilerachsen mussten auf Grund des verbliebenen Auelehms im Düsenstrahlverfahren unterfangen werden. In der Folge kam es an einigen dieser Pfeilerachsen unerwartet zu teilweise signifikanten Hebungen, die auf der Basis umfangreicher chemischer, mineralogischer und mechanischer Untersuchungen auf sekundäre Ettringitbildungen in der Zementsteinmatrix der Düsenstrahlkörper zurückgeführt werden konnten. Für den Querverschub und die nachfolgende Betriebsphase wurde der weitere Hebungsverlauf prognostiziert und das reale Verhalten durch geodätische Messungen messtechnisch bestätigt. 3. Baugrund- und Grundwassersituation im Bereich der Vorlandbrücke Der Baugrundauf bau im Projektgebiet der Neckartalquerung gliedert sich grundsätzlich in eine aus Auffüllungen 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 57 Geotechnische Herausforderungen beim Querverschub des 48.000-t schweren Ersatzneubaus der Neckartalquerung der BAB A6 bei Heilbronn (lokal), Auelehm, Neckarkies und zur Tiefe hin aus Lettenkeuper und schließlich Oberen Muschelkalk bestehende Folge. Bedingt durch zwei tektonische Störungen folgen bereichsweise unter den Schichten des Neckarkieses auch die Schichten des Gipskeupers. Der Auelehm wurde als wechselnd feinsandiger, zum Teil auch sandiger Schluff (TL, TM, TA, SU) von meist steifer, untergeordnet auch weicher Konsistenz angetroffen. In den Bohrprofilen werden vereinzelt und damit lokal organische Anteile beschrieben. Die Mächtigkeit des Auelehms variiert meist zwischen 1,5-m und 2,5-m. Der unter dem Auelehm folgende Neckarkies wird als wechselnd sandiger, teilweise auch stark sandiger und schwach schluffiger Kies (GW, GI) aus Kalksteingeröllen beschrieben, der vorwiegend mitteldicht, bereichsweise aber auch nur locker gelagert ist. Bereichsweise wurden in den Neckarkiesen auch stark schluffige Partien (GU, GU*) angetroffen. Die Basis des Neckarkieses und damit der Quartären Deckschichten liegt im Bereich der Vorlandbrücke meist 6-m bis 8-m unter Gelände. Der unterlagernde Lettenkeuper, der für die Standsicherheitsbetrachtungen und Setzungsberechnungen von eher untergeordneter Relevanz ist, besteht aus einer Abfolge von Tonsteinen mit zwischengelagerten Dolomitsteinbänken, wobei neben harten und mäßig harten Partien die Tonsteine in Lagen auch zu Schluff verwittert sein können. Oberster Grundwasserleiter ist der Neckarkies, der im Bereich der Neckaraue bzw. Vorlandbrücke bei etwa 147 bis 148-mNN eingemessen wurde. Unter Berücksichtigung eines Zuschlags korrelieren die bauzeitlich relevanten Grundwasserstände im Wesentlichen mit dem Gründungsniveau der Flachgründung der Vorlandpfeiler. Weitere Grundwasserstockwerke sind im Lettenkeuper und im Oberen Muschelkalk ausgebildet. 4. Gründung und Verschub der Vorlandbrücke 4.1 Gründungskonzept Mit Ausnahme der Pfeiler einer durch tektonische Störungen beeinflussten Achse, für die eine Tiefgründung realisiert wurde, wurden für alle anderen Pfeiler der Vorlandbrücken Flachgründungen in den Neckarkiesen geplant. Die Restmächtigkeit der Neckarkiese bis zur Oberfläche des Lettenkeupers liegt zwischen 2,5-m und 4,5-m. Unter der Voraussetzung, dass die Gründung der Pfeiler durchgehend in den Neckarkiesen erfolgt, wurde von dem Baugrundgutachter für die Dimensionierung der Flachgründungen ein aufnehmbarer Sohldruck von s zul = 500-kN/ m² vorgegeben. Auf dieser Basis wurde für die zwei Pfeiler des Überbaus einer Achse in Endlage jeweils ein gemeinsames Fundament mit Grundrissabmessungen von meist 6,0-m x 16,0-m bis 6,0-m x 18,0-m bei einer Fundamenthöhe von meist 2,2-m vorgesehen und ausgeführt. Auch die Gründung für die provisorische Seitenlage des nördlichen Überbaus wurde als Flachgründung ausgeführt. 