eJournals Kolloquium Bauen in Boden und Fels 14/1

Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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2510-7755
expert verlag Tübingen
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2024
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Anforderungen an die Probennahme und Durchführung zusätzlicher Laboruntersuchungen beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein

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2024
Christoph Budach
Pierre Müller
Jörg Holzhäuser
Martin Feinendegen
Für die erfolgreiche Nutzung von Tunnelbohrmaschinen (TBM) im Lockergestein ist die Bestimmung der maßgebenden Eigenschaften des Baugrunds wesentlich. Viele der erforderlich anzugebenden Eigenschaften werden im Rahmen der Kennwerte für die Homogenbereiche nach DIN 18312 aufgeführt. Dabei beziehen sich diese Eigenschaften auf den Boden vor dem Lösen. Allerdings spielt beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein die Interaktion zwischen TBM und Baugrund eine entscheidende Rolle für den Projekterfolg wie z. B. das Verklebungspotential feinkörniger Böden, die Abrasivität vor allem von gemischt- und grobkörnigen Böden bzw. die Scherfestigkeit und die mineralogische Zusammensetzung für eine sinnvolle Verwertung feinkörniger Materialien. Daher werden nachfolgend zusätzliche Laboruntersuchungen beschrieben, die bei Vortrieben mit TBM im Lockergestein sinnvollerweise ergänzend durchgeführt werden sollten, um den Baugrund bzw. die möglichen Eigenschaften des abgebauten Materials bestmöglich zu charakterisieren. Es werden Vorschläge für die erforderliche Anzahl an durchzuführenden Untersuchungen wie auch die erforderliche Güteklasse der Proben gemacht. Auf diese Weise haben Geotechnische Sachverständige, Planer und Auftraggeber die Möglichkeit, zusätzliche Laboruntersuchungen in ausreichender Anzahl und Güte zu realisieren, um so den anstehenden Baugrund bzw. den durch die TBM beeinflussten Baugrund zutreffend beschreiben zu können.
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14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 203 Anforderungen an die Probennahme und Durchführung zusätzlicher Laboruntersuchungen beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein Prof. Dr.-Ing. Christoph Budach Technische Hochschule Köln, Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik, Institut für Baustoffe, Geotechnik, Verkehr und Wasser, Lehr- und Forschungsgebiet Geotechnik und Tunnelbau Dr. Pierre Müller Technische Hochschule Köln, Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik, Institut für Baustoffe, Geotechnik, Verkehr und Wasser, Lehr- und Forschungsgebiet Geotechnik und Tunnelbau Dr.-Ing. Jörg Holzhäuser HIC Holzhäuser Ingenieur Consult GmbH, Ettlingen Akad. Dir. Dipl.-Ing. Martin Feinendegen RWTH Aachen University, Geotechnik im Bauwesen Zusammenfassung: Für die erfolgreiche Nutzung von Tunnelbohrmaschinen (TBM) im Lockergestein ist die Bestimmung der maßgebenden Eigenschaften des Baugrunds wesentlich. Viele der erforderlich anzugebenden Eigenschaften werden im Rahmen der Kennwerte für die Homogenbereiche nach DIN 18312 aufgeführt. Dabei beziehen sich diese Eigenschaften auf den Boden vor dem Lösen. Allerdings spielt beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein die Interaktion zwischen TBM und Baugrund eine entscheidende Rolle für den Projekterfolg wie z.-B. das Verklebungspotential feinkörniger Böden, die Abrasivität vor allem von gemischt- und grobkörnigen Böden bzw. die Scherfestigkeit und die mineralogische Zusammensetzung für eine sinnvolle Verwertung feinkörniger Materialien. Daher werden nachfolgend zusätzliche Laboruntersuchungen beschrieben, die bei Vortrieben mit TBM im Lockergestein sinnvollerweise ergänzend durchgeführt werden sollten, um den Baugrund bzw. die möglichen Eigenschaften des abgebauten Materials bestmöglich zu charakterisieren. Es werden Vorschläge für die erforderliche Anzahl an durchzuführenden Untersuchungen wie auch die erforderliche Güteklasse der Proben gemacht. Auf diese Weise haben Geotechnische Sachverständige, Planer und Auftraggeber die Möglichkeit, zusätzliche Laboruntersuchungen in ausreichender Anzahl und Güte zu realisieren, um so den anstehenden Baugrund bzw. den durch die TBM beeinflussten Baugrund zutreffend beschreiben zu können. 1. Einführung Für die Kalkulation und Abrechnung von Bauleistungen sind verschiedene geotechnische Kennwerte unterschiedlicher Schichten anzugeben, aus denen Homogenbereiche zusammengefasst werden können. Die in DIN 18312 aufgeführten Kennwerte beziehen sich auf den Zustand des Bodens vor dem Lösen (vgl. [1]). Die Angabe der Kennwerte erfolgt üblicherweise auf Basis von Versuchsergebnissen, sie können aber auch aufgrund von Erfahrungen angegeben werden. Damit die Versuche zu zuverlässigen Ergebnissen führen, müssen die Proben eine adäquate Qualität aufweisen. Zudem ist eine ausreichende Anzahl von Versuchen wichtig, um so eine statistische Grundlage zu liefern und die ermittelten Ergebnisse bewerten zu können. Um die erforderliche Probenqualität festzulegen, sind in DIN EN ISO 22475-1 [2] die Güteklassen von Bodenproben für unterschiedliche Laborversuche aufgeführt (vgl. Tabelle 1). So kann die Güteklasse zwischen der Güteklasse 1, z.-B. für Festigkeitsuntersuchungen, und Güteklasse 5, z.-B. zur reinen Bestimmung der Bodenart, liegen. 