eJournals Kolloquium Bauen in Boden und Fels 14/1

Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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expert verlag Tübingen
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2024
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Thermisches Verfahren zur Verhinderung von Anhydritquellungen

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2024
Uwe Dannwolf
Heiner Fromm
Anhydrit kann durch Wasserzutritt und chemische Umwandlung zu Gips sein Volumen um bis 61 % vergrößern. Hieraus können z. B. große Hebungen um mehrere Dezimeter an der Oberfläche oder sehr große Belastungen auf unterirdische Bauwerke resultieren. Anhydrit gehört damit zu einem der kritischsten Gesteine im Untertagebau und kann bei Nichtbeachtung zu Schäden, Nutzungseinschränkungen und hohen Sanierungsosten oder zu aufwändigen, kostenintensiven Präventivmaßnahmen (z. B. Acrylatgelinjektionen) führen. Bekannte Faktoren, die die Quellung von Anhydrit neben dem Wasserzutritt beeinflussen, ist der Kristallisationsdruck. Hoher Druck z. B. Überlagerungsdruck, zusätzliche Spannungen oder ein negativer Porenwasserdruck verändern die chemischen Gleichgewichte zwischen Anhydrit und Gips. Wesentlich ist aber die Gebirgstemperatur, da sich bei Temperaturen von 49 °C der Umwandlungsprozess verlangsamt und zum Stillstand kommt. Diese Temperaturabhängigkeit wurde im Rahmen einer aktuellen, privatwirtschaftlich finanzierten Forschungsarbeit durch systematische Quellexperimente erforscht, um den Zusammenhang zwischen der Volumen-Änderung während der Anhydrit/Gips-Transformation in Abhängigkeit der Umgebungstemperatur zu quantifizieren. Durch eine einmalige Installation von externen Wärmequellen wie z. B. Heizlanzen, Heizplatten oder flächig verlegten Heizdrähten kann der Untergrund so beeinflusst werden, dass eine weitere Umwandlung von Anhydrit in Gips gestoppt oder von vornherein verhindert wird. Die Art der Wärmeeinbringung sowie das Heizverfahren zur Verhinderung von Anhydritquellungen ist seit 2014 patentiert (Nummer DE102014213056). Anwendungsmöglichkeiten sind z. B. Tunnelanlagen (Bestand und Neubau) sowie Autobahnen und Brückengründungen aber auch Hebungen im Zusammenhang mit undichten Geothermiebohrungen. Beim beschriebenen Verfahren handelt sich um eine - insbesondere bei Nutzung von erneuerbaren Energien – ressourcenschonende Lösung zur Vermeidung von Gipshebungen und den damit verbundenen Schadens- und Reparaturkosten.
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14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 133 Thermisches Verfahren zur Verhinderung von Anhydritquellungen Dipl.-Geol. Uwe Dannwolf, B. Sc. RiskCom GmbH, Kochel am See Heiner Fromm Dr. Spang GmbH, Frankfurt/ Main Zusammenfassung Anhydrit kann durch Wasserzutritt und chemische Umwandlung zu Gips sein Volumen um bis 61 % vergrößern. Hieraus können z. B. große Hebungen um mehrere Dezimeter an der Oberfläche oder sehr große Belastungen auf unterirdische Bauwerke resultieren. Anhydrit gehört damit zu einem der kritischsten Gesteine im Untertagebau und kann bei Nichtbeachtung zu Schäden, Nutzungseinschränkungen und hohen Sanierungsosten oder zu aufwändigen, kostenintensiven Präventivmaßnahmen (z. B. Acrylatgelinjektionen) führen Bekannte Faktoren, die die Quellung von Anhydrit neben dem Wasserzutritt beeinflussen, ist der Kristallisationsdruck. Hoher Druck z. B. Überlagerungsdruck, zusätzliche Spannungen oder ein negativer Porenwasserdruck verändern die chemischen Gleichgewichte zwischen Anhydrit und Gips. Wesentlich ist aber die Gebirgstemperatur, da sich bei Temperaturen von 49 °C der Umwandlungsprozess verlangsamt und zum Stillstand kommt. Diese Temperaturabhängigkeit wurde im Rahmen einer aktuellen, privatwirtschaftlich finanzierten Forschungsarbeit durch systematische Quellexperimente erforscht, um den Zusammenhang zwischen der Volumen-Änderung während der Anhydrit/ Gips-Transformation in Abhängigkeit der Umgebungstemperatur zu quantifizieren. Durch eine einmalige Installation von externen Wärmequellen wie z. B. Heizlanzen, Heizplatten oder flächig verlegten Heizdrähten kann der Untergrund so beeinflusst werden, dass eine weitere Umwandlung von Anhydrit in Gips gestoppt oder von vornherein verhindert wird. Die Art der Wärmeeinbringung sowie das Heizverfahren zur Verhinderung von Anhydritquellungen ist seit 2014 patentiert (Nummer DE102014213056). Anwendungsmöglichkeiten sind z. B. Tunnelanlagen (Bestand und Neubau) sowie Autobahnen und Brückengründungen aber auch Hebungen im Zusammenhang mit undichten Geothermiebohrungen. Beim beschriebenen Verfahren handelt sich um eine insbesondere bei Nutzung von erneuerbaren Energien - ressourcenschonende Lösung zur Vermeidung von Gipshebungen und den damit verbundenen Schadens- und Reparaturkosten. 1. Einführung 1.1 Ausgangssituation und Motivation Sulfathaltiges Tongestein, das sogenannte Anhydrit, gehört wegen seiner eklatanten Quellfähigkeit zu einem der kritischsten Gesteine im Untertagebau. Unzählige im Gipskeuper errichtete Bauwerke erleiden kostspielige Schäden, deren Sanierungsmaßnahmen oft äußerst zeitaufwändig und mitunter nur temporär sind. In Europa sind vor allem Tunnelbauwerke im Jura in der Schweiz und in Frankreich sowie im Großraum Stuttgart in Süddeutschland von Quellhebungen betroffen [1]. Weitere prominente, sanierungsanfällige Bauwerke sind u. a. folgende Tunnel: • Wagenburg-Tunnel Stuttgart (> 100 cm Hebungen) • Engelbergbasistunnel Leonberg (>130 cm Hebungen) • Zudem gilt der Autobahneinschnitt Oberndorf (A81) mit 200 cm Hebung als regelmäßiger Sanierungsfall. Ein prominentes Beispiel ist die badische Gemeinde Staufen, in welcher durch Geothermiebohrungen Hebungsrisse auftraten. Weitere Beispiele aus der flachen Geothermie finden sich in Böblingen, Leonberg und im Kreis Hohenlohe. Bei Tunneln sind es insbesondere Sohlhebungen, hervorgerufen durch Anhydrit bedingte Quellungen, die innerhalb kurzer Zeiträume, sogar bereits während der Bauausführung, auftreten können. In der Regel aber erfolgen kritische Hebungen im Sohlgewölbe erst über lange Zeiträume. Obwohl das Phänomen bereits seit über 150 Jahren bekannt ist, liegen bislang nur wenig publizierte Untersuchungen bezüglich der Quellung anhydritischer Tongesteine vor. Erwähnenswert sind hier die Veröffentlichungen von [2], [3], [4], die sich mit dem System CaSO4 - H2O befassten, allerdings unterschiedliche Ergebnisse produzierten. Zum Beispiel konnte bei diesen sowie weiteren Untersuchungen [5] die