Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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2510-7755
expert verlag Tübingen
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Bahndamm Ramerberg – Planung und zeiteffizientes Bauen für die Wiederherstellung nach einem Dammrutsch
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Raoul Hölter
Sarah Hägele
Paul Gehwolf
Thomas Barciaga
Im Zuge eines Dammrutsches musste die Bahnstrecke 5700 zwischen Wasserburg und Rott gesperrt werden und ca. 90 m des Bahndamms bei Ramerberg saniert werden. Um den unterbrochenen Bahnverkehr schnellstmöglich wieder in Betrieb nehmen zu können, galt es eine zeiteffiziente Lösung zu finden, den insgesamt 15 m hohen Bahndamm wiederherzustellen und dauerhaft zu sichern. Durch die Projektrandbedingungen und den straffen Zeitplan war ein starkes Ineinandergreifen der einzelnen Leistungsphasen von der Erkundung bis hin zur Ausführungsplanung inkl. Ausschreibung und Vergabe erforderlich. Um dies zu ermöglichen, wurde ein bindemittelstabilisierter Bahndamm erstellt, der durch eine mittels Totmannkonstruktion rückverhängte Bohrpfahlwand gestützt wird. Die Aufteilung in einen ersten Bauabschnitt zur Wiederherstellung des Bahndammes und einen zweiten zur Errichtung der Bohrpfahlwand, ermöglichte die Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke nach 9 Monaten, während die Bauarbeiten für die finale Sicherung noch fortgeführt wurden.
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14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 65 Bahndamm Ramerberg - Planung und zeiteffizientes Bauen für die Wiederherstellung nach einem Dammrutsch Dr.-Ing. Raoul Hölter Dr. Spang Ingenieurgesellschaft für Bauwesen, Geologie und Umwelttechnik mbH, Planung Statik, Witten Sarah Hägele, M. Sc. Dr. Spang Ingenieurgesellschaft für Bauwesen, Geologie und Umwelttechnik mbH, Geotechnik, München, Prof. Dr. Paul Gehwolf Dr. Spang Ingenieurgesellschaft für Bauwesen, Geologie und Umwelttechnik mbH, Geotechnik, München Dipl.-Ing. Thomas Barciaga Dr. Spang Ingenieurgesellschaft für Bauwesen, Geologie und Umwelttechnik mbH, Planung Statik, Witten Zusammenfassung Im Zuge eines Dammrutsches musste die Bahnstrecke 5700 zwischen Wasserburg und Rott gesperrt werden und ca. 90-m des Bahndamms bei Ramerberg saniert werden. Um den unterbrochenen Bahnverkehr schnellstmöglich wieder in Betrieb nehmen zu können, galt es eine zeiteffiziente Lösung zu finden, den insgesamt 15 m hohen Bahndamm wiederherzustellen und dauerhaft zu sichern. Durch die Projektrandbedingungen und den straffen Zeitplan war ein starkes Ineinandergreifen der einzelnen Leistungsphasen von der Erkundung bis hin zur Ausführungsplanung inkl. Ausschreibung und Vergabe erforderlich. Um dies zu ermöglichen, wurde ein bindemittelstabilisierter Bahndamm erstellt, der durch eine mittels Totmannkonstruktion rückverhängte Bohrpfahlwand gestützt wird. Die Aufteilung in einen ersten Bauabschnitt zur Wiederherstellung des Bahndammes und einen zweiten zur Errichtung der Bohrpfahlwand, ermöglichte die Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke nach 9 Monaten, während die Bauarbeiten für die finale Sicherung noch fortgeführt wurden. 