204 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Anforderungen an die Probennahme und Durchführung zusätzlicher Laboruntersuchungen beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein Tab. 1 Güteklassen von Bodenproben für Laborversuche und zu verwendende Kategorien der Probenahme gemäß Tabelle H.1 aus [2] Bodeneigenschaften Güteklassen von Bodenproben für Laborversuche Bodeneigenschaften, die unverändert sind 1 2 3 4 5 Bodenart * * * * * Korngröße * * * * Wassergehalt * * * Dichte, Porosität, Durchlässigkeit * * Festigkeit, Verformung und Steifigkeit * Eigenschaften, die bestimmt werden können Schichtenfolge * * * * * Schichtgrenzen, grobe Einteilung * * * * Schichtgrenzen, feine Einteilung * * Atterbergsche Konsistenzgrenzen, Korndichte, Gehalt an organischen Bestandteilen * * * * Wassergehalt * * * Dichte, Porosität, Durchlässigkeit * * Festigkeit, Verformung und Steifigkeit * Kategorien der Probenentnahme A B C D E Um die Anzahl der jeweiligen Versuche abschätzen zu können, liefert der Anhang M der DIN EN 1997-2 eine Empfehlung für die Mindestzahl von zu untersuchenden Proben für eine Schicht [3]. Dabei wird unterschieden, ob vergleichbare Erfahrung vorliegt oder nicht und es wird in Abhängigkeit davon für verschiedene Klassifikationsversuche die Mindestzahl angegeben. Dabei beträgt die Probenanzahl je Schicht z.-B. zur Bestimmung der Korngrößenverteilung bei vergleichbarer Erfahrung zwei bis vier Stück. Bei einigen Versuchen ist keine konkrete Anzahl empfohlen; bei Erfordernis ist die Anzahl projektspezifisch festzulegen (vgl. Tabelle 2). Tab. 2 Klassifikationsversuche, empfohlene Mindestzahl von zu untersuchenden Proben für eine Schicht gemäß Tabelle M.1 aus [3] Klassifikationsversuch Vergleichbare Erfahrung nein ja Kornverteilung 4 bis 6 2 bis 4 Wassergehalt Alle Proben Güteklassen 1 bis 3 Index-Versuche zur Bestimmung der Festigkeit Alle Proben der Güteklasse 1 Konsistenzgrenze (Atterberg-Grenzen) 3 bis 5 1 bis 3 Glühverlust (für organische und tonige Böden) 3 bis 5 1 bis 3 Dichte an jedem Elementversuch Lagerungsdichte falls erforderlich Korndichte 2 1 Kalkgehalt falls erforderlich Sulfat Gehalt falls erforderlich pH-Wert falls erforderlich Chlorid-Gehalt falls erforderlich Zerfallsempfindlichkeit falls erforderlich Frostempfindlichkeit falls erforderlich Bei kurzen, oberflächennahen Tunneln sollte die in Tabelle 2 aufgeführte Mindestzahl der zu untersuchenden Proben je Schicht nicht unterschritten werden. Mit steigender Länge des Tunnels und/ oder Komplexität des Baugrunds sollte die Anzahl der direkten Aufschlüsse und der zu gewinnenden Proben projektspezifisch festgelegt werden und die Anzahl der Versuche sollte sinnvollerweise über der in [3] genannten Mindestanzahl liegen. In DIN 18312 ist die Angabe von Kennwerten gefordert, um den Baugrund in Homogenbereiche für Untertagebauarbeiten einzuteilen (vgl. [1]). Beim Vergleich der nach DIN 18312 anzugebenden Kennwerte und den in DIN EN ISO 22475-1 aufgeführten Eigenschaften fällt auf, dass für die Abrasivität und die mineralogische Zusammensetzung, die gemäß DIN 18312 nach NF P18-579 [4] bzw. DIN EN ISO 14689 [5] anzugeben sind, keine Güteklasse bzw. Mindestanzahl an Versuchen genannt sind. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Einführung der Homogenbereiche in verschiedenen Normen 2015 erfolgte (2019 zuletzt aktualisiert) und somit nach der Veröffentlichung der aktuellen DIN EN 1997-2 von 2010 [3]. In der Überarbeitung der DIN EN ISO 22475- 1 von 2022 [2] wurden keine Angaben zu den erforderlichen Güteklassen der Proben für diese Versuche vorgenommen. Da es in der Praxis häufig zu Diskussionen zwischen Planern und Auftraggebern über die Art der 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 205 Anforderungen an die Probennahme und Durchführung zusätzlicher Laboruntersuchungen beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein durchzuführenden Versuche und deren Anzahl kommt, sollte sowohl die Qualität der Proben als auch die Mindestanzahl an Versuchen zukünftig in den Normen genannt sein. Neben den in DIN 18312 geforderten Angaben zu Kennwerten für die Homogenbereiche können bei Vortrieben mit Tunnelbohrmaschinen weitere geotechnische Parameter relevant sein. In Anlehnung an die DAUB-Empfehlung „Auswahl von Tunnelbohrmaschinen“ [6] ist es sinnvoll, die mineralogische Zusammensetzung von Böden zu bestimmen, da diese einen wesentlichen Einfluss auf die Abrasivität (bzw. den Verschleiß) und auch auf die Verklebungsneigung haben kann. Ferner können auch weiterführende Untersuchungen z.-B. mittels Indexversuchen zur detaillierten Beschreibung der Abrasivität bzw. des Verschleißpotenzials und/ oder des Verklebungspotentials durchgeführt werden (vgl. [6]). In [6] spielt die Wasserdurchlässigkeit bei der Auswahl einer geeigneten Tunnelbohrmaschine eine wichtige Rolle. Die Angabe von Kennwerten dieser Eigenschaft ist aber nach DIN 18312 nicht erforderlich. Sollten zur Bestimmung der Wasserdurchlässigkeit Laborversuche erforderlich sein, so müssen die Proben nach DIN EN ISO 22475-1 die Güteklasse 1 oder 2 haben. Eine Mindestanzahl an Versuchen zur Bestimmung der Wasserdurchlässigkeit ist Anhang S.2 in [3] angegeben. Durch die Interaktion zwischen Baugrund und TBM werden üblicherweise die Eigenschaften des Bodens verändert. So wird z.