Übergangstemperatur von Gips zum Anhydrit nicht exakt definiert werden; es wurden Übergangstemperaturen von Anhydrit zu Gips zwischen 38 °C und 63,5 °C publiziert. Ausgehend von einer Umwandlungstemperatur von 58 °C wurden von uns Bemühungen unternommen, um die Problematik zu verstehen. Die folgenden qualitativen Schlussfolgerungen werden jedoch in der Literatur allgemein akzeptiert: 134 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Thermisches Verfahren zur Verhinderung von Anhydritquellungen • eine Druckerhöhung erhöht die Gleichgewichtskonzentrationen von Anhydrit und Gips in unterschiedlichem Ausmaß [6], [7]; • die Anwesenheit von Salzen wie NaCl in der Lösung beeinflusst sowohl die Gleichgewichtskonzentrationen als auch die Temperatur, bei der Anhydrit und Gips koexistieren [8], [13]; • die Aktivitätszahl des Wassers beeinflusst die Umwandlungstemperatur. So steigt bei steigenden Aktivitätszahlen auch die Umwandlungstemperatur; • die Anhydrit-Gleichgewichtskonzentration nimmt mit steigender Temperatur ab, während sich die Gips- Gleichgewichtskonzentration nur geringfügig mit der Temperatur ändert [9], [10], [11]. 2. Zielsetzung, Grundlagen 2.1 Zielsetzung Ziel unserer Untersuchungen ist es, baupraktikable Lösungen zu entwickeln und anhydritbedingte Quellhebungen in zukünftigen oder bestehenden Bauwerken durch Temperaturerhöhung des Untergrunds zu reduzieren. Dazu waren zunächst oben genannte Wissenslücken im Forschungsgebiet der Anhydritquellung im Zusammenhang mit der Temperatur durch experimentell angelegte Untersuchungen zu schließen. Es wurden dazu systematische Quellexperimente mit dem Ziel durchgeführt, den Zusammenhang zwischen der Massen- (oder Volumen-)Änderung während der sogenannten Anhydrite to Gypsum Transformation (im folgenden AGT genannt) zu quantifizieren. Das quantitative Verständnis eines solchen Zusammenhangs liefert eine Grundlage für die konzeptionelle Gestaltung einer neuartigen Methode zur Unterdrückung der AGT bei unterirdischen Bauwerken. 3. Grundlagen a. Mechanismen und Prozesse im Zusammenhang mit quellenden Tonsulfatgesteinen In natürlichen sulfathaltigen Tonsteinen können zwei Quellvorgänge gleichzeitig auftreten, zum einen durch physikalische Quellung und zum anderen durch AGT [13]. Während die Tonmatrix zu einer schnellen Quellhebung beiträgt, ist die Hydratation von Anhydrit im Gestein hingegen ein eher langsamer Prozess. Im ungestörten Zustand, wie bei Bohrkernen nach längerer Lagerung bei konstanter Temperatur und Luftfeuchtigkeit, befinden sich die Gesteinsproben in einem thermodynamischen Gleichgewicht. Da die Tonpartikel hydrophil also wasseranziehend sind, ändert sich der Sättigungsgrad einer Probe bei Benetzung oder vollständigem Eintauchen in Wasser rasch, was zu einer Verringerung des negativen Porenwasserdrucks und damit zu einer Dekompression der Probe führt, d. h. es kann eine schnelle Anfangsdehnung beobachtet werden. Die AGT kann nicht von Anfang an stattfinden, da die Gleichgewichtskonzentration von gelösten Calcium- und Sulfationen erst die des Gipses erreichen muss, sodass der Gips auszufallen beginnt (siehe Abbildung 1). Damit AGT auftreten kann, muss die Tonmatrix Wasser aufnehmen (durch mechanische Quellung aufgrund der Verringerung des