1. Einführung Die eingleisige, nicht elektrifizierte DB-Strecke 5700, Rosenheim - Mühldorf, verläuft im Projektgebiet östlich der Gemeinde Ramerberg bei ca. km 20,4 auf einem ca. 15- m hohen Damm. Im Zuge von Baumaßnahmen am Böschungsfuß kam es zu einer Rutschung des Bahndammes dieser Strecke. Als Folge traten massive Gleisabsenkungen auf (s. Abb. 1) und die Bahnstrecke zwischen Wasserburg und Rott musste gesperrt und ca. 90-m des Bahndamms bei Ramerberg wiederhergestellt werden. Im Rahmen dieses Beitrages werden die komplexen örtlichen geotechnischen und hydrogeologischen Verhältnisse dargestellt, die das Böschungsversagen begünstigt haben könnten und die es bei der Wahl des Lösungskonzeptes zu berücksichtigen galt. Anschließend folgen Überlegungen, die zu dem ungewohnten Sicherungskonzept geführt haben, bestehend aus Wiederherstellung des Bahndammes mit bindemittelstabilisiertem Boden, einer mittels Totmannkonstruktion rückverhängter Bohrpfahlwand sowie den dahinter befindlichen Entwässerungssäulen. Hierbei soll speziell auf die Totmannkonstruktion sowie die Vorschüttung, die gleichzeitig als Arbeitsebene dient, eingegangen werden. Durch die gewählte Ausführungsvariante konnte eine Inbetriebnahme unmittelbar nach Wiederauf bau des Bahndamms und vor der Errichtung der finalen Sicherungsmaßnahme ermöglicht werden. Die Herstellung der erforderlichen, erfolgt hierbei nachträglich unter laufendem Rad . 2. Projektrandbedingungen 2.1 Geologie und Hydrogeologie Im Projektgebiet bestand der Bahndamm oberflächennah aus gemischtkörnigen Auffüllungen, die im Liegenden bis etwa +445,5 m NHN (s. Abb. 5) von unregelmäßigen quartären Ablagerungen unterlagert wurden. Darunter folgen spätwürmzeitliche Beckenablagerungen, die ab einer Höhenkote von ca. +437 m NHN in tiefreichende Moränenablagerungen übergehen in denen lokal organische Linsen angetroffen wurden. Abb. 1: Drohnenaufnahme der Versagensstelle mit sichtbaren Abbruchschollen und freiliegendem Gleis 66 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Bahndamm Ramerberg - Planung und zeiteffizientes Bauen für die Wiederherstellung nach einem Dammrutsch Die gemischtkörnigen quartären Böden stellen im Projektgebiet den Grundwasserleiter dar. Die spätwürmzeitlichen Beckenablagerungen bilden den Grundwasserstauhorizont. Aufgrund der Neigung der Schichten von West nach Ost, während der Damm nahezu in Nord-Süd-Richtung verläuft, ist die Grundwasserfließrichtung nach Osten in die Attel gegeben, welche ca. 100 m östlich der Böschung verläuft und als Vorfluter fungiert. Da auf der Ostseite des Bahndammes die Beckenablagerungen an der Oberfläche austreten, ist dort ebenso ein Wasseraustritt zu beobachten. Infolge von starker Durchnässung, nehmen die Beckenablagerungen anstelle der ansonsten steifen bis halbfesten Konsistenz, eine breiige bis weiche Konsistenz an, was einhergeht mit einer massiven Verringerung der Tragfähigkeit und Scherfestigkeit dieser Schicht, die die Standsicherheit des gesamten Dammes beeinträchtigt. Diesem Umstand wurde Rechnung getragen, indem die Scherparameter dieser maßgebenden Bodenschicht in der Planung der Sicherungsmaßnahme mit einem effektiven Reibungswinkel von j‘ k -=-25° und einer effektiven Kohäsion von c’ k = 2,0 kN/ m² angesetzt wurden. Eine inverse Berechnung des Böschungsversagens bestätigte diese Annahmen. Bei der Wahl einer Sicherungsmaßnahme galt es daher, die Eigenschaften dieses Bodens zu berücksichtigen und konstruktiv sicherzustellen, dass Grund- und Schichtenwasser sowohl bauzeitlich als auch dauerhaft sicher abgeführt werden. Durch die geringe Scherfestigkeit der Beckenablagerung ist es kaum möglich, diese mit schweren Baugeräten zu befahren, wie z. B. Ramm- oder Bohrgeräten. Eine dynamische Verdichtung war im Bereich dieser Schicht aus diesem Grund ebenso zu vermeiden. Bei einer eingerammten Spundwand als Totmannwiderlager hätte zudem für dieses Material nur ein geringer Bettungsmodul angesetzt werden können, was eine Verformungsbegrenzung erschwert hätte. Zudem war davon auszugehen, dass dieses Material keine ausreichende Mantelreibung geliefert hätte, um eine Rückverhängung mittels Verpressankern auszuführen. 