Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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expert verlag Tübingen
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Wiedereröffnung Marienschlucht am Bodensee – Geotechnische Planung und messtechnische Überwachung
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Achilles Häring
Die Marienschlucht ist die vermutlich „schönste Schlucht am Bodensee“ und befindet sich innerhalb eines einzigartigen Naturschutz- und Naherholungsgebiets. Seit einer Hangrutschung mit Todesfall im Mai 2015 ist die Schlucht für die Öffentlichkeit gesperrt. Durch eine neue Stegführung auf einer Höhe von ca. 10 m über dem Bachbett und zusätzliche Felssicherungen soll die Marienschlucht wieder für die Öffentlichkeit erlebbar gemacht werden. Neben der Marienschlucht selbst wird ein grundsätzlich neues Wegekonzept erarbeitet. Um die Zuwegung von Bodman her über den Mondfelsen sicher zu ermöglichen, wird ein Rangerkonzept mit regelmäßigen Begehungen der Steilhänge zusammen mit einer Instrumentierung umgesetzt. Die Instrumentierung beinhaltet Feuchtesensoren, Inklinometer und Rissöffnungssensoren. Die Werte werden in Echtzeit übermittelt und ausgewertet. Über ein Warn- und Alarmierungssystem kann der Zugang bei erhöhter Gefahrensituation somit temporär gesperrt werden. Durch die Kombination der o. g. Maßnahmen wird die Schönheit der Marienschlucht voraussichtlich gegen Ende 2024 wieder für die Öffentlichkeit erlebbar gemacht werden. Die Dr. Spang GmbH plant die Wiedereröffnung in enger Zusammenarbeit mit den Büros 365° freiraum + umwelt, dem Ingenieurbüro Relling und dem Architekturbüro Hirthe.
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212 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Anforderungen an die Probennahme und Durchführung zusätzlicher Laboruntersuchungen beim maschinellen Tunnelbau im Lockergestein [18] Feinendegen, M.; Spagnoli, G. (2021): Erkenntnisse aus zehn Jahren Verklebungsbewertung mit dem Konuszugversuch: Versuchsdurchführung, Aufbereitung der Proben, maßgebende Bewertungsfaktoren. In: STUVA-Tagung 2021, Karlsruhe. S. 194- 202. [19] Hollmann, F.; Thewes, M. (2011): Bewertung der Neigung zur Ausbildung von Verklebungen und zum Anfall von gelöstem Feinkorn bei Schildvortrieben im Lockergestein. In: 18. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum für junge Ingenieurgeologen 2011, Berlin. S. 237-244. [20] Hollmann, F. (2015): Bewertung von Boden und Fels auf Verklebungen und Feinkornfreisetzung beim maschinellen Tunnelvortrieb. Dissertation, Ruhr-Universität Bochum, Shaker Verlag. [21] Budach, C.; Placzek, D.; Kleen, E. (2019): Quantitative Bestimmung des Verklebungspotenzials feinkörniger Böden auf Basis von Adhäsionsspannung: Aktuelle Untersuchungen und neue Erkenntnisse. geotechnik (42), S. 2-10. [22] InProTunnel (2012): Schlussberichte zu BMBF Förderkennzeichen 03G0713 InProTunnel - Grenzflächenprozesse zwischen Mineral- und Werkzeugoberflächen - Ursachen, Probleme und Lösungsansätze am Beispiel des maschinellen Tunnelbaus im Rahmen des BMBF-Sonderprogramms GEO- TECHNOLOGIEN Förderrichtlinie „Mineraloberflächen - Von atomaren Prozessen zur Geotechnik“. [23] de Oliveira, D. (2018): EPB Excavation and conditioning of cohesive mixed soils: clogging and flow evaluation. Dissertation, Queens’s University. [24] Thienel, K.-C.; Beuntner, N. (2018): Calcinierte Tone und ihr Potential für die moderne Betontechnologie, Universität der Bundeswehr München, Fakultät für Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften, 14. Symposium Baustoffe und Bauwerkserhaltung. [25] Budach, C., Müller, P., Siebert, B., Thienert, C., Leismann, F., Heiermann, T., Uebachs, S., Liepins, S., Schmidt, L., Uhlmann, D., Kleen, E., Koppe, K., Volhard, M.