4.2 Auelehm in Restmächtigkeit Nach Herstellung der Fundamente und Brückenpfeiler kann es bei der Betonage des südlichen Überbaus an dem Fundament einer Achse-zu rasch zunehmenden zeitvarianten Setzungen, die zudem betragsmäßig größer waren als prognostiziert. Eine Überprüfung der Baugrundverhältnisse durch ergänzende Aufschlüsse zeigte, dass unter dem Gründungsniveau der Flachgründung in dieser Achse noch Auelehm in Restmächtigkeit anstand und das Fundament damit nicht wie angenommen vollflächig im Neckarkies gründete. Bei einer ergänzenden Überprüfung der Baugrundverhältnisse an den ausgeführten Fundamenten weiterer Pfeilerachsen wurde in der Folge ebenfalls teilweise unter der Gründungssohle verbliebener Auelehm festgestellt. Im Rahmen dieser Überprüfung wurden je Fundament im Regelfall sechs Rammkernsondierungen (´RKS´) bis etwa 5-m unter Gelände ausgeführt, die in einem Abstand von etwa 1,0-m bis 1,4-m von der Fundamentaußenkante in der Verfüllung der Baugruben seitenräumen angeordnet wurden (Abb.-3). Ferner wurden im Bedarfsfall in einer zweiten Stufe zum Ausschluss gering tragfähiger Bodenschichten unter der Gründungssohle rund um das Fundament und dabei unmittelbar neben dem Fundament Trockenbohrungen (´B´) durch die Sauberkeitsschicht niedergebracht; in Einzelfällen wurde zudem eine weitere Trockenbohrung im Flächenschwerpunkt des Fundamentes durch das Fundament ausgeführt (Abb. 3). In der Summe ergab sich so eine hohe Erkundungsdichte, die für jedes bereits ausgeführte Fundament eine detaillierte Bewertung der Baugrundsituation und insbesondere der Existenz, Ausdehnung, Mächtigkeit und Eigenschaften einer möglicherweise verbliebenen Restmächtigkeit von Auelehm ermöglichte (Abb.-3). 58 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Geotechnische Herausforderungen beim Querverschub des 48.000-t schweren Ersatzneubaus der Neckartalquerung der BAB A6 bei Heilbronn Abb.-3 Fundament mit ergänzenden Erkundungsmaßnahmen und deren Auswertung im Hinblick auf unter der Gründungssohle bereichsweise verbliebenen Auelehm Im Ergebnis wurde an acht zu diesem Zeitpunkt bereits hergestellten Fundamenten der Vorlandbrücken der nördlichen und der südlichen Richtungsfahrbahn mit vergleichsweise mächtigen (Restmächtigkeiten von etwa ³- 0,5¸1,0- m) in einer Teilfläche unter der Gründungssohle verbliebenen Auelehmpartien eine Baugrundverbesserung im Düsenstrahlverfahren ausgeführt. Dabei wurden in einem regelmäßigen Raster über die gesamte Grundrissfläche der Fundamente verteilt vergleichsweise kurze Düsenstrahlsäulen hergestellt, mit denen ein Anschluss der Fundamente an den den Aue-lehm und den nachfolgenden Neckarkies unterlagernden Lettenkeuper realisiert wurde (Abb.-11). Je Fundament wurden zwischen 32 und 41 Düsenstrahlsäulen mit einem Solldurchmesser von 1,8-m hergestellt. Die mittleren Säulenlängen liegen bei 2,1-m bis 3,7-m. 4.3 Analytische Nachweise An weiteren Pfeilerachsen bzw. Fundamenten der nördlichen und der südlichen Richtungsfahrbahn wurden geringermächtige Auelehmpartien in Teilbereichen der Flachgründungen festgestellt, so dass für diese Fundamente zu überprüfen war, ob eine den Anforderungen der Gebrauchstauglichkeit (SLS) und der Standsicherheit bzw. Tragfähigkeit (ULS) entsprechende Gründungssituation im Ist-Zustand, d. h. ohne ergänzende Sanierungsmaßnahmen dauerhaft gegeben ist. Hierzu wurden für die Fundamente in den einzelnen betroffenen Achsen differenzierte Setzungsberechnung unter Abbildung der erkundeten räumlichen Baugrundsituation und unter Berücksichtigung von zeitabhängigen Konsolidations- und Kriechvorgängen des in Teilbereichen der Gründungsfläche verbliebenen Auelehms erstellt. Auf dieser Basis erfolgte eine sachverständige Bewertung der dauerhaften Gebrauchstauglichkeit der Flachgründungen im derzeitigen Zustand. Darüber hinaus wurde rechnerisch nachgewiesen, dass der unter der Gründungssohle verbliebene Auelehm den Grenzzustand der Tragfähigkeit dieser Flachgründung nicht nachteilig beeinflusst. Hierzu wurde neben der Sicherheit gegen Grundbruch und gegen Gleiten insbesondere der Nachweis der Sicherheit gegen seitliches Herausquetschen des Auelehms rechnerisch untersucht. 