2.2 Technisch-geometrische Randbedingungen Um den unterbrochenen Bahnverkehr schnellstmöglich wieder in Betrieb nehmen zu können, galt es eine zeiteffiziente Lösung zu finden, um den Bahndamm wiederherzustellen und dauerhaft zu sichern. Somit galt es die Vorgabe zu berücksichtigen, dass zunächst der Bahndamm wiederherzustellen war und anschließend erst die Einrichtung einer dauerhaften Sicherungsmaßnahme. Als geometrische Randbedingung galt es die Grenze zwischen Bahn- und Privatgrundstück zu berücksichtigen und eine anschließend ebene Fläche auf Höhenkote von +440,5-m NHN zu erreichen, was einen Einschnitt in die Geometrie des Bestandsdammes von ca. 5 m entsprach. Die Bemessung der einzelnen Komponenten des Sicherheitskonzeptes erfolgte nach den Vorgaben der maßgebenden DB-Richtlinien 804, 836 und 853 [1] - [3], die z. B. hinsichtlich der Rissbreitenbeschränkung, Berücksichtigung von Bemessungssituationen oder Verformungstoleranzen erhöhte Anforderungen stellen. Weil eine Andienung per Gleis offensichtlich nicht möglich und keine ausreichende Lagerfläche in unmittelbarer Nähe des Baufeldes verfügbar war, musste zudem eine Baustellenlogistik geplant werden, der den vollständigen Abtrag des Bahndammes über eine Länge von ca. 115 m, das Zwischenlagern und anschließende Wiedereinbau des Materials zzgl. einer Rampe bis zur Dammkrone per LKW zuließ (s. Abb. 5). Da unmittelbar mit Eintreten des Schadensereignisses und Anwendung der Sofortmaßnahme die Planung der Dammsicherung und die Baugrunderkundung parallel begannen, ergab sich ein iterativer Prozess, der eine enge Abstimmung zwischen Bodengutacher, Planer und Bauherren erforderte. 3. Lösungsansatz 3.1 Sofortmaßnahme Als Sofortmaßnahme wurde der Böschungsfuß mit örtlich verfügbarem Material auf eine Höhe von ca. 2- m angeschüttet um ein weiteres Abrutschen des Dammes zu verhindern. Im Anschluss, und mitlaufend zum Planungs- und Erkundungsbeginn, wurde bereits die Ertüchtigung der Flächen am Dammfuß mit einem Flächenfilter (s. Abb. 2 & Abb. 5) als Sofortmaßnahme durchgeführt. Ebenso erfolgte die Rodung des Bahndamms sowie der Rückbau des Gleises. Gleichzeitig wurde ein umfangreiches Monitoring eingerichtet, dass weitere Verformungen des Dammes erfassen sollte. 3.2 Dauerhafte Sicherung Für den Endzustand wurde vorgesehen, den Damm auf seinen obersten 10 m unter einer Neigung von 1: 1,5 wiederherzustellen, was i. e. der Ursprungsgeometrie entspricht, jedoch, zur Erhöhung der Steifigkeit und Scherfestigkeit, nun aus bindemittelstabilisiertem Material. Unterhalb wird der Geländesprung durch eine 5 m hohe Bohrpfahlwand gestützt, sodass ein größerer Eingriff auf das Nachbargrundstück vermieden wird und eine ebene Hoffläche bis zur Bohrpfahlwand auf Höhenkote +440,5 - m - NHN entsteht. Die Rückverhängung der Bohrpfahlwand erfolgt mittels Stahlzuggliedern und einer Totmannkonstruktion aus Winkelstützelementen unterhalb des Bahndammes. Die Sicherung des Bahndammes erfolgte nach einheitliches Gesamtkonzept, während die Ausführung in zwei Abschnitte unterteilt wurde: - Der Wiederaufbau des Bahndamms zur Wiederinbetriebnahme des Bahnverkehrs: Teilmaßnahme Erdbau; - Die dauerhafte Sicherung des Geländesprungs mittels rückverhängter Bohrpfahlwand: Teilmaßnahme Spezialtiefbau. Auf diese Weise wurde das Ziel