Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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2510-7755
expert verlag Tübingen
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2024
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Ergebnisse von aktuellen Forschungsvorhaben zur Bestimmung der Abrasivität von Lockergesteinen
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Christoph Budach
Katrin Lipka
Peter Erdmann
Danka Katrakova-Krüger
Die Bestimmung der Abrasivität von Lockergestein ist für die Planung von Tunnelbau- und Spezialtiefbauprojekten von hoher Bedeutung. Durch eine möglichst realistische Abschätzung der Abrasivität bzw. dem sich daraus ergebenden Verschleiß an Werkzeugen wird die Planungssicherheit von Bauzeit und -kosten erhöht und somit das Konfliktpotential im Projekt zwischen Auftraggeber und -nehmer reduziert. Aktuell ist eine Klassifizierung von Böden anhand des Abriebwerts ABR, der im sog. LCPC-Versuch gem. französischer Norm NF P 18-579 ermittelt wird, erforderlich. Um die Einflussfaktoren auf die Ergebnisse des LCPC-Versuchs zu untersuchen, wurden an der TH Köln im Lehr- und Forschungsgebiet Geotechnik und Tunnelbau verschiedene Versuchsreihen durchgeführt, bei der Einflussfaktoren variiert und die durch die Norm vorgegebenen Randbedingungen gezielt überschritten wurden. Erkenntnisse aus diesen Versuchen werden im Folgenden vorgestellt. Darüber hinaus wird ein Ausblick auf Untersuchungen im Rahmen des Forschungsprojekts Verschleißreduzierung an Werkzeugen von mobilen Arbeitsmaschinen (VerA) gegeben. Durch die Zusammenarbeit des Lehr- und Forschungsgebiets Geotechnik und Tunnelbau, des Instituts für Bau- und Landmaschinentechnik und des Labors für Werkstoffe der TH Köln werden weitere Versuche zur Bestimmung der Abrasivität bzw. des Verschleißes durchgeführt. Dabei wird das LCPC-Gerät, aber auch das an der TU Wien entwickelte Abrasimeter zum Einsatz kommen. Mittels der an der TH Köln durchgeführten Untersuchungen sollen so wichtige Erkenntnisse für die Praxis in Bezug auf die Abrasivität von Lockergesteinen gesammelt werden.
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14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 125 Ergebnisse von aktuellen Forschungsvorhaben zur Bestimmung der Abrasivität von Lockergesteinen Prof. Dr.-Ing. Christoph Budach Technische Hochschule Köln - Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik, Institut für Baustoffe, Geotechnik, Verkehr und Wasser, Lehr- und Forschungsgebiet Geotechnik und Tunnelbau Dipl.-Ing. Katrin Lipka Technische Hochschule Köln - Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik, Institut für Baustoffe, Geotechnik, Verkehr und Wasser, Lehr- und Forschungsgebiet Geotechnik und Tunnelbau Prof. Dr.-Ing. Peter Erdmann Technische Hochschule Köln - Fakultät für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme, Institut für Bau- und Landmaschinentechnik Prof. Dr. Danka Katrakova-Krüger Technische Hochschule Köln - Fakultät für Informatik und Ingenieurwissenschaften, Institut für allgemeinen Maschinenbau/ Labor für Werkstoffe, Gummersbach Zusammenfassung Die Bestimmung der Abrasivität von Lockergestein ist für die Planung von Tunnelbau- und Spezialtief bauprojekten von hoher Bedeutung. Durch eine möglichst realistische Abschätzung der Abrasivität bzw. dem sich daraus ergebenden Verschleiß an Werkzeugen wird die Planungssicherheit von Bauzeit und -kosten erhöht und somit das Konfliktpotential im Projekt zwischen Auftraggeber und -nehmer reduziert. Aktuell ist eine Klassifizierung von Böden anhand des Abriebwerts A BR , der im sog. LCPC-Versuch gem. französischer Norm NF P 18-579 ermittelt