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 59 Geotechnische Herausforderungen beim Querverschub des 48.000-t schweren Ersatzneubaus der Neckartalquerung der BAB A6 bei Heilbronn Abb.-4 Modelle zum Nachweis der Sicherheit gegen seitliches Herausquetschen des Auelehms: a) vereinfachtes analytisches Modell, b) numerisches Modell Für den letzteren Nachweis wurde ein Nachweiskonzept entwickelt, dass neben einer einfachen analytischen Nachweisführung auch numerische Untersuchungen umfasste. Das in Abbildung 4a skizzierte einfache analytische Modell vernachlässigt zum einen die Adhäsion in der Kontaktfläche zwischen der Fundamentunterkante und dem Auelehm und zum anderen die Reibung in der Kontaktfläche zwischen der Unterkante des Auelehms und der Oberkante des Neckarkieses. Zum anderen vernachlässigt dieses Modell, dass der seitlich des Fundamentes oberhalb des Gründungsniveaus anstehende bzw. verfüllte Boden nicht nur eine Bodenauflast bzw. Vertikalspannung auf den Auelehm bewirkt, der dem seitlichen Herausquetschen des Auelehms entgegenwirkt, sondern bei einem Herausquetschen des Aue-lehms weitere Schubbzw. Scherspannungen in diesem seitlichen Bodenmaterial mobilisiert würden. Die rechnerische Berücksichtigung dieser weiteren Widerstände, deren Mobilisierung auch verformungs- und damit steifigkeitsabhängig ist, ist mit einem analytischen Modell nicht bzw. nur eingeschränkt möglich. Es wurden daher numerische Simulationen als Grundlage für die Nachweisführung durchgeführt (Abb.- 4b). Zunächst wurde auf der Basis eines reduzierten zweidimensionalen numerischen Berechnungsmodells der Nachweis erbracht, dass die Ergebnisse der numerischen Modelbildung vergleichbar mit denen des analytischen Berechnungsansatzes sind. In einem zweiten Schritt wurden dann die zusätzlichen Effekte, wie die Adhäsion bzw. Reibung an der Ober- und Unterseite des Auelehms, die zu lediglich 50-% ihres realen Wertes angesetzt wurden, sowie die Reibung des seitlich des Fundamentes vorhandenen Materials berücksichtigt. Die Nachweisführung erfolgt für den Grenzzustand GEO3, da das seitliche Herausquetschen des Auelehms unter Berücksichtigung des zu erwartenden Versagenszustandes einem Scherversagen des Bodens zuzuordnen ist. Ergänzend hierzu wird in einer weiteren Untersuchung der Grenzzustand GEO3 durch die Beaufschlagung der Einwirkungen mit einem Teilsicherheitsbeiwert g g = 1,35 modifiziert, um die Robustheit des Systems zu erhöhen. Die Sicherheit des Systems gegen Herausquetschen des Auelehms wurde dann im Rahmen einer j-c-Reduktion ermittelt. In den Fällen, in denen die normativ geforderte Sicherheit gegen das seitliche Herausquetschen des Auelehms numerisch nicht nachgewiesen werden konnte, wurde vorgesehen, zur Erhöhung der Standsicherheit eine Auflast seitlich des Fundamentes aufzubringen. Für den nördlichen Überbau war bei allen Nachweisen zu berücksichtigen, dass es infolge dessen geplanten Querverschubs zu einer sehr schnellen, bodenmechanisch gesehen quasi schlagartigen Erhöhung der Einwirkungen auf die Fundamente in Endlage des Überbaus von rund 7.500-kN auf rund 30.000-kN je Fundament kommt. Damit ergibt sich infolge des Querverschubs ein Zuwachs der mittleren Sohlnormalspannung in einer Größenordnung von rund Ds v,k -=-+210-kN/ m², der für den Nachweis der Sicherheit gegen seitliches Herausquetschen des Auelehms maßgebend ist. Die dauerhafte setzungswirksame Einwirkung beträgt je Fundament etwa 28.500-kN und führt zu einer mittleren charakteristischen Sohlspannung von rund s v,k -=-265-kN/ m², die für die Setzungsberechnungen berücksichtigt