-B. bei Nutzung einer EPB-Maschine ein an der Ortsbrust in steifer Konsistenz anstehender feinkörniger Boden durch Zugabe von Wasser oder anderen Konditionierungsmitteln üblicherweise in eine weiche oder ggf. breiige Konsistenz (nach [7]) überführt. Bei Schildmaschinen mit flüssigkeitsgestützter Ortsbrust beeinflusst die Nutzung von Bentonitsuspensionen zur Stützung und Förderung des Bodens die Eigenschaften des abgebauten Bodens. Durch die nachgeschaltete Separationsanlage wird der Baugrund in verschiedene Kornfraktionen getrennt, so dass diese Kornfraktionen anschließend verwertet werden können. In DIN 18312 wird gefordert, dass „wesentliche Änderung der Eigenschaften und Zustände von Boden und Fels bei und nach dem Lösen, insbesondere in Verbindung mit Luft, Wasser, Stützflüssigkeit oder sonstigen Konditionierungsmitteln“ anzugeben sind [1]. Dies kann z.-B. die Angabe von Scherfestigkeiten eines mit Wasser oder anderen Konditionierungsmitteln veränderten Bodens auf einer EPB-Maschine sein. Da bei der Erstellung des Geotechnischen Berichts die Planungen häufig noch nicht so weit fortgeschritten sind, dass ein Bauverfahren festgelegt ist, fällt die Beschreibung der wesentlichen Änderungen üblicherweise wenig spezifisch aus. In diesem Fall sollten unbedingt zu einem späteren Zeitpunkt weitergehende Untersuchungen durchgeführt bzw. Kennwerte angegeben werden. Aus den zuvor aufgeführten Aspekten resultieren die nachfolgenden Tabellen 3 und 4, in der die aus Sicht der Autoren zu bestimmenden Eigenschaften von Böden bei TBM-Vortrieben im Lockergestein aufgeführt sind. Dabei wird zwischen den Eigenschaften unterschieden, die nach DIN 18312 gefordert sind und den Eigenschaften, die für die wichtigen Aspekte Abrasivität (Verschleiß), Verklebung, Verwertung und Verfahrenstechnik zusätzlich anzugeben sind. Tab. 3: Wesentliche bei TBM-Vortrieben im Lockergestein anzugebende Kennwerte nach DIN 18312 Kennwert nach DIN 18312 Anmerkung ortsübliche Bezeichnung Korngrößenverteilung, Körnungsbänder Massenanteile Steine, Blöcke und große Blöcke Feuchtdichte undrainierte Scherfestigkeit Wassergehalt Plastizitätszahl Konsistenzzahl bezogene Lagerungsdichte Abrasivität nach NF P 18-579 vgl. Kap. 2.1 Bodengruppen nach DIN 18196 Umwelttechnische Einstufung Nach Erfordernis, vgl. DIN 18312, Kapitel 2.2 organischer Anteil Mineralogische Zusammensetzung der Steine u. Blöcke Kohäsion Sensitivität Aktuelle Bezeichnung: „Empfindlichkeit“ gemäß DIN EN ISO 22476-9 206 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Anforderungen an die Probennahme und Durchführung zusätzlicher Laboruntersuchungen beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein Tab. 4: Weitere, bei TBM-Vortrieben im Lockergestein wesentliche Kennwerte weiterer Kennwert Anmerkung Abrasivität Äquivalenter Quarzgehalt vgl. Kap. 3.1.1 Ergänzende Angaben zur Abrasivität vgl. Kap. 3.1.2 und Kap 3.1.3 Verklebung Mineralogie feinkörniger Böden vgl. Kap. 3.2.1 Indexversuche zur Verklebung vgl. Kap. 3.2.2 Verwertung Scherfestigkeit feinkörniger gestörter Böden vgl. Kap. 3.3.1 XRD-Analysen als Grundlage zur Calcinierung feinkörniger Böden vgl. Kap. 3.3.2 Verfahrenstechnik Wasserdurchlässigkeit vgl. Kap. 3.4.1 Dispergierung vgl. Kap. 3.4.2 Für einige der zuvor beschriebenen Untersuchungen existieren aktuell noch keine Angaben zur Probenqualität bzw. Mindestzahl an Versuchen. Daher werden im Rahmen dieses Beitrags Vorschläge für die Güteklassen der Versuchsproben bzw. die Anzahl an durchzuführenden Versuchen gemacht. 2. Ergänzende Informationen für nach DIN 18312 anzugebende Kennwerte - empfohlene Probenentnahmekategorie und Anzahl der Versuche 2.1 Abrasivität nach NF P 18-579 Für die Abschätzung der Abrasivität von grobkörnigem Lockergestein sind nach aktueller DIN 18312 [1] Kennwerte gemäß NF P18-579 [4] im Rahmen des Geotechnischen Berichts anzugeben. Bei dem als „LCPC-Versuch“ bezeichneten Versuch, der am „Laboratoire Central des Ponts et Chaussées“ (LCPC) zur Untersuchung gebrochener Zuschlagsstoffe im Straßenbau entwickelt wurde, werden gemäß Versuchsbeschreibung nur grobkörnige Körner mit einem Durchmesser von 4,0 mm - 6,3 mm untersucht (Körner > 6,3 mm werden zuvor gebrochen) und die Kennwerte für den Abriebwert A BR und für den Brechbarkeitskoeffizienten B R ermittelt. Bei diesem Versuch kann die Kornform einen Einfluss auf die Abrasivität haben. So können gebrochene Körner einen höheren A BR -Wert als runde Körner zur Folge haben. Aus diesem Grund sollte die Probe mindestens eine Güteklasse 3 aufweisen. Da die Abrasivität des Bodens einen wesentlichen Einfluss auf den Verschleiß von Abbauwerkzeugen hat, sollten genügend Versuche durchgeführt werden. So bietet sich in Anlehnung an [3] eine Unterscheidung an, ob Erfahrungen im Projektgebiet vorliegen oder nicht. Falls keine Erfahrungen vorliegen, sollten vier bis sechs Versuche je Schicht durchgeführt werden, andernfalls reichen zwei bis vier Versuche aus. Diese Vorgaben entsprechen den Mindestanzahlen für Korngrößenverteilungen. Die Kennwerte des LCPC-Versuchs in seiner ursprünglichen Form sind zwar nach DIN 18312 gefordert, jedoch in der Fachwelt auch umstritten (vgl. u. a. [8, 9]), da der Versuch nur sehr bedingt für natürlich anstehende Lockergesteine geeignet ist. Neben der Vorgehensweise nach NF P18-579 gibt es weitere Empfehlungen zur Durchführung des LCPC-Versuchs. So sind Spezifikationen zu dem in den Versuchen zu verwendenden Stahlflügel in [11] enthalten. Nach [6] besteht zudem die Möglichkeit, einen Versuch mit den Korngrößen 0,0 mm - 6,3 mm durchzuführen, um nicht nur eine sehr begrenzte Kornfraktion zu nutzen. Schluffe und Sande sind jedoch aufgrund der geringen Masse des Einzelkorns und der sehr großen Drehgeschwindigkeit des Drehflügels von 4.500 U/ min nicht geeignet für den LCPC-Versuch [10]. Weitergehende Überlegungen zur Nutzung des LCPC- Versuchs werden im Arbeitskreis (AK) 1.11. „Verschleiß und Verklebung“ der DGGT angestellt, um entsprechende Empfehlungen zu erarbeiten [10]. Hierbei wird voraussichtlich empfohlen, im LCPC-Versuch einen ungebrochenen Boden mit der Korngröße von 2,0 mm - 8,0 mm zu untersuchen [10]. Wie bei der Ermittlung des nach NF P18-579 zu bestimmenden A BR -Werts sollte auch bei diesen Modifikationen eine Güteklasse 3 der Proben vorhanden sein. Auch die Versuchsanzahlen sollten mindestens zwei bis vier (mit Erfahrung) oder vier bis sechs (ohne Erfahrung) entsprechen. Für Böden, die Feinkorn, überwiegend Mittel- und Grobkiese bzw. Steine/ Blöcke enthalten, ist der LCPC-Versuch nicht geeignet. Daher sind in der Regel weitere Versuche zur Bestimmung der Abrasivität erforderlich, die über die in der DIN 18312 geforderten Kennwerte (Abrasivität nach NF P18-579 bzw. Mineralogische Zusammensetzung der Steine und Blöcke) hinausgehen (siehe Kapitel 3.1). 