negativen Porenwasserdrucks), sodass es mit den Anhydritpartikeln in Kontakt kommen kann. Daher kann das schnelle anfängliche Quellungsphänomen auf die Quellung des Tons zurückgeführt werden, während die Tonmatrix das für die AGT verwendete Wasser liefert [12]. Abb. 1: a) physikalische Tonquellung durch Hydratation der Tonplättchen. b) chemische Sulfatquellung (AGT). (nach Butscher et al. 2015) 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 135 Thermisches Verfahren zur Verhinderung von Anhydritquellungen b. Gleichgewichtskonzentrationen von Anhydrit und Gips Die Gleichgewichtskonzentrationen von Anhydrit und Gips sind vom Einfluss von gelösten Salzen (Aktivitätszahl), der Spannung und dem auf das Gestein wirkenden Porenwasserdruck sowie insbesondere von der Temperatur abhängig. Thermodynamische Berechnungen erfolgten durch Serafeimidis und Anagnostou [13]. Hier wurden die Gleichgewichtskonzentrationen von Anhydrit und Gips unter den Annahmen von destilliertem Wasser (keine Fremdionen), atmosphärischen Bedingungen, neutralem Porenwasserpotenzial und Nullspannung, die auf die Partikel wirkt, berechnet. Die Ergebnisse sind in Abbildung 2 für einen Temperaturbereich dargestellt, der für die in dieser Arbeit verwendeten Laborbedingungen relevant ist (d. h. 25-50 °C ). Abb. 2: Gleichgewichtskonzentrationen von Anhydrit und Gips in Abhängigkeit von der Temperatur (nach Serafeimidis und Anagnostou, 2014b). Es ist aus Abbildung 2 zu erkennen, dass die Gleichgewichtskonzentration von Gips zwischen den Temperaturen von 0 °C und 60 °C geringfügig ansteigt (d. h. von ca. 15,0 mol/ m³ auf ca. 16 mol/ m³), während die Gleichgewichtskonzentration von Anhydrit von ca. 33 mol/ m³ bei 0 °C auf ca. 14 mol/ m³ bei 60 °C sinkt. Beide Gleichgewichtskonzentrationen schneiden sich bei ca. 16 mol/ m³ bzw. bei 49,5 °C, was als Übergangstemperatur für diese Bedingungen angesehen wird (Schnittpunkt zwischen der Löslichkeitskurve von Anhydrit bzw. Gips in Abbildung 2). Diese theoretische Ableitung galt es nunmehr experimentell zu bestätigen. 4. Versuchsaufbau: Material, Vorbereitung, Durchführung Für die Untersuchungen des temperaturabhängigen Quellverhaltens wurden natürliche Gesteinsproben verwendet. Die Probekörper stammen aus Bohrkernen eines Tunnelartigen Bauwerks (im folgenden HN genannt), einer Gipsabbaugrube in Obrigheim (Neckar-Odenwald- Kreis) und aus Bohrkernen und Cuttings der Stadt Staufen (Breisgau-Hochschwarzwald). Das Probenmaterial bestand hauptsächlich aus Ton und Anhydrit. Für alle Versuche zur Untersuchung des temperaturabhängigen Quellverhaltens wurden oben genannte Proben zu Pulver gemahlen und homogenisiert. Dies erfolgte, um Unsicherheiten durch inhomogene Zusammensetzungen innerhalb der Bohrkerne zu reduzieren, die Reproduzierbarkeit (durch Einhaltung gleicher Probenvorbereitungs- und Prüfverfahren) zu gewährleisten und den Quellprozess durch AGT von dem durch Ton weitestgehend zu isolieren. Bei der Probenvorbereitung wurde das gemahlene Material in einen Stahlring mit 7 cm Durchmesser und 2 cm Höhe eingebracht und durch ein Proctorhammer á zehn Schlägen in drei Durchläufen mit gleicher Axialkraft bis 1 MPa zu zylindrischen Scheiben verdichtet. Diese Scheiben verblieben in den Stahlringen, in denen sie verdichtet