wurde. Bei den Nachweisen wurden die wesentlichen Bodenkennwerte im Sinne einer Sensitivitätsanalyse in Bandbreiten variiert. Dieses Vorgehen wurde auf alle Achsen des nördlichen und südlichen Überbaus angewendet, bei denen nach den Ergebnissen der geotechnischen Nacherkundungen davon auszugehen war, dass unter der Gründungssohle der Flachgründungen in einer Restmächtigkeit Auelehm oder auch ein stärker schluffiger Neckarkies verblieben war. Im Ergebnis konnte festgestellt werden, dass die an die Fundamente bezüglich ihrer Gebrauchstauglichkeit und Standsicherheit gestellten Anforderungen dauerhaft uneingeschränkt erfüllt werden und auf weitergehende Maßnahmen verzichtet werden kann. Die Gleichwertigkeit der Gründungen gegenüber der ursprünglichen Planung konnte damit als gegeben nachgewiesen werden. Abb.-5 Foto von Überbau, Verschubbahn und Pfeilern des nördlichen Überbaus in provisorischer Seitenlage (links) und Endlage (Mitte), rechts der südliche Überbau in Endlage 60 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Geotechnische Herausforderungen beim Querverschub des 48.000-t schweren Ersatzneubaus der Neckartalquerung der BAB A6 bei Heilbronn Abb.-6 Ansicht von Überbau, Pfeilern und Fundamenten des nördlichen Überbaus in provisorischer Seitenlage (links) und Endlage (rechts) mit Verschubbahn, Hilfspfeilern und Koppelbalken 4.4 Räumliche numerische Simulationen Die vorbeschriebenen Untersuchungen berücksichtigten den durch den geplanten Querverschub des nördlichen Überbaus bedingten kurzfristigen erheblichen Lastzuwachs für die Fundamente der Endlage des nördlichen Überbaus, nicht jedoch den Vorgang des Querveschubs als einen mehrstufigen, zeit- und systemvarianten Prozess (Abb. 5 und 6). Vor diesem Hintergrund erfolgte in einem weiteren Schritt eine differenziertere Betrachtung des Setzungsverhaltens der Fundamente des nördlichen Überbaus sowie des Verhaltens und der inneren Beanspruchung des Querverschubrahmens während des Querverschubs. Dabei war vorgegeben, dass der Vorgang des Querverschubs sowie die Bewertung der Gebrauchstauglichkeit und der Standsicherheit der Gründungen während dieses Vorganges detaillierter mit einem numerischen Simulationsmodell untersucht wird. Die geotechnische Simulation stellte dabei eine Ergänzung zu den statisch-konstruktiven Untersuchungen des Tragwerksplaners dar, der das statische System aus Fundamenten, Bauwerks- und Hilfspfeilern sowie Querverschubrahmen und Koppelbalken für den Vorgang des Querverschubs bereits detailliert untersucht und statisch bemessen hatte. Während in dieser statisch-konstruktiven Bemessung die Interaktion zwischen Fundamenten und Bodenkontinuum mit dem Bettungsmodulverfahren und unter Ansatz eines über die Gründungsfläche gleich großen und in allen Phasen des Querverschubs konstanten Bettungsmoduls vereinfacht simuliert wurde, sollten mit dem geotechnischen Simulationsmodell insbesondere die geotechnischen Aspekte wie das nichtlineare von Spannungsgeschichte und Spannungszustand abhängige elastoplastische Materialverhalten der Böden, die reale Baugrundsituation mit bereichsweise in Restmächtigkeit unter dem Fundament verbliebenem Auelehm sowie Konsolidationseffekte im Zuge des system- und zeitabhängigen Querverschub-Vorganges möglichst wirklichkeitsnah abgebildet und die Auswirkungen auf den Querverschubrahmen beurteilt werden. In der Folge wurde ein numerisches Simulationsmodell erstellt, mit dem das räumliche Bodenkontinuum und der gesamten Querverschubrahmen, bestehend aus der Verschubbahn, Hilfs- und Bauwerksstützen sowie den Fundamenten der Seitenlage und der Endlage nebst dem sie verbindenden Koppelbalken (siehe Abb. 6) geometrisch zutreffend in einem Gesamtmodell mit hohem Detailierungsgrad abgebildet wurde (Abb. 7). Abb.