2.2 Mineralogische Zusammensetzung der Steine und Blöcke Als Steine, Blöcke und große Blöcke werden Bodenbestandteile bezeichnet, die einen minimalen Durchmesser von 63 mm, 200 mm oder 630 mm haben. Gemäß [1] ist hierfür die mineralogische Zusammensetzung anzugeben. Die Bestimmung sollte nach [12] erfolgen, wobei als maßgebendes Kriterium die vorherrschende Korn-/ Kristallgröße anzusehen ist. Für alle übrigen Bestandteile der Lockergesteinsprobe (< 63 mm) ist nach [1] keine Bestimmung der Mineralogie vorgeschrieben. Für die Untersuchungen der mineralogischen Zusammensetzung der Steine und Blöcke sollten die Proben mindestens eine Qualität der Güteklasse 4 aufweisen, da hier die mineralogische Zusammensetzung unverändert ist bzw. Dünnschliffe durchgeführt werden können (vgl. Absatz 5.4.6 aus [2]). Die Versuchsanzahl sollte so gewählt werden, dass eine Mindestversuchszahl von zwei bis vier 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 207 Anforderungen an die Probennahme und Durchführung zusätzlicher Laboruntersuchungen beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein (mit Erfahrung) oder vier bis sechs (ohne Erfahrung) erreicht wird, sofern möglich, da bei direkten Aufschlüssen üblicherweise Steine und Blöcke nicht gezielt erbohrt werden können. 3. Weitere anzugebende Kennwerte - Empfehlungen zur Angabe der Probenentnahmekategorie und Anzahl der Versuche 3.1 Abrasivität Da die in [1] aufgeführten Kennwerte (LCPC-Versuch: für Korngroße 4,0 mm - 6,3 mm bzw. zukünftig 2,0 mm - 8,0 mm; Mineralogie von Steinen und Blöcken, d. h. >63 mm) in der Regel nicht das Gesamtspektrum der anstehenden Bodenschicht umfassen, sind ergänzende Versuche zur Ermittlung der Abrasivität und zur Ableitung des Verschleißpotentials erforderlich. 3.1.1 Äquivalenter Quarzgehalt Mit dem Äquivalenten Quarzgehalt wird die zur Bestimmung der Abrasivität entscheidende Mineralhärte charakterisiert. Der Äquivalente Quarzgehalt wird u. a. als Kennwert zur Auswahl von Tunnelbohrmaschinen nach [6] genutzt. Die Methodik zur Bestimmung des Äquivalenten Quarzgehalts sollte in Abhängigkeit vom Größtkorn erfolgen (vgl. Kapitel 2.2). Demnach ergeben sich in Anlehnung an [12] für Lockergestein drei vorzuschlagende Korngrößenbereiche, die mittels unterschiedlicher Untersuchungsmethoden zu charakterisieren sind. So wird für den - grobkörnigen Korngrößenbereich > 5 mm eine makroskopische Bestimmung der Mineralphasen vorgeschlagen, - während für den Bereich mit vorherrschenden Korngrößen zwischen 0,5 mm und 5 mm petrographische Untersuchungen mittels Dünnschliffmikroskopie bzw. - im feinkörnigen Bereich < 0,5 mm Röntgen(pulver) diffraktometrie-Analysen (XRD) zu empfehlen sind (vgl. [12]). Alternativ dazu kann die XRD-Analyse auch für sämtliche der drei genannten Korngrößenbereiche eingesetzt werden. Zur Auf bereitung der Ausgangsprobe ist dazu ein wiederholendes Brechen z.-B. mit einem Backenbrecher und wiederholendes Teilen der Probenmenge erforderlich, bis ca. 2 g bis 5 g der Korngröße < 0,5 mm als homogenisiertes Versuchsprobenmaterial für die XRD- Analyse vorhanden sind. Während bei enggestuften Böden die Bestimmung des Äquivalenten Quarzgehalts an der Gesamtprobe als genügend angesehen wird, empfiehlt sich bei weitgestuften Böden die Bestimmung des Äquivalenten Quarzgehalts der jeweiligen Kornfraktionen und eine anschließende mengenanteilige Berechnung des Quarzanteils der Gesamtprobe. Hierbei kann die in Kapitel 2.2 erläuterte mineralogische Zusammensetzung der Steine und Blöcke mit einbezogen werden. Bei allen Versuchsansätzen müssen die Proben auf bereitet werden, so dass eine Gewinnung von Proben der Güteklasse 4 und ein Verfahren der Entnahmekategorie D als ausreichend betrachtet werden. Bezüglich des Versuchsumfangs wird für jede relevante Schicht eine Versuchsanzahl von mindestens zwei bis vier (mit Erfahrung) bzw. vier bis sechs (ohne Erfahrung) empfohlen. 3.1.2 Indexversuche zur Bestimmung der Abrasivität In der beim AK 1.11 aktuell in Bearbeitung befindlichen Empfehlung werden voraussichtlich folgende bereits existierende und in unterschiedlicher Verbreitung in der Baupraxis eingesetzte Indexversuche - z.T. mit ergänzenden Festlegungen - zur Bewertung der Abrasivität von Lockergesteinen empfohlen: - der LCPC-Versuch (nach [11] mit Ergänzungen nach [10], siehe Kap. 2.1), - der CERCHAR-Versuch (nach [13] mit Ergänzungen nach [10], - das Wiener Abrasimeter ([14], aktuell in Überarbeitung) und - der Soil Abrasion Test (SAT) ([15]). Bei zahlreichen TBM-Projekten hat sich gezeigt, dass die Abrasivität von Lockergesteinen nicht durch einen einzigen Versuch hinreichend beschrieben werden kann, da insbesondere Indexversuche z. T. sehr enge Anwendungsgrenzen hinsichtlich der für die