wird, erforderlich. Um die Einflussfaktoren auf die Ergebnisse des LCPC-Versuchs zu untersuchen, wurden an der TH Köln im Lehr- und Forschungsgebiet Geotechnik und Tunnelbau verschiedene Versuchsreihen durchgeführt, bei der Einflussfaktoren variiert und die durch die Norm vorgegebenen Randbedingungen gezielt überschritten wurden. Erkenntnisse aus diesen Versuchen werden im Folgenden vorgestellt. Darüber hinaus wird ein Ausblick auf Untersuchungen im Rahmen des Forschungsrojekts Verschleißreduzierung an Werkzeugen von mobilen Arbeitsmaschinen (VerA) gegeben. Durch die Zusammenarbeit des Lehr- und Forschungsgebiets Geotechnik und Tunnelbau, des Instituts für Bau- und Landmaschinentechnik und des Labors für Werkstoffe der TH Köln werden weitere Versuche zur Bestimmung der Abrasivität bzw. des Verschleißes durchgeführt. Dabei wird das LCPC-Gerät, aber auch das an der TU Wien entwickelte Abrasimeter zum Einsatz kommen. Mittels der an der TH Köln durchgeführten Untersuchungen sollen so wichtige Erkenntnisse für die Praxis in Bezug auf die Abrasivität von Lockergesteinen gesammelt werden. 1. Einführung - Aktuell geltende Regelungen zur Bestimmung der Abrasivität von Lockergesteinen Bei der Planung von Untertagebauarbeiten hat die Abrasivität der zu durchörternden Lockergesteine einen maßgebenden Einfluss auf den Verschleiß und die Auslegung der eingesetzten Werkzeuge sowie auf die Bauzeit- und Kostenermittlung. Um den durch die Abrasivität der Böden bedingten Verschleiß und die dadurch resultierenden Standzeiten der Abbauwerkzeuge abschätzen zu können, werden in der Entwurfs- und Planungsphase geotechnische Parameter, die die anstehenden Böden bezüglich ihrer Abrasivität klassifizieren, herangezogen. Gemäß DIN 18312 [1] sind mit dem aus dem französischen Regelwerk bekannten Test nach NF P 18-579 [2] (umgangssprachlich LCPC-Test genannt) Versuche durchzuführen bzw. Kennwerte anzugeben. Dabei wird der Masseverlust eines Stahlflügels bei Rotation in einer Bodenprobe der Kornfraktion 4,0 mm - 6,3 mm ermittelt, so dass eine Bestimmung des Abriebwerts A BR möglich ist. Basierend auf den Ergebnissen kann eine Klassifizierung nach der Empfehlung Nr. 24 des Arbeitskreises 3.3 der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik (DGGT) in sieben Stufen zwischen „extrem niedrig abrasiv“ und „extrem hoch abrasiv“ erfolgen [3]. Im Rahmen der „Empfehlung zur Auswahl von Tunnelbohrmaschinen“ des Deutschen Ausschusses für Unterirdisches Bauen wird zudem die Angabe eines Abriebwertes empfohlen, der die Bandbreite der Korngröße von 0 mm - 6,3 mm berücksichtigt, um so nicht nur Ergebnisse der sehr begrenzten Kornfraktion des Bodens zwischen 4,0 mm und 6,3 mm zu berücksichtigen [4]. Dieser Wert wird als A BR,0-6,3 bezeichnet. Zudem erarbeitet der Arbeitskreis „Verschleiß und Verklebung“ der DGGT aktuell eine Empfehlung zum Verschleiß, die voraussichtlich vorsieht, dass Böden mit einem Korndurchmesser von 2,0 mm bis 8,0 mm untersucht werden (vgl. [5]). 126 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Ergebnisse von aktuellen Forschungsvorhaben zur Bestimmung der Abrasivität von Lockergesteinen Nach [2] wird auch der Brechbarkeitskoeffizient B R angegeben, bei dem das prozentuale Verhältnis der Masse des untersuchten und durch den Prüfflügel beanspruchten Bodens mit einem Korn < 1,6 mm bezogen auf die Masse der Ausgangsprobe bestimmt wird. 2. Randbedingungen des LCPC-Versuchs Die Abrasivitätseigenschaften eines Lockergesteins bzw. der daraus resultierende Verschleiß sind u. a. von den Parametern Korngrößenverteilung, Kornrundung sowie Mineralogie abhängig. Darüber hinaus haben die Lagerungsdichte, die Umgebungsbedingungen und der Wassergehalt