eJournals Kolloquium Bauen in Boden und Fels 14/1

Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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2510-7755
expert verlag Tübingen
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2024
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Numerische Berechnungen zum Tunnel Silltal als Teil des Brenner Basistunnels

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2024
Tassilo Weifner
Der Tunnel Silltal, welcher Teil des Tunnelsystems des Brenner Basistunnels ist, wird in Ortbeton als weiße Wanne ausgeführt. Der Tunnel wird derzeit in offener Bauweise aufgefahren und soll später dem natürlichen Geländeverlauf folgend eingeschüttet werden. Im Zuge der Planungsphase des Tunnels zeigte sich, dass aufgrund der prognostizierten Geologie mit sehr variablen Untergrundverhältnissen und der Belastung aufgrund der Einschüttung eine monolithische Bauweise des Tunnels ohne Dehnfugen erforderlich war. Die Gründung des Tunnels sollte ursprünglich als Pfahlplattengründung ausgeführt werden. Für die Optimierung der Tunnelgründung und der Bewehrung wurden numerische Berechnungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Untergrundverhältnisse entlang der Tunnelachse durchgeführt. Im Zuge der Bauausführung konnten zwar nachgiebigere, aber homogenere Gründungsverhältnisse festgestellt werden, sodass aufgrund der Ergebnisse weiterer numerischer Berechnungen eine Optimierung der Gründungsmethode durchgeführt werden konnte und eine reine Flachgründung zur Ausführung kam.
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14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 189 Numerische Berechnungen zum Tunnel Silltal als Teil des Brenner Basistunnels Dipl.-Ing. Dr. techn. Tassilo Weifner Brenner Basistunnel BBT SE, Innsbruck, Österreich Zusammenfassung Der Tunnel Silltal, welcher Teil des Tunnelsystems des Brenner Basistunnels ist, wird in Ortbeton als weiße Wanne ausgeführt. Der Tunnel wird derzeit in offener Bauweise aufgefahren und soll später dem natürlichen Geländeverlauf folgend eingeschüttet werden. Im Zuge der Planungsphase des Tunnels zeigte sich, dass aufgrund der prognostizierten Geologie mit sehr variablen Untergrundverhältnissen und der Belastung aufgrund der Einschüttung eine monolithische Bauweise des Tunnels ohne Dehnfugen erforderlich war. Die Gründung des Tunnels sollte ursprünglich als Pfahlplattengründung ausgeführt werden. Für die Optimierung der Tunnelgründung und der Bewehrung wurden numerische Berechnungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Untergrundverhältnisse entlang der Tunnelachse durchgeführt. Im Zuge der Bauausführung konnten zwar nachgiebigere, aber homogenere Gründungsverhältnisse festgestellt werden, sodass aufgrund der Ergebnisse weiterer numerischer Berechnungen eine Optimierung der Gründungsmethode durchgeführt werden konnte und eine reine Flachgründung zur Ausführung kam. 1. Einführung Der BBT bildet das Herzstück des Skandinavisch-Mediterranen TEN-Korridors von Helsinki (Finnland) nach Valletta (Malta) und ist im TEN-Strategieplan als Teil des Nord-Süd-Korridors Nr. 5 vorgesehen. Eine besondere Bedeutung nimmt der Brenner Basistunnel als staatenverbindendes Projekt zwischen Österreich und Italien ein. Der Brenner Basistunnel zwischen Tulfes (Österreich) und Franzensfeste (Italien) weist eine Gesamtlänge von 64 km auf, womit die weltlängste unterirdische Eisenbahnverbindung entsteht [1]. Die Bahntrasse des Brenner Basistunnels verläuft