-7 Isometrische Darstellung des dreidimensionalen numerischen Simulationsmodells mit Bodenkontinuum und dem Querverschubrahmen Dabei war es wesentlich, das statische System im Detail zutreffend abzubilden. So war zu berücksichtigen, dass sich zwischen dem Querverschubbalken (Querschnitt: h/ B = 2,25-m x 2,50-m) und den Köpfen der Bauwerkspfeiler durch eine „Folieneinlage“ realisierte druckfeste Verbindungen befinden, d. h. es können Normalkräfte in Richtung des Querverschubbalkens, jedoch keine Querkräfte übertragen werden (Querkraftgelenk), so dass hier während des Querverschubs die Entwicklung von Vertikalversätzen möglich ist (Abb.-8). Zwischen den beiden Fundamenten der Seiten- und der Endlage war ein 3,75- m langer Koppelbalken (Querschnitt: h/ B = 1,2-m x 3,0-m) angeordnet, der sowohl an das Fundament der Seitenlage als auch an das Fundament der Endlage biegesteif angeschlossen war. Der Baugrund wurde mit seinem dreischichtigen Auf bau aus Auelehm, Neckarkies und Lettenkeuper entsprechend des erkundeten variablen Schichtverlaufs abgebildet und dabei auch der unter der Gründungssohle bereichsweise verbliebene Auelehm mit seiner erkundeten Restmächtigkeit zutreffend simuliert. Die Fundamente der Seiten- und Endlage des nördlichen Überbaus und der Koppelbalken wurden als Volumenkörper abgebildet, während die aufgehende Struktur der Verschubkonstruktion sowie die endgültigen Bauwerksstützen als Stabelemente mit entsprechenden Querschnittsabmessungen modelliert wurden (Abb.-8). 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 61 Geotechnische Herausforderungen beim Querverschub des 48.000-t schweren Ersatzneubaus der Neckartalquerung der BAB A6 bei Heilbronn Abb.-8 Modellbildung des Verschubrahmens inklusive Ausbildung Rahmenknoten und Querkraftgelenke sowie Berücksichtigung der Bauwerksstützenarchitektur Zur möglichst realistischen Prognose der Verformungen und Beanspruchungen während des Querverschubs wurde der gesamte Bauablauf ausgehend vom Primärspannungszustand und in der Folge beginnend mit dem Aushub der Fundamente über den eigentlichen Querverschub bis zum Rückbau des Koppelbalkens und des Fundamentes der Seitenlage in einer ´step by step´-Analysis abgebildet. Die Simulation des Querverschubs und seiner Verschubzustände erfolgte unter Berücksichtigung der realen Zeitabläufe und der sich dabei einstellenden zeitvarianten Konsolidierungsvorgänge, wobei in Abstimmung mit der bauausführenden Arge davon ausgegangen wurde, dass der Zeitbedarf für den vollständigen Querverschub bei etwa 16 Stunden liegt. Die Simulationen wurden voll gekoppelt durchgeführt, d. h. die Spannungs-Verformungs-Berechnung ist mit der Strömungsberechnung gekoppelt und wird integral gelöst. Hierdurch können die Entwicklung von Porenwasserüberdrücken und räumliche Konsolidationsvorgänge auch in ihrer zeitlichen Entwicklung zutreffend abgebildet werden. Zur stofflichen Modellierung des Auelehms kam das Hardening Soil Model zum Ansatz. Hinsichtlich der als Eingangswerte anzusetzenden bodenmechanischen Kennwerte wurde zunächst eine Referenzvariante betrachtet, die im Sinne einer Gesamtbewertung aller vorliegenden Informationen aus verschiedenen Phasen der Baugrunderkundung sowie aus Rückrechnungen zu dem zwischenzeitlich messtechnisch dokumentierten Setzungsverhalten der Brückenfundamente ein ´best estimate´syb-Szenario abbildet, also zu dem Erwartungswert von Verformungen und Sicherheiten führt. Ergänzend wurden im Sinne einer Sensitivitätsanalyse weitere Varianten untersucht, bei denen die Steifigkeiten des Auelehms und des Neckarkieses sowie die hydraulische Durchlässigkeit des Auelehms variiert wurden. Abbildung- 9 zeigt für die Referenzvariante die numerisch prognostizierten Vertikalverschiebungen der Verschubbahn während des Querverschubs für verschiedene Verschubzustände (V0 bis V6) von der Seitenlage im Norden zur Endlage im Süden. Erkennbar sind die sich im Zuge des Querverschubs von Nord nach Süd einstellenden Verformungen in Form von Setzungen und die sukzessive Ausbildung von kleinen vertikalen Ver sätzen an den Querkraftgelenken, also in den Fugen zwischen dem Querverschubbalken und den Bauwerkspfeilern (siehe Abb.