-F. (2023): Reduktion von Primärbaustoffen durch Einsatz von Aushubmaterial aus dem maschinellen Tunnelbau. Tagungsband „Vorträge der Fachsektionstage Geotechnik - Interdisziplinäres Forum 2023, Congress Centrum Würzburg, 12. - 13. September 2023. [26] Weiner, Th. (2018): Prognose, Separation, Erfassung und Abrechnung des Bodenaushubs beim flüssigkeitsgestützten Schildvortrieb. Dissertation, Ruhr-Universität Bochum. Wasser- und Verkehrswegebau 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 215 Wiedereröffnung Marienschlucht am Bodensee - Geotechnische Planung und messtechnische Überwachung Dipl.-Ing. (FH) Achilles Häring Dr. Spang GmbH, Esslingen Zusammenfassung Die Marienschlucht ist die vermutlich „schönste Schlucht am Bodensee“ und befindet sich innerhalb eines einzigartigen Naturschutz- und Naherholungsgebiets. Seit einer Hangrutschung mit Todesfall im Mai 2015 ist die Schlucht für die Öffentlichkeit gesperrt. Durch eine neue Stegführung auf einer Höhe von ca. 10 m über dem Bachbett und zusätzliche Felssicherungen soll die Marienschlucht wieder für die Öffentlichkeit erlebbar gemacht werden. Neben der Marienschlucht selbst wird ein grundsätzlich neues Wegekonzept erarbeitet. Um die Zuwegung von Bodman her über den Mondfelsen sicher zu ermöglichen, wird ein Rangerkonzept mit regelmäßigen Begehungen der Steilhänge zusammen mit einer Instrumentierung umgesetzt. Die Instrumentierung beinhaltet Feuchtesensoren, Inklinometer und Rissöffnungssensoren. Die Werte werden in Echtzeit übermittelt und ausgewertet. Über ein Warn- und Alarmierungssystem kann der Zugang bei erhöhter Gefahrensituation somit temporär gesperrt werden. Durch die Kombination der o. g. Maßnahmen wird die Schönheit der Marienschlucht voraussichtlich gegen Ende 2024 wieder für die Öffentlichkeit erlebbar gemacht werden. Die Dr. Spang GmbH plant die Wiedereröffnung in enger Zusammenarbeit mit den Büros 365° freiraum + umwelt, dem Ingenieurbüro Relling und dem Architekturbüro Hirthe. 1. Einführung Die Gemeinden Allensbach und Bodman-Ludwigshafen sowie die Stadt Konstanz planen, „die schönste Schlucht am Bodensee“ wieder für Besucher zugänglich zu machen. Dazu werden die seit einem tödlichen Unglück in der Marienschlucht im Mai 2015 gesperrten Wegabschnitte gesichert, eine neue Bootsanlegestelle erstellt und ein grundsätzlich neues Wegekonzept erarbeitet. Dieser Vortrag befasst sich mit dem Neubau des Steges durch die Marienschlucht selbst sowie der Überwachung der Steilwände oberhalb der Zuwegung entlang des sogenannten Mondfelsens. 2. Marienschlucht 2.1 Übersicht und Historie Abb. 1: Lage der Marienschlucht am Bodensee Die Marienschlucht befindet sich am südlichen Ufer des Überlingersees des Bodensees. Zwischen den Gemeinden Bodman und Wallhausen. Abb. 2: Zugang zur Marienschlucht vom See aus Die Marienschlucht war bis zum Mai 2015 über einen Holzsteg, der direkt über dem Bachbett des Marienbaches verlief, zugänglich. Abb. 2 zeigt den seeseitigen Zugang zur Schlucht, der aktuell durch ein Tor verschlossen ist. 216 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Wiedereröffnung Marienschlucht am Bodensee - Geotechnische Planung und messtechnische Überwachung Abb. 3: Zerstörter Steg nach Rutschung 2015 Abb. 3 zeigt den nach der Rutschung 2015 zerstörten Steg. Bereits 2005 kam es in der Marienschlucht zu Rutschungen, worauf Teile der Schlucht gesichert wurden. Insbesondere die steilere westliche Seite Richtung Burgruine Kargegg wurde durch eine Konstruktion aus Mikropfählen und eingegrabene Schutzplanken gesichert. Abb. 