vom Bahnhof Innsbruck über eine offene Strecke und wird dann in einen Tunnel in offener Bauweise mit einer Gesamtlänge von 129,5 m geführt, dem in diesem Beitrag behandelten Tunnel Silltal, wobei die Bahntrasse zunächst in einem zweigleisigen Kastenquerschnitt verläuft und sich danach auf zwei Kastenquerschnitte zu je einem Gleis aufteilt (vgl. Abb. 1). Ausgehend von diesen beiden Kastenquerschnitten verläuft die Bahntrasse dann über je eine Eisenbahnbrücke zum Nordportal der beiden Haupttunnel, welche über je 55-km bis zum Südportal in Franzensfeste im Berg verlaufen. Die Lebensdauer des Brenner Basistunnels und somit aller seiner permanenten Bauwerke wurde mit 200 Jahren festgelegt. Daraus resultieren höhere Anforderungen an die Bemessung der einzelnen Bauteile, die Qualität der Ausführung der Arbeiten und letztendlich auch an die Wartung/ Instandhaltung der Bauwerke. Der Tunnel Silltal soll später dem natürlichen Geländeverlauf folgend eingeschüttet werden. Im Zuge der Planungsphase des Tunnels zeigte sich, dass aufgrund der prognostizierten Geologie mit sehr variablen Untergrundverhältnissen und der Belastung durch die sowohl in längsals auch in Querrichtung variable Einschüttung, eine monolithische Bauweise des Tunnels ohne Dehnfugen zwischen den Blöcken erforderlich war. Abb. 1: Visualisierung des Endzustandes im Bereich der Sillschlucht bei Innsbruck. Im Vordergrund die zwei Eisenbahnbrücken, dahinter der Tunnel Silltal; im Hintergrund die Bergiselbrücke der Brennerautobahn und darunter die offene Bahnstrecke. Die sonst übliche blockweise Bauweise mit Dehnfugen (übliche Blocklänge 10 m bis 12 m) hätte hier nämlich zu sehr hohen Verkippungen oder gar Versätzen zwischen den einzelnen Blöcken geführt, welche mit den Anforderungen des Bahnbetriebes nicht vereinbar gewesen wären. 2. Geologie/ Geotechnik 2.1 Geologie Die Geologie im Bereich der Sillschlucht ist von einer fluviatil entstandenem Schlucht geprägt, welche im Hang durch verwitterte Gesteine und im Bereich der Sill durch fluviatile Sedimente geprägt ist. Laut geologischer Prognose sollte m mittleren Bereich des Tunnels Silltal mehr oder weniger kompakter Fels anstehen, wogegen an den beiden Randbereichen Lockergestein anstehen sollte. 190 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Numerische Berechnungen zum Tunnel Silltal als Teil des Brenner Basistunnels Für das Gründungskonzept wurde vorgesehen, für Bereiche in denen kein Fels unter der Sohlplatte ansteht, die Gründung zusätzlich über Einzelbohrpfähle durchzuführen, um auch in diesen Bereichen eine Gründung in den Fels zu erzielen (siehe dazu Abb. 2, braun schraffierte Fläche. vermuteter Felshorizont auf Gründungsebene). Die Bohrpfähle wurden im in der Folge beschriebenen Modell als elastisch gebettete Stäbe abgebildet und waren mit einen Kreisquerschnitt mit einem Durchmesser von 1,20 m geplant. Abb. 2: Grundriss des Tunnels Silltal mit prognostiziertem Felsbereich (braun) 2.2 2.2 Geotechnik Die auftretenden Gebirgsarten (GA) reichen vom blockigen Hangschutt (GA 3), einer Übergangszone vom Festgestein zum Lockergestein (GA 4.1), dem verwitterten Fels (GA 6) bis zum unverwitterten Gebirge (GA 7.1). Die Einzelbohrpfähle wurden ins unverwitterte Gebirge eingebunden. Eine weitere Bodenart war durch das Material für die Auffüllung nach Ende der Betonierarbeiten gegeben. Die Gebirgs- und Bodenkennwerte wurden aus dem geologisch/ geotechnischen Bericht [2] entnommen. Für die Berechnung wurden folgende Kennwerte angesetzt: Abb. 1: Gebirgs- und Bodenkennwerte Parameter E n g j c Einheit N/ mm² ° kN/ mm³ ° MPa Blockiger Hangschutt GA 3 80 0,25 21 37,5 0,01 Übergangszone Festgestein- Lockergestein GA 4.1 500 0,25 23 37,5 0,025 Verwitterter Quarzphylit GA 6 1500 0,20 25 37,5 0,10 Unverwitterter Quarzphylit GA 7.1 2500 0,18 26 40 0,25 Auffüllung - - 22 37,5 0,005 3. 