Versuchsdurchführung geeigneten Korngrößenbereiche aufweisen. Daher wird ggf. eine Kombination von verschiedenen Versuchen erforderlich. Die einzelnen Indexversuche eignen sich für folgende Böden/ Bodenfraktionen: - LCPC-Versuch: grobkörnige Böden mit dem- Hauptanteil Kies (2 - 8 mm) - CERCHAR-Versuch: Grobkies, Steine oder Blöcke - Wiener Abrasimeter: grobkörnige Böden mit dem Hauptanteil Kies (£31,5-mm) - Soil Abrasion Test: Ton, Schluff, Sand und (SAT) Feinkiesanteil (< 4 mm) Die zu wählende Art der Versuche und deren Umfang sind projektspezifisch festzulegen. Da bei den Indexversuchen die Proben für den Einbau in das Versuchsgerät auf bereitet werden, genügt eine Probe der Güteklasse 3 bzw. Kategorie der Probenentnahme C. Auch bei diesen Untersuchungen wird eine Versuchsanzahl je relevanter Schicht (Homogenbereich) von mindestens zwei bis vier (mit Erfahrung) oder vier bis sechs (ohne Erfahrung) je Indexversuch empfohlen. 3.1.3 Kornform Die Form der einzelnen Körnungen kann Einfluss auf die Abrasivität von Böden haben. So sind üblicherweise gebrochene Körner abrasiver als runde Körner. Aus diesem Grund sollte der Anteil der gebrochenen Körner bestimmt werden. Die Bestimmung dieses Anteils kann in Anlehnung an DIN EN 933-5 erfolgen [16]. Die Proben sollten mindestens eine Güteklasse 3 aufweisen. Falls keine Erfahrungen vorliegen, sollten vier bis sechs Versuche je Schicht durchgeführt werden, andernfalls reichen zwei bis vier Versuche aus. 208 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Anforderungen an die Probennahme und Durchführung zusätzlicher Laboruntersuchungen beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein 3.2 Verklebung 3.2.1 Mineralogie feinkörniger Böden Die Verklebungsneigung bindiger Böden wird insbesondere von der Tonmineralogie bestimmt, vgl. u. a. [6, 17]. Hier bieten sich Versuche zur Bestimmung der quantitativen Anteile der Mineralien mittels Röntgendiffraktrometrie an. Dabei sind besonders die Anteile der Tonminerale Kaolinit, Smektit/ Montmorillonit sowie Illit/ Muskovit zu betrachten, da diese unterschiedliche Auswirkungen auf das Verklebungspotenzial haben (vgl. u. a. [17, 18]). Die mineralogische Charakterisierung der Proben bedingt eine Probenauf bereitung, so dass Proben der Güteklasse 4 und eine Probenentnahme mindestens der Klasse D ausreichend ist. Bezüglich der Versuchsanzahl empfiehlt sich eine Mindestversuchsanzahl von zwei bis vier (mit Erfahrung) bzw. vier bis sechs (ohne Erfahrung). 3.2.2 Indexversuche Verklebungen an den Abbauwerkzeugen oder auf den Transportwegen einer TBM führen insbesondere bei Vortrieben in feinkörnigen Böden oder veränderlich festen Gesteinen immer wieder zu großen Behinderungen. Hierbei sind vor allem die beim maschinellen Tunnelbau unvermeidbaren Abbau- und Umwandlungsprozesse zu beachten, die bei den verschiedenen Bauverfahren und unterschiedlichen Verfahrensparametern (Penetration, Zugabe von Additiven, etc.) zu starken Veränderungen der Materialeigenschaften und damit zu sehr unterschiedlichen Ausprägungen der Verklebung führen können. Das aus den Eigenschaften des in situ-Lockergesteins abgeleitete Verklebungspotential stellt somit nicht unbedingt einen direkten Zusammenhang mit dem Auftreten von Verklebungsphänomen her. Eine alleinige Bestimmung der Baugrundeigenschaften ist daher möglicherweise nicht ausreichend [10]. Neben den bisherigen Klassifikationen für das Verklebungspotenzial (vgl. [17, 19, 20]) werden in der Baupraxis in unterschiedlicher Verbreitung die im Folgenden genannten Indexversuche zur Bewertung des teilweise durch Additive veränderten Verklebungspotentials von Lockergesteinen eingesetzt: - der Stempel-Adhäsionsversuch [17, 21], - der Konuszugversuch [18, 22] und - der ATUR-Test [23]. Die zu wählende Art der Versuche und deren Umfang sind projektspezifisch festzulegen. Da bei allen drei Versuchstypen die Proben für den Einbau in das Versuchsgerät auf bereitet werden, genügt eine Probe der Güteklasse 4 bzw. Kategorie der Probenentnahme D. Auch bei diesen Untersuchungen wird eine Versuchsanzahl je relevanter Schicht (Homogenbereich) von mindestens zwei bis vier (mit Erfahrung) oder vier bis sechs (ohne Erfahrung) empfohlen. 3.3 Verwertung 3.3.1 Scherfestigkeit feinkörniger, ggf. von der Verfahrenstechnik veränderter Böden Die undränierte Scherfestigkeit stellt üblicherweise eine entscheidende geotechnische Kenngröße insbesondere für die Verwertung von feinkörnigem Aushubmaterial dar, das durch die Verfahrenstechnik z.-B. einer Tunnelbohrmaschine mit flüssigkeits- oder erddruckgestützter Ortsbrust beeinflusst wurde. Dieser Kennwert kann auch für andere Fragestellungen des Vortriebsprozesses relevant sein. Im Vorfeld eines Projekts sollte z.-B. der Wassergehalt von feinkörnigen Bodenproben variiert werden, um die undränierte Scherfestigkeit mittels einer Laborflügelsonde zu bestimmen und so abschätzen zu können, welche Eigenschaften das feinkörnige Aushubmaterial haben kann. Alternativ wird auch der Einsatz des Fallkegelgeräts vorgeschlagen. Da für die Laborflügelsonde keine spezifische Norm vorliegt, sollten die Messungen in Anlehnung an DIN EN ISO 22476-9, die die Verfahrensweise der Flügelsondierung im Feld beschreibt, durchgeführt werden. Die mittels Fallkegelgeräts bestimmte undränierte Scherfestigkeit kann nach DIN EN ISO 17892-6 angegeben werden. Da die Proben für den Einbau in das Versuchsgerät zur Bestimmung der undränierten Scherfestigkeit auf bereitet werden, genügt eine Probe der Güteklasse 4 bzw. Kategorie der Probenentnahme D. Bezüglich der Anzahl an durchzuführenden Untersuchungen wird eine Versuchsanzahl von mindestens zwei bis vier (mit Erfahrung) bzw. drei bis fünf Versuchsreihen (ohne Erfahrung) pro Schicht, bestehend aus ca. drei bis fünf Einzelversuchen mit gezielt variierter Konsistenz, empfohlen. Im Hinblick auf die gegebene Abhängigkeit der undränierten Scherfestigkeit vom Wassergehalt wird empfohlen, feinkörnige Böden zusätzlich hinsichtlich ihres Wasseraufnahmevermögens nach Enslin/ Neff gemäß DIN 18132: 2012-04 zu charakterisieren. 