- 8). Diese zur Beurteilung des Querverschubs wesentlichen Differenzverformungen der Verschubbahn sind mit £- 6 mm bzw. max. 9- mm hinreichend klein. Eine Variation der Eingangswerte im Rahmen der beschriebenen Sensitivitätsanalyse ergab vergleichsweise geringe Auswirkungen auf die prognostizierten Verformungen. Abb.-9 Numerisch prognostiziere Vertikalverschiebungen der Verschubbahn während des Querverschubs inklusive Versätzen in Querkraftgelenken (Referenzvariante) In der Summe zeigten die Untersuchungen mit dem geotechnischen Gesamtmodell unter Abbildung wichtiger zusätzlicher geotechnischer Aspekte eine gute Übereinstimmung mit den Ergebnissen des statisch-konstruktiven Modells des Tragwerkplaners. Die ermittelten Verformungen infolge Querverschub waren für die Referenzvariante kleiner als die zulässigen Grenzwerte, die von dem Tragwerksplaner im Hinblick auf die Anforderungen des Überbaus und den Verschubvorgang definiert worden waren. Abb.-10 3D-Modell: Nachweis der Sicherheit gegen das seitliche Herausquetschen des Auelehms während des Querverschubs - verformtes System nach j-c-Reduktion (Verformungen überhöht dargestellt) Das dreidimensionale Simulationsmodell wurde ferner für eine differenziertere Nachweisführung gegen das seitliche Herausquetschen von unter den Fundamenten verbliebenen Auelehms im undrainierten Zustand während des Querverschubs genutzt (Abb.-10). Im Abgleich mit den an einem vertikal ebenen, zweidimensionalen Berechnungsmodell (Abb.-4b) ausgeführten Untersu-chun- 62 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Geotechnische Herausforderungen beim Querverschub des 48.000-t schweren Ersatzneubaus der Neckartalquerung der BAB A6 bei Heilbronn gen konnten mit dem 3D-Modell deutlich geringere Ausnutzungsgrade nachgewiesen werden und so im Ergebnis auf das zunächst an einigen Pfeilerachsen geplante Aufbringen einer temporären Auflastschüttung verzichtet werden. 5. Hebungen an den im Düsenstrahlverfahren unterfangenen Fundamenten Wie in Abschnitt 4.2 erläutert, wurde an acht Fundamenten der Vorlandbrücken, bei denen unter der Gründungssohle in einer Teilfläche Auelehm mit Restmächtigkeiten ³-0,5¸1,0 m verblieben war, eine Baugrundverbesserung im Düsenstrahlverfahren ausgeführt. Abbildung 11 zeigt exemplarisch für ein Fundament im Grundriss die Anordnung der kurzen Säulen, mit denen diese Fundamente an den den Auelehm und den folgenden Neckarkies unterlagernden Lettenkeuper angeschlossen wurden. Die Herstellung der Düsenstrahlkörper erfolgte im Wesentlichen im 3-Phasen-Verfahren. Abb.-11 Anordnung der Düsenstrahlsäulen unter einem Fundament mit relevanten Restmächtigkeiten Auelehem Im Zuge einer nachfolgenden geodätischen Überwachung wurden unerwartet Hebungen an einigen dieser unterfangenen Fundamente festgestellt. Da diese Hebungen zunächst signifikant zunahmen und in der Folge mit bis zu 34-mm eine sowohl im Hinblick auf die zulässigen Differenzsetzungen zwischen benachbarten Pfeilerachsen als auch für den zu diesem Zeitpunkt noch anstehenden Querverschub des nördlichen Überbaus bautechnisch potentiell relevante Größenordnung erreichten, wurden Untersuchungen zur Klärung der Ursache für diese Hebungen, die auf Volumendehnungen der Düsenstrahlkörper zurückgeführt wurden, durchgeführt. In diesem Kontext wurden an den besonders betroffenen Fundamenten Kernbohrungen in ausgewählten gedüsten Randsäulen ausgeführt und die entnommenen Bohrkerne hinsichtlich ihrer mineralogischen und chemischen Eigenschaften umfassend untersucht. Daneben