3D Modell 3.1 Modellierung Der Tunnel wurde im Programm SOFISTIK mit 3-dimensionalen BRIC Elementen modelliert. Die ein- und zweigleisigen Kästen wurden aus Rahmenelementen, welche dann in die dritte Dimension extrudiert wurden, modelliert. Der Bereich zwischen dem zweigleisigen Kasten und den beiden eingleisigen Kästen wurde durch einen Übergangsblock modelliert. Die Wände wurden in einer Dicke von 80cm ausgeführt, die Decke wurde in Bereichen mit hoher Erdauflast mit 120cm Dicke ausgeführt; die restlichen Bereiche wurden mit einer Dicke von 80 cm erstellt. Für die Bodenplatte wurde eine Dicke von 1,20m vorgesehen. Das Finite Elemente Modell des Tunnels ist in Abb. 3 dargestellt. Abb. 3: Finite Elemente Modell des Tunnels Silltal 3.2 Lastannahmen Die Tunnelwände werden im Wesentlichen durch Eigengewicht, Verkehrslast, Erdauflast und Erddrücke belastet. Bei den Erddrücken wurden verschiedene Kombinationen aus erhöhtem aktiven Erddruck und Ruhedruck angesetzt. Da die Erddrücke aufgrund der Hanglage bergseitig teilweise wesentlich höher sind als talseitig, wurden auf der Talseite der Erdruhedruck und bergseitig der erhöhte aktive Erddruck angesetzt, um ein Kräftegleichgewicht in horizontaler Richtung zu erreichen. Ansonsten wurde beidseitig der erhöhte aktive Erddruck aufgebracht. Im Falle zu geringer oder keiner Überschüttung wurde auf der sicheren Seite der Verdichtungserddruck bzw. der Erdruhedruck bis zur Oberkante der offenen Bauweise angesetzt, wobei der maßgebend größere Wert berücksichtigt wurde. Der Verdichtungserddruck wurde im Berechnungsmodell in den maßgebenden Bereichen vereinfachend als konstante Gleichlast mit e vh =25 kN/ m² bis zur Oberkante der Decke angesetzt. Temperaturbelastungen aus dem Schwinden des Beton wurde im 3D-Schalenmodell nicht angesetzt, da der Bauablauf ein Betonieren der Blöcke auf Lücke vorsah. Mit der in Abschnitt 3 ermittelten Bewehrung zur 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 191 Numerische Berechnungen zum Tunnel Silltal als Teil des Brenner Basistunnels Begrenzung der Rissbreite aus Zwang können die Gebrauchstauglichkeitseigenschaften ausreichend abgedeckt werden. Der Ansatz einer Zwangsbeanspruchung im Berechnungsmodell mit Nachweis der Rissebeschränkung konnte daher entfallen. Die Kriechzahl j wurde gemäß EC2, Abs. 3.1.4 ermittelt. Die Temperatureinwirkungen wurden gemäß den Vorgaben der Regelplanung der BBT SE [3] unter Berücksichtigung des Bauteilabstandes vom Portal angesetzt, wobei hier nur die Werte für einen Abstand zum Portal unter 3 km zum Tragen kamen. Tabelle zeigt die Temperaturgradienten und die effektiven Temperaturänderungen. Tab. 2: Temperatureinwirkungen gemäß Regeplanung BBT SE [3] Abstand Portal [km] <3 3-10 >10 Temperaturgradient [°C] 5 2 2 DT eff Winter [°C] -16 -10 -6 DT eff Sommer [°C] 16 10 6 In Bereichen, in denen Temperaturlasten ausgeschlossen werden können, z. B. bei der Sohlplatte, wurden keine Temperaturlasten angesetzt. 