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 209 Anforderungen an die Probennahme und Durchführung zusätzlicher Laboruntersuchungen beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein 3.3.2 Bestimmung der Tonmineralogie feinkörniger Böden als Basis zur Verwertung durch Calcinierung Tonhaltige feinkörnige Bodenarten zeigen nach gezielter thermischer Auf bereitung (Calcinierung) puzzolanische Eigenschaften und stellen somit reaktive Bindemittelkomponenten dar [24]. Auch der bei Tunnelvortrieben abgebaute feinkörnige Boden kann calciniert und z.-B. als Zementersatz genutzt werden [25]. Zur Bewertung der thermischen Aktivierbarkeit sollte eine Klassifizierung der jeweiligen Tonmineralphasen und Bestimmung ihrer quantitativen Anteile erfolgen, da Tonminerale wie Kaolinit, Smektit/ Montmorillonit sowie Illit/ Muskovit eine entscheidende Komponente für den Calcinierungserfolg ausmachen. Hierzu ist eine XRD-Analyse durchzuführen (vgl. u. a. Kapitel 3.2.1). Daher gelten für die Probenentnahmekategorie und die Anzahl der Versuche die Angaben aus Kapitel 3.2.1. In diesem Bereich ist noch weitere Forschung erforderlich, um den nachhaltigen Erfolg bei Einsatz von aus dem Tunnelvortrieb stammenden calcinierten Tonen zu ermöglichen. 3.4 Verfahrenstechnik 3.4.1 Wasserdurchlässigkeit von Böden Die Angabe von Kennwerten der Wasserdurchlässigkeit von Böden ist nach DIN 18312 nicht gefordert. Die Wasserdurchlässigkeit der Böden ist aber z.-B. für die Auswahl und den Betrieb von Tunnelbohrmaschinen ein entscheidendes Kriterium, so dass sie in Anlage 3 in [6] ein Auswahlkriterium darstellt. Aufgrund von vorhandenen Korrelationen zwischen Korngröße und Wasserdurchlässigkeit sind nach Ansicht der Autoren für diesen Parameter keine Laborversuche erforderlich, sondern es können entweder Kennwerte auf Basis von Erfahrungen abgeschätzt oder durch Feldversuche, wie z.-B. Pumpversuche, bestimmt werden. Für Vortriebe mit flüssigkeitsgestützter Ortsbrust ist insbesondere der Korndurchmesser bei 10-prozentigem Massenanteil der Gesamtkörnung (d 10 ) wichtig. Dieser geht beispielsweise in die Bestimmung der mindestens zu erreichenden Scherfestigkeit der einzusetzenden Bentonitsuspension ein. Aus diesem Grund ist dieser Wert in einem Geotechnischen Bericht anzugeben. Ggf. sind für die Analyse der Stützdruckübertragung in Böden mit hoher Durchlässigkeit gesonderte Untersuchungen erforderlich. 3.4.2 Dispergierung von Böden infolge der Verfahrenstechnik Bei TBM-Vortrieben mit flüssigkeitsgestützter Ortsbrust erfährt der abgebaute Boden auf dem Weg von der Ortsbrust bis zur Separationsanlage mehrfache Veränderungen. Eine wesentliche Eigenschaft im Hinblick auf die Abbau- und Transportprozesse ist hierbei die Dispergierungsneigung feinkörniger Lockergesteine, insbesondere auch im Zusammenspiel mit der Stützsuspension. So hat die Dispergierung und damit der gelöste Feinanteil einen enormen Einfluss auf die Auslegung der Fördereinrichtung und der Separationsanlage. In den einschlägigen Regelwerken gibt es keine vorgegebenen Versuche zur Bestimmung der Dispergierung feinkörniger Böden. Nach [6] ist zu untersuchen, „mit welchem Dispergierungsgrad zu rechnen ist, welche Anforderungen der Abraum an die Separierung stellt und welche Kosten oder Umweltauswirkungen damit verbunden sind.“ Forschungsergebnisse zu Untersuchungen zur Dispergierungsneigung finden sich u. a. in [26]. Entsprechende Untersuchungen, z.-B. mit dem modifizierten Siebtrommelversuch (siehe [26]), können projektspezifisch festgelegt werden. 3.5 Übersicht zu Untersuchungen beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein Basierend auf den vorangehenden Überlegungen ergeben sich sowohl für die nach DIN 18312 geforderten Kennwerte als auch für die erläuterten zusätzlichen Laborversuche die jeweilige Güteklasse der Probe (bzw. die damit verbundene Probenentnahmekategorie) und die Mindestzahl an Versuchen in Abhängigkeit von der Projekterfahrung. In der nachfolgenden Tabelle 5 findet sich eine Zusammenstellung, getrennt nach den Kennwerten gemäß DIN 18312 und den zusätzlichen Untersuchungen, die in die Abschnitte Abrasivität (Verschleiß), Verklebung, Verwertung und Verfahrenstechnik unterteilt wurden. Zusätzlich sind in der Tabelle Normen, Empfehlungen und/ oder Literaturangaben enthalten, mit denen eine Versuchsdurchführung bzw. eine Bewertung der ermittelten Kennwerte möglich ist. 210 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Anforderungen an die Probennahme und Durchführung zusätzlicher Laboruntersuchungen beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein Tab. 5: Geotechnische Kennwerte nach DIN 18312 sowie weitere sinnvolle geotechnische Kennwerte, Güteklasse der Proben, Mindestzahl der Versuche je Schicht, Hinweise zur Normung / zu Empfehlungen / zur Literatur und weitere Anmerkungen Güteklasse der Probe Mindestzahl der Versuche je Schicht (Homogenbereich) Normung / Empfehlung / Literatur Anmerkung mit ohne Erfahrung Kennwert nach DIN 18312 ortsübliche Bezeichnung - - - Korngrößenverteilung, Körnungsbänder 4 2 bis 4 4 bis 6 DIN