wurden in dem neben den Düsenstrahlsäulen anstehenden Baugrund Kernbohrungen ausgeführt, um Bodenproben zur Bestimmung der mineralogischen und chemischen Eigenschaften der anstehenden Bodenschichten zu entnehmen. Die Ergebnisse der Untersuchungen ergaben, dass die beobachteten Hebungen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf sekundäre Ettringitbildung in der Zementsteinmatrix der Düsenstrahlkörper zurückzuführen sind. So wurde in Bohrkernen aus den Achsen, an denen die größten Hebungen beobachtet wurden, mit der Rasterelektromikrosokopie (REM) erhebliche Mengen Ettringit festgestellt, das sowohl in Rissen der Bindemittelmatrix als auch an den Grenzflächen zwischen Gesteinskörnern und Bindemittelmatrix nachgewiesen wurde. Diese Ettringit- Anreicherungen können aufgrund ihrer Ausbildung in Rissen kein Ettringit der primären Hydratation sein, sondern wurden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sekundär gebildet. Dies spiegelt sich auch in dem mit der Röntgendiffraktometrie (XRD) ermittelten mineralogischen Phasenbestand der Bindemittelmatrix dieser Bohrkerne wieder, bei der ein deutlich erhöhter Bindemittelanteil sowie Portlandit, Ettringit und ein merklicher Anteil Hydrogrossular festgestellt wurde. Letzteres ist ein Hochtemperaturhydratationsprodukt des Bindemittels und ein Indikator für eine sehr hohe frühe Hydratationstemperatur [8]. Eine hohe frühe Hydratationstemperatur ist wiederum eine wichtige Voraussetzung für die Bildung von sekundärem Ettringit. Betroffen von den sekundären Ettringitbildungen waren primär nur die Partien der Düsenstrahlsäulen, die als kiesfreier oder kiesarmer Zementstein ausgebildet sind; dies sind die oberen, im Auelehm gedüsten Abschnitte der Säulen. In diesem Bereich der Düsenstrahlsäulen wurden auf Grund des hieraus resultierenden relativ hohen Bindemittelgehalts im Säulenmaterial hohe Temperaturen bei der Hydratation erreicht, die eine spätere Ettringitbildung ermöglichten. Die Entwicklung früher hoher Temperaturen bei der Hydratation in diesem Bereich der Säulen wurde zusätzlich dadurch begünstigt, dass die Säulen - anders als die tieferen im wasserführenden Neckarkies liegenden Säulenbereiche - im oberen Bereich von nur teilgesättigtem Auelehm umgeben sind, so dass die Ableitung von Hydratationswärme in den umgebenden Boden in diesem oberen Säulenbereich deutlich langsamer erfolgte. In den tieferen Untersuchungsbereichen, also den betonartigen Partien der Säule mit hohem Neckarkiesanteil waren geringere bzw. gar keine relevanten Ettringitanreicherungen zu beobachten. Andere Einflussfaktoren für die Ettringitbildung [4¸7] konnten ausgeschlossen werden, da die über die gesamte Höhe der Düsenstrahlsäulen untersuchten Bodenproben keine Hinweise auf Sulfat oder Gips zeigten, im Grundwasser keine erhöhten Sulfatgehalte machzuweisen waren und auch die mineralogische und chemische Analyse des bei den Düsenstrahlarbeiten eingesetzten Hochofenzements keine Auffälligkeiten erbrachte. Laborversuche an Bohrkernen aus den Düsenstrahlsäulen bestätigten, dass die Düsenstrahlkörper auch an den Achsen mit großen Hebungen trotz der sekundären Ettringitbildung eine ausreichende Zylinderdruckfestigkeit und Steifigkeit besaßen, die die statischen Anforderungen deutlich übertrafen. Auf der Basis der geodätischen Messungen und Laborerfahrungen wurde der weitere Hebungsverlauf prognostiziert. Auch wenn nach [9, 10] ein Potential für begrenzte, weitere Hebungen primär aus der weiteren verspäteten 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 63 Geotechnische Herausforderungen beim Querverschub des 48.000-t schweren Ersatzneubaus der Neckartalquerung der BAB A6 bei Heilbronn Ettringitbildung im oberen Bereich der Düsenstrahlsäulen verblieb, konnte auf der Basis dieser Untersuchungsergebnisse die uneingeschränkte Funktionalität der Düsenstrahlunterfangungen bestätigt werden, so dass in der Folge der Querverschub ausgeführt werden konnte. Das durch geodätische Messungen dokumentierte reale Verhalten bestätigte die Verformungsprognosen. 