der schnellstmöglichen Wiederinbetriebnahme berücksichtigt. Um das Ineinandergreifen der beiden Teile der Maßnahme sicherzustellen, war jedoch insbesondere die Planung der Ausfüh- 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 67 Bahndamm Ramerberg - Planung und zeiteffizientes Bauen für die Wiederherstellung nach einem Dammrutsch rungsschnittstellen zwischen Erdbau und Spezialtief bau frühzeitig festzulegen, wie nachfolgend erläutert. Abb. 2: Einbau des Flächenfilters, im Hintergrund: Bruchschollen des Bahndammes erkennbar 3.2.1 Bahndamm Durch das o. g. Auf bringen einer Anschüttung bis +445,5-m NHN, die im weiteren Bauablauf zur Bohr- und Arbeitsebene ausgebaut wurde, war die Gesamtstandsicherheit des Dammes zunächst gesichert und die Wiederherstellung des Bahndammes konnte ausgeführt werden. Hierzu wurde eine Bodenverbesserung des Bahndammmaterials mittels Bindemittelstabilisierung vorgesehen. Der Bahndamm wurde bis auf Niveau der angeschütteten Arbeitsebene abgetragen und für den Wiedereinbau zwischengelagert. Da auf dieser Höhenkote die spätwürmzeitlichen Beckenablagerung vorlag, wurde eine Schicht Grobschlag eingearbeitet, um auf diesem nicht tragfähigen Untergrund eine Befahrbarkeit zu erreichen. Auf diese Grundlage wurde der 50 cm mächtige Flächenfilter über die komplette Fläche des Bahndammes mit einem Gefälle in Richtung zukünftiger Bohrpfahlwand aufgebracht (s. Abb. 4, rechts). Auf der Westseite des Bahndammes hat dieser seinen Fußpunkt beim Übergang ins Ursprungsgelände bei minimal +450,0-m-NHN. Das Gelände zwischen Aushubsohle und Ursprungsgelände steigt somit auf dieser Seite des Dammes um ca. 4,5-m an. Diese Höhendifferenz wurde mittels einer Böschung und darin eingebrachter Brunnen (s. Abb. 4, links) gesichert. Im Anschluss steigt das Gelände dort in westlicher Richtung leicht an. Der Wiederauf bau des Bahndammes erfolgte, nach entsprechender Eignungsprüfung, durch Einbringen eines Mischbindemittels aus 30 % Kalk und 70 % Zement, welches lagenweise eingefräst und verdichtet wurde. Im Rahmen der Eignungsprüfung wurden neben den Versuchen zur Klassifikation des Aushubmaterials, Proctor- und Einaxiale Druckversuche mit 3 %, 5 % und 8 % Bindemittel durchgeführt. Das abgetragene Material wurde hinsichtlich Wiederverwendbarkeit gemäß ZTV E-Stb 17 [4] überprüft, ggf. separiert und anschließend vor dem Wiedereinbau durchmischt, um ein homogenes Material für den gesamten Bahndamm zu erhalten und Steifigkeitsunterschiede auszuschließen. Im Rahmen der Eignungsprüfung konnte festgestellt werden, dass die Mindestmenge von 3 % Bindemittel ausreichend ist, um sowohl die Anforderungen an die Druckfestigkeit nach FGSV M BMB [5] von q u ≥ 0,5 MN/ m² als auch an die sich aus den statischen Berechnungen ergebenden Anforderungen an die Scherfestigkeit einzuhalten (j‘ k -=-27,5°, c’ k = 25 kN/ m²). Abb. 3: Darstellung der Dammsicherung im Endzustand 68 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Bahndamm Ramerberg - Planung und zeiteffizientes Bauen für die Wiederherstellung nach einem Dammrutsch Der Flächenfilter diente als Aufstandsfläche für die Winkelstützelemente der Totmannkonstruktion. Diese wurden als nahezu durchgehende Wand (s. Abb. 6/ Abb. 7) am westlichen Rand des Flächenfilters aufgestellt und anschließend an der Vorderseite mit dem bindemittelstabilisierten Boden angefüllt. Somit diente dieser verbesserte Boden nicht nur der Gewährleistung der Standsicherheit des Bahndammes, sondern auch als Widerlager der Totmannkonstruktion. Um die Stahlzugglieder zu verlegen, die die