3.3 Gründung Die Gründung erfolgte zunächst durch eine kombinierte Pfahlplattengründung. in den Randbereichen und durch eine reine Flächengründung mittels Fundamentplatte im zentralen Bereich. Die Flächengründung wurde durch flächig angeordnete Bettungsfedern modelliert. Die Bettung der Sohlplatte wurde im 3D-Schalenmodell mittels folgender Bettungsmoduli des Bodens simuliert (vgl. Tab. 3). Tab. 3: Kennwerte Bettungsmoduli der Sohlplatte gem. [2] Gebirgsart k Blockiger Hangschutt GA 3 80.0000 kN/ m³ Übergangszone Festgestein- Lockergestein GA 4.1 250.000 kN/ m³ Verwitterter Quarzphylit GA 6 400.000 kN/ m³ Unverwitterter Quarzphylit GA 7.1 700.000 kN/ m³ Für die Reibung zwischen Sohlplatte und Sauberkeitsschicht wurde ein Reibbeiwert von m=0,364 (entspricht j=20°) angesetzt. Die Pfähle wurden hingegen durch Einzelfedern abgebildet. Die Ermittlung der Bettung der Bohrpfähle erfolgte unter Berücksichtigung der folgenden Bettungsmoduli. Tab. 4: Kennwerte Bettungsmoduli der Bohrpfähle gem. [2] Gebirgsart k Blockiger Hangschutt GA 3 95.0000 kN/ m³ Übergangszone Festgestein- Lockergestein GA 4.1 600.000 kN/ m³ Verwitterter Quarzphylit GA 6 1660.000 kN/ m³ Unverwitterter Quarzphylit GA 7.1 2.700.000 kN/ m³ Für den Bettungsverlauf wurde -auf der sicheren Seite liegendangenommen, dass die angegebene Bettung nicht unmittelbar am Bohrpfahlkopf vorhanden ist, sondern erst ab einer Tiefe von ca. 3 m die vollständige Bettung aktiviert wird und dazwischen die Bettung linear zunimmt. In Zuge der Modellierung zeigte sich, dass das Verhältnis der Federkennwerte der Flächenbettung und der Einzelfedern der Bohrpfähle wesentlich ist, um eine gemeinsame Tragwirkung der Flächengründung in Form der Fundamentplatte und der Bohrpfähle zu erreichen. Werden die Federkennwerte der Bohrpfähle zu weich angesetzt, erhält man praktisch eine zu hohe Tragwirkung der Flächengründung, was in diesem Fall nicht erwünscht war, da dies zu hohen Belastungen der Stahlbetonkonstruktion des Tunnels geführt hätte. 3.4 Wände/ Decken aus Stahlbeton Der Tunnel in Offener Bauweise wurde als Weiße Wanne geplant. Bei den Decken wurde das Dachprofil bzw. das Quergefälle des Stahlbetondeckels und die damit verbundene Vergrößerung der Querschnitthöhe in den Berechnungen berücksichtigt. Die Stahlbetondecke wird biegesteif an die Wände angeschlossen. Die Stahlbetonbauteile wurden mit Ausnahme der Zwischenwand im Übergangsbereich zwischen dem zweizelligen Querschnitt und den beiden einzelligen Querschnitten, welcher in Ortbeton C35/ 45 ausgeführt wurde, mit Ortbeton C25/ 30 ausgeführt. Als Betonstahl wurde ein Baustahl der Güte B550B verwendet. Die Kennwerte sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Tab. 5: Kennwerte Stahlbeton Parameter Einheit Bezeichnung E c , E s N/ mm2 f ck , f yk N/ mm2³ Ortbeton C25/ 30 31.000 25 Ortbeton C35/ 45 34.000 35 Baustahl B550B 200.000 550 Die Bemessung der der offenen Bauweise erfolgt unter der Annahme eines linear-elastischen Materialverhaltens im ungerissenen Zustand nach OENORM EN 1992 mit dem Bemessungsmodul BEMESS (V16.01) und AQB (V16.01) der SOFiSTiK AG [4]. 192 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Numerische Berechnungen zum Tunnel Silltal als Teil des Brenner Basistunnels Tab. 6: Teilsicherheitsfaktoren unter Berücksichtigung einer Lebensdauer von 200 Jahren. Faktor Bezeichnung g c =1,60 Teilsicherheitsfaktor Betonwiderstand a cc =0,85 Abminderungsbeiwert zur Berücksichtigung der Langzeiteinwirkung der Betondruckfestigkeit g s =1,20 Teilsicherheitsfaktor Stahlwiderstand Die Teilsicherheitsfaktoren der Bauteilwiderstände für ständige und vorübergehende Bemessungssituationen (BS1 und BS2) werden unter Berücksichtigung einer Lebensdauer des Bauwerkes von 200 Jahren wie in Tab.