6. Schlussbemerkungen Die Setzungen der Fundamente und die Verformungen des Querverschubrahmens wurden während des Querverschubs am 13./ 14. Januar 2022 engmaschig überwacht und die gemessenen Werte fortlaufend mit den Prognosewerten abgeglichen. Die dabei gemessenen Verformungen überschritten die prognostizierten Werte nicht, waren vielmehr überwiegend kleiner, so dass der Querverschub erfolgreich realisiert werden konnte. In der Folge war zu beachten, dass der Koppelbalken und das Fundament in Seitenlage eine stabilisierende Wirkung im Hinblick auf den bereichsweise unter den Fundamenten der Endlage des nördlichen Überbaus erkundeten Auelehm haben. Der Zeitpunkt des Rückbaus des Koppelbalkens (nach Abschluss des Querverschubs) und der dafür erforderlich werdende Eingriff (Aushub) unter der Geländeoberfläche wurde daher auf der Basis ergänzender numerischer Berechnungen ermittelt. Die zusätzliche Auflast infolge des querverschobenen nördlichen Überbaus beeinflusste die Entwicklung der Volumendehnungen infolge sekundärer Ettringitbildung positiv; nach dem Querverschub wurden nur noch geringe zusätzliche Hebungen beobachtet. Trotz der besonderen geotechnischen Herausforderungen ist die neue Neckartalquerung der BAB A6 damit uneingeschränkt standsicher und gebrauchstauglich. Literatur [1] Normenhandbuch Eurocode 7, Band 1: „Allgemeine Regeln“, DIN EN 1997-1: 2009-09 einschließlich DIN EN 1997-1/ NA: 2010-12 (Nationaler Anhang) und DIN 1054: 2010-12 (Baugrund - Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau - Ergänzende Regeln zu DIN EN 1997-1) [2] Burland, J.B.; Wroth, C.P., 1974: Settlement of buildings and associated damage. Proc. Conference „Settlement of structures“. Pentech Press, London, S. 611-654 [3] Kramer, J., 1978: Senkungsschäden an Hochbauten durch Fremdeinflüsse. Grundbau und Bodenmechanik an der Universität Essen - GHS, Forschungsberichte aus dem Fachgebiet Bauwesen, Nr. 4. [4] Moormann, Ch., Knopp, J. (2015): Kenngrößen zur Risikoabschätzung des Ettringittreibens von sulfathaltigen Böden in Verbindung mit Bodenbehandlungen. Fachtagung der Gütegemeinschaft Bodenverbesserung und Bodenverfestigung, 20.01.2015, Kassel, Tagungsunterlagen, 8-S. [5] Knopp, J., Moormann, Ch. (2016): Ettringittreiben in bindemittelbehandelten sulfathaltigen Böden. Tagungsband 10. Kolloquium Bauen in Boden und Fels, 19./ 20.01.2016, TAE, Ostfildern, 417-422 [6] Knopp, J., Moormann, Ch. (2016): Ettringite swelling in the treatment of sulfatecontaining soils used as subgrade for road construction. 3rd International Conference on Transportation Geotechnics, 4.-7. September 2016, Guimar-es, Portugal, Procedia Engineering, Volume 143, 2016, 128-137 [7] Knopp, J., Moormann, Ch. (2017): Influence of the binder content and type of binder on ettringite swelling in the treatment of sulfate-containing soils. Proc. 19th Int. Conf. in Soil Mechanics and Geotechnical Engineering (ICSMGE), Seoul 2017, 2547-2550 [8] Garbev, K. (2003): Struktur, Eigenschaften und quantitative Rietveldanalyse von hydrothermal kristallisierten Calciumsilikathydraten (C-S-H- Phasen), Dissertation, Naturwissenschaftlich-Mathematische Gesamtfakultät, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, 2003. [9] Kelham, S. (2002): Effects of Cement Parameters on Expansion Associated with DEF, International RILEM TC 186-ISA Workshop on Internal Sulfate Attack and Delayed Ettringite Formation, Villars (Schweiz), 2002, 198-211 [10] Bollmann, K. (2000): Ettringitbildung in nicht wärmebehandelten Betonen. Dissertation an der Fakultät Bauingenieurwesen der Bauhaus-Universität Weimar, 2000.