im Boden einen maßgebenden Einfluss. In der folgenden Abbildung 2 verdeutlicht der rot markierte Bereich die Korngrößen 4,0 mm bis 6,3 mm, die als Probenmaterial nach [2] zur Ermittlung des A BR -Wertes aus der gesamten Bodenprobe genutzt werden. Es wird also nur ein Feinkiesanteil untersucht. Größere Körner können gebrochen werden, so dass dieser Bodenanteil nach dem Brechen Korngrößen im Bereich zwischen 4,0 mm und 6,3 mm aufweist. Der Bereich der ursprünglichen Korngröße größer 6,3 mm ist in Abbildung 2 gelb gekennzeichnet. Zudem ist der Bereich zwischen 0 mm und 6,3 mm in grün umrandet, der nach [4] bzw. der Bereich zwischen 2,0 mm und 8,0-mm blau gekennzeichnet, der nach [5] untersucht werden kann. Abb. 1: Maßgebender Korngrößenbereich für den LCPC-Versuch in Abhängigkeit der Vorschrift bzw. Empfehlung (rot und gelb nach [2], grün nach [4] und blau nach [5]) Da zum Beispiel die Lagerungsdichte grobkörniger Böden mit dem LCPC-Versuch nicht gezielt verändert werden kann, wurde seitens der TU Wien ein Abrasimeter entwickelt [6], welches auch im ÖBV-Merkblatt „Merkblatt zur Abrasivitätsbestimmungen von grobkörnigem Lockergestein“ beschrieben ist [7]. Durch die Entwicklung des Abrasimeters der TU Wien können so auch gröbere Kornfraktionen in einer Bodenprobe untersucht werden. Darüber hinaus kann eine Lagerungsdichte sowie das Vorkommen von Wasser oder anderen Medien simuliert werden. Die realen Bedingungen im Baugrund werden damit deutlich besser als im LCPC-Versuch nachgebildet. Neben den genannten Bodenparametern nehmen auch die Randbedingungen der Versuchsdurchführung Einfluss auf die Ergebnisse des LCPC-Versuchs. Das Prüfgerät muss den Vorgaben (z. B. hinsichtlich der Abmessungen des Topfes, Drehgeschwindigkeit, Versuchsdauer, etc.) entsprechen. Außerdem ist die Qualität des Prüfflügels von hoher Bedeutung. Neben den Abmessungen und der Herstellungsweise des Prüfflügels ist auch die Stahlhärte mit HRB 60 - 75 vorgegeben (vgl. [3]). Bislang wurde noch nicht überprüft, inwieweit in diesem Bereich liegende, unterschiedliche Härten des Prüfflügels Einfluss auf den Abriebwert A BR bei Antreffen eines natürlichen Bodens haben. 3. LCPC-Versuche mit Variation der Korngrößenverteilung, der Kornform und der Härte der Prüfflügel 3.1 Versuchsprogramm und verwendete Bodenproben An der TH Köln wurden Bodenproben mit unterschiedlichen Korngrößenverteilungen in zwei Versuchsreihen mittels LCPC-Geräts untersucht. Die ersten Versuche erfolgten bei Variation der unterschiedlichen Böden mit zunächst verfügbaren Prüfflügeln (vgl. [8]), die jedoch nicht die nach [3] geforderten Härten aufwiesen. Bei diesen Versuchen wurde als Größtkorn der zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Korndurchmesser von 6,3 mm (gemäß [2] bzw. [4]) berücksichtigt. Bei der zweiten Versuchsreihe wurden für die Untersuchungen normgerecht hergestellte Prüfflügel verwendet. Bei diesen Versuchen wurde zusätzlich der nach [5] vorgeschlagene Korngrößenbereich von 2,0 mm bis 8,0 mm betrachtet (vgl. [9]). Die Bodenproben wurden aus einzelnen Kornfraktionen von Feinsand bis Mittelkies in unterschiedlichen Anteilen zusammengemischt und bestanden gemäß Angabe des Lieferanten mindestens zu 96% aus Quarz, so dass bei gleicher mineralogischer Zusammensetzung die Korngrößenverteilung der untersuchten Böden gezielt variiert wurde. Bei diesen Untersuchungen lagen in der Regel runde Körner vor. Zudem konnte eine Variation durchgeführt werden, in dem diese Körner durch einen Backenbrecher gebrochen wurden. Neben den gezielt variierten Böden wurde auch ein CEN-Sand nach [10] untersucht, um eine normativ festgelegte bzw. hergestellte Korngrößenverteilung zu untersuchen. Nachfolgend sind die Sieblinien der einzelnen Körnungen aufgeführt, die im Rahmen der Untersuchungen genutzt wurden. Durch die Nutzung der Korngrößenverteilungen wurde künstlich hergestelltes Material mit Korndurchmessern zwischen 0,063 mm bis 8,0 mm untersucht (vgl. Abbildung 2). 