Winkelstützelemente mit der geplanten Bohrpfahlwand verbinden, wurden in den bindemittelstabilisierten Boden lokale Gräben eingefräst. Die Zugglieder vom Typ SAS Fels- und Bodenanker d = 63,5 mm wurden darin im Abstand von 2,0 m in unverdichtetem Einkornkies gebettet verlegt und hinter den Winkelstützelementen verankert. Hierzu wurden in den Winkelstützelementen mittig 15 cm große Öffnungen vorgesehen, durch die die Stahlzugglieder mit einer Neigung von 5° geführt wurden und anschließend mittels Keilplatte und Ankerplatte (s. Abb. 6) in korrekter Ausrichtung korrosionsgeschützt verschraubt wurden. Nach Fertigstellung des Bahndammes lagen die Enden der Stahlzugglieder im Abstand von 2 m unmittelbar unter der Böschungsoberfläche des Dammes zur späteren Verlängerung und Einbindung in den Kopf balken der Bohrpfahlwand. Eine Verlegung über ihre volle Länge war zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, da dies zur Kollision mit der Herstellung der Bohrpfahlwand geführt hätte. Das Verlegen der Stahlzugglieder hatte daher mit besonderer Präzision zu erfolgen, um sicherzustellen, dass sie nach ihrer Verlängerung in der vorgesehenen Lage in die Mitte der bewehrten Sekundärpfähle münden. Die Winkelstützelemente wurden unmittelbar auf der Der BE-Fläche bewehrt, eingeschalt und betoniert und anschließend an ihren Bestimmungsort im späteren Bahndamm transportiert. Dies geschah aus zeitlichen Gründen. Die Bestellung von Fertigteilen hätte mehr zeitlichen Vorlauf für das Herstellwerk benötigt. Eine Ortbetonbauweise wäre ebenfalls zeitaufwändiger gewesen, da erst nach Erstellen des Flächenfilters das Flechten der Bewehrungskörbe und das Einschalen hätte beginnen können. Abb. 4: Einbau Flächenfilter nach vollständigem Abtrag des Bahndammes Abb. 5: Darstellung des Bauzustandes nach Wiederauf bau des Bahndammes 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 69 Bahndamm Ramerberg - Planung und zeiteffizientes Bauen für die Wiederherstellung nach einem Dammrutsch Mit der gewählten Vorgehensweise konnte unmittelbar nach Prüffreigabe mit der Herstellung der Winkelstützelemente begonnen werden, sodass diese im Zuge der Erdarbeiten zum Zeitpunkt des Erreichens der Aushubsohle bereitstanden. Innerhalb von 2 Tagen waren sämtliche Elemente aufgestellt (s. Abb. 7) und der Wiederaufbau des Dammes konnte beginnen. Nachdem das Abtragen des Bahndammes ca. 6 Wochen benötigt hatte, dauerte der Wiederauf bau des Dammes, der Auffahrtsrampe (s. Abb. 6) und des Gleises ca. 5 Wochen. Die Wiederinbetriebnahme des Gleises erfolgte eine Woche später am 23.06.2023, ca. 13 Wochen nach Beginn des Dammabtrages. Zwischen Schadensereignis und Baubeginn, somit die HOAI-Leistungsphasen 1 bis 7 sowie die geotechnische Erkundung samt Gutachten lagen letztendlich weniger als 6 Monate. Wie in Abb. 8 zu sehen ist, steht neben dem neu errichteten Bahndamm noch die 5 m hohe und 10 m breite Arbeitsebene zzgl. 5 m breiter Böschung, die einerseits als Arbeitsebene für die weiteren Arbeiten dient, zugleich aber für die Standsicherheit des Dammes erforderlich ist. Um den Rückbau dieser Arbeitsplattform zu ermöglichen, wurde eine rückverhängte Bohrpfahlwand geplant, die neben der Standsicherheit des Bahndammes auch Anforderungen der Gebrauchstauglichkeit erfüllen musste, weswegen eine zulässige horizontale Verformung des Wandkopfes auf 2 cm begrenzt wurde. Abb. 6: Teilangefüllte Winkelstützelemente mit angebrachter Keilplatte und bereitliegende Ankerplatten mit angeschweißtem Stahlrohr 3.2.2 Bohrpfahlwand Maßgebend für das Verformungsverhalten