-6 angegeben angesetzt [5]. 3.5 Begrenzung der Rissbreiten (Weiße Wanne) Die zulässige Rissbreite für die Sohlplatten, die Wände und die Decken wurde auf w cal ≤ 0,20 mm außerhalb bzw. erdseitig und auf wcal ≤ 0,30 mm innerhalb bzw. luftseitig begrenzt. Der Nachweis zur Beschränkung der Rissweite unter Last wurde für jeden SLS-Lastfall direkt von der verwendeten Software nach OENORM B 1992-1-1 geführt. 3.6 Ergebnisse Die maximalen Vertikalverformungen aus den Gebrauchslastfällen ergeben sich zu 20mm in der Mitte der Decke des Blockes 4. Der Block 4 befindet sich zwischen den Tunnelmetern 34,85 und 44,91 im Bereich des zweigleisigen Tunnelkastens. Die Stationierung des Tunnels erfolgt vom Portal Nord (Bahnhof Innsbruck) aus. In der Bodenplatte ergeben sich die maximalen Verformungen ebenfalls im mittleren Bereich des Blockes 4 und zwar 5,1 mm bergseitig und 3,0 mm talseitig. Aus den Tragsicherheitsnachweisen ergaben sich Bewehrungsgehalte von bis zu 90cm²/ m in der Decke im Bereich des Überganges zu den zwei Tunnelkästen. Die Bodenplatte musste mit bis zu 70 cm²/ m bewehrt werden. Die größten Bewehrungsmengen waren auch hier im Bereich des Überganges vom zweigleisigen zu den zwei eingleisigen Querschnitten erforderlich. In den Wänden waren Bewehrungsgehalte bis zu 75 cm²/ m erforderlich. Derartige Bewehrungsgehalte erfordern eine mehrlagige Bewehrung in Quer- und Längsrichtung. Die erforderliche Bügelbewehrung ergab sich in einem Bereich zwischen 10 cm²/ m² und 30cm²/ m², wobei die größten Bewehrungsmengen ebenfalls im Bereich des Überganges vom zweigleisigen zu den zwei eingleisigen Querschnitten erforderlich waren. Im Bereich des Überganges zwischen dem zweigleisigen Kastenquerschnitt und den zwei eingleisigen Querschnitten (vgl. Abb. 4) war zusätzlich eine Durchstanzbewehrung im Bereich der Zwischenwand erforderlich. Hierbei waren Bügel im Ausmaß von 23,5cm²/ m² in der Decke erforderlich und es wären 46-cm²/ m² Bügel in der Bodenplatte notwendig geworden. In der Bodenplatte konnte jedoch eine Voute von 80cm und einer Breite von 3 m unterhalb der Zwischenwand ausgebildet werden, um das Durchstanzen der Zwischenwand durch die Bodenplatte zu verhindern, sodass hier keine Durchstanzbewehrung mehr erforderlich war. Abb. 4: Finite Elemente Modell des Tunnels Silltal, Sicht vom Portal Bahnhof Innsbruck aus auf die Zwischenwand zwischen den zwei eingleisigen Querschnitten. 4. Aktualisierung der Bodenverhältnisse im Zuge der Bauausführung 4.1 Allgemeines Im Zuge der Bauausführung zeigte sich im Jahr 2021, dass entgegen der geologischen Prognose kein Fels auf Gründungsniveau der Fundamentplatte anstand. Dies führte zu einer Neubewertung der Gründungssituation. Dadurch, dass im Zentralbereich nun von ähnlichen Gründungssteifigkeiten wie in den Randbereichen ausgegangen werden konnte, waren jetzt keine Bohrpfähle für die Gründung des Tunnels Silltal (Blöcke 1-12) mehr erforderlich. Pfähle waren nur mehr im Bereich der Widerlagerkonstruktion der Eisenbahnbrücken (Block 13) notwendig. Die erneute Bewertung nach Durchführung von Schürfen und Rammsondierungen im Gründungsbereich des Tunnels ergab, dass auf Niveau der Gründungssohle zwei der in Tab. 1 gelisteten Gebirgsarten anstanden. In den Portal- und Randbereichen war mit der Gebirgsart GA 3 zu rechnen. Im Zentralbereich des Tunnel Silltal stand die Gebirgsart GA 4.1 an. Für diese beiden Gebirgsarten konnten die in Tab. 7 aufgelisteten unteren und oberen Bettungsmoduli angegeben werden. Für die aktualisierten Berechnungen wurde eine Variation der Bettungsmoduli in ungünstiger Form (steifere Bettung im Zentralbereich, weiche Bettung außen) durchgeführt. Im Böschungsrandbereich vereinzelt auftretende Felsnasen im Gründungsbereich konnten durch Reißen abgetragen werden. Diese Bereiche wurden dann mit geeigneten Material aufgefüllt und verdichtet um möglichst gleichmäßige Gründungsverhältnisse zu schaffen und Spannungsspitzen zu vermeiden. 