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 127 Ergebnisse von aktuellen Forschungsvorhaben zur Bestimmung der Abrasivität von Lockergesteinen Abb. 2: Darstellung der in den Untersuchungen genutzten Korngrößenverteilungen Die untersuchten Prüfflügel der ersten Versuchsreihe wurden nach den Versuchen stichpunktartig in der Mitte des Prüfflügels einer Härteprüfung unterzogen und wiesen Härten zwischen HRB 80 und 89 auf. Die Prüfflügel der zweiten Versuchsreihe wiesen nach Herstellerangaben Härten von HRB 66,6 auf, so dass ein Vergleich des Einflusses der Härte des Prüfflügels auf den ermittelten Masseverlust des Prüfflügels möglich war. Zudem wurden bei dieser Versuchsreihe vereinzelt die Härten der Prüfflügel bestimmt. Die Sieblinie der Bodenproben wurde vor und nach dem LCPC-Test durch eine Siebung ermittelt, so dass die Veränderung der Korngrößenverteilung nachvollzogen werden konnte. Auf eine Angabe des Brechbarkeitskoeffizienten B R nach [2] wurde verzichtet, da einige Böden bereits vor dem Versuch Kornfraktionen kleiner 1,6 mm aufwiesen. Aufgrund der Durchführung der Versuche können so Rückschlüsse auf den Einfluss der Korngrößenverteilung, der Kornform und der Härte des Prüfflügels geschlossen werden. 3.2 Versuchsergebnisse Für die durchgeführten Versuche ergaben sich die in der nachfolgenden Tabelle dargestellten Ergebnisse. Dabei ist die jeweilige Korngrößenverteilung bzw. deren Bezeichnung und auch der ermittelte A BR -Wert zu erkennen, wobei dieser Wert als A BR im Bereich zwischen 0,063 mm und 8,0 mm anzusehen ist, da auch Körner kleiner 4 mm (nach [2]) bzw. kleiner 2 mm (nach [5]) untersucht wurden. Ferner ist die Härte der Prüfflügel angegeben, die durch stichpunktartige Messungen ermittelt wurden (1. Versuchsreihe) bzw. aus dem vom Lieferanten zur Verfügung gestellten Qualitätszeugnis oder zusätzlichen Prüfungen (2. Versuchsreihe) hervorgingen. Tab. 1: Ergebnisse ausgewählter Untersuchungen Boden Korngröße [mm] A BR - Wert [g/ t] Härte [HRB] Versuchsreihe [Nr.] Mittelsandiger Feinsand 0,063 - 0,5 24 n. e. 1 Feinsandiger Mittelsand 0,063 - 0,5 20 87 1 Mittelsand 0,125-0,5 48 n. e. 1 Sand 0,063 - 2,0 368 86 1 Mittelsandiger Grobsand 0,125 - 2,0 332 n. e. 1 CEN-Normsand 1 0,08 - 2,0 352 n. e. 1 CEN-Normsand 2 0,08 - 2,0 394 85 1 CEN-Normsand 3 0,08 - 2,0 392 n.e. 1 Grobsand 0,25 - 2,0 410 n. e. 1 feinkiesiger Sand 0,063 - 5,6 880 85 1 feinkiesiger Mittel- und Grobsand 0,125 - 5,6 1020 n. e. 1 grobsandiger Feinkies 0,25 - 5,6 1030 86 1 Feinkies 1 1,0 - 3,2 666 86 1 Feinkies 2 1,0 - 3,2 656 n. e. 1 Feinkies 3 1,0 - 3,2 554 88 1 Feinkies 4-6,3 4,0 - 5,6 1066 89 1 Feinsand 0,063 - 0,25 16 66,6 2 Mittelsand 0,25 - 0,63 6 66,6 2 Grobsand 0,63 - 2,0 470 66,6 2 Feinkies I 2,0 - 4,0 856 66,6 2 Feinkies II 4,0 - 6,3 1246 66,6 2 Feinkies II 4,0 - 6,3 1264 66,6 2 Feinkies II 4,0 - 6,3 1280 66,6 2 Mittelkies 6,3 - 8,0 1454 66,6 2 Fein- und Mittelsand 0,063 - 0,63 14 66,6 2 Mittel- und Grobsand 0,25 - 2,0 496 66,6 2 Feinkies 2,0 - 6,3 1148 66,6 2 Fein- und Mittelkies 4,0 - 8,0 1410 66,6 2 Sand 0,063 - 2,0 468 66,6 2 Grobsand und Feinkies 0,63 - 6,3 1274 66,6 2 Fein- und Mittelkies 2,0 - 8,0 1297 66,6 2 Mittelsand bis Feinkies 0,25 - 6,3 1138 66,6 2 Grobsand bis Mittelkies 0,63 - 8,0 1290 66,6 2 Feinsand bis Feinkies 0,063 - 6,3 1200 66,6 2 Mittelsand bis Mittelkies 0,25 - 8,0 1478 66,6 2 Feinsand bis Mittelkies 0,063 - 8,0 