4 zeigt die Prinzipskizze der damals geplanten Sicherung. Abb. 4: Prinzipskizze Hangsicherung nach 2005 Tatsächlich wurde damals eine etwas angepasste Variante mit selbstbohrenden Mikropfählen anstelle der in Abbildung 4 dargestellten IPE-Profile ausgeführt. Größtenteils sind diese Maßnahmen nicht mehr sichtbar, an lokalen Stellen sieht man jedoch die ausgeführte Bauart (siehe Abb. 5). Abb. 5: Ausgeführte Hangsicherung nach 2005 In den gesicherten Bereichen kam es seither zu keinen weiteren Rutschungen. Auf der ungesicherten östlichen Hangseite ereignete sich im Mai 2015 im Nachgang eines Starkregenereignisses eine Rutschung, die den Steg lokal vollständig zerstörte. Abb. 6: Freigelegter Hang bei Rutschung 2015 mit Wasseraustritt 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 217 Wiedereröffnung Marienschlucht am Bodensee - Geotechnische Planung und messtechnische Überwachung Abb. 7: geplante neue Stegtrasse (Architekt Hirthe) 2.2 Sicherung der Marienschlucht selbst Um die Marienschlucht wieder für die Öffentlichkeit sicher zugänglich zu machen, wurde ein Neubau einer Steganlage geplant. Dieser soll in einer Höhe von ca. 10-m über dem Bachbett auf der westlichen Schluchtseite verlaufen, die nach den Rutschungen 2005 bereits gesichert wurde und bei denen seither keine Rutschungen mehr festgestellt wurden. Abb. 7 zeigt den aktuell geplanten Stegverlauf. Abb. 8: Modell des Eingangsbauwerks beim See (Architekt Hirthe) Als weitere Sicherheitsmaßnahme wurde der Steg mit einem Abstand zum Hang von ca. 2,0 m geplant, damit kleinere Rutschungen unter dem Steg durchrutschen können. Schnitt M: 1: 50 Abb. 9: Querschnitt Steg (aus Planung Baustatik Relling) Der Steg wird über zwei Druckstreben und eine Zugstrebe mit Abstand zum Fels montiert. Die Verankerung erfolgt über speziell konstruierte Kopfplatten und Mikropfähle. 218 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Wiedereröffnung Marienschlucht am Bodensee - Geotechnische Planung und messtechnische Überwachung Ansicht Pfahlkopf Gewi Ø40 Rasterplatte 125x125x20 Pfahlkopf Gewi Ø40 t= 15 mm Abb. 10: Verankerung Druckstrebe links und Zugstrebe rechts (aus Planung Baustatik Relling) Die Herstellung der Mikropfähle für die Stegverankerung wurde Ende 2022 abgeschlossen. Die Anforderungen an die Bohrgenauigkeit waren dabei sehr hoch, da sowohl der korrekte Ansatzpunkt der Bohrungen, als auch die korrekte Bohrneigung in vertikaler, als auch horizontaler Richtung entscheidend war. Dies konnte nur durch enge Abstimmung zwischen der ausführenden Fa. Crestageo und dem Vermesser Intermetric realisiert werden. Abb. 11: Bohren eines Mikropfahls für die Stegverankerung (Ausführung Crestageo) Im Nachgang wurden die hergestellten Mikropfähle erneut eingemessen und aktuell erfolgt darauf auf bauend die Planung des Steges im Raum. Die Fertigstellung der Steganlage ist für 2024 avisiert. Neben den Arbeiten für die Stegverankerung wurde ein stark unterschnittener Felsbereich, welcher eine Gefährdung für den späteren Steg darstellen könnte, durch eine mittels Mikropfählen rückverhängte Spritzbetonplombe gesichert. Abb. 12: bewehrte Spritzbetonplombe mit Verankerung Abb. 13: fertiggestellte Spritzbetonplombe 3. Mondfelsen 3.1 Übersicht und Historie Eine der Zuwegungen zur Marienschlucht führt von Bodman herkommend entlang des Mondfelsens. Der Mondfelsen stellt eine annähernd senkrechte Felswand im Mo- 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 219 Wiedereröffnung Marienschlucht am Bodensee - Geotechnische Planung und messtechnische Überwachung lassefelsen dar, die in einen steilen Oberhang mit einer durchschnittlichen Neigung von ca. 60° übergeht. Abb. 14: Ansicht Mondfelsen mit Steilwand und Oberhang (Darstellung Kempfert + Partner) Der Mondfelsen wurde 2019 durch die Dr. Spang GmbH begangen und beurteilt. Darauf auf bauend wurden von uns Sicherungsmaßnahmen empfohlen und ausgearbeitet. Abb. 16 zeigt eine der charakteristischen sichelförmigen Felsausbildungen, welche namensgebend für den Mondfelsen sind. Abb. 15: Foto aus Begehung 2019 Abb. 16: Foto aus Begehung 2019 Speziell im steilen Oberhang wurden Gefährdungen durch mögliche oberflächliche Rutschungen, Baum- und Steinschlag ermittelt. Als Sicherungsmaßnahmen wurde zunächst eine Kombination aus Steinschlagschutzzäunen, Murgangbarrieren in den natürlichen Rinnen und lokalen Übernetzungen empfohlen. Abb. 17: geplante Sicherungsmaßnahmen (rot: Steinschlagschutzzäune / blau: Murgangbarrieren / gelb: Übernetzungen) Abb. 18: Dimensionierung Steinschlagschutzzäune mit dem Programm Rockfall der Dr. Spang GmbH 220 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Wiedereröffnung Marienschlucht am Bodensee - Geotechnische Planung und messtechnische Überwachung Aufgrund der Bedeutung des Mondfelsens aus naturschutzrechtlicher Sicht und seiner Einzigartigkeit als ungestörtes, unverbautes Naherholungsgebiet am Bodensee war eine Ausführung von entsprechenden Sicherungsmaßnahmen jedoch nicht genehmigungsfähig. 3.2 Überwachungskonzept Um auch die Zuwegung über den Mondfelsen wieder zu ermöglichen, wurde ein Überwachungskonzept ausgearbeitet. Dieses beinhaltet folgende Punkte: Felswand: - Regelmäßige visuelle Kontrollen. - Automatische Messung der Trennflächenöffnungsweite Oberhang: - Regelmäßige Durchsteigungen. - Automatische Messung der Bodenfeuchte der Lockergesteinsdeckschichten. - Automatische Verformungsmessung der Lockergesteinsdeckschicht. In der Felswand wurden hierfür an ausgewählten Klüften Rissbreitensensoren installiert, welche über eine Sendebox automatisch Messungen digital übermitteln und in Echtzeit ausgewertet werden können. Abb. 19: Rissbreitensensor Im steilen Oberhang wurden in Bereichen mit potentiellen Rutschmassen Doppelpunkte aus Feuchtesensoren und biaxialen Inklinometern installiert. Abb. 20: Feuchtesensor Abb. 21: Biaxialer Inklinometer Abb. 22: Sendebox mit Doppelpunkt aus biaxialem Inklinometer und Feuchtesensor Abb. 23: Verteilung der Sensoren im Hang (blau: Doppelpunkte Inklinometer Feuchtsensor / rot: Rissbreitensensoren) Da der Oberhang mit seinen durchschnittlich ca. 60° Neigung extrem steil ausgebildet und durch seine Bewaldung kaum von außen einsehbar ist, wurde bei der Verformungsmessung auf ein indirektes Verfahren zurückgegriffen. Dabei wurden Stahlstangen bis zum Felshorizont (durchschnittlich ca. 0,5 m) eingetrieben und darin wenige cm eingebunden. Im Übergang zur GOK wurden Stahlflügel an den Stangen befestigt und ins Lockergestein eingeschlagen. Am Kopf der Stangen wurden biaxiale Inklinometer aufgeschraubt. Bei einem Abrutschen der Lockergesteinsdeckschicht verdreht sich der Stab somit um den Fußpunkt und die Verformung kann rückgerechnet werden. 3.3 Messauswertung Ende 2021 wurde eine Probeinstrumentierung aus einem Doppelpunkt bestehend aus einem Feuchtesensor und einem Inklinometer installiert. Ende 2022 erfolgte dann 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 221 Wiedereröffnung Marienschlucht am Bodensee - Geotechnische Planung und messtechnische Überwachung die vollständige Instrumentierung wie sie in Abb. 23 dargestellt ist. Im Folgenden wird auf die Resultate der Probeinstrumentierung über die ersten 2 Jahre eingegangen. Abb. 24: umliegende Wetterstationen Die gemessenen Werte der Instrumentierung wurden zusätzlich mit den Regendaten der umliegenden