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 193 Numerische Berechnungen zum Tunnel Silltal als Teil des Brenner Basistunnels Tab. 7: Aktualisierte Bettungsmoduli für die reine Flächengründung des Tunnels Silltal k [kN/ m³] Gebirgsart vgl. Tab. 1 unterer Wert oberer Wert GA 3 60.000 100.000 GA 4.1 150.000 250.000 Nun wurde ein modifiziertes Finite Elemente Modell mit einer reinen Flachgründung und den aktualisierten Bettungsfedern erstellt und erneut durchgerechnet. Die Berechnungsergebnisse werden im nächsten Abschnitt erläutert. 4.2 Berechnungsergebnisse Die maximalen Vertikalverformungen aus den Gebrauchslastfällen ergeben sich nun mit 27 mm in der Mitte der Decke des Blockes 4. In der Bodenplatte ergeben sich die maximalen Verformungen ebenfalls im mittleren Bereich des Blockes 4 und zwar 7,5 mm bergseitig und 4,0 mm talseitig. Diese Verformungen sind etwas größer als mit der Bohrpfahlgründung in Abschnitt 3. Da der größte Anteil der Vorformungen im Zuge der Einschüttung der Tunnels und somit vor Einbau der Gleise erfolgt, stellen diese relativ hohen Verformungen kein Problem für die Gleislage und somit für den zukünftigen Bahnbetrieb dar. Die Bewehrung musste aufgrund der neuen Berechnungen angepasst werden; es ergab sich hierbei einer Erhöhung der gesamten Bewehrungsmenge von ca. 3 %. Demgegenüber stand aber die Einsparung von ca. 70 Bohrpfählen mit möglichen Längen bis zu 20 m, sodass es im Zuge dieser Optimierung zu einer wesentlichen Kosteneinsparung kam. 5. Zusammenfassung Der Tunnel Silltal, wurde in Ortbeton als weiße Wanne ausgeführt. Der Tunnel wird derzeit in offener Bauweise hergestellt und soll später dem natürlichen Geländeverlauf folgend eingeschüttet werden. Die Gründung des Tunnels sollte ursprünglich als Pfahlplattengründung ausgeführt werden. Im Zuge der Bauausführung im Jahr 2021 zeigte sich, dass entgegen der geologischen Prognose kein Fels auf Gründungsniveau der Fundamentplatte anstand. Dies führte zu einer Neubewertung der Gründungssituation. Aus den weiterführenden Berechnungen ergab sich, dass der Entfall der Bohrpfahlgründung möglich ist. Somit konnte der Tunnel Silltal ohne Pfahlgründung nur mit einer Flachgründung ausgeführt werden; Bohrpfähle waren nur mehr im Bereich der Widerlagerkonstruktion der Eisenbahnbrücken notwendig. Obwohl sich aus den weiterführenden Berechnungen eine geringfügige Erhöhung der gesamten Bewehrungsmenge beim Tunnel Silltal ergab, war insgesamt eine wesentliche Kostenreduktion durch den Entfall der Bohrpfähle beim Tunnel Silltal möglich. Literatur [1] Brenner Basistunnel BBT SE (2023) Homepage, www.bbt-se.com [2] Planungsgemeinschaft BBTN (2019) Geologischgeotechnischer Bericht Sillschlucht, 01-H21-TU- 001-D0939-GTB-13031-59 [3] Brenner Basistunnel BBT SE (2013) Regelplanung, Bemessung Innenschale, Bericht 00-Ü01-GD-001- D0616-III-08-TB_3603-25 [4] SOFISTIK AG Software 2018-2021 [5] Ingenieurbüro Schiessl Gehlen Sodeikat (2012) Stellungnahme Dauerhaftigkeitsbemessung Brenner Basistunnel vom 19.07.2012