1458 66,6 2 CEN-Normsand 1 0,063 - 2,0 410 65,9 2 CEN-Normsand 2 0,063 - 2,0 422 66,6 2 CEN-Normsand 3 0,063 - 2,0 392 66,6 2 n. e. = nicht ermittelt 128 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Ergebnisse von aktuellen Forschungsvorhaben zur Bestimmung der Abrasivität von Lockergesteinen Mit den normgerecht hergestellten Prüfflügeln wurden Mehrfachmessungen (je drei) sowohl mit dem Feinkies der Korngrößenverteilung zwischen 4,0 mm und 6,3 mm als auch mit dem CEN-Sand durchgeführt. Basierend auf den Ergebnissen bzw. Mittelwerten ergaben sich Standardabweichungen von bis zu 18 g/ t, so dass diese Abweichung in der Regel die Klassifizierung gemäß [3] nicht beeinflusst. Die vom Hersteller angegebene Härte von HRB 66,6 wurde überprüft. Die Ergebnisse der unbenutzten Prüfflügeln lagen mit Härten im Bereich von HRB 65 bis HRB 66 nahe dem vorgegebenen Wert. 3.3 Interpretation der Ergebnisse in Bezug auf die Korngrößenverteilung Die für die Versuche der Versuchsreihe 2 genutzten Sieblinien sind in der nachfolgenden Grafik dargestellt. Die Sieblinien sind dabei entsprechend der aus dem LCPC- Test resultierenden Ergebnisse und der Klassifizierung nach [3] farblich unterschiedlich abgebildet. Der Zusammenhang zwischen Farbwahl und den ermittelten A BR - Werten (A BR,0-8 ) ist der Legende zu entnehmen. Abb. 3: Sieblinien der untersuchten Böden mit farblicher Darstellung der Klassifizierung des Abriebwerts A BR nach [3] im Bereich der Korngrößen zwischen 0,063 mm - 8 mm (in Anlehnung an [8, 9]) Aus den farblich dargestellten Korngrößenverteilungen in Abb. 3 wird deutlich, dass vor allem das in den grobkörnigen Bodenproben vorhandene Größtkorn einen erheblichen Einfluss auf die Klassifizierung der Abrasivität nach [3] hat. So ist zu erkennen, dass die untersuchten sandigen Böden mit einem Größtkorn von 2 mm maximal eine „niedrige“ Klassifizierung erreichen, die grobkörnigen Böden mit einem Größtkorn von 6,3-mm (d. h. maximal Feinkies) eine „sehr hohe“ Klassifizierung und untersuchte Böden mit Anteilen an Mittelkies und einem Größtkorn von 8,0 mm eine Klassifizierung von „extrem hoch abrasiv“ (vgl. Legende in Abb. 3) haben. Nachfolgend sind diese Ergebnisse für die untersuchten Böden tabellarisch zusammenfassend dargestellt (vgl. Tabelle 2). Tab. 2: Klassifizierung der Ergebnisse von mit normgerechten Prüfflügeln durchgeführten Versuchen Größtkorn [mm] Klassifizierung nach [3] < 2 maximal „niedrig“ > 2 mm und < 6,3 mm „sehr hoch“ > 6,3 mm und < 8,0 mm „extrem hoch“ Neben dem Verschleiß des Prüfflügels ist auch die Brechbarkeit des Bodens zu betrachten. Während die Brechbarkeit im Bereich des Feinsandes kaum bis gar nicht bemerkbar ist, da sich die Korngrößenverteilungen vor und nach dem Versuch kaum unterscheiden, ist die Brechung des Probenmaterials während des LCPC-Versuchs bei deutlich grobkörnigeren Böden erkennbar, optisch, wie in Abb. 4 zu sehen ist, aber auch anhand der beispielhaften Sieblinie, siehe Abb. 5. Abb. 4: Bodenprobe 4 mm - 6,3 mm vor und nach dem LCPC-Test Abb. 5: Sieblinien der Bodenproben 4 mm - 6,3 mm vor und nach dem LCPC-Test (in Anlehnung an [9]), blau: Sieblinie vor dem Versuch; rot: Sieblinien nach dem Versuch 3.4 Interpretation der Ergebnisse in Bezug auf die Kornrundung Zur Untersuchung des Einflusses der Kornrundung wurden in der zweiten Versuchsreihe Bodenproben mit den Korngrößen 4,0 mm - 6,3 mm und 6,3 mm - 8,0- mm zusammengestellt. Das Probenmaterial der gebrochenen Körnung wurde vor dem Sieben mithilfe eines Backenbrechers erzeugt und von Hand sortiert. Zudem wurden die Proben mit runden Körnern aus den zur Verfügung gestellten Kornfraktionen in Anlehnung an DIN EN 933- 