der Bohrpfahlwand ist das Bettungsverhalten des Bodens im Bereich des Erdwiderlagers sowie das Dehnungsverhalten des Stahlzuggliedes. Das Stahlzugglied wurde aus diesem Grund mit einem Durchmesser von 63,5 mm und einer Stahlgüte S670/ 800 deutlich stärker gewählt als aus reinen Gründen der Tragfähigkeit erforderlich. Die überschnittene Bohrpfahlwand wurde mit einem Bohrdurchesser von 1,3 m geplant und als im Baugrund gebettetes System berechnet. Aufgrund der geringen Scherfestigkeit der im Rahmen der Erkundung angetroffenen Schichten und des einzuhaltenden Verformungskriteriums, ergab sich eine erforderliche Gesamtlänge von 20,8 m, um das o. g. Verformungskriterium einzuhalten. Der oberste Meter der Bohrpfahlwand wurde als 1,5 m breiter bewehrter Stahlbetonkopf balken geplant, in den die Stahlzugglieder einbinden und auf dem eine Absturzsicherung geplant wurde. Abb. 7: Aufstellen der Winkelstützelemente als Teil der Totmannkonstruktion Abb. 8: Wiedererrichteter Bahndamm mit Rampen und Arbeitsebene 3.2.3 Entwässerung So wie die Wasseraustritte in der Böschung maßgebend zu ihrem Versagen beigetragen haben, so ist die sichere Abführung von Niederschlagssowie Grund- und Schichtwasser entscheidend für die bauzeitliche und dauerhafte Standsicherheit des Dammes. Der o. g. Flächenfilter an der Unterkante des bindemittelstabilisierten Bahndammes verläuft an der Westseite des Dammes hinter den Winkelstützelementen entlang der Böschung des temporären Aushubs hoch bis fast unter die GOK, sodass sämtliches Schichtenwasser im Bereich zwischen +444,5 m NHN und der westlichen GOK bei ca. +450,0 - m - NHN erfasst wird. Das Oberflächenwasser der Westseite des Bahndammes wird in einem offenen Gerinne am westlichen Böschungsfuß gesammelt und an einem Durchlass außerhalb des Projektgebietes durch den Bahndamm zum östlich gelegenen Vorfluter geführt. Die Entwässerung des Flächenfilters erfolgte bauzeitlich über eine Drainageleitung an seinem östlichen Rand. Für den Endzustand wurde die Drainageleitung zurückgebaut und an gleicher Stelle, also unmittelbar hinter der Bohrpfahlwand, jeweils hinter den Sekundärpfählen, geokunststoffummantelte Kiespfähle von ebenfalls 1,3- m 70 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Bahndamm Ramerberg - Planung und zeiteffizientes Bauen für die Wiederherstellung nach einem Dammrutsch Durchmesser angeordnet, die bis unter die Aushubsohle bei +440,5 m NHN reichen (s. Abb. 9). Mit diesen Säulen kann neben dem im Flächenfilter gefassten Wasser auch mögliches darunter verlaufendes Grund- und Schichtenwasser erfasst werden und auf diese Weise sichergestellt werden, dass kein Wasserdruck auf die Rückseite der Bohrpfahlwand wirkt. Die Entwässerung dieser Kiessäulen erfolgt durch Drainageöffnungen und Rohrleitungen DN160 in jedem unbewehrten Primärpfahl am Fuß der Bohrpfahlwand. Die Oberflächenentwässerung der Ostseite des Bahndammes wurde unabhängig von der Tiefenentwässerung geplant, um ein Verschlammen der Kiessäulen zu verhindern. Hierfür wurde am Fuß der Dammböschung hinter dem Kopf balken ein lokaler Aushub des Böschungsfußes geplant, sodass hinter dem Kopf balken und auf den Kiespfählen zunächst der Flächenfilter wiederhergestellt wird, der eine Entwässerung in die Kiespfähle ermöglicht. Darüber, durch ein Vlies getrennt, wird eine Mulde aus Magerbeton erstellt, die einen wasserundurchlässigen Übergang von Kopf balken bis zur Böschungskante sicherstellt. Diese Entwässerungsmulde ist zu den Viertelspunkten der Bohrpfahlwand geneigt, an denen sie in drei Fallrohre mit Schachtdeckel