wurden und wurden in Ödometerzellen eingebaut. Die Proben wurden dann im trockenen Zustand in ein Wasserbecken mit einer konstanten Temperatur eingelassen. Um Temperaturnester zu vermeiden, wurde das Wasserbecken mittels Tauchsieder und integrierter Umwälzpumpe vorgeheizt und zum Zirkulieren gebracht. Im Anschluss wurden die Proben mit entionisiertem Wasser gewässert, womit der eigentliche Quellversuch begann. Dabei wurde die axiale Quelldehnung jeder Probe, mittels Messschieber gemessen und dokumentiert. Quellungsmessungen wurden gemäß Ableseintervall nach DIN EN ISO 17892-5 durchgeführt. Der Versuchsauf bau wird in Abbildung 3 gezeigt. Die Versuche wurden beendet, indem die Probekörper aus der Apparatur herausgenommen wurden. Unmittelbar nach der Entnahme wurden die Proben gewogen. Abb. 3: Versuchsauf bau der Ödometermessungen im Wasserbecken 5. Ergebnisse Eine Reihe Ödometertests wurde bei 53,5 ºC im Wasserbecken durchgeführt. Anfänglich trat hier die physikalisch bedingte Quellung sofort ein und war binnen 2 Stunden vollständig abgeschlossen. 136 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Thermisches Verfahren zur Verhinderung von Anhydritquellungen Abb. 4: Ödometerquellversuch bei 53,5 °C zur Unterscheidung zwischen Ton- und Anhydritquellung Zur Bestimmung der Übergangstemperatur wurde die Temperatur im Wasserbecken in einem Intervall von ca. 24 Stunden auf 52 ºC, 51 ºC, 49,5 ºC und schließlich auf 49 ºC abgesenkt. Im Bereich von 53,5-49,5 ºC war keine axiale Quelldehnung zu beobachten. Bei weiterem Absenken auf 49 ºC trat nach ca. 20 Stunden auf dieser Temperaturstufe eine Quelldehnung von 0,01 mm ein, was darauf schließen lässt, dass die AGT bei dieser Übergangstemperatur von 49-49,5 ºC einsetzt. Diese Übergangstemperatur entspricht den thermodynamischen Berechnungen von Serafeimidis und Anagnostou (2014b) sowie Innorta et al. (1980). Weitere Langzeitversuche wurden mit verschiedenen Temperaturstufen durchgeführt wie Abbildung 5 aufzeigt. Insgesamt nehmen die absoluten Hebungen sowie die Quellsteigung mit steigender Temperatur ab; ab 49 °C finden keine Hebungen mehr statt. Abb. 5: Ödometermessungen in Abhängigkeit der Temperatur Abb. 6: Verlangsamung der Quellungsrate Vergleicht man die einzelnen Temperaturstufen so lässt sich feststellen, dass ein Anstieg der Gesteinstemperatur auf ca. 41-43 ºC die Quellungsrate halbieren würde, während eine Temperatur von 45-47,5 ºC die Quellung um den Faktor 10 verlangsamt (siehe Abbildung 6). Daraus schlussfolgern wir: • Die Quellung von Anhydrit bleibt oberhalb einer Temperatur von ≥ 49,5 ºC aus; • Die Quellungsrate verlangsamt sich und Quellungsdruck verringert sich bei Erwärmung auf <49,5 ºC; • Eine Gesteinstemperatur von <49,5 ºC führt zwar zu Energieeinsparungen, aber erreicht nur eine Verlangsamung des Quellungsprozesses. 