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 129 Ergebnisse von aktuellen Forschungsvorhaben zur Bestimmung der Abrasivität von Lockergesteinen 5 sortiert [10]. Abbildung 6 zeigt die zwei Bodenproben mit der gleichen Korngröße 6,3 mm - 8,0 mm, jedoch mit unterschiedlichem Rundungsgrad: links ausschließlich gebrochene Körner, rechts vollständig gerundete Körner. Abb. 6: Optischer Vergleich von gebrochener Körnung und gerundeter Körnung gleicher Korngröße [9] Die Ergebnisse der LCPC-Versuche sind in nachfolgender Tabelle dargestellt. Dabei wird zwischen den vollständig gebrochenen Körnungen, den runden Körnungen und hinsichtlich der Korngrößenverteilung unterschieden. Tab. 2: Ergebnisse ausgewählter Untersuchungen nach [9] Boden Korngröße [mm] A BR -Wert [g/ t] Rund 1 4,0 - 6,3 1044 Rund 2 6,3 - 8,0 1274 Gebrochen 1 4,0 - 6,3 1398 Gebrochen 2 6,3 - 8,0 1718 Der direkte Vergleich der Ergebnisse der Versuche mit gebrochener und gerundeter Körnung bei gleicher Korngröße und gleichem Quarzanteil zeigt, dass der A BR -Wert bzw. die Abrasivität eines Bodens stark von dem Rundungsgrad der Körnung abhängig ist. So lag der ermittelte A BR -Wert beim gebrochenen Korn um bis zu ca. 35-% höher als beim runden Korn gleicher Korngröße, so dass sich infolge der Ergebnisse auch eine andere Klassifizierung nach [3] ergeben kann. 3.5 Prüfflügel In den o. g. zwei Versuchsreihen wurden Prüfflügel aus zwei verschiedenen Lieferchargen mit unterschiedlichen Härten verwendet. Wird ein härterer Prüfflügel eingesetzt, so ist der Verschleiß dieses Prüfflügel üblicherweise geringer als bei einem Prüfflügel mit geringerer Härte. Die Unterschiede in den Ergebnissen des Abriebwerts sind bei Untersuchung des gleichen Bodens (z. B. Normsand) zu erkennen (vgl. Tabelle 1). Während bei den Prüfflügeln mit hoher Härte (hier bei einem Versuch HRB 85) beim Normsand Abriebwerte zwischen 352 g/ t und 394 g/ t bzw. einem Mittelwert von ca. 379 g/ t erzielt wurden, lagen die Ergebnisse der Untersuchungen mit Prüfflügeln mit geringerer, aber normgerechter Härte zwischen 392 g/ t und 422 g/ t bei einem Mittelwert von 408 g/ t. Hier wurde bei einem Prüfflügel die Härte von HRB 65,9 bestimmt. Aufgrund dessen kann von einem Unterschied von ca. 7 % bei den Ergebnissen aufgrund der Wahl eines unterschiedlichen Prüfflügels bei dem betrachteten Boden in diesem Härtebereich ausgegangen werden. Es kann gefolgert werden, dass je höher die Härte des Prüfflügels ist, desto geringer ist der Abrieb und desto niedriger fällt das Ergebnis für den Abriebwert aus. 3.6 Erkenntnisse aus den durchgeführten Untersuchungen Anhand der durchgeführten Untersuchungen ist zu erkennen, dass es bei grobkörnigen Böden einen klaren Zusammenhang zwischen dem Größtkorn des untersuchten Bodens und dem Ergebnis des LCPC-Versuchs bzw. der Klassifikation nach [3] gibt. Zudem hat die Kornform einen erheblichen Einfluss auf das Ergebnis des Versuchs. Daher sollte zukünftig auch die Kornform der in den Versuchen genutzten Böden vermerkt werden. Es sollte abgeschätzt werden, inwieweit sich Ergebnisse des LCPC-Tests aufgrund anderer im Projekt auftretenden Kornformen, die auch durch einen verfahrenstechnischen Einfluss bedingt sein können, verändern. Erste Vergleichsuntersuchungen mit unterschiedlichen, aber ähnlichen Härten der Prüfflügel zeigten nur geringe Unterschiede in den Ergebnissen. Welchen Einfluss eine Variation der in der Vorschrift festgelegten Härte zwischen HRB 60 - 75 z. B. bei einem Boden mit der Korngrößenverteilung von 2 mm - 8 mm auf die Ergebnisse hat, wurde noch nicht untersucht. Aufgrund unterschiedlicher Versuchsrandbedingungen und für Vergleichszwecke erscheint es sinnvoll, dass auch bei den Ergebnissen Bezeichnungen gewählt werden, aus denen die Randbedingungen hervorgehen. So bietet sich eine Bezeichnung als A BR bei Nutzung der Kornfraktion von 4,0 mm bis 6,3 mm, als A BR,0-6,3 bei Nutzung der Kornfraktion von 0 mm bis 6,3 mm bzw. als A BR,2-8 bei Nutzung der Kornfraktion von 2,0 mm bis 8,0 mm an (nach [5]). 