entwässert, die in die Kiessäulen eingestellt sind. Diese Fallrohre werden unten verschlossen und mit einer eigenen Drainageöffnung durch die Bohrpfahlwand hindurch entwässert. Erst an diesem Punkt werden beide Entwässerungsströme am Fuß der Bohrpfahlwand zusammengeführt und dem nächsten Vorfluter, der östlichen verlaufenden Attel zugeführt, wodurch das Oberflächenwasser nicht den Kies durchströmt. Das Erstellen und Rückverhängen der Bohrpfahlwand übernimmt die stabilisierende Wirkung der Anschüttung & Bohrplattform nach ihrem Rückbau. Der Rückbau der Bohrplattform hat hierbei in Abstimmung zwischen Erdbau und Spezialtief bau geplant zu werden. Um einen vollflächigen Wasserdruck auf die Bohrpfahlwand zu vermeiden, bevor die Drainageöffnungen erstellt wurden, wird jeweils ein einzelner Pfahl freigelegt und die Drainageleitung erstellt, bevor die Erdarbeiten vor dem nächsten Pfahl weitergehen können. Um ein Bohren gegen drückendes Wasser und damit ein Ausspülen des Säulenmaterials zu verhindern, wurden in sämtlichen Kiessäulen Pegelrohre vorgesehen (s. Abb. 9), die ein Absenken des Wasserspiegels vor Erstellung der Drainageöffnungen ermöglichen. An beiden Enden der Bohrpfahlwand wird die Arbeitsebene nicht vollständig zurückgebaut, sondern Böschungskegel stehen gelassen, die einen Übergang in das anschließende Gelände ermöglichen. Abb. 9: Entwässerung Bohrpfahlwand im Endzustand 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 71 Bahndamm Ramerberg - Planung und zeiteffizientes Bauen für die Wiederherstellung nach einem Dammrutsch 4. Monitoring Zur Kontrolle der Gleislage wurde im Rahmen der Planung der Wiederherstellung des Bahndammes ein Monitoringkonzept für die Gleise und den Bahndamm erstellt. Zusätzliches Ziel des Monitorings ist die Bestätigung, dass durch die ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen die Verformung des Dammes dauerhaft unterbunden wurden. In regelmäßigen Abständen fand sowohl eine innere Gleisvermessung mittels Messkleinwagen und eine äußere mittels Tachymetermessung statt. Ergänzend wurden 38 Punkte der angrenzenden Böschungen mittels Kreuzankern markiert, die ebenfalls mittels Tachymetermessung überwacht werden, um mögliche Verformungen zu erfassen. Außerdem wurden drei Horizontalinklinometer im Flächenfilter von der Totmannkonstruktion bis zur Vorderkante der Arbeitsplattform verlegt. Die Kürzung der Inklinometer im Rahmen der Erstellung der Bohrpfahlwand wurde vorab bereits berücksichtigt. Hierzu wurden Inklinometerschächte an den Positionen erstellt, an denen die Inklinometer nach Erstellung der Bohrpfahlwand enden (s. Abb. 10). Somit bleiben die Inklinometer zugänglich und die Messungen können sowohl nach der Inbetriebnahme der Strecke als auch während des Abtrags der Bohrplattform und darüber hinaus durchgeführt werden. Abb. 10: Inklinometerschacht; im Hintergrund: Winkelstützelemente sowie vorbereitete Stahlzugglieder mit Korrosionsschutz Literatur [1] Ril 804, Eisenbahnbrücken (und sonstige Ingenieurbauwerke) planen, bauen und instandhalten, DB Netz AG, 2023. [2] Ril 836, Erdbauwerke und sonstige geotechnische Bauwerke planen, bauen und instandhalten, DB Netz AG, 2022. [3] Ril 853, Instandsetzung, Teil- und Voll Erneuerung von Tunnelbauwerken, DB Netz AG, 2022. [4] ZTV E-Stb 17, Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen für Erdarbeiten im Straßenbau, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), 2017. [5] FGSV M BmB, Merkblatt über Bodenbehandlungen mit Bindemitteln, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), 2021.