Wetterstationen abgeglichen. Die beste Korrelation zu der gemessenen Bodenfeuchte zeigte sich bei der Wetterstation Konstanz, welche auch am nächsten zur Marienschlucht liegt. Diese wurde somit in folgenden Auswertungen berücksichtigt. Abb. 25: orange: Niederschlag / blau: Bodenfeuchte vom 21.12.2021 bis 20.02.2022 Abb. 25 zeigt den Vergleich zwischen Niederschlag und Bodenfeuchte in den ersten Wintermonaten. Es zeigt sich eine gute Korrelation und dass sich die Bodenfeuchte nach längeren Regenpausen mit einer Verzögerung von ca. 1 Woche wieder auf das Vorregenniveau reduziert. Abb. 26: orange: Niederschlag / blau: Bodenfeuchte vom 21.12.2021 bis 25.11.2022 Der Vergleich übers ganze Jahr 2022 zeigt jedoch, dass die Bodenfeuchte fast unabhängig von den Niederschlagsereignissen über die Sommermonate (ca. 05.05.2022 bis 19.08.2022 kontinuierlich abnimmt. Abb. 27: orange: Bodentemperatur in 55 cm Tiefe / blau: Bodenfeuchte in 55 cm Tiefe / Punkte: monatlicher Mittelwert der Lufttemperatur in Konstanz Der Abgleich der Boden-Lufttemperatur zeigt eine leichte Dämpfung der Temperatur im Boden. Durch die relativ geringe Überdeckung ist die Schwankung jedoch noch relativ hoch. Abb. 28: blau: Bodenfeuchte 2022 / orange: Bodenfeuchte 2023 Der Effekt, dass die Bodenfeuchte innerhalb der warmen Monate fast unabhängig von den Niederschlagsereignissen langsam absinkt, konnte auch im Folgejahr 2023 bestätigt werden. 222 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Wiedereröffnung Marienschlucht am Bodensee - Geotechnische Planung und messtechnische Überwachung Abb. 29: blau: Bodenfeuchte / orange: Inklination (21.12.2021 - 25.11.2022) Ein direkter Zusammenhang zwischen Bodenfeuchte und Inklination lässt sich gem. Abb. 29 nicht erkennen. Die gemessenen Inklinationen sind jedoch auch in sehr kleinen Größenordnungen und nahe der Messgenauigkeit des Systems. Die gemessene Verdrehung vergrößerte sich innerhalb eines Jahres um ca. 2,5 mm/ m. Bei einer Einbautiefe von ca. 50 cm entspricht dies einer umgerechneten Hangbewegung von ca. 1,25 mm/ Jahr. Gem. H.P. Blume et al.[1] wird Bodenkriechen mit einer Geschwindigkeit zwischen 1 und 20 mm pro Jahr abgegrenzt. Ab 20 mm pro Jahr wird darin von Hangkriechen gesprochen. Es handelt sich bei den gemessenen Verschiebungen somit um sehr kleine Geschwindigkeiten im Bereich des Bodenkriechens. Aufgrund des gemessenen Bodenkriechens und der damit zusammenhängenden, kontinuierlich an-steigenden Inklination ist ein absoluter Wert für eine Alarmierung als alleiniges Merkmal nicht sinnvoll. Wichtig ist insbesondere die Geschwindigkeit, mit der sich die Inklination vergrößert, also ob sich das Hangkriechen plötzlich beschleunigt. Abb. 30: orange: absolute Inklination / blau: Inklination pro Tag Die entsprechende Auswertung gem. Abb. 30 zeigt, dass sich die Inklinationsgeschwindigkeit bis auf einen einzelnen Ausreißer unterhalb ± 1,0 mm/ m/ d befindet. 4. Ausblick Die neue Steganlage durch die Marienschlucht soll bis Ende 2024 fertiggestellt sein. Die Auswertung der Vollinstrumentierung des Mondfelsens ist im Gange. Es werden Warn- und Alarmwerte für die einzelnen Sensoren festgelegt und ein Alarmierungssystem mit dem AG abgestimmt. Die Zuwegung zur Marienschlucht wird so ausgebaut, dass sie im Falle einer erhöhten Gefährdung für Besucher temporär gesperrt wird und nach Abklingen der Gefahrensituation wieder geöffnet wird. Literaturangaben [1] Lehrbuch der Bodenkunde. 16. Auflage., ISBN 978-3-8274-1444-1, 7.2 Prozesse der Bo-denentwicklung, S. 298, H. P. Blume, G. W. Brümmer, R. Horn, E. Kandeler, I. K. Knabner, R. Kretzschmar, K. Stahr, B. M. Wilke, Spektrum Akademischer Verlag, 2010.