3.7 Geplante Untersuchungen mit dem LCPC-Test Im Hinblick auf die durchgeführten Versuche mit dem LCPC-Test besteht weiterhin Forschungsbedarf. So sollen in weiteren Versuchen Böden mit unterschiedlicher Mineralogie untersucht werden, um die Ergebnisse in Abhängigkeit der dominierenden Mineralogie bzw. des Äquivalenten Quarzgehalts aufzuzeigen. Zudem soll der Einfluss der Kornform weiter untersucht werden. So sollen Untersuchungen durchgeführt werden, bei denen der Anteil an gebrochenen Körnern variiert wird. Es wurden Untersuchungen mit Prüfflügeln unterschiedlicher Härte und einem CEN-Sand durchgeführt. Zukünftig sollen mit Böden mit Korndurchmesser > 2 mm und Prüfflügeln mit gezielt variierten Härten aus dem Bereich gemäß [2] bzw. darüber hinaus Versuche durchgeführt werden, um die bisher ermittelten Ergebnisse zu verifizieren. 130 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Ergebnisse von aktuellen Forschungsvorhaben zur Bestimmung der Abrasivität von Lockergesteinen Zusätzlich soll in Anlehnung an [11] überprüft werden, ob unterschiedliche Medien im LCPC-Versuch genutzt werden können. 4. Geplante Untersuchungen zur Bestimmung der Abrasivität von Lockergesteinsböden bzw. des Verschleißes von Abbauwerkzeugen 4.1 Forschungsprojekt Verschleißreduzierung an Werkzeugen von mobilen Arbeitsmaschinen (VerA) Im Sommer 2023 begann an der TH Köln das bis 2025 laufende Forschungsprojekt „VerA“ (Verschleißreduzierung an Werkzeugen von mobilen Arbeitsmaschinen), das durch die interdisziplinäre Forschung der Fachbereiche Geotechnik und Tunnelbau, Simulation in der Bau- und Landmaschinentechnik sowie der Werkstofftechnik neue Erkenntnisse über die Bestimmung der Abrasivität von Lockergesteinen aufzeigen soll. Bei diesem Forschungsprojekt werden verschiedene Versuche mit dem LCPC- Gerät und erstmalig auch in Deutschland Versuche mit dem an der TU Wien entwickelten Abrasimeter durchgeführt. Zudem werden unterschiedliche Werkstoffe eingesetzt. Auf Basis bisheriger Untersuchungen erfolgt eine Simulation des LCPC-Tests (vgl. [12]). Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse wird ein Versuchsstand in den Laboren des Instituts für Bau- und Landmaschinentechnik entwickelt, in dem ein Verschleißprozess an einem Werkzeug unter realen Bedingungen nachgebildet werden kann. Der Ablauf des Forschungsprojekts ist in nachfolgender Abbildung dargestellt. Abb. 7: Ablauf des Forschungsprojekts VerA (Verschleißreduzierung an Werkzeugen von mobilen Arbeitsmaschinen) Ziel des Forschungsprojekts VerA ist die Entwicklung einer Methodik, mit der die Abrasivität von Böden genauer beschrieben werden kann. Darüber hinaus sollen Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen der Abrasivität des Bodens und dem Verschleiß von Abbauwerkzeugen gewonnen werden, um Werkzeuge für den Erdbau, Spezialtief bau oder den Tunnelbau zu optimieren. 