EN ISO 17892-4, DIN EN ISO 14688-1 Massenanteile Steine, Blöcke und große Blöcke 4 2 bis 4 4 bis 6 DIN EN ISO 17892-4 Feuchtdichte 2 an jedem Elementversuch DIN EN ISO 17892-2, DIN 18125-2 undrainierte Scherfestigkeit 4 alle Proben Güteklasse 1 DIN EN ISO 17892-7, DIN EN ISO 17892-8, DIN EN ISO 22476-9 Wassergehalt 3 alle Proben Güteklassen 1-3 DIN EN ISO 17892-1 Plastizitätszahl 4 1 bis 3 3 bis 5 DIN EN ISO 17892-12 Konsistenzzahl 4 1 bis 3 3 bis 5 DIN EN ISO 17892-12 bezogene Lagerungsdichte falls erforderlich DIN EN ISO 14688-2, DIN 18126 Abrasivität nach NF P18-579 3 2 bis 4 4 bis 6 NF P18-579, Klassifizierung nach DGGT, AK 3.3, Empfehlung 24 nur bedingt geeignet, siehe Kapitel 2.1. Deswegen bereitet der AK 1.11 der DGGT eine Empfehlung vor; Informationen in [10] Bodengruppen nach DIN 18196 4 2 bis 4 4 bis 6 DIN 18196 umwelttechnische Einstufung nach LAGA PN 98 nach Erfordernis nach Ersatzbaustoffverordnung, Probennahme üblicherweise nach LAGA PN 98 organischer Anteil 4 1 bis 3 3 bis 5 DIN 18128 Mineralogische Zusammensetzung der Steine u. Blöcke 4 2 bis 4 4 bis 6 DIN EN ISO 14689 Kohäsion 1 alle Proben Güteklasse 1 DIN EN ISO 17892-9, DIN EN ISO 17892-10 Sensitivität 1 alle Proben Güteklasse 1 DIN EN ISO 22476-9 aktuelle Bezeichnung: Empfindlichkeit weiterer Kennwert Ergänzende Angaben zur Abrasivität Äquivalenter Quarzgehalt 4 2 bis 4 4 bis 6 DGGT, AK 3.3, Empfehlung 25 Indexversuche zur Bestimmung der Abrasivität: Die zu wählende Art der Versuche und deren Umfang sind projektspezifisch festzulegen. Aufgrund der z.T. sehr engen Anwendungsgrenzen hinsichtlich der Korngrößenbereiche sind in der Regel verschiedene Versuche zu kombinieren. - Abriebwert ABR 4 2 bis 4 4 bis 6 DGGT, AK 1.11, Empfehlung (in Vorbereitung); Informationen in [10] in Verbindung mit DGGT, AK 3.3; Empfehlung 24 aus LCPC-Versuch (2,0 - 8,0 mm): geeignet für grobkörnige Böden mit dem Hauptanteil Kies (ungebrochen) - CERCHAR-Versuch DGGT, AK 1.11 (in Vorbereitung); Informationen in [10] in Verbindung mit DGGT, AK 3.3; Empfehlung 23 aus CERCHAR-Versuch: geeignet für Grobkies, Steine, Blöcke, große Blöcke - Wiener Abrasivitätsindex AIWtr, AIWn ÖBV-Merkblatt (2013); DGGT, AK 1.11 (in Vorbereitung); Informationen in [10] aus Wiener Abrasimeterversuch: geeignet für grobkörnige Böden mit dem Hauptanteil Kies (< 31,5 mm) - SAT-Wert DGGT, AK 1.11 (in Vorbereitung); Informationen in [10] in Verbindung mit [15] aus Soil Abrasion Test (SAT): geeignet für Korngröße 0-4 mm: Ton, Schluff, Sand, Feinkiesanteil (< 4mm) Anteil an gebrochenen Körnern 3 2 bis 4 4 bis 6 in Anlehnung an DIN EN 933-5 Verklebung Mineralogie feinkörniger Böden 4 2 bis 4 4 bis 6 DGGT, AK 3.3, Empfehlung 25 Indexversuche zur Verklebung 4 2 bis 4 4 bis 6 DGGT, AK 1.11 (in Vorbereitung); Informationen in [10] Verwertung Scherfestigkeit feinkörniger, gestörter Böden zur Verwertung 4 2 bis 4 3 bis 5 DIN EN ISO 17892-6, DIN EN ISO 22476-9 XRD-Analysen als Grundlage zur Calcinierung feinkörniger Böden 4 2 bis 4 4 bis 6 DGGT, AK 3.3, Empfehlung 25 Verfahrenstechnik Durchlässigkeit Abschätzung oder Feldversuche Dispergierung projektspezifisch festzulegen [26] 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 211 Anforderungen an die Probennahme und Durchführung zusätzlicher Laboruntersuchungen beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein 4. Zusammenfassung und Ausblick Für die erfolgreiche Nutzung von Tunnelbohrmaschinen im Lockergestein ist die Bestimmung der maßgeblichen Eigenschaften des Baugrunds wesentlich. Viele der erforderlichen anzugebenden Eigenschaften werden im Rahmen der Kennwerte für die Homogenbereiche nach DIN 18312 aufgeführt. Daneben werden weitere Kennwerte benötigt, um einen Vortrieb im Lockergestein erfolgreich realisieren zu können. Hierfür sind im Rahmen des Beitrags zahlreiche weitere Kennwerte identifiziert und beschrieben worden. Weiterhin wurden die dafür benötigten Laborversuche und deren Mindestzahl sowie die benötigte Güteklasse der Proben abgeleitet. Bei kurzen, oberflächennahen Tunneln sollte die in DIN EN 1997-2 aufgeführte Mindestanzahl der zu untersuchenden Proben je Schicht nicht unterschritten werden und mit steigender Länge des Tunnels bzw. zunehmender Komplexität des Baugrunds sollte die Anzahl der ausgewählten Versuche sinnvollerweise oberhalb der in DIN EN 1997-2 genannten Mindestanzahl liegen. Die im Rahmen des Beitrags entwickelte Tabelle ist von zentraler Bedeutung für die Baupraxis und soll den Geotechnischen Sachverständigen, Planern und Auftraggebern helfen, die erforderlichen Laboruntersuchungen in ausreichender Anzahl und Qualität sinnvoll zu realisieren, um so den anstehenden und/ oder durch die TBM beeinflussten Baugrund bestmöglich zu beschreiben. Die Entwicklung der Regelwerke und Empfehlungen bzw. die Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Forschung sind zukünftig zu beachten. So wird erwartet, dass durch die geplante Empfehlung des AK 1.11. „Verschleiß und Verklebung“ der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik weitere Vorgaben zu geeigneten Versuchen zur Bestimmung der Abrasivität / des Verschleißes bzw. der Verklebung gegeben werden und diese einen direkten Einfluss auf die in diesem Beitrag formulierten Empfehlungen haben werden. Literatur [1] DIN 18312: 2019-09 (2019). VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) - Untertagebauarbeiten. [2] DIN EN ISO 22475-1: 2022-02 (2022): Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Probenentnahmeverfahren und Grundwassermessungen - Teil 1: Technische Grundlagen für die Probenentnahme von