6. Umsetzung der Ergebnisse an einem Beispielbauwerk Tunnel Die Umsetzung der Forschungsarbeiten dient auch als Grundlage zur Implementierung (Planung und Ausführung) des patentierten Verfahrens der künstlichen Bodenerwärmung bei Tunnelbauwerken im quellfähigen Gestein. Dazu wurde ein beispielhafter Tunnelquerschnitt ausgewählt (siehe Abbildung 7) und eine thermische 2 D Berechnung mittels Geoslope’s Temp/ w Software durchgeführt. Sowohl eine stationäre und eine instationäre Simulation von vertikal eingebrachten Heizelementen wurde durchgeführt. Es wurde dabei der Heizelementabstand zwischen 5 und 20 m variiert, wobei sich ein 10 m Horizontalabstand zwischen den Heizelementen als praktikabel darstellt. Abb. 7: Skizze zur Implementierung von Heizelementen in einem Tunnelquerschnitt Bei diesem Abstand zeigt sich, dass bereits nach ca. 60 Tagen die Anhydritschicht auch zwischen den Heizelementen weitgehend auf Temperaturen größer 40 °C aufgeheizt hat. Nach einem Jahr Betriebszeit ist die Wärmeausbreitung umfassend groß, so dass die Hebungen zum Erliegen kommen. 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 137 Thermisches Verfahren zur Verhinderung von Anhydritquellungen Abb. 8: Temperaturausbreitung nach 60 Tagen Heizzeit in der Heizelementebene Abb. 9: Temperaturausbreitung nach 365 Tagen Heizzeit in der Heizelementebene Daraus ergibt sich zur Schadensabwehr ein kontinuierlicher Heizbetrieb mit einem Energieverbrauch von ca. 78.000 kWh/ Jahr. Für einen Bereich 1.000 m² (z. B. Testfeld) sind lediglich neun Heizelemente notwendig. Es gibt verschiedene Wärmequellen, die sich prinzipiell für den Einbau in Tunnel eignen (siehe Abbildung 10) Abb. 10: verschiedene Wärmequellen zum Einbau in Tunneln 138 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Thermisches Verfahren zur Verhinderung von Anhydritquellungen Die mit der Einbringung und dem Betrieb von Wärmequellen verbundenen Installations- und Betriebskosten sind um ein Vielfaches geringer als aufwändige Sanierungsarbeiten. Der Einbau von Wärmequellen ist von kurzer Dauer und bei laufendem Betrieb möglich. Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Bestrebung zur Vermeidung der „grauen Energie“ bei der Erstellung von Bauwerken sehen wir in der hier skizzierten Lösung eine charmante, ressourcenschonende, alternative Lösung zur Vermeidung von Gipshebungen und Vermeidung von Schadens- und Reparaturkosten. Sie zeichnet sich durch niedrige Capex-Kosten und niedrige Risikokosten aus. Die Kosten für den Betrieb der Schadensabwehr sind überschaubar und lassen operationell abdecken. Insgesamt ergibt sich eine signifikante Reduktion von bilanziellen Rückstellungen. Je mehr erneuerbarer Strom in der Umgebung vorhanden ist, desto nachhaltiger ist die hier vorgestellte Alternativlösung. Literatur [1] Amstadt und Kovári (2001): Untertagbau in quellfähigem Fels. ETHZ Forschungsauftrag 52/ 94 auf Antrag des Bundesamtes für Strassen (ASTRA). IGT, ETH Zürich. [2] van’t Hoff J.H., Armstrong E.F., Hinrichsen W., Weigert F., Just G. (1903): Gips und Anhydrit. In: Zeitschrift für Physikalische Chemie, Vol. 45; pp. 257-306. [3] Hardie, L.A. (1967): The Gypsum-Anhydrit Equilibrium at one atmospheric pressure, The American Mineralogist, Vol 52, Jan-Feb 1967. [4] Nagra (1979): Anhydrit als Wirtgestein ür die Endlagerung radioaktiver Abfälle in der Schweiz, Technischer Bericht 12. [5] Berdugo, I., E. Romero, M. Saaltink & M. Albis: On the behaviour of the Ca-SO4-H2O system. Rev. Acad. Colomb. Cienc. 32(125): 545-557, 2008. [6] MacDonald, G. J. F. 1953. Anhydrite-gypsum equilibrium relations. Am. J. of Science, Vol. 251. [7] Rolnick L.S. 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