4.2 Ringversuch LCPC Um die Ergebnisse des LCPC-Test zukünftig besser bewerten zu können, führt das Lehr- und Forschungsgebiet Geotechnik und Tunnelbau in Kooperation mit dem Arbeitskreis 1.11 „Verschleiß und Verklebung“ der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik (DGGT) einen Ringversuch mit LCPC-Geräten für Lockergestein durch. Bei diesem Ringversuch sollen die Einflüsse bei der Durchführung ermittelt werden, indem insgesamt jeweils neun LCPC-Versuche bei den teilnehmenden Instituten bzw. Firmen mit zwei unterschiedlichen Böden bei Verwendung von eigenen und gestellten Prüfflügeln durchgeführt werden. Ergänzend dazu wird den Teilnehmern ein Fragebogen zur Verfügung gestellt. Die Ergebnisse des Ringversuchs sollen mit anonymisierten Daten veröffentlicht werden. Der Ringversuch soll so Planern, Auftraggebern und Auftragnehmern helfen, die Ergebnisse des LCPC-Versuchs aufgrund der Durchführung besser bewerten bzw. einordnen zu können. Firmen bzw. Institute, die an dem Ringversuch teilnehmen möchten, können sich bei den Autoren melden. 5. Ausblick Durch die Untersuchungen an der TH Köln im Lehr- und Forschungsbereich Geotechnik und Tunnelbau sowie im Rahmen des interdisziplinären Forschungsvorhabens „VerA“ (Verschleißreduzierung an Werkzeugen von mobilen Arbeitsmaschinen) werden die Forschungsaktivitäten bzgl. der Beschreibung der Abrasivität von grobkörnigen Böden und des Verschleißes von Abbauwerkzeugen weiter verstärkt. Die Forschungsaktivitäten in diesem Bereich sollen an der TH Köln verstetigt werden, so dass die Untersuchungen an der TH Köln helfen, den Baugrund bestmöglich beschreiben und geeignete Werkzeuge auswählen zu können. Literatur [1] DIN 18312: 2019-09 (2019). VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) - Untertagebauarbeiten. [2] AFNOR - NF P 18-579 (2013). Granulats - Détermination des coefficients d‘abrasivité et de broyabilité (Gesteinskörnungen - Bestimmung der Koeffizienten der Abrasivität und Mahlbarkeit) [3] Käsling, H.; Düllmann, J.; Plinninger, R. J. (2022) Bestimmung der Abrasivität von Festgesteinen mit dem LCPC-Versuch - Empfehlung Nr. 24 des Arbeitskreises 3.3 - Versuchstechnik Fels - der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e. V. geotechnik 45, H. 2, S. 117-121. [4] Deutscher Ausschuss für Unterirdisches Bauen (DAUB) (2021): Empfehlung zur Auswahl von Tunnelbohrmaschinen [5] Feinendegen, M., Babendererde, T., Drucker, P., Holzhäuser, J., Langmaack, L., Richter, A. (2023): 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 131 Ergebnisse von aktuellen Forschungsvorhaben zur Bestimmung der Abrasivität von Lockergesteinen Empfehlung(en) „Verschleiß und Verklebung im Lockergestein“ ein erster Ausblick, Tagungsband zu Fachsektionstage Geotechnik der DGGT, S. 268 - 273 [6] Drucker, P (2013): Über die Abrasivität von Lockergestein und den Werkzeugverschleiß im Spezialtiefbau, Dissertation, Wien, 2013. [7] Österreichische-Bautechnik-Vereinigung (2013): „Merkblatt zurAbrasivitätsbestimmungen von grobkörnigem Lockergestein“, ÖBV-Merkblatt, Wien [8] Budach, C.; Katrakova-Krüger, D.; Siebert, B.; Erdmann, P.: Untersuchungen zur Bestimmung der Abrasivität von grobkörnigen Böden im maschinellen Tunnelbau, 63. Tribologie-Fachtagung Themenschwerpunkt: Erdbohrungen und Tunnelbau [9] Brungs, L. (2023). Untersuchungen zur Abrasivität grobkörniger Böden im Kontext der aktuellen Normung und Empfehlungen (unveröffentlichte Bachelorarbeit im Fachbereich Geotechnik und Tunnelbau). Technische Hochschule Köln, Köln. [10] DIN EN 933-5: 2023-01 (2023): Prüfverfahren für geometrische Eigenschaften von Gesteinskörnungen - Teil 5: Bestimmung des prozentualen Anteils an gebrochenen Körnern in groben Gesteinskörnungen und Gesteinskörnungsgemischen. [11] Feinendegen, M., Ziegler, M. (2018): Zur Aussagekraft des LCPC-Versuchs für die Festlegung von Homogenbereichen, Geomechanics and Tunnelling 11, S. 113 - 122 [12] Erdmann, P.; Budach, C.; Katrakova-Krüger, D.; Siebert, B.: Untersuchungen zur Bestimmung der Abrasivität von grobkörnigen Böden im maschinellen Erd- und Tunnelbau, Fachtagung Baumaschinentechnik 2022 in Dresden, Tagungsband, S. 305 - 323