Boden, Fels und Grundwasser. [3] DIN 1997-2: 2 2010-10 (2022): Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik - Teil 2: Erkundung und Untersuchung des Baugrunds; Deutsche Fassung EN 1997-2: 2007 + AC: 2010. [4] AFNOR - NF P 18-579 (2013). Granulats - Détermination des coefficients d‘abrasivité et de broyabilité (Gesteinskörnungen - Bestimmung der Koeffizienten der Abrasivität und Mahlbarkeit). [5] DIN EN ISO 14689: 2018-05 (2018): Geotechnische Erkundung und Untersuchung - Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Fels. [6] Deutscher Ausschuss für Unterirdisches Bauen (DAUB) (2021): Empfehlung zur Auswahl von Tunnelbohrmaschinen. [7] DIN 14688-2: 2020-10, NA (2020): Geotechnische Erkundung und Untersuchung — Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Boden — Teil 2: Grundlagen für Bodenklassifizierungen. [8] Feinendegen, M.; Ziegler, M. (2018): The significance of the LCPC test as a tool for the specification of homogeneous areas (Zur Aussagekraft des LCPC-Versuchs für die Festlegung von Homogenbereichen). Geomechanics & Tunneling 11(2) S. 113-122. [9] Plinninger, R. J.; Alber, M. (2016): Abrasivitätsuntersuchung von Boden und Fels im Kontext der neuen VOB/ C.- Bauingenieur, 91, 5: S. 200 - 207. [10] Feinendegen, M., Babendererde, T., Drucker, P., Holzhäuser, J., Langmaack, L., Richter, A. (2023): Empfehlung(en) „Verschleiß und Verklebung im Lockergestein“ - ein erster Ausblick. In: Fachsektionstage Geotechnik 2023 in Würzburg, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik, S. 268-273. [11] Käsling, H.; Düllmann, J.; Plinninger, R.J. (2022): Bestimmung der Abrasivität von Festgesteinen mit dem LCPC-Versuch - Empfehlung Nr. 24 des Arbeitskreises 3.3 „Versuchstechnik Fels“ der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e.V., geotechnik (45), S. 117-121. [12] Plinninger, R.J.; Käsling, H.; Popp, T. (2021): Bestimmung der Abrasivität von Gesteinen mit mineralogisch-petrographischen Verfahren - Empfehlung Nr. 25 des Arbeitskreises 3.3 „Versuchstechnik Fels“ der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e.V., geotechnik (44), S. 123-135. [13] Käsling, H.; Plinninger, R. (2016): Bestimmung der Abrasivität von Gesteinen mit dem CERCHAR- Versuch - Empfehlung Nr. 23 des Arbeitskreises 3.3 „Versuchstechnik Fels“ der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e.V.. Bautechnik (93), S. 409- 415. [14] Österreichische Bautechnik Vereinigung (2013): Merkblatt Abrasivitätsbestimmung von grobkörnigem Lockergestein. Hg. v. ÖBV. Wien. [15] Nilsen, B.; Dahl, F.; Holzhäuser, J.; Raleigh, P. (2007): New Test Methodology for Estimating the Abrasiveness of Soils for TBM Tunneling. In: RETC, S. 104-116. [16] DIN EN 933-5: 2023-01 (2023): Prüfverfahren für geometrische Eigenschaften von Gesteinskörnungen - Teil 5: Bestimmung des prozentualen Anteils an gebrochenen Körnern in groben Gesteinskörnungen und Gesteinskörnungsgemischen. [17] Thewes, M. (1999): Adhäsion von Tonböden beim Tunnelvortrieb mit Flüssigkeitsschilden. Dissertation, Bergische Universität Wuppertal, Shaker Verlag. 212 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Anforderungen an die Probennahme und Durchführung zusätzlicher Laboruntersuchungen beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein [18] Feinendegen, M.; Spagnoli, G. (2021): Erkenntnisse aus zehn Jahren Verklebungsbewertung mit dem Konuszugversuch: Versuchsdurchführung, Aufbereitung der Proben, maßgebende Bewertungsfaktoren. In: STUVA-Tagung 2021, Karlsruhe. S. 194- 202. [19] Hollmann, F.; Thewes, M. (2011): Bewertung der Neigung zur Ausbildung von Verklebungen und zum Anfall von gelöstem Feinkorn bei Schildvortrieben im Lockergestein. In: 18. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum für junge Ingenieurgeologen 2011, Berlin. S. 237-244. [20] Hollmann, F. (2015): Bewertung von Boden und Fels auf Verklebungen und Feinkornfreisetzung beim maschinellen Tunnelvortrieb. Dissertation, Ruhr-Universität Bochum, Shaker Verlag. [21] Budach, C.; Placzek, D.; Kleen, E. (2019): Quantitative Bestimmung des Verklebungspotenzials feinkörniger Böden auf Basis von Adhäsionsspannung: Aktuelle Untersuchungen und neue Erkenntnisse. geotechnik (42), S. 2-10. [22] InProTunnel (2012): Schlussberichte zu BMBF Förderkennzeichen 03G0713 InProTunnel - Grenzflächenprozesse zwischen Mineral- und Werkzeugoberflächen - Ursachen, Probleme und Lösungsansätze am Beispiel des maschinellen Tunnelbaus im Rahmen des BMBF-Sonderprogramms GEO- TECHNOLOGIEN Förderrichtlinie „Mineraloberflächen - Von atomaren Prozessen zur Geotechnik“. [23] de Oliveira, D. (2018): EPB Excavation and conditioning of cohesive mixed soils: clogging and flow evaluation. Dissertation, Queens’s University. [24] Thienel, K.-C.; Beuntner, N. (2018): Calcinierte Tone und ihr Potential für die moderne Betontechnologie, Universität der Bundeswehr München, Fakultät für Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften, 14. Symposium Baustoffe und Bauwerkserhaltung. [25] Budach, C., Müller, P., Siebert, B., Thienert, C., Leismann, F., Heiermann, T., Uebachs, S., Liepins, S., Schmidt, L., Uhlmann, D., Kleen, E., Koppe, K., Volhard, M.-F. (2023): Reduktion von Primärbaustoffen durch Einsatz von Aushubmaterial aus dem maschinellen Tunnelbau. Tagungsband „Vorträge der Fachsektionstage Geotechnik - Interdisziplinäres Forum 2023, Congress Centrum Würzburg, 12. - 13. September 2023. [26] Weiner, Th. (2018): Prognose, Separation, Erfassung und Abrechnung des Bodenaushubs beim flüssigkeitsgestützten Schildvortrieb. Dissertation, Ruhr-Universität Bochum.